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SalzlandkreisSalzlandkreis: Zweifel an Bernburg als ein


germanisches Walhall
CARSTEN STEINBORN ⋮ ⋮ 18.10.2010

BERNBURG/MZ. - Immerhin behauptet eine Expertengruppe aus Altphilologen, Mathematikhistorikern


und Kartographen der Technischen Universität Berlin, dass eben dieses Luppia das heutige Bernburg ist.
Dazu hat das Team antike Karten gewälzt, unter anderem eine, die der Römer Claudius Ptolemäus 150
nach Christus an Hand von Reiseberichten von Händlern und nach Karten der römischen Legionen
zeichnete. Demnach wäre Bernburg einer der bedeutendsten Orte Germaniens gewesen, so die Berliner
Fachleute, die ihre Forschungsergebnisse in dem Buch "Germania und die Insel Thule", erschienen bei
der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, veröffentlicht ...

Von CARSTEN STEINBORN 18.10.2010, 16:36

Immerhin behauptet eine Expertengruppe aus Altphilologen, Mathematikhistorikern und Kartographen


der Technischen Universität Berlin, dass eben dieses Luppia das heutige Bernburg ist. Dazu hat das
Team antike Karten gewälzt, unter anderem eine, die der Römer Claudius Ptolemäus 150 nach Christus
an Hand von Reiseberichten von Händlern und nach Karten der römischen Legionen zeichnete.
Demnach wäre Bernburg einer der bedeutendsten Orte Germaniens gewesen, so die Berliner Fachleute,
die ihre Forschungsergebnisse in dem Buch "Germania und die Insel Thule", erschienen bei der
Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, veröffentlicht haben.

"Ich befasse mich seit mehreren Jahren mit den von Ptolemäus übermittelten Koordinaten für
Germanien. Wie Sie auf meiner Internetseite www.bernsteinwege.de

ersehen können, bin ich schon vor diesen Wissenschaftlern zu der Erkenntnis gelangt, dass Waldgirmes

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das von Germanicus 15 nach Christus zerstörte Mattiacum ist. Zu den von Ptolemäus gelieferten Daten
ergibt sich auf der Entfernung Mainz-Waldgirmes bereits ein Messfehler von etwa zehn Kilometern", lässt
Jürgen Schindler aus Dessau Zweifel durchblicken und schreibt dann: "Wie groß ist dann der Messfehler
erst bis Lupia? Vor allem, wenn man bedenkt, dass man für diesen Ort mitten in Germanien nicht den
Ausgangspunkt der ptolemäischen Messung kennt. Dann könnte durchaus doch Aschersleben der Ort
Lupia gewesen sein und nicht Waladala (Waldau) an der Saale."

Aber auch in Bernburg wird gezweifelt. Die Vorstellung, dass Bernburg dieses Luppia sein könnte,
bezeichnet Joachim Grossert vom Verein für Anhaltische Landeskunde zumindest als "sehr interessant".
Allerdings wäre es aus seiner Sicht wichtig, mehr über das Projekt der Berliner Wissenschaftler zu
erfahren und schlägt vor, einen für einen Vortrag nach Bernburg zu holen.

Dass Bernburg wesentlich älter ist als es die urkundliche Erwähnung im Jahr 961 aussagt, liegt für
Grossert auf der Hand. Für eine Datierung in die Zeit der Germanen brauchte man konkrete Funde aus
dieser Zeit. Und wenn Luppia tatsächlich eine große germanische Siedlung im Bereich Bernburg war,
dann "muss die Abfall ohne Ende produziert haben", meint Grossert. Deshalb ist es für ihn
unverständlich, dass bei den jüngsten archäologischen Grabungen im Bernburger Schlosshof nur an der
Oberfläche gekratzt wurde. "In Bernburg scheint niemand Interesse an der eigenen Geschichte zu
haben", leitet er für sich daraus ab.

Ein Ansatz, der auch den früheren Bernburger Museumschef Jürgen Weigelt umtreibt. Im Landesamt für
Archäologie liegen die Ergebnisse einer elektromagnetischen Untersuchung des Untergrundes des
Schlosshofes vor, sagt er. "Man weiß, wo Funde zu erwarten sind. Deshalb ist es mir unverständlich,
dass an diesen Stellen nicht gezielt gegraben wurde", so Weigelt.

Dass Bernburg wesentlich älter ist als 1050 Jahre, die im nächsten Jahr gefeiert werden sollen, liegt auch
für Weigelt auf der Hand. "Eine frühere Besiedlung ist völlig unstrittig", sagt er. Das würden zahlreiche
Funde beweisen. Indes sei aber vieles an der Geschichte Bernburgs noch völlig ungeklärt. "Wo stand die
alte Burg, die 1138 zerstört worden ist", fragt Weigelt und ist sich sicher, dass sie zwar im Bereich des
Schlossberges, aber nicht unbedingt im Bereich des heutigen Schlosses gestanden hat. So wurde bei
Grabungen für Wasserleitungen schon eine Scherbe auf der karolingischen Zeit entdeckt. "Das würde
das Alter Bernburgs in den Bereich der ersten urkundlichen Erwähnung Waldaus bringen", sagt Weigelt.

Allerdings zweifelt auch er an den Forschungsergebnissen der Berliner Experten. Wenn es bei Bernburg
eine große, bedeutende germanische Siedlung gegeben haben soll, dass müsste das längst bekannt
sein. Und warum sollte es ausgerechnet hier eine bedeutende Siedlung gegeben haben. "Das war noch
vor der Völkerwanderung und auch ein für diese Zeit bedeutender Handelsweg ist hier
unwahrscheinlich", sagt Weigelt. Im frühen Mittelalter änderte sich die Situation. Da war die Saale
Grenzfluss zu den slawischen Gebieten und Bernburg von strategischer Bedeutung. Etwas positives
kann Weigelt der Debatten jedoch abgewinnen: "Das fördert die Diskussion um die Bernburger
Geschichte", ist er überzeugt.

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