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Tot Al Productive Maintenance (TPM)
Tot Al Productive Maintenance (TPM)
Dissertation
wirtschaftlichen Staatswissenschaften
Wirtschaftswissenschaften
der
vorgelegt von
CH-6274 Eschenbach
1999
Total Productive
Maintenance
Strategische Instandhaltung
mobiler Anlagen
DeutscherUniversitätsVerlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Zerbst, Marco:
Total productive maintenance : strategische Instandhaltung mobiler Anlagen
/ Marco Zerbst. Mit einem Geleitw. von Klaus Bellmann.
- Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl. ; Wiesbaden: Gabler, 2000
(Gabler Edition Wissenschaft: Forum produktionswirtschaftliche Forschung)
Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1999
ISBN 978-3-8244-7167-6 ISBN 978-3-322-99210-9 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-322-99210-9
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede
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Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Werke ist unser Ziel. Bei der Produktion und
Verbreitung unserer Werke wollen wir die Umwelt schonen. Dieses Buch ist deshalb auf säure-
freiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen
und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbren-
nung Schadstoffe freisetzen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem
Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche No-
men im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären
und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Geleitwort v
Geleitwort
Total Productive Maintenance (TPM) ist ein theoretischer Ansatz zur vorbeugenden
Instandhaltung von Produktionsanlagen, der - wie viele andere Managementansätze
auch - von Japan über die USA seinen Weg nach Europa genommen hat. Zwei Gründe
führen vor Augen, warum dieser Ansatz in der Fertigungsindustrie auf große Resonanz
stößt: Zum einen steht das strategische Ziel von TPM, die umfassende Verbesserung
der Anlageneffektivität durch Null-Fehler und Null-Ausfall, im Gleichklang mit der
globalen Forderung nach hoher Produktqualität bei niedrigeren Produktionskosten.
Zum anderen stellen Instandhaltungskosten, die im Vergleich mit Fertigungskosten
15% bis 70% (unter Einschluß von indirekten Wirkungen durch Ausfälle) von deren
Höhe erreichen können, einen bedeutenden, aber häufig verborgenen Faktor der Pro-
duktionskosten dar.
Drei Schritte zeichnen den Weg zur Entwicklung der Konzeption: Zunächst wird die
TPM-Philosophie kritisch untersucht, hinterfragt und die darauffundierenden Anforde-
rungen und Erwartungen mit den Anforderungen und Leistungen der klassischen In-
standhaltung verglichen. Der nächste Schritt zielt auf die Dienstleistungsqualität und
deren Messung in der Instandhaltung. Aufgrund ihres Industriebezugs ist die Instand-
haltung keine typische Dienstleistung. Es ist deshalb kritisch zu überprüfen, ob zur
Beurteilung der Instandhaltungsqualität fertigungswirtschaftlich geprägte oder dienst-
leistungsspezifische Qualitätsmodelle besser geeignet sind. Im dritten Schritt wird
schließlich das Modell der Produktion von Instandhaltungsleistungen entwickelt und -
quasi fraktal - mit dem Modell der Produktion von Schienenverkehrsleistungen zu ei-
nem Gesamtmodell verschmolzen.
Damit ist die theoretische Basis gelegt, um die Wirkung qualitätsverbessemder Maß-
nahmen in der Instandhaltung auf die Enddienstleistung Bahntransport zu analysieren
und zu beurteilen. Das Resultat dieser Analyse fUhrt zu der praxisorientierten Konzep-
tion fUr eine TPM-orientierte Instandhaltung. Anschaulich und nachvollziehbar zeigt
VI Geleitwort
der Autor an dem gewählten Beispiel auf, daß die Einführung von TPM zwar einige
Verbesserungen bewirken kann, andererseits aber auch die traditionelle Instandhaltung
durchaus ihre Stärken hat.
Klaus Bellmann
Vorwort VII
Vorwort
Die rasante Veränderung der Märkte, die eine verstärkte Fokussierung auf den Kunden
sowie kontinuierlich steigende Anforderungen an die Qualität eines Produktes mit sich
bringt, hat in den letzten Jahren die Hinwendung zu neuen Managementphilosophien
unumgänglich gemacht. Das Überleben der Unternehmung und erfolgreiche Agieren
im Wettbewerb ist weitgehend mit einer hohen Innovationskraft verknüpft, die Aus-
schöpfung der bereits vorhandenen Ressourcen ein zwingendes Muss. Total Productive
Maintenance TPM ist ein Managementansatz, der die gestellten Erfordernisse simultan
zu befriedigen vermag. Das Konzept befasst sich grundlegend mit Verbesserungsmög-
lichkeiten im Bereich Instandhaltung, jedoch wird Bewährtes nicht einfach eliminiert,
sondern Neues und langjährig Erprobtes miteinander vereint. Strategisches Ziel von
TPM ist es, die bereits herausragende Leistungen erbringende traditionelle Instandhal-
tung mit neuen Elementen zu ergänzen, damit die Wettbewerbskraft nachhaltig ge-
stärkt wird und auf hohem Niveau erhalten bleibt.
Die vorliegende Arbeit schält die mit der Einführung von TPM verbundenen Vor- und
Nachteile heraus. Dabei ist die etablierte, traditionelle Instandhaltung als die Basis an-
zusehen, auf deren Grundlage zusätzliche Leistungssteigerungen realisierbar sind. Die
Resultate der Untersuchung zeigen, dass die traditionelle Instandhaltung überwiegend
operativ und funktional orientiert ist. Mit dieser Grundhaltung ist eine Hinwendung zur
Kurzfristigkeit und eine Neigung zum Statischen untrennbar verbunden. In einem sol-
chen System liegt das Hauptaugenmerk eher auf der Kostenverwaltung, anstelle eines
aktiven Kostenmanagements. Gleichwohl ist die traditionelle Instandhaltung heute
schon in der Lage, ausgezeichnete Leistungen hervorzubringen. Die Anforderungen
der Zukunft gehen jedoch weiter: Flexibilität, Integration und strategische Ausrichtung
verbunden mit hervorragender Qualität sind Entwicklungen, die sich langfristig auch
im Instandhaltungsmanagement niederschlagen müssen. Diese Betrachtungsweise er-
fordert eine Modifikation des Blickwinkels: Anstelle eines Anhängsels an die Produk-
tion ist eine Aufwertung vorzunehmen und die Instandhaltung der Produktion gleich-
zustellen. Die in der Analyse aufgezeigten Kostensenkungspotentiale, die massgeb-
lichen Einfluss auf die gesamten Produktionskosten haben, unterstützen diese Vorge-
hensweise.
des Konzeptes wird immer wieder betont. Die Motivation und Aufwertung der Stel-
lung der Mitarbeiter erfolgt mittels umfangreicher Schulungs- und Trainingsmassnah-
men, gleichzeitig werden autonome Kleingruppen und die selbständige Bedienerin-
standhaltung etabliert. Aber auch Elemente wie das Konzept der Lebenszykluskosten
oder das Konstukt Overall Equipment Effectiveness finden Eingang in eine TPM-ori-
entierte Instandhaltung.
Die Untersuchung geht noch einen Schritt weiter: Die Instandhaltung als atypischer
Dienstleister wird mit Modellen zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität konfron-
tiert. Darüber hinaus erfolgt eine Erweiterung der Analyse in Richtung mobiler Anla-
gen. Insgesamt wird eine Konzeption für eine moderne, qualitätsorientierte Instandhal-
tung entworfen, die Anhaltspunkte zur Beurteilung der potentiellen Kosten- und Er-
tragssituation bietet.
Die Realisierung dieser Forschungsarbeit wurde erst durch die umfangreiche Unter-
stützung und Hilfe vieler Menschen ermöglicht. Meinem verehrten akademischen
Lehrer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Klaus Bellmann danke ich ganz herzlich flir die Be-
treuung, die wissenschaftliche Förderung und seine vielfältigen Anregungen, die meine
Arbeit entscheidend mitgeprägt haben. Mein Dank gilt ebenso Herrn Univ.-Prof. Dr.
Werner Zohlnhöfer, der den Vorsitz der Prüfungskommission wahrnahm, Herrn Univ.-
Prof. Dr. Herbert Kargl für die Übernahme des Koreferates sowie Herrn Univ.-Prof.
Dr. Andreas Herrmann als dritter Prüfer anlässlich des Rigorosums.
Ein herzliches Danke auch an Markus Perschke und alle die Freunde, welche mit ihren
Ideen, Vorschlägen und Beiträgen wesentlich zum erfolgreichen Gelingen dieser Ar-
beit beigetragen haben.
Grösste Dankbarkeit gebührt jedoch meinen Eltern und Edith. Auf ihre Unterstützung
und Hilfe durfte ich stets zählen, auf sie konnte ich mich immer verlassen. In den
schwierigsten Phasen des Projekts standen sie mir selbstlos bei. Ihnen widme ich die-
ses Buch.
Marco Zerbst
Inhaltsverzeichnis IX
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. IX
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Nr. Nummer
No. Number
OE Organisationsentwicklung
OEE Overall Equipment Effectiveness
0.1. ohne Jahr
0.0. ohne Ort
O.S. ohne Seite
O.V. ohne Verfasser
PIMS Profit Impact ofMarket Strategy
PPS Produktionsplanung und -steuerung
QFD Quality Function Deployment
REFA Verband für Arbeitsstudien REFA e.Y.
resp. respektive
ROI Return on Investment
ROQ Return on Quality
ROS Return on Sales
SAQ Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätsförderung
SN Schweizer Norm
SNV Schweizerische Normen-Vereinigung
Sp. Spalte
SPC Statistical Process Control
TEl Total Employee Involvement
TPEM Total Productive Equipment Management
TPM Total Productive Maintenance
TPM-AM Total Productive Maintenance-Autonomous Maintenance
TPM-EM Total Productive Maintenance-Equipment Management
TPM-PM Total Productive Maintenance-Preventive Maintenance
TQC Total Quality Control
TQM Total Quality Management
vor Verein Deutscher Ingenieure
vgl. vergleiche
Vol. Volume
vs. versus
WiSt Wirtschafts wissenschaftliches Studium
Abkürzungsverzeichnis XVII
1. Kapitel: Einf"ührung
Grundsätzlich alle Unternehmen sehen sich in den letzten Jahren mit einem steigenden
Wettbewerbsdruck Wld einer laufenden Wettbewerbsverschärfung konfrontiert. Die
Ursachen für diese EntwicklWlg sind vielfältig: Sie liegen Wlter anderem in der
GlobalisiefWlg der Güter- Wld Finanzmärkte, der ZWlahme der internationalen Kon-
kurrenz sowie der gestiegenen KWldenmobilität wie auch -sensibilität. Gerade die
letzten Faktoren TÜcken den KWlden in den Mittelpunkt der Wlternehmerischen
BestrebWlgen, gilt es doch, die KWldenbedürfnisse - die in der Vergangenheit eben-
falls deutlich anstiegen - mit den erstellten LeistWlgen möglichst optimal zu befriedi-
gen. Die verstärkte FokussiefWlg auf den KWlden erfolgte im Gleichschritt mit dem
Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt. In Zukunft werden der Ausbau von
Informationssystemen - beispielsweise des Internets Wld der Intranets - sowie die
verstärkten DereguliefWlgsbestrebWlgen weiter zur BeschIeunigWlg der festgestellten
Tendenzen beitragen.
J Unter Produktion wird die systematische, durch Menschen veranlasste und gelenkte Herstellung von
Sachgütem oder Dienstleistungen mit Hilfe anderer Sachgüter oder Dienstleistungen verstanden. Vgl.
Maleri 1994, S. 4.
2 1. Kapitel: Einfuhrung
Total Productive Maintenance (TPM) ist ein Managementkonzept, das auf den In-
standhaltungsbereich fokussiert ist. Das Konzept hat einen technisch-industriellen
Charakter und ist vorwiegend auf den Produktionssektor ausgelegt. Eine Anwendung
auf den Dienstleistungsbereich ist nach Durchführung von entsprechenden ModifIka-
tionen möglich. Neue Organisationsformen tragen zur Bewältigung der gestiegenen
Anforderungen an die Instandhaltung bei. Die Instandhaltung ist kein isolierter Unter-
nehmensbereich, sie ist auf gleicher Stufe mit anderen Bereichen in das Unternehmen
zu integrieren. Die Eingliederung der Instandhaltung fuhrt sie wieder an ihren ur-
sprünglichen Ausgangspunkt zurück, denn die Instandhaltung war von Beginn der In-
dustrialisierung an eine in den Betrieb eingebettete Funktion. Erst die zunehmende
Automation sowie die stärkere Verkettung der Produktionssysteme verlangte nach
mehr Arbeitsteilung und leitete damit eine Abspaltung der Instandhaltung von den üb-
rigen Unternehmensbereichen ein. Die Einführung von TPM bringt eine Abkehr dieser
isolierten Sichtweise mit sich, die Re-Integration der Instandhaltung ist eines der
Hauptziele von TPM.
Der Dienstleistungssektor - zu dem auch die Instandhaltung zählt - hat in der jüngsten
Vergangenheit deutlich an Bedeutung gewonnen. Dieser Trend wird mit dem Begriff
"Tertiärisierung der Wirtschaft" umschrieben. Obwohl die Instandhaltung auf den
ersten Blick nicht als typischer Dienstleister identifIziert wird, weisen der Instandhal-
2 In dieser Hinsicht wird auch von "flexibler Instandhaltung" gesprochen. Damit ist die Fähigkeit und
Bereitschaft gemeint, sich den ständig ändernden Erfordernissen schneller und effektiver anpassen zu
können. Vgl. Hagemann 1993, S. 196.
1. Kapitel: Einfuhrung 3
tungsbereich und die daraus hervorgehenden Leistungen einige Merkmale auf, die sie
eindeutig als Dienstleistungen charakterisieren 3 .
Des weiteren war die Instandhaltung lange Zeit eine untergeordnete oder angehängte
Einheit der Produktion. Dabei wurde die Instandhaltung in zweierlei Hinsicht nur als
kostenverursachender Unternehmensbereich gesehen: Einerseits verursacht der In-
standhaltungsbereich direkte Kosten, andererseits rufen Anlagenstillstände, die zur
Ausführung der Instandhaltungsaufgaben erforderlich sind, über Produktionsausfälle
weitere Kosten hervor. Mit der Einführung von TPM - der Total Productive Main-
tenance - ändert sich diese Sichtweise grundlegend: Die Instandhaltung ist nicht nur
Kostenverursacher, sondern kann im Gegenteil zur Kostensenkung im ganzen Produk-
tionsbereich herangezogen werdens. Die Integration der Instandhaltung führt zu einer
lückenlosen Erfassung, da alle anfallenden Kosten in den Betrachtungsralunen einbe-
zogen und damit eine Isolation der einzelnen Kostenblöcke verhindert wird.
Der Produktionsbereich ist gekennzeichnet durch eine Zunalune von verketteten und
immer komplizierter aufgebauten Anlagen. Der steigende Komplexitätsgrad bringt
höhere Anforderungen an das Wissen und Können der Instandhalter mit sich. Durch
die Verlagerung der einfachen Instandhaltungsaktivitäten an die Produktionsmitarbeiter
wird Zeit für die Instandhalter gewonnen, die sie zur Ausführung von anspruchsvolle-
ren Instandhaltungsaufgaben einsetzen können6 . Die Erhöhung des Verkettungsgrades
der Produktionsanlagen bringt bei einem Ausfall einer Einheit oder eines Bauteils eine
3 Die Instandhaltung stellt Dienstleistungen her, die dem Werteabbau entgegentreten. Durch Erken-
nung und Verminderung des Werteabbaus wird gleichzeitig die Verfugbarkeit und Zuverlässigkeit
erhöht Vgl. Budde 1991, S. 81.
4 Vgl. Breer 1987, S 155 und HacksteinlWeingärtner 1987, S. 74.
5 Vgl. zur Tendenz, die eigene Instandhaltungsabteilung nur als Kostenfaktor anzusehen und den sich
aus dieser Sichtweise ergebenden Konsequenzen auch die Ausfuhrungen von Härd-
ler/RückllKemmner 1994, S. 8ff.
6 Vgl. Picavet 1995, S. 33.
4 I. Kapitel: Einfuhrung
Ausdehnung auf die gesamte Produktionsanlage mit sich, was entsprechende fman-
zielle Konsequenzen nach sich zieht. Aufgabe der modernen Instandhaltung ist es,
vermehrt präventiv zu wirken und mittels geeigneter Techniken und Verfahren poten-
tielle Ausfalle bereits im Vorfeld ihres Auftretens zu verhindern. Aufgrund der
gestiegenen Anforderungen an die Instandhaltung steigt jedoch der Instandhaltungsauf-
wand, der den Bemühungen um Kostensenkungen diametral entgegenzustehen scheint.
Diesbezüglich muss eine Balance zwischen den einzelnen Kostenarten in der
Instandhaltung und der Produktion gefunden werden.
7 Diesbezüglich gilt es jedoch, die Sicht der Praxis von der Sicht der Wissenschaft zu unterscheiden.
Während die Praxis die Produktqualität als Schlüsselfaktor klar an die erste Stelle vor Kostenmana-
gement, Marktanteil, Innovationen und Mitarbeiterqualität setzt, relativiert die wissenschaftliche
Sicht die Bedeutung der Produktqualität. Die Sicht der Wissenschaft bewertet die Qualität der Hu-
manressourcen, die Kundennähe und die Innovationsfähigkeit höher als die Produktqualität. Somit
stellt die Produktqualität aus dieser Sichtweise heraus einen relevanten, keineswegs aber dominanten
Schlüsselfaktor des Unternehmenserfolges unter den betrieblichen Erfolgsfaktoren dar. Vgl. Fritz
1994, S. 1047ff.
8 Vgl. zum Selbstverständnis der Deutschen Bahn AG als Dienstleistungsunternehmen auch die Aus-
fiihrungen von Klein 1988, S. 767f.
9 Denn nicht nur der eigentliche Transportvorgang, sondern der gesamte Dienstleistungsprozess be-
einflusst beim Kunden das Bild von der Bahn. Vgl. Schnell 1991, S. 847.
I. Kapitel: Einfuhrung 5
Oft stellt sich aus der betriebswirtschaftlichen Sicht die Frage, ob eine Produktionsan-
lage komplett neu angeschafft werden soll, oder ob nach der Durchführung von ent-
sprechenden Instandhaltungsmassnahmen die Anlage noch weiter genutzt werden
kann 1o • Die vorliegende Arbeit gibt zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage zu-
mindest eine Hilfestellung: So zeigt beispielsweise das Konzept der Lebenszyklusko-
sten alle im Verlaufe eines Maschinenlebens anfallenden Kosten auf. Damit ist ein
aussagekräftiger Vergleichsparameter festgelegt, der fur die diesbezügliche Entscheid-
fIndung herangezogen werden kann 11 •
10 Diesbezüglich sind auch ökologische Aspekte in die Überlegungen miteinzubeziehen. Vgl. Baude
1994, S. 40ff. Zur Instandhaltung als Pflege des Kapitalstocks siehe auch Walti 1993, zur Modemi-
sierung und Überholung als Alternative zum Neukaufbei Investitionsgütern Schmid 1995, S. 58ff.
11 So werden beispielsweise bei der Deutschen Bahn AG die Lebenszykluskosten von Schienenfahrzeu-
gen bei der Beschaffung als wichtiger angesehen als der reine Fahrzeugpreis. Vgl. Heinrich 1995, S.
23.
6 I. Kapitel: Einfuhrung
Ein weiterer Diskussionspunkt offenbart sich in der Einordnung des Konzepts TPM
innerhalb der bekannten japanischen Managementphilosophien1 2 . Begriffe und Kürzel
wie Lean-Production13 , Kanban 14 , Kaizen 15 , JIT, TQC 16 oder TQM 17 sind inzwi-
schen geläufig, doch stellt sich die Frage, wie TPM in diesen Kreis einzuordnen ist 18 .
Die Just-In-Time Fertigung wird als ganzheitliches, harmonisches Produktions system
aufgefasst, für das kurze Rüstzeiten und kleine Losgrössen charakteristisch sind. Ein
materialflussgerechtes Layout, ein effektives Informationssystem, Bestrebungen zur
Qualitätssicherung sowie Total Productive Maintenance sind weitere Elemente von
JIT. TPM ist dabei als übergeordneter Ansatz zu verstehen, der mittels Zuverlässig-
keitserhöhung und Anlagenverbesserung die Produktivität und die Qualität der herge-
stellten Produkte steigert. Zusätzlich wird mit der Einführung von TPM die Qualifika-
tion der Beschäftigten verbessert. Die Materialanforderungskarte Kanban ist als Teil
des Informations systems zu verstehen, das gleichzeitig zur Visualisierung des Ferti-
gungsprozesses dient. Als Kaizen wird hingegen der Prozess der kontinuierlichen
12 Total Productive Maintenance TPM kann diesbezüglich als logische Weiterentwicklung der Kon-
zepte Total Quality Control TQC, Total Quality Management TQM und Productive Maintenance
PM aufgefasst werden. Der BegriffKaizen subsumiert alle diese Konzepte. VgI. Williamson 1992,
S.114.
!3 VgI. zur Lean-Production und zum Lean-Management auch die Ausfuhrungen von Biedermann
1993, S. 17ff. Zu TPM als Weg zur Lean-Production siehe auch Schmidt 1991, S. 57ff. Zu Lean-
Production als Bestandteil eines integrierten Management-Ansatzes siehe HentzelKammel 1992, S.
631ff. Zu Lean-Management als Top-Down-Ansatz siehe Hirzel 1993, S. 73ff
14 VgI. zu weiteren Ausfuhrungen bezüglich des Kanban-Systems auch Kuhn 1994, S. 527ff
15 VgI. zu weiteren Ausfuhrungen bezüglich Kaizen Volk 1993, S. 78f. und zu einer überblicksmässi-
gen Darstellung sowie einer Zusammenfassung hinsichtlich Kaizen insbesondere S. 79.
16 VgI. zu weiteren Ausfuhrungen hinsichtlich Total Quality Control TQC Scharrer 1991, S. 699f. und
insbesondere S. 703ff.
17 Das lnstandhaltungskonzept Total Productive Maintenance TPM leistet - wie die Konzepte Lean-
Production, Just-ln-Time und Human-Ressource-Management - einen wichtigen Beitrag zum Total
Quality Management TQM. VgI. KamiskelKaraüc/Al-Radhi 1993, S. 499.
18 Zu einer Darstellung der Konzepte Just-In-Time, Total Quality Control und Total Productive Main-
tenance sowie deren komplementäre Installierung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen
siehe auch MiyakelEnkawaIFleury 1995, S. 345ff.
I. Kapitel: Einfuhrung 7
Verbesserung bezeichnet, wobei der Standpunkt vertreten wird, dass es nichts gibt, das
nicht verbessert werden könnte 19 . In dieser Erkenntnis begründen sich die typischen,
fortwährenden Verbesserungsaktivitäten. Zur Verwirklichung einer hohen Qualität
sowie hohen Produktivität reichen eigentlich auf durchschnittlichem technischen
Niveau angesiedelte Produktionsanlagen vollständig aus20 . Um die Ziele erreichen zu
können, rücken Faktoren wie Teamarbeit, permanente Qualitätsverbesserungen,
effizienter Einsatz der vorhandenen Ressourcen und ein veränderter - vorzugsweise
kooperativer - Führungsstil in den Vordergrund. Diese Sichtweise erweist sich in der
Praxis jedoch als problembehaftet: Die flankierenden, qualitätsfördernden Massnah-
men haben in jedem fortschrittlichen Unternehmen zweifellos ihre Berechtigung,
fraglich ist hingegen, ob durchschnittliche Produktionsanlagen wirklich eine hohe
Qualität und Produktivität gewährleisten können. Vielmehr ist bei den heutigen
Anforderungen an die Qualität der Produkte von der Notwendigkeit des Einsatzes
erstklassiger Produktionsanlagen auszugehen.
Was ist nun das Anliegen von TPM? Unter TPM wird ein Managementsystem zur Op-
timierung der Betriebsabläufe mit aktiver Beteiligung aBer Mitarbeiter verstanden.
TPM ist als Konzept aufzufassen, das die Elemente Total Quality Control TQC, Total
Quality Management TQM, Total Employee Involvement TEl und die präventive In-
standhaltung miteinander vereinigt. Dieser Ansatz schliesst auch den administrativen
Bereich in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess ein, so dass von einem Anla-
genmanagement gesprochen werden kann. Weiter wertet TPM die Stellung der Men-
schen auf, indem sie den Mittelpunkt der Verbesserungsbestrebungen bilden. Diese
Verschiebung der Sichtweise manifestiert sich unter anderem in umfangreichen Schu-
lungsmassnahmen, die zu einer Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiter fiih-
ren 21 . Kernpunkte von TPM sind die selbständige Anlagenbediener-Instandhaltung
sowie die Etablief4I1g von Kleingruppenaktivitäten. Die Einfuhrung dieser beiden
Charakteristika bringt eine Steigerung des Anlagenwirkungsgrades und der Arbeitspro-
duktivität mit sich. Insgesamt können durch die Implementierung von TPM Instandhal-
tungskosten sowie Fehlerkosten - insbesondere Ausschuss, Nacharbeit etc. - reduziert
19 Die Hauptkomponenten von Kaizen sind die Erhaltung, Verbesserung und Innovation. Zu einer wei-
terfuhrenden Darstellung von Kaizen siehe Biedermann 1993, S. 22ff. und Oberhofer 1993, S. 40f.
20 Vgl Schmidt 1995, S 6.
21 Schulungen dienen nicht nur der Weiterbildung und Motivation der Mitarbeiter, sondern liefern auch
den Rahmen, in dem Mitarbeiter ihr Unternehmen besser kennenlernen. In diesem Sinne entstehen
durch Schulungsmassnahmen wechselseitige Beziehungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern.
Vgl SchlesingerlHeskett 1992, S. 115.
8 I. Kapitel: Einfuhrung
und gleichzeitig die Arbeitssicherheit, die Produktivität sowie die Anzahl der Verbes-
serungsvorschläge erhöht werden. Die Aufgaben der Instandhaltungsabteilung unter-
liegen ebenfalls einem Wandel: Die Anlagenbediener führen vermehrt routinemässige
Instandhaltungsaktivitäten - Reinigungen, Inspektionen etc. - aus, während anspruchs-
vollere Instandhaltungsaufgaben - beispielsweise die zustandsabhängige Instandhal-
tung, Diagnosetechniken, Verbesserung der und konstruktive Modifikationen an den
Anlagen etc. - zunehmend von den eigentlichen Instandhaltern übernommen werden.
Die Einführung von TPM geht mit einer Veränderung der Unternehmenskultur einher,
die ein Umdenken aller Beteiligten erfordert. Dementsprechend ist ein längerer
Zeitraum für die Implementierung anzusetzen. Des weiteren werden Verbesserungen in
den Bereichen Kommunikation, Konsequenz der Entscheide sowie Analyse und
Quantiflzierung von Daten angestrebt. In nach traditionellen Massstäben aufgebauten
Instandhaltungsbereichen ist vor allem die Kommunikation zwischen den verschiede-
nen sozialen Gruppen zu bemängeln. Oft ist eine gewisse Inkonsequenz bei der
Umsetzung von Entscheidungen festzustellen und die Analyse, respektive Quantiflzie-
rung der Ursachen der Verluste wird nicht bis ins letzte Detail durchgeführt. TPM
bringt Fortschritte in diesen Bereichen, indem beispielsweise Schulungen zur Kom-
munikationstechnik durchgeführt, Entscheide konsequent in den vier Schritten Ana-
lyse, Information, Ausführung sowie Kontrolle22 durchgesetzt und Verlustquellen
beseitigt, statt nur gemanagt werden23 .
Die oben dargelegten Gründe und Hindernisse stellen die Grundlage dafür dar, dass
die Einführung von TPM in der Praxis in Deutschland noch nicht so weit fortgeschrit-
ten ist, wie es möglich wäre 24 . Abschliessend ist festzuhalten, dass die Einführung von
TPM für jedes einzelne Unternehmen massgeschneidert erfolgen muss. Es gibt keine
Standardlösung, die einfach übernommen und bei allen Firmen implementiert werden
kann. Jeder Betrieb muss eigene Pläne zur Einführung von TPM entwickeln, weil die
Erfordernisse und Rahmenbedingungen je nach Art des Unternehmens, der Branche,
der Produktionsprozesse sowie der bereits vorhandenen Instandhaltungsabteilung
betriebsspezifIsch differieren. Die vorliegende Arbeit greift diese Problematik auf und
Der zweite Schritt befasst sich mit der Instandhaltung als Dienstleister und der
erbrachten Qualität, respektive der Dienstleistungsqualität. Ziel ist es, die Erstellung
der Dienstleistung Bahntransport mit der vorgelagerten Dienstleistung Instandhaltung
zu verknüpfen und in ein gemeinsames Modell zu integrieren. Die adäquate Abbildung
eines solchen Produktionsprozesses steht im Mittelpunkt dieser AusfUhrungen. Dazu
ist es notwendig, den Begriff Qualität zu erläutern und die für ein Dienstleistungs-
unternehmen relevanten Qualitätsaspekte herauszugreifen sowie zu untersuchen. Über
die Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion wird auf das allgemeine Modell der
Dienstleistungsproduktion geschlossen, welches in der Folge zu einem Modell der
Erbringung von Schienenverkehrsleistungen konvertiert wird. Dieses Modell fokussiert
in erster Linie auf die Erstellung von Bahnverkehrsleistungen, berücksichtigt aber im
besonderen den Stellenwert des Dienstleisters Instandhaltung. Somit werden zwei Mo-
delle zu einem Gesamtmodell verdichtet.
Das dritte Ziel liegt in der Entwicklung einer Konzeption für eine TPM-orientierte In-
standhaltung bei einer Bahngesellschaft. Analog den Untersuchungsobjekten des ersten
Schritts werden Konzepte für die Ziele, die Strategien, die Methoden, den EDV-Ein-
satz sowie die Organisation ausgearbeitet. Ergänzendes und abschliessendes Ziel der
Arbeit ist die Untersuchung der Ertragspotentiale und der für die Implementierung von
TPM aufzuwendenden Kosten.
10 I. Kapitel: Einfuhrung
Ein weiterer, gemeinsamer Schwerpunkt der Ausführungen bildet die Analyse der
Rahmenbedingungen, die zu einer erfolgreichen Implementierung von TPM beitragen.
Die Anforderungen - die in diesem Sinne Bedingungen für die Einführung von TPM
darstellen - werden ausführlich diskutiert und dargestellt. Die Veränderungen der
Unternehmensstrukturen, die als Folge von TPM eintreten, werden ebenfalls heraus-
gearbeitet. Bezeichnend für den nach traditionellen Massstäben aufgebauten Instand-
haltungsbereich ist die Tatsache, dass in Deutschland auch ohne TPM bereits hervor-
ragende Leistungen erbracht werden. Den individuellen Optimierungsbemühungen der
klassischen Instandhaltung steht der integrative Ansatz TPM gegenüber, der eine
Vereinigung der bisher isoliert betrachteten Unternehmens- und Instandhaltungsberei-
che anstrebt. Die Darlegung der bestehenden Situation, sowie die Herausarbeitung der
von TPM induzierten Veränderungen, ist als weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit
anzusehen.
Darauf aufbauend wird der Begriff Qualität und die mit ihm verbundenen definito-
rischen Abgrenzungen mittels einer Literaturanalyse genauer untersucht. Dieser The-
menbereich erfahrt eine Ausdehnung auf den Dienstleistungssektor, so dass die Quali-
tät von Dienstleistungen im Mittelpunkt der Ausflihnmgen steht. Diesen Erkenntnissen
folgend, wird auf die Besonderheiten der Dienstleistungsproduktion eingegangen. In-
dem ein spezielles Modell der Dienstleistungsproduktion aus der Literatur zur Anwen-
dung gelangt, wird den Eigenheiten von Dienstleistungen in hinreichendem Ausrnass
Rechnung getragen. Die Zusammenführung eines auf die Beschreibung der Erstellung
von Bahndienstleistungen ausgerichteten Modells mit einem Modell der Erbringung
von Instandhaitungsleistungen bildet den Abschluss dieser Phase.
Abschliessend erfolgt die Entwicklung einer Konzeption für eine TPM-orientierte In-
standhaltung, die auf den Erkenntnissen der vorangehenden Kapitel beruht. Zusätzliche
Entscheidungsgrundlagen bringen die Aspekte der Ertragspotentiale und der Kosten-
diskussion ein, die auf den vorhandenen Ausführungen in der Literatur basieren. Die
Konklusion fasst die gefundenen Ergebnisse und Erkenntnisse der Studie überblicks-
mässig zusammen.
Das erste Kapitel widmet sich der Einführung in die Thematik. Darin werden in einer
ersten Phase die grundlegenden Probleme dargestellt sowie die elementaren Zielset-
zungen der Arbeit formuliert. Des weiteren wird das forschungsmethodische Vorgehen
offengelegt und ein Abriss über den Aufbau der Arbeit gegeben.
Das dritte Kapitel beschreibt die theoretischen Grundlagen und Verknüpfungen des
Begriffes Qualität. Nach terminologischen Abgrenzungen der verschiedenen Qualitäts-
begriffe werden verschiedene Qualitätskonzepte diskutiert. Das Qualitätsmanagement
als verbindendes und integrierendes Element liefert einen weiteren Diskussionsbeitrag.
Basierend auf dem in der ersten Phase entwickelten Fazit, wird eine Erweiterung in
Richtung Dienstleistungsqualität vorgenommen. Neben erneuten definitorischen und
terminologischen Abgrenzungen werden spezifisch auf die Erfordernisse der Dienst-
leistungen abgestinunte Qualitätskonzepte besprochen. Entsprechende Qualitätsmo-
delle, die für die Anwendung im Dienstleistungsbereich ausgearbeitet wurden, sowie
Ausführungen über ein dienstleistungsspezifisches Qualitätsmanagement bilden
weitere Eckpunkte der Diskussion. Als logische Konsequenz der AufgabensteIlung
findet eine Überprüfung der getroffenen Aussagen hinsichtlich des Dienstleisters
Instandhaltung statt.
---- ----
I Kapitel
Einführun~
2. Kapitel 3. Kapitel
Kritische Untersuchung der Dienstleistungsproduktion und
TPM-Philosophie im Vergleich DienstIeistungsqualität
zur "traditionellen"
Instandhaltung
1 1
4. Kapitel
Konzeption einer TPM-orientierten Instandhaltung für eine
Bahngesellschaft
1
5. Kapitel
Zusammenfassung der Ergebnisse
Das vierte Kapitel beinhaltet in einem ersten Teil die Entwickhmg einer Konzeption
flir eine TPM-orientierte Instandhaltung am Beispiel mobiler Anlagen einer Bahnge-
sellschaft. Die Elemente Ziele, Strategien, Methoden, EDV-Einsatz und Organisation
werden entsprechend der Vorgehensweise im zweiten Kapitel erneut aufgegriffen und
in Bezug zu einem Ersteller von Schienenverkehrsleistungen gebracht. Mit der Erarbei-
tung einer Konzeption untrennbar verbunden ist die Identifikation von Problemfeldern
und Erfolgsfaktoren. Insgesamt wird eine Entscheidungsgrundlage geschaffen, auf de-
ren Basis ein Entschluss fIir oder gegen die Einführung einer TPM-orientierten In-
standhaltung geflillt werden kann. Der nachfolgende zweite Teil des vierten Kapitels
unterstützt das im ersten Teil angegangene Entscheidungsproblem in der gleichen
Richtung. Die Durchflihrung einer Kostendiskussion dient zur Generierung von zu-
sätzlichen Informationen, die zur Lösung der Implementierungsfrage herangezogen
werden können. In diesem Teil der Arbeit wird im besonderen die Frage nach der
Wirksamkeit der Instandhaltungsmassnahrnen gestellt. Eng mit dieser Frage verbunden
ist der Einbezug von Effizienzkriterien in den Analyserahrnen, die als zusätzliche In-
formationsquellen zur Entscheidfindung dienen. Um eine eindeutige Struktur innerhalb
der Kostendiskussion herbeiflihren zu können, werden die Instandhaltungskosten in
zwei Kostenblöcke aufgeteilt: Auf der einen Seite stehen die direkten Instandhaltungs-
kosten, auf der anderen Seite die schwierig zu quantifizierenden Ausfall- und Ausfall-
folgekosten.
Das flinfte Kapitel bildet den Abschluss der Arbeit und fasst die Ergebnisse in kom-
primierter Form zusammen. Das Resümee dient jedoch nicht nur zur überblicksmässi-
gen Zusammenfassung der Resultate, sondern auch zur Interpretation der ursprünglich
dieser Arbeit zugrunde gelegten AufgabensteIlung.
14 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
2.1.1. Begriffe
Der Begriff Instandhaltung wird in der Wissenschaft und in der Praxis unterschiedlich
defmierr s . Damit Klarheit über die verwendeten Begriffe besteht, aber auch Fehlin-
terpretationen vorgebeugt werden karm, erscheint eine eindeutige begriffliche Abgren-
zung an dieser Stelle unumgänglich. Eine allgemein akzeptierte Definition des Begrif-
fes Instandhaltung liefert die DlN 3105l. Unter dem Begriff Instandhaltung werden
dort die "Gesamtheit aller Massnahrnen zur Bewahrung und Wiederherstellung des
Sollzustandes sowie der Feststellung und Beurteilung des Istzustandes"26 verstanden.
Dabei wird der Oberbegriff Instandhaltung in folgende drei, der operativen Ebene 27
zugeordnete, Begriffe zerlegt28 : Wartung, Inspektion und Instandsetzung (s. Abb.
2.l.).
Wartung
Der Begriff Wartung umschreibt die "Massnahrnen zur Bewahrung des Sollzustandes
von technischen Mitteln eines Systems.,,29 Dazu gehören die folgenden Teilfunktio-
nen: Reinigen, Konservieren, Schmieren, Ergänzen, Auswechseln und Nachstellen.
Wartungsmassnahrnen werden während des Betriebszustandes oder eines Stillstandes,
kontinuierlich oder diskontinuierlich, sowie einfach oder qualifiziert durchgeftihrt30 .
---- ----
INSTANDHALTUNG
1
Wartung Inspektion Instandsetzung
Inspektion
"Bei der Inspektion wird Abnutzungsvorrat weder bewahrt noch neu geschaffen,
sondern nur die Information gewonnen, wieviel Abnutzungsvorrat einer Betrachtungs-
einheit bereits abgebaut bzw. noch vorhanden ist. Inspektion ist im Gegensatz zu
Wartung und Instandsetzung also eine Massnahme zur reinen Information.,,3l Ziel ist
es demnach, den Istzustand eines Objektes so umfassend erkennen und beurteilen zu
können, dass allfällige Gegenmassnahmen eingeleitet werden können32 . Damit ist die
Hauptaufgabe der Inspektion umschrieben33 .
Die Inspektion besteht aus den bei den Funktionen Feststellung des Istzustandes und
Beurteilung des Istzustandes, wobei erstere vorwiegend den Ergebnissen der
Messtechnik zugewandt, letztere hingegen von Entscheidungen eines Wissensträgers
abhängig ise 4 . Dabei sind auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Die
3i Renkes 1981, S. 30. Vgl. zur Inspektion, deren Grundlagen, Ziele und Wege auch die Ausfuhrungen
ebenda 1991, S. 7ff.
32 Vgl. zur Problematik der Istzustandsfeststellung und der Istzustandsbeurteilung auch die Ausfuhrun-
gen von Brabandt 1991, S. 258ff.
33 Die Hauptaufgabe der Inspektion liegt demnach in der Gewinnung von Infonnationen und der Gene-
rierung von Wissen über das Vcrschleissverhaltcn von Anlagen, bzw. Anlagenteilen. Vgl. Renkcs
1991, S. 12.
34 Vgl. Fischer 1991, S. I 64ff.
16 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Instandsetzung
Instandsetzung wird in die beiden Komponenten Ausbessern und Austauschen zer-
lege 8 . Ausbessern bezeichnet dabei den Prozess des Bearbeitens, während sich
Austauschen auf das Ersetzen bezieht. Des weiteren lassen sich intervallabhängige,
zustandsabhängige und schadensbedingte Aktionen unterscheiden39 . Hiermit sind die
Grundlagen des Aktivwerdens in ihrer Gesamtheit wnschrieben. Der Begriff präven-
tive Instandhaltung subswniert die intervallabhängige und die zustandsabhängige
Instandhaltung, die schadensbedingte Instandhaltung wird demgegenüber als kurative
Instandhaltung bezeichnet. In ähnlicher Weise sind die geplante, die vorbereitete und
die unvorhergesehene Instandsetzung voneinander zu unterscheiden.
2.1.2. Wesen
Ausgangspunkt der Betrachtungen über die Instandhaltung ist die Idee, dass eme
Anlage einen bestimmten Abnutzungsvorrat besitzt40 . Unter diesem Abnutzungsvorrat
wird eine definierte " ... Vorratsmenge an Funktionserfüllungen unter festgelegten
Bedingungen ... ,,41 verstanden. Dabei ist es unerheblich, ob der Abnutzungsvorrat ein
Resultat der ursprünglichen Herstellung der Anlage ist, oder ob er durch gezielte
Wiederherstellung aufgrund umfassender Instandhaltungsmassnahmen erreicht wurde.
Somit kann davon ausgegangen werden, dass jede Anlage anfänglich mit einem
Abnutzungsvorrat ausgestattet ist, der sich im Verlaufe der Nutzung immer mehr
verringert. Schlussendlich macht aber gerade der Abnutzungsvorrat den Wert42 und
somit die Nutzenstiftung für den Verwender der Anlage aus43 . Je höher dieser Abnut-
zungsvorrat angelegt ist, desto weniger wird eine Anlage vom Ausfall betroffen sein
und in der Folge einen höheren Nutzen stiften können. Durch Verschleissprozesse, die
zeit- und/oder nutzungsbedingt anfallen, wird der anfängliche Abnutzungsvorrat
reduziert. Die dabei auftretenden Verschleissprozesse können mechanischer, mecha-
nisch-thermischer, mechanisch-chemischer, chemischer oder tribologischer Art sein44 .
Der Begriff Sollzustand wird wie folgt umschrieben: "Für die Instandhaltung, insbe-
sondere als Zielgrösse und Massstab notwendigen Instandsetzungsumfanges, wird
ausserdem ein Sol/zustand gefordert. Dieser ist keineswegs identisch mit dem Neuzu-
stand, er kann es zwar, muss es aber nicht sein. Der Sollzustand ist ein geforderter,
abzustimmender Zustand.,,45 (s. Abb. 2.2.)
Die Zielsetzung, bzw. Aufgabe der Instandhaltung liegt darin, den Abbau des Abnut-
zungsvorrates einer Anlage zu verlangsamen und/oder denselben wieder herzustel-
len46 . Männel fasst dies wie folgt zusammen: "Unter Instandhaltung subsumiert man
insofern sämtliche Massnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungs-
fähigkeit von Anlagen. Direkt diesen Zielen der Instandhaltung dienen die Massnah-
men der Verschleisshemmung und -beseitigung. Neben diesen unmittelbar auf die
Zielerreichung ausgerichteten Massnahmen der Instandhaltung dienen einige nur
indirekt der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit von Anlagen, als
sie zwar die Entwicklung des Anlagenverschleisses beobachten, ihn jedoch nicht
42 Der Begriff "Wert" beinhaltet dabei unter anderem Massstäbe wie Qualität, Rentabilität und Ak-
tualität auf der einen Seite, auf der anderen Seite die Wertinhalte Geltungswert, Gebrauchswert so-
wie Wertbegriffe, die ausserhalb der wertanalytischen Betrachtung liegen. Vgl. K1einknecht 1992, S.
681.
43 Vgl. Renkes 1991, S. 24.
44 Vgl. Mexis 1990, S. 22.
45 Renkes 1981, S.l6.
46 Biedermann sieht die Aufgabe der Instandhaltung einerseits darin, durch abnutzungshemmende
Massnahmen - der Wartung - die Potentialminderungen zu verlangsamen, andererseits durch regene-
rative Aktivitäten in Form von Ersatz oder Reparatur - der Instandsetzung - die verbrauchten Poten-
tiale wieder herzustellen. Vgl. Biedermann 1985, S. 4.
18 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
unmittelbar beeinflussen. Gemeint sind damit in erster Linie Inspektionen und Funkti-
onsüberpTÜfungen sowie ähnliche Instandhaltungsverrichtungen, die insbesondere ein
frühzeitiges und vorbeugendes Ergreifen direkter Massnahmen ermöglichen sollen.,,47
Zustand
Instandhaltungsmassnahme
Neuzustand
1
Sollzustand ~
-'j
I
I
I
A:nutzUngs- I
vorrat
Minimum - - - -
2.1.3. Aufgaben
Die Instandhaltung kann als eigenständiges System innerhalb der Gesamtunterneh-
mung betrachtet werden. Unter einem System wird gemeinhin eine "Menge von
Elementen und Menge von Relationen, die zwischen diesen Elementen bestehen,,50
verstanden. Deshalb erscheint es notwendig, das Untersystem Instandhaltung von
anderen Systemen, die ebenfalls innerhalb der Gesamtunternehmung bestehen,
abzugrenzen. Einerseits ist dies möglich, indem der institutionelle Begriff Instandhal-
tung oder Instandhaltungsabteilung herangezogen wird, wobei vor allem auf interne
Strukturen und damit auf die hierarchische Position zurückgegriffen wird51 . Bloss52
zeigt auf, dass diese Abgrenzung nicht immer zweckmässig ist, da sie nicht alle
möglichen Alternativen - wie etwa den Einsatz von Produktionspersonal oder Fremd-
instandhaltern - rniteinbezieht53 . Aus diesem Grund erscheint die Abgrenzung des
eigenständigen Systems Instandhaltung über die ihr zukommenden Aufgaben umfas-
sender, da, wie bereits erwähnt, mehrere Alternativen in die Überlegungen rniteinbe-
zogen werden können.
technischen auch den betriebswirtschaftlichen Anforderungen Rechnung getragen werden. Vgl. Bei-
chelt 1993, S. 1If.
50 Klaus 1971, S. 634.
SI Gerade aber historisch gewachsene "Königreiche" und das damit verbundene Ressortdenken sind
heute fehl am Platze. Vielmehr braucht es dynamische Unternehmens strukturen, die eine zügige An-
passung an veränderte Situationen erlauben. Vgl. Wincheringer 1993, S. 14.
52 Vgl. Bloss 1995, S. 11.
53 Vgl. zu einem Simultaneinsatz von Eigen- und Fremdinstandhaltern und den damit verbundenen Ra-
tionalisierungsmöglichkeiten die Ausfiihrungen von Kalaitzis 1987, S. 58.
54 Als Objekte der Instandhaltung kommen dabei nicht nur dem Anlagevermögen, sondern auch dem
Umlaufvermögen zugeordnete Gegenstände in Frage. Vgl. Heiner 1990, S. 173.
55 Diese drei Grundkomponenten der Instandhaltung können mit weiteren Aufgaben ergänzt werden. So
können beispielsweise der aperiodische Grossunterhalt und kleine wie auch grosse Änderungen an
Anlagen zu den Aufgaben der Instandhaltung gezählt werden. Vgl. Kluge 1989, S. 277f.
56 Im Bereich der Eisenbahn wird bei den Lokomotiven eine Verfiigbarkeit von 94% bis 98% ange-
strebt. Vgl. Herold 1987, S. 27. Beim Triebzug ICE besitzt die Verfiigbarkeit - aufgrund der hohen
Kapitalbindung - oberste Priorität. Stillstandszeiten sind zu minimieren, wenn möglich in vorge-
sehene, betriebliche Stillstandszeiten zu integrieren. Vgl. Spiess/Schultes 1993, S. 555.
57 Vgl. Männe11988, S. 12f.
20 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Al_Radhi 58 befasst sich mit den Aufgaben der Instandhaltungsabteilung, die der
Instandhaltung zukommen, wenn ein TPM-Programm im Betrieb installiert wurde.
Zuerst gilt es, die "autonome Instandhaltung" einzuftihren. Grundsätzlich müssen die
Instandhaltungsaufgaben zwischen dem Produktionspersonal und dem Instandhal-
tungspersonal neu aufgeteilt werden, damit sich optimale Resultate einstellen59 . Das
Produktionspersonal muss imstande sein, folgende Massnahmen autonom ausführen zu
können:
Wartung
• Erhaltung des ursprünglichen Zustandes der Anlage,
• Korrekte Einstellung der Anlage, insbesondere nach einer Umrüstung,
• Betriebsstörungen dokumentieren;
Inspektion
• Übernahme der täglichen Inspektionen,
• Übernahme ausgewählter periodischer Inspektionen;
Instandsetzung
• Ausführung von kleinen Reparaturen,
• Umfassende Berichterstattung über Betriebsstörungen,
• Unterstützung der Instandhaltungsabteilung bei der DurchfUhrung der Reparaturar-
beiten.
2.1.4. Inhalte
Zur Untersuchung der Instandhaltungsaktivitäten schlägt Krüger61 folgende Methode
vor: Zerlegung des Systems Instandhaltung in die Aktionselemente Aktionsart, Akti-
onsobjekt, Aktionsträger, Aktionsmittel, Aktionszeit, Aktionsort und Aktionsumge-
bung. Zusätzlich unterscheidet Bloss62 die Dimensionen Art der Aufgabe und Akti-
onsbedingungen. Der erste Begriff subswmert Führungsaufgaben und Ausführungs-
aufgaben, wobei die tatsächliche Ausführung einer Aktivität meistens eine Kombina-
tion beider Aufgabenarten in sich vereinigt. Die Unterscheidung von Führungsaufga-
ben und Ausführungsaufgaben erscheint besonders vor dem Hintergrund der Vermi-
schung bei der Aufgabenarten als sinnvoll. Die Dimension Aktionsbedingungen
beinhaltet hauptsächlich die beiden Charakteristika Aktionsort sowie Aktionszeit.
60 Die Aufwertung der Tätigkeiten in beiden Bereichen kann als Arbeitsbereicherung, bzw. Job En-
richrnent aufgefasst werden. Dadurch wird die Motivation der Mitarbeiter positiv beeinflusst. Vgl.
Grothus 1993, S 66f.
61 Vgl. Krüger 1984, S. 13ff.
62 Vgl. Bloss 1995, S. 15.
22 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Aktionsart
Die Aktionsarten der Instandhaltung umfassen die Aktivitäten Inspektion, Wartung und
Instandsetzung.
Aktionsobjekt
Als Aktionsobjekte der Instandhaltung kommen sämtliche Produktionsanlagen in
Betracht. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um eine einzelne Maschine oder um eine
verkettete Produktionsanlage handelt. "Unter 'instandzuhaltende Objekte' sind
diejenigen Betrachtungseinheiten zu verstehen, an denen Instandhaltungsmassnahmen
durchgeführt werden und die dazu explizit angesprochen und bezeichnet werden. Dazu
gehören Anlagen, komplexe verkettete Maschinen - beispielsweise Transferstrassen -,
einzelne Maschinen, Aggregate sowie deren Elemente.,,63
Aktionsträger
Aktionsträger sind diejenigen Personen oder Personenkreise, die die Ausführung der
Instandhaltungsleistungen übernehmen. Einerseits stammen diese Personen aus dem
eigenen Betrieb - Eigeninstandhaltung - oder sie gehören zu einem Fremdinstandhal-
ter64 . Das Personal der Eigeninstandhaltung rekrutiert sich aus der Instandhaltungsab-
teilung oder aus der Produktionsabteilung. Innerhalb der Fremdinstandhaltung kann
das zur Verfügung gestellte Personal entweder von einem Anbieter flir Instandhal-
tungsleistungen stammen, oder es wird dem Anlagenhersteller zugeordnet65 . Bloss66
schlägt als weiteres Kriterium vor, die Standorte der Aktionsträger in die Analyse
miteinzubeziehen. In der Folge ergeben sich drei Alternativen: Die zentrale Instandhal-
tungswerkstatt des Betriebes, Vor-Ort-Werkstätten direkt bei den Instandhaltungsob-
jekten und die Werkstätten der Fremdinstandhalter. Als Ergänzung besteht zusätzlich
die Möglichkeit, dass eine oder zwei zentrale Instandhaltungswerkstätten des Betriebes
mit mehreren kleineren Werkstätten - die zu demselben Betrieb gehören, aber dezentral
angesiedelt sind - erweitert werden.
Aktionsmittel
Aktionsmittel sind diejenigen Objekte, die die physische Durchfiihrung der Instandhal-
tungsaktivität ermöglichen. Sie werden bei verschiedenen Tätigkeiten der Instandhal-
tung entsprechend ihren Spezifikationen eingesetzt. Weiter zählen zu den Aktionsmit-
teln Standard- und Spezialvorrichtungen, Datenverarbeitungssysteme, Prüfungs stände
und -systeme u.a.m.
Aktionszeit
Der Begriff Aktionszeit umschreibt die temporären Gegebenheiten bezüglich einer
Instandhaltungsaktivität. Es wird zwischen dringenden und weniger dringenden
Aufträgen, geplanten, vorbereiteten oder unvorhergesehenen Instandhaltungsaktivitäten
unterschieden67 . Bezüglich der zeitlichen Lage ist die Ausfiihrung während der
Produktionszeit oder eines Stillstandes von Bedeutung68 •
Aktionsort
Der Aktionsort bezeichnet die örtlichkeit, wo die konkrete Instandhaltungsaktivität
durchgeführt wird. Dabei sind verschiedene Alternativen denkbar: So kann es sinnvoll
sein, eine bestimmte Instandhaltungsaktivität vor Ort vorzunehmen, besonders dann,
wenn der Transport der betroffenen Anlage zu kompliziert, teuer oder aufwendig ist.
Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Instandhaltungsaktivität in einer Zentral-
werkstatt vorzunehmen. Dieses Vorgehen ist empfehlenswert, wenn sich diese Zen-
tralwerkstatt auf die Ausfiihrung von speziellen Instandhaltungsaufgaben, die oft auch
entsprechende Hilfsmittel erfordern, versteht. Eine solche Organisationsstruktur
erlaubt die Abwicklung regulärer, periodisch wiederkehrender und damit einfacherer
Instandhaltungsaufträge über die angegliederten Werkstätten. Eine weitere Alternative
ist der Fall, bei dem die Instandhaltungsaufträge an einen Fremdinstandhalter übertra-
gen werden69 .
Aklionsumgebung
Die Aktionsumgebung beschreibt das Umfeld, wo die Instandhaltungsaktivitäten
durchgeführt werden. Je nach Auswahl des Aktivitätsortes stellen sich entsprechende
Charakteristika, die die Aktionsumgebung beschreiben, ein. Instandhaltungsarbeiten
vor Ort sind dann sinnvoll, wenn das Instandhaltungsobjekt relativ gross oder unbe-
weglich ist. Dies gilt besonders, wenn im Rahmen einer Inspektion zuerst einmal das
Ausmass der Instandhaltungsarbeiten festzulegen ist. Die anlässlich der Inspektion
festgestellten Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten hingegen rechtfertigen unter
Umständen den Transport in eine Werkstatt. Arbeiten vor Ort sind grundsätzlich mit
schwierigeren Arbeitsbedingungen behafteeo. Hierbei kann es sich um Lärm,
Schmutz, Kälte, Witterungsverhältnisse und andere Umweltfaktoren handeln. Die
Frage nach den Sicherheitsstandards bei Arbeiten vor Ort ist in diesem Zusammenhang
offen. Bei Instandhaltungsarbeiten in einer eigens dafür eingerichteten Werkstatt treten
einige der oben aufgeftihrten Probleme nicht auf. Es kann mit einer höheren Wirt-
schaftlichkeit gerechnet werden, da eine bessere Planung und Steuerung71 der Instand-
haltungsaufträge möglich ist72 . Werden die Instandhaltungsaufträge an einen Fremd-
instandhalter vergeben, so entziehen sich die Einflüsse der Aktionsumgebung der
Kontrolle des Auftraggebers 73 .
TPM-orientierte Sichtweise
Bezüglich der Aktionsträger hält Hartmann 74 fest, dass ein TPM-orientiertes Unter-
nehmen die "aktive Beteiligung aller Mitarbeiter" anstreben muss, was impliziert, dass
neben dem Instandhaltungs- und Produktionspersonal beispielsweise auch die Bereiche
Entwicklung oder Einkauf angemessen an Instandhaltungsaktivitäten partizipieren. Al-
Radhi fordert "alle Abteilungen und alle Ebenen, also alle Mitarbeiter des Betriebes,,75
miteinzubeziehen. Auf der Basis der Zusammenarbeit aller Beteiligten wird schluss-
endlich die Gesamteffektivität gesteigert, ein Hauptziel von TPM 76 .
Der Einflihrung der autonomen Instandhaltung liegen die folgenden fünf Prinzipien
zugrundesI: Seiri (Organisation, Aufräumen), Seiton (Ordnung), Seiso (Reinigung),
Seiketsu (Sauberkeit, Standardisierung) und Shitsuke (Disziplin, Training)s2 .
Bei der Implementierung der autonomen Instandhaltung muss auf die Anforderungen
der planmässigen Instandhaltung Rücksicht genommen werden. Dabei gilt es, die
Aktivitäten der Instandhaltungsabteilung mit denen der Produktionsabteilung so zu
koordinieren, dass in beiden Gebieten möglichst keine Friktionen entstehen.
76 Dabei kann festgehalten werden, dass TPM grundsätzlich jeden einzelnen Mitarbeiter betrifft, arn
intensivsten jedoch der Mitarbeiter vor Ort den Veränderungsprozess spürt. Vgl. Tombrink 1993, S.
138.
77 Vgl. Nakajima 1995, S. 19f.
78 Al-Radhi 1995, S. 112. Hartmann sieht mit der Einführung der autonomen Instandhaltung einen
Anstieg der Motivation der Mitarbeiter verbunden, da sie über mehr Wissen und mehr Interesse arn
Arbeitsplatz verfugen. Vgl. Hartmann 1995, S. 115.
79 Dabei darf TPM nicht als Instrument zur Erreichung der autonomen Instandhaltung eingesetzt wer-
den, sondern umgekehrt ist die autonome Instandhaltung als selbständiges Element zu betrachten, das
die Einfuhrung von TPM unterstützt. Vgl. ebenda, S. 113.
80 Nakajima 1995, S. 87.
81 Tsuchiya versteht unter den funf S Seiri Auswahl/Selektion, Seiton effiziente Ordnung, Seiso Über-
prüfung mittels Reinigung, Seiketsu Reinheit und Shitsuke Disziplin. Vgl. Tsuchiya 1992, S. 3lff.
82 Vgl. dazu auch AI-Radhi 1995, S. 36.
83 Vgl. Tsuchiya 1992, S. 44ff.
26 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Bei der Einfiihrung der autonomen Instandhaltung baut sich ein enormes Konfliktpo-
tential auf!6 : Die traditionell gewachsene Struktur der Separierung von Produktion und
Instandhaltung - mit der Konsequenz der personellen Trennung von Anlagenbedienung
und Anlageninstandhaltung - muss mit der Einführung der autonomen Instandhaltung
überwunden werden87 . Am Ende des Prozesses steht die selbständige Bedienerin-
standhaltung der Produktionsanlagen88 .
Die Überprüfung der Zielerreichung ist ein weiterer Bestandteil der autonomen
Instandhaltung. Dies geschieht mittels der Durchführung von Audits 89 . Grundlage des
Audits ist die Erstellung einer Bewertung, die die erreichte Umsetzung der Inhalte auf
Mitarbeiterebene - Veränderung des Bewusstseins - und auf Prozess-, bzw. Zustands-
ebene - Veränderung der Anlagen und des Umfeldes - erfasst. Bei Erreichen der
Standards wird die Auditierung90 durchgeführt und mit einem Zertifikat dokumen-
tiert91 •
84 Ebenda, S. 45.
85 Tsuchiya identifiziert acht Schritte zur Implementierung der autonomen Qualitätsinstandhaltung.
Vgl. ebenda, S. 47ft'.
86 Vgl. Robinson 1995, S. 59f.
81 Vgl. zu möglichen Barrieren gegen die Autonomie der Basis und damit gegen TPM auch die Ausfuh-
rungen von Grothus 1993, S. 69f.
88 Hartmann weist daraufhin, dass auch nach der Einfuhrung von TPM eine Trennung der Instandhal-
tungsaktivitäten existiert. Eine Verlagerung aller lnstandhaltungsaktivitäten von den Instandhaltem
zu den Anlagenbedienern ist nicht vorgesehen, angestrebt wird nicht die vollständig autonome
Durchfuhrung der Instandhaltungsaktivitäten durch die Produktionsabteilung. Vgl. Hartmann 1995,
S.103.
89 Vgl. AI-Radhi 1995, S. 74f.
90 Vgl. zum Prozess der Auditierung in der autonomen Instandhaltung auch Nakajima 1995, S. 99.
91 Die Forderung nach Prüfungen und der mit ihnen verbundenen Ausstellung von Zertifikaten unter-
stützt auch Hartmann. Er befurwortet die chronologische Dokumentation der erreichten Standards.
Vgl. Hartmann 1995, S. 122f.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 27
der Lebensdauer beginnt dabei mit der Planung und Entwicklung und fUhrt über die
Produktion, den Betrieb sowie die Instandhaltung hin bis zu unterstützenden Tätigkei-
ten 99 .
Das Konzept erlangt insbesondere dann eme fundamentale Bedeutung, wenn die
Beeinflussung der Produktkosten in einem möglichst frühen Stadium im Mittelpunkt
steht, so dass die Wettbewerbsfahigkeit eines neuen Produktes nicht schon vor der
MarkteinfUhrung gefahrdet wird. Zur Steuerung der KostenfestIegung dienen jedoch
neben dem Konzept der Lebenszykluskosten auch das Target Costing und die Wertzu-
wachskurve lOo . Auf die beiden letzten Konzepte wird im Rahmen dieser Arbeit nicht
weiter eingegangen.
benslaufkosten nach sich und vice versa. Die Lebenslaufkosten sind somit als T rade-Off zwischen
den Produktkosten und Betriebskosten anzusehen. Vgl. Brunner 1992, S. 133.
99 Vgl. Gotoh 1991, S. 159 und Gotoh 1989b, S 319ff
Anlage bei ihrem Hersteller und die Stationen beim Anlagenbetreiber in zwei separate, sich jedoch
berührende Kreise aufgeteilt werden. Mit dieser Darstellung wird offensichtlich, an welchen Stellen
welche Informationen gewonnen werden können, bzw. sinnvollen Eingang finden. Vgl. Mützenberg
1987, S 69ff.
103 Vgl. zu einem qualitätsorientierten Instandhaltungsregelkreis auch die Ausfuhrungen von Wincherin-
Eine lebenszyklusorientierte Sicht in der Anlagenwirtschaft umfasst nach Amon 105 die
folgenden, sich gegenseitig beeinflussenden Aktivitäts- und Entscheidungsgebiete:
Projektierung, Bereitstellung, Anordnung, Nutzung, Instandhaltung, Verbesserung und
Optimierung, Ausmusterung und Ersatz von Produktionsanlagen. Hauptpunkt des
Konzepts der Lebenszykluskosten ist es, die Kosten jeder Produktionsanlage über die
gesamte Lebensdauer lO6 der Anlage hinweg zu minimieren lO7 . Dies führt in intertem-
poraler Hinsicht zu einer Maximierung des Barwerts.
zum Ziel haben. Vgl. Gotoh 1991, S. 16f. und S. I 64ff. Vgl. zum Verhältnis Anschaffungskosten
und Betriebskosten auch die Ausfuhrungen von Nakajima 1995, S. 61ff.
112 Lauenstein weist darauf hin, dass die Berechnung der Stillstandsverluste unter anderem auch vom
Optimierungskriterium fur die vorbeugende Instandhaltung, welches wiederum von den gesamt-
betrieblichen Zielsetzungen abgeleitet wird, abhängig ist. Vgl. Lauenstein 1993, S. 120f.
30 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Unter TPM wie auch bei der traditionellen Instandhaltung gewinnt das Konzept des
Lebenszyklus' der Produktionsanlagen zunehmend an Bedeutung1l8 . TPM trägt bereits
bei der Anlagenplanung dem Ziel "Maximierung der Effektivität" mittels des Konzepts
der Lebenszykluskosten Rechnung l19 . Maximierung der Effektivität wird hierbei als
hohe Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
sowie als Herbeiführung eines optimierten Anlagenzustandes, der die Produktion von
qualitativ hochwertigen Produkten ohne Verschwendung von Ressourcen zulässt,
interpretiert 120 •
2.1.5. Bedeutung
Die Dokumentation der Bedeutung erfolgt grundsätzlich aus zwei Blickwinkeln
heraus: Der Sicht der Volkswirtschaft und der betriebswirtschaftlichen Sichtweise.
Volkswirtschaftliche Bedeutung
Eine Möglichkeit, eine Volkswirtschaft analytisch zu betrachten, besteht darin, die
gesamte Volkswirtschaft in drei Sektoren zu unterteilen121 . Die an der Volkswirtschaft
teilnehmenden Wirtschaftssubjekte sind gemäss diesem Modell die privaten Haushalte,
die Unternehmen und der Staat.
Die beteiligten Unternehmen stellen dabei Güter und Dienstleistungen her, die sie über
den Markt an die anderen Teilnehmer verkaufen. Sie unterstellen sich bei ihrer
Tätigkeit dem Postulat der Gewinnmaximierung. Die privaten Haushalte stellen
ihrerseits hauptsächlich die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden gegen
117 Einen Überblick über die Elemente einer ausfuhrlichen Life-Cycle-Cost-Analyse gibt Brunner 1992,
S.124.
118 Vgl. Nakajirna 1995, S. 35.
119 Mützenberg bezeichnet in diesem Zusammenhang die Optimierung der Instandhaltung, die auf der
Basis von Kenntnissen und Erfahrungen aus dem frühest möglichen Stadium der Anlagenplanung be-
ruht, als offensive Instandhaltung. Demgegenüber steht die defensive Instandhaltung, die als die -
noch - üblichere Form der Instandhaltung bezeichnet wird. Vgl. Mützenberg 1987, S. 71f.
120 Vgl. AI-Radhi 1995, S. 12f.
121 Vgl. zu einer allgemeinen Betrachtung des Dienstleistungssektors im Hinblick auf die volks-
wirtschaftliche Bedeutung und eine alternative Darstellung der Drei-Sektoren-Theorie auch die Aus-
fuhrungen von Meffert 1995, S. 9ff. sowie Maleri 1994, S. 9ff.
32 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
entsprechendes Entgelt zur Verfugung122 . Sie verfolgen dabei das Ziel, ihren persönli-
chen Nutzen zu maximieren. Die Rolle des Staates ist diejenige, Aufgaben, die die
beiden anderen WirtschaftsteiInehmer nicht wahrnehmen können oder wollen, zu
übernehmen. Dazu gehören beispielsweise die Schaffung und Durchsetzung von
Rahmenbedingungen, die reibungslose Abläufe der wirtschaftlichen Tätigkeiten
garantieren.
Über das monetäre Ausrnass der Funktion Instandhaltung herrscht in der Schweiz
keine Eindeutigkeit: Eine Erhebung von Statistiken im Bereich der Anlagevermögen
und Besitzverhältnisse fmdet nicht statt 123 . Der Umweg über die Ersatzinvestitionen in
das Anlagevermögen erlaubt es jedoch, Rückschlüsse auf diese Dimension zu ziehen.
Von Salis 124 schätzt, dass im Industriedurchschnitt pro Jahr etwa 5,5% des Anlage-
vermögens fur Instandhaltungsaktivitäten eingesetzt werden. "Diese Werte sind als
Wiederbeschaffungswerte zu verstehen. 5 Mia. Franken jährlich werden also für das
Aufrechterhalten der Funktionsflihigkeit an Arbeitszeit und Ersatzteilen, sowie
Betriebsmittel, Z.T. auch fur Umbau und Renovation, ausgegeben."125 Weiter schätzt
von Salis, dass rund 25000 Beschäftigte in der Schweiz im Bereich Instandhaltung
einen Arbeitsplatz fmden, was ungefähr einem Prozent der arbeitenden Bevölkerung
entspricht.
Wamecke 126 schätzt fur das Jahr 1977 einen Betrag von circa 100 Mrd. DM fur
Instandhaltungsleistungen und weist darauf hin, dass dieser Betrag entsprechend den
inzwischen vergangenen Jahren nach oben zu extrapolieren ist. Gremli 127 veranschlagt
einen Betrag von etwa 200 Mrd. DM fur Instandhaltungsleistungen pro Jahr in der
Bundesrepublik Deutschland. Grünewald128 stellt fest, dass der jährliche Aufwand fur
Instandhaltungsleistungen im verarbeitenden Gewerbe von 36 Mrd. DM im Jahre 1980
auf mehr als 50 Mrd. DM im Jahre 1990 angestiegen ist.
122 Vgl. zu einer Diskussion der Produktionsfaktorsysteme die Ausfuhrungen von Corsten 1986, S.
173ff.
123 Vgl. von Salis 1990, S. 47.
124 Vgl. ebenda, S. 47.
125 Ebenda S 47
Tabelle 2.3. zeigt die Anteile der Branchen am Instandhaltungsaufwand in der gesam-
ten Volkswirtschaft:
Instandhaltungsaufwand %
Unternehmen 88,8
Staat 10,0
Private Wirtschaftssubjekte 1,2
sen wird. In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich ca. 10% des Bruttoso-
zialproduktes für Instandhaltungsaktivitäten ausgegeben.
Betriebswirtschajtliche Bedeutung
Die Ursachen für die zunehmende Bedeutung der Instandhaltung lassen sich im
wesentlichen auf zwei Einflussgrössen zurückflihren l33 : Markteinflüsse und betriebli-
che Einflüsse 134 .
no Es ist jedoch nicht nur der steigende Komplexitätsgrad der Anlagen, der den Kostenaufwand fur die
Instandhaltung ständig steigen lässt. Ebenso sind die erhöhten Anforderungen an die Verfugbarkeit,
die zunehmende Verkettung der Anlagen sowie die verscharften Umweltauflagen verantwortlich fur
den Kostenanstieg im Instandhaltungsbereich. Vgl. Konradt 1995, S. 50.
131 Tombrink ordnet die Hauptphase der steigenden Komplexität den 80er Jahren zu, wahrend die Stei-
gerung des Automationsgrades in den Zeitraum 60er und 70er Jahre fällt. Die 90er Jahre hingegen
sind durch steigendes Qualitätsbewusstsein und steigenden Kostendruck gekennzeichnet. Vgl. Tom-
brink 1993, S. 135. Heckmann stellt fest, dass die Automatisierung der Produktionsprozesse weiter
fortschreiten wird, und dass die dafur erforderlichen Produktionsanlagen immer umfangreicher und
komplexer werden. Deshalb wird auch die volkswirtschaftliche Bedeutung der Instandhaltung weiter
im Zunehmen begriffen sein. Vgl. Heckmann 1987, S. 105ff.
132 Vgl. Warnecke 1992, S. 14. Zum Zusanunenhang zwischen Instandhaltung und Umweltschutz sowie
einem dazugehörigen Beispiel bezüglich der Ressourcenschonung siehe auch die Ausfuhrungen von
Benninghoff 1993, S. 36ff.
133 Zu einer detaillierten Darstellung der Ursachen der zunehmenden Bedeutung des Instandhaltungsbe-
"Der Instandhaltung ist aus Sicht der Anlagenbetreiber aufgrund der ... technologi-
schen und wirtschaftlichen Trends und den damit wachsenden Anforderungen an eine
optimale Anlagenverfügbarkeit eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung beizumes-
sen,,135 und "Diese Bedeutung steigt vor dem ... aufgezeigten Hintergrund der zu-
nehmenden Bereitschaft der Unternehmen, in neue Technologien zu investieren,
zukünftig noch an.,,136
Dieselbe Tendenz stellt auch Wamecke 137 fest. Die folgenden Punkte führen zu einem
Anstieg der Instandhaltungstätigkeiten:
• Erhöhung der Automatisierung und damit verbunden eine Zunahme der Anlagen-
komplexität 138 ,
• zunehmende Verwendung von Informationstechniken,
• zunehmende Erhöhung der Prozessgeschwindigkeiten und damit einhergehend eine
steigende Anfalligkeit auf Störungen 139,
• stärkere Abhängigkeit der Fertigung insgesamt und der zu erreichenden Qualität von
den Instandhaltungsleistungen.
Insbesondere bei der Betrachtung des letzen Punktes erscheint verständlich, dass mehr
und mehr eine Vernetzung des Informationsflusses von Nöten ist 140 . Zusammenfas-
send kann festgehalten werden: "Dies erfordert das stetige Bemühen um Optimierung
der Anlagenverfügbarkeit, um dadurch die Leistungsfahigkeit der Anlagen vollständig
und flexibel nutzen zu können.'d41
Die Bilanz einer Unternehmung weist unter anderen die beiden Positionen Anlagever-
mögen und Umlaufvermögen aus. Der Begriff Anlagevermögen subsumiert Sachanla-
m Männel 1988, S. Ilf. Benninghoff betont diesbezüglich, dass die Instandhaltung in hohem Masse
zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beitragen kann. Vgl. Benninghoff 1990, S. 46.
136 Männe11988, S. Ilf.
lJ7 Vgl. Warnecke 1992, S. I3f. und auch Biedermann, der einen positiven Zusammenhang zwischen
zunehmender Anlagenintensität, Automationsniveau und Bedarf an Instandhaltungsleistungen fest-
stellt. Vgl. Biedermann 1987a, S. 206.
138 Mit zunehmendem Komplexitäts- und Automatisierungsgrad der Anlagen und der damit verbundenen
verknüpft sowie in das bestehende EDV-System integriert, siehe auch Sihn 1991, S. 481ff
141 Männel 1988, S. 12.
36 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
gen wie Maschinen, maschinelle Anlagen, Gebäude usw. In diesem Bereich liegen die
hauptsächlichen Betätigungsfelder der Instandhaltungsabteilung l42 . Die bei der
Ausfiihrung der Instandhaltungsaktivitäten anfallenden Kosten werden üblicherweise
den Fertigungsgemeinkosten oder einer allgemeinen Kostenstelle zugewiesen l43 . Die
Erfassung der Kosten erfolgt im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung, es liegt
somit eine DefInition in monetären Grössen vor.
Auf der den Kosten gegenüberliegenden Seite steht der generierte Nutzen l44 . Das
Schaffen, bzw. Wiederherstellen des Abnutzungsvorrates erzeugt direkt Nutzen fii.r die
Unternehmung l45 , während die Vermeidung von Produktionsausfallen - mit den ein-
hergehenden Ausfall- und Ausfallfolgekostenl 46 - eine indirekte Nutzengenerierung
darstellt l47 . Als unterschiedlich muss der Schwierigkeitsgrad bezeichnet werden, der
bei der QuantifIzierung des direkten und indirekten Nutzens auftritt l48 . Bei ersterem
erscheint die QuantifIzierung verhältnismässig einfach - der Abnutzungsvorrat und der
Sollzustand sind vordefInierte Werte, die eine Menge Produktionseinheiten in einer im
voraus bestimmten Höhe erlauben, zuzüglich der Werterhöhung der Anlage -, bei
letzterem ist die Bestimmung des indirekten Nutzens hingegen weitaus schwieriger.
Ein nicht eingetretener, aufgrund der Instandhaltungsleistungen verhinderter Produk-
tionsstopp, von welchem nicht einmal die genaue Zeitdauer bekannt ist, wird schwierig
zu quantifIzieren sein, ebenso, wie es enorm schwierig sein dürfte, das Ausmass der
Biedermann 1985, S. 4. Die Instandhaltung schafft demnach Werte in dem Masse, wie sie durch Ab-
nutzung verbraucht werden. Vgl. Budde 1991, S. 81.
145 Vgl. Renk.es 1987a, S. 16.
146 Anlagenausfalle und Störungen fuhren aufgrund des steigenden Komplexitätsgrades zu immer höhe-
ren ökonomischen Verlusten und/oder zu einer Gefahrdung der Sicherheit. Mit dieser Tatsache ist die
Schwierigkeit verbunden, vermehrt Nachweise und Prognosen über die Zuverlässigkeit der Anlagen
fuhren zu können. Die Gewährleistung einer hohen Zuverlässigkeit ist damit unabdingbar. Vgl. Bei-
chelt 1993, S. 11.
147 Männel ist der Ansicht, dass das Vermeiden oder Reduzieren von Anlagenausfallkosten als Nutzen
1987a, S. 8ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 37
Ausfall- und Ausfallfolgekostenl 49 - die selbst bei einem Eintreten kaum voIlumfang-
lieh erfassbar sind - schätzen zu können 150 .
149 Benninghoff spricht im Zusammenhang mit den Ausfallfolgekosten von sogenannten Sekundärfolgen
eines Ausfalles. Diese können beispielsweise die Form von Auftragsstornierungen oder Regressfor-
derungen annehmen. Vgl. Benninghoff 1990, S. 46.
150 Vgl. dazu auch die Ausfuhrungen von Biedermann 1985, S. 4f.
151 Renkes 1987a, S. 18. Heckmann ist diesbezüglich der Meinung, dass die Instandhaltung selber als
Produktionsfaktor innerhalb der Unternehmung, der direkt oder indirekt zur Erstellung der Leistun-
gen benötigt wird, aufgefasst werden kann. Vgl. Heckmann 1987, S. 109.
152 Nakajima 1995, S. 23.
153 Ebenda, S. 23.
154 Es ist jedoch nicht nur die weltweite Konkurrenz - die Globalisierung der Märkte - die zu einem
Die Kostenseite wird von Al-Radhi wie folgt beschrieben: "Die Produktionsanlagen
selbst bzw. die Arten ihrer Nutzung beeinflussen entscheidend die Produktionsko-
sten .. .'''57. Das Ziel einer TPM-orientierten Instandhaltung ist es, die Kosten der
Produktion - bestehend aus den Produktions- und Instandhaltungskosten - zu senken.
Die Erreichung dieses Zieles ist über die Reduzierung des Personalbestandes, die
Reduzierung der Unterhaltskosten und über Energieeinsparungen möglich l58 . In der
Einfiihrungsphase sind jedoch zunächst Kosten fUr die Verbesserung der Produktions-
anlagen sowie die Schulung der Mitarbeiter aufzuwenden l59 . Diesbezüglich ist
festzustellen, dass Kosteneinsparungen auf der einen Seite oftmals vermehrte Kosten
auf der anderen Seite nach sich ziehen, somit nur eine Verlagerung der Kosten
stattfmdet.
Auf das zunehmende Gewicht des Faktors Umwelt weist ebenfalls Hartmann 161 hin.
Dabei werden einerseits Umweltprobleme - auf Anlagenebene verursacht - als direkt
die Umwelt belastende Elemente beschrieben, andererseits der Energieverbrauch und
der Ressourcenverzehr als indirekt die Umwelt belastende Momente identifiziert.
Beide Bestandteile stellen Potentiale ftir Verbesserungen dar, die durch TPM erschlos-
sen werden können.
10.
164 Aufgrund der mangelnden Belegbarkeit fordert Rötzel eine strikte Trennung von Produktions- und
166 Diesbezüglich gilt es jedoch immer, die Kosten für die präventiven Instandhaltungsmassnahmen den
Kosten eines Ausfalles gegenüberzustellen. Nur wenn die Aufwände für die vorbeugenden Instand-
haltungsmassnahmen geringer ausfallen, als die Kosten eines potentiellen Maschinenstillstandes,
können die präventiven Instandhaltungsaktivitäten gerechtfertigt werden. Ygl. Wolfi'Haase 1991, S.
I 83ff.
40 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Die Lösung sieht Behrenbeck 168 als zwei stufig an: Erstens soll die Instandhaltung als
wichtiger Teil einer übergeordneten Anlagenwirtschaft - die die Aktivitätsfelder von
Anlagenprojektierung über Anlagennutzung bis zu Anlagenausmusterung und -ersatz
beinhaltet - verstanden werden. Zweitens muss einer so definierten Anlagenwirtschaft
im Einklang mit den anderen unternehmerischen Bereichen - beispielsweise der
Materialwirtschaft oder Personalwirtschaft - eine gleichberechtigte Position einge-
räumt werden 169 .
167 Eine Übereinstimmung von Instandhaltungszielen und Unternehmenszielen sowie die anschliessende
Vermittlung derselben an die Mitarbeiter fordern auch HartungiKemrnner 1993, S. 2.
168 Vgl. Behrenbeck 1994, S. Ilf.
169 Diese Forderung unterstützt auch Brocker 1987, S. 9 und S. Ilff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 41
~ ~
Alleinige Unzureichende Unzureichende Stellung der
Praktizierung BeTÜcksichti- Dokumentation Instandhal-
der kurativen gung des und Schadens- tung innerhalb
Instandhal- Nutzens der analyse des
tung Instandhaltung Organisations
gefuges
Biedermann l70 versteht die industrielle Instandhaltung als Subsystem des Produktions-
systems. Innerhalb des Systems Produktion werden die Produktionsfaktoren
"Betriebsmittel,,171 - unter anderem Maschinen und Anlagen - sowie "menschliche
Arbeitsleistungen" und "Werkstoffe,,172 im Produktionsprozess eingesetzt. Die
Instandhaltung konzentriert sich mit ihren Aktivitäten auf den Produktionsfaktor
Anlage 173 .
Landauer l74 stellt fest, dass zwei Aspekte bei der Beschreibung der Organisation der
Instandhaltung auftreten. Der interne Aspekt beschreibt den inneren Aufbau und die
Abläufe des Bereiches Instandhaltung, während sich der externe Aspekt auf die
Beschreibung der Stellung der Instandhaltung innerhalb des Betriebes konzentriert.
duktionsmittel hinaus auf andere Betriebsmittel als angebracht. Vgl. Rötzell993, S. 25.
174 Vgl. Landauer 1990, S. 142.
42 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
"Die externe Position der Instandhaltung beeinflusst die interne Organisation, obwohl
das Verhältnis eigentlich umgekehrt sein sollte. Denn sowohl die interne Organisation
als auch der Platz der Instandhaltung in der Gesamt-Organisation sollte bestimmt
werden durch die Aufgaben, die die Instandhaltung hat, wobei es wichtig ist, zu
erkennen, dass ein Teil dieser Aufgaben langfristige werksinterne Konsequenzen
hat.,d75
Die bevorzugte Masszahl zur Bestimmung der Leistungsfahigkeit unter TPM wird
mittels des Konstrukts Overall Equipment Effectiveness (OEE) generiert. OEE
dokumentiert den Stand des erreichten Fortschritts und wird bei der Einführung von
TPM zur originären Messung der Leistungsfähigkeit der Produktions anlagen herange-
zogen l78 . Grundsätzlich stehen die sechs Verlustquellen im Visier der Verbesserungs-
aktivitäten: Jede der Verlustquellen stellt ungenutztes Potential dar, das es zu er-
schliessen gilt, sollen die Produktionsanlagen auf maximale Effektivität getrimmt
werden 179 (s. Abb. 2.5.).
Bei der Berechnung der OEE wird auf die folgenden drei Felder fokussiert 180 :
VerfügbarkeitlAvailability
Unter TPM wird die Verfugbarkeit wie folgt definiert 181 :
Die Maschinenlaufzeit bezeichnet die Zeit, in der die Maschine tatsächlich arbeitet.
Diese wird durch die Betriebsmittelzeit abzüglich Ausfallzeiten, störungsbedingter
Brachzeiten und Nutzungsnebenzeiten ermittelt. Die Planbelegungszeit ist als die
LeistungsgradiPeiformance Rate
Der Leistungsgrad wird wie folgt definiert:
Performance Rate = (Ideal eyde Time.Processed Arnount)/Operating Time.IOO
QualitätsgradlQuality Rate
Der Qualitätsgrad ergibt sich aus:
Quality Rate = (Processed Arnount - Defect Arnount)/Processed Arnount.IOO
~~
Ver- Ver- Ver- Ver- Ver- Ver-
luste luste luste luste luste luste
durch durch durch durch durch bei
Anla- Rüsten Leer- redu- Anlauf- der
genaus- und läufe zierte proble- Pro-
fälle Ein- und Takt- me dukt-
richten Kurz- ge- qua-
still- schwin- lität
stände digkei-
ten
182 Robinson versteht unter der Planbelegungszeit die totale zur Verfugung stehende Zeit minus der ge-
planten Auszeit. Diese Auszeit setzt sich aus Pausen, geplanten Stillständen und der vorbeugenden
Instandhaltung zusammen. Vgl. Robinson 1995, S. I 26ff.
183 Vgl. Shirose 1989, S. 28ff und Al-Radhi 1995, S 17ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 45
Der Vorteil der OEE-Berechnungsmethode liegt vor allem darin, dass keine kompli-
zierten Verfahren zur Datenerhebung angewendet werden müssen; die Ermittlung der
benötigten Daten fmdet im normalen Produktionsprozess fortlaufend statt. Die festge-
stellten Werte werden darauffolgend in Zusanunenhang mit den Verlustquellen
gebracht. Am Ende dieses Prozesses stehen Zielvorgaben fiir die Verlustquellen, die
auf eine Minimierung oder Eliminierung der Verlustquellen hinwirken l84 . Dem
absoluten Wert ist untergeordnete Beachtung zu schenken, wichtiger ist, eine Trend-
analyse durchzuführen, die aufzeigt, in welche Richtung der eingeschlagene Weg
fiihrt185.
Die Einführung von TPM bietet die Chance, aus den Erfahrungen anderer zu lernen.
Dabei sind quantitative, wie auch qualitative Vergleiche OOt Wettbewerbern möglich,
die Vorsprünge oder Nachholbedarfe in den verschiedensten Unternehmensbereichen
aufdecken l86 • Benchmarking wird als "the search for best practices" beschrieben187 •
Die Gegenüberstellungen finden im wesentlichen anhand von Schlüsselfunktionen
statt, so dass Vergleiche zwischen zwei in völlig unterschiedlichen Märkten auftreten-
den Unternehmen dennoch sinnvoll sind. Da Benchmarking als kontinuierlich ablau-
fender Prozess ausgelegt ist, entspricht es der Natur der Sache, ein auf Langfristigkeit
und Stabilität ausgerichtetes Netzwerk OOt mehreren Partnern aufzubauen, damit
Erfahrungen dauerhaft ausgetauscht und Verbesserungsprozesse rasch in die Praxis
umgesetzt werden können l88 .
Hartmann l89 schlägt zwei zusätzliche Konzepte zur Leistungsmessung vor, die als Er-
gänzung zur Berechnung der OEE gedacht sind. Hauptkritikpunkt an der OEE ist die
Tatsache, dass die Leistung nur dann gemessen wird, wenn die Anlagen tatsächlich in
Betrieb stehen: Montage- und Umrüstvorgänge werden in der Berechnung nicht be-
rücksichtigt, deshalb spiegelt die OEE die Gesamteffektivität der Anlage in zu positi-
vem Licht wider. Der Einbezug von weiteren Kennzahlen schafft ein umfassenderes
Bild der Anlagenproduktivität.
Die wirkliche Produktivität einer Produktions anlage wird nach Hartmann mittels der
"Total Effective Equipment Productivity" TEEP, der gesamten effektiven Anlagenpro-
duktivität, gemessen. TEEP ist eine Kombination von OEE und der Anlagenausla-
stung. Die OEE kann beispielsweise auf Kosten der Maschinenauslastung verbessert
werden, indem Umrüstungs- und Instandhaltungsarbeiten während den geplanten
Stillstandszeiten durchgeführt werden. Dieses Vorgehen würde von TEEP reflektiert,
da die geplante Stillstandszeit in der Berechnung aufgegriffen wird. Das zweite
Konzept stellt die Netto-Anlageneffektivität dar. Sie bezieht sich auf die wirkliche
Qualität und Effektivität der Anlage während des Betriebes. Bei der Berechnung
werden die geplante Standzeit, die Ausfallzeiten für die Einrichtung und Justierung
sowie die erreichte Qualität berücksichtigt.
Ein grundlegender Unterschied ergibt sich allerdings bei der Gewichtung der drei
Instandhaltungsaktivitäten: In der älteren, traditionellen Literatur erscheinen zunächst
die Instandhaltungsaktivitäten Inspektion, Wartung und Instandsetzung als gleichwer-
tig. Die neuere Literatur zeigt hingegen eine Gewichtsverlagerung zur Inspektion hin.
Vor allem der Einsatz neuer Diagnosetechnikenl 90 und Datenverarbeitungssysteme
macht diese Verschiebung erst möglich. Damit verbunden sind die Anforderungen an
die präventive und - teilweise - perfektive Instandhaltung, denen grosse und zuneh-
mende Wichtigkeit zugestanden wird.
190 Technische Diagnoseverfahren haben das Ziel, bei laufenden Anlagen Zustandsänderungen an den
einzelnen Bauteilen erkennen und kostenintensive geplante und ungeplante Anlagenausfalle soweit
wie möglich verhindern und/oder begrenzen zu können. Vgl. Japs/Kalaitzis 1993, S 31. Zu einem
Low-Cost-Diagnosesystem - einem Fuzzy-System - fur die Instandhaltung siehe Kummetsteiner
1994, S. 8ff. Zu einer Darstellung eines wissensbasierten Diagnosesystems in der Instandhaltung
siehe Wincheringer 1994b, S. 876ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 47
Ein wichtiger Bestandteil des Wesens der traditionellen Instandhaltung sind die
wissenschaftlichen Untersuchungen über den Abnutzungsvorrat. Dabei wird der
Abnutzungsvorrat als eine Grösse verstanden, die über die Lebensdauer der Produkti-
onsanlage abgebaut wird und die durch Wartung verzögert, bzw. durch Instandsetzung
wieder auf den Sollwert zurück gebracht werden kann l92 . Weiter werden analytische
Methoden entwickelt und eingesetzt, die den Abbau des Abnutzungsvorrates exakt
beschreiben und auf diese Art und Weise eine optimierte Instandhaltung gewährleisten.
Beiden Ansätzen gemeinsam ist der Anspruch, die perfektive Instandhaltung vermehrt
ins Zentrum der Aktivitäten zu rücken.
Die Hauptaufgaben der Instandhaltung sind bei beiden Ansätzen identisch. Zusätzlich
zu den bestehenden Aufgaben findet eine Erweiterung der Instandhaltungsaufgaben bei
beiden Ansätzen statt. Innerhalb der traditionellen Instandhaltung wird vor allem auf
die Servicefunktion l93 Instandhaltung hingewiesen, wenn eine eigentliche Aufga-
Unter dem Begriff Aktionsmittel werden die physischen Instrumente verstanden, die
zur Durchführung der Instandhaltungsaktivitäten benötigt werden. Eine umfassende
wissenschaftliche Analyse dieses Bereiches wird vorwiegend in der klassischen
Instandhaltung durchgeführt. Dies darf als Hinweis darauf gewertet werden, dass der
Ansatz, der der traditionellen Instandhaltung zu Grunde liegt, analytischer, umfassen-
der und strukturierter ist, als dies unter der TPM-Philosophie der Fall ist.
194 Schwachstellenanalysen können nicht nur an Produktionsanlagen durchgefuhrt werden. Die Instand-
haltung selber kann ebenfalls einer Schwachstellenanalyse unterzogen werden. Schwachstellen kön-
nen diesbezüglich falsche Instandhaltungsstrategien oder ungenügende Zielsetzungen sein. Zu wei-
tergehenden Ausführungen sowie einer überblicksmässigen Darstellung von möglichen Schwachstel-
len in der Instandhaltung siehe KneiplKalaitzis 1993a, S. 43ff.
195 Die Wichtigkeit der untersten Ebene, die die Instandhaltungsaktivitäten durchfuhrt und somit eine
wirkungsvolle und praxisbezogene Planung sowie Umsetzung überhaupt erst ermöglicht, wird auch
von Mützenberg anerkannt. Vgl. Mützenberg 1987, S. 73.
196 Zu verschiedenen möglichen Ansätzen bei der Einfuhrung von TPM siehe auch die Ausfuhrungen
von Jacobi 1993a, S. IOOff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 49
Bezüglich der Aktionszeit ist festzustellen, dass beide Ansätze darauf abzielen, die
Instandhaltungsaufgaben besser planen zu können l97 . Mit einer verbesserten Planbar-
keit verbunden ist eine höhere Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung, da kostspielige
"Feuerwehrübungen" in weniger grossem Umfang auftreten. Die Wege und Mittel,
eine grössere Voraussagbarkeit zu erreichen, ftihren hauptsächlich über aufwendigere
Inspektionen und insbesondere über die Verwendung von fortschrittlichen Diagnose-
techniken. Bessere Planbarkeit bedeutet somit eine effizientere Instandhaltung l98 .
Bezüglich der Bedeutung sind bei beiden Ansätzen zwei Hauptpunkte festzustellen:
Erstens wird die grosse wirtschaftliche Bedeutung der Funktion Instandhaltung für das
Unternehmen anerkannt, und zweitens kann ein gemeinsamer Trend, der auf die noch
weiter steigende Bedeutung der Instandhaltung hinweist, identifiziert werden.
197 Unter Planen wird dabei ein in die Zukunft gerichtetes, ordnendes Denken verstanden. Vgl. Renkes
1991, S. 16f. und 1987b, S. 8. Heckmann fasst unter dem Oberbegriff "Planen" alle Tätigkeiten zu-
sammen, die im Vorfeld, d.h. vor der Durchfuhrung der Instandhaltungsmassnahmen erledigt werden
müssen. Vgl. Heckmann 1987, S. llOff.
198 Ein Ziel aller Instandhaltungsaktivitäten muss es sein, mit Hilfe konkreter Zuverlässigkeitsdaten die
auszuführenden Arbeiten weitgehend planbar zu machen. Vor allem Inspektions- und Wartungsar-
beiten sind in hohem Masse planbar und lassen sich zur Generierung von Frühwarn-Informationen
für die Instandsetzung heranziehen. Vgl. Dreger 1984, S. 221.
199 Vgl. dazu die Ausführungen von Renkes 1989, S. 125ff.
50 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
2.2.1. Grundlagen
Porter OO stellt fest, dass der Erfolg - das am Markt erzielte Ergebnis - eines Unter-
nehmens massgeblich von der Wettbewerbsposition, die das Unternehmen gegenüber
den Mitbewerbern einnimmt, abhängt. Konsequenterweise ist die Positionierung des
Betriebes im unternehmerischen Umfeld abhängig von der strategischen Pianung201 .
Aufgabe des strategischen Planungsprozesses ist es, unter anderem Ziele hervorzubrin-
gen, die der Orientierung in dem Sinne dienen, die angepeilte Wettbewerbsposition zu
erreichen202 . Die entwickelten Strategien dienen zur Erreichung der gesteckten Ziele.
In diesem Sinne sind Ziele als normative Vorgaben aufzufassen.
Betriebsmittel stellen dabei einen Teil der für den Produktionsprozess notwendigen
Elementarfaktoren dar. Das grundlegende Ziel der Instandhaltung liegt darin, die
Betriebsmittel für den Produktionsprozess funktionstüchtig zu erhalten203 .
Die Gesamtheit der Aufgaben, die in der Instandhaltung anfallen, unterteilen sich in
Führungs- und Ausführungsaufgaben. Die Planung der Instandhaltungsaktivitäten wird
den Führungsaufgaben zugerechner 04 • Dazu gehören: Planung und wirtschaftlicher
Einsatz von Kapazitäten205 , Steuerung der Aufträge unter Zuhilfenahme von Arbeits-
plänen, zeitliche Koordination der Aufträge, Kontrolle der ausgefiihrten Aktivitäten,
Überprüfung des erbrachten Nutzens und Koordination der Instandhaltungsaktivitäten
mit den anderen Aufgaben der Anlagenwirtschaft, insbesondere der Produktion206 .
Damit die geplanten Aktivitäten erfolgreich in der Praxis umgesetzt werden können,
müssen konkrete Instandhaltungsziele207 und _strategien208 festgelegt werden. "Die
Sicherung einer hohen Anlagenverfiigbarkeit unter wirtschaftlicher Nutzung der
Instandhaltungsressourcen müssen immer als oberstes Ziel angesehen werden. Im
Rahmen einer optimalen Anlagenwirtschaft kann das angestrebte Ziel durch unter-
schiedliche, d.h. betriebsinterne Strategien erreicht werden.,,209
Behrenbeck210 weist darauf hin, dass Vorgänge und Zusammenhänge zur Zielformu-
lierung komplex sind, da viele unterschiedliche Interessen in die Zielfmdung mitein-
fliessen. Als Lösung dieses Problems wird ein Zielsystem mit Ober- und Unterzielen
vorgeschlagen, wobei die Formulierung der letzteren die Erreichung der ersteren
auch, dass die Instandhaltungsaktivitäten so geplant werden, dass die Verkehrsmittel vor allem dann
zur Verfugung stehen, wenn die Leistungen nachgefragt werden und damit eine hohe Auslastung si-
chergestellt ist. Vgl. ebenda, S. 126.
206 Vgl. Bloss 1995, S. 17. Vgl. zur Koordination von Instandhaltung und Produktion auch Grünewald
1992b, S. 71ff.
207 Einen Überblick über mögliche Ziele in der Instandhaltung geben JapsJKalaitzis 1993, S. 29.
208 Unter dem Begriff "Strategie" wird das Konzept eines bewussten und zielgerichteten Tuns verstan-
den. Vgl. Schiller 1994, S. 27.
2~ Rötzel 1993 S 49
210 Vgl. Behrenb~k 1994, S. 202.
52 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
sicherstellen muss. Aus diesem Vorgang resultiert eine Zielhierarchie. Die auf diese
Art und Weise aufgebaute Zielhierarchie dient als Messlatte flir den Grad der Errei-
chung der anvisierten Ziele.
Bei der Festlegung der Ziele des Instandhaltungsbereiches müssen die Ziele der
Gesamtunternehmung angemessen berücksichtigt werden 212 . Dabei sollen die Instand-
haltungsziele die Erreichung der Unternehmensziele so weit wie möglich unterstützen;
idealerweise liegt hier eine Zielkomplementarität vor. Da die Oberziele 213 , wie auch
die Instandhaltungsziele, nicht nur eindimensionaler Natur sind, kann nicht von einer
umfassenden Zielkomplementarität ausgegangen werden: Das Auftreten von Zielindif-
ferenz und Zielkonkurrenz ist unvermeidlich. Erstere können ohne Ergreifung von
gegensteuernden Operationen akzeptiert werden, da die Erreichung der Oberziele
durch ihr Auftreten nicht massgeblich gestört wird. Letztere sind im Gegensatz dazu
wenn immer möglich zu vermeiden, weil die Erlangung des einen oder anderen Zieles
in Frage gestellt wird und somit zwangsläufig zwischen dem einen oder anderen Ziel
ausgewählt werden muss.
Wild214 definiert den folgenden Anforderungskatalog an ein Zielsystem, der auch bei
der Zielfindung innerhalb der Instandhaltung eine sinnvolle Anwendung findet:
• Realistisch: Die Ziele im Instandhaltungsbereich sollen auf einer realistischen Basis
festgelegt werden, was bedeutet, dass sie unter den real herrschenden Gegebenhei-
ten und mit den verfligbaren Mitteln erreichbar sein müssen.
Wird diesen Anforderungen an die Ziele und an das Zielsystem bei der Festlegung
entsprochen, so ist eine wichtige Grundlage fUr den Aufbau eines umfassenden
54 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Zielsystems geschaffen. Mit dieser Basis wird zumindest die potentielle Erreichung der
gewünschten Position innerhalb des Wettbewerbswnfeldes sichergestellt.
Warnecke stellt ebenfalls fest, dass die Zielerreichung des Bereiches Instandhaltung
nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern in einen Gesamtzusammenhang mit den
Unternehmenszielen gesetzt werden muss. "Diese Abhängigkeiten dürfen nicht
vernachlässigt werden, wenn die aufbauorganisatorische Einheit 'Instandhaltung' die
vorgegebenen Ziele in Abstimmung mit den anderen Fachbereichen erreichen und
damit das Betriebsergebnis der Unternehmung insgesamt positiv beeinflussen soll. Die
dabei festzustellenden Zielkonflikte sind sowohl innerhalb eines Fachbereiches als
auch ausserhalb im Sinne eines integrativen unternehmerischen Handelns zu lösen.,,21S
Als Lösung dieses Konfliktes wird eine Unternehmenszielübersicht vorgeschlagen, die
die untereinander herrschenden Zielbeziehungen übersichtlich beschreibf l6 . Durch
diese Vorgehensweise werden die einzelnen Zielvorgaben einander gegenübergestellt,
und ein Plan für die Erreichung der Ziele kann auf dieser Grundlage erarbeitet werden.
Richter hält bezüglich der Ziele im lnstandhaltungsbereich folgendes fest: "Bevor man
an die Analyse der technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen der Instandhaltung
herangeht, sollten Ziele und Grundsätze definiert werden.,,217 Die Ziele und Grund-
sätze werden durch die nachstehenden vier Punkte charakterisiert:
• Entscheidung zwischen der maximalen Ausnutzung der Lebensdauer von Anlagen
und/oder Elementen und der erforderlichen Verfügbarkeit.
• Präventives Erkennen von Schäden vor Eintritt derselben und Verhinderung von
Produktionsausfallen mit den dazugehörigen Ausfallfolgekosten.
• Technische Verbesserung der Anlagen zur Steigerung der Anlagenverftigbarkeit und
Verlängerung der Lebensdauer l8 .
• Minimierung der lnstandhaltungskosten sowie Invergleichsetzung derselben mit den
Produktionskosten. Dynamisierung der Instandhaltungskosten, so dass die Instand-
Der Aufbau von Zielen und Grundsätzen ist notwendig, damit eine fundierte be-
triebswirtschaftliche Analyse durchgeführt werden kann. Da verschiedene Betrach-
tungsweisen unterschiedliche Prioritäten setzen, können an solcher Stelle die - je nach
Wichtigkeit - anvisierten Ziele und Grundsätze entsprechend ihrer Gewichtung
eingefugt werden, die in der Folge den Anforderungskatalog an die Instandhaltung
mitdefmieren219 . Die Erreichung der im Anforderungskatalog spezifizierten Ziele
erfolgt mittels noch festzulegender Strategien.
Behrenbeck schlägt zur Korrektur dieser Situation eine Betrachtung der Instandhal-
tungszielsetzung unter den vier Dimensionen Kosten, Qualität, Zeit und Umwelt vor.
In den folgenden Abschnitten wird im wesentlichen den Ausfuhrungen von Behren-
beck gefolgt, der den Einbezug der vier Dimensionen in die Zielformulierung aus
folgenden Gründen fur unwngänglich hälf20 :
Kosten
Der Minimierung der Kosten eines jeden Bereiches wird ein beachtlicher Stellenwert
eingeräwnt221 . Gerade im Instandhaltungsbereich ist dies jedoch eine unvollständige
Betrachtungsweise, da aufgrund der Zieles Minimierung der Instandhaltungskosten oft
219 Zu einer Darstellung der aufgrund des Wettbewerbsdrucks stetig steigenden Anforderungen an die
Produktion und Instandhaltung sowie die damit verbundenen Zielsetzungen siehe auch die Ausfuh-
rungen von HartunglKemmner 1993, S. I.
220 Vgl. Behrenbeck 1994, S. 14ff. und S. 206ff.
221 Vgl. zur Minimierung der lnstandhaltungskosten und den nachfolgenden Konsequenzen auch die
Ausfuhrungen von McCarthy 1993, S. 92f.
56 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Behrenbec.c23 ist der Meinung, dass das Ziel "Minimierung der direkten Instandhal-
tungskosten" die anzustrebenden Oberziele ungenügend reflektierr24 • Die Einbe-
ziehung der Anlagenausfallkosten - die in umgekehrt proportionalem Zusammenhang
tnit den erbrachten Instandhaltungsleistungen stehen - in das Ziel system erweitert die-
ses und stärkt die Position der Instandhaltung gegenüber den anderen Unternehmens-
bereichen. In einem solchen Falle kann von einem dualen Zielsystem225 gesprochen
werden, das die Minitnierung der direkten Instandhaltungskosten wie auch der Anla-
genausfallkosten anstrebr26 . Bei einer solchen Zielsetzung handelt es sich jedoch ein-
deutig um eine Zielkonkurrenz: Werden Instandhaltungsmassnahmen in relativ gerin-
gem Ausrnass ausgeführt, so verharren die direkten Instandhaltungskosten auf tiefem
Niveau, es muss aber - selbst bei einer effektiven Instandhaltung - mit einem Anstieg
der Anlagenausfallkosten gerechnet werden227 • Umgekehrt können bei gezielter Aus-
führung von präventiven und perfektiven Instandhaltungsaktivitäten die Anlagenaus-
fallkosten gesenkt werden, die Ausführung der Instandhaltungsmassnahmen treibt da-
fiir die direkten Instandhaltungskosten in die Höhe228 . Selbst wenn dieser Zielkonflikt
ausbalanciert und ein optimales Ergebnis gefunden werden kann, darf nicht von einer
222 Eine Erfolgsrnaximierung ist in der Instandhaltung aufgrund des Fehlens von Informationen und Be-
wertungsrnassstäben fur die Leistungsseite unmöglich. Deshalb erscheint es angebracht, die gesam-
ten AufWendungen fur die Instandhaltung minimal zu halten. Vgl. Biedermann 1985, S. 11. Vielfach
werden nur die Instandhaltungskosten betrachtet, nicht aber deren Erträge. Vgl. Mexis 1994, S. 20.
Zu einern umfassenden System der Kostenminimierung im Instandhaltungsbereich siehe auch Knau-
ber 1987, S. 37ff.
223 Vgl. Behrenbeck 1994, S. 206.
224 Vgl. dazu auch die Ausfuhrungen von Ruthenberg 1990b, S. 75ff.
Grenzkosten
Instandhaltungsgrenzkosten
K'opt
Produktionsgrenzkosten
Verfugbarkeit
Vopt
Qualität
Der Qualität wird eine grosse Bedeutung bei der Erreichung der Unternehmensziele
zugemessen. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden, ob ein eng definierter, produktbezo-
gener Qualitätsbegriff oder ein umfassender Qualitätsbegriff Verwendung fmden
soll229. Unter einem umfassenden Qualitätsbegriff wird beispielsweise das Total-
Quality-Management-Konzept verstanden, das nicht nur die Qualität des entstandenen
Produktes selber, sondern den ganzen Produktionsprozess mit allen dazugehörigen
Bereichen in die Betrachtung miteinbezieht. Unter dem produktbezogenen Qualitäts-
begriff wird laut DIN die: "Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung
festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfullen,,230 verstanden. Weiter kann
zwischen der Qualität der ausgeführten Instandhaltungsmassnahmen und der Qualität
der Produkte unterschieden werden, wobei die Produkte von der Qualität der Instand-
haltungsleistungen abhängig sind231 . Je nach Abhängigkeit der Produktqualität von den
Instandhaltungsaktivitäten wird die Qualität der Instandhaltungsarbeiten offensicht-
229 Bezüglich umfassender Qualitätsbegriffe lassen sich die folgenden funf zentralen Definitionsansätze
unterscheiden: absolute, produktionsorientierte, kundenorientierte, herstellungsorientierte und
wertorientierte Definitionsansätze. Vgl. StausslHentschel1991, S 238.
230 DIN 55350, 1987, Teil Il.
231 Vgl. Wolfi'Haase 1991, S. 182.
58 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Zeit
Der Zeit wird ein hoher Einfluss auf den Unternehmenserfolg zuerkannt. Die Zeit
erlangt dabei die Bedeutung eines strategischen Faktors für die Unternehmung233 .
Dabei werden vor allem die Faktoren Liefertreue, Lieferzeir 34 , Lieferfähigkeit,
Lieferflexibilität und Zuverlässigkeir 35 als massgebend eingestuft. Wird ein umfas-
sender Qualitätsbegriff verwendet - wie dies bei TQM und TPM der Fall ist - so wird
der Faktor Zeit - defmitionskonform mit dem Anspruch, eine umfassende Betrach-
tungsweise anzuwenden - in die Gedankengänge miteinbezogen 236 . Ansonsten ist der
Faktor Zeit gesondert in den Analyseralunen miteinzuschliessen. Die Instandhaltung
kann in diesem Bereich dazu beitragen, dass keine ungeplanten Produktionsstillstände
eintreten und die Produktionszeit optimal genutzt werden kann. Dadurch wird die
Wahrscheinlichkeit der Einhaltung des Liefertermins erhöht. Der Wettbewerbsfaktor
Zeit ist somit indirekt von den Instandhaltungsleistungen abhängig. In dieser Hinsicht
232 Diesbezüglich ist in der letzten Zeit die Verantwortung der Instandhaltung fur die Produktqualität
deutlich angestiegen. Eine verbesserte Prozessqualität aufgrund optimierter Instandhaltung fuhrt zu
einer besseren Produktqualität und folglich zu Vorteilen auf den Wettbewerbsmärkten. Vgl. Har-
tung/Kemmner 1993, S. If.
233 Für ein Unternehmen stellt die Zeit diesbezüglich eine knappe Ressource dar. Kann diese geschickt
genutzt und eingesetzt werden, resultieren Wettbewerbsvorteile. Die Reduktion von Zeiteinheiten bei
der Leistungserstellung bewirkt bei konstantem Verbrauch der übrigen Ressourcen eine Steigerung
der Produktivität. Vgl. Grossmann 1989, S. 301. Die Zeit als Erfolgsfaktor spiegelt sich auch im
Konzept "Time Based Management TBM" wieder, ein Konzept, das zur Optimierung des Ge-
samtprozesses - insbesondere zur Verkürzung der Durchlaufzeit - fuhrt. Vgl. Bass 1994, S. 40.
234 Der Zusammenhang von Instandhaltungsleistungen und Lieferterminen wird auch von Ruthenberg in
ähnlicher Weise gesehen. Ein Ausfall einer verketteten Produktionsanlage aufgrund mangelhaft
durchgefuhrter Instandhaltungsaktivitäten kann schwerwiegende Konsequenzen fur die Terminierung
der Lieferung zur Folge haben. Vgl. Ruthenberg 1990a, S. 15.
235 Der Zuverlässigkeitsbegriff - bezugnehmend auf den Faktor Zeit - wird wie folgt definiert: "Teil der
Qualität im Hinblick auf das Verhalten einer Betrachtungseinheit während oder nach vorgegebenen
Zeitspannen bei vorgegebenen Anwendungsbedingungen". Vgl. Wincheringer 1993, S. 16. Unter der
Zuverlässigkeit eines Systems wird seine Eignung verstanden, während vorgegebener Zeitspannen
und unter vorgegebenen Arbeitsbedingungen vorgegebene Anforderungen erfullen zu können. Die
Forderungen beziehen sich dabei auf Zuverlässigkeitsmerkmale, damit also auf bestimmte Quali-
tätsmerkmale, die in ihrer Gesamtheit die Zuverlässigkeit des Systems ausmachen. Vgl. Beichelt
1993, S 12.
236 Vgl. zum Total Quality Management auch die Ausfuhrungen von Danzer 1995, S. 37ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 59
Umwelt
Ziele im Umweltbereich finden vermehrt Eingang in die Zielsysteme der Unterneh-
mungen. Dadurch können sich Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten
ergeben, insbesondere, wenn diese auf eine umweltorientierte Zielsetzung verzichten.
Eine effektive Instandhaltung trägt zur Verminderung der Umweltbelastung bei, wobei
sich gleichzeitig eine weitere Möglichkeit der Abhebung gegenüber den anderen
Marktteilnehmern eröffnet. Die Instandhaltung beeinflusst vor allem den Rohstoffver-
brauch und die Ausschuss- bzw. Nacharbeitsquote. Beide Faktoren sind zu minimie-
ren. Eine effizient und effektiv arbeitende Instandhaltung gewährleistet einen optima-
len Anlagenzustand, der Grundvoraussetzung für die Minimierung dieser Verlustquel-
len ist. Der Faktor Umwelt reiht sich demnach positiv in das Unternehmenszielsystem
ein, es besteht grösstenteils eine Zielkomplementarität zwischen Unternehmenszielen
und Umweltzielen. Wiederum ist eine Zielkonkurrenz bezüglich der Kosten festzustel-
len.
1 1 1 1
Kosten Qualität Zeit Umwelt
tion bzw. den daraus abgeleiteten Kosten-, Qualitäts-, Zeit- und Umweltzielen zu
leisten. ,,237
Grundlegend besteht eine Zielkonkurrenz zwischen den Kosten und den anderen drei
Dimensionen der Instandhaltungszielsetzung. Eine verbesserte Qualität, geringerer
Zeitbedarf sowie die Ziele im Bereich Umwelt sind in der Regel mit höheren Kosten
verbunden. Obwohl die drei Dimensionen Qualität, Zeit und Umwelt in Zielindifferenz
zueinander stehen, treten sie indirekt über die Kosten gegeneinander in Konkurrenz, da
innerhalb der Unternehmung von knappen finanziellen Mitteln auszugehen ist.
Ergänzende Zielsetzung ist die Vereinigung der beiden Stromrichtungen top-down und
bottom_up244. Einige Kleingruppenaktivitäten - beispielsweise die Qualitätszirkel -
sind traditionell nicht Bestandteil der offiziellen Managementstruktu?45. Wird TPM
eingeführt, so ist es möglich, die bestehenden Qualitätszirkel zu übernehmen und für
die Unterstützung der produktiven Instandhaltungsaktivitäten einzusetzen. Auf diese
Art und Weise werden die vor der TPM Phase etablierten Kleingruppenaktivitäten
fortgesetzt und für die Implementierung genutzt246 . Je nach Ursprung - Qualitätszirkel
oder Null-Fehler-Konzept - erfolgt eine Einteilung der Kleingruppenaktivitäten in zwei
Klassen. In der Praxis ist vielfach eine Vermischung der bei den Gruppenformen
239 AI-Radhi erachtet die Verflechtung aller Ebenen als sinnvoll. Die Etablierung von Verbesse-
rungsteams auf Niveau Führungsebene sollte ebenfalls in Betracht gezogen werden. Vgl. ebenda, S.
13.
240 Dieses Vorgehen wird speziell fur den Wissenstransfer eingesetzt. Die Gruppenfuhrer werden bei-
spielsweise zuerst von den Instandhaltem ausgebildet und geben ihr neu erworbenes Wissen an die
anderen Gruppenmitglieder weiter. Damit wird ein zweistufiges Vorgehen erreicht. Vgl. Gotoh
1989a, S. 200.
24l Zu einer eingehenden Darstellung der weiteren Aufgaben des Gruppenleiters siehe auch die Ausfuh-
244 Zu einer Beschreibung des Gegenstromprinzips - der Vereinigung von top-down und bottom-up -
vgl. die Ausfuhrungen von Kalaitzis 1987, S. 272ff.
245 Vgl. dazu auch Nakajima, der die Qualitätszirkel als Ursprung der Kleingruppenaktivitäten bezeich-
net. Das Konzept "Null-Fehler", das eine individuelle Aktivität darstellt, wurde mit dem Qualitäts-
zirkel verschmolzen, so dass sich eine "Null-Fehler-Gruppenaktivität" - die erste Kleingruppenakti-
vität - ergab. Vgl. Nakajima 1995, S. I 19.
246 In dieser Hinsicht können insbesondere die Qualitätszirkel die Arbeitsmotivation positiv beeinflussen.
Vgl. BungardiSchultz-Gambard 1989, S. 383. Vgl. zu einer vergleichenden Gegenüberstellung der
Qualitätszirkel mit anderen mitarbeiterorientierten Qualitätsförderungskonzepten auch die Ausfuh-
rungen von Corsten 1987a, S. I 96ff. und 1987b, S. 250ff.
62 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
anzutreffen247 . Das Potential der Kleingruppen lässt sich erschliessen, indem ihnen ein
Platz im Organisationsgefuge248 zugewiesen wird. Eine weitere Zielsetzung der
Kleingruppen liegt in der Bildung von Verbesserungsteams249 . Ein bereichsübergrei-
fendes Verbesserungsteam vereinigt die Erfahrungen aus mehreren Abteilungen und
sichert die Erarbeitung von akzeptablen Lösungen fur alle Betroffenen. Die Erweite-
rung des Verbesserungsteams mit Fachkräften aus anderen Bereichen250 kann hilfreich
sein, wenn diese die Verbesserungsmassnahmen mittragen sollen251 .
247 Robinson stellt fest, dass Kleingruppen formelle wie auch informelle Züge aufweisen. Vgl. Robinson
1995, S. 56f.
248 Diese Ansicht vertritt auch Robinson, der die Kleingruppen als permanente Organisationselemente
betrachtet. Vgl. ebenda, S. 55.
249 Robinson unterstreicht ebenfalls die Wichtigkeit von Kleingruppen und insbesondere ihre ausge-
zeichnete Fähigkeit, Probleme zu lösen. Weiter kann eine Stärkung des Mitarbeiterengagements
durch die Kleingruppenaktivitäten erwartet werden. Vgl. ebenda, S. 53f.
250 Robinson unterstützt die Forderung nach Interdisziplinarität. Vgl. ebenda, S. 55.
251 Vgl. Al-Radhi 1995, S. 41f.
252 Die synonyme Verwendung der Begriffe Gruppe, Arbeitsgruppe und Team wird den Ansprüchen und
den Verhältnissen der Organisation nicht mehr gerecht. Teams aufbauen heisst mehr, als Arbeits-
gruppen einzufuhren, denn Teams stellen eigentliche Systeme im Gesamtsystem Unternehmen dar.
Im Gegensatz zu Arbeitsgruppen, die eher noch fremdgesteuert sind, laufen in Teams viele Handlun-
gen und Entscheidungen selbstgesteuert und autonom ab. Zu einer weiterfuhrenden Darstellung der
Unterschiede zwischen Teams und Arbeitsgruppen siehe Klötzl 1994, S. 43ff. und insbesondere S.
44.
253 Vgl. zur Motivation und ihrem Beitrag zur Zielerreichung unter TPM auch die Ausfiihrungen von
Oberhofer 1993, S. 39.
254 Gruppenarbeit setzt diesbezüglich Teamarbeit auch in den übergeordneten Bereichen voraus. Ohne
Vorbild in den oberen Hierarchieebenen wird eine Umsetzung des Konzepts verunmöglicht. Vgl.
Redtenbacher 1993, S. 160.
255 Al-Radhi weist in diesem Zusammenhang auf die potentielle Motivationswirkung des Managements
hin. Vgl. AI-Radhi 1995, S. 13. Robinson vertritt die Ansicht, dass die Bildung der Kleingruppen
nicht dem Zufall überlassen werden sollte, sondern dass dies eine klar dem Management obliegende
Aufgabe darstellt. Vgl. Robinson 1995, S. 55f.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 63
256 In diesem Zusammenhang weist Hartmann darauf hin, dass die Einfiihrung von TPM mittels Schu-
lungsmassnahmen unterstützt werden muss. Zusätzlich ist eine geringere Fluktuationsrate nach der
Implementierung von TPM zu erwarten. Vgl. Hartmann 1995, S. 78.
257 Nakajima 1995, S. 127.
258 Dazu stellt Hartmann fest: "Der Maschinenwerker ohne Schulung, ohne Identifizierung mit der An-
dar. Damit einhergehend wird ein Fortschritt, der den gesamten Arbeitsplatz betrifR, gesehen. Be-
sonders zur Entdeckung von Abnormitäten müssen die Produktionsmitarbeiter geschult werden. Vgl.
Shirose 1989, S. 74ff. und Gotoh 1989a, S. 195.
260 Robinson stellt fest, dass T rainingsmassnahmen eine wichtige Rolle in jedem Verbesserungsprozess
spielen. Schulung und Training, die eine Verbesserung des Wissens und der Fertigkeiten mit sich
bringen, können als kontinuierliche Investition in die Mitarbeiter betrachtet werden. Vgl. Robinson
1995, S. 75ff.
261 Vgl. ebenda, S. 75.
262 Damit verbunden ist auch die Übernahme von mehr Verantwortung fur den Zustand und die er-
brachte Leistung der Produktionsanlagen. Vgl. ebenda, S. 76. Gotoh geht davon aus, dass unter op-
timalen Bedingungen ein Anlagenbetreiber eine Anlage auch instandhalten können muss. Vgl. Gotoh
1989a, S. 165.
263 Shirose unterscheidet die folgenden drei Problemkreise: Nicht wissen, nicht können und nicht wollen.
Vgl. Shirose 1989, S. 78f.
64 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
264 Das Produktionspersonal muss motiviert werden können, damit TPM erfolgreich implementiert wer-
den kann. Der Wandel von extrinsischer zu intrinsischer Motivation kann über das Vermitteln von
Anreizen herbeigefuhrt werden. Diese Anreize können sich von ursprünglich materieller Art
(Zertifikate, Medaillen) zu Anreizen mit immateriellem ("Besitztum" einer Produktionsmaschine,
Stolz auf das erworbene Wissen) Charakter wandeln. Vgl. Hartmann 1995, S. 123f.
265 Hartmann schlägt ein drei stufiges Konzept in der Bedienerschulung vor. Je nach Eignung und Not-
wendigkeit durchlaufen die Mitarbeiter die verschiedenen Stufen. Da der Wissensstand - und damit
die Anforderungen an die Teilnehmer - mit den jeweils absolvierten Stufen ansteigt, nimmt die An-
zahl der Schulungsteilnehmer mit steigender Stufe ab. Dieses reziproke Verhältnis ist auch in bezug
auf die verursachten Kosten der Ausbildung zu beobachten. Vgl. ebenda, S. 104.
266 Gotoh stellt dazu fest, dass Schulungen kostenwirksam, aber auch zeitaufwendig sind. Trotzdem
nehmen sie eine Schlüsselstellung bei der Implementierung von TPM ein. Vgl. Gotoh 1989a, S. 193
und S. 200. Hartmann stellt einen Zusammenhang zwischen bewilligtem Zeitaufwand fiir Schulun-
gen und der Unternehmenspolitik her. Vgl. Hartmann 1995, S. 119.
267 Robinson sieht als Ergänzung zur technischen Ausbildung die Schulung des persönlichen Verhaltens.
Gesamtausgaben fur die Implementierung von TPM ausmachen, müssen die Ausbildungsgänge ge-
zielt den Bedürfuissen des Unternehmens angepasst werden. Dies bedeutet eine Individualisierung
der Schulungen je nach Niveau der Mitarbeiter.
269 Hartrnann unterstützt die Forderung nach einer individuellen Anpassung der Ausbildungsmassnah-
men. Dies gilt insbesondere fiir die Bereiche, die mit der Einfiihrung der autonomen Instandhaltung
verbunden sind. Vgl. Hartmann 1995, S. 103.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 65
~ ~
Basis- Kommuni- Instandhal- F ertigungs-
kenntnissen kations- tungskennt - kenntnissen
techniken nissen
Novität von TPM ist die Nutzung von verschiedenen Örtlichkeiten für Schulungs-
zwecke. Schulungsmassnahmen finden nicht mehr nur ausschliesslich im Schulungs-
zimmer unter Leitung eines Schulungsleiters statt271 , sondern alternative Fonnen - wie
etwa direkt am Arbeitsplatz272 - werden ergänzend eingesetzt273 . Der Ausbildungspro-
zess umfasst die Anwendung folgender Lernkonzepte:
• Problemlösendes Lernen, Learning by doing,
• Soziales Lernen, Problemlösung durch das Team,
• Autonomes, selbst organisiertes Lernen, Problemlösung durch das Team in Eigen-
verantwortlichkeit.
Unter der Maximierung der Effektivität der Produktionsanlagen werden die nachste-
henden zwei Punkte verstanden 274 :
• Hohe VeIftigbarkeit und entsprechende Leistungsfahigkeit der Produktionsanlagen
unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte.
• Herbeiftihrung eines optimierten Zustandes der Anlagen, so dass qualitativ hochste-
hende Produkte ohne Verschleuderung von Ressourcen hergestellt werden können.
Auf Grund der oben aufgeftihrten Ziele resultiert ein Gesamtprogramm, das über die
Bestandteile prozessbezogene Instandhaltung, verbessernde Instandhaltung und
Ablaufoptimierung in die Praxis umgesetzt wird. Damit verbunden ist das Ziel, eine
Steigerung der Produktivität und Qualität herbeizufUhren 275 .
Nakajima276 hält fest, dass - unter der ceteris paribus Klausel - eine Produktivitätsstei-
gerung aus der Minimierung des Inputs und/oder der Maximierung des Outputs
besteht. Unter Steigerung des Outputs wird nicht nur eine Steigerung der Ausbrin-
gungsmenge verstanden, sondern es werden Faktoren wie verbesserte Qualität,
verminderte Kosten und eingehaltene Liefertermine darunter subsumiert. Die Aufwer-
tung der gesamten Arbeitssituation fUhrt zu einer höheren Arbeitszufriedenheit von
Seiten der Mitarbeiter sowie zu verbesserten Gesundheits- und Sicherheitsbedingun-
gen277
Nakajiml 78 stellt die Forderung nach Quantifizierbarkeit und Präzisierung der Ziele
auf. Es ist klar zu defmieren, welches Ziel in welchem Ausrnass zu welchem Zeitpunkt
erreicht sein muss. Die Konkretisierungen müssen in Relation zu den bestehenden
Verhältnissen gesetzt werden, so dass die neu festgelegten Ziele tatsächlich in einem
im voraus bestimmten und realistischen Zeitrahmen erreicht werden können. Weil es
sich dabei oft um mittel- bis langfristige Ziele handelt, kann die Verwendung von
Zwischenzielen sinnvoll sein.
Hauptpunkt bei Ziel ems ist die Verhinderung ungeplanter Still stände. Dies wird
erreicht, indem die reguläre, vorgeschriebene Wartung minutiös geplant wird. Punkt
zwei unterstreicht den Zusammenhang zwischen perfekter Produktqualität und perfek-
275 Empirische Studien belegen, dass nicht nur die Qualität der allein entscheidende Wettbewerbsfaktor
darstellt, sondern dass die Produktivität in dieser Hinsicht zunehmend an Bedeutung gewinnt. Vgl.
Mark11994, S. 174ff
276 Vgl. Nakajima 1995, S. 33f
277 Vgl. zum Zusammenhang zwischen der Einfuhrung von TPM und der Steigerung der Arbeitszufrie-
denheit, bzw. der Reduktion der Abwesenheitsrate auch die Ausfuhrungen von Tombrink 1993, S.
143.
278 Vgl. Nakajima 1995, S. 80f
279 Vgl. Hartmann 1995, S 60ff
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 67
Die Forderung nach Quantifizierbarkeit der Ziele und Überprüfbarkeit der Zielerrei-
chung wird auch von Robinson28o unterstützt. Nur Ziele, die quantifiziert werden
können, sind einerseits überprüfbar, andererseits können sie klar und prägnant formu-
liert werden, so dass eine effektive Umsetzung erfolgen kann. Zusätzlich müssen die
formulierten Ziele im Einklang mit der Strategie des Gesamtunternehmens stehen.
Partner der Produktion gesehen, und es wird versucht, eine aus bei den Bereichen
hervorgehende Optimallösung für das Gesamtunternehmen herbeizuflihren. Über den
Bezug der Ziele der Bereiche Instandhaltung und Produktion zu den übrigen Unter-
nehmensbereichen und Unternehmenszielen werden dagegen kaum konkrete Aussagen
gemacht. Allerdings bedeutet das Wort "Total", dass alle Bereiche von der TPM-
Philosophie erfasst werden283 .
Als eindeutiger Vorteil einer TPM-orientierten Instandhaltung ist die klare, einfach
verständliche und prägnante Zielformulierung zu nennen. Die fast als Schlagworte zu
bezeichnenden Ziele - beispielsweise "Null Fehler" für die Produktion - sind einfach
zu verstehen. Durch die direkte Ausdrucksweise wird ein hoher Grad an Operationali-
sierbarkeit erreicht, der wiederum der Umsetzung der Strategien förderlich ist, da
aufgrund der Einfachheit kaum Missverständnisse aufkommen können. Hingegen wird
- wegen der einfachen Verständlichkeit der Zielformulierung - kaum ein Bezug zu den
Oberzielen geschaffen. Eine TPM-orientierte Instandhaltung ist in erster Linie darauf
ausgerichtet, die Ziele den Mitarbeitern - den Umsetzern der Strategien - begreiflich zu
machen. Solche Abfassungen der Ziele erscheinen damit als konsequent logisch.
Allerdings stellt sich hier die Frage, wie realistisch - und damit erreichbar - eine
Zielsetzung von "Null Fehlern" tatsächlich ist, denn ob eine hundertprozentig fehler-
freie Produktion in der Praxis zu verwirklichen ist, sei hier dahingestellt284 . Allenfalls
kann eine solche Zielsetzung mit der von ihr ausgehenden Motivationswirkung
begründet werden 285 .
Die Forderung nach der Quantifizierbarkeit der Ziele wird bei beiden Ansätzen
aufgeworfen. Sowohl die traditionelle Instandhaltung, als auch eine TPM-orientierte
283 Die Bedeutung von "Total" bei TPM konkretisiert sich in den folgenden drei Merkmalen: Umfas-
sende, höchste Effektivität, Einsatz aller Mittel zur prophylaktischen Instandhaltung und vollständige
Mitwirkung. Vgl. Jacobi 1993a, S. 99f.
284 Beichelt weist in diesem Zusammenhang daraufhin, dass die Vorstellung, durch gründlichste Zu ver-
lässigkeitsarbeit wenigstens Ausfälle mit katastrophalen Auswirkungen vollständig verhindern zu
können, nicht real ist Die Gründe dafur liegen in den mannigfaltigen, deterministisch nicht oder nur
unvollständig erfassbaren Einflüssen auf das Ausfallverhalten von tcchnischen Systemen. Vgl. Bei-
chelt 1993, S. 13.
285 Diesbezüglich wird festgehalten, dass beim Konzept "Zero-Defects" der psychologische Aspekt ge-
genüber dem physischen Aspekt Priorität erhält Wichtiger als die konkreten Einsparungen ist das
Engagement einer homogenen Gruppe - beispielsweise eines Qualitätszirkels - einen ununterbroche-
nen, störungsfreien Lauf der Produktionsanlage gewährleisten zu können. Vgl. Biedermann 1993, S
25.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 69
Beiden Ansätzen gemeinsam ist das Streben nach Verbesserung der Anlagen. Bei TPM
steht zwar die Optimierung der Nutzung der Anlagen im Vordergrund, doch auch die
Verbesserung der Anlagen hat einen gewichtigen Stellenwert. Das Konzept der
Lebenszykluskosten findet Eingang in beide Ansätze.
Das Ziel "Einführung von Kleingruppenaktivitäten" ist hingegen nur bei einer nach
TPM-Grundsätzen aufgebauten Instandhaltung zu [mden. Der Begriff Kleingruppen-
aktivitäten wird jedoch auch in der traditionellen Literatur fiir verschiedene Formen
betrieblicher Kleingruppenkonzepte verwender 86 . Mit der Einführung von TPM ist die
Durchführung von Schulungsmassnahmen verbunden. Zwar wird bei der traditionellen
Instandhaltung der Forderung nach Schulung der Mitarbeiter auch Rechnung getragen,
doch nicht in einem solch umfassenden und anspruchsvollen Ausmass287 .
Insgesamt ergibt sich - vor allem aufgrund des expliziten Einbezugs des Faktors
Umwelt in das Zielsystem - im Bereich Ziele ein umfassenderes und wissenschaftlich
fundierteres Bild bei der traditionellen Instandhaltung. Es muss aber darauf hingewie-
sen werden, dass diese Schlussfolgerung auf einer Vergrösserung des Blickwinkels
beruht, die erst in der neueren Literatur auszumachen ist. Der Umfang der traditionel-
len Instandhaltungsforschung wurde in diesem Zeitraum erheblich ausgedehnt, so dass
erst seit diesem Einfluss von einer ausführlichen und vollständigen Sichtweise gespro-
chen werden kann.
287 Zur Feststellung des Schulungsbedarfs muss ein Unternehmen dafur geeignete Verfahren einsetzen.
Die Involvierung in die Schulungsmassnahmen ist fur alle diejenigen Mitarbeiter anzustreben, die mit
qualitatsrelevanten Tätigkeiten betraut sind. Alle Mitarbeiter müssen den ihnen zugeordneten Aufga-
ben entsprechende Qualifikationen aufWeisen Vgl. Pribich 1994, S 41.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 71
288 Rötzel 1993, S. 29. Heiner weist in diesem Zusanunenhang daraufhin, dass ein Optimalbereich an-
zusteuern und einzuhalten ist, bei dem sich Instandhaltungsaufwand und Wirtschaftlichkeit der An-
lagennutzung die Waage halten. Vgl. Heiner 1990, S. 176.
289 In Anbetracht dieses Dilemmas schlagen HüslerlBürgel fur die vorbeugende Instandhaltung eine so-
genannte "Zwiebel-Strategie" vor. Analog dem Aufbau einer Zwiebel sind im Kern die Instandhal-
tungsaktivitäten versanunclt, deren Ausfuhrung ein Muss darstellt. In der nächstäusseren Schicht
sind die Soll-Instandhaltungsaktivitäten, darauf die Kann-Instandhaltungsaktivitäten und in der
äussersten Schicht die wirtschaftlich nicht vertretbaren Instandhaltungsaktivitäten zusanunengefasst.
Mit diesem Vorgehen wird eine Optimierung der Kosten im Instandhaltungsbereich angestrebt. Vgl.
Hüsler/Bürgcl 1994, S. 86f.
290 Adam unterscheidet hierzu auch die intensive und die extensive Instandhaltungsstrategie. Vgl. Adam
1989, S. 54ff.
291 Vgl. Japs/Kalaitzis 1993, S. 29.
Daube hält dazu fest: "Mit der Entwicklung von Instandhaltungsstrategien ist dabei
beabsichtigt, die Unternehmen in die Lage zu versetzen, anlagenbezogen und lebens-
lauforientiert die Instandhaltungsmassnahmen zu planen und durchzuftiluen, um bei
immer knapper werdenden Ressourcen eine optimale Erreichung der Unternehmens-
ziele zu gewährleisten.,,296
294 VgL dazu auch Adam, der einer Instandhaltungsstrategie die Eigenschaft zuschreibt, ein vom Mana-
gement geschaffenes Gesamtkonzept, das die Verfugbarkeit der Produktionsanlagen determiniert,
umsetzen zu können. VgL Adam 1989, S 54.
29; VgL Rötze11993, S. 49.
296 Daube 1990, S. 240.
297 Lauenstein 1993, S 148.
2n VgL Adam 1989, S. 65.
2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 73
Instandhaltungsstrategien
----------
Geplante Instandhaltung --------
Ungeplante Instandhaltung
~ ~ ~
Wartung Inspektion Vorbeugende Instandsetzung
Instandsetzung nach Störung
Lauenstein 302 weist darauf hin, dass vielfach ein geringer Wiederholungsgrad in der
Instandhaltung - trotz gleichartiger Instandhaltungsaufgaben - vorliegt. Aus dieser
Tatsache heraus kann die relativ niedrige Arbeitsproduktivität im Instandhaltungsbe-
reich sowie die vergleichsweise wenig umfassende technologische Untersuchung der
Instandhaltungsaktivitäten erklärt werden. Die nachfolgend aufgeführten Tendenzen im
Instandhaltungsbereich dienen zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität, wie auch der
Verbesserung der Planbarkeit:
2. Unternehmempolilik
• Investitionspolitik305 : Die Investitionspolitik beeinflusst die Instandhaltungsstrategie
einmal über die Initiaiausgaben 306 . Wird eine knapp dimensionierte Anlage - die mit
niedrigen Investitionskosten verbunden ist - beschafft, so ist generell mit höheren
Instandhaltungskosten zu rechnen. Des weiteren ist die Frage zu beantworten, in-
wieweit eine gut instandgehaltene Anlage eine Alternative zu einer Neuinvestition
ist.
• Zeitziele der Anlagennutzung: Muss davon ausgegangen werden, dass eine Anlage
in relativ kurzer Zeit als obsolet bewertet wird, so werden die Instandhaltungsmass-
nahmen vorzugsweise nur in beschränktem Umfang durchgeführt.
• Geforderte Anlagenverfugbarkeit: Die Übereinstimmung der technischen Lebens-
dauer mit der produktabhängigen Lebensdauer einer Produktionsanlage stellt den
Gegenstand der Betrachtung dar. Geht die produktbezogene Lebensdauer der An-
lage über die technische Lebensdauer hinaus - das bedeutet den vorzeitigen Verzehr
des Abnutzungsvorrates - so ist zu prüfen, ob durch gezielte Instandhaltungsmass-
nahmen der Abnutzungsvorrat wieder hergestellt werden kann, oder ob eine Neuin-
vestition notwendig ist.
• Personalpolitik: Dieser Punkt umfasst die Faktoren Verfugbarkeit und Ausbildung
von Instandhaltungspersonal sowie Einsatzmöglichkeiten von Fremdpersonal. Be-
deutungsvoll ist auch der potentielle Einbezug von Produktionspersonal in die
Ausführung von Instandhaltungsaktivitäten.
• Organisationsstrukturierung: Da die Produktionstechnologien dauernden und
rasanten Veränderungen unterliegen, muss auch die Aufbau- und Ablauforganisa-
tion entsprechend angepasst werden.107. Dies bleibt nicht ohne Einfluss auf die
M Grundsätzlich erfolgen Investitionen in Produktionsanlagen mit dem Ziel, verwertbare und verkäufli-
che Leistungen herstellen zu könncn und untcr der Bedingung, das aufgewendete Kapital innerhalb
eincs festgelegten Zeitraumes wieder zurückzuerhalten. Vgl. GeriachlRoscnbaum 1991, S. 235.
m Biedcnnann bcschrcibt die Organisation als ein Instrument der Untemehmensfuhrung. Die Organi-
sationsstruktur muss demnach so gewählt werden, dass dic gcwünschte Instandhaltungspohtik umge-
setzt und die festgelegten Instandhaltungsziele erreicht werden können. Vgl. Bicdennann 1988, S. 81.
76 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Instandhaltung, wenn sie nahtlos in die gesamte, sich neu ausrichtende Unterneh-
mensorganisation eingefügt werden soll. Der Trend zu integrierten Produktionssy-
stemen wird die Instandhaltungsstrategie dergestalt beeinflussen, dass der Instand-
haltung vermehrt die Aufgabe zukommen wird, die geforderte Anlagenverftigbarkeit
bedarfsorientiert anbieten zu können.
Da in der Praxis eine Vielzahl von Instandhaltungsstrategien verfolgt werden 308 , ist
eine abschliessende Darstellung aller möglichen Strategien im Rahmen dieser Arbeit
unmöglich. Deshalb werden in der Folge einige wichtige, repräsentative Strategien mit
ihren Vor- und Nachteilen diskutiert.
Der Ursprung der Zuverlässigkeie 11 findet sich in der Instandhaltung und der Quali-
tätssicherung312 . Obwohl den bei den Unternehmensbereichen unterschiedliche
311 Technische Produkte sollen die ihnen zugeordneten Funktionen nicht nur im Zeitpunkt der Ausliefe-
rung erfüllen, sondern über einen bestimmten Zeitraum einhalten können. Dieser zeitliche Aspekt der
Qualität wird als Zuverlässigkeit bezeichnet. Vgl. Dopke 1992, S 30 und Beichclt 1993, S 12.
m Vgl. zu einer ausfuhrlichen Beschreibung dieses Sachverhaltes und des Regelkreises sowie zu einem
Vergleich der beiden Systeme auch die Ausfuhrungen von Rötzel 1993, S 210ff sowie Wapler
1994, S. 65f.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 77
Aufgaben zugrunde liegen, handelt es sich bei beiden Systemen um Regelkreise 313 , die
Massnahmen zur Sicherung von Soll-Zuständen beinhalten314 .
Ruthenberg316 sieht die Vorteile der vorbeugenden Strategie einerseits darin, dass die
Produktionsziele unter der Verfolgung der vorbeugenden Instandhaltungsstrategie
zuverlässiger - da weniger Produktionsausfalle auftreten - erreicht werden können,
andererseits aber auch im höheren Planbarkeitsgrad der Instandhaltungsaktivitäten. Die
verbesserte Planbarkeit schlägt sich unter anderem in der Möglichkeit der exakten
zeitlichen Planung317 der Instandhaltungstätigkeiten, der bis ins Detail durchdachten
313 Zur Darstellung der Komplexität des Informationsflusses beim Prozess der Qualitätsverbesserung
und einem entsprechenden Regelkreismodell zur Qualitätslenkung bei der Produkteerstellung siehe
auch die Ausfuhrungen von Kolleck 1995a, S. 45f. Zur Instandhaltung als selbstregelndes System
siehe Haberstich 1989, S. 42ff. Zur Qualitätssicherung als Regelkreis am Beispiel einer Bahngesell-
schaft siehe Klein 1991, S. 845f.
314 Die Instandhaltung kann als Stellgrösse in einem geschlossenen Regelkreis aufgefasst werden. Es er-
geben sich folgende Korrespondenzen: Der Soll-Zustand der Anlage ist die Führungsgrösse, der Mit-
arbeiter der Regler, die Anlage die Regelstrecke, die Abweichung vom Soll-Wert die Störung, die
Instandhaltung die Stellgrösse und die Anlagenzuverlässigkeit die Regelgrösse. Für die Produktion
ergibt sich: Der Soll-Zustand des Produktes ist die Führungsgrösse, der Mitarbeiter der Regler, der
Prozess oder das Produkt die Regelstrecke, die Abweichung vom Soll-Wert die Störung, die Quali-
tätssicherung die Stellgrösse und die Produktzuverlässigkeit die Regelgrösse. Vgl. zu einer ausfuhrli-
chen Darstellung der einzelnen Elemente auch die Ausfuhrungen von Wapler 1994, S. 60ff.
315 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Brunner 1992, S. 18ff.
316 Vgl. Ruthenberg 1990a, S. 14f.
317 Stender unterscheidet bezüglich der Planbarkeit von Instandhaltungsmassnahmen vier Fälle: Nicht
planbare Aktivitäten, die aufgrund von Störungen eintreten; planbare Aktivitäten, die nicht auf einer
Strategie basieren; planbare zyklische Aktivitäten, die durch eine Strategie ausgelöst werden; plan-
bare, voneinander abhängige Aktivitäten, die aufgrund einer vorhergehenden Aktivität ausgelöst
werden. Vgl. Stender 1992, S. 364.
78 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Die Nachteile der vorbeugenden Strategie liegen in den zwei nachfolgend aufgezeich-
neten Punkten: Erstens führt die vorausschauende Ausführung von Instandhaltungs-
massnahmen zu hohen Inspektions-, Wartungs- und Instandsetzungskosten, die -
aufgrund der mangelnden Beweisbarkeit der Durchführungsnotwendigkeit - oft als
urmötigen Aufwand verursachend klassifiziert werden. Zweitens kann auch die
vorbeugende Instandhaltung die technisch bedingten Störflille nicht vollständig
eliminieren. Dies beruht unter anderem auf der Möglichkeit, dass die durchzuführen-
den Instandhaltungsmassnahmen inkorrekt geplant sein können, dass falsche Aus-
gangsdaten fUr die FestIegung der Aktivitäten verwendet wurden, oder dass die
physische Ausführung der Aufgabe missglückt. Zusätzlich können Beschädigungen bei
der Ausführung der Instandhaltungsmassnahme auftreten.
Daube 318 weist darauf hin, dass bei der Verfolgung dieser Strategie der Austausch
eines Teiles zu einem im voraus bestimmten Zeitpunkt vorgenommen wird, folglich
der Abnutzungsvorrat nicht als einzige relevante Grösse fUr den Austauschentscheid
dient. Der Ausfallzeitpunkt ist nicht exakt vorhersagbar, so dass die Nutzungsdauer der
Elemente nicht voll ausgeschöpft werden kann 319 . Insgesamt wird von einer aufwendi-
gen Strategie gesprochen, die vor allem bei sehr hohen Sicherheitsansprüchen ihre
Berechtigung findet.
Die Vorteile, die im wesentlichen aufgrund der guten Planbarkeit erreicht werden, sind
die nachfolgenden 320 :
• Die Abstimmung der Produktions- mit den Instandhaltungsplänen ist einfach
möglich, so dass für beide Seiten minimale Kosten entstehen.
Ausjal/bedingte Strategie
Im Gegensatz zur Präventivstrategie steht die oft als "Feuerwehrstrategie" bezeichnete
ausfallbedingte Strategie. Sie ist angezeigt, wenn die grösstmögliche Ausbeute des
Abnutzungsvorrates im Mittelpunkt steht, ein Ausweichen auf andere, bestehende
Anlagen ohne grössere Verluste - finanziell und zeitlich - möglich ist, oder die Konse-
quenzen - insbesondere bei verketteten Anlagen - als tragbar klassifiziert werden322 .
Die Vorteile der ausfallbedingten Strategie werden von Ruthenberg wie folgt
gesehen323 :
• Der Stillstand der Produktionsanlage ist gleichzeitig Begründung und Rechtferti-
gung für die Instandsetzungsmassnahrne. Damit ist auch der verbundene Aufwand
gerechtfertigt.
• Wird ein Bauteil bis zu dessen Versagen ausgenutzt, so werden keine Ressourcen -
hier durch den Einbau eines neuen Teiles bevor der eigentlichen Notwendigkeit des
Austausches - verschwendet
• Es resultiert ein geringerer Planungsaufwand.
Daube 329 zeigt auf, dass unter einer Inspektionsstrategie der Abnutzungsvorrat so weit
als möglich ausgenutzt wird, somit eine maximale Annäherung an die Ausfallgrenze
stattfindet. Die Umsetzung in der Praxis wird mittels Durchführung von Inspektionen
und Diagnosen - unter Zuhilfenahme entsprechender Diagnosetechniken - realisiert.
• Bei der Verfolgung dieser Strategie resultiert eine hohe Verfugbarkeit und Zuver-
lässigkeit.
Die Anwendung der zustands abhängigen Instandhaltung erweist sich deshalb beson-
ders dann als sinnvoIl, wenn hohe Anforderungen an die Maschinen und Anlagen
hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, Verfügbarkeit und Betriebssicherheit gestellt
werden. Diese Art der Instandhaltung gewinnt vor dem Hintergrund der Einführung
hochwertiger Maschinensysteme, deren Ausfall mit hohen Kosten und gravierenden
Produktions störungen verbunden ist, zunehmend an Bedeutung333 .
Qualitätsgesicherte Strategie
"Diese Strategie zielt darauf ab, das gesamte Umfeld der Instandhaltungsmassnahmen
und sich selbst so zu organisieren, dass eine höchstmögliche Sicherheit für Mensch
und Material gewährleistet ist.,,334
330 Vgl. Daube 1990, S. 248f. Vgl. zu den Vorteilen der zustandsorientierten Instandhaltung bei Flug-
zeugen die Ausfuhrungen von Pfaffenberger 1992, S. 61 ff.
331 Schulte sieht mit der Einfuhrung der geplanten Instandhaltung die Möglichkeit verbunden, den Anteil
der störungsbedingten Instandsetzungen von 58% auf 25% verringern und die Instandhaltungskosten
insgesamt um 8% reduzieren zu können. Vgl. Schulte 1988, S. 153.
1'2 Vgl. Daube 1990, S. 249.
333 Vgl. Grey/Schulze 1991, S 202f.
.134 Daube 1990, S. 249.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 83
Demnach wird diese Strategie vor allem in Betrieben verfolgt, die mit schwerwiegen-
den Konsequenzen zu rechnen haben, wenn lnstandhaltungsmassnahmen nicht auf
einem extrem hohen Niveau durchgeführt werden. Die Konsequenzen können direkt
die angestrebte Produktqualität betreffen, oder indirekt auf das ausführende Personal
oder die Umwelt negative Einflüsse ausüben. Der Begriff Qualität wird bei Verwen-
dung dieser Strategie umfassend definiert. Das heisst, dass nicht nur die Qualität des
hergestellten Produktes in die Bewertung miteinfliesst, sondern auch der ganze
Herstellungsprozess unter qualitätsorientierten Gesichtspunkten bewertet wird.
---- ----
Anlagenbezogene und technologische Strategien
---
Technische Diagnoseverfahren Instandhaltungsgerechte
Konstruktion
/
Betriebs- und Funktions- Zustandsüberwachung
überwachung
Die Fehlerfrühdiagnose hat zur Aufgabe, die durch Abnutzung einsetzende Zustands-
verschlechterung der Anlage frühzeitig zu erkennen, damit adäquate Gegenrnassnah-
men eingeleitet werden können. Dabei kann auf ein Kennzahlensystem zurückgegriffen
werden, zu dessen Aktualisierung die Daten laufend oder periodisch erhoben werden.
Die Diagnoseverfahren lassen sich in zwei Systeme unterteilen: Systeme zur Funkti-
onsausfall- und Störungs überwachung sowie Systeme der Fehler- und Abweichungser-
kennung340 .
Die automatische Prozessüberwachung wird als Ergänzung zur Sicherung der Qualität
eingesetzt. Sie überwacht die Leistungsfahigkeit der Produktionsanlagen lückenlos,
damit allfälligen, die Produktqualität verschlechternden Tendenzen entgegengewirkt
werden kann 341 . An diesem Punkt ergibt sich eine Nahtstelle zwischen der Instandhal-
tung und der Qualitätssicherung. Der Einsatz einer automatischen Prozessüberwachung
bietet noch einen weiteren, entscheidenden Vorteil: Ein solches System kann als
exzellente Grundlage für die Verfolgung einer zustandsorientierten Instandhaltungs-
strategie dienen. Der Einsatzbereich der technischen Geräte reicht von der Fehlerer-
kennung über die Dokumentation der Fehlerfortschreitung und der Fehlerdiagnose bis
zur Fehlerbehebung342 •
Instandhaltungsgerechte Konstruktion
Aufgrund von Marktanalysen kann gezeigt werden, dass Schwachstellen zu 60% auf
Herstellungsfehlern beruhen343 . Deshalb ist es äusserst bedeutsam, wenn ein System
aufgebaut wird, welches den Rückfluss der Instandhaltungsdaten an die Konstruktion
341 Zu einer Beschreibung und einem Beispiel eines Überwachungszyklus ' fur die Qualitätssicherung
343 Vgl. Daube 1990, S. 250 und Van Laak 1984, S. 1Off.
86 2. Kapitel: Kritische Untersuchung dcr TPM-Philosophie
zulässt. Unter der Verwendung dieser Daten kann in der nächsten Generation eine
instandhaltungstechnisch optimierte Anlagenkonstruktion verwirklicht werden, die
nicht nur den Instandhaltungsaufwand minimiert, sondern gleichzeitig die Zuverlässig-
keit und Verfugbarkeit maximiert344 . Durch die Rückkopplung der aus der Instandhal-
tungserfahrung heraus gewonnenen Daten in die Entwicklungsabteilung wird eine
instandhaltungsgerechte Konstruktion erst ermögliche45 . Der Rückfluss der Informa-
tionen von der Instandhaltung346 an den Anlagenhersteller verfolgt zwei Ziele 347 : Die
Senkung der Instandhaltungskosten während des Betriebes348 und die Verbesserung
der Qualität des Produktes.
344 Der Aufbau eines Informationsrückflusses an die Entwicklung und Konstruktion erfolgt insbesondere
vor dem Hintergrund, eine Verringerung der Anlagenfehler, eine Senkung des Instandhaltungsauf-
wandes, eine Erhöhung der AnIagenverfiigbarkeit und Einsparungen bei den Ersatzteilkosten herbei-
fuhren zu können. Vgl. Brabandt 1991, S. 253.
345 Die Konstruktion instandhaltungsgerechter Anlagen ist neben der Anwendung technischer Diagnose-
verfahren den technischen Strategien zuzuordnen. Vgl. Japs/Kalaitzis 1993, S. 31f. Vgl. zum Infor-
mationsrückfluss auch die Ausfiihrungen von AI-Radhi 1995, S. 13. Gotoh spricht in diesem Zu-
sammenhang von der Sammlung und Verwendung von Maintenance Prevention Daten. Vgl. Gotoh
1991, S. 72ff. und S. 93ff.
346 Hartmann sieht vor allem im Wartungspersonal eine grosse Wissensquelle fiir potentielle Verbesse-
rungen, die es zu erschliessen gilt. Vgl. Hartmann 1995, S. 56f. Nakajima sieht die Qualität der In-
standhaltung im regulären Produktionsbetrieb zu einem grossen Teil dadurch bestimmt, ob die Tech-
nologie zur Sicherstellung der Anlagenzuverlässigkeit und -instandhaltbarkeit aus den direkten Er-
fahrungen und gemeinsamen Anstrengungen der Ingenieure, Konstrukteure und Instandhalter ent-
wickelt wurde, oder ob Standard-Know-How einfach eingekauft wurde. Vgl. Nakajima 1995, S.
109ff.
341 Vgl. Giesebrecht 1990, S. 76ff.
348 Wie empirische Untersuchungen zeigen, werden bei der Entwicklung und Konstruktion einer Anlage
bis zu 70% der Gesamtkosten festgelegt, aber nur 8% bis 14% der Kosten fiir diese Phase aufge-
wendet. Vgl. JapslKalaitzis 1993, S. 31. Fischer bezeichnet den Anteil der in der Konstruktionsphase
festgelegten Kosten eines Produktes mit 70% bis 85%, so dass nur noch ein kleiner Teil der Kosten
in der Produktionsphase und den nachfolgenden Wertschöpfungsstufen beeinflussbar ist. Vgl. Fi-
scher 1993, S. 67.
349 Vgl. Giesebrecht 1990, S. 76ff.
350 Kuhn zeigt exemplarisch auf, in welchen Bereichen ein DV -System die Schwachstellenanalyse un-
terstützen kann. Vgl. Kuhn 1988, S. 113f.
351 Einen Überblick über mögliche Funktionen eines modular aufgebauten Anlagen-Informationssystems
gibt Giesebrecht 1990, S. 84. Eine Auswahl an Feedback-Informationen und Feedback-Berichten
findet sich auf S. 96f.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 87
hersteller ist in diesem Prozess auf eine vollständige Dokumentation der Vorgänge
angewiesen, damit die notwendigen Verbesserungen an seinen Anlagen vorgenommen
werden können. Grundlage hierfür ist ein vom Anlagenbetreiber ausgearbeitetes
Lastenheft. Dieses Lastenheft spezifiziert die vertraglichen Vereinbarungen352
bezüglich der Mindest-, respektive Maximalwerte einiger ausgewählter Grössen353 . Je
mehr die Produktionsanlagen verkettet sind und je höher der Automatisierungsgrad
derselben ist, desto grösser wird der positive Einfluss sein, den eine optimale Anlagen-
konstruktion auf die Instandhaltungs- und Anlagenausfallkosten ausübt.
355 Je mehr Elemente und damit Beziehungen zwischen den Elementen ein System aufweist, desto kom-
plexer wird dieses System. Mit steigendem Komplexitätsgrad steigt gleichzeitig der Schwierigkeits-
grad, ein solches System erfassen und überwachen zu können. Daher müssen komplexe Systeme in
Unter- oder Teilsysteme aufgegliedert werden, damit die Überschaubarkeit gewährleistet bleibt.
Diese Tatsache fuhrt notwendigerweise zur Arbeitsteilung. Vgl. Oberhofer 1988, S. 9.
356 Vgl. Daube 1990, S. 251 und insbesondere zum Anstieg der Qualifikation der Mitarbeiter in der In-
Die technische Begründung der Entscheidung beinhaltet unter anderem die Analyse
und Beschreibung der Abnutzungsprozesse und der sicherheitstechnischen Anforde-
rungen, die Erfassung der Zuverlässigkeitsdaten361 sowie die Darstellung der ange-
wendeten Instandhaltungstechnologie.
357 Vgl. zur leistungsgerechten Entlohnung und der davon ausgehenden Motivationswirkung die Ausfuh-
rungen von Stech 1987, S. 202ff. Vgl. zu einer Gegenüberstellung von Leistungslohn und Zeitlohn in
der Instandhaltung Rother/Stech 1988, S. 17ff. und insbesondere S. 22. Vgl. zu einer überblicks-
mässigen Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten der Entlohnung in der Instandhaltung Kir-
chenkamp 1989, S. 31 ff.
358 Schmittberger sieht diesbezüglich die Notwendigkeit, mit stcigendem Komplexitätsgrad der Produk-
tionsanlagen das Wissen und die Erfahrung aller Beteiligter zu nützen. Insbesondere die Einbe-
ziehung des Wissens des Vor-Ort-Personals fuhrt in dieser Hinsicht zu einer Verbesserung der In-
standhaltungsleistungen Vgl. Schmittberger 1990, S. 127.
359 Zu einem möglichen Verfahren der Strategiefindung siehe auch die Ausfuhrungen von Japs/Kalaitzis
1993, S 37ff
360 Vgl. Lauenstein 1993, S. 149f.
361 Die Erfassung und Analyse von Zuverlässigkeitsdaten ist als Grundvoraussetzung fur den Aufbau
Die Optimierung der Zyklen und die Auswahl der Strategie können aufgrund der
mittleren abnutzungs- und instandhaltungsbedingten Kosten und Verluste festgelegt
werden. Diese Kosten und Verluste müssen die eigentlichen Instandhaltungskosten
(Löhne, Material- und Ersatzteilkosten) sowie die Verluste bei der Produktion - mit
den einhergehenden Gewinneinbussen - berücksichtigen. Die fortlaufende Verände-
rung des Abnutzungsvorrates ist monetär zu bewerten, und die wegen der Durchfüh-
rung der Instandhaltungsmassnahmen entstandenen Produktions verluste sind in die
Berechnung miteinzubeziehen.
Um ein optimales Ergebnis bezüglich der Strategie und der Zyklen über die gesamte
Anlagennutzungsdauer zu erhalten, sind alle anfallenden Kosten je betrachtete Zeitein-
heit zu minimieren 362 . Zusätzlich können die Ergebnisse einer Kapazitätsanalyse in die
Strategiefindung miteintliessen. Dabei sind die folgenden drei Fälle denkbar363 :
• Die Instandhaltungsstrategie einer Produktionseinheit'64 , die als Kapazitätsengpass
identifiziert wurde, strebt die Maximierung der Produktionsleistung und der Pro-
duktionszeit sowie die Minimierung der Produktions verluste an.
• Die Instandhaltungsstrategie einer Produktionseinheit, die keinen Kapazitätsengpass
darstellt, strebt die Minimierung der Instandhaltungskosten an.
• Für Produktionseinheiten, die nicht dauernd zu den Kapazitätsengpässen oder den
Nichtengpässen gehören, sind die Kosten als auch die Produktionsverluste gemein-
sam in einer Funktion zu minimieren.
Auf diese Art und Weise kann die zu fahrende Instandhaltungsstrategie grob bestimmt
werden. Um die Kosten der Instandhaltungsmassnahmen und die Verluste aus Anla-
gen still ständen vollumHinglich quantifizieren zu können, ist eine genauere Analyse der
beiden Grössen notwendig. Zusätzlich müssen Parameter wie der technische Fort-
schritt, die eingesetzte Technologie, die hergestellten Produkttypen, der Produktions-
standort und die allgemeine Situation des Unternehmens auf dem Markt bei der Stra-
tegiefestlegung berücksichtigt werden 365 .
Adam366 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Informationen über das
Ausfallverhalten einer Anlage in keiner Weise genügen, um die geeignete Instandhal-
tungsstrategie herleiten zu können367 . Ein wichtiges Kriterium im Prozess der Strate-
giefmdung ist der Entscheid über die Intensität der Maschinennutzung368 , der sich un-
ter anderem auf die Amortisationsrechnung stützen kann, über die die ökonomische
Lebensdauer der Anlage bestimmt wird. Ist diese Lebensdauer erst einmal berechnet,
so können die Verfligbarkeitsanforderungen an die Anlage determiniert, und unter
Berücksichtigung der Instandhaltungs- und Ausfallfolgekosten kann ein Preis geschaf-
fen werden, zu welchem die geforderte Verfügbarkeit erhältlich ise 69 . Die Lösung die-
ser Problemstellung muss simultan erfolgen. Von einer solchen Basis getragen, karm
der Beschluss über die geeignete Instandhaltungsstrategie gefasst werden.
das Ausfallverhalten sicher oder unsicher sind. Vgl. Schwinn 1995, S 237.
368 Dabei kann ein Prozess nach den Kriterien Erfolgsträchtigkeit, Wirkungsgrad und Produktivität be-
Maschinen. Um den Erfolg von Instandhaltungsleistungen bestimmen zu können, müssen die Ver-
fugbarkeit und die Vorhaltungskosten zueinander in Relation gesetzt werden. Dieser Sachverhalt
muss zu differenzierten Optimierungsmassnahmen fuhren. So orientiert sich beispielsweise die In-
standhaltung der Fahrzeugelektronik an der Verfugbarkeit, diejenige des Aussenanstrichs hingegen
an den Kosten. Bei Triebzügen steht aufgrund der hohen Kapitalbindung die Verfugbarkeit im Vor-
dergrund, bei Einzelfahrzeugen spielen die Kosten die dominierende Rolle. Vgl. Spiess/Schultes
1993, S. 554.
370 Vgl. Ruthenberg 1990b, S. I 79ff.
371 Beichelt spricht in diesem Zusammenhang vom Prinzip "so zuverlässig wie nötig, aber nicht so zu-
verlässig wie möglich". Mit dieser Zielsetzung kann sowohl kostenmässigen, wie auch zuverlässig-
keitsorientierten Aspekten entsprochen werden. In einigen Fällen erlangt jedoch die Zuverlässigkeit
von vornherein das Primat gegenüber allen anderen Aspekten: Beispielsweise bei Kernkraftwerken,
Flugzeugen, Raumflugkörpern etc. treten die Kosten gegenüber der Gewährleistung der Zuverlässig-
keit in den Hintergrund. Vgl. Beichelt 1993, S. 12.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 91
Das Abwägen der Vor- und Nachteile jeder möglichen Strategie für jedes zu betrach-
tende Instandhaltungsobjekt ist ein aufwendiges Unterfangen. Die Ausmasse der zu
analysierenden Datenmengen können Dimensionen annehmen, die eine Vereinfachung
als notwendig und hilfreich erscheinen lassen. Behrenbeck373 schlägt deswegen vor,
die nachfolgenden zwei Kriterien als Substitution der detaillierten Analyse agieren zu
lassen:
• Abwägung der Folgen eines ungeplanten Ausfalls auf die Kosten, Qualität, Zeit und
Umwelt.
• Abhängigkeit des Ausfallverhaltens von der Betriebszeit.
172 Die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Instandhaltungsrnassnahmen geschieht über die Feststel-
lung der Prozesseffizienz oder der Produktivität. Dazu sind die Leistungswerte - die Leistungen der
Instandhaltung - mit den zur Erstellung der Leistungen notwendigen Verbräuchen, bzw. Kosten zu
vergleichen. Vgl. Biedermann 1985, S. 10f.
373 Vgl. Behrenbeck 1994, S. 221f.
374 Vgl. dazu die Ausfuhrungen von Adam 1989, S. 59ff., Tsuchiya 1992, S. 92f. und Nakajirna 1995,
S 53ff
375 Vgl. auch die Ausfuhrungen von Lauenstein 1993, S. 22 und Schulte 1988, S. 60ff. sowie Schwinn
1995, S. 238f. Zu einer noch differenzierteren Beschreibung des Ausfallverhaltens von Anlagenteilen
und den entsprechenden Ausfallraten siehe Schulte 1988, S. 56ff. sowie Männel1989a, S. 237ff.
376 Diese werden auch als "Kinderkrankheiten" bezeichnet. Im Wissen, dass diese kaum vollständig
eliminiert werden können, werden sogenannte ,,luverlässigkeits-Wachstumsgarantien" eingefuhrt.
Vgl. Lewandowski 1988, S. 198f.
377 Zufallsausfälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Ausfälle durch das Zusammenwirken von
mehreren, statistisch unabhängigen Faktoren eintreten. Vgl. dazu Adam 1989, S. 60.
378 Zu einer detaillierteren Darstellung und Beschreibung der Einflussfaktoren auf das Verschleissver-
halten siehe Tsuchiya 1992, S. 93f.
92 2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
A(t)
A Ausfallrate
Amm . Minimale Ausfall-
rate
t 11 111
t: Zeit
t Anlaufausfalle
Amm -- ~ _. 11
111
Zufallsausfalle
Verschleissaus-
t falle
Bei Inbetriebnahme einer Produktionsanlage muss mit einer hohen Ausfallrate gerech-
net werden, denn Frühausfalle lassen sich nie ganz ausschliessen 379 . Die Gründe für
diese Ausfälle sind hauptsächlich in Konstruktions- und/oder Herstellungsfehlern
sowie Materialfehlern zu suchen. In dieser Phase stellen Probeläufe sowie Verbesse-
rungen im Bereich der Instandhaltungsfreundlichkeit wirksame Gegenrnassnahmen dar.
Sind die Schwachstellen der Konstruktion und Installation behoben, sinkt die Ausfall-
rate und pendelt sich fUr einen längeren Zeitraum auf einem bestimmten Niveau ein.
Diese Phase wird als Zufallsausfallperiode bezeichnet und stellt den längsten der drei
Lebensabschnitte dar380 . Plötzlich auftretende Ausfälle sind meist auf Bedienungsfeh-
ler zurückzuführen, weshalb die korrekte Benutzung und Bedienung der Anlagen als
Gegenmassnahme zu empfehlen ise 8 \ .
379 Tsuchiya ist diesbezüglich der Meinung, dass Frühausfalle weitestgehend vennieden werden können,
wenn bereits bei der Planung von Neuanlagen die Produktions- und Instandhaltungsabteilung einbe-
zogen werden. Durch ein "Early-Equipment-Management" und dem Ziel, hochzuverlässige Anlagen
herzustellen, sollte die Frühausfallperiode umgangen werden können. Vgl. ebenda, S. 92.
380 Für die Praxis sind die beiden Perioden der konstanten und steigenden Ausfallrate die wichtigsten, da
sich fast die ganze Nutzungsdauer der Anlage in diesen Bereichen abspielt. Vgl. Adam 1989, S. 63.
"1 Lauenstein identifiziert Bedienungsfehler, Zufallseinflüsse und nicht venneidbare Störungen als
Quellen von Verlusten in der mittleren Betriebsphase. Vgl. Lauenstein 1993, S. 22.
382 Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass diese Effekte nicht nur bei kompletten Anlagen, sondern auch
bei Komponenten oder Bauteilen auftreten können. Weiter wird die Interpretation des Kurvenverlau-
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 93
Anlagenteile einem Verschleiss sowie der Alterung unterliegen und somit eine be-
grenzte Lebensdauer aufweisen 383 . In dieser Phase kann die Instandhaltung Wesentli-
ches zur Ausfallverringerung beitragen: Durch die vorbeugende Instandhaltung und
Verbesserungen im Bereich der Instandhaltbarkeit wird die Verschleissausfallsrate
reduziert und die Anlagenlebensdauer verlängert 384 .
Sind die Folgen eines ungeplanten Ausfalls als wenig relevant einzustufen und ist auch
die Abhängigkeit des Ausfallverhaltens von der Betriebszeit gering, so kann die
ausfallbedingte Strategie gewählt werden. Ist das Gegenteil der Fall, ist es vorteilhaf-
ter, die zeitabhängige oder zustandsabhängige Präventivstrategie zu verfolgen. Bei
schwerwiegenden Folgen eines Ausfalls, jedoch geringer Abhängigkeit von der
Betriebszeit ist die zustandsabhängige Präventivstrategie zu bevorzugen, bei
umgekehrter Konstellation die ausfallbedingte Strategie oder die zeitabhängige
Präventivstrategie zu wählen. Bei der Strategiefestlegung muss berücksichtigt werden,
dass durch die Reduktion auf zwei Kriterien nicht mehr alle ursprünglichen Argumente
in den Strategiefindungsprozess miteinfliessen.
Die Instandhaltungsstrategie beeinflusst auch den Grad der Wiederherstellung nach ei-
nem Ausfall. Vor allem ist von Bedeutung, in welchem Umfang die Instandhaltungs-
massnahrnen ausgeführt werden. Es kann zwischen den beiden Extremen minimale In-
standsetzung und vollständige Instandsetzung unterschieden werden 385 .
Minimale Imtand~etzung
Nach Ausfall einer Produktionsanlage wird dieselbe in einem solchen Masse instand
gesetzt, dass das Niveau kurz vor dem Ausfall wieder erreicht wird. Es werden nur die
direkt betroffenen Teile instand gesetzt, bzw. ersetzt. Eine Minimalinstandsetzung
benötigt wesentlich weniger Zeit als eine vollständige Instandsetzung. Dies bedeutet -
zumindest in der kurzen Frist - geringere Kosten, die bei der Wiederherstellung der
Funktionsfähigkeit anfallen386 .
fes durch schwierig zu identifizierende, äussere Einwirkungen, die zu Überlagerungen und undefi-
nierten Veränderungen fuhren können, erschwert. Vgl. Adam 1989, S 63f.
383 Technische Betriebsmittel unterliegen prinzipiell Verschleiss, Alterung, Ermüdung, Korrosion
und/oder anderen Abnutzungserscheinungen. Vgl. Lauenstein 1993, S. 21
384 Instandhaltungsaktivitäten können die Ausfallrate in der Zufallsausfallperiode und in der Ver-
schleissausfallperiode senken. Vgl Tsuchiya 1992, S. 92.
385 Vgl. Lauenstein 1993, S 117 und S. 151
386 Vgl. ebenda, S. 127 und S. 130.
94 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Vollständige Instandsetzung
Nach Ausfall einer Produktionsanlage wird dieselbe umfassend instand gesetzt, so dass
nach der Instandsetzung gesamthaft ein sehr guter Zustand der Anlage resultiert. Das
erreichte Niveau nach der Ausfallinstandsetzung entspricht damit volltunninglich
demjenigen nach einer kompletten Grundinstandsetzung.
Diese vier Stufen können den Strategien der "traditionellen" Instandhaltung gegenüber
gestellt und mit ihnen verglichen werden. Die Stufen stellen sich wie folgt darl88 :
I. Break Down Maintenance,
2. Preventive Maintenance,
3. Productive Maintenance,
4. Total Productive Maintenance TPM, Produktive Instandhaltung mit Beteiligung
aller Mitarbeiter389 .
Zeit
tiert390 . Stufe eins ist in den flinfziger Jahren angesiedelt, und der Entwicklungsprozess
führt in den siebziger Jahren zu TPM. Die sich fortwährend verbessernden Beobach-
tungs- und Analysetechniken werden kontinuierlich in TPM miteinbezogen, so dass
von einem permanenten Verbesserungsprozess gesprochen werden kann.
Der Begriff Produktive Instandhaltung TPM umfasst die drei Konzepte Maintenance
Prevention391 , Preventive Maintenance 392 und Maintainability Improvement. Main-
tenance Prevention bedeutet die Verwendung einer möglichst instandhaltungsfreien
Anlage, die mittels einer perfektionierten Konstruktion realisiert wird. Preventive
Maintenance393 ist mit der vorbeugenden Instandhaltung gleichzusetzen und Main-
tainability Improvement beschreibt den Prozess der Verbesserung der Instandhaltbar-
keie 94 .
Robinson 395 bezeichnet TPM als eine langfristig orientierte Strategie. Die einer
solchen Strategie innewohnende Kontinuität ist Voraussetzung fur den Erfolg eines
TPM-Programms. Bei Auftreten von Konflikten, die aufgrund der Verfolgung von
mehreren Strategien entstanden sind, ist der Konflikt dahingehend zu lösen, dass eine
Hauptstrategie gewählt wird, der die anderen Strategien untergeordnet werden.
390 AI-Radhi unterscheidet die Stufen Breakdown Maintenance, Preventive Maintenance, Corrective
Maintenance (Verbessernde Instandhaltung), Maintenance Prevention, Productive Maintenance
(Zusammenschluss von Preventive Maintenance, Corrective Maintenance und Maintenance Preven-
tion) und Total Productive Maintenance TPM in dieser zeitlichen Abfolge. Vgl. AI-Radhi 1995, S.
5f
391 Gotoh definiert Maintenance Prevention als die Verwendung der neuesten Instandhaltungsdaten und
Instandhaltungstechniken bei der Planung oder Herstellung einer neuen Produktionsanlage, um eine
verbesserte Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit, Bedienbarkeit und Sicherheit sowie eine vereinfachte
Instandhaltbarkeit zu erreichen, während gleichzeitig die Instandhaltungskosten und die abnutzungs-
bedingten Verluste gesenkt werden. Vgl. Gotoh 1991, S. 72.
392 Shirose fuhrt in diesem Zusammenhang den Begriff der Predictive Maintenance ein. Dabei geht es
um die Erfassung der Abnutzung eines Bauteiles, wobei verschiedene Diagnosetechniken zum Ein-
satz gelangen, so dass ein Störfall vor Eintritt verhindert werden kann. Um Predictive Maintenance
durchfuhren zu können, muss definiert werden, wie die Abnutzung gemessen werden kann, wie ab-
normale Situationen erkannt werden können, welches die Normalbedingungen sind und wo die Inter-
ventionsgrenze anzusetzen ist. Vgl. Shirose 1989, S. 57.
393 Miyoshi definiert Preventive Maintenancc wie folgt: "Preventive maintenance is periodic inspection
to detect conditions that might cause breakdowns, production stoppages, or detrimental loss of
function combined with maintenancc to eliminate, control, or reverse such conditions in their early
stages. In other words, preventive maintenance is the rapid detection and treatment of equipment ab-
normalities before they cause dcfects or losses". Miyoshi 1989, S. 219. Dabei werden hauptsächlich
zwei Aktivitäten verfolgt: Periodische Inspektionen und Durchfuhrung von geplanten, auf den Er-
gebnissen der Inspektionen basierenden Instandhaltungsmassnahmen. Vgl. ebenda, S. 219.
394 Vgl. Nakajima 1995, S. 32f
------
TPM
1
Maintenance Preventive Maintainability
Prevention Maintenance Improvement
Hartmann396 stellt fest, dass TPM eine langfristig orientierte Strategie ist, die alle
Phasen des Produktionsprozesses betrifft und über diesen Weg die Instandhaltung
innerhalb eines Unternehmens beeinflusst. Die Kontrolle der Instandhaltungskosten
stellt ein wichtiger Bestandteil von TPM dar, denn immer komplexere und verkettetere
Anlagen bedeuten höhere Anforderungen an die Instandhaltung und folglich höhere
Instandhaltungskosten. Unter einer TPM-orientierten Instandhaltung können Instand-
haltungskosten besser gesteuert und kontrolliert werden397 . Im Gegenzug müssen aber
auch die Kosten der Implementierung eines TPM-Programmes berücksichtigt werden.
Dieselben umfassen hauptsächlich die Kosten für die Administration, Schulung und
Verbesserung der Betriebsanlagen.
Der strategische Prozess der TPM-Installation wird von Hartmann als TPEM - Total
Productive Equipment Management - bezeichnet. TPEM besteht aus den strategischen
Bestandteilen TPM-AM, TPM-PM und TPM_EM 398 . TPM-AM (Autonomous Main-
tenance) bezeichnet die autonome Instandhaltung, die sich durch die Merkpunkte
selbständige Teams, Beteiligung aller Mitarbeiter und Verbesserung der persönlichen
Fähigkeiten auszeichnet. TPM-PM (Preventive Maintenance) umschreibt die totale
---
TPEM
TPM-AM ------ 1
TPM-PM TPM-EM
Strategisches Ziel von TPM ist die Maximierung der Effektivität der Produktionsanla-
gen402 . Darunter wird das Erreichen einer hohen Verfugbarkeit und Leistungsfahigkeit
399 Vgl. zu einem Beispiel der kontinuierlichen Verbesserung aus der Praxis und der damit verbundenen
Gruppenaktivitäten die Ausfuhrungen von Redtenbacher 1993, S. 162f.
4()(J Hartmann 1995, S. 101.
401 Vgl. Tsuchiya 1992, S. 144.
402 Vgl. AI-Radhi 1995, S. 13.
98 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Prozessbezogene Instandhaltung:
Die prozessbezogene Instandhaltung bezieht sich auf die Kontrolle und Regulierung
des Produktionsprozesses im Frühstadium und darauffolgend auf die Erreichung eines
stabilen Prozesses, so dass allfalligen, den Produktionsprozess negativ beeinflussenden
Störfaktoren soweit als möglich vor deren Auftreten entgegengewirkt werden kann.
Die Instrumente zur Realisierung der prozessbezogenen Instandhaltung umfassen die
Durchführung von periodischen Inspektionen und auf den Ergebnissen der Inspektion
abstützende, geplante Wiederherstellungen. Der Einsatz von Instandhaltungsplänen
sowie die Schaffung von Instandhaltungsstandards ist bei dieser Strategie Vorausset-
zung.
4DJ Shirose ordnet der Anlageneffektivität eine monetäre Grösse zu. Der Gewinn eines Produkts besteht
aus der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den Kosten der Herstellung. Die Maximierung
der Anlageneffektivität bedeutet weniger Ausschuss und Nacharbeit sowie eine erhöhte Produktivi-
tät, damit tiefere Produktionskosten. Eine Senkung der Produktionskosten bei konstanten
Verkaufserlösen fuhrt zu einer Steigerung des Gewinns. Bei der Maximierung der Anlageneffektivi-
tät gilt es quantitative sowie qualitative Massnahmen zu unterscheiden. Vgl. Shirose 1989, S. 27.
4()4 Ein Gesamtsystem - Unternehmung oder Instandhaltung - erreicht dann den grösstmöglichen Grenz-
nutzen, wenn alle mit wirtschaftlichen Teilfunktionen betrauten Abteilungen so zusammenwirken,
dass das zweite Gossensche Gesetz erfullt ist. Vgl. Oberhofer 1993, S. 39.
40\ Vgl. AI-Radhi 1995, S. 80ff.
406 Vgl. Nakajima 1995, S. 102.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 99
Verbessernde Instandhaltung:
Die Anlageneffizienz - und damit verbunden die Zuverlässigkeit und Leistungsfahig-
keit der Anlagen - unabhängig von vorliegenden Betriebsbedingungen steigern zu
können, steht im Mittelpunkt der verbessernden Instandhaltung407 . Grundgedanke und
Antrieb rur die verbessernde Instandhaltung ist der Prozess der kontinuierlichen
Verbesserung. Hilfsmittel in diesem Bereich sind unter anderem die Schwachstellen-
analyse 408 und die Analyse der durchgeflihrten Verbesserungsmassnahmen.
A blau/optimierung:
TPM fördert den Prozess der Selbstoptimierung. Selbstoptimierung bedeutet haupt-
sächlich eine Optimierung der Abläufe, die wiederum eine schlankere und effizientere
AusfUhrung der Instandhaltungsmassnahmen erlauben. Unter dieser Vorgehensweise
erhalten die folgenden Optimierungen Priorität: Optimierung der Reparaturzeiten, des
Ersatzteilaustausches, der Ersatzteillagerung und der Datenverarbeitung.
4i)7 Eines der Hauptzicle von TPM ist die Verbesserung der Anlageneffizienz. Mit Instandhaltungsmass-
nahmen all eine kann dieses Ziel jedoch nicht erreicht werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, ist
die Unterstützung der Maschinenfuhrer notwendig. Vgl. McCarthy 1993, S. 91.
408 Vgl. zur Schwachstellenanalyse auch Mexis 1990 und insbesondere zu der Frage, ob die Schwach-
stellenanalyse in der Instandhaltung zu kurz kommt, 1994, S. 18ff
4W Vgl. AI-Radhi 1995, S I 3Off.
410 Gotoh stellt ebenfalls die Forderung nach einem flexiblen Anlagendesign auf Diese Forderung be-
ruht auf der Erkenntnis, dass die Unternehmung und der Markt sich dauernd und mit zunehmender
Geschwindigkeit verändern. Bereits bei der Konstruktion und Herstellung der Produktionsanlagen
muss diesem Umstand Rechnung getragen werden. Vgl. Gotoh 1991, S. 245ff
411 Vgl. zur verlangten Flexibilität der Produktionsanlagen ebenda, S. 17ff.
412 Vgl. Miyoshi 1989, S. 280ff
100 2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
werden erst zu dem Zeitpunkt ergriffen, wenn sie tatsächlich erforderlich sind. Die
Anwendung dieser Strategie empfiehlt sich für Anlagen, die aufwendig zu reparieren
sind, oder die hohe Ausfall- und Ausfallfolgekosten nach sich ziehen. Die Kosten der
Überwachung dürfen nicht über den potentiellen Einsparungen liegen.
Die Beziehungen zwischen den Strategien und Zielen stellen ebenfalls Gegenstände
der Untersuchung dar: Es wird eine detaillierte Diskussion geführt, wie die gesteckten
Ziele durch die Verfolgung der einen oder anderen Strategie in die Praxis umgesetzt
werden können. In diesem Zusammenhang werden auch Interdisziplinaritäten zu
anderen Unternehmensbereichen berücksichtigt. Ähnliches ist für den Bereich Umwelt
festzustellen; der Prozess der Strategiefindung unter einem Regime der "traditionellen"
Die Möglichkeit der Fremdvergabe der Instandhaltungsleistungen wird mit allen Vor-
und Nachteilen in die Untersuchung und Bewertung der einzelnen lnstandhaltungsstra-
tegien integriert. Es wird konkret festgelegt, unter welchen Bedingungen eine
Fremdvergabe sinnvoll ist, oder wenn von einer Fremdvergabe besser abgesehen wird.
Eine zusätzliche Erweiterung des Analyserahmens wird durch den Einbezug von
personellen sowie anlagenbezogenen und technologischen Strategien geschaffen.
Insgesamt ist der Analyse, die unter einer "traditionellen" Instandhaltung durchgeführt
wird, eine umfassende und abschliessende Betrachtungsweise zu attestieren. Diese
unterstützt den Prozess der optimalen Strategiefmdung für jede Unternehmens situation
weitgehend, so dass der inhärente Komplexitätsgrad auf ein angemessenes, in der
Praxis verwendbares Niveau reduziert werden kann.
Einige Punkte sind sowohl bei der "traditionellen" als auch bei einer TPM-orientierten
Instandhaltung vorzufinden. Beide Konzepte schlagen beispielsweise vor, dass Pläne
geschaffen werden, die zur Vereinfachung der Abläufe im Instandhaltungsbereich
beitragen. Die Forderung nach Standardisierung der Instandhaltungsaufgaben ist im
gleichen Licht zu sehen und wird ebenfalls von bei den Konzepten vorgeschlagen. Der
Qualitätsgedanke - unter einer TPM-orientierten Instandhaltung stets präsent - findet
seinen Gegenpart in der qualitätsgesicherten Instandhaltung. Da die qualitätsgesicherte
102 2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Gremli hält diesbezüglIch fest, dass nur eine bestmögliche Mischung der Grundstrategietypen aus-
414
Prävention beim Betrieb. Die Ausserbetriebsetzung, und damit die Folgen für die
Umwelt nach der Betriebsphase, werden nicht in die Betrachtung eingeschlossen.
Produktionsabteilung: Produktionsabteilung:
Produktion Produktion/Operative IH
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei TPM ein logisch konsistenter,
wissenschaftlich fundierter Aufbau innerhalb der Strategiediskussion weitgehend fehlt
und in der Literatur kaum auszumachen ist. Diesem Manko gleichzusetzen ist die
unpräzise, teilweise vage Ausdrucksweise und die unverbindliche Formulierung
bezüglich der gemachten Aussagen. Das Kreieren eines Begriffwirrwarrs, das auf der
Vielzahl der verwendeten Ausdrücke und Abkürzungen, die teilweise fast Synonyme
darstellen, beruht, ist als weiterer Schwachpunkt von TPM anzusehen. Des weiteren ist
keine Konzeption, wie sich TPM instrumentell entwickelt hat, zu erkennen. In bezug
auf die Wissenschaftlichkeit der Abhandlung wird festgestellt, dass mehr ein Beschrieb
als eine wissenschaftliche Diskussion geflihrt wird.
104 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Mit dieser Aussage ist aber nur eine Verwendung der EDV im Bereich Instandhaltung
beschrieben, denn das Einsatzgebiet der EDV kann weit über die Schadensanalyse
hinaus ausgedehnt werden420 . Rötzel schlägt die folgenden Anwendungen zur umfas-
senden Nutzung der EDV vor421 :
416 Einen Überblick über mögliche Funktionen des Datenmanagements gibt Nagel 1991, S 187ff
417 Vgl. Stender 1992, S. 360ff und Thomassen 1990, S. 68ff.
418 Darüber hinaus kann die Realisierung von weitergehenden Schnittstellen den Aktionsradius des DV-
Systems erweitern. Einen Überblick über mögliche Schnittstellen zu anderen Bereichen gibt Wolf
u.a. 1990, S. 306 und S. 315. Einen Überblick über ein nach modularen Grundsätzen aufgebautes
Instandhaltungssystem gibt Rötzel 1993, S 148
419 Ebenda, S. 147.
420 Finke sicht ein Problemfeld in der Instandhaltung darin, dass kaum Transparenz bezüglich der Ko-
sten und Leistungen in der Instandhaltung herrscht. Durch den Einsatz eines EDV -Systems kann die
Transparenz verbessert werden. Vgl. Finkc 1990, S 149ff
421 Vgl. Rötzel 1993, S. 147 sowie Sihn 1992, S. 482 und S. 492. Zu den Anwendungsgebieten der
EDV in der Instandhaltung siehe auch Eckelt 1988, S. 206 und Smit 1990, S. 274ff. Männcl defi-
niert die folgenden Anwendungsgebiete der EDV in der Instandhaltung Planung, Disposition, Steue-
rung, Dokumentation und Kontrolle der Instandhaltungsaktivitäten sowie Budgetierung der Instand-
haltungskosten Vgl. Männel 1988, S 14ff.
422 Vgl. dazu auch Sihn 1992, S 493ff
2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophic 105
Zweck der Vorgabe von Instandhaltungsbudgets ist es, den bestehenden Freiräumen
eine kostenorientierte Grenze zu setzen. Ein EDV-Instandhaltungssystem muss die
Planung, Steuerung und Kontrolle der Instandhaltungskosten ermöglichen. Eine den
Grundsätzen Aktualität und Transparenz folgende Informationsverarbeitung ist
Bedingung dafür. Die notwendigen Funktionen umfassen Budgetierung, Kostener-
fassung, Kostenverbuchung und Plan-Ist-Vergleiche mit entsprechender Unterschei-
dung der Kostenarten. Die Vorteile liegen in der Steuerbarkeit der Kosten, der Ein-
haltung der Kostenziele und Budgets sowie im Objektbereich in der Möglichkeit
einer Schwachstellenanalyse nach Kostenschwerpunkten.
• Einsatz in der Materialwirtschaft426
Die Verwaltung von Ersatz-, Reserve- und Normteilen, der Roh-, Hilfs- und
Betriebsstoffe sowie der Spezialwerkzeuge und Hilfsmittel fällt in diesen Bereich.
Voraussetzung ist eine Materialstammdatei, die die Stammdaten der Objekte erfasst.
Simultan zur Standardisierung wird eine Bestandsoptimierung herbeigeflihrt. Durch
Miteinbezug der zeitlichen Aspekte können die Bestellzeitpunkte optimiert und aus
den Materialbewegungen Verbrauchsinformationen abgeleitet werden. Die Vorteile
der EDV-Unterstützung liegen in der aktuellen und akkuraten Lagerbestandsflih-
rung, dem optimalen Lagerbestand, der Reduzierung der Aufwände bezüglich Ma-
terialentnahme und -bereitstellung sowie der Bereitstellung ausflihrlicher Informa-
tionen .
• Auswertung der Daten427
Die Erfassung und Verwaltung von grossen Datenmengen erlaubt eine gezielte
Analyse und Auswertung zur Herleitung von aussagekräftigen Informationen über
den Instandhaltungsbereich. Durch die kontinuierlichen Veränderungen der Unter-
nehmensbedingungen sind Anpassungen der Auswertungsfunktionen jedoch unum-
gänglich. Deshalb muss ein EDV-System nach flexiblen Grundsätzen aufgebaut
sein, so dass bedarfsorientierte Adaptionen vorgenommen werden können428 . Die
Vorteile der EDV liegen in der zuverlässigen und schnellen Datenauswertung sowie
der übersichtlichen Darstellungsmöglichkeit. Die Qualität der Auswertungser-
gebnisse ist abhängig von den Zugriffsmöglichkeiten zur zentralen Datenbank und
der Qualität, Vollständigkeit und Fehlerlosigkeit der eingegebenen Daten.
Die Auslegung der Systemarchitektur auf den Einbezug aller Anwendungsgebiete der
Instandhaltung erlaubt die verlässliche und wirtschaftliche Ausführung der übertrage-
nen Aufgaben429 . Damit sind die Grundvoraussetzungen für eine effektive und
effiziente Instandhaltung geschaffen 430 .
Die herrschende Wettbewerbskonstellation431 auf den Märkten fUhrt dazu, dass die
Anlagenverfügbarkeit, Anlagenzuverlässigkeit und Anlagennutzung432 entscheidende
Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens sind433 . Die Aktivitäten
zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Produktion bringen eine gegenläufige
Tendenz mit sich: Ein Ansteigen der Instandhaltungskosten434 . Um diesem Phänomen
entgegenzuwirken, erfolgt die Planung, Steuerung und Kontrolle der Instandhaltungs-
aktivitäten mittels computergestützter Systeme sowie Verfahren435 .
Der EDV-Einsatz dient unter anderem zur Unterstützung der Zielerreichung. Insbe-
sondere der nachfolgende Zielkatalog zeigt Möglichkeiten auf, die Instandhaltungs-
EDV zielorientiert anwenden zu können436 :
429 Dazu gehört aueh die Einfuhrung von EDV -fahigen Arbeitsschlüsseln, die den Arbeitseinsatz und die
Arbeitsdurchfuhrung steuem. Einen Überblick über mögliche Arbeitsschlüssel gibt Heuer 1992a, S.
330ff
430 Thomassen identifiziert als Grundvoraussetzung fur die effektive Nutzung eines DV -Systems die
Organisation der Instandhaltung. Die Möglichkeiten eines DV -Systems können nicht vollumfanglich
ausgeschöpft werden, wenn die Instandhaltungsorganisation entsprechende Defizite aufweist. Die
Annahme, dass die Einfuhrung eines DV -Systems gleichzeitig die organisatorischen Unzulänglich-
keiten beseitigt, ist als Trugschluss zu werten. Vgl. Thomassen 1990, S. 59.
431 Nagel hält dazu fest "Die Zielsetzung bei Investitionen in die Datenverarbeitung haben sich heute
wesentlich geändert. Gegenwärtig geht es mehr und mehr um die Realisierung von Wettbewerbs-
chancen und die Verbesserung der Marktpositionen". Nagel 1991, S. 170.
432 Eine optimale Anlagennutzung beeinflusst die Maschinenstundensätze positiv, denn je mehr eine
Anlage genutzt werden kann, desto weiter fallen die Maschinenstundensätze. Dieser Zusammenhang
ist vor dem Hintergrund stetig steigender Kapitaleinsätze pro Maschine von eminenter Bedeutung.
Ausserdem werden durch eine optimale Anlagennutzung - die entscheidend von der Zuverlässigkeit
abhängt - die Fertigungskosten positiv beeinflusst. VgL Heckmann 1987, S. 107f
433 Vgl. zur Verschärfung des Wettbewerbs, dem damit verbundenen Anstieg der Investitionskosten
Des weiteren findet die Instandhaltungs-EDV in den folgenden Punkten eine sinnvolle
Anwendung:
431 Vgl. zu einer ausfuhrlichen Darstellung des Instandhaltungs-Controllings die Ausfuhrungen von
Männel 1987, S. 39ff.
438 Sihn sieht die Ermittlung der Ist-Daten als Basis fur die folgenden Zwecke: Erkennen von Schwach-
stellen, Erarbeitung von Definitionen bezüglich des Sollkonzepts, Festlegung des Unterstützungsgra-
des durch die EDV und Ermöglichung der Durchfuhrung von Nutzcnanalysen. Vgl. Sihn 1992, S.
485.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 109
Die Berechnung von Kennzahlen soll auf allgemein gültiger und einheitlicher Basis
erfolgen, damit sie für möglichst umfassende Vergleiche innerhalb und ausserhalb des
Betriebes zur Verfügung stehen 444 . Zur Beschreibung der Daten werden die Terme
"Standards" und "Kennzahl-Einheiten" verwendet. Erstere quantifizieren unterneh-
439 Vgl. zu einer ausfuhrliehen Diskussion über die verschiedenen Berichtarten auch Kalaitzis 1987, S.
224ff.
440 Vgl. zu den Kennzahlen als Instrumente erfolgsorientierter Führung der Instandhaltung auch die
Ausfuhrungen von Biedermann 1985, S. 3Off. Vgl. zu den Bedingungen einer effektiven und effizien-
ten DV -Unterstützung auch die Ausfuhrungen von Finke 1990, S 150f
44] Dazu gehört auch die Erarbeitung eines Soll-Konzepts und eines Pflichtenheftes, auf deren Basis die
anschliessenden Kontrollen durchgefuhrt werden können. Aus dem Soll-Konzept heraus ist der Grad
der EDV -Unterstützung abzuleiten, die durch das Pflichtenheft konkretisiert wird. Das Pflichtenheft
umfasst die detaillierte Beschreibung der wesentlichen Funktionen, Vorgaben und Rahmenbedingun-
gen. Vgl. Sihn 1992, S 486f
442 Männcl spricht von einem Regelkreis des Instandhaltungs-Managements, der die Phasen Planung,
Die Frage nach dem Zentralisations-, bzw. Dezentralisationsgrad ist bei der leitstand-
gesteuerten Instandhaltung von besonderem Interesse. Bei der Beantwortung dieser
Frage sind räumliche, personen- und sachmittelbezogene Merkmale sowie die Merk-
male des DV-Prozesses zu berücksichtigen. Der Dezentralisierungsgrad des DV-
445 Grothus gibt einen Überblick über mögliche Schadens-, Matcrial-, und Instandhaltungskosten-
standards. Vgl. Grothus 1988a, S. 54ff.
446 Vgl. ebenda, S. 55ff. Zu weitergehenden Ausfuhrungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit von In-
451 Die Forderung nach einer Vemetzung des EDV-Systems wird auch von Kolleck unterstützt. Dadurch
wird es möglich, Informationen entsprechend ihrem Komplexitätsgrad bedürfuis- und anwendungs-
gerecht den Verwendem zur Verfugung stellen zu können. Vgl. Kolleck 1995a, S. 46. Zur Darstel-
lung einer möglichen Netzwerkinstallation mit Anwendungen im Instandhaltungs- und Fertigungsbe-
reich sowie der Integration in das bestehende EDV-System siehe auch Sihn 1991, S. 481ff.
452 Vgl. Rötzcll993, S 163f.
451 Zu einer überblicksmässigen Darstellung der Vorteile eines Leitstandes siehe auch die Ausfuhrungen
von Kneip/Kalaitzis 1993b, S. 54.
454 Vgl. Kalaitzis 1987, S 172f.
455 Smit verwendet den Begriff Modul als Synonym zum Begriff Prozess. Darunter wird die Transfor-
mation einer Eingabe in die geforderte Ausgabe verstanden. Der Instandhaltungsdurchfuhrungspro-
zess kann als die Transformation einer Anlage vom Ausgangszustand in den Zustand, in dem sie die
definierten Funktionen mit der geforderten Zuverlässigkeit erbringen kann, beschrieben werden. Vgl.
Smit 1990, S 269.
456 Vgl. Grothus 1988b, S. 279.
112 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Ausser den betrieblichen Voraussetzungen, die die Basis rur das lnstandhaltungspla-
nungs- und -steuerungssystem (IPS)463 bilden, ist der Umfang der planbaren Instand-
haltungsaktivitäten entscheidend rur den erfolgreichen Einsatz des Systems464 . Der
Einsatz eines IPS-Systems465 ist um so sinnvoller, je mehr Instandhaltungsmitarbeiter
beschäftigt sind, je höher der Anteil der planbaren Aufträge und je grösser das Daten-
volumen ist466 . Weitere Vorteile sind die Aktualität des Datenmaterials und die bei
häufiger Wiederholung der Funktionen auftretende Vereinfachung der Routinen 467 .
457 Zu einer möglichen Vorgehensweise der Einfuhrung eines Systems siehe auch die Ausfuhrungen von
Oberbannseheidt 1993, S. 108ff
458 Zu einer überblicksmässigen Darstellung der Voraussetzungen fur eine erfolgreiche EDV-Einfuh-
rung siehe aueh Nass 1993, S 119 und zu einer Diskussion der Erfolgsfaktoren im Detail S. 119ff
459 Vgl. dazu auch Stender 1992, S 372 und Nass 1993, S. 132.
460 Die Schaffung einer Insellösung ist einfacher und schneller zu bewerkstelligen, als ein in die Umge-
bung passendes System zu implementieren. Trotzdem ist die letztere Variante zu bevorzugen, damit
eine optimale Lösung resultiert. Vgl. Kuhn 1988, S 106.
461 Vgl. Sihn 1992, S. 483ff.
463 Die Steuerung der Instandhaltungsaktivitäten umfasst die Funktionen Terminplanung, Auftragsbil-
dung, Auftragsauslösung und -überwachung. Die Bereitstellung der Arbeitskräfte sowie der An-
transport von Materialien, Vorrichtungen und Werkzeugen gehören ebenso zu den Aufgaben der
Steuerung. Vgl. Wolfu.a. 1990, S. 305.
464 Vgl. Hackstein/Sent 1992, S 415.
465 Dieses System umfasst die Bereiche Werkstattwesen, Instandhaltung, Kostenmanagement, Anla-
Eine Grundvoraussetzung flir den erfolgreichen Einsatz eines IPS-Systems liegt in der
organisatorischen Struktur des Untemehmens46R : Durch die Integration des IPS-
Systems in das unternehmensweite EDV-Konzept und die Schaffung entsprechender
Schnittstellen469 zu vor- und nachgelagerten Bereichen können zusätzliche Nutzenpo-
tentiale erschlossen werden 470 . Die Steigerung des Nutzens lässt sich vor allem auf die
Vermeidung von Mehrfacherfassungen und den On-Line Datenaustausch zwischen den
Datenverwendem zurückflihren471 . Als mögliche Schnittstellen kommen diejenigen zu
Materialwirtschaft und Einkauf, Produktionsplanung und -steuerung, Lohn- und
GehaItsabrechnung, Anlagenbuchhaltung sowie KostensteIlenrechnung in Betracht.
"Der Nutzen der EDV in der Instandhaltung besteht im wesentlichen in der Möglich-
keit, mehr und bessere Instandhaltungs- und Anlageninformationen schneller zur
Verftigung zu haben bzw. durch vielfaItigere Informationsbeziehungen technische und
administrative Schwachstellen erkennen und Massnahmen zu deren Behebung einlei-
ten zu können.,,472
fangreiche Datenmengen erfasst, ausgewertet, analysiert und archiviert werden müssen, kann eine
Verknüpfung der Daten mittels EDV die Wirtschaftlichkeit und die Leistungsfahigkeit der Instand-
haItungsabteilung nachhaltig steigern. Vgl. Rötze11993, S. 151f
467 Gerade in diesem Bereich können Akzeptanzprobleme von Seiten der Mitarbeiter der Ausfuh-
rungsebene auftreten. Dieselben stellen den Nutzen der Rechnerunterstützung in Frage, wenn Rou-
tine-Aufträge ausgeführt werden müssen, denn die vom Rechner ausgegebenen Informationen sind
weitgehend bekannt, hingegen ist der Aufwand zur Sanunlung und Eingabe der Daten im jeweiligen
Fall hoch. Dieses vermeintliche Missverhältnis basiert auf dem fur den Ausfuhrenden wenig ersicht-
lichen Nutzen des DV -Systems, weil der Auftragsablauf fur ihn durch die EDV kaum beeinflusst
wird. Vgl. Fischer 1990, S. 126.
46' Vgl. zu einer überblicksmässigen Darstellung eines IPS-Systems und der organisatorischen Einord-
nung des Systems in die Unternehmung auch dic Ausfuhrungen von Hartung/Kemmner 1993, S.
lOff. sowie zu den Grundvoraussetzungen fur einen erfolgreichen Einsatz auch Kang 1993, S. 93ff.
469 Als mögliche Schnittstellen zum IPS-System sind beispielsweise diejenigen mit der Anlagenbuchhal-
471 Eine zusätzliche Steigerung des Nutzens kann durch mobile Einheiten herbeigefuhrt werden, die die
Abfrage von Arbeitsanweisungen und Informationen aus dem IPS-System vor Ort ermöglichen. Im
selben Rahmen werden die durchgefuhrtcn Aufträge rückgemeldet und abgeschlossen. Vgl. Ger-
lachiRosenbaum 1991, S. 236ff.
472 Sihn 1992, S. 50 I. Der Einsatz eines IPS verändert die Informationssituation in den folgenden Be-
Mit der Einführung eines EDV-Systems im Bereich Instandhaltung sind ein verbesser-
ter Anlagennutzungsgrad, kleinere Ersatzteillager473 und ein verminderter Ersatzteil-
verbrauch verbunden. Instandhaltungsaktivitäten werden wirtschaftlicher durchgeführt,
was zu einer Entlastung der Unternehmung hinsichtlich der Kosten fUhrt. Der gene-
rierte Gesamtnutzen des Systems variiert von Unternehmen zu Unternehmen, weil
mehrere Faktoren - unter anderem die bereits bestehende Instandhaltungsorganisation -
das Resultat beeinflussen474 . Ferner muss die Wirtschaftlichkeit eines EDV-Systems
beurteilt werden475 . Dazu dient einerseits der erwirtschaftete oder zu erwartende
Nutzen, andererseits die aufgewendeten Kosten. Dieselben setzen sich aus den
einmaligen Investitionskosten und den laufenden Kosten zusammen47n . Die Feststel-
lung der Wirtschaftlichkeit erfolgt durch einen Vergleich der Kosten mit dem Nutzen.
Zu berücksichtigen ist, dass die Kosten relativ einfach und genau ermittelbar sind, die
Quantifizierung des Nutzens hingegen mit grösseren Schwierigkeiten verbunden sein
kann. Als mögliche Lösung bietet sich die Nutzwertanalyse an, die den Nutzen als
Differenz zwischen den Soll-Werten (mit EDV-Einsatz) und Ist-Werten (ohne EDV)
festlegt477 .
473 Vgl. zur Bestandsoptimierung in Ersatzteillagern die Ausfuhrungen von Bäck 1987, S 207ff. und
insbesondere S. 211 ff.
474 Stender sieht den realisierten Gesamtnutzen hauptsächlich in Abhängigkeit des Unternehmenstyps
und der Typisierung der lnstandhaltungsaufgabc. Vgl. Stender 1992, S. 372. Einen Überblick über
weitere Nutzenkategorien gibt Sihn 1992, S. 502. Nagel unterscheidet drei Nutzenkategorien, die die
folgenden Rangpositionen ihrer Wichtigkeit nach einnehmen: Erzielung von strategischen Wettbe-
werbsvorteilen, Verbesserung der Produktivität und Realisierung von Kosteneinsparungen. Vgl. Na-
gel 1991, S 170.
475 Nagel sieht die erzielbaren Produktivitätsverbesserungen als entscheidend bei den Wirtschaftlich-
keitsüberlegungen an. So kann beispielsweise eine Verbesserung der System-Antwortzeit eine Re-
duktion der Personalkosten mit sich bringen und auf diese Art die Wirtschaftlichkeit eines EDV -Sy-
stems verbessern. Vgl. ebenda, S. 173.
476 Den Kosten der Einfuhrung eines EDV -Systems müssen qualitativ und quantitativ nachweisbare Er-
folge gegenüberstehen, damit sich die Einfuhrung eines solchen Systems rechtfertigt. Die Investiti-
onskosten fliessen in Soft-und Hardware, besonders aber in Schulungs- und Anpassungsmassnah-
men. Langfristig muss ein Return on Investment sichergestellt sein. Vgl. Stender 1992, S. 372.
477 Stender sieht als Entscheidungshilfe über einen möglichen EDV-Einsatz ebenfalls die Nutzwert-
analyse. Vgl. ebenda, S. 372.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 115
Robinson481 sieht die Vorteile des DV-Einsatzes in der Instandhaltung bei folgenden
Punkten:
• Aufbau einer zentralen Informationsbasis und Organisation der Daten;
• Einfache Bedienbarkeit und schneller Zugriff auf die Daten;
• Gewährleistung der Verfolgbarkeit der Daten.
478 Vgl. bezüglich Erfolgsfaktoren auch die Ausfuhrungen von Behrenbeck 1994, S. 140ff.
479 Dazu gehört auch der Aufbau eines effektiven Berichtsystems. Werden keine ausfuhrlichen Berichte
bezüglich der vorbeugenden Instandhaltung verfasst, so besteht die Gefahr, dass weiter vorwiegend
auf Störungen reagiert wird und die vorbeugende Instandhaltung nur auf einer Ad-hoc-Basis durch-
gefuhrt werden kann. Vgl. Hartmann 1995, S. 144f Vgl. zur Wichtigkeit der Datenanalyse auch
Tsuchiya 1992, S. 127ff.
480 Vgl. Miyoshi 1989, S. 237.
48\ Vgl. Robinson 1995, S. 69ff.
482 Vgl. ebenda, S. 69ff.
116 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
483 Al-Radhi sieht die Notwendigkeit der Anpassung der EDV an die Bedürfuisse des Instandhaltungs-
progranunes, welches sich wiederum an den Instandhaltungszielen zu orientieren hat. Vgl. AI-Radhi
1995, S. 120.
484 Einen Überblick über mögliche Spezifikationen eines lnstandhaltungs-EDV -Systems gibt Robinson
1995, S. 71.
485 Einen Überblick über Standardsoftware für die Instandhaltung gibt Bloss 1993a, S. 120ff. und
1993b, S. I 68ff.
486 Diesbezüglich kann eine auf Flexibilität ausgelegte Software als zusätzliche Sicherung der Investi-
tion betrachtet werden. Vgl. Halbländer 1993, S. 18f.
487 Einen umfassenden Überblick über mögliche Typen von Datenblättem und -listen, die zur Verwal-
tung unter einem EDV-System verwendet werden können, gibt Miyoshi 1989, S. 240ff. Zum Vor-
gang der Datensanunlung und Klassifikation der Daten siehe auch Gotoh 1989b, S. 295ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 117
• Mittels EDV können Kennzahlen generiert werden, die die Leistungsfahigkeit einer
TPM-orientierten Instandhaltung unterstreichen488 . Dazu gehören etwa die erreichte
Gesamteffektivität der Anlagen, der MTBF (Mean Time Between Failure) und der
MTTR (Mean Time To Repair)489.
• Ein System des Datenrückflusses zwischen EDV und Praxiserfahrungen soll
aufgebaut werden. Die Erfahrungen aus dem Praxisbetrieb dienen zur Optimierung
des EDV_Systems49o .
Mit der Umsetzung dieser Massnahmen erfolgt der Übergang von einer ehemals
reaktiven zu einer vorbeugenden Instandhaltung. Dazu ist der Einsatz eines leistungs-
fahigen DV-Systems inklusive einer differenzierten Datenerfassung unentbehrlich49 ! .
488 Bei der Aufzeichnung der Daten ist jedoch zu beachten, dass diese akkurat erfasst werden und die
Realität exakt widerspiegeln. Die Erfassung basiert auf den Grundsätzen Einfachheit und Zweck-
mässigkeit Vgl Nakajima 1995, S. 42ff.
489 Der mittlere Ausfallabstand MTBF der Grundgesamtheit ist die einfachste Form, die Zuverlässigkeit
eines Produktes zu messen. Die Instandsetzungsfreundlichkeit eines Produktes ist über die mittlere
Reparaturdauer MTTR definiert. In Ergänzung zu MTBF steht der Term MTBQF, der für "mean
time between quality failure" steht Das Vorgehen zur Erhaltung der Daten und die Verwendung der
gewonnenen Datensätze ist identisch. Eine besondere Gewichtung des Faktors Qualität wird jedoch
angestrebt Vgl zu den Konzepten MTBF, MTTR und MTBQF die Ausführungen von Cataldi
1992, S. 35, Biedermann 1985, S. 67, Tsuchiya 1992, S. 126ff, Miyoshi 1989, S. 242[, Nakajima
1989c, S 367, Beichelt 1993, S 43, Lauenstein 1993, S 127ff., Brunner 1992, S. 27ff, Arnold
1991, S 119ff., Shirose/Gotoh 1989, S 101ff, Giesebrecht 1990, S. 90f, Gadd 1990, S. 320 und
Lewandowski 1988, S. 189f
490 Die Rückkopplung der Resultate und Daten aus den ausgeführten Instandhaltungsaktivitaten wird
auch von Miyoshi verlangt Durch dieses Vorgehen können Vergangenheitsdaten kontinuierlich in die
Datenbasis einfliessen, und bei nachfolgenden Instandhaltungsaufgaben kann auf diese Daten zu-
rückgegriffen werden. Vgl Miyoshi 1989, S. 237. Gotoh sieht eine Abhängigkeit zwischen dem
Rückfluss der Daten aus der Instandhaltungsabteilung und der Entwicklung sowie Konstruktion von
instandhaltungsarmen Produktionsanlagen. Ein verbesserter Rückfluss der Datensätze führt zu bes-
seren, weil nach weniger Instandhaltung verlangenden Produktionsanlagen. Vgl Gotoh 1989b, S.
294.
491 AI-Radhi sicht die Einführung eines DV -Systems in der Instandhaltung als notwendige Grundlage
für die Realisierung der prozessbezogenen und der verbessernden Instandhaltung an. Da die prozess-
bezogene, wie auch die verbessernde Instandhaltung die Verarbeitung von grossen Datenmengen be-
dingt, wird der Einsatz von Computertechnik als unumgänglich angesehen. Vgl AI-Radhi 1995, S.
120.
118 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Aufwand gesenkt. Gleichzeitig werden positive Einflüsse auf die Kosten freigesetzt492 .
Die Qualität und Quantität der vorhandenen Daten und die Einfachheit, mit der auf die
Datensätze zurückgegriffen werden kann, bestimmen weitgehend die Erfolge eines
Programmes, welches sich mit der Entwicklung von instandhaltungsfreien Produkti-
onsanlagen beschäftigt493 .
Ein weiteres Einsatzgebiet des DV-Systems liegt im Bereich der Simulation494 . Die
Einführung von TPM ist mit aufwendigen Schulungsmassnahmen verbunden, die zu
einer Verbesserung der Qualifikation der Mitarbeiter fuhren. Technische Schulungen,
die Vermittlung von Instandhaltungstechniken und eigentliche Simulationen von - mit
Störungen behafteten - Betriebsabläufen können mit Hilfe der EDV-Technik durchge-
fuhrt werden.
Hartmann495 fuhrt den Begriff der computergesteuerten Wartung ein, die eine von
mehreren Wartungstechniken496 darstellt. Das Computerized Maintenance Manage-
ment System (CMMS) basiert teilweise auf der Einführung der Strichcodetechnolo-
gie497 . Der Vorteil dieses Systems liegt darin, dass keine Informationen über die aus-
gefuhrten Instandhaltungsarbeiten mehr schriftlich festgehalten werden müssen, denn
die Einlesung und Identifikation erfolgt mittels Strichcode. Dasselbe gilt für die Auf-
tragsvergabe; jede Arbeitsanweisung wird gleichermassen mit einem Strichcode verse-
hen. Dieses System lässt sich auf die Ersatzteillagerbewirtschaftung ausdehnen. Des
weiteren können die Kosten eines Instandhaltungsauftrages exakt berechnet werden, da
die Zeitdauer sowie die verbrauchten Materialien pro Auftrag bekannt sind. Für das
Management und die Kostenkontrolle stehen folgende Funktionen des EDV-Systems
zur Verfügung:
Im Bereich der Datenerfassung und damit auch in den Anforderungen an die Ausführ-
lichkeit der Datensätze werden gleichwertige Ergebnisse erzielt. Die Empfehlungen ftir
die Aufbereitung der Daten bewegen sich in der selben Grössenordnung, so dass auch
in diesem Bereich keine gravierenden Unterschiede vorliegen.
120 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Beiden Ansätzen gemeinsam ist die Forderung nach Flexibilität des DV-Systems498 .
Die geforderte Flexibilität gewährleistet die Anpassung an die jeweiligen Unterneh-
mensgegebenheiten, weshalb Realisierungsvorschläge, die das letzte Detail ausleuch-
ten, nicht notwendig sind und deshalb nicht ausgeftihrt werden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Zielorientierung zu nennen, denn beide Ansätze
fordern eine Anpassung des EDV-Systems an die Zielhierarchie. Das DV-System wird
im Hinblick auf die festgelegten Ziele aufgebaut, es soll zur Vereinfachung der
Zielerreichung beitragen, indem eine Unterstützung für die wesentlichen Instandhal-
tungsabläufe aufgebaut wird.
schen DV-System und Entwicklung sowie Konstruktion. Dieses System soll sicherstel-
len, dass Erfahrungswerte aus dem Praxisbetrieb in komprimierter Form in die Kon-
struktion oder Beschaffung von Neuanlagen einfliessen. Ziel dieses Vorgehens ist es,
die Entwicklung von möglichst instandhaltungsarmen oder instandhaltungsfreien
Produktionsanlagen zu fördern 499 .
Die Stärke der TPM-orientierten Instandhaltung liegt in der Unterbreitung von konkre-
ten Umsetzungsvorschlägen. Mit dieser Vorgehensweise verbunden ist jedoch die
498 Vgl. zur Forderung nach Flexibilität und Anpassungsfahigkeit des EDV-Systems auch die Ausfuh-
rungen von Brabandt 1991, S. 253ff
499 Vgl. zur Beschaffung instandhaltungsarmer Anlagen die Ausfuhrungen von Smit 1989, S 1Off.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 121
Unter TPM hingegen werden die mit der Realisierung eines DV-Systems verbundenen
Vor- und Nachteile kaum herausgearbeitet, in bekannter Form werden "Schlagworte"
mit Fakten vermischt, die gemeinsam einen hohen Verständlichkeitsgrad bewirken.
Gerade diesem Vorgehen ist die Gefahr inhärent, den wissenschaftlichen Pfad zu
verlassen, denn eine tiefgreifende, wissenschaftliche Analyse lässt sich kaum mit
populistischen Ausführungen vereinen.
500 Rötzel sieht in diesem Zusammenhang die Aufgabe der Organisation in der Freisetzung von latenten
Reserven. Die Aufbauorganisation begründet die Aufteilung der Aufgaben auf die einzelnen Stellen
und regelt deren Zusammenarbeit, die Ablauforganisation übernimmt die Gestaltung des räumlich-
zeitlichen Zusammenspiels bezüglich der Menschen, Betriebsmittel und Arbeitsgegenstände. Vgl.
Rötzel 1993, S. 17f. Vgl. zur organisatorischen Gestaltung auch Biedermann 1989, S. 92ff.
122 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
hat die Aufgabe, die einzelnen Glieder miteinander zu verbinden, sie in einen Infor-
mationsfluss einzubindensol . Die Organisation ist die ordnende Gestaltung eines
Systems, die zur Erreichung eines Zieles beiträgt502 . Die Autbau- und Ablauforganisa-
tion sind als wesentliche Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens einzustufen, die
sich als weitgehend unabhängig von regionalen oder nationalen Faktoren erweisen 501 .
"Die Organisationsform einer Unternehmung wird im wesentlichen durch den Grad der
Zentralisierung, die Art der Unterstellung und den Umfang der Befugnisse gekenn-
zeichnet. Die Hauptfunktion einer Autbauorganisation ist die Unterstützung der
Ablauforganisation zur Erreichung der Unternehmensziele."so4
501 Damit ist die Forderung nach der optimalen Nutzung des Informationssystems durch die Aufbau-
und Ablauforganisation verbunden. YgL Terler 1988, S. 163.
502 YgL Oberhofer 1988, S 9.
504 Wincheringer 1992a, S. 303. Derselben Ansicht ist auch Thomassen 1990, S 59.
505 Die Ziele der Aufbauorganisation sind die wirtschaftliche Herstellung von Produkten und Dienstlei-
stungen und die wirtschaftliche Nutzung der Tätigkeitsstellen. YgL Oberhofcr 1988, S. 11. YgL zur
Eingliederung der Instandhaltung in die Unternehmenshierarchie und den daraus resultierenden Ein-
fluss auf die Formulierung und Durchsetzung der Instandhaltungsziele bezüglich interner und exter-
ner Stellen auch Biedermann 1988, S. 63f.
506 Bei der Organisation der Instandhaltung können interne und externe Aspekte unterschieden werden.
Interne Aspekte beschreiben die Organisation des Instandhaltungsgeschehens, externe Aspekte bezie-
hen sich auf die Plazierung des Instandhaltungsbereiches innerhalb der Unternehmung. YgL
Landauer 1990, S. 142.
507 Schulte weist in diesem Zusammenhang auf die Yerknüpfung der Instandhaltung mit den übrigen
Unternehmensbereichen hin. Besondere Bedeutung erlangt dabei die Beziehung zwischen Instandhal-
tung und Materialwirtschaft aufgrund der Ersatzteilbereitstellung und -bewirtschaftung. YgL Schulte
1988, S. 108ff.
508 Pöhl vertritt die Meinung, dass der Mensch als wesentliches Element des Erfolges einer Organisation
angesehen werden muss. Eine effiziente Instandhaltung kann weder durch eine straffe Organisation
alleine noch durch ein perfektes Informationssystem geschaffen werden. YgL Pöhl 1988, S 257f.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 123
;rJ9 Der Erreichungsgrad der gesteckten Ziele ist jedoch nur ein Aspekt der Organisationsbewertung. Die
Anpassungsfahigkeit einer Organisation in bezug auf veränderte Unternehmensbedingungen, die auf
Veränderungen der Zielsetzungen, technischen Neuerungen, Umweltveränderungen oder neuen wis-
senschaftlichen Forschungen beruhen, ist zusätzlich in die Betrachtung miteinzubeziehen. Vgl. Nagel
1991, S. 115
5I() Vgl. Wincheringer 1992b, S 313.
511 F rancke fuhrt in diesem Zusammenhang Gestaltungsprinzipien fur die Organisation ein. Eine Orga-
nisation muss nach dem Prinzip der Zweckmässigkeit, dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit, dem
Prinzip der Gleichgewichts und dem Prinzip der Koordination gestaltet werden. Dabei gilt die These:
"Soviel Organisation wie nötig, so wenig wie möglich". Vgl. Francke 1993a, S. I.
m Nagel bezeichnet die strategieorientierte Organisationsgestaltung als einer der Erfolgsfaktoren. In-
nerhalb der Organisation soll deshalb der Kommunikationsfluss nach Wettbewerbserfordernissen
gestaltet werden. Vgl. Nagcl1991, S. 64.
51 J Diesbezüglich wird der Aufbau eines entscheidungsorientierten Berichts- und Informationswesens in
der Instandhaltung gefordert, weil ein solches System zusätzlich mögliche Rationalisierungspoten-
tiale offenlegt Vgl. Kalaitzis 1987, S. 66ff. und S. I 39ff.
\14 Vgl. Biedermann 1988, S 62.
515 Vgl. Rötzel 1993, S. 17f
516 Wincheringer bezeichnet die Zusammenfuhrung von Instandhaltung und Qualitätssicherung als Pro-
Linien-Organisation
Die Linien-Organisation ist die klassische Organisationsform. Wesentliche Merkmale
einer solchen Organisationsform sind die Verrichtungszentralisation, die Einfachun-
terstellung und die Vollkompetenz der Stellen. Jedem Unterstellten ist nur ein direkter
Vorgesetzter übergeordnet, die Linie als formeller Kommunikationsweg zwischen den
Stellen und Instanzen definiert. In traditionell ausgerichteten Betrieben mit Linien-
Organisation, die vielfach im Bereich der Fertigungsindustrie anzutreffen sind, wird
der Bereich Instandhaltung oft als "Hilfsfunktion" der Produktion dieser untergeordnet.
Mit der wachsenden Bedeutung der Instandhaltung sind Spannungen zwischen beiden
Bereichen unvermeidlich, die aufgrund der Abstimmungsprobleme zwischen den
Zielen der Produktionsabteilung und der Instandhaltungsabteilung auftreten. Die Vor-
und Nachteile in der Instandhaltung stehen sich wie folgt gegenüber 52I :
Vorteile:
• Direkte, einfache und eindeutige Kommunikationswege erleichtern die Kommuni-
kation zwischen den an Instandhaltungsaufgaben beteiligten Stellen.
• Vereinfachte, direktive Koordination und unkomplizierte Überwachungsmöglichkei-
ten aufgrund von klaren Kompetenzabgrenzungen.
• Schnelle Entscheidprozesse durch Alleinentscheid emer Instanz, verstärkte Zie1-
orientierung.
518 Bei der Organisation des Instandhaltungsbereiches spielt die Qualitätssicherung eine wichtige Rolle:
Als selbständige, aber mit der Instandhaltung verflochtene Einheit überprüft die Qualitätssicherung
mittels Stichproben die Einhaltung der Vorschriften und die Qualität der ausgefuhrten Arbeiten. Vgl.
Kozak 1987, S. 126f.
519 Bei der Deutschen Bahn AG stellt die Instandhaltung einen Teilbereich des umfassenden Qualitätssi-
cherungssystems fur den Personenverkehr dar. Die Instandhaltung zeichnet dabei - neben anderen
Elementen - fur die Qualität der Erstellung der Dienstleistung verantwortlich. Vgl. Garre/Müller
1991, S. 850.
520 Vgl. Wincheringer 1992a, S. 303f.
521 Vgl. ebenda, S. 306.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophic 125
Nachteile:
• Gleiche Hierarchiestufen - etwa Instandhaltung und Produktion - können nicht
direkt kommunizieren. Die Koordination durch übergeordnete Stellen führt zu einer
zusätzlichen Belastung derselben.
• Es können sich lange Kommunikationswege bilden und Zwischeninstanzen schalten
sich unnötigerweise ein. Die direkte Kommunikation zwischen Instandhaltung und
Produktion ist erschwert.
• Mangelnde Entscheidungsqualität in bei den Bereichen aufgrund geringer
Spezialisierung, Ausnutzung der hierarchischen Autorität, Inflexibilität bei der
Entscheidungsfmdung.
• Konflikt zwischen hierarchischem Denken und den Anforderungen an das Hu-
mankapital.
Stab-Linien-Organisation
Die Erweiterung eines Ein- oder Mehrliniensystems mit Stabsstellen führt zu einer
Stab-Linien-Organisation. Es werden Assistenz- und Fachstäbe unterschieden. Merk-
male dieser Organisationsform sind die Verrichtungszentralisation, die Einfachunter-
stellung sowie die Erteilung von Voll- und Teilkompetenzen an die Stellen. Stabstellen
sind mit langfristig orientierten Aufgabenfeldern betraut, beispielsweise mit der
Erarbeitung der Instandhaltungsstrategien oder der Erfassung und Auswertung der
Instandhaltungsdaten. Hauptziel bei der Einftihrung von Stabsstellen muss die Entla-
stung der Führungskräfte sein. Die Vor- und Nachteile stehen sich wie folgt gegen-
über522 :
Vorteile:
• Kurze und eindeutig definierte Kommunikationswege.
• Verbesserung der Koordinationsfähigkeit zwischen Instandhaltung und Produktion.
• Verbesserung der Entscheidungsqualität aufgrund von Stabsspezialisten, Aus-
gleichsfunktion zwischen Spezialistendenken und Gesamtbetrachtungsweise der
Linie. Aufbau eines Dreiecks Stab-Instandhaltung-Produktion.
Nachteile:
• Gefahr der Infonnationsfilterung seitens aller Beteiligter.
• Konflikte zwischen Stab und Instandhaltung sowie Produktion möglich.
• Venninderung der Transparenz der Entscheidungsprozesse, Einflussnahme der
Stäbe auf die Entscheidfindung ohne direkte Verantwortungsübemahme.
• Gefahr der Überdimensionierung der Stäbe.
Mehr-Linien-Organisation
Bei dieser Organisationsfonn ist jeder Untergebene zwei Vorgesetzten unterstellt, auf
der einen Seite einem disziplinarischen, auf der anderen Seite einem fachlichen
Vorgesetzten. Dieses Vorgehen verbindet die Vorteile eines hohen Spezialisierungs-
grades mit denen des kürzesten Kommunikationsweges. In der Zukunft wird diese
Organisationsfonn noch an Bedeutung gewinnen, denn die Vor-Ort-Instandhaltung
- die Ausführung von Instandhaltungsaktivitäten durch Mitarbeiter der Produktion - ist
in der Zunahme begriffen. Dabei werden interdisziplinäre, anlagenbezogene Teams
gebildet, bei denen der Hybrid-Facharbeiter - eine Verbindung zwischen Instandhalter
und Produktionstechniker - im Vordergrund des Einsatzes steht Die Vor- und Nach-
teile stellen sich wie folgt darm:
Vorteile:
• Kurze Kommunikationswege, Entlastung der Zwischeninstanzen.
• Verbesserte Koordinationsfahigkeit von Instandhaltung und Produktion aufgrund
der direkten und schnellen Kommunikationswege.
• Verbesserte Entscheidfindung, da Spezialisten beider Bereiche mit Fachkenntnissen
in Leitungspositionen anstatt hierarchischer Autorität
• Qualitative Entlastung der Leitungsinstanzen unter Berücksichtigung der speziellen
Kenntnisse sowie Fähigkeiten der Spezialisten.
Nachteile:
• Immenser Infonnations- und Kommunikationsbedarf.
Matrix-Organisation
Eine Matrix-Organisation besteht aus der zweidimensionalen Verknüpfung der
Gliederungsmerkmale. Die Instandhaltungsaktivitäten ausftihrende Stelle wird sowohl
dem horizontalen, verrichtungsbezogenen Zentralbereich Instandhaltung, als auch dem
vertikalen, objektbezogenen Produktgruppenbereich untergeordnet. Kennzeichen sind
die Objektzentralisation und die Mehrfachunterstellung. Die Zusammenarbeit zwi-
schen Spezialisten wird vereinfacht, da hierarchisch bedingte Kommunikationsumwege
entfallen. Der Instandhaltungsbereich wird dergestalt in eine Matrix-Organisation
eingegliedert, dass die Instandhaltungswerker, die Routineinstandhaltungsaufgaben
ausftihren, einem Produkth'Tllppenbereich zugeordnet, gleichzeitig aber auch dem
Fachbereich Instandhaltung zugewiesen werden, der sie fachlich unterstützt. Allfällige
Kapazitätsprobleme können durch Abzug von Mitarbeitern aus der zentralen Werk-
stätte ausgeglichen werden. Die Vor- und Nachteile stehen sich wie folgt gegen-
über 524 :
Vorteile:
• Kurze Kommunikationswege.
• Gute Koordinationsfahigkeit von Instandhaltung und Produktion durch direkte
Kommunikation und hohes Problemlösungspotential durch Kompetenzüberschnei-
dungen.
• Aufgrund der Spezialisierung beider Bereiche hohe Entscheidungsqualität, die auf
Spezialistenwissen und Fachkompetenz beruht, nicht jedoch auf hierarchischer
Autorität.
• Qualitative Entlastung der Führung, gesteigerte Mitarbeitermotivation durch
Kontakte zur Führungsspitze.
Nachteile:
• Immenser Informations- und Kommunikationsbedarf.
• Teilweise problematische Kompetenzabgrenzungen, die die Koordination und die
Entscheidungsfindung erschweren.
• Möglichkeit der Übergewichtung der Spartenziele gegenüber den Unternehmens-
zielen.
• Grosse Anzahl von Mitarbeitern für Bewältigung der Leitungsaufgaben notwendig.
• Mangelnde Abstimmung zwischen den Instanzen kann zu Demotivation fuhren.
525 Hahn/Wegener definieren die Aufgabe als eigentlichen Kern der Organisation. Die gesteckten Ar-
beitszicle sind nur in kleinen Schritten erreichbar. Deshalb müssen Aufgaben in Arbeitsteilung an
unterschiedliche Personen vergeben werden, was die Wichtigkeit einer effektiven und effizienten Or-
ganisation unterstreicht. Vgl. Hahn/W egener 1988, S. 137.
526 Die Dokumentation der Aufbauorganisation erfolgt dabei mittels eines Organisationsplanes oder
Stellenplanes und mittels Stellen- oder Aufgabenbeschreibungen. Vgl. Rötzel 1993, S. 18.
m Vgl. zum Zusammenhang zwischen Instandhaltungszielen und den Auswirkungen auf die Organisa-
tion auch Biedermann 1989, S. 97ff
528 Vgl. Biedermann 1988, S 63.
2. Kapitel Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 129
529 Vgl. ebenda, S. 65ff Vgl. zu verschiedenen alternativen Organisationsformen auch Hinsch 1988, S
306ff.
530 Vgl. Oberhofer 1988, S. 9.
\11 Stendcr 1992, S. 353.
532 Diesbezüglich müssen formelle und informelle Informationen unterschieden werden. Beide Informa-
tionstypen können jedoch zur Führung herangezogen werden. Vgl. Oberhofer 1988, S. 24f.
533 Rötzel beurteilt das Informationswesen als eine potentielle Schwachstelle innerhalb der Instandhal-
tung. Vgl. Rötzel 1993, S. 18. HacksteinIKlein sehen die Aufgabe des Informationswesens in der
Deckung des Informationsbedarfs. Vgl. HacksteinIKlein 1987, S. 241.
534 Vgl. Stender 1992, S 354 und Rötzel 1993, S. 21 f.
535 Zur ausfuhrlichen Beschreibung des Regelkreismodells, das aus der Regeltheorie abgeleitet ist, siehe
auch Stender 1992, S 354ff. und zur Anwendung eines Regelkreissystems in der Instandhaltung
Oberhofer 1988, S 17ff. und 1990, S. 416. Zum Zusammenhang zwischen der Betriebsdatenerfas-
sung als Informationsquelle und der Verwendung dieser Daten in einem Regelsystem siehe auch die
Ausfuhrungen von GerlachiRosenbaum 1991, S. 235f.
130 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Ein nach dezentralen Kriterien gestalteter Instandhaltungsbereich bietet sich vor allem
bei grösseren Unternehmen an, die entweder eine grosse Anzahl unterschiedlicher in-
standzuhaltender Objekte in Betrieb halten, und/oder innerhalb eines grossen räumli-
chen Bereiches tätig sind s41 • Die jeweiligen Instandhaltungswerkstätten fUhren in der
536 Die Aufbauorganisation im Instandhaltungsbereich kann die folgenden zwei Grundformen annehmen:
Organisation nach Berufsgruppen oder nach ProduktionsbereicheniBetriebsbereichen. Vgl. Rötzel
1993, S. 21. Vgl. zur Frage der Zentralisation, Dezentralisation und deren Mischformen auch Män-
nel 1988, S. 44ff. Zur zeitgemässen Instandhaltung - dezentral und integriert - siehe auch Konradt
1995, S 50ff
m Der jeweilige Grad an Zentralisation, bzw. Dezentralisation ist unter anderem auch bestimmend fur
die Flexibilität der Instandhaltung. Vgl. Pöhl 1988, S. 250ff. Francke unterscheidet diesbezüglich die
zentrale Organisationsstruktur, die dezentrale Organisationsstruktur, die integrierte Instandhaltung
sowie die Kombination von zentraler und dezentraler Organisationsstruktur oder die Kombination
von integrierter Instandhaltung mit Elementen aus der zentralen und dezentralen Organisationsform.
Vgl. Francke 1993a, S 4.
538 Bei einem sehr hohen Volumen an Instandhaltungsaufträgen ist die zentrale Datenerfassung vorzu-
ziehen, da Dispositionen der einzusetzenden Ressourcen einfacher und damit kostensparender vorge-
nommen werden können. Vgl. Kalaitzis 1987, S. 154f
539 Francke ist der Meinung, dass eine verrichtungsorientierte Instandhaltungsorganisation einfacher,
\42 Durch die Optimierung der Aufgabenteilung zwischen Produktion und Instandhaltung wird ein zu-
sätzliches Rationalisierungspotential erschlossen, welches entsprechende Auswirkungen auf die Ko-
sten nach sich zieht. Vgl Kempis 1989, S. 307f
132 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Als weitere Möglichkeit ist das Projektmanagement aufzuführen. Die Projektgruppe ist
als hierarchisch eindeutig strukturierte Organisationseinheit zu verstehen, deren Kom-
petenz- und Verantwortungsbereich klar abgegrenzt ist. Die Vorteile liegen in der
Möglichkeit des Einbezugs unterschiedlicher Fachspezialisten, die bei Bedarf extern
rekrutiert werden. Das Projektmanagement findet in der Instandhaltung beim Aufbau
eines Pilotprojekts einen sinnvollen Einsatz. Abgeschlossene Projekte werden oftmals
durch Folgeprojekte abgelöst. Daraus können sich dynamische Impulse entwickeln, die
positive Einflüsse auf die Flexibilität der Aufbauorganisation ausüben. Demgegenüber
steht ein erhöhter Kommunikationsbedarf.
Die geographische Lage fliesst als Element in die Strukturierung ein. Der Begriff
geographische Lage gliedert sich in die folgenden Bestandteile: Lage der Instandhal-
tungswerkstatt zum Einsatzort, zum Hersteller der Anlage und Lage innerhalb des
Betriebes. Damit alle relevanten Parameter Eingang in die Planung einer Instandhal-
tungswerkstätte fmden, empfiehlt sich die Erarbeitung eines Layouts 545 , das die
Arbeitsplatzorganisation sowie die Arbeitsflussorganisation berücksichtigt. Die Frage,
ob in dieser Hinsicht eine stationäre oder mobile Werkstätte aufgebaut werden soll, ist
zusätzlich zu beantworten.
Die Typologie des Unternehmens - die Art und Branche -, die Art der Güter549 , d.h. ob
sie materieller oder immaterieller Natur sind, die Zusammensetzung des Produktions-
546 Dies fuhrt dazu, dass praktisch nur noch die Hersteller der Anlagen über das notwendige Fachwissen
verfugen, das zur Ausbildung der Spezialisten erforderlich ist. Vgl. ebenda, S. 321.
541 Auf der anderen Seite sind regelmässige Ausbildungen fur Instandhaltungsfachpersonal erst im Auf-
bau begriffen. Vgl. ebenda, S. 328.
548 Vgl. Biedennann 1988, S. 79f.
549 Vgl. Stender 1992, S. 357.
134 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
550 Biedermann sieht die Charakteristik der Fertigungstechnologie inklusive der zeitlichen Stabilität
- neben der ausgewählten Instandhaltungsstrategie - als wichtigste Determinante bei der Festlegung
der Organisationsstruktur an. Für die Werkstattfertigung kommt am ehesten eine funktionsorientierte
Instandhaltungsorganisation, fur die mechanisierte Reihen- und Fliessbandfertigung eine objekt-
orientierte Instandhaltungsorganisation und fur die automatisierte Fertigung mit hoher Integration
eine Stab-Linien-Matrix-Organisation in Betracht Vgl. Biedermann 1988, S 79ff.
551 Zu einer Darstellung von Just-In-Time-Transporten fur die Automobilindustrie, die von der Deut-
schen Bahn AG durchgefuhrt werden, sowie den weiterfuhrenden Implikationcn, die sich aus diesem
Konzept fur die Bahn ergeben, siehe auch die Ausfuhrungen von Norda 1991, S. 1021 ff.
552 Vgl. Stender 1992, S. 357.
553 Nagel ist der Auffassung, dass die Organisation hauptsächlich der Strategie zu folgen hat Die Or-
ganisation soll als Spiegelbild der Strategie aufgebaut sein. Vgl. Nagel 1991, S 116.
554 Einen Überblick über die zu berücksichtigenden Ziele, Strategien, Struktur- und Organisations-
Nutzen-Center zu fuhren, das den Regeln des klassischen Profit-Center-Konzepts unterliegt. VgL
Budde 1991, S. 81f. Zu weiteren möglichen Profit-Centers innerhalb des Dienstleistungsunterneh-
mens Bahn siehe auch Busch/Kuhn 1991, S. 376ff.
556 VgL Stender 1992, S 357.
558 Durch den Abbau von Hierarchiestufen wird gleichzeitig der innovationsfördernde Charakter einer
Organisationsstruktur gestärkt, was dem Anspruch nach erhöhter Flexibilität unterstützend entge-
genkommt. VgL Nagel 1991, S. 117. VgL zu den Effekten eines Abbaues der Hierarchieebenen auch
CorsilFurlanetto 1990, S. 251 und Francke 1993a, S. 2.
559 Zu einer Darstellung möglicher Erfolgsfaktoren, die die Einfuhrung von neuen Arbeitsformen und die
damit verbundenen Veränderungsprozesse unterstützen, siehe auch die Ausfuhrungen von Redtenba-
eher 1993, S. 164 und S. I 76ff.
560 Die Einfuhrung der Gruppenarbeit bringt eine Stärkung des Führungsverständnisses in Richtung Be-
ratung, Unterstützung sowie Zielkontrolle mit sich. Dieses neue Rollenverständnis und die damit ein-
hergehenden Probleme müssen in intensiven Trainingsprogrammen aufgearbeitet werden. Vgl. Tom-
brink 1993, S. 143.
136 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Bezüglich der Potentiale ist zu beachten, dass in der Instandhaltung 90% der Verbesse-
rungen bei den Personen und nur 10% bei der Technologie zu erreichen sind 564 .
Eine gute Organisation übt posItive Einflüsse auf die Motivation der Mitarbeiter
aus 566 . Die Betriebsziele - unter Einbezug der persönlichen Mitarbeiterziele - werden
durch Förderung motivatorischer Massnahmen mit grösserer Sicherheit erreicht567 .
Die vorangehende Diskussion zeigt auf, dass eine allgemeingültige Lösung fiir das
Auswahlproblem hinsichtlich der InstandhaltJmgsorganisation nicht existiert. In der
Vergangenheit dominierte die funktions- oder objektorientierte Linien-Organisation
mit der dazugehörigen Hierarchie. Neue Ziele für das Unternehmen wie auch die In-
standhaltJmg verlangen nach einer Adaption der organisatorischen Gegebenheiten, die
zu einer Steigerung von Effektivität und Effizienz fUhren. Modeme Organisationsfor-
men tragen zur Bewältigung der an die InstandhaltJmg gestellten Anforderungen bei.
Insbesondere die Mehr-Linien-Organisation sowie die Matrix-Organisation in de-
zentraler Konzeption vereinfachen die notwendig gewordene Kooperation zwischen
InstandhaltJmg und Produktion, fördern die Flexibilität und erlauben es, Arbeitsgrup-
pen zielorientiert einzusetzen. In Zukunft ist mit einer Zunahme dieser beiden Organi-
sationsformen und einer verstärkten Prozessorientierung zu reclmen.
565 Bei jeder Veränderung der Organisation ist zu beachten, dass historisch gewachsene und teilweise
verkrustete Strukturen aufgebrochen werden. Diese Folgen sind in die Planung miteinzubeziehen.
Vgl. Ruthenberg 1990b, S. 80.
566 Vgl. Oberhofer 1990, S. 415.
567 Zur ausfuhrlichen Diskussion bezüglich der Motivation innerhalb des Bereiches Instandhaltung siehe
auch WaltiSchärer 1990, S. I 53ff.
568 Vgl. Nakajirna 1995, S. 69ff.
138 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
IVorbereitende
Durchflihrung: 6. TPM-Start
"Die TPM-fördemde Struktur basiert auf einer organisatorischen Matrix, sie formt
horizontale Gruppen wie Komitees und Projektteams auf jeder Ebene der vertikalen
Managementorganisation. ,,570
.\69 Vgl. ebenda, S 69ff. Robinson unterscheidet ebenfalls zwölf Stufen in der TPM-Einfuhrung; diese
werden aber nur in vorbereitende Phasen und Implementierungsphasen unterteilt. Vgl. Robinson
1995, S. 21ff.
570 Nakajima 1995, S. 75.
571 Vgl. zu diesem Thema ebenda, S. I 19ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 139
Bestandteil von TPM sind 572 , ist ihre Position innerhalb der Organisations struktur
nicht präzise festgelegt. Diesbezüglich ist eine eindeutige und definitive Eingliederung
anzustreben, damit die Aktivitäten der autonomen Kleingruppen vollumflinglich
genutzt und die Tätigkeiten der bereits etablierten Organisationseinheiten ergänzt und
erweitert werden können 573 .
Die Struktur der Kleingruppen kann mit professionellen Komitees oder Projektteams
ergänzt werden 574 . Die Schaffung von Stabsstellen - die sich zentral für die Einführung
von TPM einsetzen - ist eine Möglichkeit, Experten für das Projekt TPM zu gewinnen
und gleichzeitig die Unternehmensleitung zu entlasten.
Nach Hartmann 575 basiert die typische TPM-Organisation auf einer Linienorganisa-
tion, die vom Top-Management bis zu den TPM-Kleingruppen im Produktionsbereich
alle Organisationseinheiten umfasst. Diese Organisationsform wird mit einer Stabsor-
ganisation ergänzt. Eine dieser StabsteIlen wird durch einen hochrangigen Manager
besetzt, der für das ganze TPM-Programm verantwortlich zeichnet. Dem Gesamtrna-
nager werden TPM-Manager oder Koordinatoren unterstellt, die Verantwortung
bezüglich der Planung und Durchführung der TPM-Installation übemehmen 576 . Die
Teilbereiche Ausbildung, Messung und Dokumentation des Fortschritts, Unterstützung
der Kleingruppen sowie Koordination von Produktion und Instandhaltung gehören in
diese Ressorts 577 . Je nach Bedarf kann ein zusätzlicher Mitarbeiterstab aufgebaut
werden, der die TPM-Koordinatoren entlastet. Der Einsatz von Pilotgruppen, die die
werksweite Installation von TPM auf lokaler Ebene vorwegnehmen und damit den
Aufbau der benötigten Organisationsstruktur im Kleinen erlauben, ist zur Überprüfung
der vorgesehenen Organisationsstruktur empfehlenswert. Auf die gemachten Erfahrun-
gen kann bei der finalen Implementierung zurückgegriffen werden.
m AI-Radhi unterscheidet diesbezüglich zwei Arten von Kleingruppen Die eigenständigen Produkti-
onsgruppen, die zunehmend auch InstandhaItungsarbeiten übernehmen und die selbständigen Verbes-
serungsteams, die Verbesserungsmassnahrnen durchfuhren. Vgl. AI-Radhi 1995, S. 13.
571 Vgl. Nakajima 1995, S. 121.
574 Zur Schaffung einer TPM-förderlichen Organisations struktur siehe auch Robinson 1995, S. 25f
575 Vgl. Hartmann 1995, S. 65ff. und S 199ff
576 Eine detaillierte Übersicht über die zu besetzenden Stellen und ihre Einordnung innerhalb der Orga-
nisation sowie die den Stellen zugeordneten Aufgaben findet sich bei Robinson 1995, S 27.
577 Eine ausfuhrliehe Beschreibung der den einzelnen Organisationseinheiten übertragenen Aufgaben in-
nerhalb einer TPM-orientierten Instandhaltung findet sich bei Hartmann 1995, S 201
140 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Die Rolle der Instandhaltung ist bei TPM anders definiert als unter der traditionellen,
industriellen Fertigung 578. Die Instandhaltung wird als produktives und leistungsstei-
gerndes Organisationselement verstanden, das voll umfänglich in den Produktionspro-
zess eingebunden ist. Eine dem Optimalitätskriterium entsprechende Instandhaltung
erreicht mit gegebenen Kosten den maximal möglichen Instandhaltungs- und
Verbesserungseffekt579 . Dieses Ergebnis stellt sich vor allem aufgrund der
Ablaufoptimierung im Bereich Instandhaltung ein.
Die Instandhaltung unterliegt dem Prozess der Selbstoptimierung, d.h. die Instandhal-
tung regelt sich selber, und dadurch werden die Instandhaltungsaktivitäten im Zeitver-
lauf schlanker und effizienter.
Die Organisation von TPM baut auf den Grundsätzen des Lean-Managements auf580 .
Mit dieser Sichtweise verbunden ist die Fokussierung und BÜßdelung der Kräfte auf
die Kernaktivität Produzieren, der Abbau von unnötigen Arbeitsteilungsschritten 581 ,
die Eliminierung von Verlusten sowie die Entwicklung und kontinuierliche Verbesse-
rung von Standards. Die Überlegungen enden nicht bei den Ergebnissen, sondern
beziehen die Prozesse direkt in die Ideengänge ein, auch wenn diese nicht in unmittel-
barem Zusammenhang zu den Ergebnissen stehen. Aktivitäten, die keine Beiträge zum
Wertzuwachs leisten, werden abgebaut.
Die "traditionelle" Instandhaltung beschäftigt sich bis ins Detail mit allen, die Instand-
haltungsorganisation betreffenden Aspekten. Verschiedene Organisationsformen
werden einander gegenübergestellt und auf ihre Vor- und Nachteile untersucht. Mit der
expliziten Formulierung der Vorzüge verbunden sind Aussagen bezüglich des optima-
len Einsatzgebietes einer nach solchen Gesichtspunkten aufgebauten Instandhaltungs-
organisation. Die geeignetste Organisationsform wird genauso besprochen, wie Misch-
formen explizit zur Erreichung einer vollständigen Anpassung an die Erfordernisse der
Praxis zugelassen werden. Der Analyse innerhalb der "traditionellen" Instandhaltung
wird ein breitgefächertes Angebot an Untersuchungsgegenständen zugeführt.
Die Diskussion innerhalb der TPM-Literatur beleuchtet hingegen nicht nur die eigent-
liche Organisation des Instandhaltungsbereiches, sondern die Organisation der TPM-
Implementierung fliesst ebenfalls in die Analyse ein. Dieses Vorgehen hat zwei
Konsequenzen:
Zweitens rückt die TPM-Installation über das ihr gebührende Mass in den Mittelpunkt
des Geschehens. Mit dieser Vorgehensweise ist die bereits an anderer Stelle vorge-
brachte Kritik verbunden, dass TPM als sakrosankt und einzige Lösung angesehen
wird. Der Einbezug von Alternativen in den Analyserahrnen findet nicht statt, und es
wird der Anschein erweckt, neben der von TPM vorgeschlagenen Organisationsform
könne keine andere den in der Realität gestellten Anforderungen genügen. In der
Praxis dürfte diese Sichtweise kaum den Ansprüchen an eine modeme und flexible
Organisation gerecht werden, denn die Unterschiedlichkeit der Betriebe verlangt nach
einer Vielzahl an Organisationsalternativen.
Die Diskussion um die Ausgestaltung des Bereichs Instandhaltung unter TPM vernach-
lässigt die Unterscheidung zwischen Aufbau- und Ablauforganisation. Die mangelnde
Differenzierung lässt Rückschlüsse auf die grundsätzliche Orientierung des Konzepts
142 2. Kapitel: Kritischc Untcrsuchung der TPM-Philosophie
TPM zu. TPM ist als prozessorientierter Ansatz zu verstehen, bei dem die Strukturori-
entierung eine untergeordnete Rolle spielt, da die Struktur lediglich Mittel zum Zweck
ist. Die traditionelle Instandhaltung hingegen ist ein ausgeprägt strukturorientierter
Ansatz, dessen grösster Schwachpunkt die Ablauforientierung ist.
Ausgeklammert bleibt an dieser Stelle noch die Frage nach den Kosten und den
zusätzlichen Ertragspotentialen sowie dem potentiellen Einfluss der Instandhaltung auf
den Untemehmenserfolg. Auf diese Punkte wird in einem späteren Kapitel näher
eingegangen.
Als augenfälligstes Merkmal von TPM ist die Einführung der autonomen Kleingruppen
zu bezeichnen. Diese Gruppen - meist aus Produktionsmitarbeitern bestehend - führen
selbständig einfache Instandhaltungsaufgaben - Routineaktivitäten - aus und entlasten
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 143
Das Leistungspotential von TPM wird hauptsächlich mittels zwei Konzepten verdeut-
licht: Dem Konzept der Lebenszykluskosten und der Overall Equipment Effectiveness
OEE, dem Anlagenwirkungsgrad. Das erste Konzept schliesst vollumfänglich alle
Kosten in den Analyserahmen ein, die während der gesamten Lebensdauer einer
Maschine anfallen. Diese Kosten stellen das Hauptkriteriwn der Anlagenbeschaffung
dar, und es ist Aufgabe von TPM, die Lebenszykluskosten, die innerhalb der Be-
triebsphase anfallen, zu minimieren. Das Konzept Overall Equipment Effectiveness
dokwnentiert direkt die Leistungsfähigkeit des TPM-Programmes. Vor Beginn einer
TPM-Installation wird die OEE der Produktionsanlagen gemessen und mit der OEE
nach Implementierung verglichen. Die OEE-Berechnung weist die im Zusammenhang
mit TPM erbrachte Leistungssteigerung einfach nach.
Die Berechnung der OEE bezieht aber nicht nur die Produktivität in das Betrachtungs-
feld mit ein, sondern der Qualität wird quasi eine Schlüsselstellung zugestanden. Die
Steigerung der Qualität - präzise und einprägsam im Schlagwort "Null-Fehler" zusam-
mengefasst - steht im Brennpunkt der Bestrebungen von TPM. Das Streben nach
verbesserter Qualität zieht sich wie ein roter Faden durch den TPM-Gedanken. Eine
höhere Qualität bedeutet im Sinne von TPM eine Reduktion von Nacharbeiten und die
Verhinderung von Ausschuss, sie wird durch die vollkommene Eliminierung von
Fehlern, Defekten und anderen negativen Erscheinungen erreicht. Gleichzeitig steigt
die Arbeitssicherheit, und die Umweltbelastung wird dank des verminderten Ressour-
cenverschleisses reduziert.
Eine Stärke von TPM liegt mit Sicherheit in der Einfachheit und Prägnanz der formu-
lierten Aussagen. Konzepte wie "Meine Maschine" oder Ziele wie "Null-Störungen"
und "Null-Stillstandszeiten" sind simpel und einfach verständlich. Sie werden dement-
sprechend eingesetzt und führen zu einer Vereinfachung der Umsetzung in der Praxis.
Dieser Umstand wird ausserdem durch die Propagierung von "Schrittemethoden"
sowie einer Unterteilung in "Stufen" oder "Phasen" unterstrichen. Für jedes Ziel, das
es anzustreben gilt, wird der Weg in kleine Schritte unterteilt und die Erreichung wird
mittels eines ,,Programmes" vereinfacht. Die Schrittemethode weist den Charakter
einer Checkliste auf: Ein jeweils abgeschlossener Schritt wird abgehakt und in der
Folge zum nächsten übergegangen. Auf diese Art und Weise erscheint die Erreichung
der anvisierten Ziele als sicherer, der Pfad gangbarer, weil einfach, verständlich und
nachvollziehbar fiir alle Beteiligten.
Der Einbezug aller Mitarbeiter in die Bestrebungen zur Perfektionierung ist als
weiteres Element von TPM zu erwähnen. Die Betonung auf die Beteiligung des
gesamten Mitarbeiterstabes an den Verbesserungen ist bei TPM besonders stark
ausgeprägt. Dies zeigt sich unter anderem auch beim betrieblichen Vorschlagswesen:
Dort ist mit einer Zunahme der Verbesserungsvorschläge zu rechnen 584 .
584 Vgl. zum Vorschlagswesen auch die Ausfuhrungen von Oberhofer 1993, S. 37f. Zum Vorschlagswe-
sen als Bestandteil einer aktiven Untemehmenspolitik und dem entsprechenden Praxisbezug siehe
Willeke 1995, S. 8. Vgl. zum Zusammenhang zwischen Kaizen und dem betrieblichen Vorschlags-
wesen Volk 1993, S. 79. Zu Erfolgen des betrieblichen Vorschlagswesens siehe Fiedler-Winter 1995,
S.59ff.
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophic 145
Unter TPM tritt der Mensch gegenüber der Technik in den Vordergrund. Der Teamge-
danke wird grossgeschrieben, denn dadurch wird ein effizientes Ressourcenmanage-
ment erst möglich 58S . Einerseits schläh>1: sich diese Grundhaltung in der Führung der
Mitarbeiter nieder Stichworte: "Mitarbeiterorientiertes Management" und
"Partizipative Unternehmensführung" - wobei ein Miteinander aller Beteiligten
vorausgesetzt wird. Andererseits spiegelt sich diese Tatsache in Preisverleihungen
sowie anderen Auszeichnungen und Anerkennungen wider. Gruppenaktivitäten
erlangen einen beachtlichen Stellenwert.
585 Nicdennair ordnet den Teams diesbezüglich die Bedeutung eines strategischen Erfolgsfaktors zu.
VgL Niedennair 1994, S 48f
5" VgL zur Verbesserung des direkten Arbeitsumfeldes und damit zum Zusammenhang zwischen In-
standhaltungsplanung, Motivation und Entlohnung auch Stech 1987, S. I 97ff.
S87 Wettbewerbsvorteile können durch die konsequente Verfolgung einer Qualitätsstrategie erreicht wer-
den. Diese Strategie hat sich an den Bedürfuissen der Kunden zu orientieren, so dass diese mit den
erbrachten Leistungen zufrieden sind. Die Einfuhrung eines Qualitätsmanagementsystems nach den
ISO 9000 Nonnen trägt zur Erreichung dieser Vorteile bei. VgL Frankenberger 1994, S 148.
146 2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie
Im Bereich der Effektivität wird einerseits der Einbezug des gesamten Unternehmens
zum Ausdruck gebracht, so dass insgesamt eine Steigerung der wirtschaftlichen
Effizienz und ein höherer Grad an Profitabilität erreicht wird. Andererseits wird die
totale Anlageneffektivität über die Maximierung der Gesamtanlageneffizienz jeder
einzelnen Maschine zu beeinflussen versucht.
Im Bereich der Beschäftigten wird die Partizipation von allen Mitarbeitern aller
Abteilungen gefordert, um ein TPM-Prograrnm erfolgreich implementieren und auf
diesem Pfad weiterfuhren zu können.
Was bringt TPM nun wirklich Neues? Die herausragendsten Merkmale dürften die
Einfiihrung der autonomen, sich überlappenden Kleingruppen und die Durchführung
der autonomen Instandhaltung sein. Mit diesen zwei Innovationen betritt TPM Neu-
2. Kapitel: Kritische Untersuchung der TPM-Philosophie 147
land im Bereich Instandhaltung. Darin ist auch die Verlagerung der routinemässigen
Instandhaltungsaktivitäten von den Instandhaltern zu den Anlagenbedienern einge-
schlossen. Diese Verschiebung ist jedoch auch schon längere Zeit Gegenstand der
"traditionellen" Instandhaltungstheorie. Unterstützt werden diese Veränderungen von
explizit verlangten Schulungsmassnahmen, die die Qualifikationen der Beschäftigten
verbessern. Weiterbildung - im Sinne von TPM verstanden - bedeutet eine Heranfiih-
rung der Produktionsmitarbeiter an Themen der Instandhaltung und das Erlernen der
für die Gruppenarbeit benötigten Teamfähigkeit. Die Beteiligung aller Mitarbeiter an
den durch TPM induzierten Aktivitäten ist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu
nennen.
TPM bringt aber auch einige Elemente ein, die den Ansatz als neues Paradigma im
Instandhaltungsbereich erscheinen lassen. Die intensive Auseinandersetzung mit
innovativen Methoden zur Steuerung der Instandhaltungsaktivitäten ist in diesem
Zusammenhang zu nennen. Das Konzept der Overall Equipment Effectiveness offen-
bart den direkten Zusammenhang zwischen den Verbesserungsaktivitäten und dem
Leistungsvermögen der Produktionsanlagen. Unter TPM wird ein allgemeines System
der Informationsrückkopplung etabliert. Dieser Kreislauf trägt langfristig zur Verbes-
serung der nächsten Generation von Produktionsanlagen bei. Umfassende Überlegun-
gen bezüglich möglicher Kontrollprogramme runden das Bild ab.
In den Bereich der Novitäten ist auch die "Marketingfunktion" von TPM einzuord-
nen S88 . Diese Funktion manifestiert sich in der plakativen Darstellung der Ziele und
Wege, so dass die Implementierung von TPM einem potentiellen Anwender fast
"verkauft" wird. TPM ist als "Produkt" anzusehen, bei welchem die Vorteile gepriesen
werden und der "Käufer" sich für die Installierung entscheidet. Gleichzeitig wird eine
auf verständliche Art abgefasste, einfache Schritte beinhaltende "Bedienungsanleitung"
588 Vgl. dazu auch die Ausfuhrungen von Oberhofer 1993, S. 41f.
148 2. Kapitel: Kritische Untersuchung dcr TPM-Philosophie
dem Anwender mit auf den Implementierungsweg gegeben, die die Realisierung des
Projektes TPM narrensicher erscheinen lässt.
Dieser Vorstellung dürfte bei der Installation in der Praxis jedoch vehement wider-
sprochen werden. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit sich japanische
Managementmethoden auf europäische Verhältnisse übertragen lassen, und ob sich der
TPM-Stil mit den europäischen Ansprüchen an die Instandhaltung vereinen lässt 589 .
Ein Hindernis stellt sicherlich die traditionelle europäische Erziehung dar, die mehr als
die japanische zur Individualität als zur Gruppenzugehörigkeit tendiert 590 . Auch sollte
der Einfluss der Gewerkschaften nicht unterschätzt werden, der vor allem bei der
Einflihrung der selbständigen Instandhaltung markant zu Tage treten könnte. Die
Aufhebung der traditionellen Rollen, die die Instandhalter zur Ausftihrung von
Instandhaltungsaktivitäten und die Produktionsmitarbeiter zur Durchführung der
Produktion einteilt, wird sicherlich noch genügend Stoffftir Diskussionen liefern.
Bei TPM steht der Mensch im Mittelpunkt, die Technik, obwohl auch ihr ein bedeu-
tender Stellenwert zuerkannt wird, tritt zurück in die zweite Reihe. Diese Tendenz
wäre bei der weitgehend technikorientierten, "traditionellen" Instandhaltung gleicher-
massen zu begrüssen.
150 3. Kapitel: DienstleistungsproduktIon und Dienstleistungsqualität
3.1. Dienstleistungsproduktion
3.1.1. Dienstleistungsbegriffe
Der Instandhaltung wird Dienstleistungscharakter bescheinig e 96 . Die Erstellung von
Dienstleistungen - beispielsweise Bank- oder Versicherungsprodukten 597 - beinhaltet
eine Wertschöpfung 598 . Daraus folgt, dass die Instandhaltung wertschöpfende
Aktivitäten ausflihrt 599 . Dieser Sachverhalt fUhrt zur Forderung, die Instandhaltung als
ein Element in die Reihe der wertschöpfenden Prozesse innerhalb der Unternehmung
aufzunehmen6oo .
596 Vgl. Holst 1994, S. 106. Die Instandhaltung stellt Dienstleistungen zur Verfugung, die den Werteab-
bau im Unternehmen zu erkennen und zu vermindern vermögen. Vgl. Buddc 1991, S. 8 I
597 Nach Meyer/Blümelhuber gehören jedoch Banken und Versicherungen nicht zu den eigentlichen
1985, S. 24f
599 Gremli vertritt diesbezüglich die Ansicht, dass die Instandhaltung vorrangig dem Zweck der Ge-
winnerziclung und damit der Zukunftssicherung des Unternehmens dient. Diesem Hauptziel sind
mehrere Teilziele untergeordnet. Vgl. Gremli 1992, S. 10.
600 Biedermann spricht in diesem Zusammenhang von einem produktiven Vorgang, dessen Leistungs-
gen Dienstleister, die im voraus erarbeitete Dienstleistungskonzepte oder über einen bestimmten Zeit-
raum wiederkehrende Dienstleistungen anbieten. Die repetitiven Dienstleistungen zeichnen sich durch
personenbezogenen Charakter aus und verwenden teilweise Verkehrsträger zur Erstellung der
Dienstleistung. In diesen Bereich gehören unter anderem Fluggesellschaften, Mietwagen-Anbieter,
Eisenbahngesellschaften, aber auch Wartungs- und Reparaturleistungen sowie Gütertransporte. Vgl.
Holst 1994, S. 106.
3. Kapitel. Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 151
inexistent602 . Deshalb wird die Diskussion bezüglich der Besonderheiten von Dienst-
leistungen - speziell in Abgrenzung zu den materiellen Gütern - seit längerem kontro-
vers geführt603 . Ziel der nachfolgenden Abschnitte ist es, eine Definition des Dienst-
leistungsbegriffs herbeizuführen, die den besonderen Aspekten des Instandhaltungsbe-
reiches Rechnung trägt
Nach Meffert604 können Dienstleistungen anhand der Aufzählung von Beispielen, an-
hand von Negativdefinitionen oder anhand von konstitutiven Merkmalen unterschieden
werden. Die Differenzierung mittels konstitutiver Merkmale beinhaltet die Unter-
scheidung der Dienstleistungen nach prozessorientierten, ergebnisorientierten und po-
tentialorientierten Merkmalen. Eine Unterteilung der Erstellung von Dienstleistungen
in vier verschiedenen Phasen und eine anschliessende Verknüpfung derselben führt zu
einer weiteren Definition des Dienstleistungsbegriffes. Aus dieser Sichtweise ergibt
sich folgende Definition von Dienstleistungen: "Dienstleistungen sind selbständige,
marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung ( ... ) und/oder dem Einsatz von Lei-
stungsfähigkeiten ( ... ) verbunden sind (Potentialorientierung). Interne ( ... ) und externe
Faktoren ( ... ) werden 1m Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert
(Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit
dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen ( ... ) oder deren Objekten
( ... ) nutzenstiftende Wirkungen ( ... ) zu erzielen (Ergebnisorientierung).,,605
Die Unterscheidung nach der Potential-, Prozess- und Ergebnisdimension bietet einen
weiteren Differenzierungsansatz612 :
60' Vgl. Nonnann 1987, S. 20ff. Demnach ist der tertiäre Sektor - in negativer Formulierung - als Jener
Bereich der Volkswirtschaft zu bezeichnen, in dem materiell nicht fassbare Güter produziert werden.
In der Volkswirtschaftslehre werden unter Dienstleistungen üblicherweise all die Leistungserstellun-
gen verstanden, die nicht auf die Erstellung von Sachgütern ausgerichtet sind. Vgl. Maleri 1994, S
13. Die Formel "Dienstleistungsproduktion = Gcsamtproduktion - (Primär- + Sekundärproduktion)"
istjcdoch mit Mängeln behaftet Vgl. ebenda, S. 43ff.
W9 Vgl. zur Nutzenstiftung von Dienstleistungen ebenda, S. 71 ff.
610 Dabei ist zu beachten, dass der Begriff .,immaterielle Güter" nicht als S}TIonym fur Dienstleistungen
verwendet wird. Vgl. ebenda, S. 48.
611 Vgl. zur Abgrenzung zwischen Sachgütern und Dienstleistungen auch die Ausfuhrungen von Alten-
burger 1980, S 21ff.
612 Vgl. zur Potentialdimension, Prozessdimension und Ergebnisdimension auch die Ausfuhrungen von
Hilke 1989, S. 10 und Meyer/Blümelhuber 1994, S 7ff. sowie Corsten 1988, S. 81f
m Einen Überblick über interne wie auch externe Produktions faktoren gibt Meffert 1995, S 52 sowie
Malen 1994, S. 164.
614 Diesbezüglich werden personendominante und objektdominante Dienstleistungen unterschieden. Bei
einer vollständigen Substitution des Faktors Mensch durch den Faktor Maschine wird von einer au-
tomatisierten Dienstleistung gesprochen. Vgl. Meyer/Blümelhuber 1994. S 8.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 153
externen Faktor615 , der flir die Prozessabwicklung unabdingbar ist, beisteuern616 . Der
externe Faktor kann die Person des Dienstleistungsnachfragers sein, oder ein in seinem
Besitze befindliches Objekt, das in den Prozess eingebracht wird617 .
Nicht alle Dienstleistungen weisen die drei vorgängig beschriebenen Merkmale als
Charakteristika auf' I 8 . Eine Ursache liegt darin, dass die Abgrenzungslinie zwischen
Sachgütern und Dienstleistungen nicht immer eindeutig gezogen werden kann. Zusätz-
lich findet häufig eine Kombination der beiden Leistungstypen statt619 . Im Instandhal-
tungsbereich liegt beispielsweise dann ein komplexes Leistungspaket vor, wenn der
Hersteller einer Produktionsanlage auch die Instandhaltung derselben übernimmt620 •
Die fortgesetzte Garantierung von eingekauften Leistungsdaten durch den Hersteller
nach der Ablieferungs- und Inbetriebnahmephase ist eine Verflechtung der beiden .
Leistungsarten.
6\5 Vgl. zur Bedeutung und dem Einfluss des externen Faktors auf die Leistungserstellung auch Maleri
1994, S. I 29ff.
6\6 Vgl. zur Integration des externen Faktors in den Dienstleistungserstellungsprozess auch die Ausfuh-
rungen von Meyer/Blümelhuber 1994, S. 6.
6\7 Vgl. zur Problematik der Einbringung eines externen Faktors auch die Ausfuhrungen von Corsten
1994, S. 45ff.
6\8 Vgl. dazu Hentschel 1992, S. 20f.
6\9 Sachs unterscheidet diesbezüglich vier verschiedene Kategorien von Dienstleistungen. Vgl. Sachs
1993, S. 217.
620 Meffert spricht im Zusammenhang mit produktbegleitenden Dienstleistungen von "Value-Added-
Services", die zur Wenbewerbsprofilierung von Unternehmen beitragen können. Vgl. Meffert 1995,
S. 21. Zu Dienstleistungen im Investitionsgütermarketing siehe Meyer/Noch 1992, S. 954ff.
62\ Vgl. Meffert 1995, S. 28.
154 3. Kapitel: DIenstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Etwas anders präsentiert sich der Sachverhalt bei der Instandhaltung des zur Beförde-
rung eingesetzten Materials: Bietet ein Instandhaltungsunternehmen seine Dienstlei-
stungen der Bahngesellschaft an, so handelt es sich um eine Kerndienstleistung des
Instandhaltungsunternehmens, die in einem gewerblichen Unternehmen einen Abneh-
mer findet. Bei dieser Konstellation handelt es sich um eine investive Kerndienstlei-
stung. Da aber die Mehrzahl der grossen Bahngesellschaften die benötigten Instandhal-
tungsleistungen durch spezielle, ihnen zugehörige Unternehmensbereiche erbringen
lassen, handelt es sich gesamthaft gesehen um eine Zusatzleistung des Unternehmens,
deren Abnehmer ein gewerbliches Unternehmen - die Bahngesellschaft, die die
eigentlichen Transportleistungen erbringt - ist. Diese Situation wird als investive
Sekundärdienstleistung bezeichnet. Instandhaltungsleistungen gehören hauptsächlich
zu den persönlichen Dienstleistungen, sie werden ergebnisorientiert an Objekten
vollzogen 622 .
Die Verknüpfung von Instandhaltung und Bahntransport setzt die Analyse fort. Da die
Instandhaltung Ersteller von Dienstleistungen ist, präsentiert sich die Beziehung
Die Einbindung eines externen Faktors in die Produktion von Dienstleistungen ist eine
Besonderheit, die die Notwendigkeit einer eigenständigen Produktionstheorie für die
Dienstleistungserstellung rechtfertigt628 . Die Einbringung des externen Faktors spielt
in zweifacher Hinsicht eine Rolle: Die Wahrnehmung und Beurteilung der Dienstlei-
stung aus der Sicht des Kunden wird unter anderem von der Interaktion mit dem
Personal und dem Umfeld des Dienstleisters beeinflusst629 . Zweites Charakteristikum
stellt die weitgehende Unabhängigkeit des extern eingebrachten Faktors dar, dem
625 Zur Leistungserstcllung zählen sämtliche, auf die einzelnen Absatzgüter bezogenen betrieblichen
Prozesse inklusive der erforderlichen Vorbercitungsaktivitäten im weitesten Sinne. Die Leistungser-
stcllungsfunktion lässt sich somit in die Herstellung der Leistungsbereitschaft und in die Endkombi-
nation unterteilen. Die Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft ist notwendig, weil die nicht ab-
gesetzte Betriebsleistung in der Regel nicht speicherbar ist. Andererseits liegt die Begründung fur die
permanente Herstellung und Erhaltung der Leistungsbereitschaft in der Tatsache, dass der externe
Faktor erst naeh erfolgtem Absatz der Dienstleistung in Erscheinung tritt. Vgl. Maleri 1994, S. 204f.
626 Die Produktion von Dienstleistungen erfolgt üblicherweise in zwei Phasen: Der Vorkombination und
der Endkombination. Vgl. Meffert 1995, S. 53f
627 Vgl. Meyer/Blümelhuber 1994, S 11. Die Produktion von Dienstleistungen ist jedoeh häufig nicht
ohne die Verwendung materieller Trägermedien möglich. Vgl. Maleri 1994, S 45.
628 Vgl. zur Thematik des externen Faktors aueh die Ausfuhrungen von Meffert 1995, S. 67f.
629 Vgl. zum Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Personal sowie den Einflüssen des Umfeldes
auch die Ausfuhrungen von Holst 1994, S 104 ff
156 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Dienstleister stehen damit nur beschränkte Einflussmöglichkeiten auf den Kunden zur
Verfiigung. Die Erstellung der Dienstleistung ist als eine Kombination von internen
Faktoren63o , die direkt auf den Kunden oder das Kundenobjekt ausgerichtet ist,
aufzufassen. Die unmittelbare Leistungserstellung wird durch im Hintergrund ablau-
fende Aktivitäten unterstützt, die in erster Linie auf die Erfordernisse des erlebten
Kontaktes Kunde-Dienstleister fokussieren. Diese Tätigkeiten erlangen fur die tatsäch-
liche Leistungserstellung eine zentrale Bedeutung.
Zusätzlich wird der Begriff der Intangibilität zur Begründung einer besonderen
Produktionstheorie flir Dienstleistungen aufgeführt. Mit Intangibilität - Nichtgreifbar-
keit - wird der Umstand bezeichnet, dass eine Dienstleistung nicht physisch präsent
ist634 .
630 Corsten spricht in diesem Zusammenhang von einem Leistungsbündel. Diese Leistungsbündel kön-
nen materielle wie auch immaterielle Bestandteile aufweisen, die als Kombination gemeinsam die
Dienstleistung ausmachen. Vgl. Corsten 1994, S. 45.
631 Die terminliche Zusammenfuhrung von Dienstleistungsanbieter und -nachfrager wird auch mit dem
Begriff "Integrationszeitpunkt" bezeichnet. Vgl. Corsten 1988, S. 86.
632 Vgl. Meffert 1995, S. 62. Das Uno-Actu-Prinzip kann als entscheidendes Hemmnis fur potentielle
Steigerungen der Produktivität in vielen Bereichen der Dienstleistungsproduktion identifiziert wer-
den. Vgl. Maleri 1994, S. 52f.
633 Vgl. Corsten 1994, S. 44 f.
Dienstleistungsunternehmen ist demnach grundsätzlich in der Lage, gleichzeitig produktiv und kon-
sumtiv verwendete Dienstleistungen herzustellen. Vgl. Malcri 1994, S. 77.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 157
Die Unterscheidung und der Einfluss von Potential- und Repetierfaktoren ist in bezug
auf die Dienstleistungsproduktion problematisch639 . Die Feststellung des Verbrauchs
eines Potentialfaktors ist weitaus schwieriger zu realisieren, als dies bei einem Repe-
tierfaktor möglich ist. Zu einem Teil ist die Problematik der Präzisierung des Produkti-
onsfaktorbegriffes dafm verantwortlich: Auf der einen Seite können Potentialfaktorbe-
stände als Produktionsfaktoren aufgefasst, auf der anderen Seite Bestandesnutzungen
den Produktionsfaktoren zugeordnet werden. Die Problematik der Erfassung des
Verbrauches bei Potentialfaktoren präsentiert sich dergestalt, dass ein Verbrauch an
Potentialfaktoren auch dann auftritt, wenn der Potentialfaktor nicht unmittelbar am
Produktionsvorgang beteiligt ist. Eine Maschine wird nicht nur dann genutzt, wenn sie
zu ihrer ursprünglich bestimmten Produktionsaufgabe eingesetzt wird, sondern auch
bei der Einstellung, Justierung, Wartung und Reinigung der Maschine unterliegt
dieselbe einer Nutzung. Darüber hinaus stellt die Alterung der Maschine - und der
damit verbundene Verlust an Totalkapazität - ein weiterer, von den Produktionsvor-
gängen unabhängiger Verbrauch dar640 . Diese zeitabhängigen Verbräuche nehmen
637 So können beispielsweise die in einer Reparaturwerkstättc eingesetzten Ersatzteile als Werkstoffe
bezeichnet werden, die allerdings rur die Erstellung der Dienstleistung nur eine untergeordnete Rolle
spielen. Vgl. Altenburger 1980, S. 55.
618 Bei Verkehrsbetrieben treten in der Regel keine Werkstoffe auf. An die Stelle der industriellen
Werkstoffe treten bei Verkehrsbetrieben die Transportobjekte. Sie werden als Leistungsobjekte be-
zeichnet und sind in ihrer Funktion mit den Werkstoffen der Industrie vergleichbar. Vgl. Corsten
1985,S 49
639 Altenburger vertritt die Meinung, dass bei der Sachgüterproduktion die Werkstoffe den grössten Teil
der Repetierfaktoren ausmachen, und dass - im Widerspruch dazu - die Potentialfaktoren im Mittel-
punkt der Untersuchungen stehen. Dies fuhrt bei einer einfachen Übertragung zu einer zu geringen
Beachtung der Repetierfaktoren in der Dienstleistungsproduktion. Obwohl die Potentialfaktoren die
Bedeutung der Repeticrfaktoren In der Dienstleistungsproduktion übertreffen, muss letzteren der ih-
nen gebührende Stellenwert zuerkannt werden. Vgl. Altenburger 1980, S. 55ff
641) Am Beispiel eines Liegewagens kann aufgezeigt werden, dass dieser genutzt wird, wenn er an einen
Zug angehängt ist und mitfahrt, unabhängig davon, wieviel Reisende er befördert. Hingegen ist das
158 3. Kapitel: Dienstlcistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Bei der Sachgüterproduktion nehmen die Werkstoffe den zentralen Teil der Repetier-
faktoren ein. Die Untersuchung der Betriebsmittel legt das Schwergewicht jedoch auf
die Potentialfaktoren, anstatt auf die Repetierfaktoren. Daraus folgt, dass - obwohl die
Potentialfaktoren bei der Produktion von Dienstleistungen in der Regel eine grössere
Bedeutung gegenüber den Repetierfaktoren erlangen - den Repetierfaktoren bei der
Dienstleistungsproduktion ein zu geringes Gewicht beigemessen wird.
Ausmass der Nutzung zum Teil abhängig von der Anzahl Beförderten, die im Nachtbetrieb - auf-
grund der heruntergeklappten Liegen - geringer ausfallen dürfte als im Tagesbetrieb. Wird der Wa-
gen von Tages- auf Nachtbetrieb oder umgekehrt umgerüstet, wird er verschoben, gereinigt oder ge-
wartet, immer liegt eine Nutzung des Potentialfaktors Licgewagen vor. Ergänzend zu diesen Mög-
lichkeiten tritt auch ein Verbrauch auf, wenn der Wagen keiner der oben aufgefuhrten Nutzungsarten
zugefuhrt wird: Der Liegewagen unterliegt einem Alterungsprozcss und verliert somit von seiner
noch vorhandenen TotaIkapazität. VgI. zu diesem Beispiel ebenda, S. 57.
641 Diese zeitabhängigen Verbräuche erlangen vor allem bei den Potentialfaktoren eine grosse quantita-
tive Bedeutung, die über eine bestimmte Zeitperiode nicht genutzt werdcn können. Als Beispiele seien
hier genannt: Schulen, Kirchen, VersammlungslokaIitäten, Theater, Freibäder etc.
642 Corsten ist diesbezüglich jedoch der Meinung, dass es keine dienstleistungsspezifischen Produktions-
faktoren gibt, sondern dass lediglich die Bedeutung der einzelnen Faktoren bei der Produktion von
Dienstleistungen und bei der Sachgüterproduktion differieren kann. VgI. Corsten 1988, S. 83.
643 Bei einigen Dienstleistungsbetrieben - beispielsweise Verkehrsbetrieben - erlangt der Einsatz von
Betriebsstoffen eine hohe Bedeutung. So werden bei der Produktion von Passagier- und Frachtlei-
stungen keine Rohstoffe, sondern lediglich Betriebsmittel, Betriebs- und Hilfsstoffe, Dienstleistun-
gen, Arbeitsleistungen und andere Produktionsfaktoren eingesetzt. VgI. Maleri 1994, S. 125f.
644 VgI. ebenda, S. I 25ff.
645 Der Dienstleistungssektor ist durch eine besondere Heterogenität und eine enorme Breite des Anwen-
dungsspektrums gekennzeichnet. Aus dieser Konstellation heraus ergeben sich Zweifel an der Über-
tragbarkeit allgemeiner Aussagen auf die verschiedenen dienstleistungsspezifisehen Branchen und
Anwendungen. VgI. Meffert 1995, S. 3.
3. Kapitel: Dienstlcistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 159
der Spezial fall Produktionsfaktor Werkstoffe: Er findet kamn Eingang in die Produk-
tion von Dienstleistungen. Während dies für die meisten Dienstleistungsersteller
zutreffend ist, zeichnet sich bei der Dienstleistung Instandhaltung ein anderes Bild ab:
Die fUr die Erstellung der Dienstleistung benötigten Ersatzteile können als Werkstoffe
bezeichnet werden.
Die Theorie der monoperiodischen Produktion ist nur auf kontinuierlich ablaufende
Produktionsprozesse anwendbar, kontinuierliche Produktionsprozesse bedingen in der
Regel aber die Möglichkeit des Auf- und Abbaus von Lagern. Da Dienstleistungen in
den meisten aller Fälle durch Nicht-Lagerfähigkeit gekennzeichnet sind, kann die auf
allgemeine Produktionsprozesse der Sachgüterproduktion ausgerichtete Theorie der
monoperiodischen Produktion bei der Produktion von Dienstleistungen nur mit
Einschränkungen angewendet werden.
64(' VgL zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Gruhler 1994, S. 154 und S. 157f
160 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Eine spezielle Bedeutung erhält die Vermeidung von Fehlern bei der Produktion von
Dienstleistungen649 . Die Vermeidung von Fehlern ist grundsätzlich wirtschaftlicher als
deren nachträgliche Beseitigung. Die Immaterialität der Dienstleistung und damit die
Unmöglichkeit der Lagerung, sowie das zeitliche Zusammenfallen von Produktion und
Konsumtion, unterbinden in der Regel jegliche Art von Rückgabe oder Umtausch. Da
Dienstleistungen direkt am externen Faktor erbracht werden, beeinflusst derselbe
durch seine Mitwirkung im Prozess die Qualität der Leistung massgeblich. Aufgrund
dieser Faktoren ergibt sich bei der Produktion von Dienstleistungen eine einmalige
Konstellation: Ein begangener Fehler ist nachträglich nur mit grossem Aufwand zu
verbessern oder unter Umständen gar nicht mehr zu korrigieren65o . Eine Endkontrolle
ist in den meisten Fällen sirmlos, weil der Erstellungsprozess zu diesem Zeitpunkt
bereits abgeschlossen ist. Diese besondere Situation begründet die Notwendigkeit,
gleich auf Anhieb eine exzellente, fehlerfreie Leistung liefern zu müssen. Somit
erscheinen die Ziele "Null-Fehler" und "Null-Störungen" in einem neuen Licht. Die
Prozesse der Leistungserstellung müssen von Anfang an so gestaltet werden, dass
keine Fehler entstehen können und damit ein erfolgreiches Agieren der Unternehmung
am Markt gewährleistet ist.
641 Darunter werden beispielsweise vor dem Kauf die technische Beratung, die Problemanalyse, die Pla-
nung und Projektierung, das Projektmanagement und die Finanzierung verstanden. Nach dem Kauf
rücken der Lieferservice, die Ersatzteilversorgung, die Schulung, die Wartung und anderes mehr in
den Mittelpunkt des Käuferinteresses. Vgl. ebenda, S. 158.
648 Vgl. Klein 1991, S. 844.
649 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Gogo1l1995, S. 203ff.
650 Eine Ausnahme bildet hier die Instandhaltung: Nachbesserungen - beispielsweise bei fehlgeschlage-
nen Reparaturen - sind in einigen Fällen möglich.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 161
6" Vgl zu einer allgemeinen Darstellung der FMEA auch Edenhofer 1990, S 36ff
6'2 Vgl dazu Corsten 1985, S. 85ff.
,," Bei zeitraumbezogenen Dienstleistungen fragt der Leistungsnehmer die Dienstleistung über die ganze
Dauer der Verrichtung - dcr Intcgrationsdaucr - nach, so dass dem Anbieter diesbczüglich keine Va-
riationsmöglichkeiten offenbleiben. Dadurch erreichen die pro externer Faktor zu veranschlagenden
Zciteinhciten qualitätsbceinflusscndcn Charakter. Vgl Corsten 1988, S 86.
654 Vgl Altenburger 1980, S. 72. Derselben Ansicht ist auch Mcffcrt, der der allgemeinen Betriebswirt-
Im folgenden wird ein Modell, welches diesen Ansprüchen gerecht wird, vorgestellt. In
einem weiterführenden Schritt wird dieses Modell auf die Produktion von schienenge-
bundenen Verkehrsleistungen und die Erstellung von Instandhaltungsleistungen
angewendet. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden die bei den Modelle mit-
einander verknüpft und zu einem Gesamtmodell komprimiert.
655 Gerade bei Reisen nimmt der Faktor Zeit eine fundamentale Stellung ein. Vgl. Maleri 1994, S. 151f.
656 Einen Überblick über einen !Ur die Dienstleistungsbranche symptomatischen Problemkatalog gibt
Scheuch 1982, S. 63ff.
651 Vgl. Altenburger 1980, S. 66. Ähnliches kann !Ur die Beurteilung der Qualität festgehalten werden:
Die im Sachgüterbereich entwickelten Kenntnisse !Ur die Erfassung und Kontrolle der Qualität kön-
nen nicht unmodifiziert auf den Dienstleistungsbereich angewendet werden. Vgl. StausslHentschcl
1991, S. 243.
3. Kapitel Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 163
Mit Hilfe dieses Modells lassen sich Fremdbezüge ebenso veranschaulichen, wie die
Veräusserung von Zwischenprodukten erklärt werden kann. Das Ergebnis jeder
beliebigen Stufe - mit Ausnahme der letzten - kann entweder als derivativer Potential-
faktor der nächstfolgenden Stufe zugeführt oder direkt veräussert werden. Eine
Veräusserung bedingt jedoch gemäss Definition immer den Einbezug eines externen
Faktors. Somit ist eine Veräusserung nur nach den Stufen möglich, nach denen die
Kombination des derivativen Potentialfaktors mit den vom Abnehmer zur Verfügung
gestellten Produktionsfaktoren - den externen Produktionsfaktoren - ein verkäufliches
Produkt ergibt
Wird der Begriff Produktionsfaktor weit gefasst, so muss zwischen ongmären und
derivativen Produktionsfaktoren unterschieden werden. Originäre Produktionsfaktoren
werden als eigentliche Inputs verstanden, die in den Erstellungsprozess eintliessen658 .
Derivative Produktionsfaktoren entstehen durch Kombination von originären, teilweise
aber auch derivativen Produktionsfaktoren. Sie stellen keine Endprodukte dar, sondern
werden in weiterflihrenden Kombinationsprozessen eingesetzt Aus originären und
derivativen Produktionsfaktoren, die in den Kombinationsprozess eingebracht werden,
entsteht mittelbar oder unmittelbar das Endprodukt Dienstleistung.
Damit die in den einzelnen Stufen erzeugten Potentialfaktoren für die Produktion der
weiteren Potentialfaktoren oder herzustellenden Dienstleistungen genutzt werden kön-
nen, müssen die Potentialfaktoren leistungsbereit gehalten werden. Diesbezüglich gilt
es zwischen leistungsbereiten und nicht leistungsbereiten Potentialfaktoren zu unter-
scheiden. Die Herstellung der Leistungsbereitschaft erfolgt durch Kombination von
nicht leistungsbereiten Potentialfaktoren mit verschiedenen originären Potentialfakto-
ren.
Die Dienstleistungsproduktion der Eisenbahn erstreckt sich auf Personen- wie Güter-
transporte662 . Für die Erstellung dieser Dienstleistungen wird einerseits eine Betriebs-
leitung, andererseits ein Schienennetz mit den dazugehörigen Elementen benötigt. Von
besonderer Bedeutung fur die Erstellung von Schienenverkehrsleistungen sind die
beiden Unternehmensbereiche Traktion und Werke663 . Die Traktion ist mit der
Bereitstellung der Lokomotiven, dem Einsatz der Triebfahrzeuge sowie Waggons und
dem Einsatz der Triebfahrzeugführer betraut. Aufgrund ihrer Position - vor allem
durch die Auswahl der Triebfahrzeuge - erlangt die Traktion einen entscheidenden
Einfluss auf die Möglichkeiten der Produktgestaltung und auf das Angebot des
660 Vgl. zur Anwendung des Modells auf die Erbringung von Schienenverkehrsleistungen ebenda, S.
123ff.
66\ Zu einem Entwurf eines Produktionsfaktorsystems fur Verkehrsbetriebe siehe auch die Ausfuhrun-
gen von Corsten 1985, S. 65ff.
662 Bei der Produktion von Ortsveränderungen im Personen- oder Güterverkehr werden die zu beför-
dernden Personen oder Güter zu primären Lcistungsobjekten des Verkehrsbetriebes. Die Produktion
von Verkehrsdienstleistungen erfordert in der Regel jedoch eine aktive Mitwirkung der Beförderten.
Vgl. Maleri 1994, S. 144.
663 Vgl. Wolters 1993, S. 513f.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 165
Dienstleisters Bahn. Der Bereich Werke ist die eigentliche Fahrzeugwerkstatt. Dieser
Bereich ist zuständig für die Instandhaltung der Schienenfahrzeuge in Betriebs- (Bw)
und Ausbesserungswerken (AW). Der Auftraggeber der Werke ist der Bereich Trak-
tion, der gleichzeitig Halter der Fahrzeuge ist und somit den Umfang der Instandhal-
tungsaktivitäten festlegt. Der Bereich Werke steht der Traktion mit seinem Instandhal-
tungs-Know-How beratend und unterstützend zur Seite664 .
Der Begriff Schienennetz steht stellvertretend für alle Einrichtungen, die es zur
Leistungserstellung bedarf. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise Schienen,
Brücken, Tunnels, Sicherungs- und Signalanlagen, Abfertigungsstellen, Verschiebe-
plätze etc. zu nennen. Bei diesen Komponenten handelt es sich um Potentialfaktoren,
die auf die Gesamtheit der zu erstellenden Dienstleistungen ausgerichtet sind. Sind sie
noch nicht in leistungsbereitem Zustand, so können sie der Stufe eins des Modells
zugeordnet werden. Die aufgeführten Potentialfaktoren können von der Eisenbahnge-
sellschaft selber oder durch Fremdvergabe erzeugt werden, an ihrer Erstellung ist eine
Vielzahl von originären Produktionsfaktoren beteiligt.
Durch den Einsatz von Personal zur Abfertigung der Passagiere, zur Bedienung der
Anlagen oder zur Sicherstellung des Betriebes, sowie durch die Bereitstellung der
Energieversorgung für die Anlagen etc. wird die Leistungsbereitschaft der in Stufe eins
genannten Potentialfaktoren hergestellt. Dies entspricht der Stufe zwei des Modells.
Die in den Stufen eins und zwei beschriebenen Potentialfaktoren sind häufig weder auf
bestimmte Leistungen, noch auf bestimmte Arten von Leistungen ausgerichtet. Viele
Potentialfaktoren können für verschiedene Arten von Leistungserstellungen eingesetzt
werden.
Bahnhöfe z.B. sind nicht nur Einrichtungen zur Abfertigung von Personen, zu ihnen
gehören auch Bahnsteige, Wartesäle, Aufenthalts- und Lagerräume, Fahrzeuge zur
Verladung von Reisegepäck, lnfonnations- und Verkaufsschalter etc. Für den Güter-
transport hingegen werden Zufahrtsrampen, Lagerhallen, Verladeeinrichtungen etc.
664 Bezüglich der Verfugbarkeit der Lokomotivflotte ist festzuhalten, dass eine IOO%-ige Verfugbarkeit
praktisch nicht möglich ist, und wenn sie möglich wäre, wäre sie mit einem immensen finanziellen
AufWand verbunden. Deshalb muss der Verfugbarkeitsgrad unter den gegebenen Operationsbedin-
gungen festgelegt werden. Vgl. Cataldi 1992, S. 35ft'.
166 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Bezüglich der Schienenfahrzeuge stellt sich ein anderes Bild ein: Sie sind nicht
universell, aber auch nicht nur für eine bestinunte Art der Leistungserstellung ver-
wendbar. Es kann von einer Ausrichtung auf eine bestinunte Art der Leistungserstel-
lung ausgegangen werden. Die Ausrichtung auf beschränkte Arten der Leistungserstel-
lung manifestiert sich unter anderem in der Vielzahl der verwendeten Typen: Diesbe-
züglich werden Schnellzuglokomotiven, Güterzuglokomotiven, Triebwagen, Schienen-
busse etc. unterschieden. Bei den Wagentypen sind Schlaf-, Liege-, Speise- und
Personenwagen sowie eine grosse Anzahl an Spezialgüterwagen zu nennen. Ein Teil
der Lokomotiven kann zum Personen- oder Gütertransport herangezogen werden, doch
sind der Universalität Grenzen gesetzt, so dass insgesamt von einer Ausrichtung auf
eine bestinunte Art der Leistungserstellung gesprochen werden kann.
Die Erstellung der Verfügbarkeit auf dem Schienennetz am richtigen Ort bedingt den
Einsatz weiterer Produktionsfaktoren ausser den Schienenfahrzeugen selbst. Deshalb
stellt die Verfügbarkeit einen derivativen Potential faktor dar. Die Herstellung des
derivativen Potentialfaktors Verfügbarkeit, gemeinsam mit der Produktion der anderen
derivativen Potentialfaktoren macht die Stufe drei des Modells aus. Sie befinden sich
allerdings noch nicht in leistungsbereitem Zustand.
Der Personenverkehr - teilweise auch der Güterverkehr665 - wird zum grössten Teil
nach Vorgaben des Fahrplans abgewickelt666 . Der Fahrplan begründet die Verbind-
lichkeit der Zugfuhrung; ein angekündigter Zug wird ohne Rücksicht auf die tatsächli-
che Auslastung geführt667 . Mit diesem Anspruch ist die Schwierigkeit verbunden,
Aussagen bezüglich der voraussichtlichen Auslastung des Zuges machen zu können.
Dieser Sachverhalt findet wiederum Niederschlag in der zur Verfügung gestelIten
Kapazität. Jeder geführte Zug stelIt einen derivativen Potentialfaktor dar. Dieser
derivative Potentialfaktor wird unter anderem durch Kombination der Verfugbarkeit
der Schienenfahrzeuge mit den Arbeitsleistungen des Lokführers und der Antriebs-
energie für die Zugmaschine erzeugt. Da jeder geführte Zug auf eine Mehrzahl von
verschiedenen Verkehrsleistungen ausgerichtet ist, fällt das Führen von Zügen in die
Stufe fünf des Modells.
Die Ausstattung des Zuges mit dem für die Betreuung der Reisenden benötigten Zug-
und Speisewagenpersonal, mit Lebensmitteln, Wasser und alIenfalIs Wäsche sowie die
Beleuchtung, Beheizung oder Klimatisierung stellen die Stufe sechs des Modells dar.
Die Erstellung von Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen fällt ebenfalls in diese
Stufe.
Die Produktion der bei den letzten Dienstleistungsarten kann an externe Leistungs-
ersteller übertragen werden. Das Führen eines Zuges ist ein verkäufliches Zwischen-
produkt, das an einen Reiseveranstalter, Spediteur etc. veräussert werden kann.
Diesbezüglich ist nicht nur die Veräusserung eines ganzen, fahrplanmässigen Zuges
denkbar, es können auch an einen fahrplanmässigen Zug angehängte Wagen oder die
Führung eines kompletten Sonderzuges veräussert werden. Bei einer Veräusserung
besteht immer die Möglichkeit des Einsatzes eines externen Faktors; so kann der
665 Zu einer Darstellung der strategischen Chance, den Güterverkehr auf der Basis von fahrplamnässi-
gen Linienzügen abzuwickeln, sowie den damit verbundenen Implikationen fur das Produktionssy-
stem Bahn siehe auch die Ausfuhrungen von Buseh/Kuhn 1991, S. 375 und insbesondere S. 379.
666 Der Fahrplan ist dabei als ein wesentlicher Faktor fur die Instandhaltungsplanung anzusehen. Vgl.
Kozak 1987, S. 127. Zum Prozess der Fahrplanerstellung unter Berücksichtigung der Anforderungen
der Qualitätssicherung siehe Hertel 1994, S. 130f.
667 Aus diesem Grunde erlangt die Planung bei der Produktion von Dienstleistungen grösste Bedeutung.
Vgl. Maleri 1994, S. 185 und S. 214.
168 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Käufer der Leistung beispielsweise das zur Betreuung der Reisenden benötigte
Personal zur Leistungserstellung beisteuern.
Die Stufe sieben des Modells beinhaltet die Produktion der einzelnen Verkehrslei-
stung. Hauptbestandteil dieser Stufe ist die Nutzung des geftihrten Zuges oder meh-
rerer geführter Züge. Ausserdem werden noch einige weitere Faktoreinsätze benötigt:
Die Ausstellung der Fahrkarten oder Frachtpapiere668 , die zusätzliche Abnützung der
Schienenfahrzeuge und Bahnhofsanlagen sowie der zusätzliche Energieverbrauch sind
an dieser Stelle zu nennen. Im Bereich des Güterverkehrs kommt die Nutzung von
weiteren Potentialfaktoren - beispielsweise der humanen Arbeitskraft fUr das Be-, Um-
und Entladen von Waggons - hinzu. Für die Erstellung dieser Leistungen können
externe Produktionsfaktoren herangezogen werden.
668 Der Einsatz von materiellen Trägerrnedien bei der Dienstleistungsproduktion bedeutet keineswegs
eine Konkretisierung der Dienstleistung in diesen Trägermcdien. Derartige Medien sind nieht mit der
Dienstleistung identisch, sie stellen lediglich ihr materielles Substrat dar. Vgl. ebenda, S 161
669 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Altenburger 1980, S 170ff.
3. KapiteL Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 169
Die Arbeitsräume, inklusive allfalliger Nebenräwne, die zur Erbringung der Leistung
benötigt werden, stellen die Stufe eins des Modells der Dienstieistungsproduktion dar.
Damit wird impliziert, dass die Sachgüter, an denen die Instandhaltungsleistungen
erbracht werden, in diese Räumlichkeiten verbracht werden können. Dies trifft im
Normalfall für mobile Anlagen einer Bahngesellschaft zu. Die Arbeitsräwne dürfen
sich allerdings noch nicht in leistungsbereitem Zustand befinden, damit sie der Stufe
eins zugeordnet werden. Eine Ausgliederung dieser Stufe - etwa durch Benützung von
gemieteten Räwnen - ist möglich.
Die Stufe zwei beinhaltet die Erstellung der Leistungsbereitschaft dieser Räume. Dazu
gehören Beleuchtung, Beheizung, Klimatisierung, Reinigung, Instandhaltung etc. Der
Teil der Ausstattung, der auf keine bestimmten Arten von Reparatur-, Wartungs- und
Reinigungsleistungen ausgerichtet ist, ist ebenfalls der Stufe zwei zuzuordnen.
derivative Potential faktoren darstellen. Die derivativen Potential faktoren sind auf
bestimmte Arten von Instandhaltungsleistungen ausgerichtet. Ihre Erstellung fallt in die
Stufe drei des Modells. Aber auch die Leistungen, die zur Verfugbarkeit von Werk-
zeugen und Geräten - für Diagnosen, Funktionskontrollen etc. - führen, sind Bestand-
teile der dritten Stufe.
Die Stufe vier des Modells beinhaltet alle Massnahmen, die als Vorsorge zur Durch-
flihrung der Instandhaltungsaktivitäten bezeichnet werden. Konkret sind das Vorhan-
densein des entsprechend ausgebildeten Fachpersonals, die Einsatzbereitschaft der
Werkzeuge und Geräte, die Bereitstellwlg von Energie 670 , Reparaturmaterial, Ersatz-
teilen, Reinigungsmitteln etc. zu nennen.
Die menschlichen Arbeitsleistungen stehen im Mittelpunkt der Stufe flinf des Modells.
Dieselben sind jedoch noch nicht in leistungsbereitem Zustand; dies wird durch den
Übergang von der Herstellung der Bereitschaft zur tatsächlichen Ausführung der
Instandhaltungsleistungen ausgedrückt. Weiteres Kennzeichen ist die Anwesenheit
aller zur Durchflihrung der Instandhaltungsmassnahmen benötigten Mitarbeiter, bzw.
die Einsatz- oder Abrufbereitschaft derselben.
Die Stufe sechs des Modells ist erreicht, wenn die Arbeitsräume flir die Ausführung
der lnstandhaltungsmassnahmen bereit stehen. Dazu gehört unter anderem die Be-
leuchtung, Beheizung oder Klimatisierung der Räumlichkeiten.
Die Erbringung der physischen Instandhaltungsleistung stellt die Stufe sieben des
Modells dar. Zur Erbringung der Leistungen werden die Leistungsbereitschaft und
weitere Faktoreinsätze genutzt. Die Faktoreinsätze ergeben sich aufgrund der Abnut-
zung von Werkzeugen und Geräten, aber auch die Verbräuche an Reparaturmaterial,
Ersatzteilen und Reinigungsmitteln tliessen als Faktoren in die Leistungserstellung ein.
Auf die Möglichkeit des Einbezuges von externen Produktionsfaktoren sei an dieser
Stelle mit dem Vermerk hingewiesen, dass diese Konstellation für den Untersuchungs-
gegenstand Bahngesellschaft kaum Relevanz erlangt.
670 Energieträger aller Art - insbesondere Betriebsstoffe fur Fahrzeuge - fliessen als HIlfs- und Be-
triebsstoffe in die DienstIeistungsproduktion ein. Diese Hilfs- und Betriebsstoffe werden aueh fur die
Heizung, Beleuchtung sowie den Betrieb von Aggregaten eingesetzt. Vgl. Malcri 1994, S 160
3. Kapitel Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 171
Die Einführung von TPM schlägt sich in Veränderungen und Modifikationen der
Stufen drei und vier nieder. Die Stufe drei beinhaltet die Verfahren, die zur Lei-
stungserstellung fUhren. TPM zieht eine Veränderung dieser Verfahren nach sich; als
Beispiel sei hier der Aufbau von autonomen Kleingruppen genannt. Durch die Verla-
gerung der einfachen Instandhaltungsaufgaben vom Instandhalter zum Produktions-
mitarbeiter findet ebenfalls eine Modifikation der Verfahren statt. Der Bereitstellung
von Werkzeugen und Geräten - insbesondere Diagnosegeräten - kommt mit der
EinfUhrung der präventiven Instandhaltung eine enorm wichtige Funktion zu. Eine
weitere Veränderung erfahren die Methoden der Stufe drei mit der EinfUhrung der
Rückkopplung von Instandhaltungsdaten. Das Feed-Back der Informationen führt zu
einer Modifikation der angewendeten Instandhaltungstechniken, es findet eine Inten-
sivierung der Beziehung zwischen Instandhaltung und Produktion statt.
Die Stufe vier bezieht sich speziell auf das Fachpersonal, welches für die Erbringung
der Instandhaltungsleistungen eingesetzt wird. Die Veränderungen, die in diesem
Bereich von TPM ausgehen, zeigen sich in der Durchftihrung zahlreicher Schulungs-
massnahmen. Ein Ziel von TPM ist es, die Qualifikation der Beschäftigten fortlaufend
zu verbessern, somit also besser ausgebildetes Fachpersonal für die Leistungserstellung
bereithalten zu können.
3.1.6. Zusammenfassung und Würdigung der beiden Modelle zur Produktion von
Dienstleistungen
Das Ergebnis der vorangehenden Überlegungen führt zu der Erkenntnis, dass die
Herieitung eines spezifischen Modells, welches die Beschreibung der Produktion von
Dienstleistungen zum Ziel hat, notwendig ist. Den Besonderheiten der Dienstlei-
stungsproduktion trägt das Modell der Dienstleistungsproduktion in adäquater Weise
Rechnung. In den nachfolgenden Abschnitten erfolgt eine Verschmelzung der beiden
diskutierten Modelle zu einem Gesamtrnodell, das die Einflüsse von Qualitätsverbesse-
rungen in der Instandhaltung auf die Produktion der Dienstleistung Personentransport
abbildet.
Die Anpassungsfahigkeit des Modells für die Produktion von Dienstleistungen offen-
bart sich in der Verknüpfungsmöglichkeit der verschiedenen Stufen. Ausgehend von
der Betrachtungsweise einer Bahngesellschaft als prioritärer Dienstleister, kann die
172 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Die Stufe eins des Modells setzt sich aus noch nicht leistungsbereiten Potentialfaktoren
zusammen, die auf die Gesamtheit der zu produzierenden Dienstleistungen ausgerich-
tet sind. Dazu zählen das Schienennetz, Brücken, Tunnels, Nachrichten-, Sicherungs-
und Signalanlagen, Abfertigungshallen, Verschubplätze etc. Diese Potentialfaktoren
werden von den Bahngesellschaften üblicherweise unter Verwendung originärer
Produktionsfaktoren selbst erstellt.
In der Stufe zwei des Modells wird die Leistungsbereitschaft der oben aufgeführten
Potentialfaktoren herbeigeführt. Dies wird unter anderem erreicht, indem die Fahr-
drähte und Signalanlagen mit Strom versorgt werden, Personal zur Abwicklung und
Betreuung der Fahrgäste und/oder Güter aufgeboten wird, die Benutzbarkeit der
Schienenwege sichergestellt wird etc.
Die Stufe drei des Modells ist durch die Herstellung von derivativen Potentialfaktoren,
die sich in noch nicht leistungsbereitem Zustand befinden, gekennzeichnet. Insbeson-
dere die Herbeiführung der Verfügbarkeit - die einen derivativen Potentialfaktor
darstellt - fallt in diese Stufe. Die Herstellung von Verfugbarkeit bedeutet, dass die in
der Stufe eins und zwei aufgeführten Potentialfaktoren auf bestimmte Leistungen oder
auf bestimmte Arten von Leistungen ausgerichtet werden. Damit ist beispielsweise die
sinnvolle Kombination von Lokomotiven, Waggons und Schienennetz angesprochen:
Für einen IC oder EC können nicht beliebige Waggons von einer beliebigen Lok über
einen beliebigen Fahrweg gezogen werden671 . Eine sinnvolle Kombination äussert sich
diesbezüglich in der Bereitstellung von klimatisierten Schnellzugwaggons, die von
einer Schnellzuglok über eine für Hochgeschwindigkeit ausgerüstete Strecke gezogen
werden. Die Ausrichtung auf eine bestimmte Art von Leistung bedingt die Verfügbar-
keit von dafür geeigneten Produktionsfaktoren, die zu derivativen Potentialfaktoren
671 Zu den Qualitätsanforderungen, welche an einen EuroCity-Zug gestellt werden, siehe auch die Aus-
fuhrungen von Ahlen 1991, S 859ff
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 173
kombiniert werden können. Die Herstellung der Verfugbarkeit bedeutet weiter, an der
richtigen Örtlichkeit die zur Leistungserstellung benötigten Produktionsfaktoren bereit
zu halten.
In der Stufe vier des Modells wird die Leistungsbereitschaft dieser Potentialfaktoren
hergestellt. Dazu gehört auf der einen Seite die Beheizung, Klimatisierung oder
Beleuchtung der Gebäude, auf der anderen Seite die Instandhaltung der Schienenfahr-
zeuge.
Die Stufe 4a konkretisiert sich vor allem in der Bereitstellung von Arbeitsräumen, in
denen Instandhaltungsleistungen und komplementäre Leistungen erbracht werden
können.
In der Stufe 4b werden diese Räume in einen leistungsbereiten Zustand gebracht. Dazu
gehört hauptsächlich die Beleuchtung, Beheizung und Reinigung der Räumlichkeiten.
Ebenfalls fällt die Ausstattung der Räume, die nicht auf bestimmte Arten von Repara-
tur-, Wartungs- und Reinigungsleistungen ausgerichtet sein darf, in diese Stufe.
machen von Werkzeugen und Geräten - insbesondere von Apparaten zur Diagnose und
Funktionskontrolle - ist Bestandteil der Stufe 4c.
Die Stufe 4d kann mit Vorsorge für die Durchftihrung der Instandhaltungsprogramme
umschrieben werden. Dazu gehören beispielsweise die Einsatzbereitschaft des Fach-
personals und der notwendigen Geräte inklusive der Bereitstellung von Energie,
Ersatzteilen, Reparaturmaterial etc.
Die Stufe 4f beinhaltet unter anderem die Beleuchtung, Beheizung oder Klimatisierung
der Räumlichkeiten, in denen die physischen Instandhaltungsleistungen erbracht
werden.
Die Stufe ftinf des anfanglichen Modells der Dienstleistungsproduktion, welches die
Erbringung von Schienenverkehrsleistungen beschreibt, manifestiert sich hauptsächlich
in der Führung von Zügen, denn jeder Zug ist grundsätzlich auf eine Mehrzahl be-
stimmter Verkehrsleistungen ausgerichtet. In diese Stufe fällt unter anderem die
Realisation des fahrplanmässigen Verkehrs und die Disposition des benötigten Zug-
raumangebots. Jeder geftihrte Zug ist als derivativer Potentialfaktor aufzufassen, der
aus der Nutzung der Verfugbarkeit der Schienenfahrzeuge, der Antriebsenergie für das
Triebfahrzeug sowie der Arbeitsleistung des Lokführers besteht.
Die Stufe sechs umfasst das Aufgebot des zur Betreuung der Fahrgäste notwendigen
Personals, die Ausstattung des Zuges mit Wasser, Papier etc. sowie die Beleuchtung,
3. Kapitel. Dicnstlcistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 175
Die Stufe sieben des Modells der Dienstleistungsproduktion wird durch die Produktion
der einzelnen Verkehrsleistungen gebildet. In diese Stufe flies sen die Nutzung des
geftihrten Zuges und weitere Faktoreinsätze - beispielsweise die Ausstellung der
Fahrkarten/Frachtpapiere oder die zusätzliche Abnutzung der Schienenfahrzeuge - ein.
Gegebenenfalls fallt die Nutzung weiterer Potentialfaktoren, etwa menschlicher
Arbeitskräfte für die Be-, Um- oder Entladung von Gütern, in diese Stufe.
Schienenverkehrsleistung Instandhaltungsleistung
Stufe 1 Stufe 4a
Produktionsfiiktor: J)roduktionsfaktor
Schienennetz AllgemeIne Arbcltsräwnc
1 1
Stufe 2 Stufe 4b
"',' Produktionsfaktor: Ausstattung der
Personal J\rbcltsräumc
1 1
Stufe 3 Stufe 4c
VerfUgbarkeit Verfahren zur
Schienenfahrleuge III-l,clstlmgscrstcllung
1 1
Stufe 4 Stufe 4d
t---+ 13eleuchtllilg, Klima, VorbereItungen tUT Durch-
Instandhaltung fithrlUlg der UI-LelstwIgen
1 1
Stufe 5 Stufe 4e
Energie, Fahrplan, BereItschaft zur I~rstcllung
Zugführer der lB-Leistungen
1 1
Stufe 6 Stufe 4f
Persoual, VC'I1'flcgllilg, SpcLlfischc Räwnc lUf
Wäsche lll-Lcistungserstcliung
1 1
Stufe 7 Stufe 4g
Produktion J~rbf1ngung phYSische
VerkehrslcIstllllg lnstandhaltungslclstung
y
, ". Indirekte Rückkopplung
Direkte Rückkopplung
Bezüglich der Einführung von TPM lässt sich aufführen, dass die Integration des
Bereiches Instandhaltung in die übrigen Unternehmensbereiche zum erklärten Ziel
gemacht wird. Die im Modell vorgenommene Verknüpfung der Instandhaltung mit der
Produktion von Schienenverkehrsleistungen unterstützt diese Bestrebungen. Infolge
der analytischen Vorgehensweise im Modell lassen sich ausserdem die Hauptansatz-
punkte von TPM identifizieren: Dieselben liegen in den Stufen 4c und 4d.
In der Stufe 4c stehen vor allem die Verfahren, die zur Erstellung der Instandhaltungs-
leistungen angewendet werden, im Mittelpunkt. Die Veränderung der Verfahren und
der modifizierte Einsatz der benötigten Technologie gehen mit der Implementierung
von TPM einher.
Die Stufe 4d ist gekennzeichnet durch die Vorsorge fur die Durchführbarkeit der
Instandhaltungsleistungen. Dazu gehört im wesentlichen die Bereitstellung des
benötigten Fachpersonals. Die Einführung von TPM ist untrennbar mit umfangreichen
Schulungsmassnahmen verbunden, die einerseits die Qualifikation der Beschäftigten
verbessern, andererseits die Verfugbarkeit der erforderlichen Fachkräfte sicherstellen.
3.2.1. Qualität
In modemen Industriegesellschaften zeichnet sich der tertiäre Wirtschafts sektor - der
Dienstleistungsbereich - durch einen erheblichen und wachsenden Anteil am Brutto-
sozialprodukt aus672 . Für industrielle Produkte bietet das Angebot von komplementä-
ren Dienstleistungen eine zusätzliche Möglichkeit der Differenzierung gegenüber
Qualität bedeutet soviel wie Beschaffenheit, Eigenschaft, Güte und Wert675 . Der
Begriff "Qualität" ist in der Literatur aber nicht eindeutig definiert676 . Dies wird
besonders im Verlauf der historischen Entwicklung des Begriffes deutlich 677 .
War "Qualität" ursprünglich technik- und herstellerorientiert und bezog sich auf die
fehlerfreie Funktion oder die Zuverlässigkeit des hergestellten Produktes, so wandelte
sich diese Sichtweise in Richtung Verwender678 . Dieser rückte ins Zentrum der
Betrachtungen. Mit der Verschiebung des Blickwinkels ging eine Subjektivierung des
Begriffes einher679 .
Als vorläufig letzte Stufe des Wandels schloss der Begriff "Qualität" die Kundenori-
entierung680 in die Definition ein681 . Der Kunde mit seinen Bedürfnissen wurde zum
Ankerpunkt der Qualitätsverbesserungen. Ausgehend von der Dominanz der Kun-
denorientierung trat eine verstärkte Subjektivierung ein, die auch in der DIN ISO Nonn
8402 zum Ausdruck kommt682 :
Qualität ist die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer
Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.
676 Vgl. zur Diskussion des Qualitätsbegriffs auch Schildknecht 1992, S. 23ff.
677 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen auch Seghezzi 1993, S. 5ff. Zu einer überblicksmässigen
Vgl. ebenda, S. 696. Danzer versteht Qualität als Attraktivität am Markt. Vgl. Danzer 1995, S. 2.
Vgl. zur verbesserten Attraktivität auf dem Markt als Konsequenz der Anstrengungen im Qualitäts-
bereich auch die Ausfiihrungen von Pink 1994, S. 223ff.
679 Diesbezüglich wird von einem kundenbezogenen Qualitätsbegriff gesprochen. Der Kunde definiert
die Qualität aufgrund seiner Wahrnehmung der Produkteigenschaften und Produktleistungen. Vgl.
dazu Meffert 1995, S. 198f.
680 Kundenorientierung ist in dieser Hinsicht als ein Muss aufzufassen. Vgl. Redtenbacher 1993, S. 160.
Dabei ist es unbedingt notwendig, dass die Kundenorientierung aus dem Gedankengut des Quali-
tätsmanagements abgeleitet wird. Vgl. Damm 1994, S. 108.
681 Besonders im Dienstleistungsbereich ist der Qualitätsbegriff in hohem Masse von der subjektiven
Die folgenden Punkte stellen Qualitätsmerkmale von Produkten dar, die Erfordernissen
aus Kundensicht entsprechen685 :
• Instandhaltbarkeit
• Zuverlässigkeit686
• Lebensdauer
• Sicherheit
• Funktionserfullung
• Leistung
• Handhabbarkeit
• Ausstattung
• EntsorgbarkeitfUmweitaspekte
• Prestige/Ästhetik
• Preis 687 /Lieferbarkeit
683 Grundsätzlich erfolgt eine Unterscheidung von direkten und indirekten Dienstleistungen. Unter direk-
ten Dienstleistungen werden alle unmittelbar durch den Endverbraucher genutzten Dienstleistungen
verstanden, während indirekte Dienstleistungen Produktionsfaktoren darstellen. Vgl. Maleri 1994, S.
23f.
684 Die Prozessqualität erlangt aber nicht nur bei der Herstellung der eigentlichen Produkte Relevanz, sie
gewinnt in einer zweiten Hinsicht zunehmend an Bedeutung: Der Grundnutzen eines Produkts wird
durch Zusatznutzen ergänzt, die auf produktunabhängige Leistungen zurückzufiihren sind. Vgl.
Frankenberger 1994, S. 148.
685 Vgl. dazu die Ausfiihrungen von Oess 1993, S. 38ff.
686 Die Zuverlässigkeit nimmt die Stellung eines der wichtigsten Kaufinotive ein, Marktuntersuchungen
im Bereich der Kraftfahrzeugindustrie zeigen, dass die Zuverlässigkeit des Kraftfahrzeuges sogar
das oberste Kaufinotiv ist. Vgl. Westkämper 1991, S. 2. Im Bereich der Eisenbahnen ist ähnliches
festzustellen: Die Zuverlässigkeit ist als der wichtigste Faktor im Wettbewerb um den Kunden anzu-
sehen. Vgl. Carpenter 1994, S. 41.
687 Für die Beurteilung der Qualität der erbrachten Leistung eines Bahnunternehmens ist jedoch zu be-
achten, dass der Preis lediglich ein Faktor des aus mehreren Elementen zusammengesetzten
180 3. Kapitel. Dienstleistungsproduktion und DienstIeistungsqualität
Mit diesem Anforderungskatalog an ein Produkt wird deutlich, dass der Kunde zum
grössten Teil alleiniger Assessor für die Qualität des Produktes ist688 . Die Problematik
eines derart von Subjektivität geprägten Bergriffes liegt in der objektiven Messbar-
keit689 . Eine objektive Messung der Bedürfnisbefriedigung wird damit praktisch
verunmöglicht690 .
Der Relativität und Dynamik des Begriffes Qualität muss Beachtung geschenkt
werden, denn aufgrund der Hervorbringung von neuen, innovativen Produkten werden
über die Zeit veränderte Erwartungen und damit modifizierte Ansprüche an die
Produkte gestellt.
QualitätsbegrifTe
~l~
absolut produkt- kunden- her- wert-
orientiert orientiert stellungs- orientiert
orientiert
Abb.3.2. Qualitätsbegriffe
"Wertpaketes" Qualität ausmacht. Dieses vom Käufer wahrgenommene Paket setzt sich vor allem
aus der Zuverlässigkeit, der Qualität und Verfugbarkeit der Betriebsmittel sowie der Kundenfreund-
lichkeit zusammen. Vgl. Murray 1991, S. 51ff.
688 Nur der Kunde entscheidet über die Qualität der erbrachten Leistungen, somit ist er der alleinige
Gradmesser fur die Qualität. Vgl. Scheel 1991, S 528. Des weiteren bleibt festzuhalten, dass der
Begriff Qualität die 100%-Erfullung der Anforderungen und Erwartungen aus Kundensicht im je-
weiligen Segment beinhaltet und nicht die Erfullung des theoretisch maximal Möglichen. Vgl. Dan-
zer 1995, S. 141
689 Die Problematik der Messbarkeit, bzw. der Beurteilung der Qualität hängt damit einerseits von intra-
individuellen, andererseits aber auch von interindividuellen Schwankungen ab. Vgl. Corsten 1988, S
85f. Zu derselben Problematik im Hinblick auf den DienstIeister Bahn siehe auch die Ausfuhrungen
von Ahlert 1991, S. 861 f. Zu Ansätzen zur Messung der Dienstleistungsqualität und den sich daraus
ergebenden Implikationen fur die Steuerung siehe auch Benkenstein 1993, S. 1095ff.
690 Vgl. Maleri 1994, S. 106.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 181
lungsorientiert bezieht sich auf den Herstellungsprozess und wertorientiert stellt eine
Beziehung zwischen der Qualität und dem Preis her.
Die kontroverse Diskussion hinsichtlich der Qualitätsbegriffe endet mit dem Ergebnis,
dass verschiedene Begriffe gleichzeitig nebeneinander verwendet werden691 .
Die Qualität eines Produkts ist ein strategischer Erfolgsfaktor, der einen wesentlichen
Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet693 . Seghezzi694 sieht die Qualität als eines der
wichtigsten Erfolgspotentiale an, welches in Europa zum wichtigsten, erfolgsdetermi-
nierenden Faktor überhaupt avancieren kann. Die Gründe flir diese Entwicklung liegen
vor allem im hohen Qualitätsbewusstsein der Konsumenten, aber auch in der Tradition
der europäischen Unternehmen, eine hohe Produktqualität anbieten zu können und zu
wollen. Der Ursprung hoher Qualitätsstandards liegt somit überwiegend in Europa.
faktor im Wettbewerb. Vgl. StausslHentschcl 1991, S. 238. Dass Qualitätsfuhrerschaft eine der
Kernstrategien der langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolges und somit des Unternehmens-
bestehens darstellt, wird von den Erkenntnissen aus dem PIMS-Projekt (Profit Impact of Market
Strategies) untermauert. Vgl. Maleri 1994, S. 108. Zum Zusammenhang zwischen Produktqualität
und Profitabilität bei Fluggesellschaften siehe auch die Ausfuhrungen von Rose 1990, S 944ff Der
grundlegende Kausalzusammenhang zwischen Produktqualität, Marktanteil und Rentabilitat diffe-
riert jedoch je nach Branche. Grundsätzlich wurden aber ähnliche Ergebnisse mittels einer Adaption
der PIMS-Studic auch fur Industrieunternehmen in Deutschland gefunden. Vgl. Fritz 1994, S. 1049
und S I052ff Zum Zusammenhang zwischen der Produkt- und/oder Dienstleistungsqualität und den
finanziellen Kennzahlen der Unternehmung siehe auch Liswood 1989, S. 42. Vgl. zur Qualität als
strategischer Erfolgsfaktor im Dienstleistungsbereich auch Sobotka-Hirnthaler 1995, S. 18ff.
694 Vgl. Seghezzi 1992b, S 5ff. Der gleichen Meinung ist auch von Feiten 1988, S. 90.
182 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Auf der Gegenseite dieser Vorzüge stehen die Gefahren und Problematiken, die mit zu
hohen Kosten, zu vielen Vorschriften, zu langsamen Prozessen und dem globalen
Markt verbunden sind. Diesen Herausforderungen mit adäquaten Gegenmitteln zu
begegnen, ist Aufgabe des Qualitätsmanagements.
3.2.2. Qualitätsmanagement
In der jüngeren Vergangenheit hat das Thema "Qualität" einen wichtigen Platz in der
Diskussion um zeitgemässe Managementphilosophien eingenommen. Neuere Mana-
gementkonzepte unterstreichen die Wichtigkeit eines umfassenden Qualitätsmanage-
ment-Systems fur den unternehmerischen Erfolg695 .
Das Qualitätsmanagement widmet sich grundsätzlich zwei Zielen: Auf der einen Seite
soll der Kunde einen maximalen Nutzen aus der Verwendung des Produktes gewinnen
können696 . Auf der anderen Seite wird das Ziel, nur fehlerfreie Produkte anzubieten,
verfolgt. Beide Bestrebungen sind eng mit dem Qualitätsbegriff verknüpft.
7(1) Die Feststellung der Qualitätsleistung erfolgt unter anderem mittels eines Audits. Mit einern Audit-
System wird auf der Basis von Stichproben überprüft, ob die gesetzten Qualitätsstandards - damit
also die Vorgaben des sclbstauferlcgten Qualitätskontrollsystems - eingehalten werden. Grundsätz-
lich lassen sich Produkt-Audit und Prozess-Audit unterscheiden. Vgl. Danzer 1995, S 53ff. und
107ff
701 Die praktische Umsetzung der ISO 9000 Normen wird mit einern Qualitätsmanagementhandbuch ge-
regelt. Dieses besitzt für das gesamte Unternehmen Gültigkeit und dient als Grundlage fur den Auf-
bau eines Qualitätssicherungssystems. Vgl. Kerbler 1994, S. 134.
702 Vgl. zur Kunden-Lieferanten-Beziehung in der Instandhaltung auch die Ausfuhrungen von Redten-
von planmässigen Qualitätsprüfungen, die Kosten von festgestellten Fehlern sowie die Kosten der
externen Qualitätsmanagement-Darlegung. Vgl. HaufffPatzschke 1995, S. 1033. Wicher versteht
unter Qualitätskosten das Bewertungsergebnis desjenigen Verbrauchs von Gütern und Dienstleistun-
gen, der durch die Planung, Prüfung, Steuerung und Förderung der Qualität verursacht, bzw. den
Qualitätsanpassungs- und Qualitätssicherungsaktivitäten zugeschrieben wird. Vgl. Wicher 1992, S.
557.
704 Die Dokumentation von Zielen und Verantwortungsbereichen mittels eines Qualitätshandbuches, die
Erstellung von Qualitätsberichten und -statistiken sowie die Durchfuhrung von Qualitätsaudits fallen
nach Meffert unter den Begriff Qualitätsmanagementdarlegung. Vgl. Meffert 1995, S. 240ff.
M Zum aktIven Management der Kundenzufriedenheit - Customer Satisfaction Management CSM -
siehe auch Kohlbacher 1993, S 351ff.
706 Vgl. Däfler 1995. S. 57.
184 3. Kapitel: Dienstieistungsproduktion und Dienstieistungsqualität
~ 1~
Führungs- Qualitäts- Qualitäts- Qualitäts- Qualitäts-
funktion planung lenkung sicherung förderung
Die Einführung der integrierten Qualitätsplanung und -lenkung ist eine Methode zur
Unterstützung der Null-Fehler-Produktion. Die Null-Fehler-Produktion bedingt die
Realisierung von präventiven Massnahmen 707 . Diese Massnahmen beeinflussen direkt
die Qualität der Prozessketten und wirken indirekt auf die Produktqualität. Ist als Ziel
die Produktion von fehlerfreien materiellen oder immateriellen Produkten definiert, so
muss eine fehlerfreie Produktion in jedem Prozessschritt erfolgen. Dieses Vorgehen
stellt sicher, dass ein fehlerfreies Produkt an den internen, wie auch externen Kunden
abgeliefert wird. Prozessstörungen verursachen in der Regel Produktfehler, deshalb
bedeutet die Forderung "Null-Fehler" gleichzeitig "Null-Störungs-Produktion" und
"Null-Schäden-Produktion". Die integrierte Qualitätsplanung und -lenkung trägt zur
Erfüllung dieser Forderungen bei.
707 Brunner propagiert eine jährliche Verschärfung der Sollwerte. Immer niedrigere Fehlervorgaben fuh-
ren schlussendlich in die Nähe von Null-Fehlern, eine conditio sine qua non fur eine modeme Pro-
duktionslogistik und hohe Produktivität. Vgl. Brunner 1992, S 79.
708 Vgl. dazu die Ausfuhrungen von Seghezzi 1992a, S. 8ff.
709 Ein zentrales personal politisches Instrument, das zur Qualitätslenkung herangezogen werden kann,
findet sieh in den Qualitätszirkeln. Ziel ist es, das Problemlösungspotential der Mitärbeiter aktivieren
und ausschöpfen zu können. Vgl. Meffert 1995, S. 239.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 185
Die Elemente des Qualitätsmanagements sind nicht als autarke, selbständig handelnde
Einheiten aufzufassen, sie bedürfen der Koordination, welche durch eine Führungsin-
stanz wahrgenommen wird. Die Aufgaben der Qualitätsführung sind717 :
• Erarbeitung von Qualitätskonzepten unter Berücksichtigung der unternehmerischen
Vorgaben und Umsetzung dieser Konzepte entsprechend den Erfordernissen der
Qualitäts- bzw. Unternehmenspolitik.
• Fonnulierung von Qualitätszielen, die Eingang in die Strategieplanung finden.
710 Vgl. zu den Nachteilen der statistischen Qualitätskontrolle die Ausfuhrungen von NiekamplLumpp
1984, S. 675.
711 Dazu gehören beispielsweise die Produkthaftung, die Organisationshaftung oder die Umwelthaftung.
In diesem Sinne stellt das Qualitätssicherungssystem eine Art Schutzschild fur das Unternehmen dar.
Vgl. Pink 1994, S. 205.
m Danzer verwendet diesbezüglich den Begriff der präventiven Qualitätssicherung. Präventive Quali-
tätssicherung bedeutet, dass Änderungen an den Produkten während der Konzeptions- und frühen
Entwicklungsphasen angegangen werden. Vgl. Danzer 1995, S. 35f.
713 Vgl. Seghezzi 1994, S. 31 ff.
714 Zum Zusammenhang zwischen mangelhaften Leistungen eines Unternehmens und den sich daraus
ergebenden Konsequenzen fur das Image siehe auch Wicher 1992, S. 561.
71S Bezüglich des Kundenrisikos sind die folgenden funf Risikoarten, die insbesondere bei Dienstleistun-
gen auftreten, zu unterscheiden: Funktionales, finanzielles, physisches, psychologisches und soziales
Risiko. Vgl. Maleri 1994, S. 211 f.
716 Die Einfuhrung eines Qualitätssicherungssystems bringt die Grundlage fur die Optimierung der in-
ternen Abläufe und Prozesse mit sich. Vgl. dazu Pink 1994, S. 211.
117 Vgl. Seghezzi 1994, S. 41.
186 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
3.2.3. Qualitätskonzepte
Qualitätskonzepte sind die gedanklichen Gebäude, in denen sich die festgelegten
Ansprüche an die und die Ausprägungen der Qualität manifestieren. Aufgrund der in
der Literatur vorzufindenden Fülle der Konzepte wird an dieser Stelle nicht explizit auf
bestinunte Konzepte eingegangen. Eine überblicksmässige Darstellung soll hier
genügen, ein Anspruch auf Vollständigkeit liegt nicht vor7I9 .
Das Konzept der Qualitätsprüfung darf heute als obsolet bezeichnet werden. Den
Qualitätsspezifikationen nur mittels einer Endkontrolle gerecht werden zu wollen, ist
mit den gegenwärtigen Ansprüchen an die Qualität unvereinbar. Den Konzepten
118 Ein Qualitätsinformationssystem erlangt vor allem im Zusammenhang mit der Zurvcrfugungstcllung
von Qualitätsinformationen Bedeutung. Qualitätsinformationen können zusammenfassend als quali-
tätsbewgene Daten bezeichnet werden. Vgl. Kolleck 1995a, S. 45.
719 Zu einer kurzen, überblicksmässigen Darstellung einiger verschiedener Qualitätskonzepte siehe auch
die Ausfuhrungen von Butterbrodt 1995, S. 683.
720 Vgl. Seghezzi 1993, S. 21ft'.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 187
Im Gegensatz dazu stehen komplexe Konzepte wie "Company Wide Quality Control"
oder "Total Quality Management", die auf mehrfache Zielsetzungen und vielfältige
Verbesserungsaktivitäten ausgerichtet sind721 .
Die ISO Normenreihe 9000ff. bezieht sich auf Teile oder Teilsysteme eines umfassen-
den Qualitätssystems. Es werden Vorschläge für die Ausgestaltung eines Qualitätssi-
cherungssystems unterbreitet, die hauptsächlich im produzierenden Sektor angewendet
werden können725 . Die ISO Norm 9004726 , Teil zwei, hingegen beinhaltet unter
anderem einen separaten Teil, der Gestaltungsempfehlungen für Betriebe des Dienst-
leistungssektors enthält727 .
721 Vgl. dazu die weiterfuhrenden Darstellungen von Meffert 1995, S. 236ff.
722 Vgl. zur Entwicklung des Qualitätsmanagements und den Beziehungen zu den Vorstufen Qualitäts-
kontrolle sowie Qualitätssicherung auch die Ausfuhrungen von Jäger 1994, S. 9ff.
723 Vgl. zu einer Übersicht der DlN EN ISO Normenreihe 9000ff. und der Norm 8402 sowie den Folgen
und Auswirkungen der Überarbeitung aus dem Jahre 1994 auch die Ausfiihrungen von Kolleck
1995b, S. 936ff. Zu einer überblicksmässigen Darstellung der Normen ISO 9000ff. siehe auch
SchwickertiBeemelmann/KargI1995a, S. I 27ff. und 1995b, S. 207ff.
724 Vgl. zum Maleolm Baldrige Award und einem Vergleich der Kriterien dieses Preises mit der ISO
Normenreihe 9000ff. auch Homburg 1994, S. 24ff.
72S Die Qualitätssicherung ist als Prozess aufzufassen, der aus Regelkreisen besteht. Vgl. Eyer-
mann/Wagner 1995, S. 913.
726 Vgl. DIN ISO 9004,1990, Teil 2.
727 Vgl. zu einer überblicksmässigen Beschreibung der ISO 9000 Normen auch die Ausfuhrungen von
Kerbler 1994, S. 127ff.
188 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Qualitätspreise werden aufgrund erreichter Leistungen bei der Umsetzung der Quali-
tätskonzepte vergeben. Den zugrundegelegten Modellen kann somit der Charakter
eines Qualitätskonzepts attestiert werden. Auf sie wird nicht weiter eingegangen.
Die Forderungen "do it right the first time" und "zero defects" werden den Arbeiten
von Crosby728 zugeordnet. Qualität wird als die Erftillung der gestellten Anforderun-
gen definiert. In diesem Zusammenhang haben die Forderungen immense Bedeutung
für die Instandhaltung erlangt, denn TPM hat ebenfalls "zero defects" - das Streben
nach "Null-Störungen" - zur Maxime und "do it right the first time" kann mit der
Forderung nach der vollständigen Vermeidung jeglicher Art von Verschwendung in
Einklang gebracht werden. Für Crosby ist der Einbezug der Mitarbeiter von massge-
bender Bedeutung, was durch die Forderung nach stufengerechter Ausbildung der
Mitarbeiter Ausdruck verliehen bekommt. Die Flussrichtung der Verbesserungen ist
klar von oben nach unten, so dass dem Management eine besondere Vorbildfunktion
zugewiesen wird729 . Ebenso sind kontinuierliche Verbesserungsprozesse und vorbeu-
gende Massnahmen feste Bestandteile dieses Konzepts.
Das Konzept "Total Quality Control" wird auf Feigenbaum 730 zurückgeführt. Bei
diesem Konzept stellt die Qualität den ausschlaggebenden Faktor, der über Erfolg oder
Misserfolg im nationalen wie internationalen Wettbewerb entscheidet, dar. Die erhöhte
Sensibilisierung der Kunden versetzt dieselben in die Lage, selbst feinste Qualitätsun-
terschiede wahrzunehmen. Dieses Verhalten zieht entsprechende Konsequenzen für
das Unternehmen nach sich. Als Gegenstrategie wird der Einbezug aller Unterneh-
mensbereiche in Programme zur Qualitätssteigerung propagiert. Die Fokussierung auf
den Produktionsbereich alleine ist unzureichend, denn das qualitätsorientierte Handeln
und Denken muss bereits zu Beginn eines jeden Prozesses einsetzen. Die Ergreifung
von präventiven Massnahmen zur Fehlervermeidung ist ebenso Bestandteil dieses
Konzepts, wie die Involvierung der Mitarbeiter mittels Kommunikation und Partizipa-
tion. Jeder einzelne Mitarbeiter wird als Schlüssel zur Zielerreichung angesehen, von
dem es abhängt, ob die anvisierten Qualitätsstandards erreicht werden. Qualität wird in
erster Linie mit der Nutzenstiftung beim Kunden 731 in Zusammenhang gebracht, wobei
dem dynamischen Aspekt ausreichend Rechnung getragen wird. Die Bedeutung von
"Control" ist weitgefasst und geht über die konventionelle Produkt- und Prozess-
kontrolle hinaus, so dass ein umfassender Qualitätsbegriff entsteht. Im Instandhal-
tungsbereich wurden einige dieser Ideen aufgegriffen und realisiert: Die Einfiihrung
von präventiven Massnahmen zur Vermeidung von Fehlern sowie der Einbezug aller
Mitarbeiter zur Erhöhung der Qualitätsstandards sind feste Bestandteile von TPM
geworden. Auch die Ausdehnung des Blickwinkels über den Produktionsbereich
hinaus ist konsistent mit der TPM-Philosophie.
Ishikawa732 'gilt als der Begründer der "Company Wide Quality Control". Wichtigstes
Merkmal dieses Konzepts sind die Qualitätszirkef33 . Die Zielsetzung der Qualitätszir-
kel wird wie folgt definiert: Anzapfung des vorhandenen Mitarbeiter Know-Hows um
Qualitätsverbesserungen herbeiführen zu können und simultane Einbindung der
Mitarbeiter in die Verbesserungsprozesse 734. Den Qualitätszirkeln werden verschie-
dene Instrumente - unter anderem die Pareto-Analyse oder das Ursachen-Wirkungs-
Diagramm735 - zur Verfügung gestellt, die zur Lösung der Qualitätsprobleme beitra-
gen. Einige dieser Instrumente fanden Eingang in die TPM-Philosophie. So lässt sich
beispielsweise die Pareto-Analyse zum gezielten Auffinden von Produktionsengpässen
einsetzen, an denen die Instandhaltungsaktivitäten prioritär ausgeführt werden müssen,
um möglichst rasch einen kontinuierlichen Produktionsfluss herbeiführen zu können.
Der unternehmensweite Einbezug aller Bereiche und Mitarbeiter in das Qualitätsma-
nagement ist ein weiteres, gemeinsames Charakteristikum. Unter "Company Wide
Quality Control", wie auch unter TPM, ist der Nutzen einer höheren Qualität in einer
73\ Vgl. zur Nutzenstiftung insbesondere von Dienstleistungen die Ausfuhrungen von Maleri 1994, S.
7lff.
7J2 Vgl. Ishikawa 1985 und 1976.
733 Die Förderung der Qualitätszirkel begründet sich vor allem in der veränderten Wettbewerbssituation
auf den Weltmärkten, der zunehmenden Bedeutung der Produktqualität, dem generellen Wertewandel
in der Gesellschaft mit den steigenden Bedürfuissen der Mitarbeiter nach Mitgestaltungsmöglichkei-
ten und den entsprechenden negativen motivationalen Konsequenzen bei Nichterfullung dieser Be-
dürfuisse sowie in dem durch die technologischen Innovationen hervorgerufenen Handlungsdruck.
Vgl. Bungard/Schultz-Gambard 1989, S. 378.
734 Zu einer Darstellung der möglichen Einsatzgebiete von Qualitätszirkeln sowie einer Beschreibung
des Aufbaues von Qualitätszirkeln bei der Deutschen Bahn AG siehe auch die Ausfuhrungen von
Niekamp/Lumpp 1984, S. 675ff.
73S Vgl. zu einer Beschreibung der Ursachen-Wirkungs-Diagramme die Ausfuhrungen von Danzer
1995, S. 79ff.
190 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Das Qualitätskonzept von Juran 737 basiert hauptsächlich auf drei Elementen738 :
Qualitätsplanung, Qualitätsregelung und Qualitätsverbesserung. Bei der neun stufigen
Qualitätsplanung steht der Kunde mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Die
Bedürfnisse werden in Spezifikationen konvertiert, die sich in einem noch zu schaf-
fenden Produkt niederzuschlagen haben. Auf das den Spezifikationen entsprechende
Produkt folgt die Entwicklung eines Prozesses, der - allenfalls nach weiteren Optimie-
rungsvorgängen - die Herstellung im gewünschten Ausrnass gewährleistet. Die neun
Stufen der Qualitätsplanung nach Juran werden unter dem Begriff "Quality Function
Deployment" zusammengefasse 39 . Ein weiteres, markantes Charakteristikum dieses
Ansatzes liegt in der Schaffung des "internen Kunden". Erstmals werden interne und
externe Kunden unterschieden und die Aktivitäten auf die jeweiligen Bedürfnisse
abgestimmt. Die ganze Wertschöpfungskette einer Unternehmung wird von der
Schaffung des "internen Kunden" betroffen, so dass der Einbezug aller Teilbereiche
sichergestellt ist. Viele Qualitätsprojekte scheitern an der mangelhaften Planung.
Fehlschlägen wird vorgebeugt, indem konkrete und realisierbare Qualitätsziele gesteckt
und gleichzeitig Pläne erarbeitet werden, die die Wege zur Erlangung der Ziele
aufzeigen740 . In Ergänzung müssen die Zuständigkeiten eindeutig abgegrenzt werden.
Damit wird der Aufbau eines an die Ziel erreichung gekoppelten Anreizsystems
vereinfacht. Eine zusätzliche Quelle der Qualitätsprobleme stellen Managementfehler
dar. Diesem Missstand kann mit geeigneten Schulungs- und Trainingsmassnahmen, die
zunächst auf Managementebene beginnen, entgegengetreten werden. Qualitätskosten
werden als bevorzugtes Bewertungsinstrument für die Zielerreichung gesehen, da
Kennzahlen oft in Geldeinheiten konvertiert vorliegen74 \ . Dies erleichtert die Durch-
736 Rötzel unterstreicht diesbezüglich den engen Zusanunenhang zwischen Instandhaltung und Qualität.
Vgl. Rötze11993, S. 209ff.
737 Vgl. Juran 1989 und 1988.
738 Vgl. dazu auch die Ausfuhrungen von Markl 1994, S. I 79ff.
739 Zu einer ausfuhrlichen Darstellung des Konzepts "Quality Function Deployment QFD'" siehe auch
Akao 1992. Einen zusanunenfassenden Überblick über das Konzept "QFD" gibt Danzer 1995, S.
74ff.
74D Die Qualitätsziele des Bereiches Güterverkehr der Deutschen Bahn AG liegen beispielsweise in der
Termintreue, Schadensfreiheit, Zuverlässigkeit und Service. Vgl. Gieblcr/Bemer 1995, S. 399.
74\ Durch die simultane Anwendung von Quality Function Deployment und Target Costing wird es
möglich, die vorgegebenen Qualitäts- und Kostenziele eines Produktes gleichzeitig erreichen zu kön-
nen. Vgl. FischeriSchmitz 1994, S. 63ff.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 191
führung von Vergleichen 742 . Die drei Grundelemente von Juran finden sich auch unter
TPM wieder: Die Planung, Regelung und Verbesserung von Instandhaltungsaktivitäten
sind zentrale Anliegen der TPM-Philosophie. Sie werden in der geplanten, vorbeugen-
den sowie verbessernden Instandhaltung konkretisiert. Das Prinzip des "internen
Kunden" ist unter TPM ebenso realisiert, wie die Betrachtung der gesamten Wert-
schöpfungskette als eine Einheit. Hochkomplexe und untereinander verwobene
Produktionsanlagen verlangen nach einer auf diesen Grundsätzen aufgebauten Sicht-
weise. Die Idee, den Weg zum Ziel in kleine, konkrete Abschnitte zu gliedern, wird
unter TPM ebenfalls aufgegriffen. Fast jeder Vorschlag und jedes Projekt wird in
einfach verständliche Phasen und Stufen aufgebrochen, die der praktischen Umsetzung
förderlich sind. Ähnliches kann ftir Schulungs- und Trainingsmassnahmen festgehalten
werden: Sie sind unter TPM die Schlüssel zu besserer Qualität und weisen damit die
Richtung zu tieferen Kosten und höheren Erträgen.
742 Vgl. zur monetären Bewertung von Produktcigenschaften und dem hedonischen Ansatz als theore-
tischer Basis zur monetären Bewertung von Produkteigenschaften auch Weber 1989, S 395ft".
74, Vgl. Brunner 1992, S 102ft"
744 Vgl. dazu aueh die Ausflihrungen von Markl 1994, S 183ff.
74\ Vgl. zu einer ausflihrlichen Darstellung der Taguchi-Methoden zur Qualitätssicherung und -kontrolle
auch Berens/Pesch 1993a, S. 527ff. und 1993b, S. 599ff, SteinbornlHartclt 1994, S. 29ff. sowie
Schweitzer/Baumgartncr 1992, S 75ff
192 3. Kapitel: DienstIeistungsproduktion und DienstIeistungsqualität
x
T-S T T+S
Der Zielwert ist mit grösstrnöglicher Häufigkeit anzuvisieren und die Bandbreite der
tolerierten Abweichungen als zeitlich limitierte Grösse zu betrachten, die bei steigen-
der Prozess beherrschung reduziert werden muss. Auf dieser Basis wird die Grundlage
für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess geschaffen. Die Verlustkostenfunk-
tion schliesst die Kosten beim Anwender in die Betrachtung mit ein, so dass ihr
insgesamt strategischer Charakter attestiert werden kann 747 .
740 Eine umfangreiche Analyse der Garanticausfalldaten kann mittels des Isochroncn- oder MIS/MOP-
Diagranuns durchgefuhrt werden. Garantiedaten und Garantieschadteile nehmen dabei die Funktion
von technischen Informationsquellen mit hoher Aussagekraft wahr. Vgl. Brunner 1992, S. 113ff. Zur
korrigierenden Instandhaltung, die crst nach Eintreten eines Fehlers eingreifen kann, siehe auch
Spiess/Schultes 1993, S. 555.
747 Vgl. Brunner 1992, S. 105.
3. Kapitel. Dienstlcistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 193
74' Zu einer Darstellung der Ermittlung von Folgekosten, die aufgrund von Qualitätsmängeln entstehen,
siehe auch Fröhling 1993, S. 543ff
194 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Der Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems kann auf der Basis eines oder meh-
rerer Qualitätskonzepte erfolgen. Die Formulierung von klaren und eindeutig definier-
ten Zielen ist Grundvoraussetzung flir eine nachhaltige Verbesserung der Qualität.
Diesem Anspruch wird insbesondere die prägnante Ausdrucksweise - wie sie unter
TPM praktiziert wird - gerecht.
749 Butterbrodt fordert diesbezüglich die explizite Integration der Faktoren Umwelt und Ökologie in das
Qualitätsmanagement, so dass eine Erweiterung des Blickwinkels eintritt und damit die Loslösung
von Synergien möglich wird. Vgl. Buttcrbrodt 1995, S. 6S2ff.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 195
Die Forderung nach der Produktion von fehlerfreien Produkten wird zum Credo der
Instandhaltung erhoben, genauso wie die Etablierung der internen Kunden-Lieferan-
ten-Beziehung als Instrument zur Qualitätsverbesserung verstanden wird. Zu ersterem
gehört die Erkenntnis, ein Produkt nur dann fehlerfrei herstellen zu können, wenn jeder
einzelne Prozessschritt gleichermassen fehlerfrei abläuft. Der Prozessbeherrschung
wird deshalb ein besonderes Gewicht innerhalb der Qualitätsdiskussion im Instandhal-
tungsbereich zugemessen. Die Kunden-Lieferanten-Beziehung zwischen Instandhal-
tung und Produktion überträgt die Betreuung der Betriebsmittel, Anlagen und Gebäude
der Instandhaltung, der Produktion als Kunde wird jedoch eine gewisse Entschei-
dungsfreiheit belassen. Die interne Kunden-Lieferanten-Beziehung fUhrt zu einer
Förderung des bereichsübergreifenden Denkens, der Kundenorientierung sowie des
Verantwortungsbewusstseins für den Gesamtprozess 750 .
Continuous Improvement75I ist ein Konzept, welches nicht nur direkt die Verbesse-
rung der Produktqualität anstrebt, sondern umfassende und kontinuierliche Verbesse-
rungsaktivitäten in allen Unternehmensbereichen ein lei tee 52. Ähnlich den Philoso-
phien TQM und TPM sind der Einbezug jedes Einzelnen, der Teamgedanke sowie die
langfristige Ausrichtung unabdingbare Programmbestandteile. Fokussiert wird dabei
hauptsächlich auf die Verbesserung der Prozessabläufe, die Organisation und die be-
teiligten Individuen. Lieferanten wie Kunden sind ebenfalls Glieder der Kette, wobei
eine ausgeprägte Kundenorientierung festzustellen ist. Der Begriff Kaizen subsumiert
fortwährende Verbesserungsaktivitäten, die in kleinen Schritten zur Zielerreichung
Fukuda 1991, S 44ff, Shingo 1992, S 65ff. und Robinson 1991, S. 293ff.
m Vgl. Winchell 1993, S 3ff
196 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
führen: Continuous Improvement ist demgemäss mit Kaizen gleichzusetzen 753. TPM
macht sich die Erkenntnisse des Continuous Improvement zu Nutzen, indem es die
Methoden und Verfahren weiterentwickelt und zur Verbesserung der Instandhaltungs-
aktivitäten heranzieht. Aufgrund der schrittweisen Verfeinerung ist von einer Evolu-
tion im Instandhaltungsbereich auszugehen.
Die Verwandtschaft von TPM und TQM zeigt sich vor allem in der ausgeprägten
Prozessorientierung: Alle zur Leistungserstellung eingesetzten Prozesse werden
ausnahmslos vom Qualitätsgedanken erfasst. Beiden Konzepten ist strategischer
Charakter zu attestieren, die finale Zielerreichung findet über den Weg der kleinen
Schritte statt, die Progranunabläufe über einen längeren Zeitraum bedingen. Zusätzlich
wird ein eigentliches Management betrieben: Im Fall von TQM ein Management der
Qualität, bei TPM ein Management der Instandhaltung. Aus der Empirie ist festzustel-
len, dass TQM-Progranune meist als Vorläufer von TPM initiiert wurden 754 . TQM legt
den Schwerpunkt direkt auf die Verbesserung des Produktes, TPM hingegen strebt das
selbe Ziel indirekt über die Verbesserung von Anlagen und Einrichtungen an. TPM
teilt einige Elemente mit TQC. Letzteres Konzept befasst sich mit den unternehmens-
weiten Aktivitäten zur Qualitätskontrolle, TPM mit der unternehmensweiten Instand-
haltung aller Anlagen 755 . TPM verbindet demnach TQM, TQC und Total Employee
Involvement TEe 56 . Andererseits kann TQM auch als übergeordnetes Konzept
angesehen werden: Alle unternehmensweiten Aktivitäten stehen im Dienst der Quali-
tät. TPM verbessert in erster Linie die Qualität der Produktionseinrichtungen und trägt
damit indirekt zur Verbesserung des hergestellten Produktes bei. Nach dieser Auffas-
sung ist TPM ein für die Erreichung der unter TQM angestrebten Qualität des Final-
produktes unerlässliches Element.
Die Einmaligkeit der Leistungserstellung und die Unmöglichkeit der Lagerung, bzw.
Speicherung der Dienstleistung761 fIrnren flir das Qualitätsmanagement zur Konse-
quenz, dass keine Rückgabe, kein Umtausch und nur eine eingeschränkte Nachbesser-
barkeit nach der Erstellung einer mangelhaften Dienstleistungen möglich ise 62 .
Dazu gesellt sich das Problem der objektiven Qualitätsmessung und _bewertung763 .
Aufgrund der Unmöglichkeit, eine bereits erbrachte, personenorientierte Dienstleistung
wiederholen zu können, ist es praktisch ausgeschlossen, eine objektive Qualitätsmes-
sung - speziell im Nachhinein - durchführen zu können.
761 Diesbezüglich sind die Nichtlagerfahigkeit der Dienstleistung und die Lagerfahigkeit des Dienstlei-
stungsergebnisses auseinanderzuhalten. Das Ergebnis einer Dienstleistung ist zumindest zeitlich be-
schränkt lagerfähig. Vgl. dazu Meyer 1988, S. 27 und Meffert 1995, S. 61f.
762 Die bei Sachgütern übliche Nachbesserung ist bei einigen wenigen Dienstleistungen möglich, in den
meisten Fällen jedoch aufgrund der Eigenschaften der Produkte, Verfahren oder Produktionsprozesse
ausgeschlossen. Ähnliches ist fur den Umtausch festzuhalten, allerdings besteht hier die Möglichkeit
einer Ersatzleistung. Vgl. Maleri 1994, S. 234.
763 Als allgemeine Kriterien zur Beurteilung der Verfahren zur Qualitätsmessung lassen sich die folgen-
den auffuhren: Relevanz, Vollständigkeit, Aktualität, Eindeutigkeit, Steuerbarkeit und Kosten. Vgl.
Meffert 1995, S. 204. Ein Überblick über die Instrumente zur Messung der Dienstleistungsqualität
findet sich ebenda, S. 205.
764 Vgl. StausslHentschell991, S. 240.
765 Zu einer überblicksmässigen Darstellung der Qualitätsmodelle siehe auch Haller 1993, S. 19ff.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 199
Das Qualitätskonzept von Deming766 geht im besonderen auf die Erfordernisse und
Eigenheiten des Dienstleistungsbereiches ein. Sein Qualitätskonzept basiert grundsätz-
lich auf mathematisch-statistischen Verfahren, die jedoch mit humanen Faktoren
erweitert wurden 767 . Im Gegensatz zu den meisten Qualitätskonzepten fliessen die
Qualitätskosten nicht als Instrument der Qualitätsbewertung in den Ansatz ein. Dafür
werden zwei Kategorien von Abweichungsursachen geschaffen, die jede für sich eine
besondere Bedeutung für das Qualitätsmanagement von Dienstleistungen aufweist.
Diesbezüglich werden die "spezifischen" und die "allgemeinen" Abweichungsursachen
unterschieden.
Der Term "Struktur" beinhaltet die zur Bereitstellung der Dienstleistung notwendigen
Elemente. Diesbezüglich sind die Qualifikation der Mitarbeiter, die zur Verfügung
stehende Infrastruktur, die Arbeitsbedingungen, organisatorische Aspekte sowie die
Nutzungsmöglichkeiten seitens der Nachfrager zu nennen. Der Begriff "Prozess"
subsumiert alle Aktivitäten, die zur Erstellung der Leistung notwendig sind. Das
Ergebnis beschreibt das Endprodukt des Dienstleistungserstellungsprozesses. In
diesem Modell wird deutlich, dass nicht nur das Ergebnis alleine für die Qualität der
Dienstleistung verantwortlich ist, sondern dass alle zur Leistungserstellung beitragen-
den Prozesse für die Qualität mitverantwortlich zeichnen.
Das Qualitätsmodell von Grömoos772 rückt den Kunden und seine Beurteilung der
Qualität in den Brennpunkt. Der Kunde beurteilt die Dienstleistungsqualität anhand
der Differenz zwischen der erwarteten Dienstleistung - dem Soll-Wert - und der ihm
entgegengebrachten Dienstleistung - dem Ist-Wert773 . Die Qualität von Dienstleistun-
gen wird in zwei Kategorien beurteilt: Einerseits durch eine technische Qualitätskom-
ponente, andererseits durch eine funktionale Qualitätskomponente. Die technische
Qualitätskomponente fokussiert auf die Leistung (Problemlösungsfähigkeit, Know-
How, technische Fähigkeiten etc.), die der Kunde erhält, die funktionale Qualitäts-
komponente bezieht sich auf die Präsentationsweise der technischen Qualität
(Erscheinung, Einstellung, Klima, Kundenorientierung etc.). Die technische Kompo-
nente wird als diejenige identifiziert, die sich eher nach objektiven Kriterien beurteilen
lässt. Trotzdem fliessen beide Elemente in die Imagebildung über den Dienstleister ein.
Das Image erlangt infolgedessen ein entsprechendes Gewicht bei der Qualitätsbeurtei-
lung des Dienstleisters774 . Des weiteren ist dem Image eine gewisse Filterfunktion
inhärent, die zusätzlich zur Verstärkung der bereits subjektiv wahrgenommenen
Qualität der bei den Teilaspekte beitragen kann.
774 Vgl. zur Beziehung zwischen Qualität und Image auch die Ausfuhrungen von Pink 1994, S. 211.
775 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Berry/Zcithaml/Parasuraman 1990, S 29ff., Parasura-
man/Zeithaml/Bcrry 1992,1991, S 39ff., 1988a, S. 35ff., 1988b, S 12ff., 1985, S 41ff. und Zcit-
haml/Bcrry/Parasuraman 1991, S. 107ff.
776 Vgl. dazu auch die Ausfuhrungen von Meffert 1995, S. 227ff. sowie StausslHentschel 1991, S.
242f
202 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Da die Erstellung einer Dienstleistung mit einem Prozess verbunden ist, besteht die
Möglichkeit, dass auf jeder Prozessstufe eine Abweichung zwischen den Erwartungen
des Kunden und der tatsächlich erbrachten Leistung auftreten kann. Es obliegt somit
dem Qualitätsmanagement, diese Abweichungen so minimal als möglich zu halten,
damit insgesamt eine positive Beurteilung aus Kundensicht resultiert. Eine als minimal
zu bezeichnende Kundenzufriedenheit wird sich dann einstellen, wenn die wahrge-
nommene Dienstleistungsqualität wenigstens den vorher aufgebauten Erwartungen
entspricht.
Lücke zwei bezieht sich auf die Problematik zwischen der Schaffung von Normen zur
Dienstleistungserstellung und Dienstleistungsqualität, bzw. der Differenz zwischen den
konkreten Dienstleistungsstandards und den Vorstellungen, die das Management über
die Kundenerwartungen hat. Die Lücke bezeichnet die Schwierigkeit der Umsetzung
wahrgenommener Kundenerwartungen in konkrete Dienstleistungsspezifikationen.
Aufgabe des Qualitätsmanagements ist es, klare Zielsetzungen hinsichtlich der quali-
tätsrelevanten Leistungsaspekte zu definieren. Dazu müssen die gewonnenen Informa-
tionen in objektive Leistungsindikatoren und Sollvorgaben überführt oder - je nach
Sachlage - subjektive Standards gesetzt werden778 .
777 Holst sieht genaue Kenntnisse über die Kundenerwartungen als einer von vier Erfolgsfaktoren an.
Vgl. Holst 1994, S. 105 und S. 107ff.
778 Vgl. StausslHentschel 1991, S. 243.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 203
Kunde
Erwartete
r ___ ... ........• Dienstleistung
:
Gap 5
~
: Wahrgenommene
Dienstleistung
Dienstleistungs- Kunden-
erstellung mit gerichtete
Vor- und Nach- Kommunikation
: kautkontakten
~ ..
: :
Gap 3 Gap 4
Umsetzung der
: Wahrnehmungen
Gap I
in Dienstleistungs-
: spezifikationen
:
Gap 2
: Kunden-
... _-- -.- .. -._." erwartungen in der
Wahrnehmung des
Managements
Dienstleister
Lücke drei bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen der von den Nonnen vorgegebe-
nen und der tatsächlich geschaffenen Leistung. Das Qualitätsmanagement steht vor der
Aufgabe, mittels tauglicher Instrumente - beispielsweise eines geeigneten Kommuni-
kations- und Kontrollsystems - die Abweichungen so minimal wie möglich zu halten.
Der Einsatz, bzw. die gezielte Einsatzplanung von Mitarbeitern und Technologien trägt
zur Erhöhung der Flexibilität bei, so dass qualitative und quantitative Nachfrage-
schwankungen über entsprechende Anpassungen des Angebotes aufgefangen werden
können.
Lücke vier erfasst das Missverhältnis zwischen der tatsächlich erbrachten Leistung und
der mittels externer Kommunikation zugesicherten Leistung. Die versprochene
Leistung ist als Teil der unternehmensextern geführten Infonnationsübennittlung an
den Kunden anzusehen, die in vielfacher Hinsicht auch Auswirkungen auf die Wahr-
nehmung der konsumierten Dienstleistung sowie die Erwartungen des Kunden nach
sich zieht 779 . Aufgabe des Qualitätsmanagements ist es, dergestalt Einfluss auf die
Mittel der externen Kommunikation zu nehmen, dass die Weckung umealistischer
Kundenerwartungen verhindert wird und das Kundenkontaktpersonal rechtzeitig über
die geführte externe Kommunikation zu unterrichten, damit es sich auf die geschaffe-
nen Kundenerwartungen einstellen kann. Die wichtigsten drei Einflussfaktoren auf die
Erwartungen der Kunden sind: Bisher gemachte Erfahrungen, individuelle Bedürfnisse
sowie Empfehlungen von Dritten.
Lücke fünf stellt den Zusammenhang zur Qualitätsbeurteilung her: Die Gesamtbeurtei-
lung der Qualität erfolgt mittels Vergleich zwischen erwarteter sowie wahrgenomme-
ner Leistung und spiegelt sich in dieser Lücke wider. Zwischen den Lücken eins bis
vier und der Lücke flinf besteht eine Beziehung, denn die Lücke fünf ist als Funktion
der übrigen Lücken definiert.
779 Dabei können die Diskrepanzen zwischen Selbstbild und tatsächlichem Frcmdbild als Ansatzpunkte
fur die Ausarbeitung einer Corporate-Identity-Strategie genutzt werden. Ygl Wiedmann 1988, S.
239.
780 Ygl dazu auch Parasurarnan/Zeitharnl/Berry 1991, S. 41
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 205
1. Zuverlässigkeit
eAusführung ohne Fehlerlkorrekte Ausführung
eAusführung in der Zeitvorgabe
eSorgfältigkeit
2. Reaktionsbereitschaji/Reagibilität
e Dienstbereitschaft
eSpeditivität
3. Leistungskompetenz
eFachwissen und Fähigkeiten des ausführenden Personals
eFachwissen und Fähigkeiten des administrativen Personals
eFähigkeiten der Organisation
4. Erreichbarkeit/Zugänglichkeit
e Wartezeiten
eÖffnungszeiten
eStandorte
5. Freundlichkeit
eHöflichkeit
eRespekt
eRücksicht
6. Kommunikationsfähigkeit
eVerständlichkeit der Sprache fiir den Kunden
elnforrnationsfluss, insbesondere Aktualität, Häufigkeit und Relevanz
e Erklärungsbereitschaft
7. Vertrauen5würdigkeit
eEhrlichkeit
eEchtheit
eGlaubwürdigkeit
8. Sicherheit
ePhysische Sicherheit
eFinanzielle Sicherheit
9. Verständnis für Kundenprobleme
eKenntnisse über die KundenWÜTIsche
eEntgegenbringen von Aufmerksamkeit
eErkennen des Kunden
206 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Der Faktor Zuverlässigkeit spielt in der Instandhaltung eine wichtige Rolle: Instandhal-
tungsleistungen sind in zuverlässiger Art und Weise zu erbringen, damit die nachgela-
gerten Bereiche nicht durch Störungen in der Leistungserstellung behindert werden.
Die fehlerfreie und korrekte Ausführung der Instandhaltungstätigkeiten ist Grundvor-
aussetzungen fUr eine effektive Instandhaltung.
781 Bei einer Bahngesellschaft besteht diesbezüglich ein Zusammenhang zwischen dem Niveau der Ver-
spätungen im Zugbetrieb, der Beurteilung der Qualität der Dienstleistung und dem Image des Unter-
nehmens. Vgl. Hertel 1994, S 129.
782 Vgl. Benninghoff 1993, S. 36.
3. Kapitel: DienstleIstungsproduktion und Dienstleistungsqualität 207
Allgemein wird unter dem Begriff Dienstbereitschaft die Bereitschaft des Dienstlei-
sters, auf die vorgebrachten Kundenanliegen einzugehen, verstanden. Im übertragenen
Sinn kann diese Sichtweise für den Bereich Instandhaltung ebenfalls angewendet
werden: Liegt eine Störung im Produktionsbereich vor, so muss diese in der kürzest
möglichen Zeit behoben werden, denn jede Verlängerung des Stillstandes geht mit
einer Erhöhung der Stillstandskosten und einer Verminderung der Produktion einher.
Die Produktion ist deswegen an einer schnellen Behebung des Schadens interessiert.
Mit einem raschen Angehen des Problems wird dem Anliegen des Kunden - hier der
Produktion - entsprochen. Die Dienstbereitschaft kennzeichnet demnach die Bemü-
hungen, sich der Probleme und den Wünschen des Kunden Produktion anzunehmen
und dies durch eine entsprechende Handlungsweise zu manifestieren.
Das Element Kompetenz beinhaltet das Fachwissen des ausflihrenden, wie auch des
administrativen Personals unter Berücksichtigung der Fähigkeiten der gesamten
Organisation783 . Das Fachwissen des ausftihrenden Personals - der Instandhalter, die
die physische Instandhaltungsleistung erbringen - ist als Schlüsselkomponente für die
Qualität der Dienstleistung anzusehen. Aufgrund des vorhandenen Fachwissens sind
die Instandhalter erst in der Lage, die vorliegenden Probleme erkennen und ihnen mit
adäquaten Gegenrnassnahmen entgegentreten zu können. Die Ziele der Instandhaltung
liegen in erster Linie in der Verhinderung von Störungen, und erst an zweiter Stelle
liegt die Behebung derselben. Für die Verfolgung bei der Ziele sind theoretisches
Fachwissen und Fähigkeiten, die die Umsetzung des Wissens in der Praxis ermögli-
chen, notwendig. Beide Komponenten beeinflussen letztendlich die Qualität des
Leistungserstellungsprozesses und die des Endproduktes, damit also die Dienstlei-
stungsqualität im Ganzen. Diese Zusammenhänge spiegeln sich in der Forderung nach
weiterführenden Schulungen und Ausbildungen - wie sie insbesondere unter TPM
propagiert werden - wider.
m Die Qualifikation und die Leistungsbereitschaft des Dienstleistungspersonals werden von Holst als
Erfolgsfaktoren angesehen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Organisation. Vgl. Holst 1994, S. 105
und S 121f
208 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Das Fachwissen und die Fähigkeiten des administrativen Personals schlagen sich
ebenfalls in der Dienstleistungsqualität nieder. Die Erbringung von Instandhaltungs-
leistungen bedarf einer Planung zumindest in personeller, wie auch in zeitlicher
Hinsicht. Darüber hinaus fallen zusätzliche Aufgaben - beispielsweise die Ersatzteil-
bewirtschaftung, Materialbewirtschaftung etc. - in den Bearbeitungsbereich der
Administration. Das administrativ tätige Instandhaltungspersonal steuert mit seinem
Handeln einen nicht zu vernachlässigenden - wenn auch nicht immer einfach feststell-
baren - Anteil zur Erreichung einer hohen Dienstleistungsqualität bei.
Der Beitrag der Organisation als Ganzes zur Qualität der Dienstleistung manifestiert
sich vor allem im Zusammenspiel der beteiligten Elemente. Durch eine optimale
Koordination der zur Leistungserstellung eingesetzten Faktoren wird die Qualität der
angebotenen Dienstleistung nachhaltig gesteigert.
Die Öffnungszeiten erlangen in modifizierter Form rur die Beurteilung der erbrachten
lnstandhaltungsleistung Wichtigkeit: Die Bereitstellung oder Erbringung der Instand-
haltungsleistungen muss in zeitlicher Hinsicht mit den Erfordernissen der Produktion
in Einklang gebracht werden. Dies gilt insbesondere rur notfallmässige Interventionen:
Wenn in der Produktion ein 24-Stunden-Betrieb üblich ist, so müssen allenfalls
benötigte Instandhaltungsleistungen ebenfalls über den gesamten Zeitraum abgerufen
werden können. Gleichermassen muss die Durchführung von präventiven Massnahmen
mit den geplanten Maschinenstillständen in Übereinstimmung gebracht werden.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 209
Die Standorte der Instandhaltungsabteilungen sollen nach dem Kriteriwn der kurzen
Wege ausgewählt werden, damit eine schnelle Reaktion sichergestellt ist. Diesbezüg-
lich ist zu berücksichtigen, nach welchen Grundsätzen die Instandhaltungsabteilung
aufgebaut wurde. Eine zentrale Instandhaltungsabteilung wird in der Regel längere
Wege in Kauf nehmen müssen, als dies bei einer nach dezentralen Grundsätzen
aufgebauten Instandhaltung der Fall ise 84 . Der Aufbau von Stützpunkten oder die
Einführung des Konzepts "Integrierte Instandhaltung" trägt dazu bei, etwaige Stand-
ortnachteile kompensieren und damit eine Steigerung der Qualität der Instandhaltungs-
leistungen herbeiführen zu können.
Der Infonnationsfluss mit seinen Komponenten Aktualität, Häufigkeit und Relevanz ist
ein weiterer Bestandteil der Kommunikationsfähigkeit. Nach der Einflihrung einer
TPM-orientierten Instandhaltung bleiben die Instandhalter in erster Linie für die
Instandhaltungsaufgaben verantwortlich, ihr Aufgabengebiet verschiebt sich jedoch in
Richtung anspruchsvollere Aufgaben. Unter anderem gehört dazu auch die Aufberei-
tung von Infonnationen bezüglich Instandhaltungstechnologien, die an die ausführen-
den Produktionsmitarbeiter weitervennittelt werden müssen. Die Qualität der Schulun-
gen und - zumindest partiell - die Qualität der Dienstleistung Instandhaltung sind somit
abhängig vom transferierten Wissen an den Kunden Produktion. Die Qualität der
vennittelten Infonnationen wird wiederum von den Merkmalen Aktualität, Häufigkeit
und Relevanz bestimmt. Gleiches gilt sinngemäss für die Erklärungsbereitschaft.
3. Kapitel Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 21 I
Die Determinante Sicherheit besteht aus den zwei Elementen physische Sicherheit und
finanzielle Sicherheit788 . In bezug auf die Instandhaltung nimmt die Ausprägung
physische Sicherheit eine besondere Stellung ein. Einerseits ist das Thema Arbeits-
sicherheit in die Verbesserungsbestrebungen im Bereich Instandhaltung eingeflos-
"6 Zu grundsätzlichen Überlegungen bezüglich der externen Erstellung von Dienstleistungen und der
Problematik des Outsourcing siehe auch die Ausfuhrungen von Gruhler 1994, S. I 62ff.
7X7 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird nicht auf die Problematik der FremdersteIlung von Instandhal-
tungsleistungen eingegangen, da aufgrund der Struktur des untersuchten Unternehmenstypus ' die
Fremdvergabe von Instandhaltungsaktivitäten nicht in Betracht gezogen wird.
788 Bei Erbringern von Verkehrsleistungen - hier am Beispiel der Luftfahrtindustrie - besteht ein eindeu-
tiger Zusannnenhang zwischen der Produktqualität - wobei die physische Sicherheit ein Merkmal der
Produktqualität unter mehreren darstellt - und der Profltabilität - als ein Indikator der finanziellen
Sicherheit - sowie anderen finanziellen Kennzahlen. Aus dieser Studie geht hervor, dass eine höhere
Anzahl von Unfällen und sonstigen Zwischenfällen mit emer tieferen Profltabilität des Unternehmens
korreliert. Dies trifft insbesondere fur kleine Gesellschaften zu. Vgl. Rose 1990, S. 944ff.
212 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
sen 789 . Mit Programmen zur Steigerung der Sicherheit wird die Ausftihnmg von
Instandhaltungsaktivitäten gefahrloser gestaltet. Die Senkung des Unfallrisikos und die
allgemeine Verringerung des Gefahrdungspotentials wirken sich positiv auf die
Motivation der Mitarbeiter und die Qualität der erbrachten Leistungen aus 790 .
Der Aspekt der finanziellen Sicherheit präsentiert sich in abgewandelter Form für die
Kundenbeziehung zwischen Instandhaltung und Produktion wie folgt: Je besser die
finanzielle Ausstattung der Instandhaltung, desto bessere Qualität wird tendenziell bei
der Erbringung der Instandhaltungsleistungen erbracht werden können. Dies gilt
insbesondere im Hinblick auf die technische Ausrüstung der Instandhaltungsabteilung,
die weitgehend von den finanziellen Gegebenheiten bestimmt wird. Die Anschaffung
von Diagnose- und Überwachungsgeräten, die eine sophistische Instandhaltungstech-
nologie - wie sie bei der präventiven Instandhaltung vorausgesetzt wird - erst erlaubt,
setzt eine solide finanzielle Basis voraus. Diesbezüglich muss aber auch in Betracht
gezogen werden, welche Instandhaltungsleistungen überhaupt erbracht werden müssen.
Die darauf formulierten Anforderungen an die Instandhaltung sind mit den zur Verfü-
gung stehenden finanziellen Mitteln in Einklang zu bringen 79 !. Insgesamt herrscht
zwischen der finanziellen Ausstattung des Dienstleisters Instandhaltung und der
Dienstleistungsqualität ein positiver Zusammenhang.
789 Zu einer weiterfuhrenden Darstellung der Arbeitsschutzaspekte in der Instandhaltung siehe auch die
Ausführungen von Hartung 1993, S 82ff.
790 Motivation alleine reicht hingegen nicht aus, um die Ziele der Qualitätsförderung erreichen zu kön-
nen. Zusätzlich müssen fachliche und soziale Fähig- und Fertigkeiten erarbeitet werden. Quali-
tätsentwicklung bedeutet in diesem Sinne auch Personalentwicklung. Vgl. Kolleck 1995a, S 48.
791 Beichelt beschreibt diese Gratwanderung für die Instandhaltung hinsichtlich der Erbringung von In-
standhaltungsleistungen mit "so zuverlässig wie nötig, aber nicht so zuverlässig wie möglich"' Vgl.
Beichelt 1993, S. 12.
3. Kapitel DicnstIcistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 213
Das Verständnis für Kundenprobleme besteht aus den Elementen Kenntnisse über die
Kundenwünsche, Entgegenbringen von Aufmerksamkeit und Erkennen des Kunden.
Zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität für den Dienstleister Instandhaltung
innerhalb einer Unternehmung sind diese Faktoren eher von untergeordneter Bedeu-
tung.
Das physische Umfeld besteht aus den Komponenten physisches Erscheinungsbild des
Dienstleistungserstellers, dem Erscheinungsbild des Personals und dem Erschei-
nungsbild der Hilfsmittel. Auch bei diesen drei Punkten differiert die Sichtweise, je
nach dem, ob es sich um einen externen oder internen Anbieter von Instandhaltungs-
leistungen handelt. Im ersten Fall erreichen die drei Elemente eine grosse Bedeutung
fUr die Beurteilung des Leistungserstellers. Auf diese Konstellation wird an dieser
Stelle nicht weiter eingegangen. Die Sichtweise verändert sich, wenn die Instandhal-
214 3. Kapitel: DienstIeistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
tung und Produktion in ein und demselben Betrieb angesiedelt sind. Bei diesem
Sachverhalt kann ähnliches, wie bereits unter den Ausführungen bezüglich des
Verständnisses für Kundenprobleme geschrieben wurde, festgehalten werden: Dem
physischen Erscheinungsbild des internen Instandhalters wird eher eine sekundäre
Funktion bei der Beurteilung der Dienstleistungsqualität zugeordnet. Dies trifft
hauptsächlich vor dem Hintergrund zu, dass vorrangig die erbrachten Instandhaltungs-
leistungen zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität herangezogen werden können.
Aufgrund der Langfristigkeit des Verhältnisses und des repetitiven Charakters der
übertragenen Instandhaltungsaufgaben ist vielmehr die tatsächlich erbrachte Leistung
für die Beurteilung der Qualität ausschlaggebend.
Bezüglich des Instandhaltungspersonals ist festzuhalten: Die Qualität der von ihnen
erbrachten Leistungen wird weniger an ihrem Erscheinungsbild gemessen, als das die
wirklich erbrachte - vielfach wiederholte - Leistung für die Beurteilung zählt. Allen-
falls kann einem positiven Erscheinungsbild in diesem Hinblick ein unterstützender
Effekt zugestanden werden. Das Erscheinungsbild der Hilfsmittel hingegen bedarf
einer differenzierten Betrachtungsweise: Einerseits kann ein ähnlicher, die positive
Richtung unterstützender Effekt von sauberen, gepflegten Hilfsmitteln ausgehen, wie
dies beim Erscheinungsbild des Personals bereits festgestellt worden ist. Andererseits
beeinflussen die benutzten Hilfsmittel die Qualität der Instandhaltungsleistungen in
direkter Weise: Hilfsmittel, die zwar aufgrund ihres Zustandes einen ausgezeichneten
Eindruck auf den Kunden Produktion hinterlassen, technisch aber als obsolet taxiert
werden müssen, können die Qualität der Dienstleistung Instandhaltung schmälern.
Insofern ist der Einfluss der Hilfsmittel auf die Beurteilung der Dienstleistungsqualität
als zweideutig einzustufen.
Aus der Praxis - speziell im Bereich Güterverkehr792 - haben sich die folgenden
Kriterien für die Beurteilung der Dienstleistungsqualität herauskristallisiert793 :
• Bei Transportleistungen
Zuverlässigkeie94 , Termintreue, Pünktlichkeie95 , Flexibilität, Unfallsicherheit,
Transportinformationen, Schadensvermeidung, anforderungsgerechte Bereitstel-
lung von Transportmitteln.
792 Zu einer Darstellung der integrierten Instandhaltung von Güterwaggons in der Praxis siehe Bastin
1994, S. 22ff.
79J Vgl. Sliwka 1993, S. 887.
3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität 215
• Bei Serviceleistungen
Ausbildungsstand, Motivation, Problemverständnis, Servicebereitschaft, Ver-
handlungskompetenz, Vertrauenswürdigkeit und Auftreten des Personals, Auf-
trags- und Kundenverantwortung, Marktkenntnisse, Marketinginstrumente,
Schnelligkeit der Angebotserstellung, Angebotstransparenz, Präsentation im
Vertrieb .
• Bei Logistikleistungen
Leistungen aus einer Hand, Übernahme speditioneller Leistungselemente,
Transportketten, Verzollung, Ladungssicherung, Informationsbereitstellung,
Verladeberatung.
794 Zuverlässigkeit im Güterverkehr bei einer Bahngesellschaft ist dann gegeben, wenn die vom Fahr-
plan angebotenen Beförderungsmöglichkeiten eingehalten werden. Ygl. Treutier 1977, S 325.
79' Die Anforderungen an Pünktlichkeit, Schnelligkeit und Yerfugbarkeit des Transports werden dabei
In der Zukunft noch weiter ansteigen. Ygl. Busch/Kuhn 1991, S. 375.
216 3. Kapitel: Dienstleistungsproduktion und Dienstleistungsqualität
Das Modell eignet sich nicht nur zur Beurteilung der Qualität von typischen Dienstlei-
stungsanbietern, sondern auch weniger typische Dienstleister können einer Unter-
suchung zugeführt werden. In die Kategorie der aussergewöhnlichen Dienstleistungs-
anbieter fällt mit Sicherheit die Instandhaltung. Aufgrund der Feststellung, dass die
einzelnen Determinanten der Dienstleistungsqualität in beschränktem Umfang dem
Untersuchungsobjekt angepasst werden können, wurde das Modell zur Beurteilung der
Dienstleistungsqualität des Unternehmensbereiches Instandhaltung herangezogen. Eine
Ausdehnung des Modells in Richtung externer Anbieter von Instandhaltungsleistungen
fand bewusst nicht statt, weil die der Arbeit zugrunde gelegte Ausgangsbasis den
Einschluss dieses Typs von Leistungsersteller in die Untersuchung nicht zulässt.
Die fundierten Aussagen bieten anlässlich der Implementierung des Konzepts TPM bei
einer Bahngesellschaft Anhaltspunkte. Die Darstellung erhält eine Abrundung durch
den zweiten Teil des vierten Kapitels: In diesem Abschnitt erfolgt eine Diskussion hin-
sichtlich Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit. Mit den Erkenntnissen aus diesem Teil
der Analyse wird eine weitere Entscheidungsgrundlage gegeben.
4.2.1. Ziele
Die grundlegenden Ziele einer TPM-orientierten Instandhaltung offenbaren sich in
mehreren Ausprägungen. In erster Linie sind die strategischen und darauf aufbauend
die operativen Ziele zu definieren. In strategischer Hinsicht rücken Zielsetzungen
bezüglich der Prozesse und Strukturen in den Vordergrund. Dabei sind die Ziele so zu
formulieren, dass qualitative Verbesserungen der Prozesse und quantitative Fortschritte
bei den Strukturen resultieren. Operativ erhalten Ziele, die zur Prozessoptimierung
fUhren, oberste Priorität. Im Anschluss erfolgt die Planung und Steuerung der dazu
notwendigen Aktivitäten.
218 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Auf der operativen Ebene ist eine explizite Zielsetzung in bezug auf die Sicherstellung
einer hohen Anlagenverfügbarkeit unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressour-
cen anzustreben. Die Umsetzung in die Praxis verlangt nach konkreten Instandhal-
tungszielen, die die Ziele der Gesamtunternehmung in adäquatem Ausrnass reflektie-
ren. Mittels dieses Vorgehens wird die Entstehung eines Interessenkonfliktes weit-
gehend vermieden. Die eindimensionale Verfolgung des Zieles "Minimierung der ln-
standhaltungskosten" läuft dieser Sichtweise zuwider, denn bei tendenziell tiefen ln-
standhaltungskosten muss im Gegenzug mit einem Anstieg der AnlagenausfaIlkosten
gerechnet werden. Die umfassende Angehensweise der Problematik verhindert eine
diesbezügliche Einseitigkeit, indem ein Ausgleich über die Gesamtheit der anvisierten
Ziele geschaffen wird. Des weiteren dokumentiert die Ausgleichsfunktion des Ziel-
kataloges den expliziten Einbezug der Dimensionen Kosten, Qualität, Zeit und Um-
welt.
Die anvisierten Ziele unter TPM müssen dem Anspruch der Quantifizierbarkeit genü-
gen, denn nur auf diese Art und Weise können der Fortschritt dokumentiert und über-
prüft sowie allfaIlige Korrekturmassnahmen ergriffen werden. In zeitlicher Hinsicht
wird besonderes Augenmerk auf die ErfüIlung der Liefertermine gelegt. Das Ziel Ein-
haltung der Liefertermine kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn die Anlagen
mit der vorgesehenen Geschwindigkeit operieren können.
Da unter TPM Ziele mit unterschiedlichen Fristigkeiten angestrebt werden und die
Umsetzung in einigen Bereichen gravierende Veränderungen mit sich bringt, besteht
die Möglichkeit, über die Formulierung von Zwischenzielen die Zielerreichung zu
erleichtern. In diesen Bereich fallt das Aufstellen eines Zeitplans, nach dessen Vorga-
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 219
ben festgelegt wird, bis zu welchem Zeitpunkt welche Zielgrössen erreicht sein
müssen. Weitere, explizit geäusserte Ziele sind die Durchführung von umfangreichen
Schulungsmassnahmen und der Einbezug aller beteiligten Mitarbeiter.
Ein unbestrittener Vorteil der TPM-Philosophie liegt in der Klarheit und Prägnanz der
verwendeten Zielformulierungen. Eng damit verbunden ist die Schaffimg von
"Schlagworten", die ein Weiteres zur einfachen Verständlichkeit beitragen. Die direkte
Ausdrucksweise gewährleistet einen hohen Grad an Operationalisierbarkeit, der
wiederum der Zielerreichung förderlich ist. Ausserdem wird durch die direkte Formu-
lierung Missverständnissen vorgebeugt. Im Zusanunenhang mit dem Beschriebenen
sind besonders die Formulierungen "Zero Defects - Null Fehler" und "Zero Break-
down - Null Störungen" zu nennen. Diese beiden Ziele fuhren zu den Forderungen
"kein ungeplanter Stillstand der Betriebsanlagen", "kein von den Betriebsanlagen
verursachter Defekt" und "kein Geschwindigkeitsverlust der Betriebsanlagen".
Die Zielsetzung "Null Fehler" wird in der Realität kaum zu erreichen sein, denn eine
hundertprozentig fehlerfreie Produktion ist in der Praxis nicht zu verwirklichen. Eine
solche Zielsetzung kann aber mit der von ihr ausgehenden Motivationswirkung auf die
Mitarbeiter begründet werden.
4.2.2. Strategien
Instandhaltungsstrategien werden grundsätzlich vor dem Hintergrund der anvisierten
Ziele formuliert: Sie dienen zur Erreichung der Ziele in der Praxis. Eine Strategie be-
schreibt damit ausnahmslos alle Aktivitäten, die langfristig zur Erreichung der ge-
wünschten Ziele fuhren. Instandhaltungsstrategien dienen des weiteren dazu, das Ver-
halten und die zu ergreifenden Massnahmen bei einem Anlagenausfall festzulegen.
220 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Für eine Balmgesellschaft bringt die Einfuhrung von TPM im Strategiebereich fol-
gende Schwerpunkte mit sich: Grundsätzlich wird die vorbeugende Instandhaltung
praktiziert, d.h. das Auftreten von Störungen wird so weitgehend wie möglich im
voraus eliminiert. Diese Strategie wird mit den Aktivitäten der Predictive Maintenance
ergänzt. Das bedeutet, dass in den Triebfahrzeugen fortlaufend Daten über den Zu-
stand diverser Bauteile erfasst und übermittelt werden, die bei Bedarf zur Auslösung
von gezielten Instandhaltungsmassnahmen führen. Flankiert werden diese Massnah-
men von Bestrebungen, die Instandhaltbarkeit - etwa durch Modulbauweise - zu ver-
bessern oder instandhaltungsfreie Komponenten zu verwenden. Durch die Realisierung
dieser Strategien ist eine verbesserte Erreichung der Leistungsziele zu erwarten, da
Verfugbarkeit wie auch Zuverlässigkeit eine Steigerung erfahren. Der Einsatz tech-
nischer Diagnoseverfahren ist ebenfalls in Betracht zu ziehen. Insgesamt ist von einer
verstärkten Fokussierung auf den Produktionsprozess auszugehen.
Die Verfolgung der ausfallbedingten Strategie ist aus verschiedenen Gründen abzuleh-
nen. An vorderster Stelle steht die Unmöglichkeit der Nachbesserung bei einem Aus-
fall des Triebfahrzeugs. Die nachteiligen Folgewirkungen eines solchen Vorfalls wie-
gen allfällige Kostenvorteile keinesfalls auf. Die reine Inspektionsstrategie führt in die
richtige Richtung, geht aber zu wenig weit. Mit der Einführung dieser Strategie ist im-
merhin eine Verbesserung der Planbarkeit verbunden, ein bei Vorhandensein von Ein-
satzplänen nicht zu unterschätzender Vorteil.
Bestandteil der Einführung von TPM ist das Konzept autonome Instandhaltung. Der
Sinn und Zweck dieses Konzepts liegt darin, dass der Anlagenbediener lernt, Anomali-
täten in der Qualität und Anlagenleistung selbständig erkennen und adäquate Gegen-
massnahmen eigenverantwortlich einleiten zu können. Miteinhergehend verändert sich
die innere Einstellung des Mitarbeiters gegenüber der Maschine. Konzepte wie "Meine
Maschine" verleihen dieser Veränderung Ausdruck. Insgesamt tritt eine Verlagerung
der einfachen Instandhaltungsaktivitäten von der Instandhaltung zur Produktion ein.
Bei dem dieser Arbeit zugrunde gelegten Fall einer Bahngesellschaft ergibt sich
zusätzlich die folgende Problematik: Die Ausführung von einfachen Instandhaltungs-
aufgaben kann nur mit Schwierigkeiten dem Anlagenbediener übertragen werden. Der
Lokomotivführer ist diesbezüglich als Anlagenbediener zu verstehen, und in der Regel
ist er für das Führen der Triebfahrzeuge verantwortlich. Die Übertragung von Instand-
haltungsaufgaben ist allein schon aus Komplexitäts- und Zeitgründen praktisch
unmöglich, denn wird eine Maschine zur Ausführung von Instandhaltungsmassnahmen
in die Werkstatt überfuhrt, so steht dem Lokführer bereits eine andere Maschine für die
Erledigung seiner Aufträge zur Verfügung. Das bedeutet weiter, dass Identifikations-
konzepte wie "Meine Maschine" nicht angewendet werden können. Als Konsequenz
ist in diesem Bereich die Einführung von TPM nur beschränkt möglich. Immerhin ist
eine Verbesserung des Fachwissens und der Sensibilität hinsichtlich Anlagenanomali-
täten zu erwarten. Von einer verstärkten Beobachtung und Erfassung instandhaltungs-
relevanter Parameter seitens der Anlagenbediener ist nach der Implementierung des
Programms auszugehen.
werden können. Inwieweit dies in der Praxis - vor allem aufgrund der rigiden
Einbindung in die Produktionsvorgaben - möglich ist, bleibt an dieser Stelle offen.
In der Folge werden einige Programme und Methoden kurz angeschnitten, die zu einer
erfolgreichen Implementierung von TPM bei einer Bahngesellschaft beitragen können:
• Die Eliminierung der sechs grossen Verlustquellen (s. Abb. 2.5.).
• Die Einftihrung der autonomen Instandhaltung, soweit es die Gegebenheiten
zulassen.
• Der Ausbau und die Verbesserung der geplanten Instandhaltung.
• Die Verbesserung der Fähigkeiten der Anlagenbediener und InstandhaIter mittels
ausfUhrlicher Schulungs- und Trainingsmassnahmen hinsichtlich der Instandhaltung.
• Die Einführung eines Anlagenmanagementprogrammes.
• Die Bildung von Verbesserungsteams, die ausgewählte Schwerpunktprobleme
angehen.
Die Einführung von TPM erfolgt in zwölf Schritten. Der zwölfstufige Aufbau ist auch
rur die EinfUhrung beim Dienstleister Bahngesellschaft geeignet, in diesem Sinne
dienen die zwölf Schritte als Einführungsleitfaden (s. Abb. 2.17.).
4.2.4. EDV-Einsatz
Ein EDV-System in der Instandhaltung soll vor allem die Verwaltung der Instandhal-
tungsobjekte, die Erfassung der verschiedenen Auftragsarten, die Planung in zeitlicher
Hinsicht, die Kontrolle der Kosten, die Verwaltung des Bereiches Materialwirtschaft
sowie die Auswertung der Daten - beispielsweise zur Durchftihrung von Schwachstel-
len- und Schadensanalysen sowie zur Feststellung der Ausfallhäufigkeit und der
Arbeitsstundenbilanz - ermöglichen.
Für eine nationale Bahngesellschaft empfiehlt sich der Aufbau mehrerer Leitstände zur
Koordination und Abstimmung der Instandhaltungsaktivitäten. Ein Leitstand kann als
eine Art Überwachungszentrale angesehen werden, bei welcher die zur Ausftihrung der
Instandhaltungsmassnahrnen relevanten Daten bereits im Vorfeld des Eintreffens des
Triebfahrzeuges übermittelt werden 796 . Dieses Vorgehen bedingt eine Ausrüstung der
Triebfahrzeuge mit den entsprechenden technischen Anlagen.
In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach dem Zentralisations-, bzw. De-
zentralisationsgrad zu klären. Die Beantwortung muss aufgrund der räumlichen sowie
der personen- und sachrnittelbezogenen Merkmale erfolgen. Im Falle einer national
operierenden Bahngesellschaft - diese wird hier zum Gegenstand der Untersuchung
erhoben - ist eine Aufsplittung in räumlicher Hinsicht unumgänglich. Mit diesem
Entscheid ist ein gewisser Dezentralisationsgrad verbunden, der entsprechende
Konsequenzen für die Personen und Sachmittel nach sich zieht. Auf der anderen Seite
wird den Nachteilen der Dezentralisation durch die Vernetzung des DV-Systems
entgegengewirkt: Der Einsatz eines Zentralrechners, dem alle instandhaltungsrelevan-
ten Daten übermittelt werden und der gleichzeitig Abfragemöglichkeiten für die
"AussenstelIen" zur Verfügung stellt, erlaubt eine zentrale Sammlung und dezentrale
Anwendung der Daten.
Bei der Entwicklung eines DV-Systems für die Instandhaltung wird nach folgendem
Muster vorgegangen: In einer ersten Phase werden die Anforderungen an das DV-
System - inklusive der zu bearbeitenden Aufgaben- und Funktionsbereiche - definiert.
In der zweiten Stufe erfolgt die hierarchische Gliederung der Aufgaben und die
detaillierte Festlegung des Funktionsumfanges. Die Programmierung und der an-
schliessende Testlauf des Systems sind Bestandteile der Phase drei. Den Abschluss
7% Thomassen fuhrt diesbezüglich den Begriff des Auftragszentrums ein. Im Auftragszentrum laufen
die Anforderungen von Instandhaltungsleistungen zusammen. Vgl. Thomassen 1990, S 65ff.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 225
bildet Phase vier, die die Schulung und Einführung des Systems nach der Installati-
onsphase beinhaltet.
Der Nutzen eines DV-Systems liegt im wesentlichen darin, mehr und bessere Instand-
haltungs- und Anlageninformationen schneller abrufen, bzw. durch vernetzte Informa-
tionsbeziehungen technische und administrative Schwachstellen erkennen und ad-
äquate Gegenmassnahmen einleiten zu können. Die Wirtschaftlichkeit eines DV-
Systems wird wie folgt beurteilt: Der generierte oder erwartete Nutzen wird den
aufgewendeten Kosten gegenübergestellt 797 . Die Kosten setzen sich aus der Investition
und den Betriebskosten zusammen.
Der Einsatz eines DV-Systems unter TPM verlangt nach dem Aufbau einer zentralen
Informationsbasis mit entsprechender Organisation der Daten. Damit wird ein schnel-
ler Zugriff auf die Datensätze fUr alle Nutzer ermöglicht, und die Verfolgbarkeit der
Herkunft der Daten ist sichergestellt. Der erfolgreiche Betrieb eines DV-Systems bei
einer Bahngesellschaft ist deshalb unter anderem von der Erfüllung der nachfolgenden
Anforderungen abhängig:
• Es sind alle instandzuhaltenden Objekte inklusive ihrer Stammdaten zu erfassen.
• Es sind klare Verantwortungsbereiche fUr die Pflege des DV-Systems zu schaffen,
damit Aktualität und kontinuierliche Verbesserung gewährleistet sind.
• Ein System des Rückflusses von Daten aus der Praxis ist aufzubauen, welches zur
Optimierung der Funktionen des DV-Systems beiträgt.
• Aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten ist ein Vergleich zwischen reaktiver
und produktiver Instandhaltung durchzuführen, der zur Dokumentation des erreich-
ten Fortschritts dient.
• Mittels des DV-Systems sind Kennzahlen zu berechnen, die die Leistungsfähigkeit
der Instandhaltung beschreiben.
• Es müssen alle Ersatzteile inklusive ihrer Bewegungen erfasst werden.
• Die Verzahnung von Diagnose und Ersatzteillogistik muss gewährleistet sein.
• Instandhaitungspläne sind mittels des DV-Systems zu generieren, so dass die vor-
beugenden Instandhaltungsaktivitäten mit den übrigen Massnahmen koordiniert
werden können.
797 Orban weist in diesem Zusammenhang auf die Schwierigkeit der Ermittlung des Nutzens hin. Da
Schätzungen von Nutzcngrösscn mit Unsicherheitsfaktoren behaftet sind, erlangen diese Werle den
Charakter von Ziclgrössen Vgl. Orban 1990, S. 25.
226 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
• Die Ansprüche an das DV-System sind mit der zu beschaffenden Hardware abzu-
stimmen.
• Die Software hat sich an den Instandhaltungszielen auszurichten.
4.2.5. Organisation
Dem Wort Total wird unter TPM eine grosse Bedeutung beigemessen. Die Fokussie-
rung auf den Menschen als Mittelpunkt, die Förderung des Teamgedankens und der
Einbezug aller Mitarbeiter in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zeigen die
angestrebte Organisationsstruktur auf. Die Integration der Instandhaltung in die
Produktion, die Verbindung der bei den Elemente sowie die darüber hinausgehende
Eingliederung dieser Bereiche in das gesamte Unternehmen unterstreichen die Ganz-
heitlichkeit des Ansatzes TPM.
Eine Organisation, die eine TPM-fördernde Struktur aufweist, basiert auf einer Matrix.
Es werden horizontale Gruppen wie Komitees und Projektteams in jeder Ebene der
vertikalen Managementorganisation aufgebaut. Die Gruppen werden entsprechend
ihrem Rang abgestuft, an der Spitze das Top-Management, im Mittelbereich das
Management der Abteilungen und auf der untersten Ebene beispielsweise die Instand-
haltungszirkel. Damit ist die Verbindung des top-down zielorientierten Managements
mit den bottom-up orientierten Kleingruppenaktivitäten sichergestellt. In Ergänzung zu
dieser Organisationsstruktur können Stabsstellen geschaffen werden, denen die Lösung
von speziellen Problemen obliegt.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 227
Die Organisation von TPM baut auf den Grundsätzen des Lean-Managements auf.
Diese Sichtweise fokussiert und bündelt die Kräfte des Unternehmens auf dessen
Kernaktivitäten. Den Prozessen und der daraus hervorgehenden Qualität wird grösste
Beachtung entgegengebracht.
4.3.1. Grundlagen
Die vorangehenden Abschnitte befassten sich mit der Konzeption einer nach TPM-
Grundsätzen aufgebauten Instandhaltung. Die Frage nach den Kosten blieb jedoch
weitgehend ausgeklammert, aber auch die Frage nach möglichen Ertragssteigerungen
wurde keiner genaueren Betrachtung unterzogen. In den folgenden Abschnitten wird
ein Vergleich der Kosten, die mit der Instandhaltung im allgemeinen und der Einfüh-
rung von TPM im speziellen verbunden sind, mit den möglichen Ertragssteigerungen,
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 229
die vorwiegend auf einer besseren Qualität der erbrachten Dienstleistung beruhen,
durchgeführt.
Die Analyse der gesamten Kostenstruktur einer Bahngesellschaft liegt der Aufgaben-
stellung dieser Arbeit nicht zugrunde798 . Deshalb wird im folgenden nur noch auf die
Kosten und Kostenveränderungen im Bereich Instandhaltung eingegangen.
Die konkrete Kostendiskussion in der TPM-Literatur darf mit Fug und Recht als nicht
besonders ergiebig bezeichnet werden: Die zusätzlichen Kosten, die bei der Imple-
mentierung von TPM anfallen, liegen in der Zeit für Schulung und Training der
Mitarbeiter799 , dem Ausarbeiten und der Entwicklung des Schulungsmaterials, den
Kosten für die Verbesserung der Betriebsanlagen, für das TPM-Personal (Stab), für die
Besprechungen sowie der Public Relations für TPM 8OO • Dabei werden insbesondere
die Kosten für die Verbesserung der Betriebsanlagen als besonders schwierig ab-
zuschätzen bezeichnet801 . Diesbezüglich sind keine weiteren Ausführungen vorzufin-
den.
Die Implementierung von TPM bringt hingegen mit Sicherheit elmge gravierende
Organisationsveränderungen802 mit sich, so dass in diesem Unternehmensbereich von
zusätzlich anfallenden Restrukturierungskosten sowie Projektierungskosten auszuge-
798 Vgl. zu einer Darstellung einer allgemeinen Kostenstruktur eines Unternehmens und der Einordnung
der Instandhaltungskosten auch Herold 1987, S. 22.
199 Tombrink spricht in diesem Zusammenhang von einem Betrag von 80'000 DM pro Mitarbeiter für
die Durchführung eines Trainingsprogrammes - einer Produktionssimulation mit entsprechenden
teamorientierten Schulungseinheiten - sowie weiteren 300'000 DM für externes Consulting. Vgl.
Tombrink 1993, S. 142.
800 Vgl. Hartmann 1995, S. 184.
80\ Vgl. ebenda, S. 184.
802 Vgl. zu einer beispielhaften Darstellung möglicher Organisationsveränderungen in den Bereichen
Produktion sowie Instandhaltung auch die Ausführungen von Platzer 1993, S. 183ff.
230 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
hen ist. Bezüglich dieser Kostenarten sind jedoch keine Angaben auszumachen. Es
wird lediglich festgehalten, dass flir die Implementierung von TPM ein beträchtlicher
Aufwand an Zeit, Geld und Training nötig ist803 .
Um eine Analyse der Kosten und Ertragspotentiale In der Art, wie SIe beim
Dienstleister Balmgesellschaft durch Verbesserungen im Bereich Instandhaltung
anfallen, durchfuhren zu können, ist eine abschliessende Besprechung der Kosten und
Ertragspotentiale unumgänglich. Aus Gründen der Anwendbarkeit und im Sinne einer
umfassenden Darstellung der Sachverhalte wird in den folgenden Abschnitten auf die
traditionell orientierte Instandhaltungsliteratur zurückgegriffen.
Die Kosten - verstanden als eine Art der Wirkungen der eingeführten Massnahmen -
erlangen für die Ausarbeitung einer Konzeption eine besondere Bedeutung, da eine
Konzeption solange einen geringen informativen Charakter aufweist, wie sie die
Die Bewertung der Auswirkungen von Alternativen sollte auf Basis der Effizienz der
ergriffenen Massnahrnen - über die erfolgswirtschaftlichen Grössen Kosten und Erlöse
- erfolgen 809 . Die Kostenarten müssen dabei den Kriterien der Vollständigkeit,
Überschneidungsfreiheit und Zweckmässigkeit genügen. Zweckmässigkeit bedeutet,
dass ein Kausal- oder Finalzusammenhang zwischen den untersuchten Parametern
besteht. Zusätzlich muss die Operationalisierbarkeit und die Messbarkeit gewährleistet
sein810 .
Die Problematik der Erfassung wird zusätzlich verschärft, weil nicht eindeutig defi-
niert ist, welche Kostenarten dem Begriff Instandhaltungskosten zu subsumieren
sind814 . Dieser Sachverhalt kann auf die unterschiedlichen Abgrenzungen der Kosten-
felder zurückgeführt werden: Insbesondere die Trennung zwischen Erhaltungs- und
Herstellungsaufwand815 , aber auch die uneinheitliche Abgrenzung der Ausfallkosten
führen zu diesen Verhältnissen816 .
Die Minderung oder der totale Verlust der Leistungsfähigkeit einer Anlage oder eines
Anlagenteiles ist mit negativen wirtschaftlichen und/oder anderen unerwünschten
8\4 B10ss sieht die Instandhaltungskosten grundsätzlich aus den auftragsbewgen zurechenbaren EinzeI-
kosten sowie den variablen und fixen Gemeinkosten zusammengesetzt. Mittels der dispositionsorien-
tierten Verrechnung der Kapazitätskosten kann eine Aufschlüsselung erfolgen: Die dispositions-
orientierte Verrechnung der Kapazitätskosten verteilt die Kapazitätskosten aufgrund der fur jede
KostensteIle innerhalb der definierten Periode vordisponierten Leistungen und verrechnet die va-
riablen Gemeinkosten sowie die Einzelkosten der Instandhaltungsmassnahmen über die jeweiligen
Aufträge. Vgl. Bloss 1995, S. 165f. Zu den Schwierigkeiten bezüglich der Definition des Begriffes
Instandhaltungskosten und den daraus resultierenden Konsequenzen siehe auch die Ausfuhrungen
von Adam 1989, S. 88f.
8\5 Vgl. dazu auch die Ausfiihrungen ebenda, S. 92f.
8\6 Vgl. Heck 1992, S. 683.
8\7 Dabei ist es möglich, dass die Stillstandskosten keinen linearen Verlauf aufweisen, sondern oszillati-
ven Schwankungen unterliegen. Damit kommen einer Verkürzung der Stillstandszeit und/oder einer
zeitlichen Hinauszögerung des Ausfalles nochmals zunehmendere Bedeutung bei. Vgl. Adam 1989,
S. I 27ff.
8\8 Vgl. ebenda, S. 121ff.
8\9 Für die praktische Kostenerfassung ist es unumgänglich, den Begriff Anlagenausfall eindeutig ab-
grenzen zu können. Diese Abgrenzung ist jedoch - je nach Sachverhalt und Unterschiedlichkeit der
Anlagen - mit Schwierigkeiten verbunden. Vgl. Männel 1989a, S. 235f.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 233
Die Problematik der Erfassung von Anlagenausfallkosten basiert auf den unterschied-
lichen Erscheinungsfonnen derselben. Eine Möglichkeit zur Entschärfung und Quanti-
fizierung bietet die systematische Erfassung der potentiellen Nachteile hinsichtlich
ihrer Art. Der Einsatz von statistischen Verfahren und eines leistungsfähigen DV-
Systems erleichtern die diesbezügliche Infonnationsauswertung. Über ein Betriebs-
datenerfassungssystem ist es möglich, die nicht oder fehlerhaft hergestellte Menge zu
ennitteln und mit Unterstützung eines Kostenrechnungssystems erfolgt die Bewertung
dieser Fehlmenge.
820 Der direkte Einfluss eines Produktionsausfalles einer Anlage auf das Betriebsergebnis ist noch relativ
einfach berechenbar. Bei einer stärkeren Produktionsverflechtung ist die Berechnung mit Erschwer-
nissen verbunden, da der Ausfall einer verketteten Produktionsanlage entsprechende Auswirkungen
auf vor- und nachgelagerte Produktionsstufen nach sich zieht, die schwierig zu kalkulierende fortge-
rechnete Stillstandsverluste zur Folge haben. Vgl. Lauenstein 1993, S. 120ff. Zu einer ausfuhrlichen
Beschreibung der Fortrechnung von Stillstandsverlusten siehe ebenda, S. 137ff.
821 Vgl. Rötze11993, S. 95.
822 So gehören beispielsweise Sensoren fur die Feststellung des Verschleisszustandes, die bereits bei der
Anlagenprojektierung vorgesehen wurden, nur dann zu den Instandhaltungskosten, wenn sie zu einer
Reduzierung der Inspektionskosten im Betrieb fuhren. Der nachträgliche Einbau solcher Sensoren
würde in die Kostenkategorie "Anlagenverbesserung" fallen. Vgl. Adam 1989, S. 91.
823 Die Grenze zwischen den beiden Kostenarten ist jedoch fliessend. Vgl. ebenda, S. 89f.
234 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Für die Abgrenzung der Instandhaltungskosten schlägt Heck 826 drei Modelle vor:
In einem ersten Modell werden die Ausfallkosten so weit gefasst, dass auch die
Instandhaltungskosten zu diesen zählen. Die vorbeugenden Instandhaltungskosten, die
zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit aufgewendet werden, fallen in die Kategorie
indirekte Schadenskosten, während die schadensbedingten Instandhaltungskosten, die
zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit führen, als direkte Schadenskosten
bezeichnet werden827 . Die indirekten Ausfallkosten werden in Kosten fur Massnahmen
zur Verminderung und Verhütung von Ausfallfolgekosten und in Kosten fur die
vorbeugende Instandhaltung unterteilt. Die direkten Ausfallkosten setzen sich aus den
ausfallbedingten Instandsetzungskosten und den Ausfallfolgekosten zusammen.
824 Die periodische Feststellung des Istzustandes ist eine der Grundvoraussetzungen fur die geplante In-
standhaltung. Durch die Realisierung der geplanten Instandhaltung können die Instandhaltungskosten
um bis zu 15%, die Produktionsausfallkosten bis zu 30%, die Eilinstandsetzungen um bis zu 50%
und das ungeplante Instandhaltungsvolumen auf 8% bis 12% reduziert werden. Vgl. Schulte 1988,
S. I 53ff.
825 Vgl. Bloss 1995, S. 50f. Zu einer Beschreibung der Beziehung zwischen Prozesskostenrechnung und
Dienstleistungsbereich sowie des Verlaufes von Prozesskosten nach eincm Verbesserungsprogramm
siehe auch die Ausfuhrungen von Holst 1994, S. 118ff.
826 Vgl. zu den nachfolgenden Beschreibungen die Ausfuhrungen von Heck 1992, S. 688ff.
827 Vgl. zur Problematik der direkten und indirekten Instandhaltungskosten auch die Ausfuhrungen von
Heiner 1990, S. I 74ff.
4. Kapitel Adaption der Ergebnisse 235
------- ------
Abgrenzung der Instandhaltungskosten
1
Weite Fassung der Ausfallkosten als Wirtschaftliche
Ausfallkosten Bestandteil der Nachteile des
Instandhaltungskosten Anlagenverschleisses
In einem zweiten Modell werden die Ausfallkosten als Bestandteil der Instandhal-
tungskosten verstanden. Sie werden dabei als indirekte Instandhaltungskosten aufge-
fasst, die den direkten Instandhaltungskosten - den Aufwendungen fUr die Instandhal-
tungsaktivitäten - gegenüberstehen. Bei dieser Betrachtungsweise wird davon ausge-
gangen, dass die indirekten Instandhaltungskosten aufgrund nicht rechtzeitig erbrach-
ter, nicht in erforderlicher Qualität erbrachter oder nicht schnell genug ausgeführter
lnstandhaltungsmassnahmen entstehen, also eine weitgehende Abhängigkeit zwischen
den indirekten und direkten Instandhaltungskosten besteht.
Das dritte Modell fokussiert auf die wirtschaftlichen Nachteile des Verschleisses von
Anlagen. Die Kosten zur Bekämpfung des Verschleisses und zur Vermeidung oder
Behebung von Anlagenausfällen werden als Instandhaltungskosten angesehen. Sie
werden ergänzt durch allenfalls auftretende Mehrkosten in den verschiedenen anderen
Unternehmensbereichen, die zum Ausgleich des aufgetretenen Leistungsentfalles
aufgewendet werden müssen. Beide Kostenarten bieten Ansatzpunkte für die Reduzie-
rung der Anlagenausfallkosten. Unter den Anlagenausfallkosten werden Erlösein-
bussen, Deckungsbeitragsverluste, Konventionalstrafen etc. sowie die Kosten subsu-
miert, die auf anlagenbedingte Qualitätsverluste oder den völligen Entfall der Anlagen-
leistung zurückzuftihren sindx2x . Die Konsequenzen eines Leistungsausfalles können
Die eindeutige Zuordnung von Kosten ist nicht unproblematisch 831 . Charakteristisch
beim Betrieb von Anlagen ist, dass mit fortschreitendem Anlagenverschleiss die
Leistungsfahigkeit nur allmählich abnimmt und dieser Sachverhalt meistens von einem
Anstieg der Betriebskosten begleitet wird832 . Ein Ausfall kann einerseits rudimentär
als ungewollte Unterbrechung der Funktionsfahigkeit beschrieben werden, andererseits
ist es zweckmässiger, Nonnen zu entwickeln, die - im Falle der Funktions- oder
Leistungsfahigkeit - nicht unterschritten und - im Falle der Betriebskosten - nicht
überschritten werden dürfen. Diese Nonnen lassen sich in einigen Fällen aus den
betriebsintern oder -extern vorliegenden Qualitätsvorschriften ableiten 833 .
Häufig werden aber nicht alle Dimensionen bei der Nonnfestlegung gleichennassen
berücksichtigt, und es besteht die Möglichkeit, dass die im Verlaufe des Betriebs
auftretenden Qualitätsverschlechterungen an einigen Merkmalen erkannt werden,
andere Qualitätsmerkmale sich hingegen unbemerkt verändern. Eine Präzisierung des
Begriffes Anlagenausfallkosten ist in einem solchen Falle nur über die Schaffung eines
konkreten Anforderungsprofiles an die Betriebsanlage möglich, an welchem die
Erreichung der vorgesehenen Nonnen gemessen wird. Dieser Konstellation steht die
Problematik einer plötzlich ausfallenden Anlage gegenüber. Verliert eine Anlage ihre
Funktions- und Leistungsfahigkeit voll umfänglich, so lässt sich der Anlagenausfall
präziser und einfacher erfassen. In einem solchen Falle gewinnt der zeitliche Zusam-
menhang zwischen dem eigentlichen, technischen AnlagenausfaU und der Feststellung
des Funktionsverlustes - und damit auch dem Zeitpunkt der Entstehung der Anlagen-
ausfallkosten - an Relevanz. Besonders bei Anlagen, die dauernd in Bereitschaft
829 Bezüglich der Redundanz kann zwischen aktiver und passiver Redundanz unterschieden werden. Bei
aktiver Redundanz sind alle Elemente im Einsatz und konstant betriebsbereit. Passive Redundanz er-
fordert hingegen ein Umschalten, dabei übernimmt ein vorher nicht in Betrieb genommenes Element
die Gesamtfunktion. Vgl. Siegfried 1976, S. 277f.
830 Vgl. dazu auch Männe11992, S. 735.
831 Dieser Sachverhalt tritt dann besonders zu Tage, wenn die Instandhaltungsmassnahmen mehrere
Ziele verfolgen. Vgl. Adam 1989, S. 91.
832 Bloss sieht aufgrund der Interdependenzen zwischen Instandhaltungs- und Produktionskosten eine
weitere Erschwernis bei der exakten Einordnung der einzelnen Kosten zu den Kostenarten . Vgl.
Bloss 1995, S. 51.
833 Vgl. dazu die Ausfuhrungen von Männel 1992, S 731.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 237
Die Kosten unzureichender Qualität und die entgangenen Umsätze werden bei einem
Dienstleistungsunternehmen vorzugsweise mittels Kennziffern erfasst834 . Im Dienst-
leistungsbereich wird bevorzugt die prozessorientierte Sichtweise als Methode zur
Beurteilung der Qualität angewendet835 . Die Prozesskosten im Dienstleistungsbereich
müssen in Relation zu den entgangenen Erträgen, die auf nichtkonfonne Qualität
zurückzuführen sind, gesetzt werden. Obwohl die entgangenen Gewinne nur mit hoher
Unsicherheit geschätzt werden können, ist es zweckmässig, die Prozesskosten den
Opportunitätskosten der entgangenen Gewinne gegenüberzustellen, da aus diesen
Infonnationen eindeutige Signalwirkungen hervorgehen, die für Korrekturmassnahmen
genutzt werden können.
Eine wichtige Kostenart, die es zu berücksichtigen gilt, stellen die Qualitätskosten dar.
Diese werden in der Abbildung 4.2. überblicksmässig dargestel1t. Sie gliedern sich in
die folgenden drei Arten von Kosten 836 :
• Fehlerverhütungskosten, die die Kosten der Qualitätsplanung und -sicherung
beinhalten837 .
• Prüfkosten838 , die bei der Durchführung von Qualitätsanalysen und -kontrollen
anfallen.
• Fehlerkosten, die durch eine nachträgliche Wiedergutmachung - beispielsweise ist
hier Schadenersatz aufzuflihren - des Fehlers entstehen.
Problematisch bei der Qualitätskostenanalyse ist die genaue Erfassung und Zurech-
nung der einzelnen Kosten 839 .
834 Vgl. dazu die Ausfuhrungen von Holst 1994, S. 120ff. und S. 127.
835 Kerbler ist diesbezüglich der Ansicht, dass das Qualitätsmanagement durch das Prozessmanagement
gestaltet wird, die Qualität somit von den Prozessen, die zur Erstellung der Dienstleistung fuhren,
abhängt. Vgl. Kerbler 1994, S. 133.
836 Vgl. Meffert 1995, S. 221f.
837 Fehlerverhütungskosten werden als positive Investitionen zur weitergehenden Qualitätsverbesserung
hinsichtlich der Produkte verstanden, während Fehlerkosten vermeidbare Verluste darstellen. Zwi-
schen beiden Kostenarten besteht eine gegenläufige Beziehung. Vgl. Hauff/Patzschke 1995, S. \033.
838 Vgl. zu den Prüfkosten die Ausfuhrungen ebenda, S. \039 und Henckels 1993, S. 615ff.
839 Brunner versteht unter dem Begriff Qualitätskosten alle Aufwendungen in der Produktion, die zur
Vermeidung von Frühausfällen eingeleitet werden sowie alle Massnalunen, die eine präzise und
qualitativ hochwertige Fertigung ermöglichen. Vgl. Brunner 1992, S. 75ff. Empirische Studien wei-
sen darauf hin, dass sich die gesamten Qualitätskosten in der Industrie zu 18% aus Fehlerverhü-
238 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Qualitätskosten
------/
F ehlerverhütungs-
kosten
Prüfkosten ---------- Fehlerkosten
tungskosten, zu 35% aus Prüfkosten und zu 47% aus Fehlerkosten zusammensetzen. Trotz der in-
tensiven Qualitätsverbesserungsprogramme konnte im Verlauf der letzten Jahre der persistent hohe
Anteil der FehIerkosten vOn rund 50% nicht vennindert werden. Vgl. HaufflPatzschke 1995, S.
1034.
S40 Vgl. Kandaouroff 1994, S. 766ff.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 239
Qualitätskosten
I
I 1
Übereinstimmungskosten Abweichungskosten
1 1
Erfullung von Anforderungen Nichterfullung von Anforderungen
1 1
Kosten bekannt, planbar, nicht Kosten vermeidbar, nicht geplant,
vermeidbar nur schätzbar
Gemeinkosten Fehlleistungsaufwand
1
Kosten sind den Fertigungskosten
1
Kosten sind vom Deckungsbeitrag
zuzurechnen. Im allgemeinen sind sie abzuziehen, weil vermeidbar und
Gemeinkosten Ergebnis schmälernd
841 Zu diesen Mängeln zählt vor allem die Herleitung des kostenoptimalen Qualitätsgrades. Des weiteren
wird die simultane Optimierung von Fehlerkosten und Fehlerverhütungskosten in Frage gestellt. Vgl.
von Weme 1994, S. 125f.
842 Vgl. Seghezzi 1992b, S. 7.
84, Vgl. Kandaouroff 1994, S 770ff
240 4. Kapitel Adaption der Ergebnisse
844 Vgl. zur Kosten- und Leistungsbeurteilung von Qualitätssicherungssystemen und insbesondere zur
Optimierung der Qualitätskosten auch Wildemann 1992, S 761 ff
845 Vgl. zu den nachfolgenden Ausfuhrungen Danzer 1995, S. I 27ff.
846 Vgl. zum Übergang vom Anbietermarkt zum Käufermarkt auch Winchcringcr 1993, S 14 und Rein-
beugende Instandhaltung. Grundsätzlich beinhaltet dies, dass die in Betriebswerken (Bw) und Aus-
besserungswerken (AW) durchgefuhrten Arbeiten von vornherein der Beanspruchung entsprechend
geplant und die Abstände der Arbeiten - zeitlich oder laufleistungsabhängig - so festgelegt werden,
dass in der Zwischenzeit möglichst wenig Bedarfsarbeiten anfallen. Vgl. Günther 1989, S. 501.
849 Zu einer Darstellung der Wechselbeziehungen zwischen den beteiligten Bereichen des umfassenden
sondern positiv in die gesamten Unternehmensaktiviäten eingebettet werden muss, wird von Mense
unterstützt. Vgl. Mense 1995, S. 800.
851 Diesbezüglich stellt sich die Problematik der Kostenabgrenzung zwischen der Instandhaltung und
Grundlegend ist die Unterteilung in direkte und indirekte Kosten auch bei einer Bahn-
gesellschaft beizubehalten. Mit dieser Unterscheidung wird sichergestellt, dass die
Kosten, die bei der Ausführung der Instandhaltungsaufgaben anfallen, nicht mit den
sich aus den Konsequenzen ergebenden Kosten vermischt werden. Mittels dieses Vor-
gehens sind Verschiebungen zugunsten der einen oder anderen Kostenart verifizierbar.
Die Erfassung der aus den Folgen resultierenden Kosten - der Anlagenausfallkosten -
ist im Falle einer Bahngesellschaft mit besonderen Schwierigkeiten behaftet, da die
Kostenfolgen bei der Bahnunternehmung und nicht beim Instandhaltungsbereich direkt
anfallen. Unter dieser Konstellation erscheint es denmach zweckmässig, eine weitge-
hende Definition der Anlagenausfallkosten zu wählen. Um eine Dynamisierung in die
Qualitätskostendiskussion zu bringen, ist von der traditionellen Betrachtungsweise der
Qualitätskosten auf die Neuordnung überzugehen. Obwohl einige KO~l"'~ ~!' Form von
Opportunitätskosten in die Berechnung einfliessen, lässt sich theoretisch eine Balance
zwischen den Übereinstimmungs- und Abweichungskosten fmden. Die Integration der
Qualitätssicherung in die Kostenstruktur der Unternehmung bringt die notwendige
852 Zu einer Darstellung von TQM beim Dienstleister Bahn siehe auch die Ausfiihrungen von Sliwka
1993, S. 888f. Zum Zusammenhang zwischen TQM und Dienstleistungsqualität siehe auch die Aus-
fuhrungen von Engels/Paulic/Schmitt 1993, S. 363ff.
853 Kamiske bezeichnet den möglichen Gewinn von TQM als Return On Quality ROQ. Die Berechnung
des ROQ - dem Gewinn als Funktion der Qualität - erfolgt auf der Gegenüberstellung von Nutzen,
bzw. Gewinn und AulWand. Vgl. Kamiske 1995, S. 1122f.
242 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Vervollständigung des Blickwinkels mit sich. Zusätzlich sind die Einführung der
Zielabweichungskosten und eine verstärkte Prozessorientierung in Betracht zu ziehen.
Grundlegend für den Kosten-Wirkungsvergleich ist die Frage nach der Wirksamkeit
der Instandhaltungsaktivitäten. Die Messung der Wirksamkeit 858 erfolgt über das
Verhältnis zwischen verfolgtem Zweck und den daftir eingesetzten Mitteln 859 . Unter
Effizienzkriterien gilt es, ein Ergebnis mit möglichst geringem Mitteleinsatz
herbeizuftihren, oder mit einem bestimmten Einsatz an Mitteln das bestmögliche
Ergebnis zu erzielen 860 .
854 Die Infonnationen über die Kosten der Instandhaltungsleistungen können auch zur Kostenplanung
verwendet werden. VgL Rötzel 1993, S. 73f
855 VgL Biedennann 1992a, S. 699.
856 Einen umfassenden Überblick über diesbezügliche Massnahmen zur Kostenreduzierung gibt Handke
1987,S.119.
851 Zu einer weiterfuhrenden Darstellung der Wirtschaftlichkeit siehe die Ausfuhrungen von Bieder-
mannJWoltbauer 1992, S. 74 I ff.
858 Ruthenberg ist der Meinung, dass statt des Begriffes Wirksamkeit Wirtschaftlichkeit verwendet wer-
den müsste. Zu einer Definition der Begriffe und einem Messsystem fur die Wirksamkeit, Wirt-
schaftlichkeit und Wettbewerbsfahigkeit von Instandhaltungsleistungen sowie der Beziehung zwi-
schen dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsbegriff und dem Wirtschaftlichkeitsbegriff der betriebli-
chen Instandhaltung im speziellen vgL Ruthenberg 1990b, S. 166f
859 VgL zu diesen Ausfuhrungen ebenda, S. 72f und Schulte 1988, S. I 46ff.
860 Die Effizienz der erbrachten Instandhaltungsleistungen lässt sich anhand der drei Faktoren Aus-
lastung, Methode und Leistung bestimmen. Für die drei Oberbegriffe werden Soll-Ist-Vergleiche an-
gestellt und jeweils die drei Soll-Werte und die drei Ist-Werte miteinander multipliziert, so dass sich
zwei Werte fur die Effizienz bilden. Auf diese Art und Weise ergibt sich ein Soll-Ist-Vergleich fur
die Effizienz VgL Herold 1987, S 33f
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 243
Die monetären Folgen eines Produktionsausfalles werden in der Praxis häufig unter-
schätzt861 : Die entgangenen Gewinne erscheinen aufgrund der vielfach angewandten
Vollkosten- und Nettoergebnisrechnung als zu gering. Die Ursache dafiir liegt in der
Zurechnung der Gemeinkosten, die eine Ausweisung von zu geringen Stückgewinnen
zur Folge hat. Die tatsächlich entgangenen Gewinne können mittels der Deckungs-
beitragsrechnung ermittelt werden, die die vom Produktionsausfall nicht betroffenen
fixen Kosten ausser acht lässt. Die Diskrepanz zwischen den beiden Berechnungsarten
wird um so grösser, je höher der Anteil der Fixkosten eines Betriebes ist.
Wie die Analyse der Dienstleistungsproduktion gezeigt hat, können aufgrund des
zeitlichen Zusammenfalls von Leistungserstellung und Leistungskonsumption in den
meisten aller Fälle keine nachträglichen Korrekturen mehr angebracht werden. Inso-
fern sind den Kosten, die bei einer allfalligen Nachbesserung der erstellten Dienstlei-
stung anfallen würden, klare Grenzen gesetzt. Bei der Erstellung von Dienstleistungen
- wie sie im Falle einer Bahngesellschaft bei der Erbringung von Transportleistungen
vorliegen - können die wirtschaftlichen Nachteile eines Anlagenausfalles weitest-
gehend nur durch die vorgesehene Durchfuhrung der Instandhaltungsmassnahmen
reduziert oder vermieden werden. Aus diesem Grunde kommt der Instandhaltung bei
einer Bahngesellschaft überragende Bedeutung zu. Die Vermeidung dieser Nachteile
und der damit verbundenen Kosten kann als Nutzen 862 der Instandhaltung aufgefasst
werden, der den Kosten der Instandhaltungsmassnahmen gegenübergestellt und fiir
eine Kosten-Nutzen-Analyse verwendet werden kann863 •
Für den Dienstleister Bahngesellschaft zeigt sich ein differenziertes, teilweise von die-
ser allgemeinen Darstellung abweichendes Bild:
Die Konsequenzen aus der Verletzung von Personen und der Zerstörung oder Beschä-
digung der Umwelt sind in etwa gleich einzustufen, wie bei einem Unternehmen, das
auf die Produktion von Sachgütern spezialisiert ist. Unterschiede ergeben sich vor al-
lem bei den Konsequenzen eines totalen Anlagenausfalles, bzw. bei einem Leistungs-
abfall der Produktionsanlage. Ein völliger Ausfall der Produktionsanlage - des Trieb-
fahrzeuges - führt in der Regel zu der Nichteinhaltung von Terminen, zu Verspätun-
gen865 . Die verspätete Erbringung der Dienstleistung zieht für die Bahngesellschaft
kaum direkte negative finanzielle Konsequenzen nach sich: Die Einnahmen - die
Fahrpreise - wurden von den Kunden im voraus bezahlt866 , Erlösminderungen, Scha-
densersatzzahlungen oder Konventionalstrafen sind im Personenverkehr weitgehend
unbekannt867 .
Die Folgen von längeren Stillstandszeiten können bei der Dienstleistung Transport nur
unter ganz speziellen Umständen wettgemacht werden, weder die Einlegung von
Überstunden noch der Fremdbezug einer Ersatzleistung können in der Regel - auf-
grund des zeitlichen Zusammenfalls von Produktion und Konsumtion der Dienstlei-
stung - die verlorene Zeit kompensieren. Ähnliches kann Hir den Aufbau von zusätz-
lichen, redundanten Kapazitäten festgehalten werden, auch ihre Möglichkeiten zum
865 Bei einer Bahngesellschaft resultieren jedoch nur 20% bis 25% der Verspätungen direkt aus Mängeln
in der Betriebsfiihrung, 75% bis 80% der Unpünktlichkeiten sind auf eine mangelhafte Fahrplan-
Planung zurückfuhren. Vgl. Hertel 1994, S. 128.
866 Vgl. Maleri 1994, S. 235.
867 Einige Bahngesellschaften - beispielsweise die British Rail BR - sind im Rahmen des Qualitätsmana-
gements dazu übergegangen, im Falle der Überschreitung gewisser Verspätungshöchstgrenzen den
Stammkunden Preisnachlässe zu gewähren. Vgl. Hertel 1994, S. 128.
4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse 245
Der Leistungsabfall einer Anlage macht sich bei einer Bahngesellschaft hauptsächlich
in einer schlechteren Qualität der Dienstleistung bemerkbar868 . Ein Leistungsabfall tritt
in der Mehrzahl aller Fälle in der Form von Verspätungen auf, die je nach Sachlage
weitergehende Konsequenzen nach sich ziehen können 869 .
In einigen speziellen Fällen kann von einem Mehrverbrauch an Stoffen und Energien
ausgegangen werden, aber nur in ganz extremen Fällen resultiert insgesamt eine
geringere Produktionsmenge, da Pufferzonen zwischen den einzelnen Leistungen im
voraus eingeplant sind, die auftretende Divergenzen abfedem 870 .
Der Ausfall einer Anlage ist meistens von der Verschlechterung der Reparaturbedin-
gungen begleitet. Dieser Sachverhalt trifft auch rur den Dienstleister Bahngesellschaft
in der Überzahl aller Fälle zu.
8"8 Vg1. zu den Determinanten der Reiseverkehrsqualität - vor allem der vom Benutzer wahrgenomme-
nen Transport-, Informations- und Betreuungsqualität - auch die Ausführungen von Her-
tellRasemann 1993, S. 367ff
869 Deshalb kann als wesentliches Ziel bei der Instandhaltung von Verkehrsmitteln neben der Aufrecht-
erhaltung der Funktionsfahigkeit der Verkehrsmittel und dcr wirtschaftlichen Führung des Bereiches
Instandhaltung die Regelmässigkeit und Pünktlichkeit des Betriebes formuliert werden. Vg1. Kozak
1987, S 125. Zum Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Verspätungen, bzw. Be-
triebs störungen siehe auch HertellRasemann 1993, S. 369f.
870 Durch diese Pufferzonen wird angestrebt, die Pünktlichkeit des Transportsystems Bahn verbessern
zu können. Vg1. Dürr 1991, S 185.
246 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
tion zwischen den Kosten und der Qualität statt. Eine effiziente Instandhaltung ennög-
licht eine hohe Dienstleistungsqualität bei minimalen Kosten. Zweck der Implementie-
rung von TPM im Instandhaltungsbereich ist eine Effizienzsteigerung, die zu einer
gleichbleibenden oder gesteigerten Qualität der Instandhaltungsleistungen bei konstan-
ten oder geringeren Kosten führt. Durch Rückkopplung der generierten Daten - bei-
spielsweise der OEE - und der Kosten in das System wird dem Regelkreisgedanken
Rechnung getragen. Die Etablierung eines solchen Regelkreises führt bei einer Bahn-
gesellschaft insgesamt zu einer höheren Dienstleistungsqualität unter Einhaltung der
Kostenvorgaben.
-------- -------
monetäre nicht -monetäre
1 1
Klassische Qualitätskosten- Benchmarking
rechnung ISO 9000 Reihe
Modifizierte QuaJitätskosten- Quality Awards
rechnung Leistungs-, prozessorientiert
L L L
Mitarbeiterorientiert Kundenorientiert Prozessorientiert
Befragungen Multiattributverfahren Fehleranalyse
Kündigungsanalysen Beschwerdeanalyse Ausschussanalyse
Mitarbeitergespräche Fluktuationsanalyse Nacharbeitsanalyse
Arbeitsklimaforschung Kunden-Workshops Durchlaufzeitermittlung
873 Der Vergleich des eigenen Unternehmens mit anderen Wettbewerbern arn Markt erlangt im Rahmen
moderner Qualitätsmanagementmethoden besondere Bedeutung. Die zum Vergleich notwendigen In-
formationen und Daten können mittels eines Benchmarkings ermittelt werden. Vgl. Richert 1995, S.
283ft".
874 Vgl. von Werne 1994, S. 123.
248 4. Kapitel: Adaption der Ergebnisse
Beide Fälle treffen auf den Dienstleister Bahngesellschaft, wie auch den Dienstleister
Instandhaltung zu. Erstellt der Dienstleister Instandhaltung eine mangelhafte Leistung -
in diesem Sinne eine Untererfüllung der Erfordernisse - und "verkauft" diese an den
Dienstleister Bahngesellschaft, so hat in erster Linie letzterer mit den Konsequenzen
der Untererfüllung zu rechnen. Bei einer solchen Konstellation wird die Instandhaltung
kurzfristig nur indirekt von den Folgen der Untererfullung betroffen.
Etwas anders präsentiert sich der Sachverhalt bei der Instandhaltung unter der gegen-
wärtigen Situation: Da die Instandhaltung "Vorleistungen" ftir den Dienstleister Bahn-
gesellschaft erstellt, trifft sie nicht direkt mit dem Endkunden zusammen. Allfallige
Nichtqualitätskosten bei der Erstellung der Dienstleistung Transport fallen deshalb nur
in indirekter Form beim Bereich Instandhaltung an. Die Schaffung interner Kunden-
Lieferanten-Beziehungen bringt diesbezüglich eine Verbesserung der Situation, da
einerseits die Nichtqualitätskosten direkt beim Bereich Instandhaltung anfallen, an-
dererseits der Bahngesellschaft Alternativen beim Bezug der Instandhaltungsleistungen
offenstehen.
Nachforschungen und die Zeit der eigentlichen Fehlerbehebung, sondern alle Tätigkei-
ten, die administrativ oder zur Dokumentation der Fehler anfallen, zählen ebenfalls
dazu. Die mit der Behebung der Fehler direkt in Zusammenhang stehenden Kosten
werden durch Kosten indirekter Art ergänzt. Dazu gehören unter anderem auftretende
Ineffizienzen, die auf Fehler vorgelagerter Stellen zurückzuführen sind. Diese Fehler
werden von der Stelle, in der die mangelhafte Leistung erstellt wird, oft nicht als
Fehler identifiziert, da ihre Konsequenzen erst in der nachgelagerten Stelle auftreten.
Das Auftreten eines Fehlers innerhalb des Prozesses der Dienstleistungserstellung kann
eine Art Multiplikatoreffekt auslösen, der die Folgen des ursprünglichen Fehlers in den
nachgelagerten Stellen fortlaufend verstärkt876 . Gerade dieser letzte Effekt erlangt
enorme Bedeutung bei der Beziehung zwischen Instandhaltung und Bahngesellschaft.
Die Instandhaltung stellt diesbezüglich die vorgelagerte Stelle, die Vorleistungen zur
Herstellung der Transportleistung erbringt, dar. Treten Ineffizienzen oder Fehler bei
der Erstellung der Instandhaltungsleistungen auf, so wird die nachgelagerte Stelle - der
Hersteller der Transportleistung - massgeblich von den Konsequenzen der mangelhaf-
ten Leistungserbringung getroffen, während der eigentliche Verursacher - die Instand-
haltung - erst in zweiter Instanz belangt wird.
Die Tendenz zur integrierten Instandhaltung und die Veränderungen, die mit der
Implementierung von TPM einhergehen, modifizieren diese Sichtweise in erheblichem
Umfang. Eine isolierte Betrachtungsweise - mit der individuellen Erfolgszurechnung -
ist in einem solchen Fall nicht mehr angebracht.
Die Einführung von TPM bringt eine stärkere Fokussierung auf diese Aktivitäten mit
sich. Damit leistet die Einführung von TPM einen aktiven Beitrag zur Verminderung
der immateriellen Ausschusskosten im Instandhaltungsbereich. Über die zuvor geschil-
derte Brücke zwischen Instandhaltung und Bahngesellschaft werden die erreichten
Verbesserungen im Instandhaltungsbereich an letzteren weitergegeben, so dass
insgesamt von einem positiven Effekt auf die Dienstleistung Transport ausgegangen
werden kann.
Der Verlust eines Mitarbeiters bedarf einer genauen Betrachtung, damit die aus dem
Abgang entstehenden Kosten berechnet werden können. Es muss zwischen gewollten,
ungewollten und unvermeidbaren Austritten unterschieden werden. Die Berechnung
der entstandenen Kosten erfolgt auf der Basis dieser Kategorien und den Fluktuations-
kosten.
Als zentrale Bestandteile der Fluktuationskosten sind die Rekrutierungskosten für den
neuen Mitarbeiter, dessen Einarbeitungszeit, etwaige Schulungen und Kurse sowie der
Know-How-Verlust des ausgeschiedenen Mitarbeiters zu nennen. Die Quantifizierung
der letzten Komponente ist jedoch in vielen Fällen mit Schwierigkeiten behaftet877 .
Die Kosten, die durch Unzufriedenheit der Mitarbeiter entstehen, weisen ebenfalls
einen erhöhten Komplexitätsgrad bei der Quantifizierung auf, der vor allem auf die
mangelnde Quantifizierbarkeit der zusätzlich auftretenden Interdependenzen - etwaige
negative Beeinflussungen der Kunden und anderen Mitarbeiter - zurückzuführen ist.
Aus diesem Grund werden die Kosten unzufriedener Mitarbeiter überwiegend in der
Form unproduktiver Arbeitszeit erfasst.
Für beide Dienstleister - die Bahngesellschaft wie auch die Instandhaltung - ergeben
sich keine grundlegenden Unterschiede im Hinblick auf die Kosten ungewollt verlore-
ner Mitarbeiter, beide müssen in etwa mit den selben finanziellen Folgen eines
Mitarbeiterverlustes rechnen, die mehr von der ausgeübten Tätigkeit und/oder der
eingenommenen Führungsstufe abhängen, als von der Zugehörigkeit zum einen oder
anderen Betrieb.
Ähnliches lässt sich für die Kosten der unzufriedenen Mitarbeiter festhalten, sie fallen
bei beiden Dienstleistern eher in Abhängigkeit der Tätigkeit und Führungsstufe an, als
dass sich ein Schwerpunkt bei einem der beiden Dienstleister nachweisen liesse. Eine
Ausnahme bilden allerdings die möglichen negativen Auswirkungen auf die externen
Die Einführung von TPM trägt zu einer Reduktion der mitarbeiterbezogenen nicht-
monetären Qualitätskosten - zumindest im Bereich Instandhaltung - bei. Eine der tra-
genden Säulen des TPM-Konzepts ist die Durchführung von Schulungen und Förde-
rungsmassnahmen zur Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation. Durch die Teil-
nahme an Schulungen wird nicht nur die Qualifikation der Mitarbeiter - und damit die
Qualität der ihnen übertragenen Arbeiten - verbessert, sondern gleichzeitig die Ar-
beitszufriedenheit gesteigert. Die Aufwertung des Arbeitsplatzes führt zu einer gerin-
geren Fluktuationsrate und einer Verminderung der mitarbeiterbezogenen nicht-mone-
tären Qualitätskosten.
Bei diesem Vergleich wurde festgestellt, dass die Implementierung von TPM - zumin-
dest in der Einführungsphase - mit erheblichen Mehrkosten verbunden ist. Diese Ko-
sten entstehen unter anderem aufgrund der zahlreichen Schulungsmassnahmen, der
Kosten für die Verbesserungen der Anlagen sowie der Restrukturierungs- und Projek-
tierungskosten. Positiv schlagen sich die verbesserte Qualität der Instandhaltungs-
leistungen, die Erhöhung der Produktivität, die Verringerung von Stillstandszeiten, In-
vestitionsaufschübe sowie direkte Kostenreduktionen im Instandhaltungsbereich nie-
der.
5. Kapitel: Zusanunenfassung der Ergebnisse 253
Die mit TPM verbundenen Fortschritte führen auf indirektem Weg zu einem Anstieg
der Qualität der produzierten Dienstleistung Bahntransport. Es kann davon ausgegan-
gen werden, dass eine höhere Qualität zusätzliche Kundenbeziehungen bringt und
bestehende festigt, insgesamt eine Steigerung der Erträge herbeiführt. Inwiefern
sogenannte weiche Faktoren - als Beispiel sei hier das Image einer Unternehmung
aufgeführt - von einer Verbesserung der Dienstleistungsqualität profitieren, wurde in
der vorliegenden Arbeit nicht weiter untersucht, jedoch ist grundsätzlich von einem
positiven Zusanunenhang auszugehen.
Bei einer Bahngesellschaft ist die Verbindung zwischen der vorbeugenden und der zu-
standsorientierten Strategie die geeignetste Lösung. Grundsätzlich kann die nach Inter-
vallen ablaufende vorbeugende Strategie beibehalten werden, diese ist aber mit Ele-
menten aus der Inspektionsstrategie zu ergänzen. Dazu gehört beispielsweise die kon-
tinuierliche Zustandserfassung sowie die Betriebs- und Funktionsüberwachung ver-
schiedener Bauteile. Die Übermittlung der Daten bereits im Vorfeld des Eintreffens ist
ein flankierendes Element dieser Strategie. Langfristig ist mittels des Datenrückflusses
eine instandhaltungsgerechte Konstruktion anzustreben, die zu einer Verbesserung der
Instandhaltbarkeit oder zu instandhaltungsfreien Komponenten fUhrt.
Das EDV-System muss in der Lage sein, Daten objekt-, leistungs- und kostenbezogen
zur Verfügung stellen zu können. Das System ist nach den Grundsätzen der Flexibilität
und Anpassungsflihigkeit aufzubauen. Zusätzlich sind die Funktionen Dokumentation
und Kontrolle der Instandhaltungsaktivitäten zu integrieren. Die Berechnung von
Kennzahlen erlaubt es, die Wirtschaftlichkeit der ergriffenen Massnahmen zu belegen.
Die EinfUhrung einer Standardisierung ist in Betracht zu ziehen, damit die Auswertung
der Daten vereinfacht erfolgen kann.
Die Matrix ist im Falle einer Bahngesellschaft als beste Grundlage der Organisation
anzusehen. Die Ergänzung mit Stäben ist in Erwägung zu ziehen. Die Einführung der
Kleingruppen und autonomen Instandhaltung ist zentraler Bestandteil der neuen Or-
ganisationsstruktur. Dabei kann eine Objektorientierung oder funktionale Orientierung
angestrebt werden. Den Grundlagen des Lean-Managements folgend, ist eine ver-
stärkte Fokussierung auf die Prozesse zu empfehlen. Die grosse Anzahl der instandzu-
haltenden Objekte fordert einen hohen Dezentralisierungsgrad. Zentralwerkstätten, die
auf bestimmte Aufgaben oder Objekte spezialisiert sind, ergänzen die dezentrale
Struktur. Insgesamt ist von einem Abbau der Hierarchiestufen auszugehen.
Die traditionelle Instandhaltung stellt demgegenüber eher ein Verwaltungs system dar.
Anstelle des unter TPM praktizierten aktiven Managements der Instandhaltungstätig-
keiten mit der dazugehörigen Kostengestaltung wird die Verwaltung der Instandhal-
tung mittels Kostenrechnung praktiziert.
Die Prozessorientierung von TPM konnte als signifikanter Unterschied zur traditionel-
len Instandhaltung festgestellt werden. Demgegenüber steht die Strukturorientierung
der klassischen Instandhaltung. Bei TPM stehen die Prozesse und Abläufe im Vorder-
grund, die Struktur ist dabei Mittel zum Zweck und entsprechend flexibel ausgelegt.
Bei der traditionellen Instandhaltung ist eine ausgeprägte Strukturorientierung fest-
stellbar, die Prozesse der Struktur unterordnet.
Die umfassende Gegenüberstellung der bei den Konzepte fiihrte zu einer ausführlichen
Darlegung der mit den jeweiligen Ansätzen verbundenen Stärken und Schwächen.
Die Auswirkungen der Einführung von TPM stellten einen weiteren Untersuchungs ge-
genstand dar. Mit Hilfe des Modells der Dienstleistungsproduktion konnte einerseits
der Qualitätstransfer verbesserter Instandhaltungsleistungen auf die Dienstleistung
Bahntransport aufgezeigt werden, andererseits konnten gezielt die Stufen lokalisiert
werden, bei denen sich die Veränderungen von TPM prioritär niederschlagen.
Die Folgen der Implementierung wurden jedoch nicht nur nach qualitativen und
strukturorientierten Gesichtspunkten untersucht, sondern die Kosten flossen explizit in
die Analyse ein. In Ergänzung zu den Kosten der Einführung von TPM wurden
mögliche Ertragspotentiale, die auf einer verbesserten Qualität der Dienstleistung
Bahntransport beruhen, aufgezeigt.
TPM ist hauptsächlich fur die Anwendung in einem industriellen Betrieb konzipiert.
Die Analyse fuhrte zu der Erkenntnis, dass nicht alle neuen Elemente von TPM bei
einer Bahngesellschaft eine Verwendung finden. In der Untersuchung wurde heraus-
256 5. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
Es sind weniger die technischen Konzepte, die das Neue an TPM ausmachen, vielmehr
sind die organisatorischen und personellen Veränderungen von Bedeutung. Bei einer
Bahngesellschaft frodet eine sinnvolle Verknüpfung von TPM und traditioneller
Instandhaltung statt. Diesbezüglich bietet die traditionelle Instandhaltung wissen-
schaftlich begründete Erkenntnisse als sehr gut durchdachte Ausgangsbasis, die mit
den innovativen Elementen von TPM vereinigt werden können.
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Stichwortverzeichnis
246ff. 196,237,242,246,255
Nicht-monetäre Qualitätsbewertungs- Prüfkosten 237f., 240
verfahren 246ff.
Qualität Sollzustand 14, 17ff., 36, 233f.
Begriff 177ff., 180 Strategien 70ff.
Deftnition 178 anlagenbezogene 84ff.
Konzepte 186ff. Einflussgrössen 70ff.
Management 182ff. massnahmenbezogene 76ff.
Merkmale 179 personelle 87ff.
Qualitätsbewertungsverfahren 246ff. Strukturorientierung 142, 255
Qualitätsinstandhaltung 25f., 97 Stützpunkt 131, 209, 228
Qualitätskosten 183ff., 199, 237ff., 246ff.
Qualitätskostenanalyse 237, 246ff. Taguchi 191ff.
Qualitätsmessverfahren 246ff. Top-Down 61, 226
Qualitätstransfer 175, 197,216,253,255 Total Employee lnvolvement TEl 7, 196
Qualitätszirkel61, 136ff., 189,226 Total Quality Control TQC 188f., 196
Quantiftzierung Total Quality Management TQM 6f., 58,
Know-How-Verlust 251 186, 195f., 241
Kosten 89f., 233, 240, 248, 251 Training 6, 25, 62ff., 190f., 223, 229f.,
Nutzen 36, 39, 114 234,253
Ziele 66ff., 218 Trendanalyse 45
Schadensanalyse 40, 104, 223 wartung 14f., 20ff., 46f., 66, 73, 77f., 84,
Schulung 6ff., 38, 62ff., 69f., 96, 118, 105, 118, 168ff.
133,138, 145ff., 171, 177, Wartungsfreie Komponenten 80
190f., 207ff., 219, 223ff.,
229, 234, 251ff. ZeithamI201ff.,215
Schwachstellenanalyse 20, 40, 48, 83, Ziele 50ff.
LEBENSLAUF
Personalien:
Name: Marco Helmut Zerbst
Geburtstag und -ort: 11. Juli 1964 in Winterthur
Zivilstand: Ledig
Militär: Sdt Motf Pers Res AAL
Schulbildung:
1971-1977 Primarschule Eschenbach
1977-1980 Sekundarschule Eschenbach
1980-1982 Lehrerseminar Hitzkirch
1982-1983 Gymnasium Reussbühl
1983-1986 Lehrerseminar Hitzkirch. Primarlehrerdiplom
1986-1987 Virginia Union University. Richmond VA. USA.
Assistenz tlir Deutsch und Französisch
1988-1989 Austin College. Sherman TX. USA, Psychologie.
Volkswirtschaftslehre. Betriebswirtschaftslehre
1989-1995 Universität Bem. lic.rer.pol.. Volkswirtschaftslehre
und Betriebswirtschaftslehre
1995-2000 Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Dr.rer.pol..
Betriebswirtschaftslehre
Berufserfahrung:
1980-1991 Diverse Tätigkeiten in verschiedenen Berufssparten
zur Selbstfinanzierung des Studiums (Werkstudent)
1986-1999 Lehrtätigkeit als Stellvertreter im Volksschulbereich
mit mehreren Dienstjahren. insbesondere phi!. 1- und
phi!. lI-Fächer sowie Informatik
1989-1998 Teilzeit-Angestellter bei der Firma Multi-Service.
Eschenbach
1991-1998 Teilzeit-Verkaufsangestellter bei der Firma FGG
Bike AG/lnterbike Swiss. Buchrain
1993-1994 Dozent tlir Volkswirtschaftslehre an der Betriebs-
wirtschafts- und Verwaltungsschule Luzem
1998-1999 Praktikum IHA/GfM Marktforschung. Hergiswil
Sprachkenntnisse:
Muttersprache Deutsch. Englisch. Französisch
Hobbies:
Sport. Lesen. Photographie