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CME-FORTBILDUNG I

Moderne Hypnose bei Tinnitus & Co.


Grundlagen therapeutischer Hypnose in der HNO-ärztlichen Praxis
von Uwe H. Ross

Oft belächelt oder mystisch verklärt erfährt die brennungen und Chemotherapie) und Raucherent-
Hypnose – seit 2006 vom wissenschaftlichen Bei- wöhnung vor. So wächst auch unter HNO-Kollegen
rat Psychotherapie anerkanntes Therapieverfahren seit einigen Jahren das Interesse an dieser Metho-
[32] – eine beachtliche Renaissance in medizinisch- de. Die nachfolgende Übersicht erläutert das Wesen
somatischen und psycho­somatischen Anwen- der Hypnose und deren Nutzungsmöglichkeiten im
dungsbereichen. Wirksamkeitsnachweise bei Er- HNO-Bereich. Hier birgt die systematische Anwen-
wachsenen liegen u. a. für Belastungsstörungen, dung hypnotischer Kommunikationsmuster ein bis-
dissoziative, Konversions- und somatoforme Stö- lang ungenutztes, reichhaltiges Potenzial, über die
rungen, Schlafstörungen, psychische und soziale Macht der Sprache gesundheitsfördernde Prozesse
Faktoren bei kurzzeitigen medizinischen Interventi- und Ressource-Bewusstsein beim Patienten anzu-
onen (Operationen, Geburten, Behandlung von Ver- regen.

Das Wort „Hypnose“ löst bei vielen Menschen Patienten vor einer Untersuchung oder einem
eine Mischung von Unheimlichkeit und Faszina- Eingriff trotz hinreichender Information und Auf-
tion aus, die aus anekdotischen Berichten und klärung scheinbar unbegründet fortbesteht oder
Darstellungen der Hypnose in den Medien oder wenn ein informierter Tinnitus-Betroffener die
gar der Show- oder Bühnen-Hypnose gespeist Verhaltensanregung, die Aufmerksamkeit vom
werden. Tinnitus auf andere Dinge zu lenken, nicht befol-
Menschen, die eine Hypnose-Erfahrung gemacht gen kann und sagt: „ … es passiert ganz unwill-
haben, beschreiben ihr Erleben wie „Mein Arm kürlich, dass ich auf den Tinnitus hören muss.“
wurde völlig schwerelos und hob sich ganz von Tatsächlich hält die Diskussion in den Neurowis-
selbst.“ oder „Auf einmal war der Schmerz ver- senschaften um den freien Willen – angestoßen
schwunden.“ Diese Erfahrungen spiegeln ein durch das viel zitierte Libet-Experiment [15] zur
Charakteristikum der Hypnose wider, nämlich die zeitlich verzögerten Abfolge von Bereitschaftspo-
Unwillkürlichkeit der erlebten Prozesse und Phä- tenzial, der bewussten Handlungsentscheidung
nomene. Vor dem Hintergrund der gängigen All- und deren motorischer Umsetzung – seit den
tagsauffassung einer vornehmlich willentlichen 1990er Jahren weiter an [7]. Nach gegenwärti-
Steuerung alltäglicher Denk- und Verhaltens- gen Vorstellungen der Hirnforschung haben die
muster werfen solche Erfahrungen natürlich Fra- originären Antriebe für unser Verhalten tatsäch-
gen auf, die den Stellenwert automatischer, un- lich zuallererst einen unwillkürlich-unbewussten,
willkürlicher und unbewusster Prozesse in Bezug subkortikalen Ursprung im limbischen Bewer-
auf den sogenannten „freien Willen“ betreffen. tungs- und Gedächtnissystem (z. B. [27]). Der
Jeder HNO-Arzt ist damit ganz praktisch kon- subjektiv wahrgenommene absichtsvolle Wille
frontiert, etwa, wenn sich ein Würgreflex nicht wird gewissermaßen kortikal „nachgeliefert“. Der
willentlich unterdrücken lässt, die Angst eines Wille ist also längst nicht so frei wie wir glauben,

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James Braid (1795–1860) was die sehr begrenzte, willentliche und direkte Er prägte später den heutigen Begriff „Hypnose“
setzte Hypnose zur Schmerz- Steuerbarkeit unwillkürlicher Prozesse erklärt. (von griech. hypnos = Schlaf) als „Verfahren zur
behandlung in der Chirurgie Zur Veranschaulichung hier einige Alltagsbei- Konzentration der Aufmerksamkeit und Erhö-
und Zahnheilkunde ein und spiele: „Ich will ja schon mehr Sport treiben/ab- hung der Einbildungskraft“. Er setzte Hypnose
gilt daher als Begründer der nehmen/weniger Schokolade essen usw., aber zur Schmerzbehandlung in der Chirurgie und
medizinischen Hypnose. es kommt immer etwas dazwischen/es klappt Zahnheilkunde ein und gilt daher als Begründer
irgendwie nicht.“ der medizinischen Hypnose [21b]. Auch Sig-
In Situationen, in denen automatisch-unwillkürli- mund Freud (1856–1939) experimentierte mit
che und zugleich unerwünschte Prozesse offen- der therapeutischen Nutzung von Hypnose, gab
sichtlich mächtiger sind als die absichtsvoll-wil- der Psychoanalyse aus verschiedenen Gründen
lentlichen, bietet sich die Hypnose als hilfreiches jedoch den Vorrang. In Deutschland setzte sich
Verfahren an, da sie insbesondere auf der Ebene die Hypnosetradition fort, über den Neuroana-
der unwillkürlichen Prozesse der impliziten Infor- tom und Nervenarzt Oskar Vogt (1870–1959) in
mationsverarbeitung wirksam ist. Hamburg mit der Formulierung einer neurophy-
siologischen Theorie der Hypnose sowie über
Was ist Hypnose? – Ein historischer Abriss Johann Heinrich Schultz (1884–1970) in Berlin
mit der Entwicklung des Autogenen Trainings,
Hypnose ist eine der ältesten Methoden zur In- ein aus der traditionellen Hypnose abgeleitetes
duktion veränderter Bewusstseinszustände. Als selbsthypnotisches Entspannungsverfahren.
älteste hypnotische Induktionstexte gelten der
Papyrus Ebers ([13] zit. in [21b], S. 182) und der
Papyrus Leiden [1] aus dem alten Ägypten um
1500 v. Chr., wo bereits Fixationsmethoden (mit
Steinen und leuchtenden Gegenständen) sowie
Beschwörungsformeln zur Trance-Induktion be-
Abbildung 1:
schrieben sind.
James Braid
Veränderte Bewusstseinszustände wurden auch
(1795–1860),
von den keltischen Druiden, später im antiken
Chirurg und
Griechenland und Ägypten zu unterschiedlichen Augenarzt in
Zwecken herbeigeführt: zur Schlafinduktion England, prägte
(Tempelschlaf), Heilung und zu hellseherischen den Begriff
Zwecken. Noch im Rahmen einer magisch- „Hypnose“
mystischen Krankheitslehre wurden hypnotische (von griech.:
Rituale zu Heilzwecken um 1775 durch Pater hypnos = Schlaf)
Johann Gassner (1727–1779) aus dem Allgäu
bekannt. Als „Wunderdoctor vom Bodensee“
vertrat der Arzt und Jurist Franz Anton Messmer
(1734–1815) das Konzept des „thierischen Ma-
gnetismus“, das ein universelles, „magnetisches
Fluidum“ als heilsame Kraft postulierte. Er verhalf
der therapeutischen Anwendung der Hypnose
zur breiten Beachtung durch die medizinische
Abbildung 2:
Community im damaligen Europa. Das Ende
Milton H. Erick-
magisch-mystischer Anschauungen brachte je-
son (1901–1980),
doch erst der englische Chirurg und Augenarzt
Psychiater und
James Braid (1795–1860, Abbildung 1) mit sei- Psychotherapeut
ner psychologischen Auffassung der „Neurypno- (USA), Begründer
logie“ (aus »nervöser Schlaf“, da die Augenlider der modernen
der Probanden während der Sitzung zitterten). Hypnose

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Die aktuelle Hypnose-Definition Therapeutische Hypnose – Unter Hypnose versteht man


Die gesundheitsfördernde Nutzung ein Verfahren zur Induktion
Das heutige Verständnis von Hypnose geht im veränderter Bewusstseinszustände eines veränderten Bewusst-
Wesentlichen auf den amerikanischen Psychia- seinszustands, der durch das
ter Milton H. Erickson (1901–1980, Abbildung 2) Die seit 2006 in Deutschland wissenschaftlich an- Vorherrschen unwillkürlicher,
als Begründer der modernen Hypnose zurück. In erkannte Hypnotherapie nutzt gezielt veränderte automatischer Prozesse
der heutigen, modernen Begriffsfassung versteht Bewusstseinszustände, um die Wahrnehmung, gekennzeichnet ist.
man unter Hypnose ein Verfahren zur Induktion gedankliche und emotionale Muster sowie prob-
eines veränderten Bewusstseinszustands (Tran- lematisches Verhalten zu ändern und biologische
ce), der durch das Vorherrschen unwillkürlicher, Veränderungen zu fördern. Die Trance-Induktion
automatischer Prozesse (Ideodynamik) gekenn- erfolgt in der Regel über den sprachlich beglei-
zeichnet ist, beispielsweise spontanes bildhaf- teten Prozess der systematischen Fokussierung
tes, inneres Erleben (siehe Trance-Phänomene, von Aufmerksamkeit. Der Fokus der therapeu-
Tabelle 1), [4, 6, 20]. tischen Arbeit richtet sich dabei auf die Akti-
Im Sinne der modernen Hypnose wird Trance vierung verdeckter (unbewusster) Ressourcen
als natürlicher Zustand angesehen, der täglich (kraftvolle Zustände, Fähigkeiten, Kompetenzen)
mehrfach auftritt (sogenannte „Alltagstrance“), und Lösungsbewusstsein. Ausdrücklich betont
beispielsweise angeregt durch ein fesselndes wird dabei die autonome Selbstorganisation des
Buch oder Film, den Blick in ein Aquarium oder Patienten in einem wertschätzenden Arbeits-
Kaminfeuer oder auch durch eine Autobahnfahrt, bündnis [20]. Neben der Hypnotherapie als nun-
wenn ein Teil der Aufmerksamkeit nach innen mehr anerkanntem Psychotherapieverfahren und
geht und eine innere „Zeitreise“ in die Zeit vor der bereits seit Jahrzehnten etablierten zahn-
der Abfahrt oder nach der Ankunft auftritt (Zeitre- ärztlichen Hypnose [25] stellt die medizinische
gression bzw. -progression). Die therapeutische Hypnose eine weitere Anwendungsform der the-
Trance stellt somit lediglich eine Sonderform von rapeutischen Hypnose dar. Die Indikationen sind
Trance dar. in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 1: Typische Trance-Phänomene Tabelle 2: Indikationsbereiche und Ziele der


(Auswahl) in Anlehnung an [20] medizinischen Hypnose
K Sensorisch-perzeptive Vorbereitung auf Eingriffe
Aufmerksamkeitsfokussierung (VAKOG) K Entspannung
K Verändertes Körpererleben K Minderung autonomer Reflexe
(Dissoziation/Assoziation) (Husten-, Würgereiz)
K Verändertes Raumerleben/Körperschema K Angstabbau
K Idiodynamik (automatisch-unwillkürliche K Compliance- & Motivations-Aufbau
Prozesse) zur Kooperation
K Idiomotorik (Katalepsie, Levitation u.a.)
K Analgesie/Anästhesie Hyp-/Anästhesie
K Pseudo-Orientierung i.d. Zeit K Beeinflussung des Schmerzempfindens
(Pro-/Regression)
K Zeitverzerrung (Extension/Kondensation) Psychosomatische Symptomkontrolle
K Amnesie/Hypermnesie K Symptomreduktion (-beseitigung)
K Vegetative Umstellung (sympathikoton/ K Ressourcen-Aktivierung
parasympathikoton) K Coping-Fähigkeiten 
K Änderung von Immunparametern K Patienten-Autonomie 

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Je nach Herangehenswei- Formen der Hypnose und tion), um dann in Trance gewünschte Verände-
se lassen sich formal die ihre differenzierte Anwendung rungen anzuregen. Das gewünschte Erleben
traditionelle, direkte Hypnose oder Verhalten wird hier nicht offen ausgespro-
und die moderne, indirekte Veränderte Bewusstseinzustände lassen sich chen, sondern durch die Wirkung des suggerier-
Hypnose unterscheiden. auf verschiedene Arten anregen, zum einen ten Erlebens impliziert. Der Arbeitsstil ist koope-
physisch-physiologisch (z. B. durch akustische, rativ (partnerschaftliches Beziehungsmodell).
visuelle, chemische Reize, Druck, Temperatur, Beispiel: Die Aktivierung eines Ressource-Erle-
Atemmanöver, Fasten), zum anderen psycholo- bens „Dieses Schwimmen im warmen Wasser
gisch (z. B. durch Sprache, Meditation, sensori- während des Urlaubs mit dem Gefühl von Wohl-
sche Deprivation, Tanzen) (Übersicht in [30]). In befinden und Leichtigkeit …“ kann indirekt ein
der Hypnose dienen üblicherweise Stimme und Verschwinden der Schmerzen bewirken.
Sprache als Medien der Trance-Induktion. Be- Beide Ansätze haben ihre Vorzüge in unter-
reits durch die Art der Stimme und des Sprechens schiedlichen Anwendungsbereichen: Die rasch
(z. B. mittlere Stimmlage, monotone Prosodie, wirksamen direkten Induktionstechniken sind
ruhiges Tempo) wird auf non-verbaler Ebene ein in zeitlich sehr begrenzten, medizinischen Be-
bestimmter Zustand induziert (meist Entspan- handlungssituationen hoher Akuität nützlich, so-
nung). Mit Hilfe bestimmter Sprachmuster lässt fern der Patient ein nicht unerhebliches Maß an
sich die Aufmerksamkeit des Hypnotisanden Fremdbestimmung akzeptiert, wie beispielswei-
zudem verbal gezielt auf Körperempfindungen, se zur Analgesie/Anästhesie bei medizinischen
Emotionen, innere Bilder und Metaphern lenken, und zahnmedizinischen Eingriffen, Kontrolle aku-
um das gewünschte Erleben anzuregen. Zudem ter Schmerzen, in Notfallsituationen [8].
können Bewusstseinszustände über Körperhal- Indirekte Vorgehensweisen sind hingegen in
tungen und -bewegungen verändert werden (so- der Behandlung von Störungen mit ausgepräg-
genannte „ideomotorische Hypnose“ [24]). ten psycho-sozialen Faktoren hilfreich, die ein
Je nach Herangehensweise lassen sich formal kooperatives Arbeitsbündnis und die aktive
zwei Arten von Hypnose unterscheiden [20]: Mitarbeit des Patienten erfordern, um dessen
K Traditionelle, direkte Hypnose: Historisch Autonomie, Selbstwirksamkeit und Coping-Fä-
entwickelte Induktionstechniken mit Formulie- higkeiten zu stärken, wie beispielsweise chro-
rung des gewünschten Erlebens oder Verhalten nischer Tinnitus, chronische Schmerzzustände,
in klaren, direkten suggestiven Anweisungen somatoforme Störungen, phobischer Schwank-
und Vorgaben in Imperativform. Der Hypnotiseur schwindel, Angst vor medizinischem Prozedu-
nimmt hierbei eine deutlich dominierende, aktive ren. Ein starkes Beziehungs- bzw. Machtgefälle
Rolle ein, der Hypnotisand bleibt vergleichsweise zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand wie in
passiv, untergeordnet (patriarchalisches Bezie- der traditionellen Hypnose würde hier eher stö-
hungsmodell). rungsfixierend und chronifizierend wirken, da
Beispiel: „Der hochgestreckte Arm wird jetzt die Veränderungsmacht und -vermögen eher
immer kühler und pelziger, sodass jedes Gefühl dem Hypnotiseur bzw. Arzt zugeschrieben wird
verschwindet.“ als der eigenen autonomen Selbstkontrolle des
K Moderne, indirekte Hypnose: Auf den ame- Hypnotisanden bzw. Patienten.
rikanischen Psychiater Milton H. Erickson (1901– In der Praxis erweist sich eine Kombination bei-
1980) zurückgehender Ansatz mit sprachlich der Formen als sehr wirksam, die – angepasst
stark individualisierten, indirekten, permissiven an die jeweilige Situation – allerdings eine hohe,
Induktionstechniken, die die Erlebensmuster des flexible methodische Kompetenz in beiden An-
Hypnotisanden empathisch aufgreifen (Utilisa­ sätzen voraussetzt [10].

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Methodisches Vorgehen 2. Die Interventionsphase hat die Stimulation un- Die Hypnose-Anwendung
und Interventionen bewusster, innerer Suchprozesse nach Bedeu- gliedert sich typischerweise
tung (transderivationale Suche, TDS) sowie die in die Induktionsphase, die
Die Hypnose-Anwendung gliedert sich typi- Anregung kognitiver und affektiver Neu-Bewer- Interventionsphase und die
scherweise in drei Phasen (Abbildung 3): tungen und -Verknüpfungen zum Ziel. Aus der Reorientierung.
1. Die Induktionsphase dient der Trance-Einlei- Vielzahl an Techniken sind nachfolgend die im
tung. Hier steht eine Vielzahl von Methoden zur Rahmen der medizinischen Hypnose gebräuch-
Verfügung: visuelle (Fixationstechniken, Trep- lichsten genannt: Bei den Dissoziationstechniken
pen-Metapher), akustische (stereotype Geräu- werden in Trance verbal geführte Bilderlebnisse
sche, obertonreiche Klänge) und kinästhetische angeregt. Sie nutzen die natürliche menschliche
Techniken (Fokussierung auf spürbare Körper- Fähigkeit zur Dissoziation, das heißt zur Abspal-
sensationen wie Atmung, Schwere, Wärme), die tung von Erlebnisinhalten (Wahrnehmungen, Ge-
verbal mit direkten oder indirekten Suggestionen danken, Gefühle). So wird mit der Fokussierung
zur Innenorientierung der Aufmerksamkeit, Ent- auf die visuelle Repräsentationsebene des Sym-
spannung und sukzessiver Trance-Vertiefung ptoms z. B. bei störendem Tinnitus, Schmerzen
verbunden werden (Übersicht in [21b]). oder Ängsten eine innere Distanzierung von den

Vorgespräch
K Klärung von Anliegen & Auftrag
K Erläuterung der Methode (Fantasiereise, Hypnose)
K Relativierung negativer/unrealistischer Erwartungen
z.B. Willenlosigkeit, Manipulation/
passive Heilserwartungen

Aufbau von Rapport  Synchronisation


Verbales & nonverbales „Pacing“
(Angleichen, Spiegeln, Mitgehen)
K Angleichen der Körperhaltung, Atmung & Sprechrhythmus
an die des Patienten
K Empathisches Aufgreifen, Wiederholen und Zitieren
von Worten des Patienten

1. Induktion eines Trance-Zustands


K Direkte und indirekte Techniken

2. Therapeutische Intervention
Suggestionen, Bilder, Metaphern, Dissoziation, Assoziation
K Stimulation innerer Suchprozesse, impliziter Verarbeitung,
veränderter Erlebnisweise

3. Reorientierung
Posthypnotische Suggestionen  Alltagstransfer
Rücknahme bestimmter Phänomene  Alltagszustand der
Außenorientierung
Abbildung 3: Idealtypischer
Nachgespräch Ablauf einer Hypnose-Sitzung
K Ratifizierung/Verifikation der Trance-Erfahrungen (modifiziert in Anlehnung an
[20])

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Hypnotische Trance stellt ein


neurobiologisch erfassbares Aktivierung
Korrelat der Hirnfunktion in Dissoziation von Ressourcen
Assoziation

 
einem veränderten Bewusst- vom Symptom-/ +
mit dem
seinszustand dar. Problem-Muster Re-Organisation
des Symptom-/ Lösungs-Muster
Problem-Erlebens

Abbildung 4: Grundstruktur der Veränderungsprozesse durch Hypnose (modifiziert nach [21a])

störenden oder belastenden Wahrnehmungsin- Neurobiologische Wirkungen und Effekte


halten (hier auditiv bzw. kinästhetisch) erreicht
und eine hilfreiche Entlastung für den Patienten Die wesentlichen Kriterien von Hypnose – Unwill-
möglich. Gezielte Dissoziationstechniken, bei kürlichkeit und subjektives Wirklichkeitserleben
denen der Patient in Trance bildhaft in eine ande- mit Veränderung von Wahrnehmung, Gedanken
re, für ihn angenehme Situation geführt wird, eig- und Verhalten – gehen mit physiologischen Ver-
nen sich auch zur Distanzierung von belastenden änderungen bei Entspannung einher (Übersicht
Untersuchungs- oder Behandlungssituationen, in [23]). Zahlreiche Untersuchungen belegen die
z. B. bei der Blutentnahme, Laryngoskopie, Un- psycho-biologische Wirksamkeit von Hypnose
tersuchung von Kindern. Dissoziationstechniken (Übersicht in [2]), u.a. bei Schmerz in Bezug auf
gehören auch zum Standardrepertoire der hyp- subjektive Wahrnehmungsveränderungen sowie
notischen Analgesie in der Zahnbehandlung [25, auf die Veränderung peripher- und zentralnervö-
26] und bei chirurgischen Eingriffen [5]. ser Parameter, die sich mittels bildgebender Ver-
Mit der strukturierten Anwendung therapeuti- fahren auf neurobiologischer Ebene beschreiben
scher Metaphern und Symbole lassen sich Sym- lassen [17, 18, 31]. So wurde bei der Modulation
ptome umdeuten, kognitive Sichtweisen sowie des Schmerzerlebens in Hypnose mittels PET
affektive Einstellungen und Haltungen in Bezug bzw. fMRI eine signifikante Aktivitätsabnahme
auf Symptome positiv verändern. Mit Techni- u.a. im somatosensorischen Kortex, Thalamus,
ken der Zeitregression und -progression können im Striatum, der Insula und im vorderen cin-
Ressourcen aus der Vergangenheit oder Zukunft gulären Kortex nachgewiesen [17, 18, 19, 31]
(durch Antizipation gewünschten zukünftigen – ein Bereich, der neben dem frontalen Kortex
Erlebens) aktiviert und im Umgang mit der jet- integrativ an der Generierung des emotionalen
zigen Situation oder dem Symptom verfügbar Erlebens von Schmerz, aber auch auditiver Si-
gemacht werden. Diese Ressourcen können sich gnale [29] beteiligt ist. Die Befunde belegen die
auf Zustände (z. B. innere Ruhe, Gelassenheit, verbale, hypnotisch induzierte Mediation der
Freude, Motivation, Zuversicht), Fähigkeiten und Verarbeitung sensorischer Erfahrungen mit Ver-
Kompetenzen (z. B. Abgrenzung, Selbstsorge, änderungen hirnphysiologischer Vorgänge über
Achtsamkeit), Coping-Verhalten oder günstige zentralnervöse Top-down-Prozesse [18, 31]. Mit-
Kontextbedingungen beziehen. Die allgemeine tels moderner bildgebender Verfahren konnte
Grundstruktur der Veränderungsprozesse wäh- zudem nachgewiesen werden, dass eine hypno-
rend der Interventionsphase der Hypnose zeigt tische Trance-Induktion zu plastischen Verände-
Abbildung 4. Im Anschluss an die Interventions- rungen im Gehirn führt. Hypnotische Trance stellt
phase folgt: somit ein neurobiologisch erfassbares Korrelat
3. Die Reorientierung mit der Rücknahme der der Hirnfunktion in einem veränderten Bewusst-
Trance (beispielsweise mit Zählmethoden, Trep- seinszustand dar [19].
pen-Metapher) mit Suggestionen von Wachheit In Bezug auf die Modulation der Tinnitus-Wahr-
und Frische zur Vorbereitung des Normalzu- nehmung unter Bedingungen der Hypnose ste-
stands und Reorientierung im Außen. hen Neuroimaging-Studien noch aus. Auf der

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Basis der Beobachtungen im Rahmen der hyp- Hypnotische Interventionen bei Tinnitus sind Eine hypnotische Standard-
notischen Schmerzmodulation sowie der bislang sinnvoll, zum einen in der Akutphase zur Vor- Intervention bei Tinnitus
vorliegenden, klinischen Hinweise für den Ein- beugung einer Leidensentstehung und Chronifi- ist die Arbeit mit visuellen,
fluss crossmodaler Prozesse auf die Tinnitus- zierung durch gezielte Angst- und Spannungsre- therapeutischen Metaphern
Wahrnehmung [3] kann die multisensorische, duktion sowie durch Induktion einer angemessen zur Anregung einer tinni-
crossmodale Interaktion [28] als neurophysiolo- positiven, entwicklungsorientierten Gesundheits- tusbezogenen emotionalen
gische Erklärungsgrundlage für die vielfach be- Perspektive. Zum anderen sind Hypnose-Inter- Indifferenz.
legte therapeutische Wirksamkeit von Hypnose ventionen im chronischen Stadium hilfreich, um
bei störendem Tinnitus mit Verbesserungen hin- die Coping-Fähigkeiten des Patienten über eine
sichtlich Belästigungsgrad, Konzentrationsstö- Aktivierung von Gesundheits-Ressourcen und
rungen und Unruhezuständen gelten (Übersicht unter Einbeziehung des Tinnitus als „gesund-
in [22]). heitsförderliches Feedback-Signal“ in Hinblick
auf einen ausgewogenen Lebensstil auszubauen.
Hypnose in der Tinnitus-Therapie Eine der wirkungsvollsten hypnotischen Stan-
dard-Interventionen ist – nach dem Counseling
Die Wahrnehmung von störendem Tinnitus mit – die Arbeit mit visuellen, therapeutischen Me-
seinen psycho-biologischen Auswirkungen ist im taphern zur Anregung einer tinnitusbezogenen
Wesentlichen das Ergebnis unbewusst-unwill- emotionalen Indifferenz, die die Habituation der
kürlicher Prozesse auf den Ebenen des audito- Wahrnehmung wesentlich erleichtert [9]. Denn
rischen Systems sowie des limbischen Systems das limbische System spricht insbesondere auf
mit seinen Verbindungen zum autonomen Ner- Bilder an, wie wir dies aus der Werbung kennen.
vensystem (Neurophysiologisches Tinnitus-Mo- Auf diese Weise lassen sich tinnitusbezogene
dell nach Jastreboff und Hazell [11]). Insbeson- negative Emotionen und Haltungen rasch verän-
dere das limbische System und das autonome dern. Darüber hinaus sind Symptom-orientierte
Nervensystem sind hiernach für den individuellen Interventionen zur direkten Wahrnehmungsver-
Belästigungsgrad maßgebend. In dieser Situati- änderung des Tinnitus und zur Besserung des
on bietet sich Hypnose als ein Verfahren an, das Schlafverhaltens sehr hilfreich. Je nach Dauer der
insbesondere auf der Ebene der unwillkürlichen Tinnitus-Anamnese und des Belästigungsgrades
Prozesse der impliziten Informationsverarbeitung sind weitere Interventionen der medizinischen
wirksam ist (Abbildung 5). Hypnose überaus nützlich zur Stress-Reduktion,

III. Wahrnehmung – Bewertung


Auditorischer Kortex und andere kortikale Areale

bewusst
unbewusst

II. Detektion Emotionen


Auditorischer Subkortex Limbisches System Reaktion

Vegetative Antworten
Autonomes Nervensystem
I. Generierung
Peripheres auditorisches System

Abbildung 5: Neurophysiologisches Tinnitus-Modell (nach Jastreboff 1999)


 = Ansätze therapeutischer Hypnose-Interventionen

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Showhypnotiseure setzen zum ressourcen-aktivierenden Zustandsma-


häufig auf eine absolute nagement sowie psychosomatisch ausgerich- Weiterbildung und Abrechnung
Passivität des Teilnehmers – tete, komplexere Hypnose-Interventionen, wie
die therapeutische Hypnose die Arbeit mit (Persönlichkeits-)Teilen und mit Die Anwendung von Hypnose im HNO-Be-
dagegen setzt auf persönliche lösungsorientierten Zeit- und Entwicklungslinien. reich setzt eine entsprechende Weiterbildung
Autonomie. in medizinischer Hypnose voraus, die über die
Weitere Einsatzmöglichkeiten Ärztekammern (z. B. www.aerztekammer-bw.
der Hypnose im HNO-Bereich de, www.aekhh.de), verschiedene deutsche
Hypnose-Gesellschaften (www.hypnose.de)
Angepasst an die besonderen Bedingungen im und auch vom Autor selbst angeboten wird.
HNO-Bereich sind die Interventionen im Rahmen Als Einstieg sind die Kurse der Fortbildungs-
der medizinischen Hypnose sehr hilfreich: veranstaltungen des Deutschen Berufsver-
K bei der Vorbereitung HNO-ärztlicher Eingriffe bands der HNO-Ärzte sehr beliebt (www.
und Prozeduren fg-hno-aerzte.de). Hypnose kann als unspezi-
– Anheben der physiologischen fische Leer- oder Ruhe-Hypnose über gesetz-
Reflexschwelle (z.B. beim Würgreflex liche und private Krankenkassen abgerechnet
bei der Laryngoskopie) werden. Durch die Teilnahme an Grundkursen
– Angst-Reduktion/Entspannung (2 × 16 Stunden) sind die Voraussetzungen
– Compliance- und Motivationsaufbau durch zur Abrechnung der EBM-Ziffer 35120 und
positive Erwartungsinduktion hinsichtlich der GOÄ-Ziffer 845 erbracht. Hypnose-Kurse
des Zustands danach werden auch für die ärztlich-psychothera-
K zur Kontrolle akuter und chronischer peutische Weiterbildung als Zweitverfahren
Schmerzen (Anästhesie/Analgesie) anerkannt (2 × 16 Stunden Hypnose). Für
K zur Symptomkontrolle bei somatoformen eine darüber hinausgehende umfangreiche-
und dissoziativen Störungen (Globusgefühl, re, vertiefte therapeutische Anwendung me-
phobischem Schwankschwindel, Bruxismus, dizinischer und klinischer Hypnose existieren
Kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD), derzeit keine adäquaten Abrechnungsziffern,
psychogene Dysphonie, psychogene sodass sie im Rahmen der fachgebundenen
Hörstörungen, Menière’sche Erkrankung, Psychotherapie oder mittels Analogziffern im
Hyperakusis u. A.) Rahmen von Individuellen Gesundheitsleis-
K flankierend, zum psycho-vegetativen tungen (IGeL) abrechenbar ist.
Ausgleich bei stress-assoziierten Erkran-
kungen, wie Hörsturz mit/ohne Tinnitus,
Menière’sche Erkrankung.
dann Experimente und Vorführungen durchge-
Abgrenzungen zur führt. Auf der Bühne spielen außerdem Phäno-
Show- und Bühnen-Hypnose mene wie Erwartungsdruck des Publikums, Ent-
lastungsbedürfnisse, soziale Erwünschtheit und
Im Fernsehen, im Kino und auf Jahrmärkten ist Autoritätsglaube des Teilnehmers beim Gelin-
die Show- bzw. Bühnenhypnose zu sehen und gen der Vorführungen eine erhebliche Rolle. Der
prägt so die allgemeine Vorstellung von Hypnose. Zweck der Bühnenhypnose ist die Unterhaltung
Revenstorf und Peter [21b] sehen in der Bühnen- des Publikums. Showhypnotiseure setzen gern
hypnose einen unterhaltsam verpackten Sugges- auf eine absolute Passivität des Teilnehmers und
tibilitätstest, dessen Ziel durch die Show ver- fördern diese, um spektakuläre Effekte zu erzie-
schleiert wird: Während vordergründig die Macht len. Die therapeutische Hypnose setzt dagegen
der Hypnose oder des Hypnotiseurs dargestellt auf persönliche Autonomie, d.h. die persönliche
wird, werden im Verlauf der Show all jene Ver- Entwicklung mit Schaffung von Denk- und Ver-
suchspersonen sortiert, die zu den Hochsugges- haltensalternativen, die Förderung von Wahlfrei-
tiblen gehören. Mit diesen Teilnehmern werden heit und Eigenständigkeit. Bei der Showhypnose

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geht es darum, die Möglichkeiten der Teilnehmer Kontraindikation für die An-
einzuschränken. Und genau hier ist das Risiko Fazit für die Praxis wendung von Hypnose sind:
der Showhypnose zu sehen. Denn wenn Kon- Floride, psychotische Stö-
takt und Kommunikation des Hypnotiseurs zu Die Anwendung von Hypnose als medizini- rungen, manische Zustände,
einem gefährdeten Probanden abreißen, können sches Verfahren, das sich der Sprache zur Abhängigkeitserkrankungen,
sich hypnotische Phänomene (s.o.) zu klinischen Veränderung einschränkender Bewusst- starke Regressionswünsche,
Symptomen wandeln, die einer (hypno-)thera- seinszustände und Erlebensmuster bedient, antisoziale, histrionische und
peutischen Bearbeitung bedürfen. Das Wissen birgt im Bereich der HNO-Heilkunde ein bis- Borderline-Persönlichkeits-
um mögliche Interventionen zu therapeutischen lang ungenutztes, reichhaltiges Potenzial, um störungen.
Zwecken ist den Showhypnotiseuren allerdings salutogenetische Prozesse anzuregen. Hyp-
weitgehend fremd, was auch nicht ihre Absicht nose ist leicht erlernbar, kann sofort angewen-
ist. det werden und führt zu angenehmen, meist
sofort wahrnehmbaren Veränderungen im Er-
Grenzen und Gefahren leben. Hypnotische Sprachmuster lassen sich
ritualisiert oder auch ohne offizielle Trance-In-
Oft werden unrealistische, meist passive Heils­ duktion ganz beiläufig im Sinne einer Konver-
erwartungen mit der Hypnose verbunden und sationstrance anwenden, da sich der Patient
an den Arzt oder Therapeuten herangetragen, in der Behandlungssituation ohnehin in einem
die es gilt im Rahmen der Auftragsklärung zu veränderten Bewusstseinszustand befindet
relativieren. Auch wenn die Wirkung oft frap- und für Suggestionen besonders empfäng-
pierend schnell und eindrucksvoll eintritt, so ist lich ist. Im HNO-Bereich ist Hypnose hilfreich
insbesondere dem Unerfahrenen eine gewisse zur Angst-, Stress- und Spannungsreduktion
Zurückhaltung bei der Anwendung traditioneller vor medizinischen Eingriffen, zur Symptomre-
direkter Hypnose-Techniken anzuraten. Zu emp- duktion und -kontrolle bei Tinnitus, Schmerz,
fehlen ist, sich zunächst mit dem kooperativen somatoformen und dissoziativen Störungen,
Stil der modernen, indireken Hypnose vertraut zu zum psycho-vegetativen Ausgleich bei stress-
machen, um sich dann auch direktive Techniken assoziierten Störungen, wie Hörsturz und
anzueignen und diese in Kombination im Alltag Menière’scher Erkrankung.
flexibel nutzen zu können. Das Wissen um das Wesen, die Wirkung und
Folgende psychische Störungen, die zum Teil mit Nutzungsmöglichkeiten von Hypnose hilft
unsicherem Realitätsbezug oder Realitätsflucht dem HNO-Arzt, sich der Macht seiner Spra-
einhergehen, gelten als Kontraindikation für die che im Alltag bewusst zu werden und diese
Anwendung von Hypnose: Floride, psychotische gezielt in gesundheitsfördernder Weise einzu-
Störungen, manische Zustände, Abhängigkeits- setzen, die beiden guttut – Arzt und Patient.
erkrankungen, starke Regressionswünsche, an-
tisoziale, histrionische und Borderline-Persön-
lichkeitsstörungen. Besondere Vorsicht ist bei Literatur
posttraumatischen Belastungsstörungen, ins-
besondere Missbrauchsopfern, geboten, da es 1. Bongartz W, Bongartz B. Hypnosetherapie.
hierbei zu einer ungewollten Aktualisierung des Hogrefe, Göttingen 2000: 150
Trauma-Erlebens kommen kann. 2. Bongartz W, Flammer E, Schwonke R. Die
Effektivität der Hypnose. Eine meta-analytische
Studie. Psychotherapeut 2002; 47: 67–76
3. Cacace AT. Expanding the biological basis of
tinnitus: crossmodal origins and the role of neu-
roplasticity. Hear Res 2003; 175: 112–132
4. Erickson M, Rossi E. Hypnotherapie. Pfeiffer,
München 1981

9
HNO kompakt · 19. Jahrgang · 1. Heft · 2011
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ve Suggestionen in der Anästhesie. Verbesserte für die Praxis. Springer, Berlin 2009 (2. Auflg.)
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1208

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HNO kompakt · 19. Jahrgang · 1. Heft · 2011
FRAGEN ZU
FOR RCTM
BEI L- D
FOUR
NTGB I L D U N G I

Fragen zum Artikel „Moderne Hypnose


bei Tinnitus & Co. Grundlagen therapeutischer
Hypnose in der HNO-ärztlichen Praxis“
Pro Frage ist jeweils nur eine Antwort möglich. – An der zertifizierten Fortbildung der HNO kompakt
können ausschließlich Abonnenten teilnehmen. Im Zweifelsfall ist dies anhand der Kundennummer
auf dem Adressaufkleber zu erkennen, die sich zwischen zwei * über der Adresse befindet. Die Kenn-
zeichnung für Abonnenten ist ein vorangestelltes A. Weitere Einzelheiten können auf der Fortbildungs-
seite im Internet cme.kaden-verlag.de unter der Rubrik „Registrieren“ eingesehen werden.

1 Welche Aussagen sind richtig? C Veränderte Bewusstseinszustände


I. Hypnose ist reine Magie. lassen sich anregen durch:
II. Hypnose geht mit nachweisbaren physiologischen und I. akustische Reize (z.B. stereotype Geräusche)
neurobiologischen Veränderungen einher. II. visuelle Reize (z.B. Blick ins Aquarium, Kaminfeuer)
III. Charakteristikum von Hypnose ist die Unwillkürlichkeit von III. Atemmanöver (z.B. Hyperventilation)
Erlebnisprozessen. IV. Tanzen
IV. Hypnose beherrschen nur wenige Naturtalente. V. Sprache
V. Hypnose fokussiert auf verborgene Defizite des Patienten a) Nur I ist richtig.
und deren Ursachen. b) Nur I und II sind richtig.
a) I und II sind richtig. c) Nur I, II und III sind richtig.
b) II und III sind richtig. d) Nur I, II, III und IV sind richtig.
c) III und IV sind richtig. e) Alle Aussagen sind richtig.
d) IV und V sind richtig.
e) I und V sind richtig. D Kennzeichen der therapeutischen Hypnose sind:
I. Ziel ist in die gesundheitsförderliche Änderung von Wahrnehmung,
B Welche Aussage ist falsch? problematischen gedanklichen und emotionalen Mustern, Verhalten
I. Hypnose ist eines der ältesten Verfahren zur Induktion veränderter sowie von biologischen Prozessen.
Bewusstseinszustände (Trance). II. Die Trance-Induktion erfolgt über eine systematische Fokussierung
II. Der Begriff „Hypnose“ wurde von griech. hypnos = Schlaf abgeleitet. der Aufmerksamkeit des Patienten.
III. Der Begriff „Trance“ kennzeichnet einen veränderten Bewusst- III. Der Fokus der therapeutischen Arbeit ist auf verdeckte Ressourcen
seinszustand, bei dem unwillkürliche und automatische Prozesse (kraftvolle Zustände, Fähigkeiten und Kompetenzen) und Lösungsbe-
vorherrschen. wusstsein gerichtet.
IV. Trance ist ein widernatürlicher Zustand. IV. Betont wird die Autonomie und Selbstorganisation des Patienten in
V. In der therapeutischen Hypnose dienen Stimme und Sprache einem wertschätzenden Arbeitsbündnis.
üblicherweise als Medien der Trance-Induktion. V. Die gewünschte Veränderung im Erleben kommt von außen.
a) I ist falsch. a) Nur I ist richtig.
b) II ist falsch. b) Nur I und II sind richtig.
c) III ist falsch. c) Nur I, II und III sind richtig.
d) IV ist falsch. d) Nur I, II, III und IV sind richtig.
e) V ist falsch. e) Alle Aussagen sind richtig.

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HNO kompakt · 18. Jahrgang · 6. Heft · 2010
FRAGEN ZU
FOR RCTM
BEI L- D
FOUR
NTGB I L D U N G I

E Formal lassen sich zwei Arten von Hypnose-Techniken I Einsatzmöglichkeiten und Ziele der medizinischen
unterschreiten: Hypnose im HNO-Bereich sind:
I. Bühnenhypnose I. Stress-assoziierte Erkrankungen (Hörsturz mit/ohne Tinnitus,
II. Theaterhypnose Meniére’sche Erkrankung)  flankierend zum psycho-vegetativen
III. Traditionelle, direkte Hypnose Ausgleich
IV. Moderne, indirekte Hypnose II. Somatoforme und dissoziative Störungen (chronischer Tinnitus,
V. Show-Hypnose Hyperakusis, Bruxismus, kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD),
a) I und II sind richtig. phobischer Schwankschwindel, Meniére’sche Erkrankung)
b) II und III sind richtig.  Symptomkontrolle, Ressourcen-Aktivierung, Förderung der
c) III und IV sind richtig. Coping- Fähigkeiten und Patienten-Autonomie bei
d) IV und V sind richtig. III. Akute und chronische Schmerzen:  Symptomkontrolle
e) I und V sind richtig. (An- / Hypästhesie)
IV. Vorbereitung HNO-ärztlicher Eingriffe und Prozeduren:
F Typische Trance-Phänomene sind:  Angst-Reduktion / Entspannung
I. Vergesslichkeit  Minderung autonomer Reflexe (z.B. bei der Laryngoskopie)
II. Sensorisch-perzeptive Aufmerksamkeitsfokussierung  Compliance- und Motivationsaufbau durch positive
III. Ideodynamik (automatisch-unwillkürliche Prozesse) Erwartungsinduktion
IV. Bewusstseinsverlust V. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
V. Verändertes Körpererleben a) Nur I ist richtig.
a) I, II und III sind richtig. b) Nur I und II sind richtig.
b) II, III und IV sind richtig. c) Nur I, II und III sind richtig.
c) III, IV und V sind richtig. d) Nur I, II, III und IV sind richtig.
d) I, II und IV sind richtig. e) Alle Aussagen sind richtig.
e) II, III und V ist richtig.
J Welche Aussage ist falsch?
G Direkte Hypnose-Techniken eignen sich besonders I. Hypnose ist leicht erlernbar und führt zu angenehmen, meist sofort
in drei der folgenden Situationen: wahrnehmbaren Veränderungen im Erleben.
I. Notfallsituationen II. Hypnotische Sprachmuster lassen sich ritualisiert oder auch ohne
II. bei medizinischen/zahnmedizinischen Eingriffen offizielle Trance-Induktion, ganz beiläufig im Sinne einer Konversati-
III. bei Depressionen onstrance anwenden.
IV. zur Kontrolle akuter Schmerzen III. In der Behandlungssituation sind Patienten besonders empfänglich
V. bei chronischem Tinnitus für Suggestionen.
a) I, II und III sind richtig. IV. Für Patienten mit unsicherem Realitätsbezug ist Hypnose nicht zu
b) II, III und IV sind richtig. empfehlen.
c) III, IV und V sind richtig. V. Bühnen-Hypnose ist ein anerkanntes Heilverfahren bei manischen
d) I, II und IV sind richtig. Zuständen.
e) II, III und V ist richtig. a) I ist falsch.
b) II ist falsch.
H Indirekte Hypnose-Techniken sind besonders geeignet c) III ist falsch.
in vier der folgenden Situationen: d) IV ist falsch.
I. wenn Autonomie und die aktive Mitarbeit des Patienten gestärkt e) V ist falsch.
werden sollen.
II. bei somatoformen Störungen
III. bei Angst vor medizinischen Prozeduren (z.B. Kernspintomografie)
IV. bei gehörlosen Patienten
V. bei phobischem Schwankschwindel

a) I, II, III und IV sind richtig.


b) I, II, III und V sind richtig. Die Antworten auf die oben aufgeführten Fragen können ausschließlich von
c) I, II, IV und V sind richtig. Abonnenten der HNO kompakt und nur online über unsere Internetseite
d) I, III, IV und V sind richtig. http://cme.kaden-verlag.de abgegeben werden. Der Einsendeschluss ist der
e) II, III, IV und V sind richtig. 30.6.2011. Beachten Sie bitte, dass per Fax, Brief oder E-Mail eingesandte
Antworten nicht berücksichtigt werden können.

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