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Radfahren in den Niederlanden

Radfahren
in den Niederlanden

Mit aufrichtiger Dank an:


Radfahren in den
Niederlanden
Inhaltsangabe

Vorwort 7 Kapitel 4: Maßnahmen in der Praxis 57


4.1 Raumordnungspolitik: nahegelegene Ziele 59
Kapitel 1: Zahlen und Fakten 9 Beispiel N – Houten: Raumstruktur auf langsamen Verkehr ausgerichtet 58
1.1 Radfahren in den Niederlanden 11 4.2 Verkehrsinfrastruktur für Radfahrer 59
1.2 Die niederländische Fahrradnutzung im europäischen Vergleich 12 Beispiel O – Zwolle: Selbstständiges Radwegenetz 60
1.3 Fahrradbesitz 15 Beispiel P – Veenendaal: systematisch 300 m Maschenweite 62
1.4 Der Fahrradgebrauch in bestimmten Bevölkerungsgruppen 15 4.3 Gute Fahrradabstellanlagen 71
1.5 Diebstahl 17 Beispiel Q – Innovative Fahrradbrücken 64
1.6 Das Fahrrad und die Verkehrssicherheit 19 Beispiel R – Zwolle: Stadt der Fahrradspuren 66
1.7 Effektive Radverkehrspolitik 20 Beispiel S – Schnellradweg zwischen Breda und Etten-Leur 68
1.8 Radfahren und Gesundheit 23 Beispiel T – Fahrradstraße in der Stadt Oss 68
1.9 Internationale Verbreitung von Wissen und Erfahrungen bezüglich des Radfahrens 23 Beispiel U – Fahrradparkplätze in Utrecht 70
Beispiel V – Gebührenfreie bewachte Stellplätze in Apeldoorn 70
Kapitel 2:Die niederländische Strategie im Überblick 25 Beispiel W – Winterswijk: beste Strategie gegen Fahrraddiebstahl 72
2.1 Zielsetzungen der Radverkehrspolitik 26 Beispiel X – Innovatives Konzept in Amsterdam 72
2.2 Die kommunale Fahrradpolitik: seit je der Schwerpunkt 26 4.5 Verkehrserziehung, Aufklärung und Kontrollmaßnahmen 75
Beispiel A – Groningen: konsequente Politik 27 Beispiel Y – Verkehrssicherheitslabel der Provinz Brabant 74
Beispiel B – Amsterdam: konsequente Radverkehrspolitik und komplexe Organisation 31
Beispiel C – Provinz Zeeland: Aktionsplan Fahrrad 32 Anlage: Weitere Informationen (in englischer Sprache) über Radfahren in den Niederlanden 77
4 5
Beispiel D – Provinz Gelderland: umfassende und moderne Fahrradpolitik 32
2.3 Provinzen und Stadtregionen: dezentrale Regisseure 33
2.4 Der Staat: Unterstützung der dezentralen Politik 34

Kapitel 3: Einrichtungen für alle Zielgruppen 37


3.1 Mit dem Fahrrad zum Einkaufen 39
Beispiel E – Houten und Veenendaal: Radverkehr und florierender Einzelhandel 38
3.2 Mit dem Fahrrad zur Arbeit 41
Beispiel F – Das Firmenfahrrad: eine effektive Verkehrsmaßnahme 40
Beispiel G – Trappers: Innovation im Mobilitätsmanagement 40
3.3 Mit dem Fahrrad zur Schule 45
Beispiel H – Kinder sicher durch Delft 43
Beispiel I – Den Haag: Bewachter Fahrradabstellplatz an der Schule 44
3.4 Radfahren und Freizeit 49
Beispiel J – Radwandern in der Provinz Zeeland 48
3.5 Das Fahrrad in der Transportkette – Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr 51
Beispiel K – das „ÖV-Fahrrad“ 50
Beispiel L – De Bak“ in Leiden und das Fahrradparkhaus in Amsterdam 55
Beispiel M – Park and Bike Amsterdam 55

Index
Vorwort
„I want to ride my bicycle, I want to ride my bike“ – Bicycle Race von Queen wäre durchaus eine
geeignete Nationalhymne für die Niederlande, wenn man bedenkt, wie häufig und lange wir mit
unseren Fahrrädern unterwegs sind.

Warum das so ist? Weil Radfahrer frischer, kreativer und positiver am Arbeitsplatz erscheinen.
Oder in der Schule, im Sportclub oder wo auch immer. Darum hoffe ich auch, dass diese
Broschüre dazu beitragen wird, dass weltweit noch mehr Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt
werden.

Die Niederlande gelten als klassisches Fahrradland, aber Radfahren liegt inzwischen überall auf
der Welt im Trend. In vielen Ländern wird dem Fahrrad bereits ein hoher Stellenwert eingeräumt,
sowohl im Straßenverkehr als auch in der Verkehrspolitik.

Dafür gibt es natürlich gute Gründe.


Erstens verbessert ein hoher Fahrradanteil den Verkehrsfluss in den Städten. Fahrräder benötigen
sowohl unterwegs als auch geparkt nur wenig Platz, und sie ermöglichen einen flexiblen
6 7
Tür-zu-Tür-Verkehr. Damit ist das Fahrrad sozusagen das Öl im Getriebe des städtischen
Verkehrssystems.
Zweitens ist das Radfahren – abgesehen vom Zu-Fuß-Gehen – die nachhaltigste Art der
Fortbewegung. Es verursacht weder Emissionen noch Lärm.
Und drittens ist Radfahren gesund. Wer Rad fährt, sorgt auf einfache Weise dafür, dass
der Körper die täglich benötigte Bewegung bekommt. Das Radfahren wirkt nicht nur der
Fettleibigkeit entgegen, sondern auch Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes und Krebs.
Radfahren sorgt für Frische und Fitness!

Regelmäßig erreichen uns Anfragen aus dem Ausland, ob die Niederlande bei der Gestaltung
einer eigenen Radverkehrspolitik Unterstützung leisten könnten. Wir hoffen auch, dass das
so bleibt, denn natürlich sind wir gern bereit, zur Entwicklung eines nachhaltigen, sauberen,
gesunden und effizienten Verkehrs beizutragen. Beispielsweise mit dieser Broschüre, die ein
umfassendes Bild vom Radverkehr in den Niederlanden vermittelt.

Wir freuen uns, Ihnen nach unserer erfolgreichen letzten Ausgabe nun die vorliegende ergänzte
und vollständig überarbeitete Broschüre präsentieren zu können. Besuchen Sie doch auch
einmal die Website www.fietsberaad.org oder www.Radverkehrsknowhow.org. Hier finden Sie,
übersichtlich zusammengestellt, alle verfügbaren Informationen über den Radverkehr in den
Niederlanden sowie Erfahrungen aus anderen Ländern.

Ich wünsche Ihnen viel Fahrradspaß!

Tineke Huizinga
Staatssekretärin für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten
Zahlen und
Fakten
Holland und Radfahren – das ist schon seit je eine untrennbare Einheit.
In diesem Kapitel haben wir einige Zahlen und Fakten zum Thema
Radfahren aus der Gegenwart und Vergangenheit zusammengestellt.
100% Auto (als Fahrer oder Mitfahrer) 1.1 Radfahren in den Niederlanden
90% Eisenbahn
80% 36% Bus/Straßenbahn/U-Bahn
48%
70% Zu Fuß
60% Verkehrsmittel und Entfernungen
2% 76% 81% Fahrrad
50% Obwohl die Niederländer im Durchschnitt immer größere Entfernungen zurücklegen, erfreut sich
2%
27%
40% 3% das Fahrrad nach wie vor großer Beliebtheit. Gut ein Viertel aller Wege werden mit dem Rad erle-
30% 19% digt. Für Entfernungen bis 7,5 km ist das Fahrrad sogar das beliebteste Verkehrsmittel überhaupt.
20% 2007 wurden 34 % aller Wege bis 7,5 km mit dem Fahrrad zurückgelegt. (Figur 1)
34%
26% 6%
10% 11%
15% 4%
0% 2% Natürlich hängt der Fahrradgebrauch in hohem Maße von der zurückzulegenden Entfernung ab.
Ingesamt bis to 7,5km 7,5km bis 15 km über 15km Da in den Niederlanden immer noch 70 % aller zurückgelegten Wege kürzer als 7,5 km sind,
macht sich die starke Position des Fahrrads auf diesen Entfernungen (35 %) auch im gesamten
Modal-Split bemerkbar (Anteil des Fahrrads 26 %). Gleichzeitig fällt auf, dass auch Strecken über
Figur 1: Zurückgelegte Wege nach Haupttransportmittel und Entfernungsklasse im Jahr 2007
(Quelle: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2007, AVV (Mobilitätsuntersuchung Niederlande, Beratungsdienst für Verkehr und Transport) 7,5 km noch häufig mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. In der Entfernungsklasse 7,5 bis 15 km
sind es immerhin 15 %.

Anteil der Motive


an allen Wegen Fahrtmotive
In den Niederlanden ist das Fahrrad keineswegs nur bei Kindern auf dem Schulweg populär. Der
Ausflug 16% 59% 11% 6%
11%
Anteil des Fahrrads ist beim Motiv „Schule/Kurse“ zwar am höchsten (50 %), aber auf dieses
Freizeit und Soziales 31% 14% 50% 6%
Sonstige
12% Motiv entfällt nur ein begrenzter Teil aller Wege (9 %). (Figur 2)

Besuch/Übernachtung 21% 14% 60% 5% 14%


Der hohe Gesamtanteil des Fahrrads (26 %) ist eher eine Folge der Tatsache, dass das Fahrrad
10 Schule/Kurs 50% 18% 18% 14% 9% 11
bei fast allen Motiven einen in etwa vergleichbaren Anteil erzielt, insbesondere aber bei den vom

Einkauf 28% 18% 49% 5% 20% Fahrrad Umfang her wichtigsten Motiven wie dem Arbeitsweg und dem Einkaufen.

Dienstleistungen/ 18% 18% 55% 9% 4% Zu Fuß


persönliche Versorgung Viele Niederländer treffen bei kurzen Abständen keine allgemeine Entscheidung für oder gegen das
Auto (als Fahrer oder
11%
11% 3% 79%
89% 7% 3% Mitfahrer) Auto oder Fahrrad. In den meisten Fällen nimmt man manchmal das Fahrrad und manchmal das
Geschäfts-besuch
25% 4% 62% 10% 17% Sonstige Auto. (Figur 3)
Arbeitsweg
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Fahrradanteil in den Städten
Figur 2: Zurückgelegte Wege nach Hauptverkehrsmittel und Fahrtmotiv im Jahr 2007 Die große Rolle, die das Fahrrad in den Niederlanden im Allgemeinen spielt, ist nicht in allen
(Quelle: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2007, AVV (Mobilitätsuntersuchung Niederlande, Beratungsdienst für Verkehr und Transport) Regionen gleich ausgeprägt. Tabelle 1 zeigt die fünf Städte mit dem höchsten bzw. geringsten
Fahrradanteil im Jahr 2003.
Stadt Fahrra-
danteil
29% 40% 31% Im Durchschnitt entschieden sich die Niederländer im Jahr 2003 bei 26 % aller Wege für das Fahr-
Arbeitsweg Groningen 38 %
rad. In den Städten mit dem höchsten Fahrradanteil wie Groningen und Zwolle wird das Fahrrad
Zwolle 37 %
Ausgehen 12% 48% 39% fast anderthalb Mal so häufig, in den Städten mit dem niedrigsten Anteil etwa halb so häufig
Leiden 33 %
Sport und eingesetzt.
Ede 32 %
Vereinsbesuche 28% 41% 30%
Veenendaal 32 %
Kinder bringen Lelystad 19%
6% 70% 24%
/abholen
Capelle aan den IJssel 18%
Einkaufen 12% 59% 30% Sittard-Geleen 17%
Rotterdam 16%
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Heerlen 10%
Nie Auto
Manchmal Auto, manchmal Fahrrad Tabelle 1. Anteil des Fahrrads in einigen niederländi-
schen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern im Jahr
Nie Fahrrad 2003 (Quelle: Statistisches Zentralamt/CBS)
Figur 3: Entscheidung für Auto oder Fahrrad bei Fahrten bis
7,5 km je Motiv (Quelle: Onderzoek Verplaatsingsrepertoire
Korte Rit (Untersuchung zum Repertoire der zurückgelegten
Wege bei kurzen Fahrten)

Zahlen und Fakten


1.2 Die niederländische Fahrradnut-
30% 27% Figur 4: Anteil des Fahr-
rads an allen Wegen in
25% einigen europäischen
Ländern
zung im europäischen Vergleich 20%

15%
19%

10% 9% 9%
10% 8% 7%
5% 5% 5%

2%
Es gibt keine zuverlässigen internationalen oder europäischen Statistiken, die den Fahrradgebrauch 0%

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je Land gegenüberstellen. 2006 wurden, vor allem anhand von im Internet recherchierten Daten,

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viele Zahlen zum Fahrradgebrauch in europäischen Ländern und Städten gegenübergestellt. Die

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nachstehenden Zahlen (Tabelle 2, Figur 4) betreffen immer den Fahrradgebrauch bei allen Wegen

Gro
(zurückgelegt von den Einwohnern der betreffenden Stadt oder des betreffenden Landes). Diese
Zahlen stammen aus verschiedenen Quellen, wobei je Stadt bzw. Land immer mindestens zwei In Europa gibt es also auch außerhalb der Niederlande Städte, in denen der Fahrradgebrauch hoch
Quellen herangezogen wurden (kleinere Differenzen wurden beseitigt). liegt (über 20 % Anteil am Modal-Split). Landesweit gesehen sind die Niederlande jedoch einsamer
Spitzenreiter.

Anteile auf Situation auf kommunaler Ebene Historische Entwicklungen


nationaler Ebene
Auch wenn wir die historische Entwicklung der Fahrradnutzung betrachten, sind klare Unterschiede
(in den letzten
Jahren) zwischen den niederländischen und anderen europäischen Städten festzustellen. Es gibt aber auch auffal-
Niederlande ca. 26 % Städte mit dem höchsten Anteil 35 % bis 40 %, Städte mit lende Gemeinsamkeiten. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung des Fahrradgebrauchs in neun europäischen
der geringsten Fahrradnutzung zwischen 15 % und 20 %. Städten. Insgesamt ist Anfang des letzten Jahrhunderts ein enormer Anstieg des Fahrradgebrauchs in
Dänemark ca. 19 % Die Unterschiede zwischen den größeren Städten sind relativ den meisten europäischen Städten festzustellen. Zwischen 1950 und 1970 geht der Fahrradgebrauch auf
gering: der Anteil liegt meist im Bereich von 20 % aller ganzer Linie dramatisch zurück – eine Folge des Siegeszuges, den das Auto angetreten hat. Später aber
zurückgelegten Wege. steigt die Fahrradnutzung in den meisten Städten wieder leicht an. (Figur 5)
12 Deutschland ca. 10 % In den alten Bundesländern liegt die durchschnittliche Fahr- 13

radnutzung höher, vor allem in Nordrhein-Westfalen. In 100 Amsterdam


manchen Städten beträgt der Anteil 20 % bis 30 %.
Eindhoven
Österreich ca. 9 % Spitzenreiter: Graz (14 %) und Salzburg (19 %). 80
Enschede
Schweiz ca. 9 % In manchen Städten liegt der Anteil höher, beispielsweise
60 Südost-Limburg
in Bern (15 %), Basel (17 %) und vor allem Winterthur (ca.
Antwerpen
20 %). 40
Manchester
Belgien ca. 8 % In vielen Städten in Flandern liegt der Anteil bei 15 %.
20 Kopenhagen
Spitzenreiter: Brügge mit knapp 20 %.
Hannover
Schweden ca. 7 % Städte: 10 %. Spitzenreiter: Lund und Malmö: 20 %. Klein- 0
Basel
stadt Västerås: 33 %. 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990

Italien ca. 5 % Einige klare Ausnahmen, vor allem in der Poebene, mit
Orten wie Parma (über 15 %) und Ferrara (etwa 30 %). Figur 5 Rekonstruktion der Trends des Fahrradanteils an allen per Auto, Fahrrad, Mofa/Moped und öffentlichem
Verkehr zurückgelegten Wegen in einigen westeuropäischen Städten, 1920–1995 (in %).
Ebenfalls unter den Spitzenreitern: Florenz (über 20 %). (Quelle: de la Bruheze en Veraart,1999)
Frankreich ca. 5 % Spitzenreiter: Straßburg (12 %) und Avignon (10 %).
Irland ca. 3 % Praktisch keine Spitzenreiter (Dublin mit 5 % vorn). Abgesehen von den allgemeinen Parallelen in den in Abbildung 3 dargestellten Trendlinien sind auch
Tschechien ca. 3 % Einige Städte mit gewisser Fahrradnutzung (Ostrava, erhebliche Unterschiede festzustellen. Diese Unterschiede betreffen insbesondere das Niveau, auf dem
Olomouc und České Budějovice zwischen 5 % und 10 %), sich die allgemeine kontinuierliche Entwicklung vollzieht, und das Ausmaß des Anstiegs oder Rückgangs
einige mit hohem Fahrradanteil (Prostejov 20 %). der Fahrradnutzung.
Großbritannien ca. 2 % Einzelne Städte mit auffallend höherer Fahrradnutzung (York • Einen besonders hohen Fahrradanteil (über 30 %) weisen Amsterdam, Eindhoven, Enschede und
und Hull 11 %, Oxford und vor allem Cambridge fast 20
%). Kopenhagen auf – Städte, in denen niemals ein mit dem Fahrrad konkurrierendes Verkehrssystem ein-
geführt wurde und in denen der Fahrradverkehr schon immer regulärer Bestandteil der Verkehrspolitik
Tabelle 2: Anteil des Fahrrads an allen Wegen in einigen europäischen Ländern und Städten war. Die Anerkennung der Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer mit gleichen Rechten in den
50er- und 60er-Jahren war in diesen Städten ein wesentlicher Faktor.
• In Südostlimburg und Hannover liegt der Fahrradgebrauch auf mittlerem Niveau (ca. 20 %). Hier ging
der Anstieg des Autoverkehrs mit einer eher autofreundlichen Politik und einer mehr auf das Auto
abgestimmten Raumstruktur einher.
• Einen niedrigen Fahrradanteil (ca. 10 % oder weniger) weisen Antwerpen, Manchester und Basel auf.

Zahlen und Fakten


1.2 8.0 Die Ursache liegt vor allem in einer kraftfahrzeugorientierten Verkehrspolitik und im großen Einfluss
1.1
eines schon lange bestehenden, gut funktionierenden öffentlichen Personennahverkehrssystems
1.0 7.0
(Manchester). Der vom Einzug des Autos verursachte Rückgang des Fahrradgebrauchs wurde weder
0.83 6.0
0.8 0.77 unterbrochen noch gebremst, da alle relevanten Einflussfaktoren in dieselbe Richtung wiesen: ein nega-
0.67 5.0
0.63 tives Bild in der Öffentlichkeit, eine sehr autofreundliche Politik, die Realisierung einer umfangreichen
0.6 4.0
0.50 Autoverkehrsinfrastruktur und eine starke Suburbanisierung.
0.45
0.4 0.40 0.40 3.0
0.34
2.0 Die Differenzen in der Fahrradnutzung zwischen den einzelnen Städten in den 90er-Jahren sind in
0.2 0.18
1.0 erster Linie auf unterschiedliche raumordnungs- und verkehrspolitische Perspektiven und damit auch
0 0.0 auf unterschiedliche Auffassungen über die Rolle und den Wert des Fahrradgebrauchs zurückzuführen.

3
4
5
6
7
8
9
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1
2
3
4
5
6
7
Allerdings muss diese Erklärung angesichts ihres langfristigen Charakters über die Jahrzehnte hinweg
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betrachtet werden. In Bezug auf die Raumordungspolitik und die Vorstellungsbildung ist diese Schlussfol-
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gerung nicht überraschend, da sich in diesen Bereichen Veränderungen naturgemäß nur sehr allmählich
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vollziehen. Abgesehen von all diesen Faktoren hat offenbar auch die Verkehrspolitik einen relevanten,

Fahrräder je Einwohner (2004) Zahl der Fahrraddiebstähle je 100 Fahrräder kontinuierlichen Einfluss. Politische Entscheidungen, die in den 50er- und 60er-Jahren getroffen worden

Figur 6: Fahrradbesitz in einigen europäischen Ländern, Figur 7: Zahl der gestohlenen Fahrräder pro Jahr (Quelle: sind, wirken sich bis in die Gegenwart aus. In verschiedenen ausländischen Städten hatten das negative
2004 (Quelle: Europäische Kommission) Politiemonitor (Polizeistatistik), seit 2005 Sicherheitsmonitor) Image und die konkreten fahrradfeindlichen Maßnahmen ein Ausmaß, das für die heutige Bevölkerung
der Niederlande unvorstellbar ist.

1980 2001 2005


Passagier km mit dem Rad 9,9 Milliarde 13,1 Milliarde 14,4 Milliarde
Passenger km mit dem Auto
Zahl der umgekommen Radfahre
107,1 Milliarde
426
141,6 Milliarde
195
148,8 Milliarde
181
1.3 Fahrradbesitz
Zah der umgekommen Autofahrer 910 477 371
14 15

Tabelle 3: Zahl der Passagierkilometer und umgekommen Personen von Radfahrer und Autoeinsitzen-
den in 1980, 2001 und 2005 (Quelle CBS (Zentrales Statistik Buro)-Onderzoek Verplaatsingsgedrag
Die Niederlande sind das einzige Land Europas, in denen es mehr Fahrräder als Einwohner gibt.
(Studie des Reisebenehmens) und AVV (Beratende Dienst Verkehr und Transport)- Basisgegevens
(Grundtatsachen)) (Figur 6) Die Einwohner der Niederlande besitzen im Durchschnitt 1,11 Fahrräder, und entspre-
chend hoch sind die Verkaufszahlen: 2003 wurden 1,2 Millionen Fahrräder verkauft – bei einer
Einwohnerzahl von 16 Millionen. Absolut gesehen werden nur in einigen Ländern mit wesentlich
größerer Einwohnerzahl mehr Fahrräder verkauft: 4,9 Mio. in Deutschland (82 Mio. Einwohner),
Umgekommen Radfahrer
pro 100 Millionen km 3,2 Mio. in Frankreich und 2,5 Mio. in Großbritannien (beide 60 Mio. Einwohner).
In den Niederlanden werden mit Abstand die meisten Fahrräder im Fachhandel gekauft: 77 % im
12
Italien Jahr 2005. Die meisten dieser Geschäfte beschränken sich nicht auf den Verkauf von Fahrrädern
und Fahrradzubehör, sondern verfügen auch über eine Reparatur- und Wartungswerkstatt. Der
10
Anteil anderer Handelskanäle am Fahrradverkauf (Warenhäuser, Discounter, Versandhäuser usw.)
nimmt allerdings zu: von 10 % im Jahr 2000 auf 23 % im Jahr 2005. Der durchschnittliche Preis
8 Österreich eines neuen Fahrrads beträgt 579 Euro.
Großbritannien
6 Finnland

1.4 Der Fahrradgebrauch in bes-


Schweiz
4
Deutschland Dänemark

timmten Bevölkerungsgruppen
Schweden
2 Norwegen
Die Niederlande
Fahrrad km pro Person pro Tag
0 1 2 3

Figur 8: Beziehung zwischen Unfälle und Radbenutzung In manchen Ländern hat das Fahrrad ein schlechtes Image. Wer Rad fährt, beweist damit seinen
niedrigen sozialen Status, denn er kann sich offenbar kein Auto leisten. In den Niederlanden ist das
ganz anders: in allen Bevölkerungsgruppen ist der Fahrradgebrauch annähernd gleich. Radfahren
zeugt in den Niederlanden von einem gesunden und (Umwelt-) bewussten Lebensstil. Wie aus
Figur 9 hervorgeht, machen die Bevölkerungsgruppen mit dem höchsten und dem niedrigsten

Zahlen und Fakten


Ausbildungsniveau am meisten vom Fahrrad Gebrauch. wobei Besserverdienende etwas weniger
Rad fahren als Geringverdiener. (Figur 10)

1.0
0.9
0.8
0.7
0.6
Zahl der Fahrradfahrten pro
0.5
Person und Tag
0.4
0.3
Figur 9: Fahrradgebrauch nach
0.2
Ausbildungsniveau (2007).
0.1
(Quelle: Mobiliteitsonderzoek
0.0
Nederland 2007, AVV (Mobi-

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Beratungsdienst für Verkehr

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Zahl der Fahrradfahrten
1.2
pro Person und Tag
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16 0.8 17
Figur 10: Fahrradgebrauch
0.6
nach Einkommen (2007).
0.4
(Quelle: Mobiliteitsonder-
0.2
zoek Nederland 2007, AVV
0.0
(Mobilitätsuntersuchung

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Eink eigene

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Niederlande, Beratungsdienst

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für Verkehr und Transport)

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1.5 Diebstahl

Mit 18 Millionen Fahrrädern auf einer so kleinen Fläche sind die Niederlande leider auch ein Para-
dies für Fahrraddiebe. So sind sie in Europa nicht nur absolute Spitzenreiter beim Fahrradbesitz und
Fahrradgebrauch, sondern auch beim Fahrraddiebstahl. Jährlich werden in den Niederlanden rund
900.000 Fahrräder gestohlen. Allerdings ist es dem Staat gelungen, die Diebstahlzahlen seit Mitte
der neunziger Jahre allmählich etwas zu senken, aber nach wie vor handelt es sich doch um ein
Problem wesentlichen Ausmaßes: (Figur 7, seite 14)

Durchschnittlich erstatten nur 45 % der Bestohlenen Anzeige bei der Polizei. Nur wenige Prozent
aller gestohlenen Fahrräder gelangen letztlich wieder zu ihrem rechtmäßigen Eigentümer zurück.

Zahlen und Fakten


1.6 Das Fahrrad und die
Verkehrssicherheit

Radfahrer sind auch in den Niederlanden eine gefährdete Gruppe von Verkehrsteilnehmern, wenn
man von der Verletzungsgefahr je zurückgelegtem Kilometer ausgeht. In den letzten Jahrzehnten
hat sich die Sicherheitssituation der Radfahrer aber ständig verbessert. Die jährliche Zahl der Ver-
kehrsopfer hat sich seit 1980 halbiert, sowohl unter den Radfahrern als auch unter den Autoinsas-
sen (siehe nebenstehende Tabelle @). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sowohl die Auto- als
auch die Fahrradnutzung in diesem Zeitraum enorm angestiegen sind. 2001 legten Autoinsassen
und Radfahrer insgesamt 32 % mehr Kilometer zurück als im Jahr 1980. Die Zahl der potenziellen
Unfälle zwischen Auto und Fahrrad hätte damit zahlenmäßig exponentiell ansteigen müssen. Wird
dies berücksichtigt, hat sich die Sicherheitssituation sogar enorm verbessert. Eine starke Verkehrs-
zunahme und eine hohe Fahrradnutzung müssen also nicht zwangsläufig zu einer größeren Gefä-
hrdung im Straßenverkehr führen, weder für Radfahrer noch für Autoinsassen. (Tabelle 3, seite 14)

Außer anhand eines zeitlichen Vergleichs lässt sich dies auch mithilfe eines Vergleichs zwischen
Ländern und sogar zwischen niederländischen Städten nachweisen. Figur 8, seite 14 zeigt deutlich,
dass Radfahrer in Ländern mit hohem Fahrradgebrauch weniger gefährdet sind. Dasselbe Muster
zeigt sich beim Vergleich niederländischer Städte untereinander. In Städten mit hohem Fahrradge-
18 19
brauch ist die Gefahr, als Radfahrer bei einen Verkehrsunfall verletzt zu werden, um durchschnit-
tlich 35 % geringer als in Städten mit geringem Radverkehrsaufkommen.

In verschiedenen Untersuchungen wurde immer wieder dasselbe Muster festgestellt: Je höher der
Fahrradgebrauch, desto geringer die Gefahr für die Radfahrer. Dafür gibt es mehrere Erklärungen,
die mit dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer und der Berücksichtigung des Fahrrads im Rahmen
der Verkehrspolitik in Zusammenhang stehen. Erstens hat ein stärkerer Fahrradgebrauch zur Folge,
dass alle Verkehrsteilnehmer ihr Verhalten anpassen, da Radfahrer im Straßenbild eine dominan-
tere Rolle spielen und außerdem mehr Verkehrsteilnehmer eine größere Radfahrerfahrung haben.
Zweitens geht eine stärkere Fahrradnutzung oft mit einem geringeren Autogebrauch einher, wo-
durch die Gefahr eines Unfalls mit Beteiligung eines Kraftfahrzeugs abnimmt. Drittens ist fast jeder
Autofahrer auch Radfahrer (60 % der Niederländer fahren mindestens dreimal pro Woche und
80 % mindestens einmal pro Woche Fahrrad), d.h. dass Autofahrer das Verhalten von Radfahrern
kennen. Abschließend die politische Erklärung: Eine umfangreiche Benutzung des Fahrrads erhöht
die Unterstützung für die Fahrradpolitik, d.h. dass größere Investitionen in eine sichere Fahrradin-
frastruktur fließen.

Zahlen und Fakten


1.7 Effektive Radverkehrspolitik
Abgesehen von all diesen Faktoren spielt aber auf jeden Fall auch die Politik eine Rolle. Politische
Maßnahmen zeigen Wirkung, und radverkehrspolitische Maßnahmen ebenso – das ist in den
Niederlanden inzwischen ausreichend bewiesen worden. In Abschnitt 1.4 wurde hierauf schon
kurz eingegangen. Die Wechselwirkung zwischen der Fahrradnutzung und der Verbesserung der
Verkehrssicherheit ist ein Aspekt, der in hohem Maße mit der Politik in Zusammenhang steht.
Es wird regelmäßig die Frage gestellt, warum in den Niederlanden so viel Rad gefahren wird. Diese
Frage lässt sich nur schwer beantworten – auch wenn feststeht, dass auf jeden Fall mehrere Fakto- So geht aus den Ergebnissen des vom niederländischen Radfahrerbund durchgeführten Bench-
ren dazu beitragen. Dass die morphologischen und raumordnerischen Merkmale eine Rolle spielen, mark-Projekts hervor, dass ein klarer Zusammenhang zwischen der Fahrradnutzung in einer Stadt
liegt auf der Hand: Natürlich ist das Radfahren in einer flachen Polderlandschaft angenehmer als in und der Qualität der lokalen Radverkehrsinfrastruktur besteht. Die Qualität der Infrastruktur wurde
einem hügeligen Gebiet. Außerdem sind in einem kleinen Land wie den Niederlanden die meisten mittels Messgeräten objektiv ermittelt und in Form der so genannten Radverkehrsbilanz (Fietsba-
Ziele von der Entfernung her gesehen mit dem Fahrrad gut erreichbar. Auch historisch gewachsene lans) zum Ausdruck gebracht. (Abbildung 4@):
kulturelle Faktoren spielen eine große Rolle. Das Radfahren ist in den Niederlanden so eingebür- In Städten mit einem guten Radverkehrsbilanz-Ergebnis ist der Fahrradgebrauch durchschnittlich
gert, dass noch immer fast jedes Kind etwa mit vier Jahren sein erstes Fahrrad bekommt – und 14 % höher als in Städten mit niedrigem Ergebnis.
auch bald das Radfahren lernt. Ein wichtiger Punkt, der im Abschnitt Sicherheit nicht unberück-
sichtigt bleiben sollte, ist die Haftung. In manchen Ländern gilt Radfahren als gefährlich, was 2005 wurde eine Untersuchung abgeschlossen, die eine sehr fundierte Antwort auf die Frage gab,
manchmal in einer fahrradfeindlichen Politik zum Ausdruck kommt. Die niederländische Philo- wie sich die Unterschiede im Fahrradgebrauch zwischen den Städten erklären und welche Rolle die
sophie lautet: Radfahrer sind nicht gefährlich, Autos und Autofahrer dahingegen schon. Darum Radverkehrspolitik oder bestimmte Aspekte davon sowie die allgemeine Verkehrspolitik in diesem
sollten Autofahrer die Verantwortung für die Verhinderung von Zusammenstößen mit Radfahrern Zusammenhang spielen. In die Analyse wurden 44 Faktoren einbezogen. Diese sehr unterschied-
übernehmen. Dies impliziert, dass Autofahrer fast immer verantwortlich sind, wenn es zu einem lichen Faktoren wurden auf der Basis der aktuellen Kenntnisse über die Faktoren ausgewählt, die
Zusammenprall mit einem Radfahrer kommt, und sie sollten deshalb ihre Geschwindigkeit anpas- den Fahrradgebrauch beeinflussen können. Das Erklärungsmodell, das letztlich daraus resultierte,
sen, wenn sie sich die Straße mit Radfahrern teilen. umfasst elf verkehrspolitische, raumordnerische, demographische, kulturelle und geographische
Faktoren. Etwa ein Drittel der Aussagekraft dieses Modells beruht auf den vier Faktoren, die sich
Die Argumente für das Radfahren sind überwältigend: Es ist nachhaltig, gesund und verursacht auf die allgemeine Verkehrspolitik beziehen. Diese Faktoren erklären fast 73 % der Unterschiede in
keine Emissionen irgendwelcher Schadstoffe. Ferner ist Radfahren ruhig und sauber, preiswert, der Fahrradnutzung zwischen den Städten. Angesichts dieses bemerkenswerten Ergebnisses kann
20 21
sowohl in Bezug auf die Anschaffung als auch die Bereitstellung von Infrastruktur, es ist raum- und davon ausgegangen werden, dass dieses Modell große Aussagekraft besitzt
verkehrseffizient, verbessert die städtische Verkehrszirkulation und erhöht die Lebensqualität von
Wohngebieten. Aus dieser Sicht ist die äußerst fahrradfeindliche Politik mancher ausländischer
80%
Städte (siehe Abschnitt 1.2) noch bedauerlicher. Trotz all dieser Anhaltspunkte ist keiner der oben
70%
genannten Punkte der Grund, weshalb die Niederländer Fahrrad fahren. Ihnen macht es einfach
60%
Spaß, und sie finden es entspannend. Es ermöglicht Flexibilität und ist das bequemste Beförde-
50%
rungsmittel in der Stadt. Schauen Sie sich einfach einmal das Schaubild in Figur 11 an.
40%
30%
Um alle Vorteile zu nutzen, die das Radfahren der Gesellschaft bietet, ist es natürlich wichtig, Leute
20%
zum Fahrradfahren zu bewegen. Deshalb sollte Radfahren Spaß machen, es sollte entspannend
10%
und sicher sein. Dies ist mithilfe einer sogenannten guten „Fahrradpolitik“ möglich. So eine Politik
- eine Fahrradpolitik - funktioniert in den Niederlanden – das steht zweifelsfrei fest. Dieser Punkt
wurde bereits in Abschnitt 1.4 angesprochen: Das Verhältnis zwischen Fahrradnutzung und der 0 Freude Angst Wut Traurigkeit Abneigung
Verbesserung der Verkehrssicherheit ist eng mit der Politik verbunden.
Auto Fahrrad Öffentliche Verkehrsmittel

Figur 11: Gefühle assoziiert von Niederländer mit drei Transportmittel


Quelle: Kennis Instituut voor Mobiliteit (niederländisches Wissensinstitut für Mobilität), 2007

Zahlen und Fakten


1.8 Radfahren und Gesundheit

In den Niederlanden stellt, wie in allen westlichen Ländern, Fettsucht infolge von Bewegungs-
mangel und schlechten Ernährungsgewohnheiten ein großes Problem dar. In den Niederlanden
leiden ca. 11 % aller Menschen an Fettsucht. Obgleich nach Meinung von Ärzten Bewegung für
den Menschen unverzichtbar ist, verbringen viele Menschen ihr Leben in zunehmenden Maße im
Sitzen, und auch ihre Beförderung erfolgt im Sitzen (d.h. im Auto oder in öffentlichen Verkehrs-
mitteln). Viele Wissenschaftler weisen darauf hin, dass das Fahrrad für Pendler das ideale Mittel
ist, um Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Eine halbe Stunde mäßig intensiver Bewegung pro
Tag ist (abgesehen von gesunder Ernährung) ausreichend, und dafür ist der Pendelverkehr gut
geeignet: Die ganze Fahrt wird mit dem Fahrrad (bis 15 km) oder in Kombination mit öffentli-
chen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Untersuchungen haben gezeigt, dass der krankheitsbedingte
Arbeitsausfall Fahrrad fahrender Arbeitnehmer wesentlich geringer ist als der anderer Beschäftigter.
Maßnahmen zur Stimulierung des Fahrradfahrens unter Arbeitnehmern zahlen sich deshalb auch
leicht aus.

1.9 Internationale Verbreitung von


22
Wissen und Erfahrungen bezüg- 23

lich des Radfahrens

Nachhaltige Mobilität ist ein aktuelles Gesprächsthema in der heutigen Zeit, in der dem Klimawan-
del besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und das Fahrrad ist das sauberste, nachhaltigste,
gesündeste und in der Stadt auch das schnellste Verkehrsmittel. Das Fahrrad ist in Bezug auf den
Ausstoß von Treibhausgasen ca. 140 Mal so nachhaltig wie ein Auto und auch viel nachhaltiger als
öffentliche Verkehrsmittel. Außerdem erlaubt eine fahrradfreundliche Stadt (z.B. Houten, Gronin-
gen und Zwolle) eine Steigerung der Lebensqualität. Aus diesem Grund hat in vielen Ländern und
Städten das Interesse am Radfahren und an der Stimulierung der Fahrradnutzung stark zugenom-
men. Die Niederlande gelten in diesem Zusammenhang als Wiege und Mekka des Radfahrens.
Deshalb ist jetzt Koordination erforderlich, um das Wissen und die Erfahrungen, die in den Nieder-
landen mit dem Radfahren gesammelt wurden, zu verbreiten.Es gibt eine internationale Fassung
der Website des Radverkehrsrats (www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org ), auf
der (in erster Linie auf Englisch) Übersetzungen von Veröffentlichungen und Beispielen niederlän-
discher und ausländischer Radverkehrspolitik. Außerdem gibt es einen Auskunftsstelle für Fragen
von Ausländern und Präsentationen für Ausländer. Diese Auskunftsstelle ist auch über die Website
www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org zugänglich.

Zahlen und Fakten


Die niederlän-
dische Strategie
im Überblick
Im letzten Kapitel wurde festgestellt, dass die fortwährende Aufmerk-
samkeit, die die Entscheidungsträger in den Niederlanden dem Fahrrad
widmen, nachweislich erfolgreich war. In Städten, die schon seit längerer
Zeit eine gezielte Radverkehrspolitik durchführen, ist der Fahrradanteil im
Durchschnitt höher als in anderen Städten. Auch der Verkehrssicherheit
kommt die Radverkehrspolitik zugute.
In diesem Kapitel werden nun die Grundzüge der niederländischen Strate-
gie beschrieben. Wie wird die Radverkehrspolitik entwickelt? Wer ist daran
beteiligt und wie verhält es sich mit der Finanzierung und Durchführung
der politischen Maßnahmen? Dabei wird auch auf das Engagement der
verschiedenen öffentlichen Körperschaften (Staat, Provinzen, Stadtregio-
nen, Wasserverbände und Kommunen) eingegangen. Zuerst aber werden
die Zielsetzungen der Radverkehrspolitik dargelegt. Warum investieren die
öffentlichen Hände in den Niederlanden überhaupt Geld und Arbeit in die
Radverkehrspolitik?
2.1 Zielsetzungen der Radverkehrs-
Die Förderung des Fahrradgebrauchs und die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist für die
meisten Kommunen die Hauptzielsetzung der Radverkehrspolitik. Es geht darum, die Entscheidung

politik
für das Fahrrad möglichst attraktiv zu gestalten. Die Anlage guter Radwegenetze und Fahrradab-
stellanlagen sind die wichtigsten Elemente. In der Radverkehrspolitik der großen Städte spielt die
Bekämpfung des Fahrraddiebstahls eine wichtige Rolle. Neben physischen und raumordnerischen
Maßnahmen zur Förderung des Fahrradgebrauchs sind auch Information und Aufklärung erforder-
lich.
Die Förderung des Radverkehrs ist kein Selbstzweck. Die Förderung der Fahrradnutzung und die
Anlage von Infrastruktureinrichtungen für den Radverkehr sind im Interesse einer breiten Skala Wo in einer Stadt oder einem Dorf etwas auf dem Gebiet des Fahrradverkehrs geschehen muss
gesellschaftlicher Ziele. Zur Illustration sind nachstehend die Ziele aus dem radverkehrspolitischen und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, wird in den meisten Fällen anhand von Unfallzahlen
Bericht 2006–2015 der Stadt Amstelveen aufgeführt: und Verkehrszählungen entschieden. Auch führen die Kommunen oft pragmatische Untersuchun-
gen zur Ermittlung von Schwachstellen durch, aus denen Schlussfolgerungen gezogen werden.
• Verbesserung der Erreichbarkeit von Unternehmen und Einrichtungen: Dies erfolgt auf direkte Darüber hinaus ist der Input seitens des niederländischen Radfahrerbunds oft eine wichtige Basis
Weise durch Verbesserung der Radverkehrseinrichtungen für die Kunden und Arbeitnehmer, die für Maßnahmen.
bereits mit dem Fahrrad kommen. Aber auch indirekt, indem Kunden und Arbeitnehmer, die mit
dem Auto kommen, dazu angeregt werden, auf das Fahrrad oder eine Kombination von Fahr- Finanzierung
rad und öffentlichem Verkehr umzusteigen. Dadurch verbessert sich die Erreichbarkeit für den Radverkehrspolitik kostet natürlich Geld. Zur Finanzierung der radverkehrspolitischen Maßnah-
verbleibenden Autoverkehr. men haben die meisten Kommunen spezifische Haushaltsposten ausgewiesen. Damit wollen sie
• Verbesserung der Qualität des Lebensumfelds: Auf direkte Weise, da viele Einwohner Wert auf dafür sorgen, dass die Kontinuität bei der Durchführung der Radverkehrspolitik gewährleistet ist.
sichere und komfortable Radverkehrseinrichtungen legen. Und indirekt, da das Fahrrad kurze Die Kommunen machen auch oft in hohem Maße von externen Finanzierungsquellen Gebrauch.
Autofahrten ersetzt, die eine relativ große (Lärm )Belästigung verursachen. Radverkehrsprojekte können oft im Rahmen größerer Infrastrukturprojekte, Bauprojekte, Verkehrs-
• Erhöhung der sozialen Sicherheit und der Verkehrssicherheit: Sowohl objektiv (Senkung der Zahl sicherheitsprojekte oder raumordnerischer Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt werden.
der Verkehrsopfer) als auch subjektiv (Abbau von Unsicherheitsgefühlen). Die Kommunen können auch Beihilfen in Anspruch nehmen; diese werden von den Provinzen und
• Verbesserung der öffentlichen Gesundheit: Direkt: Radfahren sorgt für Bewegung als Bestandteil Stadtregionen verwaltet (siehe 2.2). Für Infrastrukturmaßnahmen auf Betriebsgeländen gibt es oft
26 27
der täglichen Aktivitäten. Aber auch indirekt: Wenn kurze Strecken mit dem Fahrrad statt mit eigene Regelungen, und EU-Mittel werden immer häufiger für Radverkehrsprojekte eingesetzt.
dem Auto zurückgelegt werden, verbessert sich die Luftqualität. Fahrradabstellanlagen werden in manchen Kommunen aus Parkgebühren (von Autofahrern)
• Erweiterung der Entfaltungsmöglichkeiten: Viele Einwohner von Amstelveen haben zu vielen finanziert, zuweilen aber auch von privaten Unternehmen oder im Rahmen öffentlich-privater
Zeitpunkten kein Auto zur Verfügung. Gute und sichere Radverkehrseinrichtungen ermöglichen Partnerschaften.
es ihnen, dennoch selbstständig Aktivitäten zu entfalten. Auch Menschen mit Behinderung sind
oft auf die Radverkehrsinfrastruktur angewiesen. Indirekt: Es fördert die Selbstwirksamkeit und In den Kommunen mit der am besten entwickelten Radverkehrspolitik werden auf Jahresbasis
Entwicklung von Kindern, wenn sie schon in jungen Jahren in der Lage sind, sich selbstständig oft erhebliche Beträge in die Radverkehrsinfrastruktur und andere Maßnahmen zugunsten des
fortzubewegen. Radverkehrs investiert. Gleichzeitig sind aber auch große Unterschiede feststellbar, die weniger ein
• Senkung der Zahl der Fahrraddiebstähle Hinweis darauf sind, dass Kommunen mit kleinerem Budget weniger tun würden, sondern vielmehr
beweisen, dass es diesen Kommunen gelingt, ihre Radverkehrsmaßnahmen zu finanzieren, indem

2.2 Die kommunale Fahrradpolitik:


sie sie (kostenneutral) im Rahmen allgemeiner Verkehrsmaßnahmen durchführen. Siehe Beispiele in
Tabelle 4:

seit je der Schwerpunkt Einwohner Budget (nicht


nur Eigenmittel,
Jahre Euro je
Einwohner
sondern auch und Jahr
Die Radverkehrspolitik ist in den Niederlanden seit je eine Aufgabe der Kommunen. Die Kommunen Beihilfen)
sind für den weitaus größten Teil der Einrichtungen verantwortlich, die von Radfahrern genutzt werden Amsterdam 742.000 100.000.000 2006 - 2010 26,95
– nicht nur für die Straßeninfrastruktur, sondern auch für Fahrradabstellanlagen bei Einkaufszentren Raalte 28.000 10.436.945 1990 - 2004 24,41
und an Schulen. Das lokale Radwegenetz fällt in den Verantwortungsbereich der Kommunen. Nijmegen 159.000 10.000.000 2002 - 2005 15,66
Tilburg 200.000 11.200.000 2006 - 2009 13,98
Jede Kommune hat ihre eigene Art, mit dem Radverkehr umzugehen. Einige verfolgen eine selbststän- s Gravenhage 475.000 24.000.000 2002 - 2005 12,62
dige Radverkehrspolitik, bei anderen wiederum ist die Radverkehrspolitik in die allgemeine Verkehrs- Groningen 181.000 22.800.000 1989 - 1999 12,60
und Transportpolitik integriert. Die Durchführung der Radverkehrsmaßnahmen erfolgt in der Regel s Hertogenbosch 135.000 8.976.000 2000 - 2005 11,09
nicht im Rahmen eines selbstständigen Programms, sondern im Zusammenhang mit anderen verkehrs- Zwolle 113.000 4.500.000 1995 - 1998 9,95
technischen und raumordnerischen Maßnahmen. Für die Durchführung der Radverkehrspolitik ist es Deventer 69.000 1.361.341 1989 - 1994 3,29
wichtig, dass die verschiedenen Abteilungen übereinander informiert sind und dass Projekte vollständig Tabelle 4: Einige Beispieldaten zu den kommunalen Haushaltsmitteln für die Radverkehrspolitik
durchgeführt werden, sodass Radverkehrseinrichtungen letztlich auch tatsächlich realisiert werden.

Die niederländische Strategie im Überblick


Beispiel A Groningen: konsequente Politik
Was die Fahrradnutzung betrifft, so steht die Stadt Groningen (180.000 Einwohner) schon seit
vielen Jahren ganz oben auf der Rangliste der niederländischen Fahrradstädte: Der Fahrradanteil
beträgt etwa 40 %. 2002 kürte der niederländische Radfahrerbund Groningen zur „Stadt des
Jahres“. Wie ist Groningen das gelungen?
Die Antwort besteht aus drei Schlüsselbegriffen: Politik, Kohärenz und Kontinuität. Die Stadt führt
eine breit getragene Radverkehrspolitik durch, die fest in der allgemeinen Verkehrs- und Transport-
politik verankert ist. Darüber hinaus wurde jahrzehntelang eine ambitionierte und konsequente,
auf eine kompakte Stadt abgestimmte Raumordnungspolitik durchgeführt, dank deren viele Akti-
vitäten gut mit dem Fahrrad erreichbar sind.

Die Raumordnungspolitik ist in Groningen stark auf die Anforderungen einer kompakten Stadt aus-
gerichtet. Die Raumstruktur zeichnet sich um das Jahr 2000 durch eine starke Verdichtung aus. Das
Leitbild der Stadt von 1980 blieb erhalten. Die Stadtverwaltung führte die Politik mit klarer Per-
spektive und großer Beharrlichkeit über 20 bis 30 Jahre durch. Infolgedessen sind unter anderem
die meisten Wege gut mit dem Fahrrad zu bewältigen. Im Umkreis von 3 km um den Stadtkern
leben 78 % der Einwohner und befinden sich 90 % aller Arbeitsplätze; nahezu alle Gebäude liegen
im Umkreis von 5 km.

In den 70er-Jahren setzte sich die Auffassung durch, dass man neben der wirtschaftlichen Entwick-
lung auch eine nachhaltig gestaltete, kompakte Innenstadt anstreben sollte, in der sich alle Arten
von Aktivitäten konzentrieren, die einen Mix von Wohn-, Arbeits- und Einkaufsfunktionen bietet
28 29
und Fußgängern, Radfahrern und dem öffentlichen Personennahverkehr Vorrang gibt. 1977 mün-
dete diese Auffassung in der Durchführung des Verkehrszirkulationsplans, der die Innenstadt in vier
Sektoren einteilte. Es war nun nicht mehr möglich, mit dem Auto von einem Sektor in den anderen
zu gelangen – schon aber mit dem Fahrrad und dem Bus. Der Durchgangsverkehr wurde aus der
Innenstadt ferngehalten. Autofahrer, die in die Innenstadt wollten, wurden auf dem kürzesten Weg
zu Parkplätzen in Zentrumsnähe geleitet. In den 80er- und 90er-Jahren stand die Parkraumbewirt-
schaftung im Vordergrund. In einem breiten Ring um das Stadtzentrum wurden Parkgebühren und
eine Parkhöchstdauer eingeführt.

Die niederländische Strategie im Überblick


1.1 1.1B
Beispiel Amsterdam: konsequente
Radverkehrspolitik und kom-
plexe Organisation
In Amsterdam (rund 744.000 Einwohner) ist die Förderung des Radverkehrs eine Aufgabe des
Dienstes für die Verkehrs- und Transportinfrastruktur (dienst Infrastructuur Verkeer en Vervoer/
dIVV). Unter den 60 Mitarbeitern der Abteilung Strategie und Politik befindet sich ein Team von
Referenten für Radverkehrspolitik. Der dIVV hat eine beratende und koordinierende Funktion und
stimmt die Radverkehrspolitik mit den Stadtteilen und anderen relevanten Kommunalorganen und
-organisationen ab. Die Verantwortung für die Radverkehrspolitik liegt bei den 14 Stadtteilen, die
jeweils ihre eigenen Maßnahmen treffen. Dies führt zu erheblichen Unterschieden in der Durch-
führung, was die Koordinierung des Radverkehrsnetzes beeinträchtigen kann. Die Radverkehrsre-
ferenten investieren im Interesse einer guten Radverkehrspolitik viel Zeit in Beratungen. Eine kleine
Auswahl aus den Koordinierungsberatungen:

• Koordinierungsberatungen mit anderen Abteilungen des dIVV und der Stadtverwaltung,


• Koordinierungsberatungen mit den Stadtteilen,
• Beratungen in der städtischen Radverkehrsplattform (Platform Fiets), in der der dIVV, der Dienst
für Raumordnung (Dienst Ruimtelijke Ontwikkeling/DRO) und der Radfahrerbund (Fietsersbond)
einander über die Entwicklungen auf dem Gebiet der Radverkehrspolitik und der Radverkehrsin-
frastruktur informieren.
30 31
Die radverkehrspolitischen Ziele der Stadt Amsterdam:
Zur Förderung des Radverkehrs hat Amsterdam einen radverkehrspolitischen Mehrjahresplan
(Meerjarenbeleidsplan Fiets/MJP) entwickelt, der für das Jahr 2010 die folgenden Zielvorgaben
vorsieht:

• Bis 2010 benutzen mindestens 37 % der Einwohner Amsterdams für alle Wege das Fahrrad.
• Im selben Jahr erzielt Amsterdam in der jährlichen Zufriedenheitsumfrage zum Radverkehr auf
der Skala bis 10 eine Bewertung von mindestens 7,5.
• Die Zahl der Fahrraddiebstähle hat sich bis 2010 um 40 % verringert.
Der gegenwärtige radverkehrspolitische Mehrjahresplan (2007–2010) sieht die folgenden Hand-
lungsschwerpunkte vor:

1. Erweiterung und Optimierung der Fahrradabstellmöglichkeiten


2. Schließung der drei größten Lücken im Hauptradwegenetz
3. Verbesserung der Schwachstellen im Hauptradwegenetz
4. Gute Verwaltung und Instandhaltung des Hauptradwegenetzes
5. Konsequente Bekämpfung des Fahrraddiebstahls
6. Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrer
7. Förderung der Fahrradnutzung bei den bisherigen Nichtradfahrern
8. Monitoring der Entwicklungen hinsichtlich der Fahrradnutzung

Die Maßnahmen in Bezug auf das Hauptradwegenetz werden in einem Zeitraum von vier Jahren
schätzungsweise € 43 Millionen kosten. Die drei kostenintensivsten Projekte (Bau von Brücken und
Tunneln zur Schließung von Lücken) werden mit € 24 Millionen veranschlagt. Die Finanzierung
erfolgt größtenteils aus regionalen Beihilfen, Beiträgen der Stadtteile, dem städtischen Mobilitäts-
fonds und aus Eigenmitteln der Stadt. Die Gesamtkosten der Amsterdamer Radverkehrspolitik
einschließlich Organisationskosten werden sich im Zeitraum 2007–2010 auf knapp € 70 Millionen
belaufen – exklusive der Kosten spezifischer Verkehrssicherheitsprojekte.

Die niederländische Strategie im Überblick


Zeeland: Aktionsplan Fahrrad
Wasserverbände
Beispiel C Die Zuständigkeit für die Radwege außerhalb der geschlossenen Ortschaften kann bei drei Arten
öffentlicher Organisationen liegen. Die meisten dieser Radwege liegen auf oder an Kommunal-
In der Provinz Zeeland hat die Zeeländische Koordinationsstelle für den Radverkehr (Zeeuws straßen. Ein kleinerer Teil ist an Provinzstraßen gekoppelt, und als dritten Typ gibt es auch noch
Coördinatiepunt Fiets) einen „Aktionsplan Fahrrad“ entwickelt. Das Ziel dieses Plans besteht darin, Radwege, die von den Wasserverbänden verwaltet werden. Acht Wasserverbände in den westli-
den Fahrradgebrauch zu fördern und damit die Zahl der Radfahrer zu erhöhen oder mindestens auf chen Küstenprovinzen verwalten diese Wege außerhalb der geschlossenen Ortschaften. Ebenso
gleichem Stand zu halten. Dabei wird die Schaffung eines flächendeckenden und sicheren Radwe- wie alle Kommunen führen auch sie eine Radverkehrspolitik durch, indem sie, wo nötig, vor allem
genetzes angestrebt, das dazu beiträgt, dass das Fahrrad eine attraktive Verkehrsalternative dar- an gefährlichen Kreuzungen und Straßenabschnitten spezifische Einrichtungen für Radfahrer
stellt. Für die Realisierung von Radverkehrseinrichtungen entlang der Provinzstraßen wurden Mittel realisieren und insbesondere, indem sie den Autoverkehr nach Möglichkeit aus Erholungsgebieten
bereitgestellt. Die Provinz führt die politischen Maßnahmen teilweise selbst durch, spielt aber in fernhalten.
den meisten Fällen die Rolle des Regisseurs gegenüber den Kommunen und Wasserverbänden.
Von ihnen wird insbesondere erwartet, dass sie versuchen, Verhaltensänderungen zu bewirken. Ein

2.3 Provinzen und Stadtregionen:


Beispiel hierfür ist die Motivierung der Eltern, ihre Kinder mit dem Fahrrad zur Schule zu bringen.

dezentrale Regisseure
Beispiel D Gelderland: umfassende
und moderne Fahrradpolitik
Neben den zwölf Provinzen gibt es in den größten städtischen Ballungsräumen sieben Stadtregi-
Die Provinz Gelderland verfolgt eine intensive Radverkehrspolitik in den Bereichen, in denen die onen, die spezifisch im Bereich der Verkehrspolitik dieselben Aufgaben haben wie die Provinzen
Provinzen auch wirklich Einfluss haben. Die eigenen Radwege werden mit einem Messfahrrad (außer dass sie keine eigenen Straßen verwalten). Diesen insgesamt 19 Organen der mittleren
geprüft, um festzustellen, wo Verbesserungen unter anderem des Fahrkomforts erforderlich sind. Verwaltungsebene hat die Regierung in den letzten Jahren auf dem Wege einer weitgehenden
Im Zeitraum von zwei Jahren wird die Provinz 21 Mio. Euro in die Anlage und Verbesserung pro- Dezentralisierung eine Hauptrolle in der Verkehrspolitik übertragen. Die Provinzen und Stadtregi-
32 33
vinzialer Radwege investieren. Außerdem gibt es ein Budget für Beihilfen zu innovativen kommu- onen haben nun die Aufgabe, die Kohärenz der politischen Maßnahmen auf regionaler Ebene zu
nalen Radverkehrsprojekten. Die Fahrradabstellanlagen an Bushaltestellen werden verbessert und verbessern und so die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen zu fördern. Damit sind sie auch
erweitert, und außerdem will die Provinz das System des „ÖV-Fahrrads“ (siehe S. 21 / Beispiel K) für die Zuweisung der erheblichen jährlichen Beihilfebeträge zuständig, die bislang vom Staat ver-
auf kleinere Bahnhöfe und Busbahnhöfe ausweiten. Unter anderem mittels der innovativen „Fahr- waltet worden waren: Infrastrukturbeihilfen und Beiträge zur Betreibung des öffentlichen Verkehrs,
radbox“: einer Art automatischem Fahrradschließfach mit einem Fassungsvermögen von 10 bis 16 insgesamt rund 1600 Mio. Euro pro Jahr für alle nachgeordneten Gebietskörperschaften. Fast alle
ÖV-Fahrrädern. Körperschaften der mittleren Verwaltungsebene verwenden in der Praxis einen wesentlichen Teil
Ferner wurde kürzlich in der Veluwe, dem größten Natur- und Erholungsgebiet der Niederlande, der Infrastrukturbeihilfen für Radverkehrsprojekte – nicht zuletzt auf Betreiben der Kommunen.
die Beschilderung im Zuge der Einführung des „Knotenpunktenetzes“ wesentlich verbessert. Und
zum Schluss noch ein ganz besonderes – und für die Niederlande neues – Projekt: die Langstrec- Was den Inhalt anbelangt, spielen die Provinzen und Stadtregionen oft eine führende Rolle bei
kenrouten in der Provinz Gelderland werden in die Regionalpläne aufgenommen. Damit unterlie- der Entwicklung und Realisierung eines regionalen/überörtlichen Radwegenetzes. Dabei tragen sie
gen sie dem Schutz der Raumordnungspolitik: Wenn neue räumliche Entwicklungen geplant sind, dem überörtlichen Charakter dieser Radwegenetze Rechnung: ein Radweg endet schließlich nicht
die diese Routen berühren, wird die Provinz den Plänen nur dann zustimmen, wenn sich die für an der Ortsgrenze, sondern führt weiter bis zum nächsten Ort. In den Stadtregionen handelt es
die Langstreckenrouten zuständige nationale Radverkehrsplattform mit einer alternativen Route sich um relativ kompakte Netze in einem zusammenhängenden bebauten Gebiet, die damit gut
einverstanden erklärt. mit den kommunalen Radwegenetzen vergleichbar sind. Bei den provinzialen Radwegenetzen liegt
der Schwerpunkt weitaus stärker auf den überörtlichen Strecken außerhalb der geschlossenen Ort-
schaften, und damit auch oft auf der Nutzung des Fahrrads zu Freizeitzwecken. „Nutzradwege“
(die der gezielten Fahrt von A nach B dienen) und „Freizeitradwege“ (Radwanderwege durch eine
attraktive Umgebung oder Strecken, die zu Freizeit- und Erholungszielen führen), werden häufig in
ein provinziales Radwegenetz integriert.

Die niederländische Strategie im Überblick


2.4 Der Staat: Unterstützung der
Der Radverkehrsrat (Fietsberaad), finanziert vom Ministerium für Verkehr, Wasserwirtschaft und öf-
fentliche Arbeiten, unterstützt die Radverkehrspolitik der nachgeordneten Gebietskörperschaften mit

dezentralen Politik
Wissen und Informationen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Position des Radverkehrs im Straßenver-
kehr und in der Verkehrspolitik zu stärken. Der Radverkehrsrat, dem knapp 20 Sachverständige aus
der Praxis (vor allem Vertreter der Kommunen) angehören, unterstützt seine Zielgruppen, indem er
statistische Daten, Erfahrungen und andere Informationen sammelt oder sammeln lässt und verbreitet
– hauptsächlich über eine Quartalszeitschrift und eine Website. Derzeit ist auch eine neue internatio-
Die staatliche Politik auf dem Gebiet der Raumordung und Mobilität ist in verschiedenen nationalen nale website vom Fietsberaad activ: www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org
Plänen niedergelegt. Diese Pläne geben nur die Rahmenbedingungen vor; die Grundzüge der Politik
werden von den nachgeordneten Gebietskörperschaften in eigenen Plänen ausgearbeitet. Im Ver- Die Wissensplattform Verkehr und Transport (Kennisplatform Verkeer en Vervoer/KpVV) unterstützt
gleich zu anderen europäischen Ländern ist die Radverkehrspolitik in den Niederlanden stark dezen- die nachgeordneten Gebietskörperschaften mit praktischem Wissen. Der Schwerpunkt dabei liegt auf
tral organisiert – in inhaltlicher Hinsicht seit je, soweit es um die Kommunen geht, und in politischer fünf Themen: Politik, Mobilität, Sicherheit, Infrastruktur und öffentlicher Nahverkehr. Innerhalb dieser
Hinsicht seit der vor kurzem vorgenommenen Dezentralisierung von der staatlichen Ebene hin zu den Themen wird dem Radverkehr an verschiedenen Fronten Aufmerksamkeit gewidmet.
Provinzen und Stadtregionen.
Das CROW ist die nationale Wissensplattform für Infrastruktur, Verkehr, Transport und öffentlichen
In der heutigen Situation spielt der Staat vor allem eine unterstützende Rolle. Die Radverkehrspolitik Raum. Seine Aufgabe besteht darin, das vorhandene Wissen in eine praxistaugliche Form umzuset-
soll und kann dezentralisiert werden; der Staat ist dann nur noch für die Angelegenheiten zuständig, zen; insbesondere über breit unterstützte Empfehlungen, Richtlinien und Regelungen, niedergelegt in
die ein landesweites Vorgehen erfordern. Dies ist bei vier Arten von Aktivitäten der Fall: zahlreichen Publikationen. Auch zum Thema Radverkehr wurden verschiedene Richtlinien veröffent-
1. Formulierung inhaltlicher Rahmenbedingungen für die nachgeordneten Gebietskörperschaften licht; zu nennen sind hier vor allem der Leitfaden für Fahrradabstellanlagen (Leidraad Fietsparkeren)
2. Wahrnehmung inhaltlicher Angelegenheiten, die nur auf nationaler Ebene geregelt werden können und der kürzlich neu überarbeitete Entwurfsleitfaden für den Radverkehr (Ontwerpwijzer Fietsver-
3. Finanzierung dezentraler radverkehrspolitischer Maßnahmen keer) (siehe Kapitel 4).
4. U
 nterstützung der dezentralen Radverkehrspolitik durch Wissensentwicklung und Wissensverbrei-
tung Der niederländische Radfahrerbund (Fietsersbond) ist die Interessenvertretung der Radfahrer in den
Niederlanden. Zur Organisation gehören eine Hauptgeschäftsstelle und 130 Ortsverbände. Mit
34 35
Die inhaltlichen Rahmenbedingungen hat der Staat in allgemeiner Form im jüngsten „Leitprogramm finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten
Mobilität“ (Nota Mobiliteit) niedergelegt. Darin ist zur Radverkehrspolitik die folgende Vereinbarung führt der Radfahrerbund das Benchmark-Projekt „Radverkehrsbilanz“ (Fietsbalans) durch, das auf die
festgelegt: „Alle öffentlichen Körperschaften fördern den Fußgängerverkehr sowie den Fahrradver- Förderung der kommunalen Radverkehrspolitik abzielt. Das Projekt Radverkehrsbilanz, ein Mess-
kehr als Hauptverkehrsträger und als Bindeglied im kombinierten Personenverkehr von Tür zu Tür. system für das Fahrradklima, also die Bedingungen für Radfahrer in den Städten und Gemeinden,
Die Kommunen, Wasserverbände, Provinzen und Stadtregionen tragen zu diesem Zweck für ein Rad- wurde im Zeitraum 2000–2004 in 125 Kommunen durchgeführt. Jede der untersuchten Kommunen
wegenetz Sorge, das den verkehrstechnischen Hauptforderungen Kohärenz, Direktheit, Attraktivität, erhielt einen ausführlichen Bericht, in dem anhand von zehn Kriterien eine relative Bewertung des
Sicherheit und Komfort genügt. Die Körperschaften sorgen außerdem für Fahrradabstellmöglichkei- Fahrradklimas vorgenommen wurde. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse fordert der Ortsverband
ten, die in Bezug auf Qualität, Quantität und Standort der Nachfrage entsprechen.“ des Radfahrerbunds die Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung auf, konkrete Verbesserungen zugunsten
der Radfahrer durchzuführen. Seit 2006 wird eine leicht abgeänderte Methodik (Radverkehrsbilanz 2)
Zu den inhaltlichen Angelegenheiten, die nur auf nationaler Ebene geregelt werden können, gehören angewendet.
natürlich rechtliche Fragen auf dem Gebiet der Straßenverkehrsvorschriften und der Bauverordnung
(Fahrradabstellanlagen!). Wichtig ist außerdem vor allem, dass Fahrradabstelleinrichtungen an Bahn- Die Stiftung nationale Radverkehrsplattform (Stichting Landelijk Fietsplatform) ist eine unabhängige
höfen als Bestandteil des Bahnhofs und der Umsteigefunktion betrachtet werden müssen – womit Koordinierungsstelle für den Freizeit-Fahrradverkehr in den Niederlanden. In dieser Plattform sind
sie ebenso wie der Eisenbahnverkehr selbst in die Zuständigkeit des Staates fallen. Um die Kapazität nationale und regionale Körperschaften und Interessenverbände vertreten. Die Radverkehrsplattform
(vor allem der unbewachten Stellplätze) so zu erweitern, dass sie an allen 380 Bahnhöfen ausreicht, fördert die Möglichkeiten für den Freizeit-Fahrradverkehr in den Niederlanden. Hierzu werden mit
stehen insgesamt 250 Millionen Euro zur Verfügung. finanzieller Unterstützung durch den Staat (Ministerium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmit-
telqualität) die landesweiten Radwanderstrecken entwickelt und verwaltet. Neben der Radver-
Die Punkte 3 und 4 – Finanzierung und Wissensentwicklung – betreffen Angelegenheiten, die der kehrsplattform spielt auch der ANWB, der größte Interessenverband im Bereich Urlaub, Freizeit und
Staat nun erstmals ausdrücklich „ausgelagert“ hat. Das Ministerium für Verkehr, Wasserwirtschaft Mobilität, in Bezug auf die Wissensfunktion im Rahmen der Radverkehrspolitik eine wichtige Rolle.
und öffentliche Arbeiten befasst sich also kaum noch damit. Umso mehr aber andere nationale Orga- Der ANWB sorgt beispielsweise für die Beschilderung von Radwanderwegen und engagiert sich auch
nisationen, wenn es um diese Wissensfunktion geht. allgemein stark für den Freizeit-Fahrradverkehr.

Wissensentwicklung und -verbreitung SenterNovem schließlich, eine beim Wirtschaftministerium ressortierende Agentur, ist für Beihilfe-
Die Wissensfunktion auf dem Gebiet der Radverkehrspolitik ist in den Niederlanden stark entwickelt, zahlungen zu Innovationen auf dem Gebiet des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit zuständig
aber auch einigermaßen zergliedert. Mindestens sechs Organisationen, die alle landesweit tätig sind, und bietet verschiedene Programme und Beihilferegelungen, in deren Rahmen im Prinzip auch in-
spielen eine wichtige Rolle: novative Projekte auf dem Gebiet des Fahrradverkehrs unterstützt werden können. Oft stehen große
Budgets zur Verfügung (Regelung CO2-Reduzierung des Personenverkehrs: 3 Mio. Euro; Programm
Mobilitätsmanagement: 2 Mio. Euro), und in der Praxis wurden und werden zahlreiche Radverkehrs-
projekte unterstützt, vor allem auf dem Gebiet der Fahrradabstellanlagen und der Fahrradvermietung.

Die niederländische Strategie im Überblick


Einrichtungen
für alle
Zielgruppen
In Kapitel 1 wurde dargelegt, dass das Fahrrad in den Niederlanden ein
Thema ist, das alle betrifft und für jeden Zweck geeignet ist. Bei allen
wichtigen Fahrtmotiven spielt das Fahrrad eine ernstzunehmende Rolle.
Die Fahrtmotive bieten auch gute Anknüpfungspunkte für die Förderung
der Fahrradnutzung: Für welche Zwecke lässt sich das Fahrrad nutzen, und
wie kann das gefördert werden? Die unterschiedlichen Arten der Fahr-
radnutzung liefern jeweils andere Ausgangspunkte für gezielte politische
Maßnahmen.

Besonders große Erfahrung hat man in der Radverkehrspolitik, die auf die
Förderung der Fahrradnutzung für den Arbeitsweg, die Fahrt zu Geschäften
und Einkaufszentren und den Schulweg abzielt. Diese Reiseziele werden
auch unter dem Oberbegriff „Nutzverkehr“ zusammengefasst. Daneben
existiert ein Fahrtmotiv, bei dem das Ziel der Fahrradfahrt noch nicht die
endgültige Bestimmung ist, beispielsweise wenn das Fahrrad für die Fahrt
zum Bahnhof verwendet wird. Auch bei diesen Wegen, die nur einen Teil
der Transportkette darstellen, bieten sich viele Chancen für eine erfolgrei-
che Radverkehrspolitik. Und schließlich gibt es auch noch den Freizeit-
Radverkehr, bei dem oft das Radfahren selbst das Fahrtmotiv ist.
Beispiel E Houten and Veenendaal: 3.1 Mit dem Fahrrad zum Einkaufen
Radverkehr und florierender
Einzelhandel Hintergrund
Auch in den Niederlanden geht man mancherorts fälschlicherweise noch davon aus, dass Radfahrer
Die meisten Geschäfte in Houten (ca. 43.000 Einwohner) befinden sich im Zentrum dieser fahr- kaum Geld in die Kasse bringen, weswegen es für Geschäftsinhaber vor allem wichtig ist, dass sie
radfreundlichen Stadt. Die Einwohner tätigen fast all ihre Lebensmittelankäufe und die Hälfte ihrer mit dem Auto gut erreichbar sind. Dem ist aber gar nicht so. Rad fahrende Kunden geben zwar je
Nonfood-Ankäufe in der eigenen Stadt. Der Umsatz je Quadratmeter Ladenfläche lag bei einer Besuch weniger aus, kommen dafür aber häufiger. Das ist natürlich von Stadt zu Stadt unterschied-
Messung vor einigen Jahren wesentlich höher als der niederländische Durchschnitt. lich, aber sowohl ältere Untersuchungen in Utrecht als auch aktuelle Studien in Breda (wo ein
Veenendaal (ca. 60.000 Einwohner) ist, wenn man von der Fahrradnutzung ausgeht, eine echte Radfahrer wöchentlich fast anderthalb Mal so viel Geld ausgibt wie ein Autofahrer) und Groningen
Fahrradstadt. Aber auch eine echte Einkaufsstadt. Ihr Angebot brachte ihr 2004 den Titel „Beste haben dies bewiesen. Die Zahlen für Groningen sind besonders bemerkenswert:
Einkaufsstadt der Provinz Utrecht“ und eine außerordentlich starke Kaufkraftbindung ihrer Ein-
wohner ein. Offenbar ein kleines Paradies für den Einzelhandel – was sich in Veenendaal offenbar Tabelle 3 zeigt, welchen Profit die Unternehmer in der Groninger Innenstadt je Verkehrsträger erzie-
bestens mit einer intensiven Radverkehrspolitik verträgt. len. Unter Berücksichtigung aller Besucher und des gesamten Umsatzes ist das Fahrrad insgesamt
durchaus von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung: Auf den Radverkehr entfallen 31 % der
Besucher und 34 % des Umsatzes. Dabei handelte es sich offenbar hauptsächlich um Einwohner
von Groningen. 46 % der Einwohner von Groningen fahren mit dem Rad in die Innenstadt und
erledigen dort 56 % aller von Einwohnern getätigten Verkäufe. Besucher aus der umliegenden
Region oder anderen Regionen der Niederlande ziehen den öffentlichen Verkehr ihrem Auto leicht
vor; Besucher, die mit dem Auto anreisen, geben aber wesentlich mehr Geld aus. (Tabelle 5)

Darüber hinaus ist ein Paradox feststellbar, das vor allem von der Wirtschaft mit Interesse zur
38 39
Kenntnis genommen wird: Je mehr Geschäftskunden, die in der Nähe wohnen, vom Auto auf
das Fahrrad umsteigen, umso mehr knapper Parkraum steht für die Fahrzeuge der aus weiterer
Entfernung anreisenden Kunden zur Verfügung. Genau aus diesem Grund stellte der Einzelhan-
delsdachverband (Hoofdbedrijfschap Detailhandel) 2004 fest, dass der Einzelhandel am besten
selbst ergänzende Initiativen ergreifen sollte, beispielsweise durch Einrichtung von Fahrradkellern
in privaten Räumlichkeiten in Einkaufszentren oder Innenstädten. Denn, so argumentierte auch der
Verband: Je mehr Besucher aus der Stadt selbst mit dem Fahrrad kommen, umso mehr Parkplätze
stehen den Besuchern aus der Region zur Verfügung, denn Parkplätze sind bekanntlich knapp.

Maßnahmen
Eine zweckmäßige Radverkehrspolitik für die Innenstädte muss also insbesondere darauf abzielen,
mehr Einwohner aus der Stadt selbst dazu zu bewegen, für die Fahrt in die Innenstadt das Fahrrad
zu nehmen. Das erfordert eine breiter angelegte Strategie als nur die Schaffung oder Verbesserung
von Radverkehrseinrichtungen. Es erfordert eine integrierte Perspektive. Dazu gehören auch eine
strengere Parkraumbewirtschaftung (wie viel Kapazität für Autos muss geboten werden, und wie
weit bis ins Zentrum soll Autoverkehr möglich sein?) sowie spezifische Entscheidungen hinsichtlich
der Verkehrszirkulation. Als Bestandteil eines integrierten Plans für ein Stadtzentrum sind gute
Fahrradabstelleinrichtungen von großer Bedeutung. Die Kunden möchten ihr Fahrrad möglichst
nahe ihrer Bestimmung auf sichere Art und Weise abstellen können. Das ist nämlich eine wichtige
Anteil der Passanten Anteil des Umsatzes
Erwägung bei der Entscheidung für das Verkehrsmittel. In vielen Gemeinden ist die Kapazität an
Herkunft der Passanten Wanderer Fahrrad ÖPNV PKW Wanderer Fahrrad ÖPNV PKW
Stellplätzen in Spitzenzeiten viel zu klein. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass gebührenfreie
lokal 32% 46% 13% 9% 19% 56% 14% 25%
bewachte Fahrradabstellanlagen am Rande einer Fußgängerzone viele Radfahrer dazu bringen, ihr
regional 1% 22% 41% 36% 0% 21% 32% 40%
Fahrrad dort abzustellen – in etwas größerer Entfernung von ihrem Ziel –, was Problemen durch zu
überregional 5% 7% 48% 39% 4% 5% 39% 37%
viele, willkürlich bei Geschäften abgestellte Fahrräder entgegenwirkt.
total 20% 31% 27% 21% 11% 34% 25% 35%

Tabelle 5: Untersuchung unter Passanten im Groninger Stadtzentrum 2004; Anteil der Hauptverkehrsträger nach Besucherzahlen
und erzieltem Umsatz (in %)

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Beispiel F Das Firmenfahrrad: eine 3.2 Mit dem Fahrrad zur Arbeit
effektive Verkehrsmaßnahme
Viele Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern auf steuerlich günstige Weise Fahrräder zur Verfü- Hintergrund
gung gestellt. Eine einfache Maßnahme, die sogar in den Niederlanden – trotz des sowieso schon Verkehrsprobleme entstehen vor allem in den Hauptverkehrszeiten, wenn sich die Erwerbstätigen
hohen Fahrradbesitzes – noch einen gewissen Effekt hat. Die Arbeitnehmer fühlen sich offenbar mit dem Auto auf den Weg zur Arbeit machen oder wieder nach Hause fahren. Daher ist es sehr
moralisch etwas mehr verpflichtet, mit dem Rad zu fahren, wenn sie vom Arbeitgeber ein kostenlo- lohnend, gerade im Arbeitspendlerverkehr die Fahrradnutzung zu fördern. Das gilt ganz besonders
ses Fahrrad angenommen haben. für Unternehmen und Einrichtungen, deren Parkplatzkapazität bei weitem nicht ausreicht. Aller-

Anwendung des Fahrrads durch Personal (in %) dings ist das Fahrrad im Arbeitsverkehr sowieso unvermindert populär – der starke Anstieg des Au-

Anwendung des Fahrrads vorher nachher Unterschied toverkehrs ist nämlich vor allem bei den längeren Strecken zu verzeichnen. Die meisten Menschen

immer 42,2 47,3 5,1 halten für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz eine Fahrzeit von einer halben Stunde

häufig 11,3 17,5 6,2 für akzeptabel. Mit dem Fahrrad lässt sich in dieser Zeit eine Strecke von 7,5 km zurücklegen. Das

regelmäßig 18,3 24,2 5,9 ist eine interessante Zahl, denn die Hälfte aller Erwerbstätigen in den Niederlanden wohnt nicht
weiter als 7,5 km von ihrem Arbeitsplatz entfernt. Davon haben sich bereits 45 % für das Fahrrad
manchmal 13,2 7,5 -5,7
entschieden, aber dieser Anteil lässt sich zweifellos noch steigern.
nie 15 3,5 -11,5

Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, kann sich das Fitnessstudio eigentlich sparen, auch wenn die
Tabelle 6: Anwendung des Fahrrads vor und nach ein Rad vom Arbeitegeber bekommen zu haben Entfernung zum Arbeitsplatz nur eine Viertelstunde beträgt. Eine Person mit schlechter Kondition
(Quelle: Van de Ven & Partners / Nationale Fiets Projecten (Nationalfahrrad Projekte), 2002) kann nämlich ihre Leistungsfähigkeit um 10 % steigern, wenn sie dreimal wöchentlich mit dem
Fahrrad drei Kilometer hin und zurück fährt. Das ist fast dasselbe Ergebnis, das ein Trainingspro-
gramm bewirken kann.

40
Beispiel G Trappers: Innovation im Maßnahmen
41

Mobilitätsmanagement
Es ist eine breite Skala an Maßnahmen denkbar, um die Fahrradnutzung auf dem Arbeitsweg er-
folgreich zu fördern. Die Erfolgschancen nehmen offenbar zu, wenn die Kommunen und die lokale
Wirtschaft dabei gemeinsam vorgehen. Gute Fahrradstrecken und Radwege – die auch allgemein
Trappers ist ein System, das Arbeitnehmer zum Radfahren anregen soll. Das Fahrrad wird mit ei- erforderlich sind, um die Radfahrer gut zu bedienen – sind und bleiben das Wichtigste. Das ist in
nem kleinen Sender ausgestattet. Am Arbeitsplatz ist ein Registriergerät installiert, das das Fahrrad der Regel eine Aufgabe des Staates. Darüber hinaus kann der Fahrradgebrauch aber auch durch
erkennt, wenn es sich in der Nähe befindet. Jedes Mal, wenn der Arbeitnehmer mit dem Fahr- die Unternehmen selbst gefördert werden, etwa indem Arbeitgeber den Arbeitnehmern, die in
rad zur Arbeit kommt, erhält er dafür Punkte. Mit seinen gesammelten Punkten kann er dann im einem gewissen Umkreis vom Arbeitsplatz wohnen, Fahrräder zur Verfügung stellen.
„Trappershop“ im Internet Produkte und Ausflüge erwerben. Dieses System ist für den Arbeitgeber
kostenlos. Vorkehrungen zur Förderung der Fahrradnutzung für den Arbeitsweg brauchen nicht umfangreich
zu sein, um die gewünschte Wirkung zu haben. Bei einer Evaluierung von rund hundert Trans-
portplänen großer Unternehmen zeigte sich, dass sich schon mit relativ einfachen Maßnahmen
der Fahrradgebrauch um durchschnittlich 3 Prozentpunkte steigern lässt. Beispielsweise indem
den Arbeitnehmern ein guter Fahrradkeller, Duschmöglichkeiten oder Firmenfahrräder angeboten
werden.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Beispiel H Kinder sicher durch Delft
In einer Umgebung mit angemessener Verkehrs- und sozialer Sicherheit ist es möglich, dass Kinder
früher selbstständig mit dem Fahrrad zur Schule, zum Sport oder zu anderen Freizeitaktivitäten
oder zur außerschulischen Betreuung fahren können. In Delft (ca. 95.000 Einwohner) wurde zu
diesem Zweck das Projekt „Kinder sicher durch Delft“ aufgelegt. Dabei arbeiten die Referate Stadt-
teilangelegenheiten und Mobilität der Stadt mit Schulen, der Polizei, Verkehrssicherheitsorganisati-
onen und Eltern zusammen. Eine Auswahl aus den Teilprojekten:

1. S ichere Schulumgebung: Drei Schulen haben Vereinbarungen mit Eltern, der Polizei und der
Stadt geschlossen. In verschiedenen Arbeitsgruppen werden Maßnahmen entwickelt und durch-
geführt, die die Sicherheit der Kinder in den und um die Schulen erhöhen sollen.
2. V
 on der Rückbank aufs Fahrrad: Das Ziel dieses Projekts besteht darin, dass Kinder selbstständig
von zu Hause oder der Schule aus mit dem Fahrrad zu ihrem Sportclub oder anderen Aktivitäten
fahren können. An drei Standorten für außerschulische Betreuung läuft ein Versuchsprojekt, bei
dem die Kinder in Begleitung selbstständig Rad fahren.
3. „
 Kinderkorridor“ (Kindlint): Die Vorbereitungen zur Einrichtung zweier „Kinderkorridore“ in
Delft sind in vollem Gange. In diesem Projekt kommen Spielplätze, Raumordnung, Verkehrssi-
cherheit und Verkehrserziehung zusammen. Die Kinderkorridore sollen es den Kindern ermög-
lichen, sich selbstständig und spielend zwischen Orten zu bewegen, an denen sie sich gern
aufhalten.
4. F ahrradabstellanlagen: Die Stadt hat begonnen, alle Fahrradabstellanlagen an den Delfter
Grundschulen zu beurteilen. Anhand einer Checkliste wird festgestellt, ob die Kapazität ausreicht
42 43
und ob die Abstellplätze qualitativ gut sind. Die Ergebnisse fließen in ein Durchführungspro-
gramm ein.
5. V
 erkehrserzieher: Praktischer Verkehrsunterricht ist wichtig, damit die Kinder lernen, sich im
Verkehr richtig zu verhalten. In Delft erteilt ein Verkehrserzieher allen Klassen praktischen
Verkehrsunterricht. Der Verkehrserzieher bildet auch die Lehrkräfte aus, sodass diese nach drei
Jahren selbst Verkehrsunterricht erteilen können.

Man hofft, dass die Schulen nach Abschluss des Projekts so überzeugt sind, dass sie selbst entspre-
chende Initiativen entwickeln.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Example I Bewachter Fahrradabstellplatz 3.3 Mit dem Fahrrad zur Schule
an der Schule
Ein bewachter Fahrradabstellplatz kann an Sekundarschulen wesentliche Verhaltensänderungen Hintergrund
bewirken, wie in Den Haag (ca. 445.000 Einwohner) festgestellt wurde. Von den 420 Schülern Ein sehr großer Teil der Kinder fährt in den Niederlanden in großem Umfang mit dem Fahrrad zur
des Johan-de-Witt-Kollegs kommt inzwischen mindestens die Hälfte mit dem Fahrrad zur Schule – Schule, entweder allein oder in Begleitung. Das war früher so und ist heute nicht anders. Von den
zehn Mal soviel wie früher (die Schule hat einen hohen Anteil an Schülern ausländischer Herkunft, Grundschülern kommen 49 % mit dem Fahrrad und 37 % zu Fuß zur Schule; nur 14 % werden
die im Durchschnitt wesentlich weniger Rad fahren als ihre niederländischen Altersgenossen). mit dem Auto gebracht und abgeholt, vor allem Kinder, die weiter von der Schule entfernt woh-
Die Stadt strebt danach, an den Schulen mehr Fahrradabstellanlagen anzubieten, und stellt jeder nen. Bei den weiterführenden Schulen ist der Fahrradanteil noch weitaus höher. In den größeren
Schule einmalig einen Betrag von ca. 20.000 Euro zur Verfügung, der für die Einrichtung eines – Städten ist allerdings der Fußgängeranteil höher, und auch der öffentliche Nahverkehr wird mehr
durchdacht gestalteten – Aufseherraums bestimmt ist. Die Personalkosten für den Aufseher, der genutzt.
über die Abstellanlagenorganisation Biesiklette beauftragt wird (rund 6800 Euro pro Jahr), werden
von der Schule getragen. Bewachte Fahrradabstellanlagen an Schulen sind in der Stadt Groningen Obwohl wie gesagt durchschnittlich nur 14 % der Grundschüler mit dem Auto zur Schule gebracht
schon lange üblich. Inzwischen gibt es bei 15 weiterführenden Schulen bewachte Stellplätze. und abgeholt werden, so ist die Verkehrssituation vor der Schule dennoch oft unübersichtlich und
gefährlich. Das ist zunächst darauf zurückzuführen, dass der Prozentsatz nur ein Durchschnittswert
ist. Aber sogar bei diesem Wert treten schnell Probleme auf, denn 14 % von beispielsweise 250
Kindern sind immerhin 35 Kinder in rund 25 Autos, die alle genau zur selben Zeit bei der Schule
parken wollen. Hinzu kommt, dass viele Schulen in engen Wohnstraßen mit wenig Parkplätzen
liegen, oder gerade an stark befahrenen Hauptstraßen. Darum empfiehlt es sich in vielen Fällen
doch, den Gefahren und Belästigungen durch den Bring- und Holverkehr an Schulen Aufmerksam-
keit zu widmen.

44 45
Maßnahmen
Die Fahrradwege zu den Grundschulen sind wenig gebündelt: schließlich sind die Entfernungen
in der Regel gering. Meistens ist erst in direkter Umgebung der Schule eine echte Fahrradroute
ausgewiesen. Die Verbesserung der Schulwege führt dann rasch zu Verkehrssicherheitsmaßnahmen
im gesamten Viertel oder Dorfkern.

Die Verbesserung der Schulumgebung erfordert eine breit angelegte Herangehensweise und
den Einsatz vieler verschiedener Instrumente. Dazu gehören nicht nur Infrastrukturmaßnahmen,
sondern auch Verkehrserziehung, Kontrollen und die Kommunikation mit den Eltern. Mitverant-
wortung ist ein Schlüsselbegriff, wenn es um die Lösung von Problemen im Zusammenhang mit
den Schulwegen geht. An Verkehrsangelegenheiten im Umfeld der Schule sind immer viele Interes-
sengruppen beteiligt: die Schulleitung, Eltern und Schülerlotsen, Lehrer und Kinder, aber auch die
Anwohner, die Polizei und die Stadtverwaltung.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Häufiger auf dem Fahrrad zur Arbeit
Bis vor Kurzem galt eine Entfernung von bis zu 7,5 km für eine mit dem Fahrrad zurückzulegende
Gesamtentfernung als realistisch. Immer häufiger werden überörtliche Pendelstrecken, die über
eine geringe Anzahl Hindernisse verfügen, oder manchmal sogar richtige Schnellradwege gebaut.
Im Rahmen des Projekts „Fileproof“ wurden fünf solcher Strecken realisiert. In allen Teilen des Lan-
des wird Radwegen für längere Entfernungen Aufmerksamkeit geschenkt. Entfernungen bis 15 km
können hiermit überbrückt werden, und Radfahrer können eine Durchschnittsgeschwindigkeit von
25-30 km pro Stunde erzielen, d.h. dass Fahrräder kaum langsamer sind als andere Verkehrsmittel
und in staureichen Gebieten sogar schneller. Hier gibt es deshalb große Chancen für den Einsatz
des Fahrrads im Hinblick auf eine bessere Erreichbarkeit und weniger Staus.

Sogar Arbeitgeber stimulieren die Fahrradnutzung immer häufiger, auch im Rahmen einer besseren
Gesundheit. Da Unternehmen aufgrund der Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes verpflich-
tet sind, Emissionen, die infolge des Verkehrs von und zum Arbeitsplatz entstehen, so weit wie
möglich zu vermindern, bedeutet dies, dass auch die Fahrradnutzung (mit 0 Emissionen) stark
stimuliert werden muss. Die Taskforce Mobilitätsmanagement, in der Arbeitgeber und Behörden
zusammenarbeiten, um Alternativen für die Autonutzung zu stimulieren, wird im Herbst 2008 auch
Arbeitgebermaßnahmen zur Stimulierung der Fahrradnutzung lancieren. Hierzu gehören eine Fahr-
radvergütung und die Einführung eines Mobilitätsbudgets. Letzteres ist ein außergewöhnlich gutes
Mittel zur Stimulierung der Fahrradnutzung. Das System, das schon in verschiedenen Betrieben im
Einsatz ist, beinhaltet, dass Arbeitnehmer ein festes Budget für den Arbeitsweg erhalten. Davon
zahlen sie alle Kosten für den tatsächlichen Arbeitsweg, wie z.B. Autokosten, Parkgebühren, die
beim Abstellen des Autos am Unternehmen anfallen, und Kosten für Monats- oder Jahreskarten
für öffentliche Verkehrsmittel. Der Betrag, der übrig bleibt, gilt als Einkommen für den Arbeit-
46 47
nehmer. Da das Fahrrad das bei Weitem preisgünstigste Verkehrsmittel ist, kann ein Arbeitnehmer,
der mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, einen großen finanziellen Vorteil erzielen.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Beispiel J Radwandern in der Provinz 3.4 Radfahren und Freizeit
Zeeland
Zur Förderung des Radfahrens zu Freizeitzwecken ist es wichtig, dass die Provinz Zeeland über eine Hintergrund
gute und sichere Radverkehrsinfrastruktur, eine gute Beschilderung und angemessene unterstüt- Rund 70 % der Niederländer benutzen das Fahrrad hin und wieder auch für eine Radwanderung.
zende Einrichtungen, etwa Rastplätze, verfügt. Fahrradrouten stellen die Verbindung zwischen den Damit ist das Radfahren nach dem Wandern die beliebteste Freizeitaktivität. Das Fahrrad wird auch
angebotenen touristischen Einrichtungen und Unterkünften dar, sowohl für die eigenen Einwohner in großem Umfang für den Weg zu anderen Freizeitzielen genutzt: rund 232 Millionen Mal pro
als auch für Touristen. Um den Erholungsuchenden mehr Struktur und Komfort zu bieten, wurde Jahr. Radwanderfreunde haben in den Niederlanden die Wahl aus verschiedenen Arten von Routen
in der Beschilderung das System der Knoten- und Umsteigepunkte eingeführt. Das System der und Radwegenetzen:
Knotenpunkte hat seinen Ursprung in Flandern: An den wichtigsten Knotenpunkten (Kreuzungs- • Nationale Radwanderrouten: ein landesweites Netz durchgehender Fahrradwege, das große
punkten) werden Schilder mit Nummern aufgestellt. Durch Aneinanderreihung dieser Nummern Rundfahrten ermöglicht. Insgesamt gibt es 6.500 km solcher Radwege, von denen gut 4.500 km
lässt sich auf einfache Weise eine Route zusammenstellen. Die Förderung dieses Knotenpunktsy- in beiden Fahrtrichtungen ausgeschildert sind.
stems ist eine Aufgabe der Fremdenverkehrsvereine (VVV) und des Tourismusbüros (Bureau voor • Rundfahrten: Diese regionalen Rundwege gibt es in den unterschiedlichsten Arten und Dis-
Toerisme) Zeeland. tanzen, darunter auch lange Themenrouten. Nebenstehend sind acht lange, ausgeschilderte
Fahrradrundwege aufgeführt. Rundwege sind weniger flexibel, denn in den meisten Fällen muss
Umsteigepunkte sind Standorte, an denen die Touristen und Ausflügler auf ein anderes Verkehrs- die gesamte Strecke gefahren werden, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Die
mittel umsteigen können. So ist es möglich, auch aus gewisser Entfernung ein Erholungsgebiet zu Rundfahrten sind alle für ganztägige Radtouren ausgelegt. Die Zuständigkeit für diese Routen
erreichen, in dem man Rad fahren, wandern, skaten, reiten oder Kanu fahren will. Die erste Strecke liegt bei Kommunen, Regionen oder Provinzen (auch Privatinitiativen).
wird dann beispielsweise mit dem Auto zurückgelegt, das an einem Umsteigepunkt geparkt wird • Regionale (Knotenpunkt-)Netze: Über diese feinmaschigen regionalen Netze sind die unter-
(auch für einen längeren Zeitraum möglich). Dort steigt man auf ein anderes Verkehrsmittel um. schiedlichsten Rundfahrten durch die Region möglich. Das Netz umfasst inzwischen über 3.700
Solche Umsteigepunkte müssen also nicht nur gut aneinander anschließende Straßen und Wege km in beiden Fahrtrichtungen ausgeschilderte Radwege. Die Zuständigkeit für dieses Netz liegt
bieten, sondern auch Parkplätze und beispielsweise die Möglichkeit, Fahrräder zu mieten. An den bei Kommunen, Regionen oder Provinzen (auch Privatinitiativen).
48 49
meisten Umsteigepunkten kann man auch etwas essen und trinken. Außerdem ist es wichtig, den
Besuchern gerade an diesen Orten Informationen über die betreffende Region zu bieten. In der Maßnahmen
Tourismussaison 2006 wurden die ersten 6 Umsteigepunkte in Betrieb genommen. Manchmal ist es schwierig, eindeutig festzustellen, ob Einrichtungen vorwiegend für den Freizeit-
Radverkehr oder auch für andere Zwecke bestimmt sind. So wird ein Radwegenetz in ländlichem
Gebiet in jedem Fall auch für Freizeitzwecke Verwendung finden, und nicht nur dazu dienen, die
Radfahrer von A nach B zu bringen. Umgekehrt werden die für Freizeitzwecke bestimmten Fahr-
rad- und Fußgängerfähren in den Sommermonaten auch gern von Rad fahrenden Arbeitspendlern
benutzt. Mit anderen Worten: In vielen Fällen dienen radverkehrspolitische Maßnahmen sowohl
dem Nutz- als auch dem Freizeitverkehr.

In verschiedenen Untersuchungen wurde festgestellt, dass 40 % der Freizeitradler von den ausge-
wiesenen Fahrradrouten Gebrauch machen. Das Angebot an Routen ist enorm und sehr vielfältig,
sowohl was die Distanzen betrifft als auch hinsichtlich der Beschilderung. Von denjenigen, die
die Fahrradrouten benutzen, entscheiden sich 60 % für ausgeschilderte Routen. Darum werden
auch verstärkt Netzwerke von Fahrradrouten eingerichtet, sowohl in den Niederlanden als auch in
Belgien.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


1.1 Fietsgebruik in Nederland 3.5 Das Fahrrad in der Transport-
kette – Kombination mit dem
Vervoerwijzen en afstanden öffentlichen Nahverkehr
Alhoewel Nederlanders steeds grotere afstanden gaan afleggen, blijkt de fiets nog steeds populair
te zijn. Voor ruim een kwart van alle verplaatsingen wordt de fiets gebruikt. Op afstanden tot 7,5
km is de fiets zelfs het meest populaire vervoermiddel. In 2005 werd 35% van de verplaatsingen
tot 7,5 km per fiets afgelegd. Hintergrund
Tabel 1: Verplaatsingen naar hoofdvervoerwijze en afstandsklasse in 2005 Das Fahrrad eignet sich auch ausgezeichnet als Verkehrsmittel für den ersten oder letzten Teil einer
(Bron: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2005, AVV) längeren Reise – in Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr. Diese Kombination bietet große
Vorteile: Mit dem Fahrrad gelangt der Reisende ohne Wartezeit von zu Hause rasch zur Haltestelle
oder zum Bahnhof (was mit öffentlichen Verkehrsmitteln in vielen Fällen nicht möglich ist), und
öffentliche Verkehrsmittel bringen ihn dann schnell und komfortabel über eine größere Entfer-
nung in die Nähe des Reiseziels (was wiederum mit dem Fahrrad problematisch wäre). So gleichen
die beiden Verkehrsträger ihre jeweiligen Schwachstellen aus und bilden gemeinsam eine starke
Transportkette.

Von allen Bahnreisenden fahren nicht weniger 33 % mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Die übrigen
gehen zu Fuß (ebenfalls ein Drittel) oder benutzen ein anderes öffentliches Verkehrsmittel oder das
Auto. Die Ursache für den hohen Fahrradanteil liegt vor allem darin, dass 45 % aller Niederländer
nicht weiter als 3 km von einem Bahnhof entfernt wohnen – eine ideale Entfernung für das Fahr-

Das „ÖV-Fahrrad“
rad.
50
Beispiel K 51

Bis heute wird allerdings die Zahl der an den Bahnhöfen zu erwartenden Fahrräder immer noch oft
Im Ausland werden in immer mehr Städten (Berlin, Paris, Wien, Barcelona, Rom usw.) mit großem unterschätzt. Zu Spitzenzeiten stehen am Amsterdamer Hauptbahnhof über 20.000 Fahrräder; in
Erfolg Fahrradleihsysteme eingesetzt. Aufgrund der großen Anzahl Fahrradbesitzer in den Nieder- Leiden sind es nicht viel weniger. Am Hauptbahnhof von Utrecht ist die landesweit größte Fahr-
landen gibt es in niederländischen Städten noch keine Fahrradleihsysteme. Aber natürlich besteht radabstellanlage geplant: 17.500 bewachte und unbewachte Stellplätze.
auch in den Niederlanden Bedarf an einem schnell verfügbaren Fahrrad für den Nahverkehr in
eine andere Stadt. Zu diesem Zweck dient das ÖV-Fahrrad: Der Fahrgast braucht nur einen Pass Da das Fahrrad immer häufiger für die Fahrt zum Bahnhof genutzt wird und Menschen auch ver-
oder seine elektronische Fahrkarte zu scannen, um ein Fahrrad mitnehmen zu können. Bei seiner stärkt mit dem Zug fahren, ist ein großer Mangel an Stellplätzen entstanden. In den Prognosen für
Rückkehr wird der Fahrradschlüssel gescannt. Der Mietpreis von 2,85 Euro für zwanzig Stunden das Jahr 2010 wird auch von einem Anstieg der Zugnutzung um 5 % pro Jahr ausgegangen.
wird automatisch abgebucht. Die Abonnementkosten betragen 9,50 Euro pro Jahr. Die Kunden Das bedeutet, dass ein zusätzlicher Impuls für den Ausbau der Stellplätze erforderlich ist. Ziel ist es,
sind zufrieden, insbesondere wegen des Komforts, der Schnelligkeit und der niedrigen Kosten. dass das Angebot die Nachfrage erfüllen muss. Im Aktionsprogramm „groei op het spoor“ (Wach-
Das ÖV-Fahrrad wurde im Jahr 2003 ins Leben gerufen und führt inzwischen (2008) 470.000 stum im Schienenverkehr) sind zusätzlich € 20 Millionen für Fahrradstände vorgesehen. Daneben
Vermietungen pro Jahr an 165 Verleihstellen durch. Das ÖV-Fahrrad (das sich inzwischen im Besitz wird auch geprüft, wie Kommunen zur Lösung des Problems herrenloser Fahrräder stimuliert
der Niederländischen Eisenbahn befindet) wird vor allem für geschäftliche Zwecke (49 Prozent) ge- werden können. Es wird an einem Folgeprojekt von „Ruimte voor de Fiets“ (Raum für das Fahrrad)
nutzt. Dank des ÖV-Fahrrads reisen 35 Prozent der Passbesitzer häufiger mit dem Zug und lassen gearbeitet.
12 Prozent das Auto manchmal oder regelmäßig stehen. Ziel ist es, die Grenze von einer Millionen
Fahrten im Jahr 2011 zu überschreiten. Daneben hat die ÖV-Fahrrad den Ehrgeiz, das bekannteste Als Verkehrsmittel auf dem letzten Abschnitt der Reise, also vom Bahnhof zum Reiseziel (Arbeits-
Stadtleihfahrrad zu werden, und man wird das ÖV-Fahrrad in zunehmenden Maße auch außer- platz, Schule usw.), spielt das Fahrrad eine weitaus geringere Rolle. Das ist eine Folge der Tatsache,
halb von Bahnhöfen, wie z.B. in großen Busbahnhöfen sowie auch in der Nähe von Stadtzentren, dass die meisten Bahnreisenden am Zielbahnhof nicht schnell und preiswert über ein Fahrrad verfü-
Industriegeländen und Landungsbrücken von Fähren mieten können. gen können. Nur wer sehr regelmäßig mit der Bahn fährt, ist bereit oder in der Lage, am Zielbahn-
hof ein eigenes Fahrrad abzustellen. Hinzu kommt, dass längst nicht alle Bahnhöfe über bewachte
Stellplätze oder genügend abschließbare Fahrradboxen verfügen. Ein kleiner Teil der Bahnreisenden
nimmt ein Klappfahrrad mit in den Zug.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Maßnahmen
Die Stärke der Kombination von Fahrrad und Eisenbahn hängt in hohem Maße von den Fahrradab-
stellmöglichkeiten am Bahnhof ab. Die Radfahrer haben die Wahl aus kostenlosen unbewachten
und gebührenpflichtigen bewachten Stellplätzen. Je besser die Fahrradabstellanlagen den Wün-
schen der Reisenden entsprechen, umso häufiger werden sie das Auto stehen lassen und sich für
die Transportkette Fahrrad-Eisenbahn entscheiden. Bis 2010 wird ProRail, das Unternehmen, das
im Auftrag des niederländischen Staates die Schieneninfrastruktur verwaltet, die Fahrradabstellan-
lagen an allen Bahnhöfen erheblich erweitern und verbessern. Letztlich soll die Kapazität an guten
bewachten und unbewachten Stellplätzen an allen Bahnhöfen der Nachfrage entsprechen.

Ein spezielles Problem an Bahnhöfen stellen die Fahrradwracks und die sehr langfristig abgestellten
Fahrräder dar. Fast 15 % der Fahrräder auf den unbewachten Stellplätzen der Hauptbahnhöfe wer-
den länger als vier Wochen nicht bewegt. Wenn es gelingt, diesen Anteil zu senken, können neue
Fahrradabstellanlagen kleiner und damit kostengünstiger realisiert werden. Selbstverständlich muss
die Beseitigung langfristig ungenutzter Fahrräder mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgen.

52 53

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Beispiel L „De Bak“ in Leiden und das
Fahrradparkhaus in Amsterdam
Am Hauptbahnhof Leiden liegt, halb versteckt unter dem vollständig renovierten Bahnhofsvor-
platz, eine einzigartige, unbewachte und überdachte Fahrradabstellanlage. Durch die schlanke
Stahlkonstruktion mit gläsernen Bodenfliesen scheint der darüber liegende Taxistandplatz in der
Luft zu schweben. Die Anlage wurde 2002 offiziell eröffnet und bietet in zwei übereinander
angeordneten Ständerreihen Platz für 2050 Fahrräder. Die Fahrräder stehen in einem Abstand von
40 cm (nicht die noch häufig üblichen 30 cm), wodurch sich Lenker und Handbremsen weniger
schnell miteinander verhaken.

Wegen umfangreicher Bauarbeiten wurde die Stellplatzkapazität am Hauptbahnhof Amsterdam


stark reduziert. Als vorübergehende Maßnahme wurde 2003 ein Fahrradparkhaus gebaut: Das 200
m lange und 14 m breite dreistöckige Gebäude bietet 2.500 Fahrrädern Platz. Die überdachten
Stellplätze sind gebührenfrei und werden rund um die Uhr bewacht. Trotz des Fahrradparkhau-
ses reicht aber die Kapazität aller bewachten und unbewachten Abstellplätze nicht aus. Darum
entschied man sich für eine erfinderische Maßnahme: Auf dem Kanal hinter dem Bahnhof sollen im
Bauzeitraum bis 2012 auf einer ausgedienten Fähre und einer Plattform 1.500 weitere Fahrradab-
stellplätze realisiert werden.

54 55

Beispiel M Park and Bike Amsterdam


Amsterdam (rund 742.000 Einwohner) wird von zahllosen Gästen besucht, die mit dem Auto in
die Stadt fahren wollen. Es ist aber äußerst schwierig, in der Innenstadt einen Parkplatz zu finden.
Darum begann die Stadt, nach Alternativen wie Park-and-Ride-Anlagen zu suchen. Viele Standorte
und Einrichtungen sind aber mit dem öffentlichen Verkehr nicht gut erreichbar. Das Fahrrad ist
in diesen Fällen eine gute Alternative im Anschluss an die Autofahrt: Park and Bike. Der Besu-
cher parkt sein Auto in einem Parkhaus und mietet ein Fahrrad. An Kosten fallen ausschließlich
Parkgebühren an. In Amsterdam wurden an zwei Standorten Park-and-Bike-Anlagen realisiert: am
Olympiastadion (50 Mietfahrräder) und am Bahnhof Sloterdijk (30 Fahrräder). Im Zeitraum von
April bis September wird dieses Angebot zu 60 % von Gelegenheitsbesuchern genutzt. Die Stadt
betrachtet die Park-and-Bike-Anlagen als Promotion für die Stadt, denn schließlich geht es um ein
Serviceangebot für Touristen und Gelegenheitsbesucher. Darum werden die Kosten auch von der
Stadt getragen.

Einrichtungen für alle Zielgruppen


Maßnahmen in
der Praxis
In Kapitel 3 wurde dargelegt, welche Einrichtungen man für die verschie-
denen Zielgruppen realisieren will. Dieses letzte Kapitel befasst sich nun
mit den konkreten Maßnahmen in der Praxis. Es kommen nacheinander
die Themen Raumordnung, Verkehrsinfrastruktur, Fahrradabstellplätze,
Bekämpfung des Fahrraddiebstahls und schließlich Verkehrserziehung,
Aufklärung und Kontrollmaßnahmen zur Sprache.

56 57
4.1 Raumordnungspolitik:
nahegelegene Ziele

Die niederländische Regierung spielt in der Raumordnung seit je eine stark lenkende Rolle. Ein
wichtiger Grund dafür ist die Raumknappheit in dem so dicht besiedelten Land. „Nähe“ und
„Kompaktheit“ der Städte sind zwei Leitprinzipien der Stadterweiterungspolitik. Das kam der Fahr-
radnutzung zugute. Es liegt auch auf der Hand: Je näher bei ihren Zielen die Menschen wohnen
(Arbeitsplatz, Geschäfte, Schulen usw.), desto mehr kurze Wege werden sie zurücklegen. Und je
mehr kürzere Wege, umso leichter die Entscheidung für das Fahrrad. Das lässt sich auch durch
Zahlen belegen. Personen, die bis zu 3 km von Stadt- oder Stadtteilzentren entfernt wohnen, legen
bei 27 % aller Wege nur kurze Entfernungen zurück. Wer in größerer Entfernung oder in einem
kleinen Ort wohnt, bewegt sich nur in 22 % der Fälle über eine kurze Distanz.

Die Standortwahl für neue Wohnviertel hat also auch Folgen für die Auswahl an Verkehrsmitteln,
die den künftigen Bewohnern zur Verfügung steht. Es ist wichtig, dass neue Arbeits- und vor allem
Wohnstandorte nicht an den Rändern expandierender Stadtregionen angelegt werden, sondern
innerhalb der leicht täglich mit dem Fahrrad zu bewältigenden Entfernung von 3 km um die Stadt-
oder Stadtteilzentren großer und mittelgroßer Städte. Wenn dort kein Raum zur Verfügung steht,

Houten: Raumstruktur auf


ist der Bau einer neuen Stadt oder eines neuen Stadtzentrums der Anlage eines neuen Erweite-
Beispiel N rungsstandorts am Stadtrand vorzuziehen.
58 59

langsamen Verkehr ausgerichtet


Die Raumstruktur von Houten ist noch immer ein besonderes Beispiel. Houten ist eine junge 4.2 Verkehrsinfrastruktur für
Radfahrer
Stadt in der Nähe von Utrecht und zählt inzwischen 43.000 Einwohner. Der Stadtkern besteht aus
dem Bahnhof und einem Einkaufsgebiet. In deren Umkreis sind die wichtigsten nicht alltäglichen
Einrichtungen und mehrere Bürostandorte angeordnet. Die Wohngebiete sind mit abnehmender
Bebauungsdichte um das Zentrum herum situiert. Vom Stadtkern aus führt ein sternförmiges Rad-
und Fußwegenetz direkt in die Wohnviertel. Dennoch sind auch alle Bestimmungen mit dem Auto
erreichbar. Allerdings kann der Autoverkehr nur über die Ringstraße von dem einen in das andere In der niederländischen Radverkehrspolitik liegt der Schwerpunkt seit je stark auf der Verbes-
Wohnviertel oder in die Innenstadt gelangen. Laufen oder Radfahren ist darum in vielen Fällen serung der Radverkehrsinfrastruktur. Häufig wird „Radverkehrspolitik“ darum auch mit dem Bau
attraktiver und schneller als Autofahren. Infolgedessen werden in Houten relativ gesehen mehr von Fahrradwegen gleichgesetzt. Eine fahrradfreundliche Infrastruktur beinhaltet aber mehr als
Wege zu Fuß und vor allem mit dem Fahrrad zurückgelegt als in vergleichbaren Orten. nur Radwege. Sie umfasst auch den fahrradgerechten Entwurf von Kreuzungen, Verkehrskreiseln,
Ampelanlagen und ähnlichen Einrichtungen.

Die meisten Verkehrsexperten in den Niederlanden stützen sich beim Entwurf der Straßeninfra-
struktur auf die Empfehlungen der Wissensplattform CROW (siehe Abschnitt 2.3). 1993 legte das
CROW die erste Fassung eines Entwurfsleitfadens für Radverkehrseinrichtungen vor, der auch in
die englische Sprache übersetzt wurde: „Sign up for the bike: Design manual for a cycle-friendly
infrastructure“. Darin sind alle Schritte des Prozesses beschrieben, vom Plan zur Förderung des
Radverkehrs bis hin zur praktischen Durchführung der Maßnahmen. Dieses Handbuch wurde 2006
vollständig überarbeitet; voraussichtlich wird auch diese zweite Auflage ins Englische übersetzt.
Kern des Entwurfsleitfadens sind die folgenden fünf Hauptanforderungen an eine fahrradfreundli-
che Infrastruktur.

Maßnahmen in der Praxis


Beispiel O Zwolle: Selbstständiges Die fünf Hauptanforderungen an eine fahrradfreundliche Infrastruktur

Radwegenetz
Das Ziel der stark verkehrs- und infrastrukturtechnisch orientierten Herangehensweise in der Rad-
verkehrspolitik ist keineswegs nur die Erhöhung der Verkehrssicherheit. In den Entwurfsrichtlinien
ist die Sicherheit ausdrücklich „nur“ eine der fünf Hauptanforderungen. Die anderen vier sind:
Zwolle (100.000 Einwohner) gehört, was die Fahrradnutzung und das Verkehrsklima für Radfahrer • Direktheit: direkte und schnelle Verbindungen zwischen Abfahrts- und Bestimmungsort
betrifft, zu den Spitzenreitern unter den niederländischen Städten. Willem Bosch, schon seit fast • Komfort: gute Straßendecke, großzügige Abmessungen und wenig Behinderungen durch andere
fünfzehn Jahren das Gesicht der Radverkehrspolitik in Zwolle, hat dafür eine einfache Erklärung: Verkehrsteilnehmer
Der Erfolg von Zwolle beruht vor allem auf einer strukturellen und fortwährenden Verbesserung • Attraktivität: eine schöne und sozial sichere Umgebung ohne Geruchs- und Lärmbelästigung
der Einrichtungen für Radfahrer. Man hat, ganz einfach gesagt, das Radfahren attraktiver gemacht. • Zusammenhang: ein Netz logischer, zusammenhängender Strecken
„Jahrzehntelang haben wir darauf hingearbeitet, dem Fahrrad als Verkehrsträger gebührenden Diese Hauptanforderungen gelten für das gesamte Radwegenetz, aber auch für die Einrichtungen
Raum zu geben. Das war ein langer Prozess, nicht etwa nur eine Strategie der letzten Jahre.“ auf Straßenabschnitten und an Kreuzungen.
Dank der kontinuierlichen Bemühungen seit den 70er-Jahren war die Stadtverwaltung in der Lage,
in der Region ein optimales Hauptradwegenetz zu realisieren, in den meisten Fällen getrennt von Das Radwegenetz
den Straßen mit dem stärksten Autoverkehr. Immer wurde bewusst versucht, den Auto- und den Die Basis der Radverkehrspolitik ist in den meisten Kommunen ein Netz von Hauptradwegen. Beim
Radverkehr zu entkoppeln. Das Konzept der baulich getrennten Radwege an den Verkehrsadern Entwurf eines solchen Netzes wird eine Analyse der Herkunftsgebiete und der wichtigsten Ziele
des Autoverkehrs spielte in Zwolle daher nur eine untergeordnete Rolle. Ein großer Vorteil der der Radfahrer (Büros, Schulen, Bahnhof usw.) herangezogen. In manchen Fällen kommt hierbei ein
getrennten Strukturen für Radfahrer besteht darin, dass an den Hauptverkehrswegen weniger Verkehrsmodell zum Einsatz; meistens jedoch reicht eine manuelle Analyse in Kombination mit den
Ampelkreuzungen erforderlich sind – eigentlich nur dort, wo die Radwege die am stärksten vor Ort gewonnenen Erkenntnissen aus. Die Hauptradwege müssen höheren Qualitätsanforderun-
befahrenen Autostraßen kreuzen. Aus diesem Grund arbeitete die Stadt jahrelang daran, die gen genügen; sie müssen beispielsweise immer asphaltiert oder immer als Vorfahrtswege ausge-
höhengleichen Kreuzungen durch Über- oder Unterführungen zu ersetzen. wiesen sein. Auch Probleme werden auf den Hauptradwegen in der Regel vorrangig beseitigt.
Das Ergebnis ist ein nahezu hindernisfreies Hauptradwegenetz. Nicht einmal die Autobahn A28,
die die Stadt durchschneidet, stellt für den Radverkehr ein Hindernis dar. Rutger Ekhart, verkehrs- Das Radwegenetz kann nicht unabhängig vom Straßennetz für den Autoverkehr und – in gerin-
und transportpolitischer Berater der Stadt, erklärt: „Die Radfahrer merken gar nicht, dass sie die gerem Maße – vom Busverkehrsnetz betrachtet werden. Wenn Hauptradwege mit den Ver-
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A28 überqueren. Die Autobahn wurde raumordnerisch so gut eingegliedert, dass sie die Radfahrer kehrsadern für den Autoverkehr zusammenfallen, hat dies für die Radfahrer oft negative Folgen.
in keiner Weise behindert.“ Und ebenso wenig stellen die Straßen, die gemeinsam den Zwoller Die größere Zahl der Konflikte beeinträchtigt die Verkehrssicherheit und führt zu Behinderungen
Ring bilden, und die Bahnlinie, die die Stadt im rechten Winkel zur Autobahn durchschneidet, im und Zeitverlust. In verschiedenen niederländischen Städten hat man – oft mit Erfolg – versucht,
täglichen Verkehr eine nennenswerte Barriere dar. den Rad- und den Kraftfahrzeugverkehr zu entkoppeln. So wurde beispielsweise der Autoverkehr
auf einem historischen sternförmigen Straßennetz Richtung Innenstadt zugunsten des Fahrradver-
kehrs eingedämmt, oder ein Bahnübergang für Kraftfahrzeuge und Fahrräder wurde durch eine
Fahrradunterführung ersetzt.

Maßnahmen in der Praxis


Example P Veenendaal: In einigen neuen Städten aus den 70er-, 80er- und 90er-Jahren, beispielsweise Lelystad, Almere

systematisch 300 m
und Houten, war ein vollständig getrenntes Verkehrssystem sogar Ausgangspunkt bei der Gestal-
tung der städtebaulichen Struktur. Die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit sind unübertrof-

Maschenweite
fen – diese Städte sind die verkehrssichersten der Niederlande. In der Praxis traten allerdings auch
einige Nachteile der strengen Trennung der Verkehrssysteme zutage: Probleme mit der Orientie-
rung und eine größere Anfälligkeit für gesellschaftliche Unsicherheit.

Veenendaal (60.000 Einwohner) ist eine der vielen „neuen Städte“ der Niederlande und weist Erst jüngeren Datums ist die Kategorisierung von Straßen nach den von der Initiative „Nach-
damit auch all deren typische Merkmale auf: einheitliche Wohnviertel, große Gewerbegebiete und haltige Sicherheit“ ausgearbeiteten Prinzipien. Alle niederländischen Kommunen haben um die
austauschbare Abschnitte entlang der Autobahn. Allerdings weist Veenendaal doch ein Merkmal Jahrhundertwende ihr Straßennetz in Kategorien eingeteilt. Nach den Prinzipien der „nachhalti-
auf, das all den anderen Städten fehlt: eine hohe Fahrradnutzung auf dem Niveau der Top Ten der gen Sicherheit“ soll eine begrenzte Zahl von Straßen innerhalb der geschlossenen Ortschaft den
niederländischen Städte. Status der „Verkehrsader“ erhalten. Hier gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Auf diesen
Verkehrsadern müssen im Prinzip immer baulich getrennte Radwege vorhanden sein. Die übrigen
Für Leo Smolders, bis vor kurzem Verkehrsreferent der Stadt Veenendaal, ist die Raumstruktur Straßen gelten als „Aufenthaltszonen“; hier beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 30 km/h.
Veenendaals ein entscheidender Faktor. Die bebaute Fläche ist ein 4,5 x 4,5 km großes Quadrat, in Getrennte Radwege sind hier nicht erforderlich, aber die Kommunen können auf Hauptradwegen
dessen Mitte sich das Stadtzentrum befindet. Ein ideales Konzept für Radfahrer! Diese Struktur ist durch eine Aufenthaltszone durchaus zusätzliche Maßnahmen zugunsten des Radverkehrs ergrei-
eine Folge von Gegebenheiten wie dem begrenzten Umfang des Stadtgebiets, zweifellos aber auch fen. Leider blieben bei diesem System sehr viele Straßen außer Betracht – nämlich die, auf denen
der bewussten Raumordnungspolitik der letzten Jahrzehnte. der Verkehr für eine Aufenthaltszone zu stark war, auf denen aber dennoch viele Straßenüberque-
rungen stattfanden und die keinen Raum für baulich getrennte Radwege boten. Nach einer Lösung
Ein charakteristisches Merkmal der Radverkehrsinfrastruktur in Veenendaal ist die geringe, konse- für diese so genannten „grauen Straßen“ wird noch gesucht.
quent eingehaltene Maschenweite des Radwegenetzes. Das Radwegenetz von Delft, das mit erhe-
blicher finanzieller Unterstützung des Staates realisiert wurde, ist bis weit über die niederländischen
Grenzen hinweg bekannt. In diesem Modellprojekt der frühen 80er-Jahre wurde systematisch von
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festen Entfernungen Gebrauch gemacht: 500 m für Hauptradwege, 200 bis 300 m für das Stadt-
teilnetz und 100 m für das Nachbarschaftsnetz. Nur wenige Städte haben dieses System in den
letzten Jahrzehnten konsequent bis ins Detail angewendet. In Veenendaal war das zwar der Fall, al-
lerdings mit einer ganz eigenen Philosophie: Es wurde nicht oder kaum zwischen Netzwerkebenen
unterschieden – das Hauptradwegenetz fällt also mit dem Stadtteilnetz zusammen –, und es wurde
streng eine einheitliche Maschenweite von 300 m eingehalten. Smolders: „Auf diese Weise waren
wir in der Lage, ein feinmaschiges Netz zu realisieren, das so gut wie immer eine ideale Verbindung
zwischen zwei Punkten ermöglicht. Es gibt also kaum Umwege, und vor allem: Wer mit dem Rad
in die Innenstadt fahren will, hat meistens die Wahl aus zwei oder drei Verbindungen mit jeweils
eigener Charakteristik. So findet jeder eine Strecke nach seinem Geschmack. Dass das funktioniert,
beweist die Praxis: Die als weniger sicher empfundenen Strecken durch abgelegene Parks werden
abends seltener benutzt als die nahe gelegenen Alternativen. Unsere Einwohner finden also immer
ein passendes Angebot.“
Die Gestaltung der Radverkehrseinrichtungen ist mindestens ebenso wichtig: Komfort und Ge-
schwindigkeit auf allen Strecken. Bei einigen Verbindungen in Veenendaal führte das zu einer ganz
eindeutigen Entscheidung für den Radverkehr: mit Radwegen, meist in beiden Richtungen, entlang
einer Wohnstraße, auf der nur noch sehr begrenzter Autoverkehr möglich ist. Hinter diesem Kon-
zept steckt der Gedanke, dass eine qualitativ hochwertige, ununterbrochene Strecke für Radfahrer
die Vorteile einer räumlich und kostentechnisch günstigeren Radverkehrsstrecke, die teilweise
über verkehrsberuhigte Straßen verläuft, übertrifft. Und diese Strecken sind tatsächlich perfekt für
Radfahrer! Im Ergebnis sind die meisten Fahrradrouten in Veenendaal eine Kombination gesonder-
ter Radwege, vor allem in den neuesten Stadterweiterungsgebieten, mit Radwegen, die parallel zur
Straße verlaufen, vor allem in den älteren, um den Stadtkern herum angeordneten Wohngebieten.
In diesen 30-km/h-Zonen haben die Radfahrer auf der gesamten Strecke Vorfahrt.

Maßnahmen in der Praxis


Innovative Fahrradbrücken
Die Nesciobrug, die nach dem niederländischen Schriftsteller Nescio benannt wurde, ist eine gebo-
64
Beispiel Q gene Hängeschrägseilbrücke und die längste Fahrrad- und Fußgängerbrücke der Niederlande. Die
65

Gesamtlänge der Brücke beträgt 780 Meter.


Eine schnelle Fahrradverbindung zwischen den Vororten und dem Stadtzentrum ist in den Nieder-
landen für viele Bewohner der neuen Wohnviertel sehr wichtig. Wenn Vororte und Stadtzentrum
durch einen breiten Kanal oder einen Fluss getrennt werden, ist eine gute Fahrradbrücke erfor- Der Amsterdam-Rijnkanaal, der Amsterdam mit dem wichtigsten Fluss der Niederlande verbindet,
derlich, da die häufig vorhandene Autobrücke einen langen Umweg erforderlich macht oder für bildet ein Hindernis zwischen dem neuen Amsterdamer Wohnviertel IJburg und dem Stadtzentrum
Fahrräder überhaupt nicht zugänglich ist. Amsterdams. Zwar liegt die Brücke in der Nähe der Zeeburgerbrug an der Autobahn A10, aber
Aufgrund ihrer wichtigen Funktion erhalten solche Fahrradbrücken schnell Kosenamen. Zwei diese Brücke ist Radfahrern nicht zugänglich. Die Nesciobrug, eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke,
Beispiele hierfür sind der „Snelbinder“ (was im Niederländischen sowohl „Gepäckspanngurt“ als ermöglicht eine schnellere Fahrradverbindung zwischen IJburg und Diemen, dem Amsterdamer
auch „schnelle Verbindung“ bedeutet) in Nijmegen und die Nesciobrug (Kosename „de Paling- Viertel Watergraafsmeer und u.a. der „Zuidas“.
brug“ [„die Aal-Brücke“]) in Amsterdam.
Die Brücke wurde am 7. Juni 2006 für Radfahrer geöffnet.
„Snelbinder“ heißt die Fahrradbrücke, die in Nijmegen an die bestehende Eisenbahnbrücke über Im Volksmund wird die Brücke aufgrund ihrer Form „Palingbrug“ („Aal-Brücke“) genannt.
die Waal angebaut wurde. Sie ermöglicht eine schnelle Fahrradverbindung zwischen den neuen Dem Entwurf der Brücke wurde wegen seiner „Eleganz“ der Nationale Staalprijs (niederländische
Wohnvierteln, die von Nijmegen aus betrachtet, auf der anderen Seite des Flusses Waal im Viertel Stahlbaupreis) verliehen.
Waalsprong („Sprung über den Waal“) gelegen sind, und der Stadt Nijmegen. Für die Bewohner
der neuen Wohnviertel verkürzt sich damit der Weg zum Bahnhof um gut 10 Minuten, da der Um-
weg über die Waalbrug entfällt. Die Fahrradbrücke ermöglicht es auch, diese Entfernung anstelle
mit dem Auto ohne wesentlich größeren Zeitaufwand mit dem Fahrrad zurückzulegen.
Der „Snelbinder“ wurde nicht direkt an die Eisenbahnbrücke montiert, sondern zunächst auf einer
Plattform am Nordufer der Waal, dem Lenter Ufer, zusammengebaut.

Im März 2004 wurde der „Snelbinder“ mithilfe von vier Schwimmkranen seitlich an die Eisenbahn-
brücke angehängt und dort befestigt. Eine Woche später wurde die Brücke für den Fahrradverkehr
geöffnet.

Maßnahmen in der Praxis


Einrichtungen auf Straßenabschnitten
Obwohl die niederländischen Städte mehr als 7.000 km Radwege bieten, wird doch fast die
Hälfte aller Fahrradkilometer auf Straßen mit gemischtem Profil für den Auto- und Radverkehr
zurückgelegt. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange das Volumen und die Geschwindigkeit
des Autoverkehrs begrenzt bleiben. (Mehr noch: Oft ziehen Radfahrer eine ruhige Wohnstraße
sogar einem baulich getrennten Radweg entlang einer stark befahrenen Straße vor.) Bei ge-
mischtem Profil kommen als Radverkehrsmaßnahmen daher auch Geschwindigkeitsbegrenzer
und Zirkulationsmaßnahmen zum Einsatz. Leider sind Geschwindigkeitsbegrenzer wie Aufpflas-
terungen, Plateaus und Querschnittsverengungen oft auch für die Radfahrer selbst hinderlich. Im
niederländischen Straßenbild erschienen im Laufe der Zeit zahlreiche ausgeklügelte Lösungen, um
solche Behinderungen für Radfahrer zu vermeiden, beispielsweise Querschnittsverengungen mit
gesonderten Durchgängen für den Radverkehr. Oft ist aber die Lösung schlimmer als das Problem.
Als robusteste Lösung hat sich die halbsinusförmige 30-km-Aufpflasterung erwiesen. Diese nur
schwach erhöhte Bodenschwelle ist für Radfahrer nicht störend, wirkt aber sehr effektiv auf zu
schnellen Autoverkehr, da die Schwelle mit der Federung des Wagens interferiert. Zirkulationsmaß-
nahmen, die oft eingesetzt werden, sind Einbahnstraßen (außer für den Radverkehr) und die Sper-
rung von Fahrbahnen durch absenkbare Poller. Ein relativ neues Phänomen für gemischte Profile ist
die Fahrradstraße. Bei der Gestaltung solcher Straßen wird vorrangig die wichtige Funktion für den
Radverkehr betont (siehe Textkasten Stadt Oss).

Etwa 40 Prozent der in städtischen Gebieten zurückgelegten Fahrradkilometer verläuft über


Radwege. Dabei handelt es sich hauptsächlich um baulich getrennte Radwege entlang stärker
befahrener Verkehrsadern. In Neubauvierteln werden häufig solitäre Radwege angelegt, die ganz

Zwolle: Stadt der Fahrradspuren


unabhängig von Straßen zwischen Häusern und Grünflächen hindurch verlaufen.
66
Beispiel R In vielen Ländern wird darüber diskutiert, welchen Nutzen Radwege haben, da sie an Kreuzungen
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auch Risiken mit sich bringen können. In den Niederlanden spielt diese Frage so gut wie keine
Zwolle ist nicht nur die Stadt der Fahrradunterführungen, sondern auch der Fahrradspuren. Auch Rolle. Radwege werden allgemein als sichere Verkehrseinrichtungen betrachtet. Die Risiken an
dies ist die Folge der politischen Entscheidung, die Hauptradwege vom Autoverkehr zu trennen. Kreuzungen werden vor allem durch den Mofa-/Moped-Verkehr verursacht. Nach erfolgreichen
Während die Fahrradspur andernorts in den Niederlanden oft als vorübergehende Lösung An- Versuchen in mehreren Kommunen beschloss man 1999, den Mofa-/Moped-Verkehr auf den
wendung finden, weil für baulich getrennte Radwege der Platz fehlt, ist dieses Konzept in Zwolle meisten Radwegen innerhalb der geschlossenen Ortschaft zu verbieten. Mofa-/Mopedfahrer müs-
in den meisten Fällen eine bewusste Entscheidung. Das zeigt sich an der Gestaltung der Fahr- sen seither von der parallel verlaufenden Fahrbahn Gebrauch machen. Die Kommunen können von
radspuren: hier findet man nicht die üblichen schmalen, in verkehrssicherheitstechnischer Hinsicht dieser Regel abweichen, indem sie an Radwegen ein Schild aufstellen, das auch den Mofa-/Mo-
bedenklichen Streifen, die das Nebeneinanderfahren unmöglich machen, sondern breite, komforta- ped-Verkehr gestattet. Von dieser Möglichkeit wird vor allem bei den bereits genannten solitären
ble Fahrspuren. Zwolle strebt nach der beachtlichen Breite von 2 m; die meisten Fahrradspuren sind Radwegen in Neubauvierteln Gebrauch gemacht, da hier keine gleichwertige Alternative für den
bereits 1,75 m breit (außer auf bestimmten Strecken wie den Boulevards um die Innenstadt, wo die Mofa-/Moped-Verkehr vorhanden ist, denn schließlich gibt es entlang dieser Radwege keine Fahr-
Breite 1,50 beträgt). Sie finden sich auch auf Straßen mit relativ geringem Autoverkehr. bahn. Um die Behinderungen durch den Mofa-/Moped-Verkehr nach Möglichkeit zu begrenzen,
Bei ihrer Entscheidung für die Fahrradspuren maß die Stadt Zwolle auch dem Komfort der Rad- werden an strategischen Stellen Bodenschwellen für Mofas/Mopeds angelegt. Ein spezielles Profil
fahrer wesentliche Bedeutung bei. Ein weiterer Faktor war die Tatsache, dass sich Fahrradspuren (konkav-konvex-konkav) verhindert, dass mopedfahrende Jugendliche die Schwellen als Sprung-
weitaus einfacher in die regulären Instandhaltungsmaßnahmen einbeziehen lassen als baulich schanzen missbrauchen können.
getrennte Radwege, da sie integrierter Bestandteil der Straßendecke sind.
Und schließlich gibt es auch noch das Fahrbahnprofil mit Fahrradspuren. Durch Markierungen und
Fahrradsymbole wird ein Teil der Fahrbahn für den Radverkehr reserviert. Diese Fahrradspur sollte
vorzugsweise rot eingefärbt werden. Die Fahrradspur hat gesetzlichen Status. Autofahrer dürfen
darauf weder halten noch parken. Fahrradspuren werden oft auf Verkehrsadern ausgewiesen, an
denen der Raum für baulich getrennte Radwege fehlt.

Maßnahmen in der Praxis


1.1 Fietsgebruik in Nederland
Einrichtungen an Kreuzungen
Die Intensität des Autoverkehrs ist auch in den Niederlanden in der Regel ausschlaggebend für die
Wahl des Kreuzungstyps – Ampelanlage, Verkehrskreisel oder Vorfahrtskreuzung? In manchen Fälle
sind auch die Sicherheit oder der Verkehrsfluss des Radverkehrs maßgebend.

Vervoerwijzen en afstanden Verkehrsampeln haben in den Niederlanden meistens gesonderte Lichter für den Radverkehr. Es
Alhoewel Nederlanders steeds grotere afstanden gaan afleggen, blijkt de fiets nog steeds populair wurden zahlreiche Einrichtungen entwickelt, die die Sicherheit und den Verkehrsfluss des Radverkehrs
te zijn. Voor ruim een kwart van alle verplaatsingen wordt de fiets gebruikt. Op afstanden tot 7,5 verbessern sollen. Einige Beispiele hierfür sind:
km is de fiets zelfs het meest populaire vervoermiddel. In 2005 werd 35% van de verplaatsingen • Kontaktschleifen, die den Radfahrer schon aus einiger Entfernung bei der Lichtzeichenanlage
tot 7,5 km per fiets afgelegd. anmelden.
Tabel 1: Verplaatsingen naar hoofdvervoerwijze en afstandsklasse in 2005 • Zwei Grünphasen je Zyklus für den Radverkehr.
(Bron: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2005, AVV) • Alle Radfahrerampeln an einer Kreuzung gleichzeitig auf Grün schalten. Dies ist vor allem praktisch
für links abbiegende Radfahrer, die die Kreuzung diagonal überqueren können.
• Der Wartezeitindikator, der den Radfahrern anzeigt, wie lange es noch bis zur nächsten Grünphase

Schnellradweg zwischen Breda


dauert.
Beispiel S Trotz aller Maßnahmen sind Ampeln für Radfahrer noch immer ein großes Ärgernis. Verständlich,

und Etten-Leur
denn in städtischen Gebieten werden 70 % der gesamten Aufenthaltszeit von Ampeln verursacht.
Die niederländischen Radfahrer fahren daher auch sehr häufig durch Rot – zum großen Ärger der
Autofahrer. Und wenn sich an Ampelanlagen Unfälle mit Fahrradbeteiligung ereignen, sind wegen
Im Rahmen eines Wettbewerbs forderte die Provinz Nordbrabant 1998 alle Kommunen auf, eine des hohen Tempos des Autoverkehrs oft schwere Verletzungen die Folge. Aus diesen Gründen suchen
Musterfahrradstrecke zur Verbesserung der überörtlichen Radverkehrsstrecken zu entwerfen. Das Verkehrsexperten immer häufiger nach Alternativen für Ampelanlagen. Die wichtigste davon ist der
von der Stadt Breda vorgelegte Konzept wurde in die Praxis umgesetzt. Der Schnellradweg ist Verkehrskreisel.
eine 7 km lange Fahrradstrecke zwischen Breda und Etten-Leur. Beim Bau dieses Schnellradwegs
strebte man nach Kontinuität und Erkennbarkeit auf der gesamten Strecke. Abgesehen von einem Ebenso wie in anderen westeuropäischen Ländern befindet sich der Verkehrskreisel in den Niederlan-
68 69
65
Fall haben die Radfahrer an allen Kreuzungen Vorfahrt. Die asphaltierten Radwege sind dank ihrer den unaufhaltsam auf dem Vormarsch – angesichts der positiven Auswirkungen auf den Verkehrsfluss
roten Farbe gut erkennbar. Bei den Begleitmaßnahmen wurde den Bäumen im Zusammenhang mit und die Sicherheit zu Recht. Zu Beginn legte man vorzugsweise Verkehrskreisel mit baulich getren-
möglichem Wurzeldruck große Aufmerksamkeit gewidmet. Außerdem wurde die optimale Position nten Radwegen an, auf denen die Radfahrer dem ein- und ausfahrenden Autoverkehr Vorfahrt ge-
der Straßenlaternen ermittelt. An der Strecke wurden drei Pausen- und Unterstellplätze realisiert, währen mussten. Man ging davon aus, dass es im Interesse der eigenen Sicherheit der Radfahrer sei,
an denen die Radfahrer auch Informationen über die Strecke vorfinden. wenn sie dem Autoverkehr Vorfahrt gewährten. Dagegen wehrte sich allerdings der Radfahrerbund,
der befürchtete, dass dies nur der Anfang sei und dass die Radfahrer auch an anderen Kreuzungen ihr
Vorfahrtsrecht verlieren würden. Die ersten Versuche mit einem Verkehrskreisel, der baulich getrennte

Fahrradstraße in der Stadt Oss


Radwege aufwies und den Radfahrern Vorfahrt gab, wurden in Enschede durchgeführt. Letztlich re-
Beispiel T sultierte eine jahrelange Diskussion in einer breit getragenen Empfehlung des CROW: In Verkehrskrei-
seln innerhalb der geschlossenen Ortschaft sollen auch Radfahrer Vorfahrt haben. Der Radweg sollte
Die Fahrradstraße zwischen Heesch und Oss ist der längste Radweg der Niederlande und ein vorzugsweise die Form eines vollständig runden Kreises haben und in einer Entfernung von 5 m zur
Beispiel für andere Städte. Die Fahrradstraße beruht auf dem Prinzip, dass eine Straße mit ge- Fahrbahn angelegt werden. Außerhalb der geschlossenen Ortschaft haben Radfahrer in Verkehrskrei-
mischtem Verkehr die Funktion einer wichtigen Radverkehrsverbindung erhält. Diese Verbindung seln keine Vorfahrt. Der Radweg ist durch eine abweichende Form vom Verkehrskreisel abgekoppelt.
ist aufgrund ihrer Gestaltung und Einrichtung gut als Radverkehrsweg erkennbar, bietet in begren- Die Radwegübergänge befinden sich in größerem Abstand vom Verkehrskreisel (mindestens 10 m).
ztem Maße aber auch dem Autoverkehr Raum. Auf Fahrradstraßen ist das Auto dem Fahrrad un- Diese Empfehlungen wurden von den meisten Straßenverwaltern übernommen, allerdings hat sich ein
tergeordnet. Auf der Fahrradstraße in Oss sind die Radfahrer gegenüber den Autofahrern klar im wesentlicher Teil der Kommunen und Provinzen dafür entschieden, den Radfahrern auch innerhalb
Vorteil. Das zeigt sich schon im Profil. Bei der Fahrradstraße in Oss kamen zwei Profile zum Einsatz: der geschlossenen Ortschaft keine Vorfahrt zu gewähren.
Fahrradstraßen mit Multifunktionsstreifen ohne Trennung von der Fahrbahn, und Fahrradstraßen
mit Fahrbahntrennung durch anderes Straßendeckenmaterial. Der Autofahrer ist in diesem Profil zu
Gast. Um das deutlich zu machen, wurde ein spezielles Logo entwickelt, in dem die Bedeutung des
Radfahrens zum Ausdruck kommt. Es weist darauf hin, dass der Autofahrer dem Radfahrer auf die-
ser Strecke Vorrang geben muss. Radfahrer haben Priorität, aber Autofahrer können Radfahrer wie
gewohnt überholen. Im September 2003 wurde der erste Teil der Fahrradstraße eröffnet, der aus
südlicher Richtung bis ins Zentrum führt. Ergebnis des Projekts ist eine Zunahme der Fahrradnut-
zung um 11 % auf der Fahrradstraße. Die Kosten des Projekts betrugen letztlich rund 2 Millionen
Euro; 1,2 Millionen davon steuerte die Provinz bei.

Maßnahmen in der Praxis


Beispiel U Fahrradparkplätze in Utrecht 4.3 Gute Fahrradabstellanlagen
Die Stadt Utrecht (270.000 Einwohner) arbeitet an einem integrierten Netz von Fahrradabstellan-
lagen. Ausgangspunkt dabei ist, dass bei den Wohnungen (Abfahrtsort) und am Zielort genügend
Stellplätze vorhanden sein müssen. In Utrecht hat man bereits verschiedene Fahrradabstellanlagen Radfahrer haben nicht nur Bedarf an guten und sicheren Radwegen, sondern brauchen auch
eingehend getestet. Es fehlte allerdings an einer einheitlichen Verwaltungsstruktur, und so ent- Möglichkeiten, ihre Fahrräder auf einfache, sichere und geordnete Weise abzustellen. Die Angst
wickelte sich eine zu große Vielfalt an Formen und Gebühren. Infolge des Mangels an integrier- vor Diebstahl und Vandalismus wirkt sich in der Praxis nachweislich negativ auf die Fahrradnutzung
ter Lenkung kam der Bau neuer Anlagen sogar zum Stillstand. Darum übertrug die Stadt 1996 aus. Längst nicht überall stehen gute Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zur Verfügung. Dennoch
die Regie einer speziell für Fahrradabstellanlagen zuständigen Dienststelle, die selbst Initiativen wollen Radfahrer gern möglichst nahe bei ihrem Zielort – vorübergehend! – ihr Fahrrad parken
ergreifen, Maßnahmen entwickeln und innerhalb des Netzes der Kommunalbehörden aktiv werden können. Schließlich ist es gerade der Tür-zu-Tür-Verkehr, dem das Fahrrad auf Kurzstrecken seine
kann. Der Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass das Thema Fahrradabstellanlagen in der Konkurrenzfähigkeit verdankt. Angesichts der zahllosen ungeordnet – oft auch störend – abgestell-
gesamten Organisation mehr Beachtung findet. Seit 1997 gibt es in Utrecht ein Finanzierungs- ten Fahrräder wird das Fahrrad manchmal beinahe zum Opfer seines eigenen Erfolgs.
system, bei dem Fahrradabstellanlagen teilweise aus den von den Autofahrern aufgebrachten Die CROW-Veröffentlichung „Leitfaden für Fahrradabstellanlagen“ aus dem Jahre 2001 gibt
Parkgebühren finanziert werden. Bis 2016 wird es hierbei um einen Betrag von €750.000 pro Jahr Antwort auf die Frage, wie viele Stellplätze bei welchen Einrichtungen erforderlich sind und worauf
gehen. Dieser Betrag wird aus anderen Budgets der Stadt aufgestockt. Insbesondere die Kosten besonders zu achten ist. Der Leitfaden gibt Planern und Entwerfern die Informationen an die Hand,
der Verwaltung und Kontrolle werden aus Parkgebühren finanziert; für Investitionen stehen meist die sie zur Entwicklung, Durchführung und Instandhaltung einer guten Radverkehrspolitik benö-
andere Mittelquellen zur Verfügung. Investiert wird vor allem in Abstellanlagen in Wohnvierteln, in tigen. Er vermittelt zunächst politisch orientierte Informationen, beispielsweise zur Frage, wie sich
abschließbare Fahrradboxen für Abonnementinhaber und in Fahrradklemmen. In Zonen, in denen das Problem der Fahrradabstellplätze thematisieren lässt und welche Schritte zu unternehmen sind,
gebührenpflichtiges Parken eingeführt werden soll, wird der Bedarf an sowohl Auto- als auch um von der Analyse zu politischen Maßnahmen zu kommen. Der zweite Teil enthält praktische
Fahrradstellplätzen ermittelt. Wenn nötig, werden bis zu 2 % der Autoabstellplätze in Fahrradpark- Informationen – vom Marktangebot über technische Aspekte bis hin zu den Kosten.
plätze umgewandelt. So will man gemeinsam mit den Bewohnern dem Fahrrad genügend Raum
verschaffen. Von den Benutzern von Radverkehrseinrichtungen äußern sich 62 % sehr zufrieden Beim weitaus größten Teil aller mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege ist die Wohnung Abfahrts-
über die Qualität der Abstellanlagen, die im Übrigen auch gut genutzt werden. oder Zielort. Gerade dort müssen also gute Fahrradabstellanlagen vorhanden sein – vorzugsweise
70 71
so, dass der Bewohner zuerst sein Fahrrad passiert, bevor er zu seinem Auto gelangt. Bei Neubau-
projekten ist es möglich, Fahrradabstellplätze mit einzuplanen. In vielen älteren Wohnvierteln, vor
allem in den Städten, gibt es dafür keinen Raum, während das Fahrrad gerade dort ein überaus
praktisches Verkehrsmittel darstellt. Das erfordert Maßnahmen wie Fahrradbügel in der Nähe

Gebührenfreie bewachte
der Wohnungen, abschließbare Fahrradboxen mit festen Stellplätzen für Abonnementinhaber
Beispiel V und bewachte Abstellanlagen im Wohnviertel. Die Kommunen ergreifen in zunehmendem Maße

Stellplätze in Apeldoorn
Initiativen, um das Parken von Fahrrädern strenger zu regeln. Viele Städte und Gemeinden, die das
ungeordnete Parken von Fahrrädern in Fußgängerzonen einschränken wollen, realisieren große,
hochwertige und bewachte Fahrradabstellanlagen am Rande der Innenstadt. Diese stellen sie
Apeldoorn (155.000 Einwohner) machte im April 1998 drei bewachte Fahrradabstellanlagen im zunehmend gebührenfrei zur Verfügung, was sich als sehr effektive Maßnahme zur Konzentrierung
Stadtzentrum, wo ein Stellplatz bislang umgerechnet 45 Eurocent gekostet hatte, gebührenfrei. Ein der abgestellten Fahrräder erwiesen hat. 1998 wurde ein Leitfaden herausgegeben („Fietspar-
Jahr später hatte sich die Zahl der Benutzer um 70 % erhöht, und derselbe Anstieg war im folgen- keur“), mit dem in den Niederlanden erstmals Qualitätsanforderungen an Fahrradabstellsysteme
den Jahr erneut zu verzeichnen. Zählungen zeigen, dass die Anlagen während der Haupteinkaufs- formuliert wurden. Die Normen wurden gemeinsam von Herstellern, Entwerfern, Vertretern der
zeiten ausgelastet sind. Die Zahl der ungeordnet abgestellten Fahrräder verringerte sich in diesen Benutzer (darunter der Radfahrerbund) und Auftraggebern (wie NS Reizigers) ausgearbeitet. Ob
zwei Jahren um 20 %. „Inzwischen hat sich die Zahl der in diesen Anlagen abgestellten Fahrräder es um Fahrradklemmen, abschließbare Fahrradboxen für Abonnementinhaber oder innovativere
gegenüber 1998 verdreifacht. Sie steigt noch immer, aber logischerweise nicht mehr so stark wie Systeme geht – sie müssen bestimmten Anforderungen hinsichtlich des Benutzerkomforts, der
am Anfang“, erklärt Verkehrsexperte Wim Mulder. Es gibt aber noch mehr positive Auswirkungen: Gefahr der Beschädigung des Fahrrads, der Beständigkeit gegen Vandalismus und beispielsweise
Zwei Jahre nach der Einführung erklärten 18 % der Benutzer der bewachten Abstellanlagen, bislang der Nachhaltigkeit genügen.
meist mit dem Auto oder dem Bus in die Stadt gefahren zu sein. In Apeldoorn gibt es nun insge-
samt 2800 gebührenfreie bewachte Stellplätze in fünf Abstellanlagen. Ein Verbot des ungeordneten
Parkens von Fahrrädern hält die Stadt für überflüssig. „In Stoßzeiten sind in der Hauptstraße kaum
Fußgänger mit Fahrrad unterwegs, also werden auch wenig Fahrräder ungeordnet abgestellt. Zu
ruhigeren Zeiten schon, aber dagegen werden wir nicht einschreiten. Niemand stört sich an den
Leuten, und ihre Räderstehen niemandem im Weg. Auch die Geschäftsleute klagen nicht.“ Apel-
doorn finanziert die gebührenfreien Abstellplätze aus den Parkgebühren der Autofahrer. Die Tief-
garagen und Parkautomaten bringen jährlich 2 bis 2,5 Millionen Euro in die Stadtkasse. Ein Viertel
davon fließt in den öffentlichen Personennahverkehr und die gebührenfreien Fahrradabstellplätze.
Das Budget für Fahrradabstellanlagen beträgt inzwischen 220.000 Euro pro Jahr. Neben diesem
Betrag, der in die Verwaltung und Instandhaltung investiert wird, sind auch noch 1 Million Euro für
die Realisierung neuer Abstellanlagen reserviert.

Maßnahmen in der Praxis


Beispiel W Winterswijk: beste Strategie 4.4 Maßnahmen gegen
gegen Fahrraddiebstahl Fahrraddiebstahl
In Winterswijk (30.000 Einwohner) arbeitet die Polizei mit der Stadt, den Wohnungsbaugenossen-
schaften, der Justiz, dem Fahrradhandel, Schulen, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, den Me-
dien und deutschen Nachbargemeinden zusammen, um dem Fahrraddiebstahl Einhalt zu gebieten. Die intensivere Bekämpfung des Fahrraddiebstahls ist sogar als Ziel im Leitprogramm Mobilität
Einige Beispiele für die Aktivitäten: Die Polizei, die Stadt, der Fahrradhandel und die Schulen veran- verankert: „Alle Behörden setzen sich für die Bekämpfung des Fahrraddiebstahls ein; das Ziel
stalten regelmäßig Aktionen, bei denen Radfahrer ihre Postleitzahl in ihr Fahrrad gravieren lassen besteht darin, die Zahl der Fahrraddiebstähle bis 2010 auf höchstens die Hälfte des Standes im Jahr
können (die Postleitzahlengebiete sind in den Niederlanden relativ klein), und sie erteilen Informa- 1999 zu senken (Polizeistatistik (Politiemonitor) 1999: 6,4 Fahrraddiebstähle je 100 Fahrräder).“
tionen über gute Fahrradschlösser, die Bedeutung der Anzeigenerstattung und die Strafbarkeit der Angesichts der hemmenden Wirkung, die das Diebstahlrisiko in den Niederlanden auf die Fahr-
Hehlerei. Die Polizei patrouilliert aktiv an Risikostandorten und nimmt Fahrraddiebe, darunter auch radnutzung hat, ist das auch unbedingt notwendig.
Vielfachtäter, fest, ebenso Personen, die auf einem gestohlenen Fahrrad unterwegs sind. Der Woh- Ebenso wie in anderen Politikbereichen gilt auch hier: eine breit angelegte Strategie ist am
nungsbauverein legte Fahrradabstellanlagen an und verpflichtete sich, bei Neubauprojekten für wirksamsten. Was die Radverkehrspolitik betrifft, so beginnt eine solche Strategie bei den guten
sichere Fahrradstellplätze zu sorgen. Bei der größten Diskothek wurden die Fahrradständer bewusst Fahrradabstellanlagen, die in Abschnitt 4.3 angesprochen wurden. Darüber hinaus bedarf es der
so aufgestellt, dass die Türsteher sie im Auge behalten können. Die Polizei assistiert bei Fahrrad- Zusammenarbeit von unter anderem Polizei, Fahrradhandel und Stadt – also einer integrierten
kontrollen im deutschen Nachbarort Vreden und geht zuweilen auch trickreich zu Werke: Nicht Herangehensweise. Wobei „integriert“ hier bedeutet: die gesamte Kette des Fahrraddiebstahls
benötigte, unbesetzte Streifenwagen werden in den Abendstunden an Standorten mit besonders betreffend. So müssen erstens die Fahrräder gut gegen Diebstahl gesichert sein (unter anderem
hohem Fahrraddiebstahlrisiko geparkt. Dank dieser Strategie hat sich die Zahl der Fahrraddiebstä- durch gute Abstellanlagen, durch Aufklärung und beispielsweise durch Bewachung), zweitens muss
hle stark verringert. Damit war das Projekt erfolgreich. Nicht umsonst wurde es vom Radfahrer- der Handel mit gestohlenen Fahrrädern erschwert werden (Registrierung der Fahrräder, Bestrafung
bund zum Projekt mit der besten Strategie gegen Fahrraddiebstahl gekürt. von Hehlern und Käufern), und drittens schließlich ist darauf hinzuwirken, dass mehr gestohlene
Fahrräder wiederbeschafft werden können.

72 73
Im Jahr 2007 hat man sich für eine ganzheitliche Strategie entschieden, die folgende Punkte

Innovatives Konzept in
umfasst:
Beispiel X
Amsterdam
• Das niederländische Kraftfahrtamt verfügt jetzt über ein landesweites Fahrraddiebstahlregister, in
dem alle Anzeigen wegen Fahrraddiebstahl registriert werden.
• S eit Januar 2008 ist dieses Register auch der Öffentlichkeit zugänglich. Das heißt, dass man nach
In Amsterdam geht man strukturiert gegen den Fahrraddiebstahl vor – mit dem „Integralen Eingabe einer Rahmen- oder Chipnummer sehen kann, ob das Fahrrad als gestohlen gilt (oder ob
Arbeitsprogramm zur Verhütung von Fahrraddiebstählen 2002–2006“. Das ist auch nötig, denn diesbezüglich Anzeige erstattet wurde). Dies leistet einen Beitrag zur Bekämpfung von Hehlerei.
im Polizeibezirk Amsterdam-Amstelland betrug das Diebstahlrisiko 2001 im Durchschnitt 16 %. •D
 ie Polizei wird in Zukunft in zunehmendem Maße über Scanner verfügen, mit deren Hilfe der
Die Zielsetzungen wurden inzwischen sogar mehr als erfüllt: 2005 war das Risiko schon auf 10 Antidiebstahlchip (der von niederländischen Herstellern schon seit einigen Jahren in neue Fahr-
% gesunken. Das Arbeitsprogramm basiert auf zwei Pfeilern; es sieht einerseits Maßnahmen an räder eingebaut wird) ausgelesen werden kann. Dank einer Verbindung mit dem Register kann
Standorten vor, an denen viele Fahrräder gestohlen und weiterverkauft werden, und zielt ande- man schnell nachsehen, ob ein Fahrrad als gestohlen gilt.
rerseits darauf ab, die Registrierung von Fahrrädern zu fördern. Amsterdam versucht im Rahmen •D
 as niederländische Innenministerium hat im Juni 2008 eine große Öffentlichkeitskampagne ge-
der breit angelegten Strategie auch darauf hinzuwirken, dass gestohlene Fahrräder häufiger ihrem gen Fahrraddiebstahl gestartet, in der das Register und der Nutzen der Erstattung einer Anzeige
rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden können. Die Amsterdamer Fahrradabwicklungs- im Mittelpunkt stehen.
zentrale AFAC, zu der alle gefundenen und eingesammelten Fahrräder gebracht werden, setzt • Es wird ein Wissenszentrum für Fahrraddiebstahl eingerichtet.
alles daran, den Eigentümer zu finden. Die Diebstahlopfer können auch selbst nach ihrem Fahrrad
suchen, denn auf der AFAC-Website können alle gefundenen Fahrräder abgerufen werden.
Und noch eine technologische Maßnahme: 2005 wurden die Fahrräder von 4000 Amsterdamer
Radfahrern versuchsweise kostenlos mit einem Chip ausgestattet, der es erleichtern soll, den
rechtmäßigen Eigentümer eines gestohlenen Fahrrads ausfindig zu machen. Der Amsterdamer
Fahrradhandel hat einen Verhaltenscode zum Umgang mit Gebrauchtfahrrädern erstellt, der darauf
abzielt, die Zahl der Fahrraddiebstähle in Amsterdam drastisch zu senken. Die teilnehmenden Fahr-
radhändler – erkennbar an einem Sticker mit der Aufschrift „Hier keine gestohlenen Fahrräder“
– haben sich verpflichtet, keine (möglicherweise) gestohlenen Fahrräder zu kaufen, zu verkaufen
oder zu reparieren. Das macht den Fahrraddiebstahl und die Hehlerei weniger attraktiv. Der Verhal-
tenskodex wurde inzwischen von der Branchenorganisation BOVAG landesweit übernommen.

Maßnahmen in der Praxis


Beispiel Y Verkehrssicherheitslabel 4.5 Verkehrserziehung, Aufklärung
der Provinz Brabant und Kontrollmaßnahmen
Um die Zahl der Verkehrsopfer unter den Kindern zu senken, wurde das Verkehrssicherheitslabel
für Schulen ins Leben gerufen, ein System, das in Nordbrabant entstanden, inzwischen aber auch
von anderen Provinzen übernommen worden ist. Mit dem Label können Grundschulen ausgezeich- Verkehrserziehung, Aufklärung und Kontrollmaßnahmen spielen in der niederländischen Radver-
net werden, die der Verkehrssicherheit jüngerer Kinder ausreichend Aufmerksamkeit widmen. Die kehrspolitik eine ergänzende Rolle. Man geht davon aus, dass sich die Bürger von selbst für das
Verleihung des Labels erfolgt anhand von fünf Kriterien: Fahrrad entscheiden, wenn sie damit schnell, sicher und komfortabel ans Ziel kommen können.
• Schulorganisation Darum liegt der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Infrastruktureinrichtungen. Auch der Ver-
• Verkehrserziehung in der Klasse kehrssicherheit ist mit strukturellen Anpassungen der Infrastruktur am besten gedient.
• Praxisprojekte
• Schulumgebung Verkehrserziehung und Aufklärung sind in erster Linie Maßnahmen auf der Ebene der Schulen.
• Kommunikation mit den Eltern und deren Engagement Verkehrsunterricht ist ein fester Bestandteil des Lehrstoffs der Grundschulen. Dabei werden auf
Die Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgt also nicht nur auf dem Wege der Verkehrserziehung, jeden Fall die Verkehrs- und Verhaltensregeln für Radfahrer behandelt; vorzugsweise wird auch
sondern durch Einbeziehung des gesamten Umfelds. Es müssen Bedingungen geschaffen werden, eine praktische Fahrradprüfung abgenommen.
die es ermöglichen, das gesetzte Ziel zu erreichen. Im Mittelpunkt dabei steht die Überzeugung,
dass schon die Schulkinder lernen müssen, sich im Verkehr sicherheitsgerecht zu verhalten, ganz Die meisten Kinder lernen das Radfahren schon in jungen Jahren von ihren Eltern oder Geschwis-
nach dem Motto „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“. tern. Bei der wachsenden Gruppe der Einwohner mit Migrationshintergrund ist dies aber weniger
Das Verkehrssicherheitslabel ist ein Gütesiegel für Schulen, die der Verkehrssicherheit in ihrem selbstverständlich. Das Fahrrad ist beispielsweise traditionell kein Bestandteil der türkischen und
Lehrkonzept einen festen Platz einräumen – auch für die Eltern ein beruhigender Gedanke. Die marokkanischen Kultur. Oft haben die Eltern selbst nie Fahrradfahren gelernt, und die Haushalte
Teilnahme am Label-Projekt ist kostenlos. Die Provinzen unterstützen beispielsweise die Anschaf- besitzen auch keine geeigneten Fahrräder. Manche Grundschulen in den großen Städten wid-
fung von gutem Verkehrserziehungsmaterial, den Einsatz von Schülerlotsen oder die Durchführung men dem Radfahren darum auch besondere Aufmerksamkeit. Damit alle Kinder mit dem Fahrrad
74 75
von Projekten mit Beihilfen. vertraut gemacht werden können, stellt die Stadt Amsterdam beispielsweise den Schulen Fahrräder
zur Verfügung. In verschiedenen Städten werden auch spezielle Fahrradkurse für Frauen auslän-
discher Herkunft organisiert. So haben sie Gelegenheit, in geschützter Umgebung das Radfahren
zu erlernen. Viele Teilnehmerinnen empfinden dies als willkommene Erweiterung ihrer Entfaltungs-
möglichkeiten.

Das leichtsinnige Verhalten vieler Radfahrer ist ein beliebtes Stammtischthema. Radfahrer igno-
rieren rote Ampeln, fahren ohne Licht oder auf der falschen Straßenseite und stellen damit für so
manchen Autofahrer ein großes Ärgernis dar. Die Rückbesinnung auf Normen und Werte, die sich
in der niederländischen Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts vollzogen hat, rückte auch das
Fehlverhalten der Radfahrer wieder mehr in den Blickpunkt. So werden nun beispielsweise landes-
weite Fahrradbeleuchtungskampagnen mit Kontrollaktionen regionaler Polizeikorps kombiniert.
Das Tragen eines Fahrradhelms ist in den Niederlanden bei alltäglichen Fahrten unüblich. Nur
Radrennfahrer und Mountainbiker haben die Gewohnheit, bei ihrem Sport einen Helm zu tragen.
In begrenztem Umfang werden auch vor allem jüngere Kinder von ihren Eltern angehalten, einen
Helm aufzusetzen. In den meisten Fällen hängt dieser allerdings schon endgültig am Nagel, bevor
das Kind 10 Jahre alt ist. Eine Helmpflicht würde sicher nicht auf breite Zustimmung stoßen. Es ist
zu befürchten, dass die allgemeine Fahrradnutzung sehr darunter leiden würde.

Maßnahmen in der Praxis


Anlage Weitere Informationen
(in englischer Sprache) über
Radfahren in den Niederlanden

CROW, Sign up for the bike: Design manual for a cycle-friendly infrastructure, 1996. Dieses Hand-
buch ist noch lieferbar, siehe www.crow.nl. Eine englische Übersetzung der vollständig überarbeit-
eten Fassung des Entwurfsleitfadens erscheint wahrscheinlich 2007.

Die Organisation für Verkehrssicherheitsforschung SWOF unterhält auch eine ausführliche en-
glischsprachige Website, die umfassende Informationen über die Fahrradnutzung und die Radver-
kehrssicherheit bietet: www.swov.nl

Die Forschungsabteilung des Ministeriums für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten
(AVV) hat im englischsprachigen Teil der Website zahlreiche Berichte zu verkehrspolitischen Fragen
in den Niederlanden veröffentlicht. In der Rubrik „Passenger Transport“ sind auch verschiedene
Veröffentlichungen über die Radverkehrspolitik zu finden: www.rws-avv.nl

Der Radverkehrsrat hat kürzlich eine englischsprachige Broschüre über die Radverkehrspolitik in
einigen fahrradfreundlichen Städten herausgegeben: Continous and integral: The cycling policies
76 77
of Groningen and other European cycling cities (Fietsberaad, Broschüre Nr. 7, April 2006). Diese
Broschüre enthält eine Reihe von Fallbeispielen zur Verkehrspolitik verschiedener Städte mit relativ
hoher Fahrradnutzung, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Jedes Beispiel skizziert ein
spezifisches Bild der Entwicklung der Fahrradnutzung in einer Stadt sowie der Beziehung zwischen
der Fahrradnutzung und der kommunalen Radverkehrspolitik. Als Beispiele dienen fünf nieder-
ländische Städte, die als besonders fahrradfreundlich gelten – Groningen, Amsterdam, Enschede,
Zwolle und Veenendaal – sowie fünf weitere europäische Städte, die sich ebenfalls durch eine
bemerkenswerte Fahrradnutzung auszeichnen: Münster und Freiburg in Deutschland, Kopenhagen
und Odense in Dänemark und Gent in Belgien.
Die Broschüre steht auf www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org
(unter „Rapporten“) zum Download bereit

Auf der Website des Radverkehrsrates, www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org,


sind ebenfalls einige Veröffentlichungen in deutscher Sprache zu finden.

Anlage:
78
Radfahren in den Niederlanden

Verlag
Ministerium für Verkehr, Wasserwirtschaft und Öffentliche Arbeiten
Direktorat-General für das Personenverkehr

PO Box 20901
2500 EX Den Haag
Die Niederlande
Telefon: +31 70 351 61 71
www.minvenw.nl

und

Fietsberaad (Expertisezentrum für das Radverkehr)


Jaarbeursplein 13
3521 AM Utrecht
Die Niederlande
Telefon: +31 10 282 58 18
www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org

Text
Mobycon
Fietsberaad
Ligtermoet & Partners

Übersetzung
Bothof, Nijmegen

Schlussredaction
Mario Fruianu (DGP)
Gordon de Munck (AVV)
Hans Voerknecht (Fietsberaad)

Design und layout


nu:rotterdam

Fotografie
POL! Fotografie
Collectie Gemeentearchief Rotterdam
Hollandse Hoogte
Trafficlinq

Druck
Mosaic Media

No parts of this publication may be reproduced in any form by print,


photoprint, microfilm of any other means without prior written permission
from the publisher

(c) 2009 Ministerie van Verkeer en Waterstaat, Fietsberaad

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