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LITERARHISTORISCHE BEGEGNUNGEN Festschrift zum sechzigsten Geburtstag von Bernhard K6nig Herausgegeben von Andreas Kablitz und Ulrich Schulz-Buschhaus gMV Gunter Narr Verlag Tiibingen Fiir die freundliche Unterstitzung der Drucklegung danken wir: ‘Ambasciata d'Italia, Bonn Gerling-Koazemn, KéIn Hildegund Hahnemann-Liese, Miinchen RhGne-Poulenc Rorer, Koln - und in den Terzetten von dem Bildnis der Geliebten spricht, das die einzige Linderung all seiner Leiden bewirkt:'+ Le plus touffu d'un solitaire bois, Le plus aigu d'une roche sauvage, Le plus desert d'un separé rivage, Et la frayeur des antres les plus cois, Soulagent tant mes soupirs & ma vois, Qu'au seul escart d'un plus secret ombrage Je sens guarir ceste amoureuse rage, Que me r’afole au plus verd de mes mois. LA renversé dessus la terre dure, Hors de mon sein je tire une peinture, De tous mes maux le seul allegement: Dont les beautez par Denisot encloses, Me font sentir mille metamorfoses ‘Tout en un coup d'un regard seulement. Hier in dem IX. Sonett der Sammlung besitzt das poetische Ich also bereits ein Bildnis der Geliebten, auf dem Denisot die Schénheiten so vollkommen eingefangen hat, dab 13 R, Warming hat nachgewiesen (s.0. Anm, 3, S. 328ff.), dail es sich bei den Sonetten CLIV-CLXI der Edition von 1553 um Variationen zum Thema dieses Gedichts von Petrarca handelt. In den Amours von 1552 sind es die Sonette CXXVI-CXXVII und CXXIX-CXXXIII. 14 Amours de Cassandre, Texte de 1587, éd. I. Silver, Bd. I, $. 80. Margot Kruse. 201 allein der Anblick den Liebenden eine plétzliche, vielfaltige Verwandlung erleben Tat. Die Bedeutung, die damit dem Portrdt-Motiv im ersten Buch der Amours zuteil wird, deutet sich schon in dem Einleitungsgedicht Voeu an, das nach dem Vorbild des Musenanrufs in Bembos Einleitungsgedicht "Piansi e cantai"!5 mit einer Apostrophe an die "Divines Soeurs" beginnt und sie auffordert, in ihrem Tempel die folgenden Worte in hartestem Material einzumeifeln:'6 RONSARD, AFIN QUE LE SIECLE AVENIR. DE TEMPS EN TEMPS SE PUISSE SOUVENIR: QUE SA JEUNESSE A L'AMOUR FIST HOMAGE: DE LA MAIN DEXTRE APAND A VOSTRE AUTEL L'HUMBLE PRESENT DE SON LIVRE IMMORTEL, SON COEUR DE L'AUTRE AUX PIEDS DE CESTE IMAGE. Mit “ceste mace" - in den frihen Editionen hieB es noch "cEste IDOLE”? - ist das Portrait der Cassandre gemeint, das mit dem Portrat Ronsards das “Frontispice de I'édition originale des Amours de 1552" bildet.!* Dieses Doppelbildnis findet cine poc- tische Erlauterung im Sonett II: "Nature ornant Cassandre qui devoit / De sa douceur forcer Jes plus rebelles, / [...]*.!9 Nachdem der Dichter von der Schénheit gesprochen hat, mit der Natura und Amor Cassandre ausgestattet haben, fahrt er fort: Du Ciel & peine elle estoit descendue Quand je la vey, quand mon ame esperdue En devint folle, & d'un si poignant trait Amour coula ses beautez en mes veines, Qu’ autres plaisirs je ne sens que mes peines, Ny autre bien qu’adorer son pourrait. (V. 9-14) So wie in Petrarcas Sonett LXXVII Laura aus dem Paradies auf die Erde gekommen war ("Ma certo il mio Simon fu in paradiso, / Onde questa gentil donna si parte;"), so ist auch hier Cassandre gerade vom Himmel herabgestiegen, als der Dichter sie sah und sich in sie verliebte. Wenn der Vorgang umschrieben wird mit den Worten: quand mon ame esperdue / En devint folle," so handelt es sich, wie Paul Laumonier anmerkt, um eine "Paraphrase de la devise du portrait de Ronsard:w¢ idov, o¢ ean, qui est un hémistiche de Théocrite [...]".2° Nachdem das erste Terzett auf den umlau- fenden Text im Rahmen des Ronsard-Portrats verwiesen hat, wird im zweiten Terzett Rime 1, V. Sff ro Bembo, Opere in volgare, a cura di M. Marti, Firenze 1961, S. 455. Ein Hinweis auf diesen intertextuellen Bezug findet sich schon in dem Kommentar von P. Lau- monier zu den Amours von 1552 (Bd. IV, S. 4, Anm. 1). 16 Amours de Cassandre, Texte de 1587, éd. 1. Silver, Bd. I, S. 69. 17 Vgl. Les Amours (1552), éd. P. Laumonier, Bd. IV, S. 4. 18 Vel. ebda. S, 2-3 und Les Amours (1552-1553), éd. H. et C. Weber, 0.8. (nach S, 15). Zu dem Portrit der Cassandre, bei dem man nicht weil, ob es von Jean Cousin oder von Nicolas Denisot stammt, vgl. H. Chamard, Histoire de la Pléiade, Bd. I, Paris 1939, S. 257f. Amours de Cassandre, Texte de 1587, éd. I. Silver, Bd. I, S. 72. 20 Les Amours (1552), éd. P. Laumonier, Bd. IV, 8. 7, Anm. 1. 202 Das Portrait der Geliebten und *Amor pictor” das Bildnis der Geliebten wieder aufgenommen. Der letzte Vers - "Ny autre bien qu'adorer son pourtrait" - bezieht sich zweifellos auf den letzten Vers des Voeu, wo Ronsard sein Herz als Weihegeschenk dem Cassandre-Portrat zu FiiBen legt - “Aux PIEDS DE CESTE IMAGE", Damit ist aber die motivische Bedeutung der beiden Terzette noch nicht erschdpft. Besonders kunstvoll verbindet Ronsard namlich hier das Portrait der Geliebten, unter dem ein von einem bildenden Kinstler hergestelltes Bildnis verstanden werden soll, mit einem verwandten zweiten Motiv, das verkiirzend als "Amor pictor" bezeichnet werden kann, Auch bei diesem zweiten Motiv geht es um ein Bildnis der Geliebten, aber der Maler ist Amor selbst, der nach der poctischen Fiktion mit seinem Pfeil das Portrat der Geliebten in das Herz des Liebenden unausléschlich einzeichnet. Diese Vorstellung liegt auch den letzten Versen des Sonetts II zugrunde, wenn es heii *[...] d'un si poignant trait / Amour coula ses beautez en mes veines, / Qu'autres plai- sirs je ne sens que mes peines, / Ny autre bien qu'adorer son pourtrait".2! Die enge Verbindung von "plaisirs" und “peines" im vorletzten Vers verweist wiederum auf die Liebesauffassung in Petrarcas Canzoniere, und auch das "Amor pictor"-Motiv ist in der petrarkistischen Lyrik weit verbreitet.22 Die wesentlichen Elemente finden sich schon in den Rerum vulgarium fragmenta, Als Beipiel kann 2undchst das Sonett XXX dienen, in dem das poetische Ich sich in seinem siifen Liebesschmerz nur noch an das Bildnis halt, das Amor als der bessere Meister, der die berihmtesten Bildhauer der Antike an kiinstlerischern Ingenium noch ibertrifft, selbst geschaffen hat: E solo ad una imagine m'attegno, Che fe' non Zeusi o Prasitele 0 Fidia, Ma miglior mastro e di pit alto ingenio. (V. 9-11) Abgewandelt findet sich das Motiv wieder in Petrarcas Sonett CLV, in dem der Lie- bende von der Erschiitterung spricht, die der Anblick der weinenden Laura in ihm ausgelést hat, und dann in den Terzetten hinzufigt: Quel dolce pianto mi dipinse Amore, ‘Anzi scolpio, e que’ detti soavi Mi Scrisse entro un diamante in mezzo '] core: Ove con salde ed ingegnose chiavi Ancor torna sovente a trarne fore Lagrime rare e sospir lunghi e gravi. (V. 9-14) In diesen Versen wirkt Amor als Maler oder Bildhauer, der dem Licbenden jenen “dolce pianto" Lauras mitten ins Herz “malte" oder vielmehr “meifelte" und ihm die “detti soavi" der Geliebten ebendort “entro un diamante" eingravierte. Der Diamant, 21 Im den frihen Editionen endete das Sonett *& d'un si poignant trait, / Le fier destin I'engrava dans mon ame, / Que vif ne mort, jamais d'une aultre dame / Empraint au cuoeur je n'auray le portraict.” (Vgl. Les Amours (1552), 6d. P. Laumonier, Bd. IV, S, 7). Ronsard hat die Verse 13- 14 fiir die Edition von 1578 geandert; zur Begrindung vgl. P. Laumonier, ebda. Anm. 2. 22 ©. Besomi spricht in seinem Ricerche intorno alla "Lira" di G.B. Marino, Padova 1969, sogar von einem "topos di ‘Amore-pittore’” (S, 42). Margot Kruse 203 dessen Harte gewahrleistet, da jede Inschrift unausléschlich erhalten bleibt, steht hier als Metapher fiir den wertvollsten, innersten Bereich des Herzens, dem die Liebe in aller Amor-Dichtung zugeordnet wird. Ronsard spielt im Sonett CCXIV der Amours de Cassandre,™ das uns noch beschaftigen wird, auf diese Petrarca-Verse an, wenn es im ersten Terzett heift:24 Dans le coeur donque au fond d'un diamant Fay son portrait, que je suis plus aimant Que mon coeur mesme. [...] Die Bezeichnung "Amor pictor" (oder "Amore pittore"), die in den Rerwn vulgarium fragmenta nicht yorkommt, findet sich in einem in unserem Zusammenhang wichtigen Sonett von Antonio Tebaldeo,?5 auf das Ottavio Besomi in seinen Ricerche intorno alla "Lira" di G.B, Marino hingewiesen hat. Da der Text schwer zuganglich ist, soll das ganze Sonett zitiert werden:27 Credea me amassi: hor col timor combatto ‘Che se ver fusse amor pictor perfecto T'haria l'effigie mio formato in petto Ne cercaresti haver altro ritratto Ma ch'io ami te comprendese a questo atto ‘Che essendo il volto mio pien di diffeto Haver per honor mio dovrei rispetto Che non ne fusse simulacro tratto E pur io me te mando: e si a me stesso. Simil che temo restar sempre priva De I'alma mia che te seguir non cessa Che come a questa pictura ariva Il spirto mio credendo ch'io sia dessa Me morto lassara: lei fara viva. In diesem Sonett ist die Motivverbindung von gemaltem Portrat und dem “Amor pic- tor"-Motiv bereits vollzogen. Allerdings handelt es sich nicht - wie so haufig in der petrarkistischen Lyrik - um das Bildnis der Geliebten, das Amor als "vollkommener Mater” in das Herz des Licbenden gezeichnet, gemalt oder eingemeifelt hat; und das 23 Die erste Fascung dieses Sonetts erschien in der Edition yon 1553 als Sonett CCVIIL; der gleiche ‘Text findet sich in den Amours (1552-1553) als Sonett CCX. 24 Amours de Cassandre, Texte de 1587, éd. 1. Solver, Bd. I, 8. 272. 25 Zu Antonio Tebaldeo (1463-1537) und seiner Bedeutung fiir die "poesia cortigiana" vgl. A. Rossi, Serafino Aquilano e 1a poesia cortigiana, Brescia 1980, S. 106-113. Zum “tema del ri- tratto* bei Tebaldeo und Serafino Aquilano ebda., S. 44-46. 26 O, Besomi (Anm, 22), S. 43, zitiert nur die Verse 1-4 nach der Edition: A. Tebaldeo, Opere d'amore e le stanze, Venezia 1530, son. 99, 27 Wir zitieren nach der in der UB Bonn vorhandenen Edition: Opere di Mixer Antonio Thibaldeo da Ferrara, Soneti. Dialoghi. Disperata. Epistole. Egloghe. Capitoli. etc., Venezia 1508. Die Sonette sind in dieser unpaginierten Ausgabe nicht numeriert, nach unserer Zahlung handelt es sich um das Sonett 205. 204 Das Portrit der Geliebten und "Amor pictor* Portrit ist auch nicht - wie in den beiden Portratgedichten Petrarcas - das Bildnis der Geliebten, sondern der Liebende, der auch hier in der Ich-Form spricht, wendet sich an die Geliebte und schickt ihr als Beweis seiner Liebe sein eigenes Portrat. Das So- nett ist gleichsam der Begleittext, in dem das poetische Ich in den beiden Quartinen seine Bedenken vor dem EntschluB, das Portrat zu senden, reflektiert und in den Ter- zetten schildert, welche Folgen diese Sendung haben wird, Es handelt sich um ein diskursives Sonett, in dem ein komplizierter Gedankengang in mehreren Schritten, die mit der strophischen Gliederung tberei entwickelt wird. Die Bedenken des poetischen Ich kommen st hypotaktischen Satzbau der beiden Quartinen deutlich zum Ausdruck. Dabei wird das Amor pictor"-Motiv nur in der ersten Strophe aufgenommen, in der der Liebende die Befirchtung duBert, daB die Adressatin, wenn sie ihn wirklich licbte, kein Portrat begehren wirde, da Amor als "pictor perfecto” ihr sein Bildnis ins Herz gepragt hatte. Den ersten Worten “Credea me amassi" wird zu Beginn der zweiten Strophe der Satz: "Ma ch'io ami te comprendese a questo atto” gegentibergestellt. Die Adressatin kénne seine Liebe daran erkennen, daS er, der um seiner Ehre willen darauf bedacht sein mifte, daB kein Bildnis von ihm gemalt wirde, da sein Gesicht voller Unvollkommenheit sei, ihr dennoch dieses Portrat schicke: "E pur io me te mando". Mit dieser zentralen Aussage beginnt das erste Terzett, in dem mit der Sendung des Portrats die Vorstellung verbunden wird, daB der Liebende mit dem ihm so dhnlichen Portrat sich selbst schicke und auf immer seiner Seele beraubt werde, die nicht aufhére, der Geliebten zu folgen: “che te seguir non cessa" (V. 11). Das zweite Terzett fihrt diesen Gedanken fort: Wenn das Portrat bei der Geliebten eintrifft, wird der Geist des lyrischen Ich in dem Glauben, "ch'io sia dessa, den Liebenden tot zuriicklassen, die “pictura" aber lebendig machen: “Me morto lassara, lei fara viva" W. 14). Neben diesem Sonett, das im Hinblick auf das poetische Motiv "Amor als pictor perfecto" und auf die Portrat-Belebung als SchluBpointe genauer analysiert worden ist, gibt es bei Tebaldeo noch cin zweites Sonett, das fiir die Motivkombination von ge- maltem Portrat der Geliebten und dem Bildnis im Herzen des Liebenden von Bedeu- tung ist. Es handelt sich um ein Lobgedicht auf die Schénheit der Geliebten, die auch der bedeutendste Maler nicht annahernd in einem Portrat zur Darstellung bringen kénnte, ja die nicht einmal “natura”, die so viel vermag, sich zutrauen wiirde, noch einmal zu erschaffen. Der Liebende spricht wiederum in der Ich-Form, die Adressatin ist die Geliebte:?* Qual fu pictor si temerario e stolto Che ritrar volesse la tua forma in carte Che zeusi apel che inteser si ben l'arte E che hanno il pregio a tuti li altri tolto Imitar non sapriano del tuo bel volto Col suo disegno pur Ia minor parte Ne si confidaria di novo farte Essa natura ben che possa molto 28 Ebda., Sonett 97. Margot Kruse 205 Si che non dar fatica a la pictura Se sei sol non ti fare una stella Non ha in carte il suo honor Ia to figura Sol il cor mio scia farta come e bella Che se di fuor potesse per ventura Mostrar odiresti ognun cridar glie quella. Wie in so vielen Bildgedichten des Cinquecento werden auch hier Zeuxis und Apelles als Reprisentanten und Meister der antiken Malerei und insbesondere der Portratkunst genannt, um die Unmédglichkeit, die Gestalt der Geliebten in ihrer Sch6nheit im Por- trat nachzuschaffen, zum Ausdruck zu bringen, Nicht um eine “pictura” soll man sich miihen; wenn die Geliebte eine Sonne ist, soll man nicht einen Stern aus ihr machen, da ihre Gestalt auf Pergament gemalt keinen ihrer Ehre entsprechenden Ausdruck fin- den kann: "Non ha in carte il suo honor Ia tua figura." Mit dieser Aussage am Ende des ersten Terzetts erfolgt die Wendung zum Bildnis der Geliebten im Herzen des Liebenden. Es ist jedoch nicht Amor, der allein es ver- méchte, dem lyrischen Ich dieses Bildnis mit seinem Pfeil in das Innere einzuzeichnen, sondern an die Stelle des "Amor pictor" tritt das Herz des Licbenden selbst: "Sol il cor mio scia farla {i.e. la tua figura] come @ bella" (V. 12). Wenn dieses Bildnis durch ein giinstiges Geschick nach auBen sichtbar werden kénnte, wiirde dic Geliebte jeden rufen héren: "(Seht), das ist sie!” - "[...] odiresti ognun cridar gli & quella" (V. 14). Auf dieses Sonett Tebaldeos verweisen Henri und Catherine Weber in ihrem Kom- mentar zu Ronsards Sonett CCX der Amours (1552-1553): “Telle qu'elle est, dedans ma souvenance".?? Die Herausgeber zitieren die Verse 1-6 sowie Vers 12 des Sonetts von Tebaldeo*? als Parallele zu dem zweiten Quatrain des Sonetts von Ronsard, in dem die Motivkombination Portrat der Geliebten und "Amor pictor” eine besonders gelun- gene poetische Gestaltung gefunden hat. Um dic Bedeutung, die Ronsard dieser Mo- tivkombination beigemessen hat, zu zeigen, ziticren wir sowohl die erste Fassung des Sonetts, die der Dichter in der zweiten Edition der Amours 1553 hinzugefiigt hat, als auch die letzte Fassung, die das Ergebnis mehrfacher Uberarbeitung ist und sich in der endgiltigen Form erst in der postumen Ausgabe von 1587 findet. Zunachst der Text der Edition von 1553:3' Telle qu'elle est, dedans ma souvenance Je la sen peinte, & sa bouche & ses yeus, son dous regard, son parler gratieus, Son dous meintien, sa douce contenance. Un seul Janet, honneur de nostre France, De ses craions ne la portrairoit micus, Que d’un Archer le trait ingenieus M‘a peint au coeur sa vive remembrance. 2 Les Amours (1552-1553), S. 131f., Notes S, 592f. - Dieses Sonett hat Ronsard in die 2. Edition 1553 neu eingefigt. 30 Ebda., S. 593. 31 Les Amours (1553), éd. P. Laumonier, Bd. V, S. 154f., Sonett CCVIN. Der Text stimmt mit dem Sonett CCX der Amours (1552-1553) iberein, 206 Das Portrit der Geliebten und "Amor pictor" Dans le coeur donc au fond d'un diamant J'ai son portrait, que je suis plus aimant Que mon coeur mesme. O sainte portraiture, De ce Janet I'artifice mourra Frapé du tans, mais le tien demourra Pour estre vif apres ma sepulture. In der Ausgabe von 1584 wurde der revidierte Text als Sonett CCXIV eingeordnet, und die letzte und wirkungsvollste Fassung in der Edition von 1587 lautet:3? Je sens portraits dedans ma souvenance Tes longs cheveux & ta bouche & tes yeux, Ton doux regard, ton parler gracieux, ‘Ton doux maintien, ta douce contenance. Un seul Janet, honneur de nostre France, De ses crayons ne les portrairoit mieux, Que de I'Archer le trait ingenieux M’‘a peint au coeur leur vive remembrance. Dans le coeur dongue au fond d'un diamant Jay son portrait, que je suis plus aimant Que mon coeur mesme. O vive portraiture! De ce Janet I'artifice mourra: Dedans mon coeur le tien me demourra, Pour estre vif apres ma sepulture. An die Stelle des Vergleichs mit der Kunst des Zeuxis und des Apelles in dem Sonett von Tebaldeo tritt in diesem Gedicht Ronsards der Vergleich mit der Kunst des Malers Janet, der Frankreich zur Ehre gereicht. Janet ist der Beiname Francois Clouets, des bedeutendsten Vertreters der Portratmalerei in Frankreich um die Mitte des 16. Jahr- hunderts, der als Hofmaler noch berithmter war als sein Vater Jean Clouet und als ir Portratahnlichkeit" galt.2? Auch Janet wiirde die Adressatin des Gedichts (und damit ist natiirlich Cassandre gemeint) nicht besser portratieren als der geschickte Pfeil des Bogenschiitzen Amor,?4 der dem Dichter ihr Bild als lebendige und unaus- léschliche Erinnerung ins Herz eingepragt hat. Kunstvoll wird der Vergleich mit Janet im zweiten Terzett wieder aufgenommen und gesteigert. Auch die Kunst Janets wird sterben, die Werke der Malerei werden durch die Zeit zerstort, eine "vive portraiture" (V. 11) ist nur das Bildnis der Geliebten im Herz des Liebenden oder das Portrat der Cassandre im Werk Ronsards. Wenn der Dichter von diesem Bildnis sagt, es werde in seinem Herzen bleiben, "Pour estre vif 32 Amours de Cassandre, 64.1. Silver, Bd. I, S. 272. 33 Vel. R. Guilly, Francois Clouet (15059-1572), in: Kindlers Malerei Lexikon, Bd. [ (A-C), Zi- rich 1964, S. 756-759, Zitat S. 759. 34 In den Editionen von 1552 und t553 wird Amor schon im Sonett [ als “I'Archer qui me donte” (V, 8) eingefiihrt. Vgl. auch Sonett IIf, V. 12-14. Margot Kruse 207 apres ma sepulture" (V. 14), so bedeutet das, "que Cassandre sera immortalisée par les vers du potte".35 Paul Laumonier hat mit Recht darauf hingewiesen, daS durch die Korrektur, die Ronsard in den spaten Fassungen in Vers 13 vorgenommen hat,?* noch eine zweite Interpretation nahegelegt wird: “méme quand je serai mort, le portrait de ma maitresse restera gravé dans mon 4me".37 Bei dieser Deutung ergibt sich ein motivischer Bezug zum XXVI, Sonett der Amours von 1552, wo es am SchluB heiBt:3* Et quant La mort m'aura la vie ostée, Encor 1& bas je veulx aymer I'Idée De ces beaulx yeux que j'ay fichez au cuoeur. Der Begriff "I'Idée" ist hier nicht in platonischem Sinne zu verstehen, sondern bedeu- tet - wie schon in dem frithen Kommentar von Muret angemerkt wird’? - "images des choses, qui s'impriment en nétre ame". Noch wichtiger als diese Deutungsméglichkeit bleibt in unserem Zusammenhang die Steigerung des Vergleichs zwischen dem vom Pfeil Amors im Herzen des Liebenden gemalten Bildnis und dem Portrat der Geliebten von der Hand Janets, denn die SchluBpointe besteht zweifellos darin, dai Cassandre nur durch das poetische Bildnis im Herzen des Dichters unsterblich sein wird, und d.h. in Ronsards Amours de Cas- sandre, wahrend das gemalte Portrat verganglich ist: "De ce Janet I'artifice mourra” (V. 12). Damit ist nicht nur Amor als "pictor perfecto" dem bildenden Kiinstler iber- legen, sondern Ronsard bekennt sich in der gerade im 16. Jahrhundert viel diskutierten Frage, ob der Malerei oder der Dichtung der Vorzug zu geben sei, zur Uberlegenheit der Dichtung. Diese SchluSpointe wird sehr geschickt vorbereitet. Das gilt insbesondere fiir die spiten Fassungen, in denen Ronsard die Intensitat der poetischen Aussage noch ver- stirkt hat, Wahrend sich das lyrische Ich, das mit dem Dichter identisch ist, in dem Text von 1553 erst in Vers 13 an ein Du wendet, spricht der Dichter in den letzten Fassungen schon im ersten Quatrain Cassandre direkt an: Je sens portraits dedans ma souvenance Tes longs cheveux & ta bouche & tes yeux, Ton doux regard, ton parler gracieux, Ton doux maintien, ta douce contenance. In einer wirkungsvollen Apostrophe wendet sich das poetische Ich an die Geliebte und verwandelt das Portrit, das Amor in seine Erinnerung eingeschricben hat, in lebendige Gegenwart der Empfindung: “Je sens portraits dedans ma souvenance". Das Bildnis der Geliebten, das in den folgenden drei Versen entworfen wird, setzt sich aus weni- 35 P. Lanmonier, in: Les Amours (1553), Bd. V, S. 155, note 5. 36 Ebda. Var. mu V. 13, éd. 78-87 "Dedans le coeur le tien me demourra”. 37 Ebda. 38 Les Amours (1552), 6d. P. Laumonier, Bd. IV, $. 30. 39 Ebda., note 1. 40 Das gilt fiir die Fassungen von 1584 und 1587. 208 Das Portrait der Geliebten und "Amor pictor” gen, fir die Liebeslyrik bedeutsamen Elementen zusammen, Bei der “descriptio super- ficialis" spielen traditionell Haare, Augen und Mund der Geliebten eine besondere Rolle. Die syndetische Reihung in Vers 2: "Tes longs cheveux & ta bouche & tes yeux" enthalt nicht nur auf phonologischer, sondern auch auf semantischer Ebene eine Steigerung, da Mund und Augen im 3. Vers wieder aufgenommen und in chiastischer Stellung abgewandelt werden, nun aber in asyndetischer Reihung: "Ton doux regard, ton parler gracieux". Durch die Wiederholung der Pronomina wird die Anrede, mit der sich der Dichter an die Geliebte wendet, intensiviert; Gberdies bewirkt die Zasur nach der vierten Silbe, die sich im folgenden Vers - durch die Anapher verstirkt - wiederholt, einen Parallelismus, der durch Synonymendoppelung in Vers 4: “Ton doux maintien, ta douce contenance" betont, durch die chiastische Stellung der Adjek- tive in den zweiten Halbversen: “ton parler gracieux" und "ta douce contenance” aber wieder gemildert wird. Sowohl motivisch als auch syntaktisch bildet der erste Quatrain cine in sich ge- schlossene Einheit. Dariiberhinaus ist auch der Zusammenhang zwischen den beiden Quartetten gewahrt, besonders durch die semantische Aquivalenz der Verse 1 und 8, die durch die synonymen Reimworte “souvenance" und “remembrance” Rahmenfunk- tion gewinnt. So wie der Vergleich zwischen dem Maler Janet und "Amor pictor" aus dem zweiten Quatrain im zweiten Terzett wieder aufgenommen, fortgefihrt und ge- steigert wird, so steht auch der erste Quatrain in enger Verbindung mit dem ersten Terzett. Der Beginn des Sonetts: “Je sens portraits dedans ma souvenance" wird in den Versen 9-10 fortgefiihrt mit den Worten: "Dans Je coeur donque au fond d'un diamant 1 ay son portrait [...]* und findet am Ende des ersten Terzetts in dem Ausruf: “O i ‘iture!” eine Steigerung, die vorausweist auf den Abschlu8 des Sonetts, wo der Dichter von dem Portrat der Geliebten in seinem Herzen sagt, es werde bleiben, “Pour estre vif apres ma sepulture".4! Damit erweist sich das Sonett CCXIV nicht nur als eine gelungene Abwandlung der petrarkistischen Motivkombination vom Portrait der Geliebten und "Amor pictor", sondern auch als ein besonders kunstvoll aufgebautes Gedicht, an dem sich die Még- lichkeiten, die die Sonettform durch ihre strophische Gliederung bietet, exemplarisch ablesen lassen. Fragt man nach der Stellung und Funktion des Gedichts "Je sens portraits dedans ma souvenance" innerhalb der Amours de Cassandre (oder der ersten Fassung "Telle qu'elle est, dedans ma souvenance" innerhalb der Amours von 1552-1553), so zeigt sich, da8 die Einordnung in eine “thematisch gebundene Serie" oder "Binnensequenz”, wie sie M. Dassonville und R. Warning fir die petrarkistische Gedichtsammlung Ron- sards postuliert haben,*? bei diesem 1553 hinzugefiigten Sonett nicht méglich ist. Enge thematische Beziige bestehen nicht zu den unmittelbar vorangehenden oder folgenden Gedichten, sondern zu einzelnen Stiicken der Sammlung, die an ganz verschiedenen Stellen des Werkes ihren Ptatz gefunden haben. Geht man von der Motivkombination: Portrat der Getiebten und "Amor pictor" aus, gewinnt man den Eindruck, daf Ronsard die Einheit der Sammlung gerade dadurch férdern wollte, da8 er sich nicht nur “makrostrukturelt von der ‘Geschichte’ einer entstehenden, sich entwickelnden und 41 Wie ein genauer Vergleich mit der ersten Fassung zeigt, gelten auch die den Aufbau des Sonetts betreffenden Beobachtungen zum Teil nur fir die spiten Fassungen. 42 Vgl. die in Anm. 3 genannten Aufsitze. Margot Kruse 209 endenden Liebesbezichung leiten lieB, mikrostrukturell aber vom Gesichtspunkt the- matisch gebundener Serien",*? sondern da8 er Anfang, Mitte und Ende der Sammlung durch motivische und thematische Beziige zusatzlich miteinander verklammem wollte. Auf den Zusammenhang mit dem zweiten Sonett der Amours de Cassandre, das den letzten Vers des vorangestellten Voeu naher erlautert, ist bereits hingewiesen worden. Dariiberhinaus verwies das von Janet gemalte Portrat der Geliebten zuriick auf die bei- den Sonette, in denen Ronsard von dem Portrat spricht, das Nicolas Denisot von der geliebten Frau gemalt hat oder malen soll - d.h, auf die Gedichte IX und CXXXVIIL.“ Noch aufschluBreicher ist der Bezug zu dem Sonett LXXV der Edition von 1552:45 El, qui portrait dedans les miens reposes, Comme un Soleil, le dieu de ma clarté: Ris, qui forcant ma doulce liberté Me transformas en cent metamorphoses: Larme, vrayment qui mes souspirs arroses, ‘Quand tu languis de me veoir mal traicté: Main, qui mon cuoeur captives arresté Par my ton lis, ton ivoyre & tes roses, Je suis tant vostre, & tant l’affection M’a peint au vif vostre perfection, Que ny le temps, ny la mort tant soit forte, Ne fera point qu’au centre de mon sein, Tousjours gravéz en l'ame je ne porte Un oeil, un ris, une farme, une main. Auch dieses Sonett hat Ronsard fiir die spateren Ausgaben seiner Amours immer wie- der iiberarbeitet und verandert. In der Edition von 1584 ist es das Sonett XC: "OEil, qui des miens & ton vouloir disposes, [...]",% und in der letzten von Ronsard selbst vorberciteten Ausgabe von 1587 lautet der Text:47 Oeil qui des miens & ton vouloir disposes, Comme un Soleil, le Dieu de ma clairté: Ris qui forcant ma douce fiberté, Me transformas en cent metamorfoses: Larme d'argent qui mes flammes arroses, Lors que tu feins de me voir mal traité: Main qui mon coeur captives arresté, Emprisonné d'une chaisne de roses: 49 -R. Warning, ebda. S. 328. 44 Zahlung nach der Edition von 1584. In der Ausgabe von 1552 sind es die Sonette IX und CVI, ind den Amours (1552-1553) IX und CXXXIl: *Haulse ton aisle, & d'un voler plus ample," (6d. H. et C. Weber, S. 83). 45. Les Amours (1552), éd. P. Laumonier, Bd. IV, S. 76f. 46 Le premier livre des Amours | Amours des Cassandre, éd. G. Cohen, Bd. I, S. 38f. 47 Amours de Cassandre, 64. 1. Silver, Bd. 1, S. 178F. 210 Das Portrat der Geliebten und "Amor pictor” Je suis tant vostre, & tant l'affection M'a peint au sang vostre perfection, Que ny le temps, ny la mort tant soit forte, N'empescheront qu'au profond de mon sein Tousjours gravez en I'ame je ne porte Un ceil, un ris, une larme, une main. Der motivische Zusammenhang zwischen beiden Fassungen und dem Gedicht "Je sens portraits dedans ma souvenance" ist offensichtlich. In beiden Sonetten wendet sich der Dichter als poetisches Ich an die Geliebte und versichert ihr, da} er immer, ja sogar noch tiber seinen Tod hinaus ihr lebendiges Bildnis in das Innerste seines Herzens oder seiner Seele eingeschrieben tragen werde. Da8 es sich auch in dem zuletzt zitierten Sonett XC um eine Variation des “Amor pictor"-Motivs handelt, 1aBt sich an den Ter- zetten Klar erkennen; man braucht nur den Begriff “l'affection" (V. 9) durch "Amor" oder "l’Amour" zu ersetzen, so entspricht die Darstellung bis in Einzelheiten den Ge- staltungen dieses Motivs, die bereits angefihrt worden sind. Setzt sich das Portrat der Geliebten, das in der Erinnerung des Licbenden gegen- wartig ist, in dem Sonett CCXIV aus wenigen Einzelziigen zusammen, die in den Ver- sen 2-4 genannt werden: "Tes longs cheveux & ta bouche & tes yeux, [...]", so treten in der Oktave des Sonetts XC* an die Stelle dieser Reihung vier Apostrophen, in denen der Dichter - ahnlich wie in den “Blasons du corps féminin"#? - "Auge", "Lacheln", "Trane" und “Hand” der Geliebten anspricht und sie in ihrer Wirkung auf den Liebenden charakterisiert, So fiigen sich auch diese vier Apostrophen zu einem Bildnis zusammen, das in Vers 14 - dem Summationsschema folgend®? - in asyndeti- scher Reihung wieder aufgenommen wird: "Un ceil, un ris, une larme, une main,” Damit sind die wichtigsten Beispiele fir die petrarkistische Motivkombination “Portrit der Geliebten” und “Amor pictor" aus den Amours de Cassandre genannt. In der ersten Ausgabe der gesammelien Werke Ronsards, den OEuvres von 1560, aber hat der Dichter an das Ende dieser Gedichtsammlung seine Elegie a Janet, Peintre du Roy gestellt, die er zuvor in seinen Meslanges de 1555 verdffentlich hatte! Moti- visch ist diese Elegie, die auch in den spaten Editionen der OEuvres de P, de Ronsard von 1584 und 1587 am Ende des Premier livre des Amours steht, durch den Bezug auf Frangois Clouet, dit Janet, mit dem Sonett CCXIV "Je sens portraits dedans ma sou- 48 Zahlung nach der Edition von 1584. Dasselbe gilt fir das Sonett LXXV der Edition von 1552. 49 In den Notes von H. und C, Weber zu den Amours (1552-1553), in denen das entsprechende So- nett LXXXVII auf S. $42 kommentiert wird, heiBt es: "Les charmes énumérés ici rappellent ceux que célebrent les auteurs des Blasons du corps féminin, l'oeil fut chanté par Melin de Saint-Ge- lais, le ris par Maclou de Ia Haye, la larme par Maurice Scéve, la main par Claude Chappuys,” 50 Zum Summationsschema vgt. B. Konig, Summationsschema und Epigramm. Zerstreute Anmer- Kungen zu Ausonius (Mosella, V. 27-32) und zur lateinischen und italienischen Lyrik der Renais- sance. In: Verfihrung zur Geschichte. Festschrift zum 500. Jahrestag det Griindung einer Uni- versitit in Trier, Trier 1973, 8. 1-19. 51 Die erste Fassung der Elegie a Janet aus den Meslanges ist abgedruckt in: OEuvres completes, 6d. P. Laumonier, Bd. V1, 2Paris 1965, S. 152-160. ierre de Ronsard, Margot Kruse 2n yenance” verbunden. Es handelt sich um ein Auftragsgedicht,5? in dem sich das poeti- sche Ich schon in den ersten Versen mit der Bitte um ein Portrat der Geliebten an den Maler wendet:5? Pein moy, Janet, pein moy je te supplie, Sur ce tableau les beautez de m’amie De la fagon que je te les diray. (V. 1-3) Mit einer entsprechenden Bitte endete auch das an Nicolas Denisot gerichtete Sonett CXXXVIIS Pein, Denisot, la beauté qui me tue. (V.14) Trotz dieser motivischen Beziige gehort die Elegie a Janet nicht mehr zu dem hier be- handelten Thema, denn dieses Bildgedicht ist nicht der petrarkistischen Tradition zu- zuordnen, sondern folgt zweifellos dem Vorbild anakreontischer Portratgedichte, die Henri Estienne durch seine berihmte griechisch-lateinische Anakreon-Edition, die 1554 in Paris erschienen war, in Frankreich bekannt gemacht hat.5> Schon in dem Kommentar zum Premier livre des Amours von Muret wird darauf hingewiesen, daB Ronsard in dieser Elegie zwei Oden Anakreons nachgeahmt habe, "esquelles en I'une il fait peindre s'amie, & en l'autre son mignon".5* Ein Vergleich der Elegie Ronsards mit der franzésischen Ubersetzung dieser Anakreon zugeschriebenen Oden - es handelt sich um Le pourtrait de sa Maistresse und Le pourtrait de Bathylle -, die Remy Bel- leau 1556 verdffentlicht hat,57 14Bt den literarischen Zusammenhang deutlich erkennen. Von der petrarkistischen Motivkombination des Portrats der Geliebten mit dem “Amor pictor"-Motiv, die in dem Sonett "Je sens portraits dedans ma souvenance” einen poe- tisch so iiberzeugenden Ausdruck gefunden hat, aber ist die Elegie 4 Janet weit ent- fernt.58 $2 Zu “Auftragsgedichten", in denen ein Liebender einen bildenden Kinstler um ein Portrit der Ge- fiebten bittet oder ein solches Bildnis mit genauen Anweisungen in Auftrag gibt, vgl. M. Albrecht-Bott (Anm. 4), S. 57f. 53. Amours de Cassandre, Texte de 1587, éd. I. Silver, Bd. 1, $. 324. 54 Ebda, S. 223, 55 Vel. H. Chamard, Histoire de la Piéiade, Bd. IL, Paris 1939, S. 56. $6 In: Les OEuvres de Pierre de Ronsard, Texte de 1587, é4. 1. Silver, Bd. I, S. 330. P. Laumonier vermutet sogar, da diese unter dem Namen Murets verSffentlichte Anmerkung von Ronsard selbst stammt, In der Einleitung zum VI. Bd, seiner Ronsard-Ausgabe (5.0. Anm. 51) heift es: *~Ayant Je souci de la symétrie plus que de la vérité, Ronsard attribua & Muret les notes de toutes Jes pidces qu'il inséru au premier livre des Amours aprés 1553 (...]” (S. XXD. Abnlich duflert sich auch I. Silver in der “Introduction” zu seiner Ronsard-] (S. 15, Fn. 16). $7 Tn: Les Odes d’Anacreon Teien, traduites de grec en francois, par Remi Belleau [...], Paris 1556. ‘Vgl. Ocuvres postiques de Remy Belleau, éd. Ch. Marty-Laveaux, Bd. I (Slatkine Reprints), Ge- nbve 0.J., S. 24-27, 58 Obgleich es sich um eine Elegie in Zchnsilblern handelt, steht dieses Portritgedicht den zahlrei- chen Adaptationen anakreontischer Dichtung, die Ronsard in seine Sammlungen Boccage (1554) und Meslanges (1555) aufgenommen hat, schr viel niher als der petrarkistischen Sonettdichtung. Zu den “pitces anacréontiques" Ronsards aus den Jahren 1554-1555 vgl. H. Chamard (Anm. 55), S. SBEF. 212 Das Portrit der Getiebten und "Amor pictor* Es ware reizvoll, die petrarkistische Tradition beider Motive literarhistorsich weiter zu verfolgen, denn auch in Italien finden sich in der zweiten Halfte des Cinquecento - z.B, in den Rime Torquato Tassos® - aufschluBreiche Belege, und noch zu Beginn des Seicento hat Giovan Battista Marino die alte Motivkombination auf bedeutsame Weise variiert.6° 5 Vgl. die Madrigale: "S'a sdegno voi prendete, / Ch'il cor vostro vi chieda, / L'immagin vostra almen mi si conceda. [...]" und *Se l'immagine vostra / In me dipinge Amore, / perch? l'opra chied'io d'altro pittore? [...1" (Opere di Torquato Tasso, ed. Gio. Rosini, Bd. 1V, Pisa 1822, S. 168). 60 Vgl. G. B. Marino, Rime amorose, ed. O. Besomi / A. Martini, Modena 1987, die Sonette 2 (S. 36f.), 29-34 (S. 92-103), 55 (S. 144f). In seinen Ricerche intorno alla *Lira” di G.B, Marino, Padova 1969, weist O. Besomi auferdem auf das Madrigal: "Mentre lunge ti stai / Da me, dolce ben mio, / O bel ritratto che di te serb'io [...]" aus der Lira I 116 hin (S. 42).

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