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Archdologische Ausgrabungen in Baden-Wirttemberg 2005 Dendrochronologische Untersuchungen von Ausbauhélzern aus dem Bergwerk Schauinsland, Stadt Freiburg 240 Einféhrung Der Bergbau auf die Blei Silber Zink Eragéin- ge im Schaninsland, 9m siidlich der Stadt Freiburg, wurde mit Unterbrechmgen vom spaten Mittelalter bis 1954 betrieben. Silber war im Mittelalter Hauptmiinzmetall. Ab dem 17 Jahrhundert gewann vor allem das Blei an Bedeutung. Die in den Exzgingen haufi- ger vorkommende Zinkblende konnte bis zum 19.Jahrhundert nicht genutzt werden und wutde auf Halde gestiirzt. Ende des 19.Jahr- hunderts wurde Zinkblende dann das wirt- schaftlich wichtigste Erz. Der Grubenbetrieb wurde 1954 aus Rentabilitatsgriinden einge- stellt. Seit 1998 werden die noch befahrbaren Gru- benbaue und die iibertagigen Gelndedenk miler systematisch archdologisch dokumen- tiert. Der chronologische Schwerpunkt der Arbeiten liegt in der Zeit zwischen dem spi- ten 13. und dem 18, Jahrhundert. Das Mate- rial wird zurzeit im Rahmen einer Disserta- tion am Institut fiir Ur- und Frithgeschichte und Archeiologie des Mittelalters der Univer sitit Freiburg ausgewertet. Die bisherigen Ergebnisse haben einige der friiheren Aussa- gen von Historikern bestiitigt, daneben aber auch hinsichtlich der Entwicklung des Berg- bans und der Siedlungsgenese zu wesent- lichen Ergénzungen und Korrekturen gefithrt Parallel angelegte historische Recherchen zeigen vor allem fiir das 16. und 18. Jahrhun- dert die vielfaltigen Beziehungen des Berg- baus zur Stadt Freiburg und der Grundherr- schaft des Klosters Oberried. Die dltesten Hélzer datieren ins 14. Jahrhun- dert und stammen ans einem Abbau iiber dem Erzkasten-I-Stollen, Dieser gehiirt zur mittelalterlichen Grube Schauinsland, deren Froner eines der Bergoaufenster im Freibur- ger Miinster stifteten. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt fiir Denkmalpflege, dem Landesamt fiir Geolo- gle, Rohstoffe und Bergoau und der Univer- sitat Freiburg konzentrierten sich die Unter- suchungen in den mittelalterlichen bis new zeitlichen Bergbaurevieren des Schwarzwalds bisher auf die Grube Caroline bei Sexau und die Grube ,Segen Gottes" bei Haslach. Es zeigte sich, dass die Erhaltungsbedingungen fiir Holz unter Tag in feuchtem Milieu aus- gezeichnet sind (Abb.228). Im Jahr 2005 richtete sich das Augenmerk nun verstarkt auf die Hélzer der Grube Schauinsland. Untersuchung Vorrangiges Ziel der Untersuchungen war es, einzelne Konstruktionen zu datieren, um somit die chronologischen Abfolgen der Stol- lenvortriebe besser zu erfassen. Da es gene. rell wenige Quellen zu den Bergbaurevieren des Schwarzwalis gibt, kénnen so wichtige Zeitmarken gesetzt werden, Bin weiterer wichtiger Aspekt des Projekts bezog sich aut den Aufbau einer Tannenjahrringchronologie fiir den Schwarzwald, um einen Grundstein fiir kiinftige Datierngen und Klimaforschun- gen zu legen. Da die Tanne sehr sensitiv auf Witterung reagiert, ist sie fiir diese Zwecke bestens geeignet, Nicht zuletzt aufgrund der geringen Mengen archéologisch geborgener ‘Tannenhélzer gelang es bisher nicht, eine re- gionale Referenzchronologie fiir den Hoch- schwarawald 2u erstellen. Mit den zahlrei chen noch erhaltenen Hélzern der Bergbatt gruben sollte dies jedoch in absehbarer Zeit méglich sein. Probenmaterial Als effiziente und fast unerschiipfliche Quel: le erwies sich hier die Grube Schauinsland. In nur vier Beprobungskampagnen von je weils einem halben Tag konnten 102 Holzer geborgen werden, Urspriinglich stammen sie aus einem Pum- penschacht zwischen dem Gegentrum-IIL Stollen und der 4. Feldstrecke iiber der Kapp- ler Soble. Binige kénnten allerdings auch noch aus dem daneben abgeteuften Forder- schacht sein, der mit dem Pumpenschacht im unteren Bereich durchschlagig ist. Die Holzer wurden geborgen, als die Versatzsaule in den Schichten von unten her abgezogen wurde, so dass es zu einer Vermischung ge- kommen sein diirite. Weiterhin wurden drei Bohrkeme aus dem noch in sit befindlichen Ausbau des Pum- penschachts entnommen. Weitere Proben stammen aus dem Erzkasten-I-Stollen. Das Untersuchungsmaterial setzt sich zusammen aus Kanthélzern, radial und tangential ge- spaltenen Brettem sowie Rund- und Spait- holzern, Bis auf eine Holzkohlenprobe aus den Brandriickstinden des .Feuersetzens* handelt es sich um Ausbauhilzer verschie dener Funktionen. Genutst wurde in erster Linie Tanne (82%), daneben in geringem Umfang noch Buche (10%) und Fichte (8%). Diese drei Baumarten sind noch heute in den umliegenden Walder der Grube vertreten, wobei die Tanne bestandsbildend ist. Somit. spiegelt das Probenmaterial wohil auch das da malige Spektrum der Hauptbaumarten wider. im Erckaston, 241 ‘Abb.229 Freiburg, Grube Schauinsland. Darstellung der datieren Jahrring- Zeitskala, Die rot jérbten Ende Q rmarkieren Proben, A let 242 ‘mit Waldkante fenkante baw. Boumes Dendrochronologische Ergebnisse Zum jetzigen Zeitpunkt wurden lediglich die Jabrringfolgen der Tannenproben analysiert. Die Vergleiche der einzelnen Sequenzen un- tereinander erwiesen sich m Beginn als schwierig, Dies hangt vermutlich damit zu- samunen, dass der Schauinsland als Tannen standort an der oberen Verbreitungsgrenze dieser Baumart liegt (Schauinslandgipfel 1284,407m ii. NN) und witterungsbedingte Er- eignisse wie beispielsweise Spatfriste bei ungiinstig stehenden Banmen zu Stérungen im Wachstumsverlauf fiihren kénnen. Nach der Ermittlung samtlicher Jahrringbreiten 1240 1320-1400 Hiiiichiiibaa Pest, fc | euiiae es sascessseese: Gee a Bees eeeaes: Fee eee eset Geries PeUrpeey Jahren. Chr. 1280 FPR 1360 © 1440 1480 Krisenzeit konnten dennoch 60 Jahrringfolgen mitein ander synchronisiert werden. Dies erméglich- te den Aufbau einer 386,jahrigen Chronolo- gie, die sich iber den Zeitraum von 1383 bis 1768n.Chr. erstreckt, und einer weiteren von 112 Jahren, welche die Zeit von 1236 bis 1347 n, Chr. abdeckt. Die beiden Chronologien lieKien sich mit Hilfe von Referenzen aus Ba- sel und Umland (Autor: R. Kontic), den Voge- sen (Autor: W. Tegel) und der Siiddeutschen Referenz (Autor: B, Becker/V. Siebenlist) ab- solut datieren. Die 102 geborgenen Grubehilzer ermiglich. ten 60 Datierungen (Abb. 229). Davon Konn- te bei 28 Proben das Falljalir des genutzten 1560 1640-1720 Totti tiae Drei&igjahriger Krieg Erbfolgekriege ul i HUE PE 1520 1600 Hprerie 1680 Bauumes prizise bestimmt werden (Waldkan- tendatierung). Bei allen weiteren war die Waldkante (Augenkante bzw. letzter Jahrring des Baumes) nicht mehr vorhanden, was zur Folge hat, dass es sich hier nur um frithest- mégliche Datierungen der Baumfallungen handelt. Die Ergebnisse spiegeln grob drei Phasen von Bergbauaktivitaten wider. Die frliheste fallt in die erste Halite des 14. Jahr- ‘hunderts und ist durch nur neun Hélzer re- prdisentiert. Da sich diese Hélzer in Stollen be- fanden, die mehrfach in spaterer Zeit wieder genutzt wurden, ist aus dieser friihen Phase nur noch relativ wenig Material vorhanden. Von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zum Beginn des 16, Jahrhunderts lieen sich keine Holzbauaktivitiiten nachweisen. Die genauen Griinde fir diese Unterbrechung sind noch weitgehend unklar. Denkbar waren unter an- derem die Pestziige baw. deren wirtschaftli- che Folgen oder die Erschipfung der reichen Lagerstittenpartien, Die meisten Holzfunde stammen aus dem 16, Jahrhundert, einer Pha- se mit reger Tatigkeit, was auch die Schrift- guellen belegen. Im 17.Jehrhundert kommen die Arbeiten wiederum fast vollstandig 2um Erliegen. Dieser Zeitabschnitt war gepragt durch den Dreifigiahrigen Krieg sowie durch die Auseinandersetzungen zwischen den Herr- scherhausern Habsburg und Bourbon Ende des 17. und Anfang des 18, Jahrhunderts. Den historischen Quellen zufolge wurde der Berg- ban am Schauinsland in der ersten Halfte des 18, Jahrhunderts ement aufgenommen, was auch durch zahlreiche datierte Holzein bauten belegt werden kann. Fazit und Ausblick Die dendrochronologisch untersuchten Tan: nen lieferten bereits prazise Zeitmarken zur Geschichte der Grube Schauinsland. Die ge- wonnenen Jahrringserien dienen als wichti- ge Batisteine fiir die Erstellung einer Regio nalchronologie fiir den Schwarzwald. Die dendrologischen Parameter, wie bei- spielsweise Baumalter, Zuwachsraten und -schwankungen von mittelalterlichen und neuzeitlichen Hélzern ans den Bergbaurevie ren des Schwarzwalds, erméglichen die wet ter gehende Interpretation der schriftliches Quellen 2m Walénutaung und Waldforme: historischer Zeit. Hinzu kommt, dass die Jahrringdaten mit rer kalendarischen Priizision auch in palo dkologischer und klimatologischer Hinsickt ausgewertet werden kinnen. Insbesondere konnte durch weitere Holzanalysen ein Bet trag zur Brforschung der .Kleinen Eiszeit~ geleistet werden, Gerade in jimgster Ze findet dieser Zeitraum zwischen dem hock mittelalterlichen Klimaoptimum bis zam Be- gin des 19. Jahrhunderts wegen seiner so- zialen und wirtschaftlichen Folgen verstarkt das Interesse der Frithneuzeitforschune Martin Stra8burger, Wilhelm Tegel Literaturhinweise B.Becker/V.Giertz-Siebentist, ine iiber 1100-jahrige mitteleuropiische Tannenchronolo- gic, Flore 159, 1970, 310-346; M. Straftburger, Bergbau im Schauinsland vom spaten Mittelalter bis um 1800, In; Tagungsband zum 7. Inter nationalen Bergbauworkshop 2004 Clansthal- Zellerfeld (St. Andreasberg, Clausthal-Zellerfeld 2004) 105-109; W. Tegel, Dendrochrouologische Untersuchungen in den Bergbaurevieren des Schwarewalds, In: W. Werner/V. Dennert, Lagerstitten tnd Bergbau im Schwarzwald: ein Fihrer unter besonderer Beriicksichtigung der fir die Offentlichkeit mgiinglichen Bergwerke (Frefourg 2004) 24-28 243

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