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Arbeit
Arbeit
Schon
Adam
Smith
bestimmte
die
Arbeit
als
Quelle
des
Werts,
der
als
verallgemeinerbare
Einheit
alle
Waren,
Dienstleistungen
und
das
Geld
vergleichbar
und
aufeinander
beziehbar
macht.
Allerdings
wird
bei
ihm
nicht
ganz
klar,
um
wessen
Arbeit
es
sich
handelt.
Nach
einigen
Formulierungen
scheint
er
nur
an
die
Arbeit
desjenigen
Subjektes
zu
denken,
das
sich
ein
gegebenes
Produkt
beschafft:
“that
is
dear
which
it
is
difficult
to
come
at,
or
which
it
costs
much
labour
to
acquire”2.
Demnach
könnte
etwa
der
Wert
eines
gestohlenen
Gutes
der
Arbeit
entsprechen,
die
ein
Dieb
zum
Stehlen
verausgaben
muss.
Der
Wert
entspricht
aber
der
gesamten
Arbeit,
welche
den
Gegenstand
–
im
gesellschaftlichen
Durchschnitt
betrachtet
–
hervorgebracht
hat,
und
ist
assoziiert
mit
derjenigen
Gesamtarbeit,
welche
beim
durchschnittlichen
Gebrauch
des
Gegenstandes
durch
diesen
vermittelt
wird.
Diese
beiden
Aspekte
der
Arbeit
bilden
letztlich
einen
Zusammenhang
der
Reproduktion
des
Mensch-‐Natur-‐Verhältnisses.
Ausbeutung
im
Kapitalismus
geschieht
bei
formaler
Äquivalenz
des
durch
Geld
vermittelten
Tausches,
indem
nicht
nur
Waren
und
Dienstleistungen
Waren
sind,
d.h.
entsprechend
der
Menge
an
Arbeit
von
Menschen
und
Natur,
die
sie
jeweils
(durchschnittlich)
hervorgebracht
haben,
geldvermittelt
getauscht
werden,
sondern
auch
die
Arbeitskraft
des
Menschen
und
die
der
Natur,
v.a.
Land,
als
Waren
gehandhabt
werden.
Beider
Arbeitskraft
sind
potentielle
Energie;
sie
sind
in
einem
größeren
Maße
Quelle
als
Produkte
der
Arbeit,
auch
wenn
sie
streng
genommen
beides
sind
so
wie
jedes
Produkt.
Alle
übrigen
Produkte
sind
nur
Momente,
Teilaspekte
der
gesamten
potentiellen
Energie
der
Reproduktion
(oder
des
Conatus)
des
Mensch-‐Natur-‐Zusammenhangs;
die
Arbeitskraft
von
Menschen
und
Natur
sind
aber
die
1
So
meine
Übersetzung
aus
dem
Portugiesischen:
“
’cadeia
de
valor
dos
produtos
da
sociobiodiversidade’.
Cada
um
dos
produtos
dessas
cadeias
de
valor
é
exposto
aqui
com
base
na
ecologia
da
floresta
como
um
todo.”
Aus
dem
Vorwort
von
Ricardo
Abramovay
zum
im
Instituto
Socioambiental
in
Brasilien
erschienenen
Buch
(Herausgeber:
André
Villas-‐Bôas,
Natalia
Ribas
Guerrero,
Rodrigo
Gravina
Prates
Junqueira,
Augusto
Postigo)
XINGU.
Histórias
dos
produtos
da
floresta,
São
Paulo
2017,
S.
8.
2
Adam
Smith:
An
Inquiry
Into
the
Nature
and
Causes
of
the
Wealth
of
Nations,
Chicago
1952
(William
Benton),
14.
2
Hauptmotoren,
nämlich
die
der
Natur
grundsätzlich
und
immer
und
die
des
Menschen
im
Hinblick
auf
alle
Dimensionen
der
spezifisch
humanen
Welt.
Der
gesamte
Reproduktionsprozess
der
Natur
und
der
Menschen
produziert
und
reproduziert
auch
beider
Arbeitskraft.
Der
einzige
sinnvolle
Umgang
mit
beiden
wäre
ein
demokratischer,
wobei
der
Mensch
sich
als
Teil
der
Natur
sieht.
Nimmt
man
aber
beide
als
Waren,
werden
sie
weit
unter
ihrem
Wert
verkauft.
Die
Ausbeutung
im
Kapitalismus
geschieht
nach
dem
Prinzip
des
Energiedilemmas,
d.h.
möglichst
wenig
zu
verausgaben
und
möglichst
viel
dafür
zu
erhalten,
bei
scheinbarer
Äquivalenz.
Wer
Arbeitskraft
des
Menschen
und
der
Natur
kaufen
kann,
hat
eben
diese
Möglichkeit.
Es
geht
beim
Energiedilemma
(das
in
allen
Lebensprozessen
vorkommt,
aber
in
der
spezifischen
Anwendung
im
Kapitalismus
im
Widerspruch
zum
Prinzip
der
Äquivalenz
steht),
wie
es
im
Kapitalismus
zum
Ausdruck
kommt,
um
die
auch
von
Marx
in
Bezug
auf
das
Verhältnis
Kapitalist-‐
Arbeiter
thematisierte
Differenz
zwischen
von
einem
Wirtschaftssubjekt
investierter
Arbeit
(kinetische
Energie)
oder
investiertem
Wert,
der
in
Arbeit
übergeht,
und
dem
daraus
gewonnenem
Wert
(potentielle
Energie).
Zwar
kauft
nicht
jeder
Kapitalist
Land,
aber
da
das
Land
unter
dem
Wert,
der
unbezahlbar
wäre,
gehandelt
wird,
und
dazu
große
Flächen
des
globalen
Südens,
die
Natur
des
Südens,
durch
neokoloniale
Verhältnisse
billig
sind,
werden
deren
Arbeitsprodukte
weit
unter
ihrem
Wert
verkauft,
besonders
Bodenschätze
und
landwirtschaftliche
Rohprodukte
aus
Monokulturen
des
globalen
Südens.
Jedenfalls
verausgabt
der
verallgemeinerte
Kapitalist,
der
als
Subjekt
des
Nord-‐Süd-‐Verhältnisses
begriffen
werden
muss,
weit
weniger
eigene
Arbeit
–
oder
in
seinem
Besitz
befindlichen
Wert
–,
als
er
an
Wert
gewinnt.
Die
Arbeit,
die
der
Gesamtheit
des
Werts
zugrundeliegt,
ist
die
Reproduktion
des
Mensch-‐Natur-‐Zusammenhanges.
Das
gilt
nicht
nur
für
die
jeweils
“hinter”
der
Produktion
steckende
und
unsichtbar
gemachte
Arbeit
der
Natur
und
die
der
Reproduktion
des
Menschen,
insofern
sie
den
Frauen
überlassen
wird,
sondern
auch
für
die
Produktion
von
Waren
und
Dienstleistungen,
da
auch
diese
nur
eine
vermittelnde
Funktion
in
der
Reproduktion
haben.
Der
Wert
des
Geldes
ist
nur
solange
relativ
stabil,
wie
die
potentielle
Energie
des
Fließgleichgewichtes
des
Mensch-‐Natur-‐Zusammenhanges
relativ
stabil
bleibt.
Der
Wert
ist
eben
diese
potentielle
Energie,
oder
genauer
gesagt,
die
fraktale
Einheit
des
Conatus
der
Mensch-‐Natur-‐Beziehung.
Wer
immer
ausbeutet,
beutet
diesen
Beziehungszusammenhang
aus,
von
dem
er
selber
Teil
ist.
3
Marx
analysierte
die
Ausbeutung
im
Kapitalismus
durch
die
Differenz
zwischen
dem
in
einem
gegebenen
Zeitraum
durch
Arbeit
geschaffenen
Wert
und
dem
dafür
gezahlten
Lohn,
wobei
der
Lohn
dem
Arbeiter
zukommt
und
der
Kapitalist
die
Waren
entsprechend
derem
Wert
verkauft.
Dieses
Verhältnis
zwischen
Kapitalist
und
Arbeiter
ist
aber
nicht
die
einzige
Form,
in
der
im
Kapitalismus
Ausbeutung
nach
dem
Prinzip
des
Energiedilemmas
geschieht.
Wenn
beispielsweise
Menschen
indigener
Völker
Produkte
ihres
Kunsthandwerks
billig
verkaufen
um
zu
überleben,
dann
wird
ihre
Arbeit
zusammen
mit
der
Arbeit
der
Natur
ausgebeutet
über
die
Differenz
zwischen
Preis
und
Wert.
Der
Preis
dieser
Produkte
befindet
sich
unter
dem
Wert,
d.h.
entspricht
nicht
der
in
diesen
geronnenen
Gesamtarbeit
von
Menschen
und
Natur.
Dieser
Aspekt
der
Ausbeutung
ereignet
sich
nicht
zwischen
Kapitalist
und
Arbeiter,
sondern
zwischen
Käufer
und
Arbeiter.
Es
ist
anzunehmen,
dass
eine
solche
Form
der
Ausbeutung
permanent
und
weiter
zunehmend
zwischen
globalem
Norden
und
Süden
geschieht
–
beim
Kauf
von
Rohstoffen
und
landwirtschaftlichen
Rohprodukten
–
und
dem
Industriekapitalismus
zugrundeliegt.
Daher
ist
es
möglich,
dass
beispielsweise
in
Europa
die
Ausbeutung
der
Arbeiter
im
Kapitalismus
durch
soziale
Reformen
quantitativ
erheblich
abnimmt
und
sich
außerdem
soziale
Absicherungen
der
Arbeitslosen
bis
hin
zu
einem
Grundeinkommen
verbessern,
aber
zugleich
die
Ausbeutung
der
Menschen
und
der
Natur
des
globalen
Südens
immer
noch
zunimmt.
Alternativen
beginnen
bei
indigenen
Völkern,
wie
bei
Initiativen
im
Xingu,
einer
Region
in
Brasilien,
wo
indigene
Völker
–
mit
Hilfe
selbstbestimmter
eigener
Organisationen
im
Dialog
mit
brasilianischen
Nichtregierungsorganisationen
–
beim
Verkauf
von
Kunsthandwerk
und
Produkten
der
Landwirtschaft
selber
die
Preise
bestimmen
und
dafür
sorgen,
dass
sie
auch
dafür
bezahlt
werden,
dass
sie
sich
bei
ihrer
Wirtschaftsaktivität
um
die
Reproduktion
der
Natur
bzw.
des
Mensch-‐Natur-‐Zusammenhangs
kümmern.3
Es
müssen
die
“Geschichten”
hinter
den
Produkten
sichtbar
werden,
d.h.
die
gesamte
lebendige
Arbeit.
Dann
entspräche
der
Preis
dem
ganzen
Warenwert,
d.h.
der
Arbeit
der
Reproduktion
des
Mensch-‐Natur-‐Zusammenhanges,
und
es
gäbe
nicht
mehr
die
Differenz
zwischen
Preis
und
Wert
als
Ausdruck
des
Energiedilemmas,
wie
sie
sich
im
Markt
durchsetzt.
3
André
Villas-‐Bôas:
O
TIX
e
o
desafio
de
um
negócio
dos
índios,
in:
Histórias
dos
produtos
da
floresta
(siehe
oben),
S.
34.