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14.

März 2022

Matti Schäfer Gymnasium Bad Nenndorf


Horster Straße 42
31542 Bad Nenndorf
Schuljahr 2021/2022

Facharbeit im Seminarfach: „Weimar“

Maria Stuart
Die historische Person im Vergleich mit Schillers Dramenfigur

Lehrer/-innen: Frau Mönchmeyer


Herr Krause

Abgabetermin: 17.03.2022
Gliederung
1. Einleitung 3
2. Schillers Maria Stuart 4
2.1 Äußere Beschreibung von Schillers Maria Stuart 4
2.2 Charakterzüge und Werte von Schillers Maria Stuart 4
2.3 Beziehung von Schillers Marias zu Elisabeth und Graf Leicester 6
2.4 Fazit zur Dramenfigur 7
3. Die historische Maria Stuart (im Vergleich) 7
3.1 Allgemeines zur historischen Maria Stuart 7
3.2 Erlebnisse der historischen Maria Stuart 8
3.3 Charakterzüge und Persönlichkeit der historischen Maria Stuart 11
3.4 Soziale Kontakte der historischen Maria Stuart 13
3.5 Fazit zur historischen Maria Stuart sowie dem Vergleich
zur Dramenfigur 14
4. Fazit 14
5. Literaturverzeichnis 16

2
1. Einleitung

Friedrich Schiller behandelt in seinem Drama „Maria Stuart“ den historischen


Stoff der Gefangenschaft Maria Stuarts. Dabei bleibt er der Vorlage nicht immer
treu und streut an einzelnen Stellen eine erfundene Liebschaft oder ein fiktives
Treffen der verfeindeten Königinnen ein. In folge dessen tut sich die Frage auf,
wie viel Schiller verändert und, Allem voran, warum. Auch ist zweifelhaft, ob die
Bezeichnung des Stückes als „historisches Drama“ überhaupt zu rechtfertigen ist.
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, werde ich in dieser Facharbeit die
Dramenfigur Maria Stuart charakterisieren. Daraufhin werde ich die historische
Maria Stuart ebenfalls darstellen und die beiden Königinnen miteinander
vergleichen. Dabei werde ich vor Allem die geschichtliche Genauigkeit von
Schillers Dramenfigur bewerten und Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten zur
historischen Vorlage herausarbeiten. Abschließend werde ich in einem Fazit
versuchen, Antworten auf die oben genannten Fragen zu finden.

Ich widme mich diesem Thema, da ich zum einen gerne ein Grundverständnis
über die Figur Maria Stuart, vom literarischen wie auch historischen Standpunkt
aus, vermitteln möchte, allerdings auch Schillers Art der Umwandlung von
geschichtlichem Stoff zu einem Drama und seine Absichten dahinter verstehen
und erklären möchte.

Im ersten Teil der Facharbeit werde ich mich Schillers Dramenfigur widmen.

Die Charakterisierung wird hauptsächlich anhand des dritten Aufzugs, dem


Höhepunkt des Dramas, erarbeitet werden, jedoch werde ich mich in Einzelfällen
auch auf andere Stellen des Dramas beziehen. Begründet liegt dies darin, dass
dieser Aufzug die höchste Informationsdichte für eine Charakterisierung mit sich
bringt und eine Charakterisierung anhand des gesamten Stückes den Rahmen
dieser Facharbeit sprengen würde.

Dabei werde ich zuerst das Aussehen Marias, sowie die äußeren Umstände ihres
Lebens und ihre Situation darstellen. Darauffolgend werde ich ihre
Charakterzüge, sowie ihre generellen Überzeugungen und Werte darlegen.
Abschließend werde ich ihre Beziehungen zu den Figuren Elisabeth, als
Antagonistin des Dramas, und Graf Leicester, als interessante Figur, die auf
beiden Seiten des Kampfes mitwirkt, beschreiben und ein Fazit über ihre
gesamte Rolle treffen.

Auch bei der Beschreibung der historischen Maria Stuart werde ich mich
vorrangig auf die Geschehnissen rund um ihre Hinrichtung und ihre

3
Gefangenschaft in England, welche den Inhalt von Schillers Drama bilden,
beziehen. Mit den genannten Aspekten befasse ich mich, um einen möglichst
genauen und akkuraten Vergleich zu ermöglichen.

Der Aufbau der Untersuchung ist auch ähnlich zur Charakterisierung der
Dramenfigur.

2. Schillers Maria Stuart

2.1 Äußere Beschreibung von Schillers Maria Stuart

Maria ist eine junge, hübsche Frau1. Sie ist 25 Jahre alt2 und die Königin von
Schottland.3 Sie ist zum Zeitpunkt der Dramenhandlung Gefangene in England,
nachdem sie in ihrer Heimat, aufgrund der Kabalen und Verstrickungen der
schottischen Adligen, welche sie für den Tod ihres Ehemannes anschuldigen,
vertrieben wurde und Schutz bei ihrer englischen Cousine, Elisabeth, Königin von
England, suchte.4 Diese sperrte sie allerdings ein, um der Gefahr der
Beanspruchung des Thrones durch Maria aus dem Weg zu gehen.5

Die Schönheit und der Anmut Marias wird des öfteren durch männliche Figuren
des Dramas verdeutlicht, zum Beispiel wird sie von Mortimer als „Göttin groß und
herrlich“6 mit „schöne[n] Locken[n]“7 und „seidne[m] Haar“8 beschrieben, wobei zu
beachten ist, dass sich dieser während dieser Beschreibung durch ihre
Erscheinung in einer Art Wahn befindet, in welchem er Maria stark belästigt und
an sich drückt.9 Des weiteren ist Graf Leicester äußerst entzückt, als er ihr Bild
sieht und versinkt förmlich darin.10

Maria trägt oft einen Schleier11 und besitzt ein Diadem12, welches ihren Stand als
Königin verdeutlicht.

2.2 Charakterzüge und Werte von Schillers Maria Stuart

Maria leidet sehr unter der Gefangenschaft in Schloss Fortheringhay. Dies ist

1 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, Frankfurt am Main:
Peter Lang GmbH 2012, S. 326
2 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 333
3 Friedrich Schiller, Maria Stuart, in Reclam XL, Text und Kontext, Nr. 16128, Hrsg. Wolf Dieter
Hellberg, o.O. Philipp Reclam jun. Verlag GmbH 2014, vgl. S. 60, Z. 1724
4 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 326
5 Ebenda
6 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 85, Z. 2472
7 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 88, Z. 2561
8 Ebenda
9 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 89, Z. 2579f.
10 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 60, Z. 1725f.
11 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 9, vor Z. 144; vgl. S. 125, vor Z. 3480
12 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 125, vor Z. 3480

4
zum Beispiel daran zu erkennen, dass sie, als sie in den Park um das Schloss
gehen kann, anfängt zu reimen und in Poesie und Träumereien schwelgt. 13 Sie
genießt dieses kleine bisschen Freiheit also schon sehr, obwohl ihr Gefängnis,
wie ihre Amme Hannah Kennedy sagt, „nur um ein klein Weniges erweitert“ 14 ist
und dennoch ein Gefängnis bleibt. Dieser eine Ausblick auf Freiheit gibt ihr des
weiteren die Hoffnung, dass ihr Kerker Stück für Stück erweitert wird, bis er
schlussendlich für immer verschwindet.15 Dass es ihr mit dem Wunsch nach
Freiheit ernst ist, wird auch daran deutlich, dass sie beim Aufeinandertreffen mit
Elisabeth ihren Stolz vergisst und dieser zu Füßen fällt. 16 Sie appelliert
darauffolgend an ihre Blutsverwandtschaft: „Das Blut der Tudor, das in meinen
Adern | [w]ie in den euren fließt“ 17 und an das Mitgefühl Elisabeths: „Löst mir das
Herz, dass ich das Eure rühre!“.18 Das zeigt allerdings auch ihr Selbstverständnis,
eine Elisabeth gleichgestellte Frau und Königin zu sein, welche unrechtens
eingesperrt ist. Außerdem ist dieser träumerische Wunsch nach Freiheit auch ein
Zeichen für den Wunsch Marias nach Erlösung von ihrem Leid und den Härten
der Wirklichkeit, wie zum Beispiel den Folgen ihrer Taten und ihrer
Abstammung.19

Das bereits erwähnte Selbstverständnis Marias wird im Gespräch mit Elisabeth


allerdings auch noch auf andere Art und Weise deutlich. Laut Peter-André Alt,
hält sie mit den Worten „Regierte Recht, so läget Ihr vor mir | Im Staube jetzt,
denn ich bin Euer König“20 „[k]onseqeunt […] am Anspruch fest, ihr
herrscherliches Selbstverständnis durch die öffentliche Rede zu unterstreichen“. 21
Insgesamt wird an dieser Stelle des Textes dieses Selbstverständnis deutlich, da
Maria durch Elisabeths nicht aufhörende Erniedrigung ihrerselbst22 in Rage gerät
und mit Sätzen wie „Der Thron Englands ist durch einen Bastard | Entweiht, der
Briten edelherzig Volk | Durch eine list'ge Gauklerin betrogen.“ 23 ihre Haltung
unterstreicht. Dieses Streitgespräch empfindet sie, obwohl es ihr Schicksal, also
ihre Hinrichtung vermeintlich besiegelt, als Sieg über Elisabeth und als

13 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 72-74, Z. 2073-2142


14 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 73, Z.2084
15 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 73, Z. 2119-2028
16 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 78, Z. 2244-2255
17 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 79, Z. 2267f.
18 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 79, Z. 2274
19 Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, München:
Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 2009, S. 207
20 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 84, Z. 2450f.
21 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., München: Verlag C.H. Beck oHG 2000,
S. 501
22 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 78, Z. 2257-2260; vgl. S. 80-81, Z. 2338-2346
23 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 84, Z. 2447-2249

5
Bestätigung ihrer Rechtmäßigkeit als Herrscherin.24 Das Ziel ihrer Herrschaft ist
eine Vereinigung „Zwei edle[r] Nationen, [England und Schottland], unterm
Schatten | Des Ölbaums“.

Ein weiterer wichtiger Charakterzug Marias ist ihr starker katholischer Glauben,
welcher sich oberflächlich dadurch erkennen lässt, dass sie des Öfteren ein
Kruzifix bei sich trägt25; allerdings auch durch ihre enge Beziehung zum Kardinal
von Lothringen, ein hoher katholischer Beamter, der aus Schottland verbannt
wurde, den sie auch als Oheim bezeichnet.26 Peter-André Alt beschreibt ihre
katholische Weltsicht und das damit einhergehende politische Selbstverständnis
dabei als ein Makel der Heldin, da ihre „Frömmigkeit […] zwar am Schlu[ss] [...]
ihre Inszenierung als schöne Seele ermöglicht“27, allerdings auch zu einer
stetigen politischen Sendung ihres Selbstbilds führt, was es ihr nicht ermöglicht,
sich komplett den Gesetzen des Glaubens zu unterwerfen.28 Sie kann sich also
nicht komplett vom politischen Katholizismus lösen, was allerdings auch positiv
zur von Schiller gewollten Darstellung Marias als nicht makelloses „physisches
Wesen“ mit „starken sinnlichen Neigungen“29 beiträgt.30

2.3 Beziehung von Schillers Marias zu Elisabeth und Graf Leicester


Marias Beziehung zu Elisabeth ist eine Rivalität. Marias zuvor genannte,
angestrebte Vereinigung der Nationen England und Schottland, schließt die
Vertreibung Elisabeths mit ein.31 Auch im Gespräch mit Elisabeth wird deutlich,
dass Maria nicht wirklich daran interessiert ist, ihre Herrschaftsansprüche
abzutreten: „Regiert in Frieden! | Jedwedem Anspruch auf dies Reich entsag
ich.“32, sondern dies nur tut, um ihre Freiheit zu erlangen. Sie spricht im
folgenden auch von einem „langverhaltene[m] Groll“33 gegenüber Elisabeth und
beleidigt diese als „Bastard“34 und als „Gauklerin“35. Abschließend verdeutlicht
sie, dass sie Elisabeth nicht als rechtmäßige Herrscherin Englands anerkennt. 36
Peter-André Alt führt des weiteren aus, dass Elisabeth Maria zum einen aus
politischen, aber auch privaten Interessen bekämpft, wie zum Beispiel den Raub

24 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 84-85, Z. 2452-2467


25 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 9, vor Z. 144 vgl. S. 125, vor Z. 3480
26 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 17, Z. 387f.
27 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 507
28 Ebenda
29 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S.493
30 Ebenda; Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 507
31 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 500
32 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 82, Z. 2378f.
33 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 84, Z. 2440
34 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 84, Z. 2447
35 Friedrich Schiller, Maria Stuart, S. 84, Z. 2449
36 Friedrich Schiller, Maria Stuart, vgl. S. 84, Z. 2447-2451

6
ihres Geliebten oder des Bräutigams.37

Ihre Beziehung zu Graf Leicester wirkt am Anfang wie eine Liebesbeziehung,


allerdings stellt sich später heraus, dass dieser immer so gehandelt hat, als dass
für ihn der größte Vorteil entstand, also wie ein Opportunist. 38 Dadurch durchlebt
er allerdings eine Art Persönlichkeitsspaltung (ausgelöst durch seine
Täuschungsstrategie, die nicht mehr zwischen Aufgesetztem und Wahrem
unterscheidet), in welcher er öffentlich gegen Maria spricht, im Geheimen
allerdings ein Fürsprecher der schottischen Königin ist.39 Peter-André Alt
beschreibt außerdem die Situation in welcher Maria „den Opportunisten der
Macht“40 verhöhnt und ihm und seinen Intrigen die Schuld an ihrer Niederlage
gibt.41

2.4 Fazit zur Dramenfigur

Zusammenfassend lässt sich Maria also als starke, selbstüberzeugte Frau


beschreiben, welche für ihre Sache und ihre Ziele einsteht, am Ende sogar mit
ihrem Leben. Sie ist dabei zum Opfer von politischem Opportunismus und der
Angst Elisabeths vor dem Verlust ihres Amtes und dem damit einhergehendem
Machtverlust geworden. Im Laufe des Dramas bleibt Maria stets ihrem
Herrschaftsanspruch treu und lässt sich diesen von Niemandem absprechen.
Ihrem Glauben bleibt sie ebenfalls treu und gibt diesen auch in ihren politischen
Aktionen zu erkennen. Bei ihrem Tod scheidet sie geläutert und vergebend von
der Welt und ist somit eine greifbare, aber ihren Idealen nahe Heldin. Somit erfüllt
sie ihre von Schiller zugeschriebene Rolle als „physisches Wesen“ perfekt,
verliert aber nicht ihren heldenhaften Charakter, welcher ihr als Protagonistin des
Dramas zusteht.

3. Die historische Maria Stuart (im Vergleich)

3.1 Allgemeines zur historischen Maria Stuart

Maria Stuart wird im Dezember des Jahres 1542 auf Schloss von Linlithgow in
Schottland geboren.42 Ihre späte Kindheit und ihre Jugend verbringt sie in
Frankreich, am königlichen Hof.43 Dort lernt sie die klassischen und
zeitgenössischen Sprachen ihrer Zeit und zeigt sich äußerst interessiert für Kultur

37 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 499


38 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 504
39 Ebenda
40 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 506
41 Ebenda
42 Stefan Zweig, Maria Stuart, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag GmbH 2011, S. 17
43 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 30

7
und Kunst44. Auch die französische Sprache lernt sie dort wie eine Muttersprache
und wird diese in ihrem späteren Leben auch des Öfteren zum verfassen von
Sonetten und Gedichten nutzen45. Des weiteren ist sie eine gewisse Zeit Königin
von Frankreich, bevor sie später Königin von Schottland wird.46

Zum Zeitpunkt der Ereignisse der Dramenhandlung ist Maria 45 Jahre alt. 47 Dies
ist schon der erste Unterschied zum Schillers 25jähriger Maria. Die Begründung
für diese Veränderung liegt simpel darin, dass Schiller Maria einen weiblichen
Charme verleihen wollte und ein junges Alter dies seiner Meinung nach fördere.48
Zu dieser Zeit ist sie eine Frau welche schon durch viele Erfahrungen, häufig
schlechter Natur, gekennzeichnet ist und sich dadurch eine gewisse
Geistesschärfe angeeignet hat, welche ihr auch von Schiller zugeschrieben
wird.49 Maria hat blondes Haar50 und eine als schön, wenn auch vom Alter
gezeichnete Erscheinung. Diese äußert sich zum Beispiel durch graue Strähnen
im Haar, allerdings auch durch eine Rheuma-Erkrankung 51. Außerdem wird sie
mit den Jahren in englischer Gefangenschaft und durch ihre Erkrankung
zunehmend schlaff und korpulent.52 Sie hat einen Sohn, James VI, welchen sie
allerdings kurz nach seiner Geburt verlassen musste und zu welchem sie nie
eine wirkliche und gute Beziehung aufbauen wird. Allerdings wird dieser ihren
Traum einer Vereinigung von Schottland und England realisieren.53

3.2 Erlebnisse der historischen Maria Stuart

Im Voraus dieses Kapitels ist anzumerken, dass Schiller die Ereignisse, welche
zur Hinrichtung Marias führten, stark komprimiert und auf einen engen Zeitraum
beschränkt hat. Dies hat er vermutlich getan, um die Dramenhandlung simpler
und verständlicher zu machen. In der Geschichte liefen die Ereignisse allerdings
in bedeutend größeren Abständen ab und hingen auch in etwas anderer Art und
Weise zusammen.

Ihren Anfang findet die Misere der Maria Stuart mit dem Mord an ihrem Ehemann
Darnley, dem König von Schottland. Der „verbrecherischen Situation, in die sie
durch ihre Hörigkeit zu Bothwell [(schottischer Earl und dritter Gemahl Marias)]

44 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 32


45 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 33
46 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 384
47 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 333
48 Ebenda
49 Ebenda
50 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 27
51 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 333
52 Ebenda
53 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 327

8
geraten ist, nicht gewachsen“54 verfällt sie in eine seelische Starre und
unternimmt keine logischen Schritte zu Aufklärung des Mordes ihres Mannes. 55
Dies und ihre Heirat mit Bothwell, dem Mörder Darnleys, führt zu einem
immensen Misstrauen der politischen Fronten der Welt in ihre Person. Nach einer
verlorenen, letzten Schlacht zur Sicherung ihrer Herrschaft und um einer
Verhaftung in Schottland zu entgehen, erwägt sie die Flucht nach Spanien,
Frankreich oder England.56 Sie entscheidet sich letzten Endes für die Flucht nach
England, da sie dort auf die ihr zuvor von Königin Elisabeth versicherte
Gastfreundschaft und Sicherheit hofft.57 Elisabeth hat allerdings nicht vor, ihr
Versprechen einzuhalten und wird Maria nie an ihren Hof, allerdings auch nicht in
ihr Land fliehen lassen.58 Sie wird durch Verstrickungen der englischen Krone
schließlich gefangengenommen und viele Jahre in einer scheinbaren
Gastfreundschaft auf den verschiedensten Landsitzen Englands beherbergt.
Dabei lebt sie wahrlich kein schlechtes Leben, ihre Umstände werden ihrem
königlichen Anspruch stets gerecht.59 Allerdings dauert diese Zeit der
Gefangenschaft bis zu ihrem Tode an. Dennoch steht in dieser Zeit ständig im
Raum, dass, falls Elisabeth etwas zustoßen sollte, Maria die rechtmäßige
Thronfolgerin wäre.60 Auch Maria ist sich dieses Umstandes bewusst und ist
deshalb zeitlebens eine Gefahr für Elisabeths Regentschaft. Als Elisabeth mit
ihrer Politik immer erfolgreicher wird und sie alle Hindernisse aus dem Weg
räumen konnte61, bleibt nur noch die eine Gefahr in ihrem Land: Maria Stuart! 62
Nachdem Maria also einen letzten, von vornherein eher aussichtslosen Versuch
startet, mit der Hilfe ihres Sohnes ihrer Gefangenschaft zu entkommen, wird sie
schlussendlich unter die Aufsicht eines harten und unfehlbaren Kerkermeisters
gestellt, Amyas Poulet, Paulet in Schillers Drama.63 Um sich Marias endgültig zu
entledigen plant der englische Adel einen Komplott, in welchem versucht wird,
Maria eine Zustimmung an einem Attentat auf Elisabeth abzuringen. 64 Dies wird
zustande gebracht, indem man Maria plötzlich Freiheiten einräumt und Poulet
seine harte Hand lockert.65 Es gelingt und Maria stimmt in einem

54 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 226


55 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 227
56 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 298-301
57 Ebenda
58 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 305
59 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 329-330
60 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 333
61 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 342
62 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 343
63 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 356
64 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 359
65 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 361

9
verhängnisvollen Brief einem Attentat auf Elisabeth zu. 66 Als sie einige Wochen
später von einem längeren Ausritt zurückkehrt, findet sie in ihrer derzeitigen
Residenz ihre Koffer und Schränke aufgerissen und geplündert vor.67 Sie wird
nach Schloss Fortheringhay verlegt und wartet dort auf den Tag ihrer
Verurteilung.68 Nachdem Elisabeth ein letztes Mal versucht, Maria brieflich davon
zu überzeugen ihren Stolz aufzugeben und dem Tod so zu entgehen, Maria
allerdings nicht eine Sekunde daran denkt dies zu tun, ist ihr Schicksal
besiegelt.69 Nach ihrer Verurteilung zum Tode wird sie am 8. Februar 1587 auf
Schloss Fortheringhay, nachdem sie sich noch einmal zu ihrem Glauben bekannt
hat und ihren königlichen Rang verdeutlicht hat, hingerichtet.70

Wie schon erwähnt geht Schiller die Verarbeitung des Stoffes etwas freier an. Er
spricht zum Beispiel davon die Geschichte der „Freiheit der Phantasie“ zu
unterwerfen und ausgewählte Stellen des Stoffes für das Drama zu verarbeiten. 71
Er baut das Drama symmetrisch auf, auch wenn die Realgeschichte dadurch
verfälscht wird, und gibt Maria somit den ersten Akt und die erste Hälfte des
fünften Aktes und ihrer Gegenspielerin Elisabeth den zweiten Akt und die zweite
Hälfte des Schlussaktes.72 Der Mittelakt wird dabei für eine, nebenbei erwähnt
erfundene, Konfrontation der beiden Frauen genutzt.73 Die historische Maria
Stuart trifft Elisabeth nämlich niemals. Weitere Unterschiede der Handlung liegen
zum Beispiel auch im Verhaftungsgrund Marias. Im Drama wird sie nämlich
konkret wegen des Mordes an Darnley gefangengehalten, im historischen Stoff
ist eher die Angst Elisabeths vor einer Thronübernahme durch Maria der Grund.
Auch die Landsitze auf denen Maria gefangengehalten wird ändern sich im
Drama nicht. Sie wird dort durchgängig in ihrem historisch letzten Aufenthaltsort,
Schloss Fortheringhay, festgehalten. Dennoch sind auch Übereinstimmungen in
der Rahmenhandlung des Stückes erkennbar. Da wäre zum Beispiel der Beginn
des Stückes, der sehr nah an dem Ereignis steht, welches den Tod der
historischen Maria besiegelt. Er stellt das Zurückkehren Marias zu aufgerissenen
Schränken und geplünderten Koffern dar. Außerdem ist auch ihr Gang zum Tod
im Drama, übereinstimmend mit den Quellen, ein Weg, den sie als gläubige
Christin bestreitet, die vergibt und bereut.74 Ein entscheidender Unterschied ist

66 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 371


67 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 376
68 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 377
69 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 381
70 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 403-414
71 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 497
72 Ebenda
73 Ebenda
74 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 317

10
die Meinung und die Verbindung zum Mord an Darnley, sowie die Mitwirkung an
der Planung des Attentats auf Elisabeth. Während die historische Maria ihre
Beteiligung am Darnley-Mord zeitlebens bestreitet, gibt Schillers Heldin ihre
Mitschuld zu.75 Dafür bereinigt Schiller seine Dramenfigur vollständig von einer
Verantwortlichkeit für die Planung eines Attentats an Elisabeth, wofür die
historische Maria Stuart, wie schon erläutert, hingerichtet wurde.76

3.3 Charakterzüge und Persönlichkeit der historischen Maria Stuart

Maria Stuart ist durch ihre Kindheit und frühe Erziehung in Frankreich eine streng
katholische Christin. Dies zeigt sich in ihrem Gang zum Schafott, den sie als
Christin bestreitet77, aber auch durch ihre engen Beziehungen zu ihrem „Oheim“,
dem Kardinal von Lothringen.78 Dennoch vertritt sie den Calvinismus und setzt
sich für ein friedliches Zusammenleben von Protestanten und Katholiken,
manchmal auch auf Kosten der katholischen Kirche, ein. 79 Sie wird oft als schön
und klug beschrieben80, und zeigt ihre Klugheit auch durch verschiedenste
Studien in der Philosophie, der Geschichte, der Dichtung oder auch der Musik.81
Sie konnte ihre Weiblichkeit, im Gegensatz zu ihrer strengen Gegenspielerin
Elisabeth, früh entwickeln82, zeigt allerdings dennoch des öfteren ihre kalte und
auch grausame Seite, zum Beispiel, wenn sie das Attentat auf Elisabeth
genehmigt, und auch ihre eigenen Ideen in die Planung einfließen lässt, oder
wenn sie zur Sicherung ihrer Herrschaft in Schottland eine eher aussichtslose
Schlacht erzwingt.83 Dabei ist auch ein spezifisches Selbstverständnis, jenes das
auch Schiller seiner Maria zugeschrieben hat, erkennbar. Sie kann sich zwar eine
gewisse Zeit der Niederlage gegenüber Elisabeth und ihrer Enthebung vom
Thron hingeben, sieht aber dennoch niemals wirklich ein, dass Elisabeth
rechtmäßig über England regiert. Dies äußert sich in ihren vielen Versuchen, die
Herrschaft erneut an sich zu reißen (die schon erwähnte Schlacht oder auch das
Attentat an Elisabeth) und auch darin, dass sie in ihrer Zeit der Gefangenschaft
stets als Königin behandelt werden wollte und auch wurde.84

In Marias Beziehung zu Bothwell zeigt sich allerdings auch eine schwache Seite.

75 Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 497


76 Ebenda
77 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 317
78 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 32
79 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 327
80 Ebenda
81 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 344
82 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 333
83 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 298-299
84 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 331

11
Durch ihre absolute Hingabe und Liebe gegenüber Bothwell gerät sie erst in ihre
missliche Lage.85 Sie führt Darnley in blinder Hörigkeit gegenüber Bothwell in den
Tod und zieht dann in einer „seelischen Starre“ auch noch den Mordverdacht auf
sich.86 Des weiteren neigt sie auch dazu, durch Leidenschaft unkluge
Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel die Heirat mit Bothwell 87 oder die
offene Beteiligung am Attentat. Diese Handlungen seien, laut Stefan Zweig, nicht
durch Vernunft, sondern nur durch maßlose Angst zu erklären. 88 Maria Stuart ist
also keinesfalls eine unfehlbare Königin oder Frau, sondern, ganz nach Schillers
Dramenfigur, auch in der Realgeschichte ein „physisches Wesen“.

Im Vergleich mit Schillers Dramenfigur fällt nun Diverses auf. Schiller hat
Persönlichkeitszüge Marias, wie das herrscherliche Selbstverständnis oder die
Weiblichkeit, nahezu identisch übernommen. Auch die Ziele Marias, wie die
Vereinigung Schottlands und Englands hat er seiner Dramenfigur gelassen. 89
Allerdings ist auffällig, dass er in „seiner offensichtlichen Parteinahme für die
Titelheldin“90 die Geschichte zugunsten Marias abwandelt. Durch ihre Darstellung
als Opfer, und obwohl Schiller ihre Vergehen, zum Beispiel den Mord an Darnley,
nicht verschweigt, rückt er sie in ein unschuldiges Licht und der Zuschauer
bekommt das Gefühl, dass sie nur durch Pech und Unglück in diese Vergehen
„hineingerutscht“ sei.91 Verstärkt wird dies auch durch die äußerst negative
Darstellung Elisabeths.92 Allerdings wird durch die vorangegangene Ausarbeitung
der historischen Maria Stuart deutlich, dass dieses unschuldige Bild keineswegs
zutrifft. Die historische Maria war ebenso von politischem Opportunismus und
einer herrschaftlichen Kälte gelenkt, wie all die anderen politischen Mitstreiter
ihrer Zeit. Schiller musste diese Abwandlungen jedoch vornehmen, um Marias
Läuterung und ihre Wandlung zur „schönen Seele“ zu komplettieren.93 Joseph
Kiermeier-Debre spricht von einem „Akt der Selbstbefreiung“94 in dem sie
„sinnlich äußere Schönheit, innere Seelengröße und moralische Schönheit zur
Deckung bringen lässt“95.

85 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 226-227


86 Ebenda
87 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 251
88 Ebenda
89 Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 327
90 Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, S. 205
91 Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, S. 205-206
92 Ebenda
93 Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, S. 206
94 Ebenda
95 Ebenda

12
3.4 Soziale Kontakte der historischen Maria Stuart

Maria Stuart war eine Frau mit vielen Kontakten, Freunde sowie Feinde. Die
herausragendste ist dabei aber Elisabeth, Königin von England. Vor Allem im
Kontext dieser Facharbeit ist sie wohl die wichtigste Person im Leben Marias.
Obwohl sie sich im echten Leben niemals trafen 96, sind sie doch durch
Verwandtschaft, sie kommen beide aus dem Hause Tudor, und den Fakt, dass
sie beide regierende Frauen in einer Männer dominierten Welt sind, verbunden.
Elisabeth ist dabei eine berechnende Frau, welche allerdings dennoch emotional
und mitfühlend auftreten kann. Sie ergreift zum Beispiel Partei für Maria, als
diese nach England geflohen ist97, und möchte zu ihrem Wort stehen, Maria
Schutz und Obdach zu gewähren.98 Dies wird allerdings von einem ihrer Lords,
Cecil, unterbunden, da sie, wenn sie Maria königlich aufnähme, einem Kampf
gegen die rebellierenden schottischen Lords zustimme. Erwähnenswert ist dabei
noch, dass Cecil die Lords selber zur Rebellion aufgestachelt hat und es deshalb
nicht in seinem Interesse sein kann, Maria zu helfen. 99 Elisabeth hält Maria
daraufhin mit List und Tücke in England fest, und treibt sie damit noch tiefer in ihr
finsteres Schicksal.100 Des weiteren hat Elisabeth sogar einmal die Chance, sich
der ihr äußerst lästig gewordenen Maria zu entledigen, entscheidet sich
allerdings dennoch, sie nicht nach Schottland in den sicheren Tod auszuliefern.
Ob dabei Mitleid, kühle Berechnung oder anderweitige Gefühle den Ausschlag
gaben ist nicht bekannt.101
Elisabeths Mitleid und ihr Wille Maria zu helfen wird noch an anderen Stellen der
Geschichte deutlich. Zum Beispiel versucht sie noch kurz vor Marias Hinrichtung
diese zu verhindern. Dazu müsste Maria Elisabeth gegenüber gestehen, eine
Verschwörung gegen sie geplant zu haben, und sich ihrem persönlichen Urteil
unterstellen. Maria lehnt allerdings aus Stolz ab und verwirkt somit ihre letzte
Möglichkeit auf Rettung.102

Marias Haltung Elisabeth gegenüber ist nach der langen Zeit in ihrer
Gefangenschaft mit Hass und Abscheu gezeichnet. Sie verbringt ihre Zeit vor der
Hinrichtung damit ihre, laut Stefan Zweig, letzte auf Erden verbleibende Macht
auszuspielen. Sie möchte Elisabeth ins Unrecht setzen und als „Mitleidlose“

96 Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, S. 205
97 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 304
98 Ebenda
99 Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 304-305
100Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 306
101Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 324
102Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 380-381

13
hinstellen.103
Das Verhältnis der beiden Königinnen ist also zusammenfassend durchgängig
von eher zurückhaltender und politischer Gutmütigkeit, im Gegensatz dazu aber
persönlichem und offensichtlichem Hass, geprägt.

Schiller stellt Elisabeth in seinem Drama deutlich schändlicher dar. Er unterwirft


sie oft ihrem Rechtsbruch, den sie mit der Gefangennahme Marias begangen
hat104, und gibt ihr die gesamte Schuld an der Hinrichtung Marias, obwohl sie im
historischen Kontext von ihren Lords in diese Schandtat getrieben wurde. 105 Er
lässt ihre Entscheidungen durch Angst, Neid und Vernichtungswut lenken, anstatt
ihr Grundsätze und Vorausdenken in die Hände zu legen 106 und vervollständigt
damit das Bild der Dramenfigur Elisabeth als tyrannische Herrscherin und
impulsive, grausame Mörderin Marias.

Marias Liebesbeziehung zu Graf Leicester entstammt frei Schillers Feder 107, und
muss deshalb im historischen Kontext keine genauere Erwähnung finden.

3.5 Fazit zur historischen Maria Stuart sowie dem Vergleich zu Dramenfigur

Abschließend und das Kapitel zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die
historische Maria Stuart eine Frau war, welche in ihrem Leben den ein oder
anderen Fehler begangen hat. Sie ist in ihrer Art des Regierens und auch in ihrer
Politik sehr leidenschaftlich und unterliegt aufgrund dessen letzten Endes ihrer
Widersacherin Elisabeth. Ihre Leidenschaft führt oft zu unüberlegtem Handeln
und schlechten Entscheidungen.

Schiller gibt dem historischen Stoff einen „poetischen Deckmantel“ und bereinigt
ihn zu seinen Zwecken. Er verändert dabei allerdings, bis auf einige Ausnahmen,
sehr fein und lässt dem Stoff stets seinen realen Kern. Vor allem Marias
Charakter ähnelt der historischen Maria sehr, und deutet deshalb auf ein äußerst
detailreiches Studium der Quellen durch Schiller hin. Die Rahmenhandlung
erleidet die schwersten Verbiegungen, wahrscheinlich zu Gunsten der
Zugänglichkeit und Vereinfachung des Stoffes.

4. Fazit

Schiller gelingt es in seinem Drama „Maria Stuart“ sein Ziel „der Phantasie eine
Freiheit über die Geschichte zu schaffen“108 zu erfüllen. Er ändert die Geschichte
103Stefan Zweig, Maria Stuart, S. 3381
104Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 326
105Ebenda
106Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama, S. 328
107Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung, S. 205
108Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 497

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an verschiedensten Stellen um seine poetischen Ziele, wie den
Läuterungsprozess Marias oder Elisabeths Unfähigkeit sich als Individuum der
Liebe zu widmen, zu perfektionieren.109

Matthias Luserke-Jaqui spricht davon, dass „Maria Stuart“ Schillers Enttäuschung


über die französische Revolution darstelle und als ein zivilisationkritisches Drama
zu beurteilen sei.110 Dennoch stellt er dabei in seinem Stück, mithilfe von
Elisabeth als Widerspiegelung der zur Herrschaft missbrauchten Aufklärung,
seine Enttäuschung über eben diesen Missbrauch der Aufklärung dar. 111 Schiller
bildet in Folge dessen auch den Kronrat Elisabeths fälschlich als eine Einheit
ab.112 Dies tue er aber um die Unterordnung des Parlaments unter Elisabeth,
welches eigentlich die Krone regulieren soll, zu kritisieren.113

Alles in Allem lässt sich also sagen, dass Schiller mit seinem Stück eine, vom
historischen sowie literarischen Standpunkt aus gesehene, Wiedergabe des
Maria-Stuart-Stoffes gelingt und er die Geschichte äußerlich verändert, um seiner
Zivilisationskritik und seinen weiteren, im Verlauf dieser Facharbeit erläuterten,
dichterischen Zielen Gestalt zu geben. Ihm gelingt es dabei den historischen
Kern der Ereignisse zu erhalten. Das Drama lässt sich also guten Gewissens als
historisches Drama bezeichnen.

109Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., S. 499


110Matthias Luserke-Jaquis, Schiller-Handbuch: Leben-Werk-Wirkung, Stuttgart: J.B. Metzler
2005, S. 166
111 Matthias Luserke-Jaquis, Schiller-Handbuch: Leben-Werk-Wirkung, S. 166
112Ebenda
113Ebenda

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6. Literaturverzeichnis

Primärliteratur:

Friedrich Schiller, Maria Stuart, in Reclam XL, Text und Kontext, Nr. 16128, Hrsg.
Wolf Dieter Hellberg, o.O. Philipp Reclam jun. Verlag GmbH 2014

Sekundärliteratur:
Wolfgang Wittkowski u.a., Schiller: Ethik, Politik und Nemesis im Drama,
Frankfurt am Main: Peter Lang GmbH 2012
Joseph Kiermeier-Debre, Schillers Frauen: 42 Porträts aus Leben und Dichtung,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG 2009
Peter-André Alt, Schiller: Leben – Werk – Zeit Bd. II., München: Verlag C.H. Beck
oHG 2000
Stefan Zweig, Maria Stuart, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag GmbH 2011
Matthias Luserke-Jaquis, Schiller-Handbuch: Leben-Werk-Wirkung, Stuttgart:
J.B. Metzler 2005

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8. September 2008

Erklärung:

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Facharbeit selbstständig angefertigt, keine anderen
als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die im Wortlaut oder im
wesentlichen Inhalt aus anderen Werken entnommen wurden, mit genauer Quellenangabe
kenntlich gemacht habe.

Verwendete Informationen aus dem Internet können den Lehrkräften vollständig zur Verfügung
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Ich bin damit einverstanden, dass die von mir verfasste Facharbeit der schulinternen Öffentlichkeit
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