Während des Zweiten Weltkriegs unternahm er 1939 eine halboffizielle Reise nach
Skandinavien, um von dort dem Unterhaus über den finnisch-sowjetischen
Winterkrieg zu berichten.[48] Während der sogenannten Norwegendebatte am 7. und 8. Mai 1940 stimmte Macmillan (als einer von 80 konservativen Abgeordneten) gegen die Regierung Chamberlains, der im Anschluss an die Debatte zurücktrat.[49] In unmittelbarer Folge gehörte Macmillan der neugebildeten Koalitionsregierung an. Von Premierminister Winston Churchill in seine Kriegsregierung berufen, arbeitete er zunächst zwei Jahre beim Ministry of Supply unter Lord Beaverbrook,[50] bevor er für kurze Zeit als Unterstaatssekretär in das Kolonialministerium wechselte.[51] Dazu gehörte er auch dem Privy Council an, eine Ernennung, die ebenfalls auf eine Initiative Churchills zurückging.[52]
Im Jahr 1942 wurde er Repräsentant der britischen Regierung (Minister Resident)
beim alliierten Hauptquartier (kurz AFHQ) im westlichen Mittelmeerraum.[53] Dieser Posten, nominell mit Kabinettsverantwortung verbunden, bedeutete einen Karrieresprung für Macmillan. Dabei war er unter Umgehung des Außenministeriums Churchill direkt unterstellt und sollte als Verbindungsmann zwischen Kriegskabinett und dem lokalen alliierten Hauptquartier in Algier dienen.[54] In dieser Funktion nahm er an der Konferenz von Casablanca teil.[55] Der klassisch gebildete Macmillan beschrieb diese Konferenz in Anlehnung an das spätrömische Reich ironisch als das Treffen zwischen dem Kaiser des Westens und dem Kaiser des Ostens.[56] Während seiner Zeit in Nordafrika war es wiederholt seine Aufgabe, als Vermittler Spannungen zwischen Briten und Amerikanern zu bereinigen, die sich aus unterschiedlichen Sichtweisen über die Führung des Krieges ergaben. Zudem musste er interne Rivalitäten im Französischen Komitee für die Nationale Befreiung beseitigen.[57] Im Gegensatz zu Churchill und Franklin D. Roosevelt stand Macmillan dabei Charles de Gaulle aufgeschlossen gegenüber, der mit Churchill und Roosevelt wiederholte Auseinandersetzungen hatte.[58] Macmillan verhinderte mit seiner Vermittlung, dass die angloamerikanische Allianz de Gaulle ihre Unterstützung entzog.[59] Auch baute Macmillan eine harmonische Beziehung zu Dwight D. Eisenhower und seinem amerikanischen Pendant Robert Murphy auf.[60] Im Februar 1943 verunglückte das Flugzeug, in dem er von Algier aus nach Alexandria fliegen sollte, noch beim Start. Macmillan, der bei dem Unfall einem anderen Passagier das Leben rettete, erlitt eine Gehirnerschütterung sowie Verbrennungen an Körper und im Gesicht.[61]
Britische Einheiten während der Schlacht von Athen
Nach der erfolgreichen Alliierten Invasion in Italien siedelte Macmillan mit dem AFHQ von Algier nach Caserta um.[62] Mit Roosevelts Zustimmung ernannte Churchill Macmillan nun – zusätzlich zu seinen Funktionen als Resident Minister und Berater des Oberbefehlshabers – zum Chief Commissioner der Alliierten Kontrollkommission, was seinen Einfluss und Aktionsradius noch einmal beträchtlich erweiterte. Allerdings brachte ihn dies auch in Konflikt zu Außenminister Anthony Eden, der mit Macmillan in diversen Sachfragen nicht übereinstimmte und um seine eigene Stellung fürchtete.[63] Im weiteren Kriegsverlauf spielte er eine entscheidende Rolle bei der Installation vo n Erzbischof Damaskinos Papandreou als griechischen Regenten;[64] während der Schlacht um Athen gelang es Macmillan, in der belagerten britischen Botschaft Churchill von der Regentschaft zu überzeugen. Dieser hatte eigentlich eine Restauration der Monarchie unter dem unpopulären Georg II. präferiert.[65] Am 12. Mai 1945, kurz nach Deutschlands bedingungsloser Kapitulation, flog Macmillan nach Klagenfurt am Wörthersee, wo er sich mit dem Befehlshaber des britischen 5. Korps, General Charles Keightley, traf. Im Raum standen Diskussionen über den drohenden Konflikt mit Josip Broz Titos Volksbefreiungsarmee, die Kärnten und Julisch Venetien teilweise besetzt hatte und für das kommunistische Jugoslawien beanspruchte. Dabei riet er Keightley (entsprechend einem Abkommen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion, alle sowjetischen Staatsbürger, die von britischen Truppen befreit waren, „ohne Rücksicht auf deren Wünsche“ der Sowjetunion zu überstellen[66]), die dort lagernden Kosakenverbände an die Rote Armee zu übergeben.[67] Macmillan kehrte am nächsten Tag wieder nach Caserta und von dort nach England zurück, während die endgültige Entscheidung über die Auslieferung erst bei einer Militärkonferenz in Udine am 26./27. Mai 1945 fiel;[68] in den 1980er Jahren sorgte seine Involvierung in diesen Vorgang, später unter anderem auch als Lienzer Kosakentragödie bekannt geworden, jedoch für eine öffentliche Kontroverse.