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Peter Mertens

Dina Barbian
Stephan Baier

Digitalisierung
und Industrie 4.0 –
eine Relativierung
Digitalisierung und Industrie 4.0 –
eine Relativierung
Peter Mertens • Dina Barbian • Stephan Baier

Digitalisierung und
Industrie 4.0 – eine
Relativierung
Peter Mertens Dina Barbian
Wirtschaftsinformatik I Wirtschaftsinformatik I
Friedrich-Alexander-Universität Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg Erlangen-Nürnberg
Nürnberg, Deutschland Nürnberg, Deutschland

Stephan Baier
Wirtschaftsinformatik I
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Nürnberg, Deutschland

ISBN 978-3-658-19631-8    ISBN 978-3-658-19632-5 (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5

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Die großen Dinge haben einen großen Feind:
die großen Worte.
(Hans Krailsheimer (1888–1958),
dt. Aphoristiker)
Vorwort

Mit dieser Arbeit wollen wir einen Beitrag dazu leisten, herauszufinden, ob in den gegen-
wärtigen Strömungen „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ modische Überhöhungen und
zu optimistische Prognosen in Richtung auf einen Trend mit großem Anstiegswinkel ent-
halten sind.
Die Wörter „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ tauchen seit etwa drei Jahren in der
Öffentlichkeit und in der Fachwelt plötzlich mit einer kaum je beobachteten Häufigkeit
auf. Es drängt sich die Vermutung auf, dass wieder einmal in der Geschichte der Wissen-
schaft und Technik ein Trend (zu mehr Automation) durch eine Welle überlagert wird. In
der IT begann man schon vor längerer Zeit, sich mit solchen Wellen auseinanderzusetzen.
Dies ist auch wichtig, denn Moden verursachen – verglichen mit dem Ideal einer nachhal-
tigen, kontinuierlichen Entwicklung – Ineffizienzen und Fehlleitung von Ressourcen im
weitesten Sinn. Im schlimmsten Fall kann ein irriger Glauben an das langfristige Bestehen
einer Mode zu Katastrophen führen („Platzen von Blasen“). Häufig wird an das folgen-
schwere Platzen der sog. Dotcom-Blase (Internet-Blase) im Jahr 2000 erinnert, und Öko-
nomen und Informatikern als zuständigen Fachwissenschaftlern macht man bittere
Vorwürfe.
Wir versuchen, verzögernde (retardierende) Momente und Risiken herauszuarbeiten,
die den weiteren Anstieg vermutlicher Modeerscheinungen bremsen könnten, stellen aber
auch einige Überlegungen an, welche Darstellungen, die gegenwärtig den Begriffen Digi-
talisierung und Industrie 4.0 zugeordnet werden, wirklich neu und zukunftsträchtig sind.
Da bisher wenig tiefergehende wissenschaftliche Fachliteratur und allgemein zugäng-
liche Erfahrungsberichte aus Betrieben vorliegen, stützen wir uns bei unseren Einschät-
zungen des weiteren Verlaufs auch auf eine große Zahl von öffentlichen Bekundungen und
eine kleinere Zahl von privaten Gesprächen mit Fachleuten verschiedener Herkunft
(IT-Spezialisten, Unternehmer, Führungskräfte in Unternehmen, Wissenschaftler der
Fachrichtungen Informatik, Wirtschaftsinformatik, Fertigungstechnik, Industriebetriebs-
lehre sowie Logistik, Vertreter einschlägiger Verbände und Politiker). Der Vorteil ist, dass
Meinungen von zum großen Teil recht einflussreichen Persönlichkeiten zusammengetra-
gen sind. Ein methodisches Problem kann darin liegen, dass sich diese Personen gegen-
über Medien nicht so freimütig äußern, wie sie es in unternehmensinternen Diskussionen

VII
VIII Vorwort

tun. Oft redigieren Pressesprecher von Institutionen offen-ehrliche Aussagen der Spitzen-
kräfte in Richtung auf Unverfänglichkeit. Auch bevorzugen Journalisten bei wörtlichen
Zitaten aus verständlichen Gründen die besonders prononcierten Äußerungen oder
„Bonmots“.
Um der besseren Lesbarkeit willen wurde vorwiegend die männliche Form verwendet.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese als geschlechtsunabhängig verstanden
werden soll.
Das vorliegende Buch stellt eine umfangreichere Ausarbeitung einer bereits gedruck-
ten verkürzten Version [MeBa16a] und eines Aufsatzes [MeBa16b] dar. Es werden zusätz-
liche Aspekte behandelt und ausführlichere Quellen angegeben.
Zahlreiche Damen und Herren aus Wissenschaft und Praxis haben uns Fragen
beantwortet. Ausführlichere Hinweise verdanken wir: Prof. Dr. Andrea Back, Dipl.-Ing.
Matthias Barbian, Dipl.-Ing. Peter Brandt, Prof. Dr. Günther Görz, Dr. Michael Hau,
Dipl.-Ing. Ulrich Klotz und Prof. Dr. Gerhard Knolmayer.

Nürnberg, September 2017 Peter Mertens


Dina Barbian
Stephan Baier
Zusammenfassende Befunde und Thesen zu
Digitalisierung und Industrie 4.0

1. Der Trend zu mehr Automation mit den Instrumenten der Informatik, Informations-
technologie und Informationstechnik ist sehr wichtig, vor allem für den deutschspra-
chigen Raum mit seiner ungünstigen Altersstruktur (laut UN-Definition überaltert).
2. Modewellen mit größeren Ausschlägen in Wissenschaft, Technik und Unternehmens-
führung haben im Vergleich zu einem nachhaltigen Trend den Vorteil, dass in der
Aufschwungphase die Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern in Politik, Wissen-
schaft und Wirtschaft auf Probleme und neue Chancen der Lösung gelenkt wird. Sie
gehen aber mit dem Nachteil einher, dass wegen leichtsinniger oder unseriöser Ver-
sprechungen und darauffolgender Enttäuschungen personelle und materielle Ressour-
cen vergeudet werden. Dazu zählt auch die „Engpass-Ressource“ „Befassung von
höheren Führungskräften“ („Management Attention“).
3. Leidenschaftslos-neutrale Analysen sind daher angebracht. Hier ist vor allem die Wis-
senschaft gefordert. Besonders gilt dies, wenn Überhitzung droht. Man erkennt das an
den schlimmen Folgen, die das Platzen der sog. Dotcom-Blase (Internet-Blase) im
Jahr 2000 zeitigte.
4. Der Begriff „Digitalisierung“ stammt aus den Fachgebieten Elektronik, Informatik,
Nachrichtentechnik einschließlich Signaltechnik und bedeutet dort die Überführung
von analogen in digitale Größen zwecks Übertragung in Netzen und Verarbeitung auf
Digitalrechnern. Er erhielt auf anderen Fachgebieten wie Betriebswirtschaft sowie
Politik und Medien stark ausgeweitete Bedeutungen, die sehr vielfältig und zum Teil
widersprüchlich sind (u. a. Digitalisierung heißt Automation, Automation unter spe-
zieller Nutzung des informationstechnischen Fortschritts, Automation plus Änderung
der Geschäftsmodelle usw.).
5. In Anbetracht der vielen analogen Komponenten und Vorgänge in der Informations-
verarbeitung, und zwar in den Schaltkreisen des Rechners selbst, bei der Kommuni-
kation zwischen Computern untereinander und mit anderen Maschinen sowie bei der
Mensch-Computer-Interaktion, ist der Begriff „Digitalisierung“ semantisch unglück-
lich, aber vorerst kaum zu korrigieren.

IX
X Zusammenfassende Befunde und Thesen zu Digitalisierung und Industrie 4.0

6. Viele Forschungs- und Entwicklungsbestrebungen, die Gegenstand von Tagungen


und anderen Konferenzen zum Erfahrungsaustausch sind, deuten darauf hin, dass die
Zukunft der Informationsverarbeitung durch ein noch viel feinmaschigeres Zusam-
menspiel von Analogem und Digitalem geprägt sein könnte. Dies gilt vor allem, wenn
die große Herausforderung („Grand Challenge“), die Zusammenarbeit von Mensch
und IT-Systemen menschenähnlicher zu machen, d. h. ähnlich zu gestalten wie die
Kooperation zwischen Menschen untereinander, bestanden werden soll.
7. Industrie 4.0 (I4.0) wird von unterschiedlichen Fachleuten und relativen Laien sowohl
in einem ursprünglich engeren Sinn (Cyber-physical systems) als auch in einem wei-
teren (vernetzte Betriebsmittel in Fertigung und Logistik) bis hin zu einem sehr wei-
ten (gesamte inner- und zwischenbetrieblich integrierte Informationsverarbeitung im
Fertigungsbetrieb einschließlich Dienstleistungen) verstanden.
8. Es bestehen enge, oft übersehene oder zumindest unterschätzte Ähnlichkeiten zwischen
I4.0 und Multi-Agenten-Systemen (MAS) als Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz
(KI). Bisherige Forschungen zu MAS, etwa in der Wirtschaftsinformatik, zeigen, dass
in I4.0 nicht nur physische Objekte vernetzt sein müssen, sondern auch Daten aus der
betriebswirtschaftlichen Informationsverarbeitung für die automatischen Dispositionen
heranzuziehen sind. (Ein Beispiel sind Stammdaten der Kunden und Bewegungsdaten
der Kunden- und Betriebsaufträge, die man bei der Fertigungssteuerung benötigt.)
9. Erste Untersuchungen zu der mit Industrie 4.0 im ursprünglichen, engeren Sinn ver-
bundenen dezentralen Planung und Steuerung der Produktion und Logistik erbringen,
dass zwar Vorteile bei der Durchlaufzeit und der Flexibilität, aber Nachteile bei der
Kapazitätsauslastung und damit bei der Kapitalbindung entstehen könnten.
10. Bei der Automation der industriellen Produktion wirken viele analoge Elemente mit,
z. B. die beschleunigten und verzögerten Umdrehungen von Rädern, die von Rech-
nern gesteuerte Bewegung von Lackierprozessen über Flächen oder die Prozesse
beim Auftragen von überlagerten Schichten im Rahmen des 3D-Drucks.
11. Die Vielzahl der Interpretationen zu den Wörtern „Digitalisierung“ und „Industrie
4.0“, die zudem oft gleichgesetzt (als Synonyme betrachtet) werden, erschwert die
Prognosen zukünftiger Entwicklungen. Ein Versuch, in Zusammenarbeit kompetenter
Instanzen (Fach- und Machtpromotoren) zu einem in sich konsistenten und trenn-
scharfen Begriffsapparat bzw. Glossar zu gelangen, sollte gewagt werden. Andere
Disziplinen, wie z. B. die Naturwissenschaften oder die Medizin, könnten sich einen
solchen unstimmigen Begriffsapparat nicht leisten.
12. Die Unübersichtlichkeit und der häufige Wechsel der Begriffe über der Zeitachse
erschweren die kumulative Forschung und Entwicklung: Die positiven und negativen
Erkenntnisse früherer Untersuchungen und Realisierungen werden bei der Weiterent-
wicklung übersehen. Diese Problematik erkennt man besonders deutlich, wenn uner-
fahrene Nachwuchskräfte den bisherigen Kenntnisstand („State of the Art“) allein mit
unreifen Recherche-Werkzeugen erheben wollen, die die Verwandtschaft zwischen
früher gebräuchlichen und aktuellen Fachbegriffen nicht erfassen oder nur „Englisch
sprechen“.
Zusammenfassende Befunde und Thesen zu Digitalisierung und Industrie 4.0 XI

13. Bei der Frage, ob die gegenwärtig zu beobachtende Aufmerksamkeit, die die The-
men „Digitalisierung“ und „I4.0“ genießen, eher dem Entwicklungsmuster „Trend“
oder „Aufeinander folgende Modewellen“ oder „Gartner Hype Cycle“ zuzuordnen
ist, sprechen Indizien für Letzteres. Schon die inflationäre Verwendung des Wortes
„digital“ weist auf aktuelle modische Überhöhungen hin. Entsprechendes gilt für die
Zahl 4.0. Demnach würden wir gegenwärtig Übertreibungen in Richtung zu optimis-
tischer Prognosen beobachten. Eine Reihe von schwierigen Problemfeldern und
Widerständen könnten aber Ernüchterungen auslösen, die zu einem Abstieg in ein
„Tal der Enttäuschungen“ im Sinn des „Gartner Hype Cycle“ führen. Indessen wird
an verschiedenen Stellen der Wissenschaft und der Praxis eher von einer breiten
Öffentlichkeit unbeachtet weitergearbeitet, sodass sich nach einer Reihe von Jahren
unter günstigen Voraussetzungen ein Gleichgewicht auf höherem Niveau herausbil-
den würde.
14. Eine Vielzahl von IT-Systemen, die in Betrieben schon lange funktionieren sowie seit
Jahren Gegenstand der Lehre einschließlich der Fach- und Lehrbücher und anderer
Lehrmaterialien sind, werden erst jetzt im Zuge der „Digitalisierung“ und „Industrie
4.0“ als mögliche Innovationen dargestellt (z. B. Identifikation von Bauteilen und
Fertigerzeugnissen mittels Funk- bzw. Radiofrequenz-Etiketten (RFID) im Rahmen
der Betriebsdatenerfassung, Produktkonfiguratoren, verfeinerte innerbetriebliche
Materialwirtschaft, weitgehend automatische Nachbevorratung, Verfahren des Supply
Chain Management oder generell der zwischenbetrieblichen Integration bei der Infor-
mationsverarbeitung, zustandsabhängige vorbeugende Instandhaltung).
15. Die gegenwärtigen Einschätzungen, Prognosen und Werturteile über Digitalisierung
und Industrie 4.0 beruhen zum großen Teil auf Meinungserhebungen. Viele von ihnen
sind interessengeleitet (z. B. solche von Unternehmensberatern). Sie enthalten zuwei-
len Suggestivfragen, andere adressieren immer wieder gleiche Zeitzeugen. Wiederholt
bleiben Rückfragen zu erklärungsbedürftigen Maßen (wie z. B. dem „Digitalisie-
rungsgrad“) unbeantwortet. Es ist angezeigt, das Gewicht stärker auf Experimente im
Labor (Simulationen) oder noch besser in der betrieblichen Praxis zu verlagern.
Dadurch könnten Fehlentwicklungen früh analysiert und Lernprozesse eingeleitet
bzw. beschleunigt werden. Erste Demonstrationen in Hochschulen, Forschungsinsti-
tutionen und Unternehmen sind sehr wichtig. Es darf aber nicht nur die technische
Realisierbarkeit, sondern es müssen auch die Rentabilität und die Wirtschaftlichkeit
im weitesten Sinne abgeschätzt werden.
16. In Anbetracht der Unsicherheiten bei innovativen Vorhaben könnten risikoadjustierte
Rechenmethoden aus der Finanzwirtschaft zusätzliche Entscheidungshilfen in der IT
werden. Bei Nutzenschätzungen sollten auch die Langfristfolgen von neuen Lösun-
gen, wie z. B. die Pflege von Wissensbasen oder die Verlagerung von Aufwand auf
Kunden, Lieferanten und andere Geschäftspartner sowie auf die natürliche und gesell-
schaftliche Umwelt, mehr als bisher und so weit wie möglich quantifiziert werden.
Anregungen findet man in industriellen Lebenszyklusrechnungen („Total Cost of
Ownership“).
XII Zusammenfassende Befunde und Thesen zu Digitalisierung und Industrie 4.0

17. Personen, die modische Überhöhungen zumindest nicht ausschließen und mit Experi-
menten oder Reformen zögern, zum Beispiel aus dem unternehmerischen Mittelstand
oder aus Verbraucherverbänden, stellt man oft explizit oder unterschwellig als gefähr-
dete und/oder gefährliche Fortschrittsverweigerer hin.
18. Vieles, was jetzt unter „digitale Revolution“ subsumiert wird, liegt auf der Trendlinie
zu mehr Automation mit IT, die auch ohne die Digitalisierungswelle eingetreten wäre.
Hierzu gehört vor allem die allmähliche Weiterentwicklung der Robotik, insbeson-
dere der vernetzten Roboter, und der Künstlichen Intelligenz einschließlich der
Softwareagenten-­Technologie (Multi-Agenten-Systeme).
19. Unter den neuen Anwendungen befinden sich viele, die den Charakter von Spiele-
reien haben. Ob diese wirklich „Türöffner“ für weiteren technischen Fortschritt sind,
indem sie das Interesse der Medien und daran anschließend breiter Schichten der
Bevölkerung wecken, ist schwer abzusehen.
20. Es gibt eine Reihe retardierender Faktoren und Risiken (u. a. Datensicherheit, Schwie-
rigkeiten bei der Normung von Datenübertragung und Datenaustausch, mangelnde
Anpassung des Rechtsrahmens, Gefahr von Wissensabschöpfung, erleichterter Betrug
(„Betrug per Software“), betriebswirtschaftliche Probleme im Produktlebenszyklus
bei zu großer Variantenzahl im Programm bzw. Sortiment („Losgröße 1“), Bedarf an
neuen Algorithmen für Künstliche Intelligenz einschließlich maschineller Lernver-
fahren, Softwareagenten, Zögern von kleinen und mittleren Unternehmen, Fachkräf-
temangel, Probleme der Interdisziplinarität, drohende Überregulierung), die zur
Vorsicht bei der Extrapolation der aktuellen Euphorie mahnen.
21. Die Affinität der Großbetriebe und Konzerne zu den Themen Digitalisierung und I4.0
bei gleichzeitiger Zurückhaltung der mittelständischen und Familien-Unternehmen
ist evtl. nicht zufällig. Vielmehr kann sie damit begründet werden, dass Unternehmer,
die mit ihrem Privatvermögen haften, angesichts beträchtlicher Risiken von Fehlin-
vestitionen Entwicklungen, die sich möglicherweise als modische Überhöhung her-
ausstellen, zögernder gegenüberstehen als große Unternehmen, die wegen des ihnen
eigenen Risikomixes auf Teilgebieten Experimente wagen können und leichteren
Zugang zu Staatshilfen haben. Viele einzelne Elemente der weiteren Automation, ins-
besondere der IT-Sicherheit, verlangen für sich eine hochkarätige Spezialkraft.
Dadurch wird kostentheoretisch die benötigte Personalkapazität weitgehend unab-
hängig von der Betriebsgröße. Die Belastung der Mittelunternehmen durch die
zusätzlichen Funktionen ist, gemessen am Umsatz, höher als bei Großbetrieben.
22. Digitalisierung wird zuweilen als Vorwand genommen, Aufgaben von Unternehmen
weg auf Dritte, vor allem auch Private, zu „delegieren“ („Rationalisierung auf Kosten
anderer“). Bloße Kostensenkungsaktionen werden durch einen Anstrich von Moder-
nisierung bei Benutzung des attraktiven Wortes „Digitalisierung“ verbrämt. In volks-
wirtschaftlichen Rechenwerken zeigt das Produktivitätssteigerungen an, weil die
zusätzliche Arbeit der Bürgerinnen und Bürger nicht in betriebswirtschaftliche und
volkswirtschaftliche Rechenwerke eingeht. Die Wohlfahrt kann aber per saldo
sinken.
Zusammenfassende Befunde und Thesen zu Digitalisierung und Industrie 4.0 XIII

23. Die Informationsverarbeitung in mehreren wichtigen Sektoren der öffentlichen Ver-


waltung ist in bedenklichem Zustand. Bei der Verteilung der für die IT verfügbaren
staatlichen Mittel ist sorgfältig abzuwägen zwischen zukunftsträchtigen, aber riskan-
ten Vorhaben einerseits und Anstrengungen, bei konventionellen IT-Anwendungen zu
den führenden Staaten der Welt aufzuschließen, andererseits. Es gilt: „Wer das Häns-
chenklein nicht spielen kann, sollte sich nicht an die Mondscheinsonate wagen.“
Bedenklich ist es, wenn für öffentliche Dienstleistungen verantwortliche Politikerin-
nen und Politiker in IT-Sachen zögernde Mittelständler hart kritisieren, z. B. als
„Ignoranten“.
24. Bei der Auslobung von Subventionen für neu gegründete IT-Unternehmen im weites-
ten Sinn (einschließlich Gründerzentren u. Ä.) ist abzuwägen, ob als Alternative den
Gründern durch Erleichterungen bei der Bürokratie mehr gedient ist. Dabei sollte
auch die sehr hohe Zahl von Unternehmen berücksichtigt werden, die früh scheitern.
25. Beim Ausbau der Infrastruktur, vor allem der Übertragungsnetze, sollte darauf geach-
tet werden, dass volkswirtschaftlich und gesellschaftlich wenig nutzenträchtige oder
gar schädliche IT-Anwendungen nicht als „Grundbedarf“ (vergleichbar z. B. mit pro-
blematischen Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen) definiert und mit allge-
meinen Zwangsabgaben finanziert werden. Die Lösung, zwei Kategorien von
Datenübertragung zu unterscheiden, sollte intensiv geprüft werden. Dabei wären
schnelle Netze dort, wo Geschwindigkeit aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Gründen sehr wichtig ist (z. B. wegen Lebensgefahr), anders auszulegen und zu finan-
zieren als Verbindungen, die vorwiegend dem Vergnügen (z. B. Spiele) dienen.
26. Die modische Überhöhung hilft Lobbyisten aus Wirtschaft und Wissenschaft aller Art
bei der Akquisition von Aufträgen und von staatlichen Fördergeldern. Hierbei beob-
achtet man auch das Verhaltensmuster, bereits vorhandene Erkenntnisse oder prakti-
zierte Systeme herabzuwürdigen oder sogar zu negieren. Zum Teil ist dies Absicht,
zum Teil Nachlässigkeit bei der Recherche.
27. Kurze Hinweise, man wolle auch eine Funktion oder einen Prozess digitalisieren, führen
dazu, dass andere Informationen über ein Unternehmen (z. B. Zahlen aus dem Geschäfts-
bericht) leichter in der Presse platziert werden können („Türöffner-Schlagworte“).
28. Bei der Automation korrelieren die Nutzeffekte auf betriebswirtschaftlicher und die
auf volkswirtschaftlicher Ebene nicht zwangsläufig. Große Produktivitätssteigerun-
gen in den Unternehmen und damit Abbau von Arbeitsplätzen bei gleichzeitigem
strukturellem Anstieg der Arbeitslosigkeit müssen nicht das gesamtwirtschaftliche
Optimum darstellen.
29. Maximale („totale“) Vernetzung ist nicht gleichzusetzen mit optimaler. Entsprechend
gilt: Ein optimaler Automationsgrad ist schon aus Sicherheitsgründen (Fortpflanzung
von Fehlern und kriminellen Angriffen) mit dem maximalen nicht identisch und
ändert sich in verschiedenen Volkswirtschaften über dem Zeitablauf.
30. In den Annahmen über die weitere Entwicklung mitzuführen ist ein Szenario, in dem
Hochqualifizierte sehr viel arbeiten müssen, während Geringqualifizierte wenig
Beschäftigungschancen haben (Polarisierungsthese, Problem der „Employability“).
XIV Zusammenfassende Befunde und Thesen zu Digitalisierung und Industrie 4.0

Ein nationales Gesellschaftsmodell, das bis zur Ausbeutung der ersten Gruppe bei
gleichzeitigen starken Einkommenstransfers zur zweiten Gruppe führt, wäre auf Dauer
nicht praktikabel, weil um die Spezialisten ein internationaler Konkurrenzkampf ent-
stehen würde („War for Talents“). Auch vom Gerechtigkeitsstandpunkt her wäre dieses
Modell fragwürdig. Daher muss auf leistungsfähige IT-gestützte Assistenzsysteme
hingearbeitet werden, die den Mitgliedern beider Gruppen zugutekommen.
31. Auf vielen Feldern könnten zu frühe oder zu kühne Automationsvorhaben in Realisie-
rungen des mittleren Weges zwischen völlig personellen und vollautomatischen Funkti-
onen und Prozessen „rückfedern“. Die Methode der Wahl wären dann ebenfalls
leistungsfähige, neue Assistenzsysteme bzw. neue Erscheinungsformen der Mensch-Com-
puter-Interaktion. Diese könnten auch beschäftigungspolitische Vorteile zeitigen.
32. Insgesamt schätzen wir die gegenwärtig zu beobachtenden Neuerungen als begrüßens-
werte Fortschritte auf einem Entwicklungspfad ein. Benennungen wie „epochaler Wan-
del“ oder gar „Revolution“ und „Paradigmenwechsel“ erscheinen uns übertrieben.
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Moden und Trends in Forschung, Entwicklung und Betrieb. . . . . . 1


Literatur���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 2
2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 12
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 28
4 Merkmale von Trends in Wissenschaft und Technik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 34
5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5.1 Digitalisierung������������������������������������������������������������������������������������������������ 35
5.2 Industrie 4.0���������������������������������������������������������������������������������������������������� 46
5.3 Indizien für modische Verläufe im Sprachlichen�������������������������������������������� 50
5.3.1 Die Inflationierung des D-Wortes ������������������������������������������������������ 50
5.3.2 Die Inflationierung des I-Wortes und der Zahl 4.0 ���������������������������� 54
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 56
6 Digitalisierung und Industrie 4.0 als Moden oder Trends? . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 66
7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen
und Branchen – fördernde und hemmende Faktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
7.1 Industrie und Güterlogistik ���������������������������������������������������������������������������� 68
7.1.1 Zustandsabhängige vorbeugende Fehlerdiagnose und
Instandhaltung������������������������������������������������������������������������������������ 68
7.1.2 Parameterregulierung�������������������������������������������������������������������������� 70
7.1.3 Fertigungssteuerung���������������������������������������������������������������������������� 71
7.1.4 Management von Liefernetzen ���������������������������������������������������������� 72
7.1.5 Ausgewählte Anwendungssysteme zu I4.0���������������������������������������� 73
7.2 Finanzwirtschaft���������������������������������������������������������������������������������������������� 77
Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 80

XV
XVI Inhaltsverzeichnis

8 Änderung von Geschäftsmodellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83


Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 85
9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern. . . . . . . . . . . . 87
9.1 Informatik und Ingenieurwesen – inkompatible Kulturen?���������������������������� 87
9.2 Zögern von kleinen und mittleren Unternehmen und
Familiengesellschaften������������������������������������������������������������������������������������ 92
9.3 Spezielle Interessenlagen�������������������������������������������������������������������������������� 94
9.4 Individualisierung und Losgröße 1 ���������������������������������������������������������������� 96
9.5 Problematische Echtzeitentscheidungen�������������������������������������������������������� 98
9.6 Das „digitale Kraftfahrzeug“�������������������������������������������������������������������������� 99
9.7 Die VR China als Konkurrent���������������������������������������������������������������������� 101
9.8 Die Subsumtion von Vorhandenem�������������������������������������������������������������� 102
9.9 Spielereien und Triviales������������������������������������������������������������������������������ 104
9.10 Normung und Rechtsrahmen������������������������������������������������������������������������ 107
9.11 Erleichterter Betrug�������������������������������������������������������������������������������������� 110
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 111
10 Defizite beim Istzustand der Automation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
10.1 Öffentliche Verwaltung, Dienste, Politik und Verkehr������������������������������� 119
10.2 Finanzwirtschaft������������������������������������������������������������������������������������������ 127
10.3 Handel �������������������������������������������������������������������������������������������������������� 128
10.4 Industrie������������������������������������������������������������������������������������������������������ 129
10.5 Verlage�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 129
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 130
11 Nutzenbetrachtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
11.1 Schätzungen einzelner Unternehmen���������������������������������������������������������� 135
11.2 Schätzungen auf aggregierter Ebene���������������������������������������������������������� 136
11.3 Schätzungen des gesamtwirtschaftlichen Nutzens�������������������������������������� 138
11.4 Schätzungen des gesellschaftlichen Nutzens���������������������������������������������� 141
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 141
12 Risiken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
12.1 Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit ���������������������������������� 145
12.2 Fachkräftemangel���������������������������������������������������������������������������������������� 152
12.3 Risiken aus der Interdisziplinarität ������������������������������������������������������������ 153
12.4 Risiken aus veränderten Arbeitszeit-Strukturen ���������������������������������������� 153
12.5 Problematische Umfragen�������������������������������������������������������������������������� 154
Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 155

Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Abkürzungsverzeichnis1

ABS Antiblockiersystem
ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V.
ADV Automatische Datenverarbeitung
ATP Available-to-Promise
B2C Business-to-Consumer
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BDI Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Bitkom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue
Medien e.V.
BSI Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik
BVMI Bundesverband Musikindustrie
BWL Betriebswirtschaftslehre
CDO Chief Digital Officer
CEO Chief Executive Officer
CERT Computer Emergency Response Team
CIM Computer Integrated Manufacturing
CIO Chief Information Officer
CNC Computerized Numerical Control
CPFR Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
CPS Cyber-physical system (Cyber-physisches System)
CTM Capable-to-Match
DDoS Distributed Denial-of-Service
DEKRA Deutscher Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein
DFKI Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz
DIN Deutsches Institut für Normung
DSL Digital Subscriber Line
DV Datenverarbeitung

1
In das Abkürzungsverzeichnis haben wir keine allgemein bekannten Firmen, wie z. B. BMW oder
VW, aufgenommen, um den Umfang zu begrenzen.

XVII
XVIII Abkürzungsverzeichnis

EDV Elektronische Datenverarbeitung


eGK elektronische Gesundheitskarte
ERP Enterprise Resource Planning
EUS Entscheidungs-Unterstützungs-System
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
FISCUS Föderales Integriertes Standardisiertes Computer-Unterstütztes
Steuersystem
FITKO Föderale IT-Kooperation
GfK Gesellschaft für Konsumforschung
GPS Global Positioning System
HANA High Performance Analytic Appliance (Hochleistungsanalyseanwendung)
I4.0 Industrie 4.0
IBAN International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer)
IC Integrated Circuit (integrierter Schaltkreis, integrierte Schaltung)
IHK Industrie- und Handelskammer
IIC Industrial Internet Consortium
IIoT Industrial Internet of Things
IoT Internet of Things
ISO International Organization for Standardization (Internationale
Organisation für Normung)
IT Informationstechnik, Informationstechnologie
KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau
KI Künstliche Intelligenz
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
KNN Künstliche Neuronale Netze
MAS Multi-Agenten-System
MES Manufacturing Execution System
MIS Management-Informationssystem
MIT Massachusetts Institute of Technology
MOOC Massive Open Online Course
MUCS Mensch-Unterstützte Computer-Systeme
NFC Near Field Communication
NFE New Forwarding Environment
NRW Nordrhein-Westfalen
NZZ Neue Zürcher Zeitung
OECD Organisation for Economic Co-operation and Development
OR Operations Research
P23R Prozess-Daten-Beschleuniger
PLM Product Lifecycle Management (Produktlebenszyklusmanagement)
PPS Produktionsplanung und -steuerung
QR Quick Response
RAROC Risk Adjusted Return on Capital
Abkürzungsverzeichnis XIX

RARORAC Risk Adjusted Return on Risk Adjusted Capital


RFID Radio Frequency Identification
ROBASO Rollenbasierte Oberfläche
RORAC Return on Risk Adjusted Capital
ROS Robot Operating System
SCM Supply Chain Management
SQL Structured Query Language
TCO Total Cost of Ownership
TÜV Technischer Überwachungsverein e.V.
UN United Nations (Vereinte Nationen)
USB Universal Serial Bus
VDA Verband der Automobilindustrie e.V.
VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.
VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V.
VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
VMI Vendor Managed Inventory
VVL Verein zur Förderung innovativer Verfahren in der Logistik e.V.
WLAN Wireless Local Area Network
WWW World Wide Web
ZVEI Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.
Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Unterschiedliche Muster �������������������������������������������������������������������������������� 4


Abb. 2.2 Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2017 ([Gart17]; Mit
freundlicher Genehmigung von © Gartner Inc. All Rights Reserved) ���������� 5
Abb. 5.1 Entwicklung der Namen �������������������������������������������������������������������������������� 45
Abb. 5.2 Relative Suchanfragen für die Begriffe „Digitalisierung“
und „Industrie 4.0“������������������������������������������������������������������������������������������ 51
Abb. 5.3 Relative Suchanfragen für die Begriffe „Informatik“ und
„Wirtschaftsinformatik“���������������������������������������������������������������������������������� 51
Abb. 6.1 Effizienzverluste durch Moden ([MeBa16b]; Mit freundlicher
Genehmigung von © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010.
All Rights Reserved)�������������������������������������������������������������������������������������� 65

XXI
Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1 „Rückfedern“�������������������������������������������������������������������������������������������������� 5


Tab. 2.2 Rückkehr zur ursprünglichen Lösung������������������������������������������������������������ 6
Tab. 2.3 Gegenwärtiger Optimismus zur KI���������������������������������������������������������������� 9
Tab. 3.1 Zitate zu drohender Überschätzung���������������������������������������������������������������� 17
Tab. 5.1 Heterogene Begriffsverständnisse von Digitalisierung���������������������������������� 41
Tab. 5.2 Umfrage „Automation und Digitalisierung“�������������������������������������������������� 42
Tab. 5.3 Heterogene Begriffsverständnisse von Industrie 4.0 (I4.0)���������������������������� 47
Tab. 5.4 Einzelne Aussagen zur Digitalisierung���������������������������������������������������������� 54
Tab. 5.5 Skeptische Einschätzungen zu Industrie 4.0 (I4.0)���������������������������������������� 56
Tab. 7.1 Anwendungsbeispiele zu Industrie 4.0 (I4.0) ������������������������������������������������ 74
Tab. 7.2 Rationalisierung auf Kosten anderer�������������������������������������������������������������� 78
Tab. 8.1 Durch IT bedingte oder erleichterte Änderungen der Geschäftsmodelle�������� 84
Tab. 9.1 Skeptische Stimmen zu inkompatiblen Kulturen�������������������������������������������� 88
Tab. 9.2 Aussagen zum Unterschied zwischen den IT- und anderen Branchen ���������� 90
Tab. 9.3 Meldungen und Äußerungen betreffend KMU���������������������������������������������� 93
Tab. 9.4 Interessenlage und Geschäftschance�������������������������������������������������������������� 95
Tab. 9.5 Appelle������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 96
Tab. 9.6 Kühne Prognosen zur Rolle des Automobils�������������������������������������������������� 99
Tab. 9.7 Konzeptionen, Prototypen und Experimente zum autonomen Fahrzeug������ 100
Tab. 9.8 Vermeintliche Innovationen�������������������������������������������������������������������������� 103
Tab. 9.9 Spielereien und Triviales������������������������������������������������������������������������������ 105
Tab. 10.1 Kritische Stimmen zum Istzustand der öffentlichen Verwaltung ���������������� 120
Tab. 10.2 Schlecht geführte IT-Vorhaben der öffentlichen Verwaltung in
Deutschland�������������������������������������������������������������������������������������������������� 121
Tab. 10.3 Evolution statt Revolution���������������������������������������������������������������������������� 130

XXIII
XXIV Tabellenverzeichnis

Tab. 11.1 Nutzenschätzungen �������������������������������������������������������������������������������������� 136


Tab. 11.2 Skepsis hinsichtlich Nutzen�������������������������������������������������������������������������� 138
Tab. 11.3 Aussagen zu summarischen Größen auf volkswirtschaftlicher Ebene �������� 139
Tab. 11.4 Zusammenhänge Arbeitslosigkeit-Qualifikation-Automation���������������������� 140
Tab. 12.1 Einzelaussagen zur Datensicherheit������������������������������������������������������������� 147
Tab. 12.2 Schätzungen zum Fachkräftemangel������������������������������������������������������������ 152
Einleitung: Moden und Trends in Forschung,
Entwicklung und Betrieb 1

Zusammenfassung
Bei den verschiedensten Techniken und Wissenschaften kennt man neben Trends auch
Moden. Sie haben gewisse Vorteile, z. B. die Bündelung von Aufmerksamkeit und
Kräften, bergen aber Gefahren, insb. die der Ressourcenvergeudung.

In vielen Wissenschaften, in der Technik, Medizin und in Wirtschaftsbereichen kennt man


neben dem Trend zu neuen Erkenntnissen, die bessere Problemlösungen ermöglichen,
auch Modeerscheinungen. Besonders auffällig sind diese Wellen in Fächern mit engem
Bezug zu Märkten, so z. B. in den Ernährungswissenschaften, in der Pharmazeutik, der
Medizin, aber auch in der Informatik und deren Teildisziplinen, etwa der Wirtschaftsinfor-
matik (s. Kap. 3) [Mert95]. Auch die Betriebswirtschaft bleibt nicht verschont. Man denke
an die Aussagen zu Zentralisierung oder Dezentralisierung, Ausgliederung und Rückglie-
derung von Funktionen oder die zeitweise übertriebene Verwendung von mathematischen
Modellen, die sich in der Zweiglehre „Operations Research“ (OR) manifestierte. Viele
OR-Lehrstühle wurden als Folge nicht gehaltener Versprechungen später umgewidmet
und fehlen jetzt, wo sie besonders gebraucht werden. In der Informatik und Wirtschaftsin-
formatik haben wir die stark wechselnde Einschätzung der Künstlichen Intelligenz (KI)
als Exempel (s. Kap. 2).
Diese Verläufe über der Zeitachse haben den Vorteil, dass während der Hochzeit einer
Mode Kräfte geweckt und evtl. gebündelt werden, um einen Untersuchungsgegenstand
voranzubringen und wichtige Probleme zu lösen. Der Nachteil liegt u. a. darin, dass es in
dieser Phase zu Ressourcenvergeudung kommen kann. Diese ist besonders zu beklagen,
wenn keine kumulative Forschung und Entwicklung betrieben wird, d. h. wenn die
­positiven und negativen Befunde aus früheren Modewellen nicht bei der neuen Welle als
„Stand der Kunst“ wieder aufgegriffen werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 1


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_1
2 1 Einleitung: Moden und Trends in Forschung, Entwicklung und Betrieb

Gelingt es, den Verlauf von Moden und Trends wenigstens grob vorherzusagen, so
können auch Empfehlungen zu Investitionen und Desinvestitionen und damit verbun-
den Gewinnchancen und Risiken gegeben werden. So hat die Gartner-Beraterin Jackie
Fenn auf der Grundlage des „Gartner Hype Cycle“ (s. Kap. 2) 1999 den sogenannten
Dotcom-­Crash (nach der Aufbruchstimmung im Zuge der damals neuen technologi-
schen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Internet und mobilen Geräten war
eine Spekulationsblase geplatzt) ein halbes Jahr zuvor prognostiziert [OV15ax].
Das Merkmal „zu wenig kumulative Forschung und Entwicklung“ trifft speziell
auch auf Digitalisierung und I4.0 zu. Beispiele sind die früheren Versuche zu automa-
tischen Montagesystemen, die Robotik, die Arbeiten zu integrierten IT-Systemen, die
Expertensysteme und Softwareagenten in Informatik und Wirtschaftsinformatik, das
Produktlebenszyklusmanagement im Marketing, die Instandhaltungssteuerung in der
Industriebetriebslehre und im Operations Research oder das Supply Chain Manage-
ment in Logistik, Operations Research und Wirtschaftsinformatik.

Literatur

[Mert95] Mertens P (1995) Wirtschaftsinformatik – Von den Moden zum Trend. In: König W
(Hrsg) Wirtschaftsinformatik '95, Wettbewerbsfähigkeit – Innovation – Wirtschaftlichkeit.
­Heidelberg, S 25–64
[OV15ax] Ohne Verfasser (2015ax) Hype-Zyklus. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hype-
Zyklus. Zugegriffen am 15.11.2015
Typen von Entwicklungen über der
Zeitachse 2

Zusammenfassung
Es haben sich ganz unterschiedliche Typen der Entwicklung neuer Technologien und
Techniken ausgeprägt. In der Informationstechnik und Informationsverarbeitung kann
man oft den Typus „Gartner Hype Cycle“ heranziehen, um den Verlauf von neuen Ent-
wicklungen zu modellieren.

Die Ursachen für unterschiedliche Typen von Entwicklungen sind vielfältig. Diese sind
u. a.:

1. Anfängliche Skepsis gegenüber dem Neuen, Unkonventionellen.


2. Mangelndes Verständnis, verursacht durch fehlende Grundausbildung, z. B. bei Infor-
matikern hinsichtlich Maschinenbau, Liefernetz-Management oder Rentabilitätsrech-
nungen oder bei Betriebswirten in Bezug auf Protokolle bei eingebetteten Systemen
oder auf die Sicherheit von Hardware und Software.
3. Diffuse Furcht vor dem Bedeutungs- und Kontrollverlust bei Fachleuten und Laien und
vor Fehlfunktionen (informations)technischer Systeme: Bremst ein ABS-System bei
glitschiger Fahrbahn oder vereistem Straßenbelag besser als der Fuß des erfahrenen
Kfz-Lenkers? Findet der Autopilot den Landepunkt bei Scherwinden besser als der
Flugkapitän?

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 3


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_2
4 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

Abb. 2.1 Unterschiedliche Muster

Die Entwicklung von Wissenschafts- und Wirtschaftszweigen einschließlich Technologien


lässt sich mit unterschiedlichen Mustern beschreiben (Abb. 2.1):

1. Trendentwicklung mit kleinen, außerhalb einer spezialisierten Fachgemeinschaft kaum


wahrgenommenen Sprüngen (s. Abb. 2.1/I.): Man kann auch von einer Treppe mit
niedrigen Stufen sprechen. Ein wichtiges Beispiel ist die Leistungssteigerung bei
Schaltkreisen, oft mit dem Moore’schen Gesetz modelliert.
2. Sprungentwicklung (s. Abb. 2.1/II.): Als Beispiel haben wir die Ablösung von Spei-
chermedien: Lochkarte → Magnetband → Trommelspeicher → Magnetplatte → Chip
→ Hauptspeicher auch als Aufbewahrungsort für große Datenbestände.
3. Frühe Überschätzung mit folgender umso größerer Enttäuschung sowie nachfolgender
Realisierung auf einem mittleren Niveau („Gartner Hype Cycle“, benannt nach dem
US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. (Abb. 2.2)): Dieses
Niveau mag man auch als „Rückfedern“ von einer übertriebenen Erwartung zu einer
Lösung begreifen, mit der zwar das ursprünglich versprochene Maximum nicht erreicht,
aber ein mehr oder weniger großer Fortschritt erzielt wird (Tab. 2.1).
2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse 5

Connected Home
expectations Deep Learning
Virtual Assistants Machine Learning
IoT Platform Autonomous Vehicles
Smart Robots Nanotube Electronics
Edge Computing Cognitive Computing
Augmented Data Discovery Blockchain
Smart Workspace
Commercial UAVs (Drones)
Conversational User Interfaces
Brain-Computer Interface Cognitive Expert Advisors
Volumetric Displays
Quantum Computing
Digital Twin
Serverless PaaS
5G
Human Augmentation
Enterprise Taxonomy
Neuromorphic Hardware and Ontology
Deep Reinforcement Learning Management
Software-Defined Virtual Reality
Artificial General Intelligence Security
4D Printing
Augmented Reality

Smart Dust

As of July 2017
Peak of
Innovation Trough of Plateau of
Inflated Slope of Enlightenment
Trigger Disillusionment Productivity
Expectations
time
Years to mainstream adoption: obsolete
less than 2 years 2 to 5 years 5 to 10 years more than 10 years before plateau

Abb. 2.2 Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2017 ([Gart17]; Mit freundlicher
Genehmigung von © Gartner Inc. All Rights Reserved) (Legende: PaaS platform as a service;
UAVs unmanned aerial vehicles)

Tab. 2.1 „Rückfedern“


Beispiele
Assistenzsysteme zur Produktionslenkung als Mittelweg zwischen rein personeller und
vollautomatischer Steuerung oder neuere Formen der „Kooperation“ zwischen Robotern und
ihren Bedienungskräften [Oste17, Nell16].
Nachdem die mikroinvasiven Operationstechniken in der Medizin erfunden worden waren, galt
zeitweise die Öffnung des Bauchraumes als obsolet. Bald erkannte man, dass mikroinvasive
Eingriffe auch gefährlich sein können, wenn das zu operierende Organ bereits vereitert ist. Nun
begann man an differenzierten Regeln zu arbeiten, wann der Bauchschnitt oder die sog.
„Schlüsselloch-Technologie“ die Methode der Wahl wäre.
Möglicherweise wird das vollautomatische Fahrzeug („ohne Lenkrad und Bremse“) in der Breite
auf lange Sicht nicht kommen, wohl aber ein PKW mit sehr hilfreichen Assistenzsystemen, wie
z. B. frühzeitiger Warnung vor einer Nebelwand. (Im Dezember 2016 verdichteten sich Gerüchte,
dass z. B. Google vorerst vom Plan, ein selbstfahrendes Auto zu entwickeln, ablässt, aber
vermehrt Assistenzsysteme entwickeln und erproben wird [Lind16b].) Die
Unternehmensberatung Bain & Company hat für derartige Synthesen den Begriff „,digicale‘
Strategien“ (zusammengesetzt aus digital und physical) geprägt [Sinn15].
Vollautomatische Lehrgänge (z. B. MOOC’s) → Mischung von Präsenz- und Online-Kursen
(„Blended Learning“).
(Fortsetzung)
6 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

Tab. 2.1 (Fortsetzung)


Beispiele
Einschränken des Anspruchs, allgemeine („general“) Problemlösesysteme der Künstlichen
Intelligenz zu entwickeln, auf weitgehend branchenspezifische Expertensysteme.
Die Grenzen zwischen modernem Online- und traditionellem Offline-Handel verschwimmen
zunehmend [OV17bb]. In der Praxis ist zu beobachten, dass große Online-Versandhäuser, wie
z. B. Amazon oder Anbieter von Bekleidung, Läden in Innenstadtlagen eröffnen oder umgekehrt
Filialhändler ihr Sortiment auf Internet-Plattformen zum Vergleich offerieren [Gier16a, BeSc04].
Eine weitere Mischform erprobt Zalando: Die im Internet angebotenen Artikel werden nicht
mehr direkt aus den großen Lagern des Anbieters zum Endkunden geliefert; vielmehr erfolgt die
Auslieferung durch kleine Einzelhändler im Rahmen des Programmes „Integrated Commerce“
[Weis16].
Weil die neuen Triebwerke des Airbus 320 neo („neo“ = new engine option) technische
Probleme aufwerfen, kehren Fluggesellschaften zu den Motoren des bisherigen Airbus 320 ceo
(„ceo“ = current engine option) zurück [FaHK17].
Vor allem bei jungen Käufern registriert man neue Vorlieben für „analoge“ Produkte wie
Schallplatten oder Polaroid-Fotos [SaSt17].

Tab. 2.2 Rückkehr zur ursprünglichen Lösung


Beispiele
Die Karstadt Warenhaus GmbH hat den Ausbau des Online-Shops gebremst, weil Verluste
eintraten. Kolf schreibt, dass der E-Commerce 2014 euphorisch ausgebaut worden war, jetzt aber
von einer Online-Offensive nicht mehr die Rede sei [Kolf16].
Ein österreichischer Hotelier drohte, zu physischen Zimmerschlüsseln zurückzukehren, nachdem
aufgrund von DDoS-Angriffen die Gäste in ihren Zimmern eingeschlossen wurden [OV17aq].
Die Deutsche Nationalbibliothek will die Ausleihe von Büchern in digitaler Form zugunsten der
Ausleihe von physischen Büchern wieder aufgeben [NiSF17].
Die Frankfurter Sparkasse lässt für bestimmte Konten die Möglichkeit auslaufen, mit Hilfe von
Karten Beträge am Automaten abzuheben [OV16bi].
Bank of America, IBM und Yahoo widerrufen die den Angestellten eingeräumten Möglichkeiten
verstärkter Heimarbeit („Anytime-anywhere-workforce-Aktion“) [Simo17].

In anderen Fällen kommt man zumindest für eine gewisse Zeit ganz zur ursprünglichen
(nicht IT-gestützten) Lösung zurück (s. Tab. 2.2).
Charakteristisch für das Modell „Gartner Hype Cycle“ ist ein steiler Anstieg in einer
Phase der modischen Überhöhung. Dieses Wachstum wird nicht zuletzt durch in der Öffent-
lichkeit lautstark artikulierte Interessen, z. B. von Lieferanten von Hard- und Software,
Unternehmensberatern, Markt- und Meinungsforschungsinstituten, verursacht bzw. ver-
stärkt. Schließlich wird ein Gipfel, bei Gartner der „Peak of Inflated Expectations“, erreicht.
Es folgt ein steiler Abfall, denn mit den beim Aufstieg übertriebenen Versprechungen kor-
respondieren nun große Enttäuschungen, zuweilen verbunden mit Spott, der sich über Per-
sonen ergießt, die an dem Thema weiterarbeiten (das war z. B. zu beobachten, als die stark
automatisierte Endmontagehalle 54 der Volkswagen AG gewisse Enttäuschungen auslöste;
vgl. auch Kap. 3). Manchmal kommt es zum Platzen von Spekulationsblasen, vor allem
dann, wenn in der Aufstiegsphase sehr viel Wagniskapital in riskante Projekte und
2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse 7

Unternehmensgründungen investiert wurde; die Dotcom-Blase platzte in Verbindung mit


überhöhten Erwartungen zur Rentabilität und Überlebensfähigkeit von Internet-Unterneh-
men („New Economy“). Von nun an jedoch wird das Ziel von wenigen nachhaltig operie-
renden Unternehmen weiterverfolgt. (Sorgfältige Analysen derartiger Großexperimente
führen im Übrigen auch auf die schwierige Herausforderung, bezogen auf die jeweiligen
Funktionen und Branchen Richtlinien abzuleiten, wann bei gegebener Technik ein IT-Sys-
tem einem Menschen mit welcher Kompetenz über- oder unterlegen ist [ChMM16].)
Schließlich fällt man in das Tal der Enttäuschungen („Trough of Disillusionment“).
Man bewegt sich anschließend auf einem soliden Wachstumspfad bis hin zu einem stabi-
len Plateau („Plateau of Productivity“). Nachdem auch weitere Automobilunternehmen in
der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre mit ähnlichen Großexperimenten wie VW keinen durch-
schlagenden Erfolg hatten, konzentrierte man sich mehr auf den Einsatz von Robotern im
Rohbau, weniger in der Endmontage, z. B. bei der Audi-A3-Halle. Mittlerweile hat Audi dort
beachtliche Erfolge, die auch den Fortschritten bei der Sensorik und bei 3D-Kameras
geschuldet sind. Tatsächlich verfügt man jetzt über stark verfeinerte Sensorik, die es z. B.
immer mehr erlauben dürfte, kleine Toleranzüberschreitungen bei den Teilen zu reduzieren.
Volkswagen verwendet beim Bau der Golf-Karosserie im Frühjahr 2017 so viele Roboter
wie Mitarbeiter. Im Übrigen setzten sich in der Folge andere, oft aus Japan und hier von
Toyota stammende Konzepte durch, wie z. B. die „Schlanke Fertigung“ („Lean Produc-
tion“). Inwieweit weiterer technischer Fortschritt I4.0 nunmehr im Vergleich zu den
1980er-Jahren begünstigt, ist schwer einzuschätzen [Müll15a]. Im Vorfeld der Montageauto-
mation könnten sich stark verbesserte Techniken der Simulation des Zusammenspiels von
Produktmerkmalen (Konstruktion/Design) und Technik sowie Ergonomie der Fertigung
(vgl. Abschn. 9.4) vorteilhaft auswirken. Bei der Audi AG plant man Produktionsprozesse
und die zugehörigen Anlagen und Werkzeuge startend von der Fertigungslinie rückwärts
(„Line-Back-Planning“): Ausgehend vom Arbeitsplatz werden alle vorgelagerten Stufen wie
Materialabruf, Wareneingang und der externe Transport bis zurück zum Lieferanten unter
Zuhilfenahme von IT-Instrumenten untersucht. Die Behälter, aus denen der Monteur mit
seinen Arbeitsmaterialien versorgt wird, sollen ergonomisch günstig im Griffbereich des
Mitarbeiters angeordnet werden. Hierzu verfügt der Fertigungsplaner über ein „3D-Materi-
albereitstellungslayout“. Die von der Logistik den Bauteilen zugeordneten Behälter werden
in diesem Layout der jeweiligen Produktionsanlage automatisch als 3D-Objekt mit dessen
exakten Abmessungen zugewiesen [Mert13, S. 63, 64]. Auch dürften sich die politischen
Voraussetzungen verbessert haben und die Vorbehalte der Arbeitnehmerschaft geringer sein,
nachdem die Befürchtungen zu generell hoher Arbeitslosigkeit weniger begründet sind.
4. „Sternschnuppen-, Nova- bzw. Supernova-Effekt“ (s. Abb. 2.1/III.): Eine technisch
mögliche Entwicklung wird vorübergehend als Vorbote einer neuen Generation einge-
stuft. Trotz erheblicher Investitionen in Human- und Sachkapital „verglüht die Stern-
schnuppe“. Prominente Beispiele sind das Überschall-Passagierflugzeug Concorde
zusammen mit dem Nachbau in der Sowjetunion („Concordski“), das Geschwindigkei-
ten von Mach2 erreichte und den Beinamen „Königin der Lüfte“ erhielt, senkrecht
startende Passagierflugzeuge, der Kreiskolbenmotor für Kraftfahrzeuge (Wankelmo-
tor), die Magnetschwebebahn oder die voll automatisierte Hüftgelenksoperation.
8 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

5. Wiederholte Modewellen (Abb. 2.1/IV.): Am bekanntesten sind solche Konstellationen in


der Textilwirtschaft („Wenn der Minirock in den Schaufenstern und in der Fußgängerzone
auftaucht, arbeiten die Designer in den Modeateliers schon am knöchellangen Kostüm.“).
Zur KI konnten bereits vier Phasen beobachtet werden (Persönliche Einschätzung von
Günther Görz): Am Anfang stand die Phase „General Problem Solver“. Wie das Wort
„General“ zum Ausdruck bringt, zielten die Methoden nicht von vornherein auf spezielle
Problemtypen, Wirtschaftszweige oder Institutionen. Die allgemeinen, mächtigen Algo-
rithmen nutzten neben Optimierungsrechnungen auch Ableitungsverfahren der Logik.
Nachdem man deren Grenzen erkannt hatte, folgten die Wissensbasierung mit den
Expertensystemen (XPS) (einen Überblick über Anwendungen findet man bei [MeBG93]),
aber auch die Bildverarbeitung und Ansätze zur Robotik. Mit Expertensystemen konnte
man oft regelbasierte menschliche Entscheidungen gut automatisieren, jedoch erwies es
sich als aufwendig, Regeländerungen, z. B. durch den Steuergesetzgeber, in die Wissens-
basen einzupflegen. Viele implementierte IT-Systeme enthalten wesentliche Elemente von
XPS, auch wenn das nach etlichen Umbenennungen nicht bewusst ist. Nach einigen Jah-
ren wurden die Künstlichen Neuronalen Netze (KNN) stark beachtet, vor allem auch weil
hinzukam, dass man erstmals hinreichende Speicher- und Rechenkapazitäten hatte.
Ende der 1990er-Jahre war nach längerem Aufschwung der Begriff KI und mit ihm
der der Expertensysteme auch in der Öffentlichkeit diskreditiert. Der Gründer von Goo-
gle, Larry Page, sah es in einem Interview so: „Die Forschung zur Künstlichen Intelligenz
war lange aus der Mode, das Thema galt als abgehakt und aussichtslos“. [Schul15, S. 106]
Marvin Minsky, der als Pionier der KI angesehen wird, musste schon in den 1950er-Jah-
ren erleben, dass er und andere KI-Forscher nach anfänglicher Begeisterung und kühnen
Prognosen sogar verspottet wurden [Knop16d]. KI-Lehrstühle wurden anderen Verwen-
dungen zugeführt. Görz sprach vom KI-Winter.
Gegenwärtig (2017) erleben wir eine „Hochkonjunktur“ der Prognosen, was die KI
alles leisten werde. In der Wissenschaft setzt man große Hoffnungen auf die Weiterent-
wicklung komplexer stochastischer Lernverfahren auf Basis der KNN, die nach spekta-
kulären Episoden wie dem Sieg über den damaligen Schachweltmeister Kasparow oder
einen führenden GO-Spieler auch relative Laien beeindrucken. (Kasparow hat allerdings
2017 in einem Interview den Erfolg des IBM-Systems Deep Blue relativiert. U. a. habe
ein IBM-Mitarbeiter einen speziellen Zug im Zusammenhang mit dem Opfer einer
Springer-­Figur während des Wettkampfes nachträglich in das System programmiert
[Löff17].) Es sind aber auch Rückschritte zu verzeichnen. Zum Beispiel können die
neuen Methoden – anders als die Expertensysteme mit ihren Erklärungskomponenten
(„Why?“, „Why not?“) – den Menschen ihre Vorschläge bzw. Maßnahmen im Detail
nicht gut begründen; daraus mögen Vertrauensprobleme entstehen.
Die Ansprüche an die künftigen KI-Systeme sind so hoch und allgemein, dass man
wieder von einem „General Problem Solver“ sprechen möchte. Man könnte daher die
Metapher „Kreisverkehr“ oder auch „Spirale“ bzw. „Aufwärtsspirale“ benutzen.
Die tatsächlichen Arbeiten in Forschung und Entwicklung sowie die damit verbun-
denen Erwartungen spiegeln sich auch in öffentlichen Bekundungen sowie in den Stra-
tegien und Maßnahmen von Unternehmen (s. Tab. 2.3/I.). Tab. 2.3/II. bringt gewagte
Prognosen zur technischen Leistungsfähigkeit, Tab. 2.3/III. Vorhersagen mit Bezug
2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse 9

zu makroökonomischen Wirkungen, ohne dass Haltung zu gesellschaftlichen Entwick-


lungen bezogen wird. Auch kühne, z. T. fast dramatische Vorhersagen und Befürchtun-
gen zu gesellschaftlichen Auswirkungen sind symptomatisch für die aktuelle „KI-Welle“ (s.
Tab. 2.3/IV.). Der auf Internet-Fragen spezialisierte Kolumnist Sascha Lobo formulierte im
März 2017: „Kaum ein Feld der Technologie ist so unterschätzt und überschätzt wie Künst-
liche Intelligenz.“ Er gibt aber schließlich die optimistische Prognose: „Künstliche Intelli-
genz steht vor dem Durchbruch – diesmal wirklich … jetzt ist (sie) das nächste Schlachtfeld
der Ökonomie, das in fast jeden Bereich eingreifen kann und wird“ [Lobo17].

Tab. 2.3 Gegenwärtiger Optimismus zur KI


Beispiele
I. KI: Konkrete Maßnahmen von Unternehmen und staatlichen Stellen
1. Apple und auch das japanische Unternehmen Sony investieren massiv in KI [OV16cg]. So
kaufte Apple im August 2016 die Firma Turi, die lernende Maschinen entwickelt und auf
Verfahren spezialisiert ist, Betrugsversuche aufzudecken [OV16aa].
2. Die Unternehmensleitung der Robert Bosch GmbH hat 300 Mio. Euro für ein Zentrum für KI
freigegeben. 2022 soll schon ein Zehntel des Umsatzes auf Produkte mit KI entfallen [Knop17b].
3. Die Continental AG hat ein eigenes Team aufgebaut, das die Platinen und
Steuerungsgeräte im Fahrzeug mit KI ausstatten soll. So könnten sich Fahrzeuge auf den
Fahrstil des Lenkers einstellen [Müßg16].
4. Der Daimler-Konzern hat im Silicon Valley eine KI-Abteilung aufgebaut [Schul16, S. 85].
5. Der Facebook-Gründer, Mark Zuckerberg, stiftet europäischen Universitäten 25
Hochleistungsrechner für KI-Forschung [OV16bx].
6. Bei Google übernahm 2016 der bisher für die KI Verantwortliche, Amit Singhal, die Leitung
des Bereichs Suchmaschine [Lind16c]. Google sieht bei seinem neuen Smartphone Pixel als
entscheidende Weiterentwicklung das auf KI basierende Assistenzsystem „Google Assistant“.
Das Unternehmen nutzt Suchanfragen, um die KI zu verbessern. In der Tochter Deep Mind
soll die Maxime gelten: „First, solve Artificial Intelligence. Then solve everything else.“
[Schwä16] Ferner kaufte Google 2016 das französische Unternehmen Mood Stocks, mit
dessen Technologie Smartphones Gegenstände erkennen können [OV16bk].
7. Tesla hat einen Fachmann für KI (als „KI-Direktor“) eingestellt, der die Entwicklung des
Autopiloten mitverantworten soll [Wimm17].
8. Wegen seiner besonderen, schwierigen und wichtigen Aufgabe wurde dem Amazon-­
Bereichsvorstand Andrew Jassy ein höheres Gehalt als dem Gründer und Vorstands­
vorsitzenden Jeff Bezos zugebilligt. Jassys wichtigstes Projekt ist die KI [OV17al].
9. Bei der Siemens AG arbeiten 200 Experten für Neuronale Netze [Merx17].
10. Toyota investiert im Rahmen eines Fünf-Jahres-Projektes eine Milliarde Dollar in den
Aufbau eines konzerneigenen Zentrums für KI [OV16bv]; 50 Mio. $ fließen in eine
Zusammenarbeit mit der Stanford University und dem MIT, um die KI beschleunigt zu
erforschen [OV15as, OV15bx].
11. Ein Signal zur neuen Bedeutung und Wucht von KI geht davon aus, dass Google,
Facebook, Amazon, IBM und Microsoft eine „Partnership on Artificial Intelligence to
Benefit People and Society“ starten. Dieses große Vorhaben soll einerseits Beiträge zur
Weiterentwicklung der KI leisten, andererseits aber auch in Fragen der Ethik beraten und
generell „die Qualität des menschlichen Lebens verbessern“ [Mark16a].
12. In Baden-Württemberg soll das „Cyber Valley“ als „Zentrum der künstlichen Intelligenz“
entstehen. Es soll eines Tages so bekannt sein wie das Silicon Valley. Beteiligt sind u. a. das
Land Baden-Württemberg mit seinen Universitäten, zahlreiche Unternehmen mit
Schwerpunkt Automobilindustrie, aber auch Facebook und Stiftungen.
(Fortsetzung)
10 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

Tab. 2.3 (Fortsetzung)


Beispiele
II. KI: Kühne technische Prognosen
1. Jen-Hsun Huang, CEO des Halbleiterherstellers Nvidia Corporation, sagte: „Künstliche
Intelligenz wird die Software fressen (in jegliche Software eindringen, die Verf.)“
[Lind17].
2. Der Zukunftsforscher Paul Saffo erwartet, „dass es in ein paar Jahren erste Unternehmen
geben wird, deren Belegschaft fast nur aus Maschinen besteht“ [Hohe16].
3. Simon Hegelich, Professor für Political Data Science, TU München: „Innerhalb der
nächsten zwei Jahrzehnte werden wir Computer sehen, die eigene Kreativität entwickeln“
[Kamp17].
4. Was auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz geschieht, wird schon jetzt von Experten
auf eine Stufe mit der Einführung der Elektrizität gestellt [Sudm16].
5. „Die illustre Runde (eines „Digital-Manifestes“) hält es für absehbar, ‚dass
Supercomputer menschliche Fähigkeiten bald in fast allen Bereichen übertreffen
werden – irgendwann zwischen 2020 und 2060‘“ [Dwor17, S. 100].
6. Es dringen das Semantische Netz, „Big Data“ und maschinelle Lernverfahren in den
Vordergrund, oft mit dem Begriff „Cognitive Computing“ bezeichnet [Furb16].
III. KI: Vorhersagen mit Bezug zu makroökonomischen Wirkungen
1. Wolfgang Wahlster, technisch-wissenschaftlicher Direktor und Vorsitzender der
Geschäftsführung im DFKI: „Intelligente Systeme sind die Speerspitze der digitalen
Transformation“ [Duer16, S. 59].
2. Satya Nadella, CEO von Microsoft: „Es ist nicht so, dass wir heute tatsächlich
Wirtschaftswachstum haben. Wir brauchen also einen technologischen Durchbruch, wir
brauchen KI“ [Ludo17].
3. Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Telekom AG: „Es gibt für
deutsche Unternehmen keine Ausrede, KI nicht zu nutzen“ [Kerk16b].
4. Andrew Ng, Mitarbeiter beim chinesischen Software-Konzern Baidu, früher Entwickler
des Projektes „Google Brain“: „Künstliche Intelligenz wird alle Industriebereiche
umwälzen. Künstliche Intelligenz ist die neue Elektrizität“ [Wedd17].
5. Cornelius Baur, Managing Partner der McKinsey & Company, Büro Deutschland:
„Sie (die künstliche Intelligenz) hat das Potenzial, die Umwälzung vieler Branchen
zu beschleunigen, und bietet den deutschen Unternehmen damit faszinierende neue
Möglichkeiten – bis hin zur sich selbst in Echtzeit optimierenden Produktion“
[Baur17a].
6. Paul Daugherty, für Technology zuständiger Manager von Accenture GmbH: „Künstliche
Intelligenz wird die Spielregeln des Wettbewerbs neu definieren“ [OV17bi].
7. Aus einer McKinsey-Studie wird die Vorhersage zitiert: „Bis 2030 kann das
Bruttoinlandsprodukt Deutschlands durch den Einsatz von intelligenten Robotern um bis
zu 4 Prozent höher liegen als ohne ihren Einsatz“ [Weig17, Höpn17a].
8. Jen-Hsun Huang, CEO von Nvidia Corporation: „Der Transportmarkt ist eine riesige
Industrie, mit 10 Billionen Dollar Jahresumsatz, und Künstliche Intelligenz wird in
diesem eine Rolle spielen“ [Fues16a].
9. Ginny Rometty, CEO und Präsidentin von IBM: „In wenigen Jahren wird jede größere
Entscheidung – ob privat oder geschäftlich – mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und
kognitiven Technologien fallen“ [OV17bm].
10. Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, nennt KI-Systeme, die
umfangreiche Aktenbestände analysieren. In wenigen Jahren könnte jeder zweite
Junganwalt in Wirtschaftskanzleien ersetzt werden (Schellenberg bezieht sich auf die
Boston Consulting Group und auf die Bucerius Law School) [Veit16].
(Fortsetzung)
2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse 11

Tab. 2.3 (Fortsetzung)


Beispiele
IV. KI: Kühne Prognosen, auch zu gesellschaftlichen Folgen
1. 2016 war KI eines der Schwerpunktthemen der Messe CeBIT. Jürgen Schmidhuber wird
mit der Vision in Verbindung gebracht, dass es einen Computer geben könnte, der so viel
leistet wie vielleicht zehn Milliarden Menschenhirne zusammen. „Die KI-Zivilisation
wird sich ausbreiten hinaus ins Sonnensystem, den Asteroidengürtel plündern und
umgestalten … um Roboterfabriken zu bauen …“ [Spec16]
2. Der „Thinktank“ McKinsey Global Institute schätzt, dass „die KI die Gesellschaft
zehnmal schneller und 3000-mal stärker verändern werde als es die industrielle
Revolution getan hat“ [GaBW16, Duer16].
3. Im Rahmen des Tay-Projektes von Microsoft wurde das Wort „Digitale Weltmacht“
benutzt [Schwä16].
4. Die Welt berichtet: „Für den Fall, dass intelligente Maschinen irgendwann außer
Kontrolle geraten, wollen Techniker des Internetkonzerns Google einen Notfallknopf
entwickeln. Ob das denn dann auch funktioniert, weiß niemand“ [Fues16b].
5. Konrad Fischer schreibt: „Nicht nur fließen derzeit Milliarden an Investorengelder in alles,
wo Künstliche Intelligenz draufsteht. Mit den menschlichen Maschinen werden zudem
gesellschaftliche Revolutionen verkündet. … Arbeitsplätze werden sie bald überflüssig
machen, ganze Branchen hinwegfegen … wie das Perpetuum mobile sollen sie am Ende
Kräfte ihres Schöpfers aufrechterhalten können, wenn nicht gar übertreffen“ [Fisc16b, S. 95].
6. Der Gründer des Automobilherstellers Tesla, Elon Musk, hatte öffentlich die Sorge geäußert,
„die Künstliche Intelligenz sei die vermutlich größte Gefahr für unsere Existenz“ [Stei15].
Er fürchtete auch: „Der Wettbewerb um die Vorherrschaft in KI auf nationaler Ebene wird
meiner Meinung nach der wahrscheinlichste Auslöser des Dritten Weltkriegs“ [Jans17b].
7. Der Zukunftsforscher Lars Thomsen antwortete in einem Interview: „Für mich ist die
Künstliche Intelligenz ein natürlicher Schritt in der Evolution. … Das zwingt uns … ganz
neu über den Sinn unseres Lebens … nachzudenken“ [Nara15].
8. Eine kühne Vision wird zuweilen mit dem Begriff „Intelligenzexplosion“ beschrieben:
Sobald eine Maschine entwickelt ist, die auf menschlichem Niveau arbeitet oder es gar
übertrifft, wird dieses Gerät Computer entwickeln, die ihrerseits überlegen sind. Diese Kette
setzt sich fort bis zur sogenannten Superintelligenz. Der Mensch ist dann nur noch eine Art
Randgröße. Vielleicht wird ihm ein solcher Computer als Implantat eingepflanzt [Bost14].
9. Symptom für eine modische Überhöhung ist auch die Vielfalt der Begriffsverständnisse,
vor allem in der nicht streng fachbezogenen Presse. So schreibt Sascha Lobo ironisch:
„… Künstliche Intelligenz (KI). Oder besser formuliert: das, was man gegenwärtig unter
der sich ständig wandelnden Zuschreibung Künstliche Intelligenz vermarktet. …
Künstlich intelligent erscheint immer die Technologie, zu der nach heutiger Vorstellung
Maschinen nicht in der Lage sind“ [Lobo16].
10. Etwas Skepsis lässt auch Ralf Herbrich, bei Amazon Deutschland verantwortlich für die
Konzernabteilung „Machine Learning“, erkennen. Er formulierte: „Das Verrückte im Bereich
„Maschinelles Lernen“ ist: Es gibt bereits jetzt mehr Algorithmen als Probleme“ [KoTu17].
11. Sogar in Fernseh-Krimis hat es die KI schon gebracht [Busz16].
12. Stephen Hawkings warnt vor dem Ende der Menschheit, wenn KI sich verselbstständigt
[Hohe15, S. 48]. Er äußerte: „Die Computer werden irgendwann in den kommenden 100
Jahren mit ihrer Künstlichen Intelligenz den Menschen übertreffen. Das wird das größte
Ereignis in der Geschichte der Menschheit werden – und möglicherweise auch das letzte“
[Knop16a]. Der methodische Weg dorthin könnte über das sogenannte Evolutionäre
Rechnen („Evolutionary Computation“) führen: Computer werden kombiniert
(„gepaart“), sodass jeweils neue Computer entstehen, von denen die leistungsfähigsten
„überleben“. So würde eine Art Darwin’scher Prozess resultieren [Lenz17a].
12 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

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14 2 Typen von Entwicklungen über der Zeitachse

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meine Sonntagszeitung vom 23.04.2017, S 27
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article/20170621/NACHRICHTEN/170629971/nach-nur-sechs-monaten-chris-
lattner-verlaesst-tesla-schon-wieder. Zugegriffen am 19.07.2017
Merkmale von Moden in Wissenschaft
und Technik 3

Zusammenfassung
Beim Rückblick auf Modewellen erkennt man eine Vielzahl von Merkmalen. Übertrei-
bungen, die zu besonders großen Abweichungen von einer kontinuierlichen Entwick-
lung bzw. von einer Trendlinie führen, sind oft auf spezielle unternehmerische
Interessen zurückzuführen. Aber auch das Bestreben, von überdurchschnittlicher Auf-
merksamkeit zu profitieren, die eine neue Mode auf sich zieht, spielt eine Rolle, z. B.
in der Politik.

Vergleicht man rückblickend Modewellen, so schälen sich die folgenden Merkmale


heraus:

1. Das Thema erhält für eine bestimmte Zeit Aufmerksamkeit weit über die Fachwelt
hinaus.
2. Die Medien und Berufspolitiker stimmen der Bedeutung zu. Beispielsweise stellte der
EU-Kommissionsvorsitzende Jean-Claude Juncker 2015 die Digitalisierung auf eine
Ebene mit der Außenpolitik und mit der Flüchtlingspolitik [MüSS15, S. 27].
3. Vorreiter der neuen Mode werden bewundert. Personen und Institutionen, die sich
skeptisch zur Nachhaltigkeit der jeweils aktuellen Entwicklungen äußern, stellt man
gern als Menschen hin, die „von gestern“ oder „ewige Bedenkenträger“ sind und den
Anschluss verpasst haben oder zu pessimistisch sind. Georg Giersberg wirft in einer
Besprechung dem Verfasser eines Buches über „Digitale Transformation“ mangelnden
Optimismus vor und dass er „leider … am Ende doch in eine pessimistische Stim-
mung“ verfällt, und weiter: „seine positiven Beispiele sollten Anregung für jeden sein,
den Gang in die digitale Welt mutig und optimistisch zu gehen“ [Gier16g].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 15


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_3
16 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

4. Vor allem bei dem Bemühen, staatliche Subventionen oder politische Unterstützung zu
erhalten, aber nicht nur deshalb, werden Ängste geweckt, es könnte eine sehr wichtige
Entwicklung oder gar Zeitenwende verschlafen werden und die Konkurrenz (andere
Unternehmen und Staaten) würde einen Wettbewerbsvorteil erreichen („Alarmismus“).
Derartige Motivationen besitzen z. B. die Hersteller von innovativer Hard- und Soft-
ware (u. a. Chipproduzenten, Hersteller von Sensoren und von Steuerungsanlagen),
Unternehmensberater, Prüfstellen wie der TÜV, Verbandsvertreter sowie Hochschul-
lehrer und Institutsleiter. (Man vergleiche z. B. ein Interview mit dem Vorstandsvorsit-
zenden der Deutsche Telekom AG in [StBü16] und Abschn. 9.3.)
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft hat eine große Zahl von Vorhaben
angeregt und fordert konsequent das Entgegenkommen in Form von Subventionen und
anderer Hilfen im Rahmen der „Digitalen Agenda“ der Bundesregierung. Dazu hat die
Organisation das sogenannte „Barometer Netzpolitik“ geschaffen [Knop15b].
Die Tab. 3.1 zeigt weitere markante Formulierungen und Zitate, die für eine dro-
hende Überschätzung und zum Teil für eine Art „Alarmismus“ stehen.
Unter den 17 Thesen des Wissenschaftlichen Beirats, der die Plattform Industrie 4.0
(I4.0) berät, finden sich u. a.:
a) „Vielfältige Möglichkeiten für eine humanorientierte Gestaltung der Arbeitsorgani-
sation werden entstehen … eröffnen sich Chancen für eine alternsgerechte …
Arbeitsgestaltung …“
b) „Industrie 4.0-Systeme sind für den Anwender einfach zu verstehen …“
c) „Eine neue Sicherheitsarchitektur führt zu vertrauenswürdigen, resilienten … Indus-
trie 4.0-Systemen“ [Plat15, S. 12].

Tab. 3.1 Zitate zu drohender Überschätzung


Quelle Zitat
Alexander Dobrindt, Bundesminister für „Wer nicht komplett digitalisiert, der verliert“
Verkehr und digitale Infrastruktur [OV17an]
Alexander Jung, Journalist bei Der „Die deutschen Hersteller von Maschinen, Anlagen
Spiegel oder Fahrzeugen kommen voran, aber sie ticken noch
sehr metallisch. … Doch manchmal fehlt die Mühe,
aus den Betriebsdaten Ideen zu entwickeln. Und der
Wille, sie umzusetzen. … Sonst werden die nächsten
disruptiven Innovationen in Mountain View oder
Menlo Park erdacht. Oder in Hangzhou … Aber nicht
wie 1924 am Neckar“ [Jung17a, S. 67]
Angela Merkel, Bundeskanzlerin „Die Digitale Agenda gehört zu den wichtigsten
Vorhaben (der Regierung), denn die digitale Revolution
betrifft uns fast alle in allen Lebensbereichen …
Deutschland kann das“ [Delh16b]
(Fortsetzung)
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 17

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Angela Merkel, Bundeskanzlerin, und „Digitalisierung ist eine Schicksalsfrage für
Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Deutschland“ [Böns16]
Siemens AG
Heike Schmoll, Journalistin der FAZ „„Nie mehr ohne Digitalisierung“, das scheint das
Motto der Reden der Bundeskanzlerin in den letzten
Wochen zu sein“ [Schmo16]
Managementberatung Strategy& und „Bei Industrie 4.0 geht es um nichts Geringeres als um
Wirtschaftsprüfungs- und die Weltsprache der Produktion“ [StPw14, S. 40]
Beratungsgesellschaft PwC
Bernd Osterloh, „… steht doch die digitale Revolution vor der Tür, die
Betriebsratsvorsitzender der in Fabriken alles und jeden miteinander verbindet und
Volkswagen AG riesige Werke so faktisch zu selbstständigen
Computern macht“ [OV16cn]
Bernd Respondek-Osterloff, „Die Konkurrenz schlafe nicht … Schwellenländer wie
Koordinator des Miele China (können, die Verf.) schneller … sein, weil sie
Wertschöpfungssystems bestimmte Entwicklungsschritte einfach überspringen“
[Spat13, S. 121]
Bernhard Rohleder, „Die Digitalisierung des Gesundheitswesens birgt …
Hauptgeschäftsführer des Bitkom vielleicht das größte Potenzial seit der Erfindung des
Penicillins“ [OV16ae]
Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt „Die Digitalisierung kann zur Belastungsprobe für den
Research Institute deutschen Staat werden. Errungenschaften wie
Kündigungsschutz, Arbeitszeit- und
Urlaubsregelungen, Mindestlöhne sowie
Koalitionsfreiheit könnten unter Druck geraten“
[Rüru16c]
David Plitt, Fachanwalt für Arbeitsrecht „Die digitale Transformation der Arbeitswelt hat längst
bei Osborne Clarke LLP begonnen, und es gilt das darwinistische Prinzip:
‚adapt or die‘“ [Plit15]
Dieter Duerand, Journalist der „Die Optimisten geben den Wettlauf um die Künstliche
Wirtschaftswoche Intelligenz (zwischen deutschen und ausländischen
Unternehmen, die Verf.) noch nicht verloren“ [Duer16]
Jens Könen, Journalist des „Kein Stein wird in den etablierten und bislang
Handelsblatts weitgehend nicht digitalen Industrien auf dem anderen
bleiben“ [Koen16]
Dieter Kempf, ehemaliger Präsident des „In der Wirtschaft wird kaum ein Stein auf dem
Bitkom anderen bleiben“ [OV15am]
Dieter Kempf, ehemaliger Präsident des Derzeit spielen Deutschland und Europa im
Bitkom internationalen Vergleich der digitalen
Leistungsfähigkeit nur im Mittelfeld und drohen den
Anschluss an USA und Asien zu verlieren [OV15am]
Dieter Kempf, Präsident des BDI Die Digitalisierung ist ein starkes Argument für das
Vorantreiben des europäischen Gedankens [BDI17]
(Fortsetzung)
18 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Dirk Heilmann, Journalist des „Die Digitalisierung wird den Arbeitsmarkt in den
Handelsblatts kommenden zehn Jahren mit einer Wucht
umkrempeln, die bisher weder in Wirtschaft und
Politik noch in der breiten Bevölkerung erkannt
worden ist“ [Heil15]
Donata Riedel, Korrespondentin des „Dass aber in allen zehn Kapiteln (des
Handelsblatts Jahresgutachtens der fünf Wirtschaftsweisen, 536
Seiten) nur 18-mal ‚digital‘ steht, …, ist ein echtes
Versäumnis“ [Ried16a]
Eberhard Heins, Chefredakteur des „Ob nun Revolution oder Evolution – entscheidend ist
isreport das enorme Potenzial, das Industrie 4.0 für
Unternehmen birgt. Und darin sind sich die meisten
Experten einig: Es ist gigantisch“ [Hein15b]
Edmund Stoiber, ehemaliger „Europa sollte sich nur um die drei großen Dinge
Ministerpräsident Bayern kümmern: Digitalisierung, Terrorabwehr,
Grenzsicherung“ [Stro16]
Jean-Claude Juncker, „Europa muss zeigen, dass es bei den großen
EU-Kommissionsvorsitzender drängenden Fragen handlungsfähig ist: in der
Außenpolitik, bei der Flüchtlingsproblematik, bei der
wirtschaftlichen Herausforderung der Digitalisierung“
[MüSS15, S. 27]
Günther Oettinger, ehemaliger Von allen anderen Themen, die auf EU-Ebene zu lösen
EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft sind wie die Migration, Entwicklungshilfe oder der
und Gesellschaft Terrorismus, sei Digitalisierung ein reines
Chancenthema, das überall mit positiven
Assoziationen belegt sei, … das trotz seiner
technischen Herkunft zum Alltagsgespräch …
geworden sei [OV17am]
Wolfgang Clement, ehemaliger „Eine gemeinsame europäische Wachstumspolitik
NRW-­Ministerpräsident und müsse … sowohl eine gemeinsame EU-Energiepolitik
Bundeswirtschaftsminister wie auch eine EU-Digitalisierungsstrategie beinhalten
und einen mobilen europäischen Arbeitsmarkt im
Fokus haben“ [Clem16]
Elmar Degenhart, Vorstandsvorsitzender „Das Auto der Zukunft wird ein Rechner auf Rädern
der Continental AG sein“ [OV17bm]
Franziska von Lewinski, Vorstand der „Im digitalen Business leben alle in einem dauernden
fischerAppelt-Gruppe Höher-Schneller-Weiter“ [Lewi15]
Henning Kagermann, Präsident von „Natürlich müssen wir radikal neue Lösungen für neue
acatech, der Deutschen Akademie der Märkte … erforschen und entwickeln. Aber der Erfolg
Technikwissenschaften wird sich nur einstellen, wenn wir es schaffen,
vorhandene Basistechnologien und Erfahrungen auf die
Besonderheiten der Produktionstechnik anzupassen
und schnell in die Fläche zu bringen“ [Spat13, S. 37]
(Fortsetzung)
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 19

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Jay Hooley, CEO der State Street „Es gibt nur sehr wenig, was wir nicht digitalisieren
Corporation können“ [Hool15]
Klaus Schwab, Gründer und Leiter des „Industrie 4.0 ist möglicherweise die größte
Weltwirtschaftsforums Davos Herausforderung für die Welt überhaupt“ [Knop16b]
Managing Partner einer Dieser begründet die von ihm beobachtete Fluktuation
Personalberatung (befasst sich mit der bei „CEOs“ unter anderem damit, dass viele dieser
Besetzung von Funktionsträger durch die Herausforderung der
Vorstandschef-Positionen) Digitalisierung überfordert sein könnten [Frön16b]
Martin Winterkorn, ehemaliger „Martin Winterkorn … will sich nach Ende des
Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Machtkampfs in seinem Unternehmen auf die
AG Bewältigung der digitalen Revolution konzentrieren.
Technologisch, wirtschaftlich und durch Umbau der
Strukturen würden jetzt die Weichen für das nächste
Jahrzehnt des Automobilkonzerns gestellt. ... Das ist
nicht weniger als die Neuerfindung von Volkswagen“
[OV15cb]; sowie: „Unsere Branche und damit auch
Volkswagen befinden sich mitten in einer digitalen
Revolution. Darauf verwende ich meine Kraft“
[OV15bw]. „Die Digitalisierung und die
Elektromobilität stellen unser etabliertes
Geschäftsmodell infrage“ [Schne15].
In bemerkenswertem Kontrast zu diesem Optimismus
in Sachen Digitalisierung bzw. I4.0 steht eine
Bekundung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der
Tochtergesellschaft Porsche AG und jetzigen
Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG und
Nachfolger Winterkorns, Matthias Müller: „Das
autonome Fahren stellt für mich einen Hype dar, der
durch nichts zu rechtfertigen ist“ [OV15bm]
Mary Barra, Vorstandsvorsitzende von „Die Autoindustrie wird sich in den nächsten fünf
General Motors Jahren mehr verändern als in den vergangenen fünfzig“
[OV16by]
Ohne Verfasser „Autobauer werden austauschbar“ [Kage15a]
Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender „Viele junge Mütter (und Väter) können dem lieben
der Axel Springer SE Gott auf Knien danken, dass er den Menschen die
Digitalisierung hat erfinden lassen“ [BeSc16, S. 198]
Matthias Wissmann, Präsident des VDA „Wer heute noch in seinem Wohnzimmer ein CD-Regal
hat, gehört zumeist zur 40-plus-­Generation“ [Wiss15]
Michael Fuchs, Stellv. Vorsitzender der „Gerade in Zukunftsbranchen wie der Digitalwirtschaft
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag haben wir keine Chance auf die Champions League,
sondern spielen nur noch in der Kreisklasse“ [Fuch17]
(Fortsetzung)
20 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Michael Fuchs, Stellv. Vorsitzender der „Digitalisierung und die Wirtschaft 4.0“ stellen keine
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Form der Automation dar, sondern verglichen mit
Gutenbergs Entwicklung des Buchdrucks „… erleben
wir einen Quantensprung … die Digitalisierung ist eine
einzigartige Zäsur …, die unsere Vorstellung
überschreitet“ [Fuch15b]
Niels George, Rechtsexperte „Bei der digitalen Revolution laufen etablierte
Großunternehmen Gefahr, den Anschluss zu
verpassen“ [Geor16]
Sebastian Feld und Claudia Linnhoff-­ „4.0 steht für die Zukunft, für den Abschied von der
Popien, Wissenschaftler an der LMU Vergangenheit“ [FeLG16, S. 105]
München, und Rainer Göttmann,
Geschäftsführer der metafinanz
Informationssysteme GmbH
Ohne Verfasser „Die Digitalisierung kommt nicht als laues Lüftchen
daher, sondern als Sturm. Sie ist disruptiv“ [Schmi15,
OV15an, S. 12]
Ohne Verfasser Industrie 4.0, eine Revolution, die nicht aufzuhalten ist
(Darstellung im Handelsblatt vom 17.02.2015 über
eine „Rangelei“ zwischen der Bundesministerin für
Bildung und Forschung und dem Bundesminister für
Wirtschaft und Energie bei gleichzeitigen Eingriffen
der Bundeskanzlerin um die Zuständigkeit für I4.0)
Ohne Verfasser Industrie 4.0 ist „alternativlos“ (aus dem Programm
des 32. Deutschen Logistik Kongresses 2015, S. 10)
Ohne Verfasser „Wann ruft endlich jemand die Industrie 5.0 aus?“
[OV16cl]
Ohne Verfasser „Was da in rasanter Geschwindigkeit entsteht, ist eine
völlig neue Welt, die mit dem drögen Schlagwort
‚Industrie 4.0‘, …, so viel zu tun hat wie der Homo
sapiens mit dem Neandertaler“ [BeSc16, S. 73]
Ohne Verfasser „Ganz Deutschland muss digital werden!“ [BeSc16,
S. 245]
Oliver Burkhard, Vorstand und „Wir werden künftig nur noch zwei Typen von
Arbeitsdirektor der thyssenkrupp AG Mitarbeitern sehen: Jene, die den Computern sagen,
was sie zu tun haben. Und jene, denen die Computer
sagen, was sie zu tun haben“ [Hubi15]
Sekundärzitat aus den Nürnberger „Wer sich nicht anpasst (an I4.0), hat schon verloren“
Nachrichten vom 09.12.2015
Sekundärzitat aus den Nürnberger „Manche Unternehmen haben den Schuss noch nicht
Nachrichten vom 09.12.2015 gehört“
(Fortsetzung)
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 21

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Stephan Finsterbusch und Thiemo „Ohne Software dreht sich bald kein Rad mehr …
Heeg, Journalisten der FAZ Datennetze sind mittlerweile zu den lebenswichtigen
Arterien hoch entwickelter Gesellschaften geworden.
Künftig wird über sie alles mit allem und jedem
verbunden. Die Wirtschaft im binären Code. Es geht
um Millionen Arbeitsplätze …, um Wohlstand und
Sicherheit“ [FiHe16]
Stephan Finsterbusch, Journalist der „Amerika und China schlafen nicht“ [Fins15a]
FAZ
Stephan Reimelt, Präsident und CEO „Er habe große Angst, dass es Europa beim
von General Electric Europe industriellen Internet wie bei den sozialen Netzwerken
… ergehe, dass man am Ende mit leeren Händen
dastehe, weil amerikanische Anbieter … das Rennen
machen“ [Gier17c]
Timotheus Höttges, „Die Digitalisierung verläuft exponentiell“ [OV15bv]
Vorstandsvorsitzender der Deutsche
Telekom AG
Timotheus Höttges, „Die erste Halbzeit der Digitalisierung haben wir in
Vorstandsvorsitzender der Deutsche Europa verloren“ [Hoff15b]
Telekom AG
Christian Lindner, Bundesvorsitzender „Die Digitalisierung ist ein Eishockeyspiel. Die
der FDP deutsche Politik fühlt sich aber im Fußballstadion.
Eishockey ist viel härter, schneller, rücksichtsloser als
Fußball. Wir haben deshalb schon zwei von drei
Dritteln verloren“ [Stei17]
Ulrich Dietz, Vorstandsvorsitzender der „Die erste Euphorie der Digitalisierung hat die hiesige
GFT Technologies SE Wirtschaft verloren. … Umso wichtiger ist jetzt ein
schnelles Angriffsspiel“ [Diet17]
Timotheus Höttges, „Die Digitalisierung wird schon bald Millionen von
Vorstandsvorsitzender der Deutsche Jobs kosten“ [OV16cp]
Telekom AG
Timotheus Höttges, „Für mich ist die Digitalisierung das größte Geschenk,
Vorstandsvorsitzender der Deutsche weil sie den Wohlstand unserer Kinder ermöglicht“
Telekom AG [Hött16]
Tobias Kollmann, Inhaber des „Wir haben in den vergangenen Jahren den digitalen
Lehrstuhls für E-Business und Wandel verschlafen und sind nun in einer Situation, in
E-Entrepreneurship an der Universität der ein einzelner Player zumindest im B2C-­Bereich
Duisburg-Essen, und Holger Schmidt, kaum im internationalen Wettbewerb bestehen kann“
Chefkorrespondent mit Schwerpunkt [KoSc16, S. 137]
Internet für das Magazin Focus
Ulrich Grillo, ehemaliger Präsident des „Wir laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren“
BDI [OV15bd]
(Fortsetzung)
22 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

Tab. 3.1 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
Umfrage unter den Teilnehmern des 73 % forderten, die „Politik“ solle den „Ausbau der
„Handelsblatt-Industriegipfels“ (2015) Industrie 4.0 aktiv unterstützen“ [OV15am]
Christian Rieck, Professor für Finance „Versicherungen, Banken, Finanzdienstleister wird es
und Wirtschaftstheorie, Frankfurt so, wie wir sie heute kennen, in zehn bis 15 Jahren
University of Applied Sciences schon nicht mehr geben. … Wer jetzt nicht aufwacht,
wird verdrängt“ [Herz17b]
Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/ „Es geht um nicht weniger als die Neuerfindung der
CSU-Fraktion im Bundestag Basis unseres Wohlstands“ [Kaud14]
Winfried Kretschmann, Baden-­ „Bei der digitalen Revolution ist man entweder vorn
Württembergischer Ministerpräsident dabei oder abgehängt“ [OV15ae]
Wissenschaftler Christoph Hütten, „Die Digitalisierung stellt ganze Branchen und deren
Bernhard Pellens und Maximilian Geschäftsmodelle auf den Kopf“ [HüPR15]
Rowoldt
CDU-Kreisverband Rhein-Kreis Neuss „Die Digitalisierung macht … globale Führung (von
Unternehmen, die Verf.) überhaupt erst möglich“
[CDU17]
Wolfgang Wahlster, technisch-­ „Auf Wirtschaft und Gesellschaft rast im Moment eine
wissenschaftlicher Direktor und zweite Digitalisierungswelle zu. Und diese Welle ist
Vorsitzender der Geschäftsführung im ein Tsunami“ [BMWioJ]
DFKI
Yvonne Hofstetter, Geschäftsführerin „Die Digitalisierung verwandelt unser ganzes Leben,
der Teramarks GmbH unseren Alltag und unsere Geschäfte in einen
Riesencomputer. Alles was wir tun und was wir sagen,
wird überwacht und vermessen. Die Digitalisierung
zieht den Menschen in eine Maschinensphäre hinein –
einfach dadurch, dass er sein Smartphone anschaltet“
[Hofs15]

Es tauchen inzwischen auch skeptische Aussagen auf, wie z. B. in einer Buchbe-


sprechung „Wenn ein Buch mit dem Satz losgeht „Die Digitalisierung bedeutet Verän-
derung für Gesellschaft, Wirtschaft sowie Politik und damit für jeden von uns“ – dann
hat man schon keine Lust mehr“ [RiSc16]. Der Generalbevollmächtigte von UPS
Deutschland (United Parcel Service Deutschland Inc. & Co. OHG), Frank Sportolari,
äußerte: „Ich erlebe die Digitalisierung dieser Tage in unserem Geschäftsfeld eher als
sehr schnelle Evolution als eine Revolution, weil wir seit Jahrzehnten an diesen The-
men arbeiten“ [Ludw17, S. 14].
5. Die Stärken bisheriger Entwicklungen („Stand der Technik“) werden herabgewürdigt
oder gar unterschlagen, die der aktuellen Vorschläge überbetont.
Im Zusammenhang mit Industrie 4.0 ist interessant, wie die „Vorläuferwelle“ CIM
gegenwärtig als gescheitert oder gar als Desaster bezeichnet wird. Dabei wird CIM als
eine Art Vollautomation der Fertigung interpretiert, während andere Wesensmerkmale
wie die Verbindung von technischen und betriebswirtschaftlichen Funktionen und
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 23

­ rozessen (Beispiel: Konstruktion mit der Kalkulation oder mit Zielkostenrechnungen)


P
oft ausgeklammert bleiben [BHVo14, S. 86, 455, 584, Mert14]. Gerade dort aber gab
es Fortschritte, etwa hinsichtlich spezieller Schnellkalkulationsverfahren für den Kon-
struktionsarbeitsplatz [Mert13, S. 52]. Thomas Feld von der Scheer Group führt die
Tatsache, dass bei CIM „nicht alle Träume Wirklichkeit wurden“, darauf zurück, dass
der Ansatz „mindestens 20 Jahre zu früh“ kam, „weil die Technologien von der IT-Seite
noch nicht zur Verfügung gestanden haben“ [Spat13, S. 101]. Das mag stimmen, wenn
man CIM als Vernetzung von Betriebsmitteln und Material interpretiert, nicht aber was
die Integration von betriebswirtschaftlicher und technischer Informationsverarbeitung
angeht. Felds Vorgesetzter August-Wilhelm Scheer gibt eine ähnliche Begründung
[Schee15]. Eine differenzierte Unterscheidung zwischen CIM und I4.0 trifft Siegfried
Dais. Er schreibt ausdrücklich, dass I4.0 nicht eine Fortsetzung von CIM, sondern ein
Paradigmenwechsel sei, und begründet das nicht zuletzt damit, dass CIM eine zentrale,
I4.0 aber eine dezentrale Planung und Steuerung impliziere [Dais14]. Als eigentlichen
Vorläufer von I4.0 kann man aber die seinerzeit sehr beachtete Halle 54 der Volkswa-
gen AG in Wolfsburg zusammen mit ähnlichen Versuchen von Konkurrenten ansehen.
Die Fabrik wurde simultan mit dem damals neuen Produkt Golf II 1983 in Betrieb
genommen. Bis dahin hatte man in der Automobilindustrie vor allem Schweiß-, Press-
und Lackiervorgänge an Roboter übertragen. Hingegen war in der Endmontage ein
langes Montageband üblich. An ihm verrichteten meist angelernte Arbeitskräfte die
zum Teil anstrengenden, weil erheblichen Kraftaufwand verlangenden Arbeiten. Ein
wesentliches Ziel des Projektes „Halle 54“ lag darin, diese Arbeitskräfte für die Mon-
tagearbeit nicht mehr zu benötigen.
Die Ursachen dafür, dass die hohen Ziele nicht erreicht wurden, waren vielfältig.
Nachdem Menschen Fehler, wie z. B. zu wenig genau eingehaltene Toleranzen bei
zusammenzubauenden Teilen, nicht mehr so wie früher zeitnah korrigieren konnten,
erhöhten sich die Ansprüche an die Teile- und Komponentenfertigung; die Investitio-
nen lagen mit rund zwei Mrd. DM überdurchschnittlich hoch und beinhalteten ein
erhebliches Risiko, weil die Fertigungstechnik und -automation besonders eng auf das
Produkt abgestimmt, also insoweit nicht flexibel war; der Prozentsatz der eingesparten
Arbeitskräfte lag mit 20 % hinter dem Plan zurück. Personalwirtschaftliche und arbeits-
wissenschaftliche Untersuchungen zeigten auch Motivationsprobleme in der Arbeit-
nehmerschaft auf, u. a. weil sie sich zu Hilfskräften degradiert fühlten, die nur dann
gebraucht wurden, wenn die Systeme einen Fehler machten. Ein für derartige Diagno-
sen oft verwendetes Maß ist der Krankenstand. Laut Christoph Hubig war er angestie-
gen, weil die Beschäftigten die Irritationen im Umgang mit den ihnen angebotenen
Informationen, z. B. über Lagerhaltung oder Halbzeugfertigung, nicht bewältigen
konnten und sie diese als nicht mehr gültig aufnahmen [Hubi14, S. 361]. Die mangeln-
den Erfolge werden auch darauf zurückgeführt, dass „Computerspezialisten und Pro-
duktioner … aus völlig verschiedenen Welten (kamen) und … häufig aneinander
vorbeiredeten“ ([Paul14], vgl. auch Abschn. 9.1). (Eine gute Zusammenfassung zu den
damaligen Vorstellungen und Enttäuschungen findet man bei [OV15aw].) Die Halle
24 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

galt ursprünglich vor allem unter Journalisten und anderen Außenstehenden als bewun-
derte oder gefürchtete „menschenleere Fabrik“. Es waren aber wohl auch Erfahrungen
wie die mit der Halle 54, dass es heute vermieden wird, das Adjektiv „menschenleer“
im Zusammenhang mit I4.0 zu benutzen.
Beachtliche Überlegungen zu den Beziehungen zwischen CIM und I4.0 verdanken
wir einem Arbeitspapier von Peter Brandt [Bran16b].
6. Die Befassung mit der Mode wird zur Chefsache ausgerufen [Köni15] oder: „Die
Digitalisierung muss in Politik und Unternehmen zur Chefsache werden.“ [OV15cb]
Jedoch erörtert man fast nie, welche anderen Aufgaben die meist vielbeschäftigten
Führungskräfte abgeben oder delegieren könnten [OV15ak]. Zu der in Tab. 3.1 zitier-
ten Aussage von Martin Winterkorn, wonach er sich nach Ende des Machtkampfes um
seine Ablösung als Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG auf die „Bewältigung
der digitalen Revolution konzentrieren“ wollte [Knop15e], könnte man auch die Frage
aufwerfen: Hätte er sich in Anbetracht der existenzgefährdenden Manipulationen mit
Priorität der Rechtstreue im Konzern zuwenden sollen?
7. Es werden neue Förderprogramme eingerichtet bzw. in vorhandenen Programmen neue
Schwerpunkte gesetzt. So widmen sich inzwischen bei der Industriellen Gemein-
schaftsforschung (IGF) 25 % der geförderten Vorhaben dem Themenkomplex Digitali-
sierung bzw. I4.0 [Mers16].
8. Schon länger praktizierte herkömmliche Lösungen werden unter den aktuellen Mode-
begriff subsumiert, z. B. um von der öffentlichen Aufmerksamkeit und von Subventi-
onsprogrammen zu profitieren (Mitnahmeeffekte, „Trittbrettfahren“, „Relaunch“) oder
modern zu erscheinen.
Ein Beispiel sind weitgehend automatische Kommissioniersysteme, die Kundenauf-
tragsverwaltung, Lagerbestandsführung, Regaltechnik, Hilfen bei der Artikelentnahme,
innerbetriebliche Transportmittel, Verpackung und Information von Spediteuren unter-
einander verknüpfen (vgl. Abschn. 9.8).
9. Die weitgehende Integration von Lagerbestandsführung, Lagerdisposition und automa-
tischer Nachbestellung wird schon längere Zeit an vielen Stellen praktiziert bis hin zum
VMI (Vendor Managed Inventory), jetzt aber führt man sie auch als I4.0 bzw. Einkauf
4.0 [Gier16c]. Kleinere technische Einzelheiten, wie z. B. die Überprüfung des Behäl-
terinneren mit Hilfe von Infrarot-Kamera-Modulen bei Wurth Electronics ICS
[BHVo14, S. 218], sind nützlich, stellen aber keine wesentliche Änderung der industri-
ellen Informationsverarbeitung dar.
In einem Bericht über I4.0 in einem Stahlwerk der thyssenkrupp AG wird dargelegt,
dass durch Vernetzung von Lieferanten, Produktionsprozessen und Kunden die Pro-
duktion ohne Fabrikerweiterung in zwei Jahren um 30 % gesteigert werden konnte.
Ungeachtet vieler Detailprobleme, die hier zu lösen gewesen sein mögen, ist auch dies
klassische zwischenbetriebliche Integration bzw. herkömmliches SCM [Bünd16c].
Das Fachgebiet Robotik als Teilgebiet sowohl der Fertigungstechnik wie der Infor-
matik wird nicht als bereits lange Bestehendes, sondern als Vorstufe von I4.0 darge-
stellt (vgl. z. B. die Ausführungen zum ROS (Robot Operating System) bei Bubeck
et al. [BHVo14, S. 221–233]).
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 25

Ähnliches gilt für die schon geraume Zeit zu erkennende Verbindung von Produk-
tions- und Dienstleistungssystemen untereinander; sie wird in der Literatur zu I4.0
unterbelichtet, und zwar sowohl was die inner- als auch was die zwischenbetriebliche
Vernetzung angeht [BHVo14, S. 251].
Den erreichten Stand einer Mensch-Maschine-Kommunikation am Beispiel einer
Auftragsbearbeitung mit Kommissionieren und Versand bis hin zu Paketdiensten und
Spediteuren, also zwischenbetrieblich, zeigt das unten stehende Beispiel der AVON
Cosmetics GmbH. Viele interessante automatische Funktionalitäten beinhaltet auch das
Hochregallager der DATEV eG.

Beispiel AVON Cosmetics GmbH


Bei der spanischen Tochtergesellschaft der AVON Cosmetics GmbH, die auch die Aufträge
aus Deutschland und Frankreich ausliefert, werden die flach liegenden Kartonzuschnitte in
Karton-Aufstellmaschinen automatisch geformt und mit Heißleim verklebt. Der ebenfalls
automatisch am Karton aufgebrachte Balkencode wird am „Orderstart“ gescannt und
automatisch mit dem Balkencode der Kunden-­Auftragspapiere „verheiratet“. Mit Hilfe von
Laser-Scannern und der entsprechenden Steuerung fördert das System jeden Auftragskarton
individuell in die benötigten Kommissionier-­Bereiche. Die Kommissioniererinnen erhalten
an ihrem Computer-­Bildschirm eine grafische Darstellung, die ihnen zeigt, zu welchem
Regalfach sie sich wenden müssen. Diejenigen Fächer, aus denen für den Auftrag Ware zu
entnehmen ist, werden innen beleuchtet, und an einer Digitalanzeige sieht das Einsammel­
personal, wie viele Einheiten (z. B. Lippenstifte, Tuben) zu „picken“ und in den Karton zu
legen sind. Nach der Entnahme aller benötigten Artikel in einer Einsammelstation genügt
ein Tastendruck, um den Arbeitsgang als beendet zu melden. Der Karton wird dann
­automatisch zum nächsten benötigten Platz transportiert. Während des Kartontransportes
wird bereits der Bedarf für den nächsten Karton angezeigt und von der Pickerin eingesam-
melt. … Die Auftragsdaten überträgt das System schließlich an den Host-­Computer für die
einzelnen AVON-Niederlassungen und an die Paketdienste und Spediteure. Diese können
so den Versand disponieren und andererseits die Sendungen bis zur Auslieferung an die
AVON-Beraterin über Internet verfolgen [Habe96, Mert13, S. 255–256].

Amazon stellte im Jahr 2014 Logistikzentren vor, in denen Roboter die Regale mit
Waren zu den Arbeitskräften transportieren, die dann bestellte Produkte herausnehmen.
Es ist eine Frage des Einzelfalles, ob der Mensch wie bei AVON mit IT-Hilfe zur Ent-
nahmestelle geleitet wird oder umgekehrt einen festen Arbeitsplatz hat, zu dem die
Artikel transportiert werden [Kann14].
In einer Studie zu Industrie 4.0, die mehrere Industrie- und Handelskammern veran-
lasst haben [IHK15, S. 40], wird die „Tagesaktuelle … Überprüfung von Produktabver-
käufen in den unternehmenseigenen Vertriebszentren“ als ein Einsatzbeispiel
bezeichnet, das „zwar noch keine ganzheitliche Integration von Industrie 4.0, aber
bereits die zielgerichtete Digitalisierung von ‚Geschäftsbereichen‘ zeige“.
Auch der Stand der Betriebsdatenerfassung wird zuweilen unterschätzt, etwa wenn
Jochen Rode von der SAP SE die „Verschmelzung von digitaler und virtueller Welt“
mit dem Beispiel unterlegt: „Ich gehe durch die Halle und sehe sofort, wo mein Auftrag
ist und was es mit dem Stapel Material auf sich hat, anstatt den Warenbegleitschein zu
suchen“ [Spat13, S. 61].
26 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

Kommunikationsabteilungen fügen in allgemeine Veröffentlichungen das Wort


„Digitalisierung“ ein, um die Chance der Publikation in Zeitungen zu steigern. Ein
kurzer Bericht der FAZ über die schwierige Ertragssituation und über Veränderun-
gen im Aktionärskreis des Klöckner-Konzerns enthält zwei Sätze über eine neue
digitale Handelsplattform. Dieser Hinweis genügt, um als Überschrift zu wählen:
„Digital aus der Stahlkrise“ ([OV16ba], vgl. auch [OV16bc]). Einen ähnlichen Ein-
druck hat man bei der Lektüre des Artikels „Rhön setzt auf das digitale Kranken-
haus“ [OV17bd].
10. Eingeführte Begriffe ersetzt man unkritisch und zuweilen in einer effekthaschenden
Sprache durch neue, die oft hinsichtlich Wortinhalt (Semantik) zwar kleinere Fort-
schritte markieren, aber keine ausgesprochenen Innovationen darstellen, oder auch
von der Wortgeschichte (Etymologie), der Logik oder der Fremdsprachenüberset-
zung her fragwürdig sind (etwa Digitale Grundbasis, ERP-System, Netzdurchset-
zungs- bzw. Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Work-Life-Balance, Quantensprung,
Kollaboration statt Kooperation, Nearshoring, Use-Cases). Beispiele sind auch:
Betriebliche Dokumentation → Selective Dissemination of Information → Informa-
tion Retrieval → Wissensmanagement → Business Intelligence → Big Data. Hinzu
treten „aufgeladene“ Wörter, die die Bedeutung herausstreichen sollen oder über-
höht wirken (z. B. agil, alternativlos, AUTONOMIK, Customer journey, disruptiv/
Disruptor/disruptet/Chief Disruption Officer, emergent, Fintechisieren, Game Changer,
Hybridisierung statt Nebeneinander von Verfahren, Hyperkonnektivität, kostenoptimal,
Leuchtturmprojekt, Lichtjahre, liquide Organisation, lobbyieren, Neue Generation,
Optimierung statt Verbesserung, Orchestrierungsarchitektur, proaktiv, resilient,
Servicedienstleistungen). Die Beliebigkeit bei der Verwendung der Begriffe spie-
gelt sich auch in den folgenden Zitaten: „Wenn Politiker und Firmenlenker über die
wirtschaftliche Zukunft Deutschlands sprechen, dann lassen sie Begriffe wie
„Industrie 4.0“ … fallen wie Visitenkarten“ [Nezi16]. „Was sich bei den einzelnen
Diskussionswellen ändert, ist vor allem das Vokabular. Wie auf anderen Gebieten,
so spiegeln auch in der Technikdebatte die immer neuen Wortschöpfungen oft mehr
Modetrends als Rationalität wider. … Die Aufgeblasenheit neuer Modevokabeln
und Hypes korrespondiert fast durchweg mit Oberflächlichkeit in der inhaltlichen
Diskussion. Offenkundig behindern die unscharfen und allgegenwärtigen Buzz-
words (Stimmengewirr, die Verf.) ein tieferes Verständnis dessen, was tatsächlich
geschieht – heute ist einfach alles 4.0 und digital“ [Klot16, S. 18]. Der Begriff „Dis-
ruption“ wurde in Medienstudien 2011 und 2012 5- bzw. 9-mal gezählt, im Jahr
2015 aber 205-mal [MeWe15]. So kommt allein auf S. 76 des Werkes „Industrie
4.0 in der praktischen Anwendung“ [BHVo14, S. 76–78] zehnmal das Wort „Opti-
mum“ bzw. „Optimierung“ einzeln oder in Zusammensetzungen vor, ohne dass über
die Ziele, Zielgemische, Zielkonflikte, Restriktionen und Handlungsalternativen,
also alle Merkmale der Optimierung, Näheres ausgeführt wird. Als Ziel wird in
diesem Beitrag auch „Optimierung der Liefertreue“ genannt. Die meisten Unter-
nehmer werden vermutlich die maximale Liefertreue anstreben und nicht ein „Opti-
mum“ zwischen 0 und 100 %.
3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik 27

11. Die Darlegungen in den praxisnahen Medien sind in Modephasen typischerweise


mit Gemeinplätzen durchzogen. Derartige Behauptungen sind einer Messung bzw.
Falsifizierung kaum zugänglich und vernebeln, welche schwierigen Zielkonflikte –
etwa zwischen Ressourcenausschöpfung, Reaktionsgeschwindigkeit und Durch-
laufzeiten – aufzulösen sind.
12. Auf die positiven und negativen Erkenntnisse, die bei früheren Modewellen gewonnen
wurden, greift man zu wenig zurück (keine kumulative Forschung und Entwicklung).
Vor allem jüngere Wissenschaftler und Praktiker, die frühere Entwicklungen nicht aus
der Nähe erlebt hatten, laufen Gefahr, nur unter den neuen Stichworten zu recherchieren
und ältere Forschung und Entwicklung zu übersehen („das Rad einschließlich seiner
achteckigen Varianten neu erfinden“). Ein Beispiel ist, dass die traditionelle Robotik in
Arbeiten zu I4.0 sehr oft übersehen wird. Dies führt zu Ressourcenvergeudung.
13. Die Aufeinanderfolge von Moden beinhaltet die Gefahr, dass bisherige Pionierarbei-
ten zu früh abgebrochen werden, weil man die Energie auf das (evtl. scheinbar) Neue
fokussiert. Thomas Feld äußerte: „… besteht die Gefahr, dass Industrie 4.0 so ein
ähnliches Schicksal erleidet wie CIM, dass wir auf halber Strecke stehen bleiben“
[Spat13, S. 122]. Auch für die „KI-Wellen“ mag das gelten (Kap. 2).
14. Wenn höhere Führungskräfte durch eine starke Modewelle beeinflusst werden, müs-
sen sie befürchten, einer entscheidenden Innovation nicht durch Änderungen ihrer
Produktentwicklung, ihrer Prozesse oder gar ihrer Strategie und Geschäftsmodelle
Rechnung getragen zu haben und abgelöst zu werden. In der IT-Branche werden oft
dramatische Entwicklungen zur Warnung herangezogen, wie etwa der Niedergang
des Fotounternehmens Eastman Kodak Company, dem man vorwirft, den Übergang
zur Digitalkamera „verschlafen“ zu haben (s. Kap. 8), oder der rasche Bedeutungsver-
lust von Blackberry und Nokia auf dem Gebiet der Mobiltelefonie.
15. Verschiedentlich wird die Auffassung vertreten, dass der bisherige Leiter der Infor-
mationsverarbeitung (Chief Information Officer) zu technisch orientiert sei, um den
Einfluss der Digitalisierung auf das Gesamtunternehmen und dessen Strategie zu
begreifen. Es wird dann eine neue Instanz (Digitalchef, „CDO = Chief Digital
Officer“) vorgeschlagen. Diese Autoren gehen aber nicht auf die drohenden Über-
schneidungen der Aufgaben und Konflikte ein [Pohl16].
16. Moden ziehen Laien an, die sich Festlegungen auch auf der Grundlage von nicht
fundierter Fachkenntnis zutrauen. Dies führt zu weiteren Ausschlägen auf der Beach-
tungskurve, zum Beispiel der Künstlichen Intelligenz.

Eine These von Nikolaus von Bomhard, der als ehemaliger Vorstandsvorsitzender der
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG besonderen Einblick in die Entwicklung
von Unternehmen hat, kann als Zusammenfassung dienen: „Allerdings wäre es für das
einzelne Unternehmen wie auch für die Gesellschaften als Ganzes besser, einen flacheren,
dafür aber konstanteren Wachstumspfad einzuschlagen. Denn stark gehebeltes Wachstum
führt nahezu unweigerlich zu heftigen Einbrüchen. Die Liste der Beispiele hierfür ist sehr
lang … Die Gesamtbilanz aus kurzfristigem Boom und anschließendem Zusammenbruch
dürfte in aller Regel negativ ausfallen“ [Bomh16].
28 3 Merkmale von Moden in Wissenschaft und Technik

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[OV16cp] Ohne Verfasser (2016cp) „Wir sind zu satt.“ Handelsblatt vom 20.12.2016, S 4
[OV17am] Ohne Verfasser (2017am) Digitalisierung kommt in Europa bestens an. FAZ vom
25.04.2017, S 23
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[OV17bd] Ohne Verfasser (2017bd) Rhön setzt auf das digitale Krankenhaus. FAZ.NET vom
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[Wiss15] Wissmann M (2015) Das automatisierte und vernetzte Auto. FAZ vom 04.09.2015,
S 17
Merkmale von Trends in Wissenschaft und
Technik 4

Zusammenfassung
Beim Muster „Trend“ bleiben über längere Zeitstrecken höhere Modewellen aus. Nur
wenn man den erreichten Stand in größeren Zeitabschnitten vergleicht, wird der Fort-
schritt auch außerhalb der Fachwelt deutlich. Unternehmen, die Trends ohne Rücksicht
auf Moden nachhaltig folgen, gewinnen oft große Vorsprünge.

Im Gegensatz zu Moden werden bei Trends über eine längere Zeitstrecke keine höheren
Wellen deutlich. Durch meist relativ kleine Sprünge lässt sich mit guter mathematisch-­
statistischer Annäherung eine Trendgerade legen. Beispiele sind das Moore´sche Gesetz
(Kap. 2) oder die Dezentralisierung auf dem Pfad: Zentraler Großrechner (IBM, Bull) →
mittelgroße Abteilungsrechner (DEC, Harris, Hewlett Packard, Tandem) → PC → Mobil-
telefon → am Körper tragbare Geräte („wearables“, z. B. Armbanduhren, Brillen). Auch
die Robotik zeigt einen nicht von größeren Rückschlägen getroffenen Trend, der sich zu
verstärken scheint [Marx15b, HöTu17]. Nicht zuletzt in der Agrarwirtschaft erkennt man
erstaunliche Fortschritte, wie etwa Sondermaschinen, die Spargel waschen, wiegen, sor-
tieren, Verschnitt minimieren und verpacken und den (in Deutschland schwer zu decken-
den) Personalbedarf auf die Hälfte bis ein Viertel reduzieren [Delt16].
Über größere Zeitabschnitte hinweg wird aber das „Delta“ registriert, wonach es zu
Paradigmenwechseln kommen mag. Ein Beispiel ist die Verlagerung von Daten und Pro-
grammen aus Sekundärspeichern in den nun viel mächtigeren und kostengünstigen Haupt-
speicher (etwa bei „In-memory-Analysen“).
Unternehmen, die hinsichtlich Produktentwicklung oder Geschäftsmodell einem Trend
nicht Rechnung tragen, drohen zumindest für eine gewisse Zeit Bedeutungsverluste.
­Beispiele sind die Großrechnerhersteller wie Bull oder die Anbieter von Abteilungsrech-
nern (Digital Equipment).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 33


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_4
34 4 Merkmale von Trends in Wissenschaft und Technik

Umgekehrt erreichen Unternehmen, die sich von Modeschwankungen innerhalb


eines langfristigen Trends nicht irritieren lassen und auf der Trendlinie weiter entwi-
ckeln, oft auf Dauer große Vorsprünge (Beispiele: IBM mit dem Superrechner Watson,
Amazon und Google bei Empfehlungssystemen und Microsoft (Projekt ADAM) mit
Künstlicher Intelligenz).

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Begriffe von Digitalisierung und
Industrie 4.0 5

Zusammenfassung
Die Begriffswelt zu „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ stellt sich verwirrend dar. Die
Begriffe werden in einer seltenen oder vielleicht nie zuvor erlebten Häufung gebraucht.
Etliche Kombinationen mit „digital“ sind sowohl semantisch als auch grammatisch
fragwürdig oder grenzen an Ironie. Es bleibt abzuwarten, ob sich ein solider Begriffsap-
parat ausprägt, sei es von selbst oder durch Fachautoritäten gesteuert. Sonst wäre seri-
öse Arbeit in Wissenschaft und Praxis sehr erschwert.

5.1 Digitalisierung

Digitalisierung im informatischen, naturwissenschaftlichen und technischen Sinn bezeich-


net in den meisten fundierten Fachpublikationen der Informatik, Elektronik/Nachrichten-
technik einschließlich Signaltechnik sowie Lexika, u. a. Wikipedia, die Überführung
analoger in digitale Werte zu dem Zweck, sie elektronisch zu übertragen, zu speichern und
zu verarbeiten. Allerdings sind dabei unter Umständen Informationsverluste in Kauf zu
nehmen, weil nicht alle Feinheiten, z. B. eines Bildes, vollständig gespeichert werden kön-
nen. Friz datiert den Beginn des „Digitalen Zeitalters“ in das Jahr 2002, als erstmals mehr
Informationen digital als analog gespeichert worden wären [Friz15].
Wir finden viele und zunehmend verfeinerte Konstellationen, bei denen zwischen Analo-
gem und Digitalem permanent gewechselt oder auf sehr komplexe Weise kombiniert wird.
Interessante Überlegungen zur mangelnden Trennschärfe zwischen den Begriffen „Analog“
und „Digital“, die hier nur auszugsweise wiedergegeben werden können, stellen Passig und
Scholz an [PaSc15]: „Ein Text wandert auf dem Weg von der Autorin zur Leserin mehrmals
zwischen analogen und digitalen Formaten und Arbeitsweisen hin und her. Das fertige

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 35


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_5
36 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Papierbuch wird via Online-Shop beim lokalen Buchhändler bestellt, der die Bestellung
seinem analogen Faxgerät entnimmt, zum Computer trägt und in die Bestellsoftware ein-
tippt. Wann und an welchen Stellen soll man die Buchbranche digitalisiert nennen?“ […]
„Die Seitenlänge eines Quadrats mag eine 1 sein; die Länge der Diagonalen ist dann die
Quadratwurzel aus 2, also eine Zahl, die unendlich viele Nachkommastellen hat.“ […] „Bei
Flashspeichern können die Zellen mehrere Ladungszustände annehmen: Viele, mittelviele,
wenige oder keine Elektronen pro Zelle. So lässt sich mehr als ein Bit in einer Zelle spei-
chern, auf Kosten der beliebten Metapher: Eine digitale Welt kennt nur Schwarz und Weiß.“
Bei tiefergehenden Analysen erweist sich die Unterscheidung zwischen analog und
digital viel diffiziler als über weite Strecken der Literatur angenommen. Man erkennt das,
wenn man sich mit den Diskussionen über die frühe Quantenphysik und -chemie und mit
Arbeiten von Einstein, Maxwell (Maxwell-Gleichungen, die die Ladungsdichte, die
Stromdichte, elektrische und magnetische Feldstärken in Verbindung bringen), Planck
oder Schrödinger befasst.
Wir begegnen in der Forschung zur Informationsverarbeitung auch Konzepten und
Überlegungen einer Gegenbewegung („Analogisierung“) zur „reinen“ Digitalisierung.
Trotz aller Fehlprognosen in der Vergangenheit gibt es gegenwärtig Vorhersagen, dass man
bald am Ende einer Entwicklung sein könnte, die mit dem Moore’schen Gesetz quantifiziert
wird, weil zwar eine weitere Miniaturisierung von Schaltkreisen physikalisch-­technisch
möglich, aber nicht wirtschaftlich sein dürfte. Nun arbeitet man in diesem Zusammenhang
mit Quantencomputern, die nicht mehr nur Informationseinheiten mit Hilfe von binären
Nullen und Einsen abbilden, sondern auch viele Zwischenzustände kennen oder Schwin-
gungsrichtungen und -zustände verarbeiten. Spezialgebiete sind die Quantenfotonik oder
die Quantensimulation hochkomplexer Systeme [OV16bo, Knop16 f, OV16aj], wobei
Quantenzustände von Atomen manipuliert werden. Die Fortschritte der physikalischen
Forschung lassen erkennen, dass bislang als kleinste Teilchen begriffene Partikel, wie z. B.
das Elektron, sich unter bestimmten Umständen in Quasi-Teilchen aufspalten, welche Trä-
ger von Teileigenschaften sind („Sub-Elektronen“). Auch hier zeigen sich dann Gegeben-
heiten, die nicht mit einer strengen 0-1-Unterscheidung dargestellt werden können. Eine
andere Entwicklung könnte langfristig die Speicherung von nicht binär codierten Informa-
tionen in DNA-Strängen beinhalten [Stöc17]. Als anderes Extrem findet man aber auch die
Auffassung, dass die ganze Welt in ihrem Innersten digital sei. Der Physiker und Mathema-
tiker Stephen Wolfram stellt sich das Universum als einen einzigen gewaltigen Digitalcom-
puter vor [OV15ap, S. 95]. Eine besondere Rolle spielt die Digital-­Analog-­Wandlung in der
Fertigung und möglicherweise in der Zukunft bei I4.0, wenn elektromechanische und elek-
trochemische Aktoren und Roboter digital angesteuert oder Greifwerkzeuge von Robotern
sehr „feinnervig“ bzw. sensibel gelenkt werden sollen („intelligente Greifwerkzeuge“).
Zwar lösen zuweilen äußerst rasch aufeinander folgende schwache digitale Impulse die
Bewegungen der Betriebsmittel aus, gleichwohl ist die Grenze zwischen digitalen und ana-
logen Effekten ähnlich fließend wie bei manueller Arbeit.
Sollten Entwicklungen, die die Leistung von informationstechnischen Maschinen dadurch
erhöhen, dass man Teile des menschlichen Gehirns bzw. Nervensystems nachbildet (u. a.
5.1 Digitalisierung 37

„Neuromorphic Computing“), zum Erfolg führen, so würde man weitere, zum Teil ana-
loge Prozesse in Betracht ziehen müssen. Beispiele sind die Ausschüttung von biochemi-
schen Molekülen (Neurotransmittern), Ionenströme, die per Addition zu Impulsen führen,
sich auf- und abbauende Nervenfasern oder generell Wellenbewegungen [Eber17, insb.
S. 93]. Das menschliche Hirn ist dadurch geprägt, dass es viele Zustände simultan haben
kann. Durch strenge Trennung in nur zwei Zustände (Null und Eins) kann man dem kaum
gerecht werden [Lenz17b]. Auch bei der Softwareentwicklung will man Fortschritte errei-
chen, z. B. durch flexibleren Umgang mit Fehlertoleranzen („Approximate Computing“)
[Bets16].
Bei der zukunftsträchtigen Technologie der intelligenten virtuellen Agenten, die beson-
ders im Kontext von Industrie 4.0 eine Rolle spielt, wird angestrebt, dass die künstlichen
Gebilde möglichst viele menschenähnliche Qualitäten auf sich vereinen und auch ähnlich
wie Menschen untereinander und mit Menschen analog kommunizieren.
Dazu kommen die maschinelle Formulierung von Texten und die allgemeine Mensch-Ma-
schine-Kommunikation (Ein- und Ausgabe) über die Druckstärke und den Winkel von Fin-
gerbewegungen, die Breite von Schriftzügen, analoge Blicke (Augensteuerung), Bilder,
Gesten, auch Ganzkörpergesten, spezielle Anzüge zur Nutzung des Tastsinnes („Ganzkör-
peranzüge“ als Bestandteil der virtuellen Realität). Weitere Schlagworte sind „Smart Inter-
faces“ oder „Fluid Boundaries“ [OV16cd] sowie Prosodie (Lehre vom Messen der Silben
nach Länge und Tonhöhe) als Teilbereich der Phonetik. Auch beim interaktiven maschinel-
len Lernen, bei dem Algorithmen mit Softwareagenten kommunizieren, um das Lernver-
halten zu verbessern, sind analoge Elemente beteiligt [Holz16, S. 64, OV16ah]. Das gilt
ebenso für recht detaillierte Zeichen, wie z. B. den Daumen auf den Zeigefinger zu tippen,
Daumen und Zeigefinger aneinanderzureiben oder das Zusammenziehen der Hände zu
einer Faust, um Geräte zu steuern [OV16am]. Ein sehr anspruchsvoller neuer Ansatz besteht
darin, die Mensch-Computer-Interaktion um die Erkennung aller fünf Sinne in einer „Mul-
timodalen Kombination“ zu vereinen [Mata16]. In einer Pilotentwicklung sollen Stellenbe-
werber unter anderem durch die Stimmlage in einem Dialog ein System erkennen lassen,
ob der Bewerber motiviert und belastbar ist [OV16ad]. Noch weiter führen sog. Cyborgs:
Über Hirn-Computer-Schnittstellen sollen Hirnströme gemessen und kontrollierte Bewe-
gungen gelähmter Körperteile ausgelöst werden [Schmu17].
In vielen betrieblichen Systemen, so z. B. in Angebotssystemen der Medienwirtschaft,
gilt es zu berücksichtigen, dass sich Kunden durch hochwertige Bilder leiten lassen.
Ein innovatives Verfahren ist die Ableitung von Prozessmodellen aus natürlichsprach-
lichen Beschreibungen bzw. Erklärungen, wie sie bspw. Unternehmensberater als einen
Schritt bei der Entwicklung neuer betrieblicher IV-Systeme vornehmen [RiTT16].
An der Universität Erlangen-Nürnberg wurde eine Professur mit der Bezeichnung
„Wahrnehmungsbasierte Räumliche Audiosignalverarbeitung“ eingerichtet.
Stichworte, die aus Ankündigungen meist internationaler Kongresse, z. B. des ACM-Kon-
gresses „Intelligent User Interfaces“ 2016 in Kalifornien (vgl. auch [Saue13]), aber auch aus
den Arbeitsgebieten des MIT Media Lab, einer Bekanntmachung des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung sowie einigen anderen Quellen [BMBF16c], entnommen sind,
38 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

vermitteln einen Eindruck vom Zusammenwirken analoger und digitaler Phänomene: adap-
tive learning, advanced visual interfaces, aesthetic interfaces, affect sensing from communi-
cation artifact, affective and aesthetic interfaces, affective computing, affective content
labeling, affective state detection, annotation for semantic and social webs, argumentation
mining, argumentation-aware recommendation, assimilation in social networks, automatic
slogan generation, behaviorial and emotional analytics, Berücksichtigung von Geschmacks­
änderungen, biomedical engineering, brain interface, cliché detection, cognitive task creati-
vity, collaborative creativity, Computerkreativität, context-aware interfaces, context-aware
recommenders, conversational agents, conversational interfaces, detecting behind the text,
discriminations in recommendations, ecological (user) interfaces, emotion awareness in soft-
ware design, emotionally communicative behavior, Feinfühligkeit von Robotern, fluid inter-
faces, Gefühlsanalyse („sentiment analysis“), haptische Informationen, human behavioral big
data, human intention recognition, human-information interaction utilizing neuro-physiologi-
cal tools, implicit detection of personality, improvisational interaction, inspirational systems,
intelligent interactive systems, intelligent user interfaces, interactive machine learning, kogni-
tive Programme, leveraging side information, molecular machines, multi-dimensional data
visualization, multi-modal interfaces (speech, gestures, eye, gaze, face, physiological infor-
mation), Nachempfinden natürlicher Strukturen (beim 3D-Druck), narrative frameworks,
natural language-question answering, nature integrated user interfaces, neuro-information
science, neuro-physiological tools, nonverbale Aufmerksamkeitslenkung, nudging (bei
„intelligenten Mentor-Systemen“), ontology learning, opinion about tentative recommenda-
tion, opinion mining, paralinguistic (begleitende Phänomene beim Sprechen, wie z. B. Tempo,
Lautstärke, Mimik, die man in der Markt- und Meinungsforschung verwendet), persuasive
technology, physiologische Information, semantic context modelling and extraction, semantic
relationship extraction, semantic tagging, slogan generation, social data mining, socio-cultu-
ral computing, Sprach- und Sprechererkennung unter schwierigen Bedingungen (Erkältung,
Verstellung), systems for discovering influential users, tangible media, temporal reasoning in
recommendation systems, trust and reputation in social networks, trust aware interfaces/trust
inspiring recommendations, trust control, unexpectedness in retrieval, unobtrusive acquisition
of emotions, unobtrusive user experience, unstructured and social data for recommendation,
using side information to increase recommendation quality in terms of … serendipity, Verän-
derungen der Kommunikation in Gruppen („concept drift in user modelling“, „temporal
aspects of conversational interfaces“, „temporal aspects in group modelling“), Verarbeitung
von Harmonie in Musikstücken, visual computing, weiche Robotik.
Selbst das Thema „Emotionsverarbeitung“ (über Gemütsausdrücke in Gesichtern, Lan-
geweile – etwa von Lernenden in Weiterbildungskursen [OV16ch], Symptome von Stress
oder Müdigkeit) wird thematisiert, z. B. im Kontext von personalisierten Empfehlungssys-
temen [Tkal16]. Die Gartner, Inc. prognostiziert, dass schon 2019 etwa 20 % der IT-­Geräte
in der Lage sein würden, Gefühle zu registrieren [Heeg16].
Damit korrespondiert, dass im Gartner Hype Cycle 2017 die folgenden Techniken auf
dem aufsteigenden Ast erscheinen: „Smart Robots“, „Human Augmentation“, „Brain-­
Computer Interface“ und „Quantum Computing“. Sowohl in den USA als auch in Europa
5.1 Digitalisierung 39

gibt es gut dotierte Forschungsprogramme mit den Bezeichnungen „Human Brain Acti-
vity Project“ oder „Human Brain Project“ (vgl. Tab. 2.3 und Abb. 2.2).
In neueren interdisziplinären Fächern wie Psychobiologie und Neurobiologie werden
Zusammenhänge in der Triade „Gehirn-Gesichtsausdruck-Emotion“ studiert und für die
Verwendbarkeit in Mensch-Maschine-Dialogen erforscht [OV16ag]. So könnte langfristig
auch eine IT-generierte „menschliche“ gefühlsbeeinflusste Sprache erzeugt werden. For-
schungsarbeiten dazu finden im Bereich „Human Media Interaction“ der Universität
Twente (Niederlande) statt.
Mittlerweile gibt es auf großen Tagungen, wie z. B. der 22. ACM International Conference
on Intelligent User Interfaces (IUI 2017), verhaltenswissenschaftliche Teilveranstaltungen mit
den Disziplinen Psychologie, Kognitionswissenschaft und Sozialwissenschaften [Gena16].
In der weiteren Zukunft könnte an der Grenze zwischen Informationstechnik und
Medizin die Epigenetik eine interessante Rolle spielen. Es geht nicht darum, nur Schluss-
folgerungen daraus zu ziehen, welche Gene vorhanden sind, sondern darum, ob Gene
abgelesen werden. Dieses hängt wiederum davon ab, wie dicht gepackt der Erbstrang in
den Histon-Proteinen ist [Müll16b].
Beachtliche Fortschritte verzeichnet vor allem das Medizintechnik-Unternehmen Otto
Bock Holding GmbH & Co. KG bei der Entwicklung von Prothesen, die durch Muskelim-
pulse in gesunden Körperteilen oder Hirnströme gesteuert werden [Balz17].
In der Hirnphysiologie hat man herausgefunden, dass ein Erfahrungsgedächtnis und ein
Arbeitsgedächtnis zusammenwirken. Das erstere arbeitet analog, das zweite digital. Lang-
fristig könnten derartige Erkenntnisse zur Entwicklung „neuro-adaptiver Assistenzsys­teme“
für die Kommunikation zwischen Menschen und Maschinen (Robotern) herangezogen
werden [Poll16].
Unterstellt man, wie es ursprünglich angestrebt wurde und jetzt zuweilen wieder pro­
gnostiziert wird, dass sich langfristig die KI am Aufbau des menschlichen Hirns orientiert,
so ist zu berücksichtigen, dass das Hirn nicht diskrete Zustände unterscheidet.
Wichtige Simulationsmodelle, die kontinuierliche Flüsse abbilden (über System Dyna-
mics), kennen auf der Anwenderseite ebenfalls analoge Elemente.
Auch Geräte und gar Menschen mit eingebetteten Systemen beinhalten häufig analoge
Elemente, sodass Digital-Analog-Wandlungen erforderlich sind. Bspw. löst eine von
einem Bordrechner im LKW veranlasste Bremsaktion (digital) eine kontinuierlich wach-
sende oder sinkende Bremsintensität aus. Bei kabelloser Datenübertragung, z. B. zwi-
schen einem Mobiltelefon und einem Computer, spielt der Wechsel zwischen sich analog
abschwächenden Feldstärken und deren Wiederauffrischung eine große Rolle. Ähnlich
findet man analoge Effekte bei der elektronischen Identifikation von Gegenständen mit
Hilfe von Funketiketten (RFID-Chips) und in dynamischen Netzwerken mit komplizierter
Geometrie, wie man sie bspw. in der Energieversorgung verwendet [Absh15].
Die Flugzeugindustrie arbeitet an extraleichten Strukturen, wobei man sich am Wachs-
tum von Knochen und Knochengerüsten orientiert (Bionik), zugleich aber für die Festig-
keitsberechnungen massive Rechenkraft benötigt [OV15bi].
40 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Die Weiterentwicklung der Schaltkreistechniken „jenseits der Elektronik“ wird zum


Teil bei interdisziplinärer Kooperation zwischen Biologie, Chemie und Physik gesehen.
So befasst sich IBM mit Künstlichen Neuronen, die Neuronen in Lebewesen nachempfun-
den sind und die unter Einfluss von Wärme ihre Zustände mit extrem kleinen Veränderun-
gen stochastisch bzw. zufällig marginal modifizieren [Anth16].
Besonders deutlich und auch breiten Bevölkerungsschichten leicht erkennbar sind Ent-
wicklungen der Uhrenbranche: Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Internatio-
nal Data Corporation verkauften die fünf größten Hersteller von (digitalen) Smartwatches,
zu deren Produzenten auch Apple gehört, im dritten Quartal 2015 zusammen 5,6 Mio.
Stück, aber im selben Zeitraum 2016 nur 2,7 Mio. Massiv Marktanteile gewonnen haben
hingegen sog. Vintage-Uhren mit analogen Merkmalen [Wieb16].
Im nicht-wissenschaftlichen Raum und in populären Medien wird der Begriff „Digita-
lisierung“ recht unspezifisch und inflationär benutzt (Kap. 1 und Abschn. 5.3). Eine exakte
Definition findet man in aller Regel nicht. So gliedert man im Bundesverkehrsministerium
einerseits in „Digitales und Breitbandausbau“, demnach gehört also der Breitbandausbau
nicht zum „Digitalen“.
Tab. 5.1 enthält Beispiele dafür, wie Begriffe, die sich überlappen oder in einer
Teil-Ganzes- bzw. Über-Teilmengen-Beziehung stehen, einfach durch „und“ oder auf eine
andere problematische Weise verbunden werden.
In der 56 Seiten umfassenden Studie „Digitale Exzellenz – eine Bestandsaufnahme zur
Digitalisierung deutscher Unternehmen und Behörden“ werden zahlreiche Aspekte der The-
matik aufgegriffen, eine Definition von Digitalisierung sucht man jedoch vergebens [BöDM15].
Hess bezeichnet differenziert die „Digitale Transformation“ als einen durch Informati-
onstechnologie hervorgerufenen Wandel auf individueller (z. B. Mediennutzungsverhal-
ten) und organisatorischer Ebene. Zur letzteren rechnet er „den Wandel ganzer
Geschäftsmodelle“, etwa in der Musikindustrie ([HesT16], vgl. auch [Schee15, S. 3]).
Diese Interpretation hat gewisse Vorteile und eine Chance sich durchzusetzen. Jedenfalls
weisen persönliche Umfragen und Erörterungen mit Fachkolleginnen und -kollegen in
diese Richtung, wenn auch alles andere als einhellig.
Gimpel und Röglinger schreiben: „The main differences (of digitalization, die Verf.)
compared to common IT usage lie in the faster speed of change, in the higher level of inter-
connectedness, and in the willingness of individuals to use technological devices“ [GiRö15].
Mit der unscharfen Definition des Begriffs „Digitalisierung“ korrespondiert die des
wiederholt in Studien von Beratungsunternehmen benutzten Maßes ­„Digitalisierungsgrad“
(z. B. [Heid15]). (Er stammt wohl ursprünglich von der Messung der Verbreitung des
Digitalfernsehens.) In Veröffentlichungen von Unternehmensberatern wird wiederholt
dieses Maß quantifiziert, aber nicht definiert. Diesbezügliche eigene Rückfragen blieben
oft unbeantwortet.
In Tab. 5.2 führen wir (oft leicht verkürzt) die Antworten auf, die in einer eigenen
kleinen, schriftlichen, nicht repräsentativen Stichprobe 33 Fachleute (Praktiker, Wissen-
schaftler, Veranstalter von Tagungen) gaben, als wir sie fragten, worin sie den Unterschied
zwischen Automation und Digitalisierung sehen. Man erkennt eine große Bandbreite an
Auffassungen.
5.1 Digitalisierung 41

Tab. 5.1 Heterogene Begriffsverständnisse von Digitalisierung


Quelle Zitat
Matthias Wissmann, Präsident des „elektronische und digitale Systeme (im Auto, die Verf.)“
VDA [Peit15a]
Thomas Kaufmann und Lisa Forstner, „Automatisierung und Digitalisierung“ [KaFo14, S. 360]:
Infineon Technologies AG Diese Verfasser lassen also erkennen, dass sie einen
Unterschied zwischen Digitalisierung und
Automatisierung sehen, aber nicht, worin dieser bestehe
Erik Brynjolfsson, Andrew McAfee „… the story of automation, including artificial
und Michael Spence verwendeten intelligence, robotics, 3-D printing, and so on“. Für sie ist
2014 die Formulierung also offenbar Automation der Überbegriff [BrMS14]
Ohne Verfasser Unter Bezug auf die Digitale Agenda der
Bundesregierung findet man sogar „Digitalisierung in der
Wirtschaft“ und „Industrie 4.0“ als Synonyme [OV14b]
Eberhard Heins, Chefredakteur des „… ein künftiges Enterprise-Resource-Planning (ERP)-
isreport System ... Digitalisierungsvorhaben unterstützen soll“
[Hein15a]
Oliver Schocke, Professor an der Neben den eingebetteten Systemen und
Frankfurt University of Applied Sensornetzwerken ist die Digitalisierung gekennzeichnet
Sciences durch Anwendungen wie Cloud Computing, Big Data
Analytics und anderen Webdiensten [Schoc17, S. 4]
Timotheus Höttges, „Digitalisierung wird heute als Beschreibung der Folgen
Vorstandsvorsitzender der Deutsche von Computerisierung und elektronischen Netzwerken
Telekom AG verwandt“ [Hött17]
Bundesministerium für Arbeit und „Vielmehr resultiert aus der Digitalisierung ein Prozess
Soziales der Informatisierung von Arbeits- und
Produktionsprozessen …“ [BMAS16]
Jana Brendel, Head of Digital „Digitalisierung bedeutet, die IT-Organisation so
Solutions der Deutsche Bank AG, aufzustellen, dass sie eine schnellere Entwicklung von
benutzt einen Zirkelschluss Bankanwendungen im Bereich der Digitalisierung
ermöglicht“ [Bren15]
Volker Weber, Vorsitzender der „Vor allem mit Blick auf das verwandte Thema Industrie
Chemie-Gewerkschaft IG BCE 4.0 gibt es noch Einiges zu tun: „Wenn man so genau
wüsste, was das ist“, seufzt Gewerkschafter Weber“
[Wint16]
Frank Sportolari, „Für uns ist Digitalisierung eigentlich nichts Neues. Wir
Generalbevollmächtigter von United haben schon vor über 30 Jahren damit angefangen,
Parcel Service Deutschland Inc. & elektronische Daten zu sammeln, auszutauschen und zu
Co. OHG verarbeiten“ [Ludw17, S. 13–14]
Jörg Rocholl, Präsident der „… muss sich auch die BWL auf die Folgen von
Wirtschaftshochschule ESMT Digitalisierung und künstlicher Intelligenz einstellen.“
(Digitalisierung ist ungleich KI) [Roch17]
42 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Tab. 5.2 Umfrage „Automation und Digitalisierung“


Antworten
B1 (CIO eines Automobilzulieferers): Teilt die Skepsis zum Neuigkeitsgrad der aktuellen
Diskussion. „Wir packen CIM wieder aus und ergänzen es um die explodierenden Möglichkeiten
der Kommunikation und der Preisdegression bei Komponenten wie Sensoren und Versuche einer
Schnittstellenstandardisierung. Neu ist das Paket, nicht aber der Ansatz und die einzelnen
Komponenten.“
B2 (Gründer und Geschäftsführer eines Unternehmens zur Marktforschung und
Tagungsveranstaltung auf dem IT-Gebiet): „Digitalisierung ist … im engeren Sinn die
Umwandlung oder Erfassung und Speicherung analoger Signale in digitaler Form. Damit ist sie
eine Grundlage zur Automation durch Informationstechnologie. In einem weiteren Sinn
verstehen wir die Digitalisierung als Aufgabe … datengetriebene Prozesssteuerung und
Prozessverbesserung zu erreichen und … datenbasierte Geschäftsmodelle zu etablieren.“
B3 (Fachmann für Industrie 4.0 bei einem Großunternehmen der Elektrotechnik): „Wie
Digitalisierung und Automation definiert werden, ist egal. Auch die Wissenschaft sollte sich
darüber nicht in philosophische Diskussionen verirren! Wichtig ist, dass neue Technologien zum
Nutzen der Menschheit vorangetrieben und umgesetzt werden.“
B4 (Gründerin und Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens): „Es ist genau wie mit früheren
Moden …: Es gibt objektive Fortschritte in der Integration und Individualisierung von
Produktionsprozessen, aber keinen Quantensprung, der einen Hype rechtfertigen würde.
Trotzdem gibt es Leute, die auf der Welle „reiten“, weil sie sich davon mehr Aufmerksamkeit,
Fördermittel usw. versprechen, und manchen wird das auch weiterhelfen.“
B5 (Unternehmensberater in Sachen MIS): „Digitalisierung ist Automation + Änderung der
Geschäftsmodelle.“ Dieser ist skeptisch, ob die gegenwärtige Mode einen wirklichen Fortschritt
beinhaltet.
B6 (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): „Digitalisierung ist ein „Buzzword“ und eine
Mode. Unternehmen subsumieren damit vieles, was „wir“ in der Wirtschaftsinformatik schon
immer machen. Dazu zählt die „sinnhafte“ Vollautomatisierung nach Mertens.“
E (Ehemalige Führungskraft in einem global tätigen IT-Konzern): „Bei Automation steht mehr
das Ziel im Blick, d. h. Reduktion von Kosten und Erhöhung der Vorhersagegenauigkeit.
Digitalisierung geht von den Methoden oder der Technik aus.“
F1 (Leitender Angestellter in einem großen Software-Unternehmen): „Das Thema Digitalisierung
ist auf jeden Fall modisch überhöht. Viele in der Forschung schon lange bekannte Konzepte
finden sich dort auch wieder. Wesentliche Unterschiede bzw. Fortschritte sehe ich in zwei
Punkten: 1) Technologie ist heute wesentlich leistungsfähiger und leichter zu bedienen. 2)
Mitarbeiter bzw. Konsumenten nutzen in viel breiterem Maße die IuK-Technologien.“
F2 (Hochschullehrer für Fertigungsautomation): Er begreift Digitalisierung im
informationstechnischen bzw. informatischen Sinn, d. h. Umwandlung von analogen Signalen in
digitale zwecks Verarbeitung auf einer elektronischen Rechenanlage.
F3 (Hochschullehrer für Technologiemanagement): „Der Begriff Digitalisierung steht im
Zusammenhang mit dem Internet der Dinge für den fortschreitenden Ersatz von physischen
Funktionen (auf Basis von Hardware …) … durch digitale Funktionen (auf Basis von Daten und
Software …).“
(Fortsetzung)
5.1 Digitalisierung 43

Tab. 5.2 (Fortsetzung)


Antworten
H/L (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik und seine Assistentin): Sie unterscheiden eine
Definition im engeren Sinn (Umwandlung von analogen Signalen in digitale) von einer weiteren:
„Durchdringung von Vorgängen mit Informations- und Kommunikationstechnologien, die eine
durchgängige Verarbeitung digitaler Informationen ermöglichen. … Die Digitalisierung ist ein
maßgebliches Instrument zur weiteren Verbesserung der Automatisierung.“
H (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): Digitalisierung ist Automatisierung + Änderung
der Geschäftsmodelle.
K1 (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): „Ich verstehe Digitalisierung als Instrument der
Virtualisierung, also als einer … äquivalenten „digitalen Repräsentation eines physischen
Objekts“. Diese „digitale“ Repräsentation erleichtert die Automatisierung … erheblich.“
K2 (Ehemaliger Präsident eines Industrieverbandes): Den Unterschied machen Fakten des
technischen Fortschritts aus, u. a.: „Nur durch den erweiterten Adressraum von IPv6 sind wir
überhaupt in der Lage, über ein Internet der Dinge mit individueller Adressierbarkeit
nachzudenken.“; „Die Verfügbarkeit von breitbandigen Datenübertragungswegen zu
„vernünftigen Kosten“.“; „Die Möglichkeit breitbandige Übertragungswege auch über Mobilfunk
zur Verfügung zu stellen.“
K3 (Ehemaliger Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): Er hält „das ganze Gequatsche über
digitale Transformation für Unsinn oder (freundlich gesagt) wiedermal für einen Modebegriff“.
K4 (Ehemaliger Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): Er verweist auf die
englischsprachige Fassung des Buches von Laudon, das den Untertitel „The Digital Firm“ nennt:
„Automation ist im Rahmen von Digitalisierung eine fast nicht zu verhindernde, aber
nachgelagerte Komponente.“
L (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): „Viele Entwicklungen sind sicherlich auch mit
Automatisierung gut beschrieben, z. B. in der Produktion. Gewisse Anwendungen fallen nur
schwer unter Automatisierung, z. B. Uber.“
M (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik) (speziell zu I4.0 gefragt): „Gute Ideen unter
algorithmischen Gesichtspunkten (zu Industrie 4.0) habe ich wenig gesehen. …
Interessanterweise argumentierte ein Industrievertreter, der in entsprechenden Gremien an dem
Thema mitarbeitet, in der Halbleiterindustrie seien wesentliche Forderungen von Industrie 4.0
bereits umgesetzt.“
N (Hochschullehrer der Informatik): Digitalisierung ist eine Akzentverschiebung zu mehr
Software, ansonsten nicht viel anders als Automation.
O (Ehemaliger Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): „Digitalisierung ist die totale
Kundenzentrierung. Hier zeigt sich eben der Unterschied zwischen Business und Life
Engineering. War gestern bei der Vorstellung einer Zukunftsstudie zum Thema Digitalisierung.
Wenn die dort anwesenden Leute die Zukunft Deutschlands in die Hand nehmen, … Politologen,
Beamte, Stabsmitarbeiter von Konzernen, abgewandte Wissenschaftler …“
R (Softwareunternehmer): „Sehe schon einen Unterschied zwischen Digitalisierung und
Automation. Z. B. Digitalisierung zur Wandlung/Rettung von Geschäftsmodellen.“ Automation
ist eher effizienzorientiert – dasselbe nur besser machen, Transformation macht dasselbe
hinterher anders.“
(Fortsetzung)
44 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Tab. 5.2 (Fortsetzung)


Antworten
S1 (Softwareunternehmer): „Digitalisierung ist mehr als Automation insofern, als der Wandel der
Geschäftsmodelle hinzukommt, verbunden mit besonderer Notwendigkeit, dem Unternehmen
einschließlich seiner IT eine flexible Organisation zu geben.“
S2 (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): „Digitalisierung ist umfassender wie unscharf.
Umfassender, weil eben nicht nur Automation im Vordergrund steht, sondern auch
„Unterstützung“ und „Befähigung“. … Es geraten auch zunehmend
Geschäftsmodellinnovationen (mit zuweilen disruptiven Wirkungen) auf Branchen in den
Blickwinkel.“
S3 (Leitender Angestellter in einem großen Softwareunternehmen): Er geht von der
Begriffsdefinition im informationstechnischen bzw. informatischen Sinn aus und ergänzt:
„Leichtere Überwindung von Medienbrüchen, z. B. zwischen Papier und Dias, und die stärkere
Vernetzung. Jeder einzelne Punkt ist für sich keine Revolution. Das Ganze ist zu einer Bewegung
geworden, weil beschleunigende Faktoren hinzugekommen sind, z. B. Preisverfall bei
Speichermedien oder Sensoren.“
S4 (Hochschullehrerin der Wirtschaftsinformatik): „Das Wort Automatisierung wird viel im
beruflichen Kontext genutzt, wie Automatisierung von Produktionsprozessen … Ich würde den
Begriff Digitalisierung insgesamt jedoch breiter sehen, sodass dadurch der normale Alltag von
Menschen in der heutigen Gesellschaft geändert (digitalisiert) wird.“
T1 (Softwareunternehmer): „Digitalisierung ist eindeutig keine „Mode“. Es geht um die
grundsätzliche Umstellung des Informationsaustauschs und der Speicherung. Die großen
Entwicklungslinien beziehen sich nach wie vor auf die durchgängige Integration von
Geschäftsprozessen. Man muss streng zwischen den voneinander abhängigen Bereichen
DIGITAL und AUTOMATISCH unterscheiden.“
T2 (Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): Digitalisierung geht stark in Richtung Mode.
Ist, verglichen mit seinen früheren Arbeiten zu Expertensystemen und Softwareagenten, nur eine
Wiederbelebung bzw. ein „Remake“.
V (Hochschullehrer der Industriebetriebslehre): „Digitalisierung ist wohl mehr als eine „Mode“,
denn sie greift stark in das menschliche Leben ein.“
W1 (Ehemaliger Hochschullehrer der Informatik): Verweist auf die übliche Definition in der
Informatik (Umwandlung analoger Signale in digitale zwecks Verarbeitung auf einer
elektronischen Rechenanlage).
W2 (Leitender Angestellter in einem global tätigen IT-Konzern): „Der Digitalisierungsbegriff
wird … inflationär und … oft falsch verwendet. Gemeint ist die stark ansteigende Erfassung von
Daten, die man in digitalisierter Form speichert, und deren Aggregation/Kombination. … Durch
die Zusammenfassung von digitalisierten Daten aus unterschiedlichsten Quellen werden ganz
neue Blickwinkel möglich.“ Er sieht die Digitalisierung als Grundlage der Automation im
informationstechnischen Sinn an.
W3 (Leitender Angestellter in einer Unternehmensberatung): Gegenüber Automation ist die
Vernetzung viel stärker. Es sind aber noch keine Fortschritte bei den Algorithmen zu verzeichnen.
W4 (Ehemaliger Hochschullehrer der Logistik): „Im automobilen Umfeld ist neben der
Digitalisierung, die auf Automation hinausläuft, auch die Digitalisierung im Produkt, also die
Kommunikation der Automobile untereinander und mit der Infrastruktur zu verzeichnen.“
Z (Ehemaliger Hochschullehrer der Wirtschaftsinformatik): Traut sich eine Antwort nicht zu.
5.1 Digitalisierung 45

Zusammenfassend ergeben sich aus unserer Umfrage, was Digitalisierung von Auto-
mation unterscheide, drei schwach ausgeprägte Cluster der Begriffsverständnisse:

1. Digitalisierung ist die Überführung von analogen Werten in digitale.


2. Sie ist Automation unter Nutzung von (informations)technischem Fortschritt.
3. Sie ist Automation plus Änderung von Geschäftsmodellen.

Der äußerst unscharf benutzte Begriff „Digitalisierung“ ist u. E. keine glückliche Episode
in der Geschichte der deutschen Sprache. Wir werten die unreife Begriffsbildung, vor
allem die unscharfe Trennung von Analogem und Digitalem bzw. die „Überschrift“ „Digi-
tal“ auch dort, wo analoge Phänomene stark mitwirken, und die kaum getroffene Aussage,
was Digitalisierung von Automation unterscheide, als vorläufiges Indiz, dass wir es mit
einer Modewelle zu tun haben könnten. Der Historiker Otto Ladendorf definierte ein
Modewort schon in seinem Werk „Historisches Schlagwörterbuch“ [Lade06] als „Erzeug-
nis, das plötzlich ganz weite Bevölkerungsschichten epidemisch durchsetzt und meist nur
ziemlich gedankenlos gebraucht wird“.
Andere Disziplinen, wie z. B. die Naturwissenschaften oder die Medizin, könnten sich
einen solchen unstimmigen Begriffsapparat nicht leisten. Wenn man die komplizierten
Vorgänge der Nahrungsaufnahme, Verdauung, Stoffwechsel, Speicherung und Ausschei-
dung von Nahrungsbestandteilen unter dem Begriff „Essen“ oder gar „Kauen“ subsumie-
ren würde, so könnte man nicht differenzierte Forschung und Entwicklung betreiben und
keine entsprechenden Fortschritte erzielen.
Vor allem in Bezug auf Wirtschaftsbetriebe und öffentliche Verwaltung mag man die in
Abb. 5.1 dargestellte Entwicklung von Benennungen und Umbenennungen über die letz-
ten Jahrzehnte nicht als endgültig einschätzen. Mit der Umbenennung des „Nationalen

Lochkartentechnik DV ADV EDV

Informationstechnik/
Informationsverarbeitung (IT/IV)
Informationstechnologie

IT (englisch)

e-(Business, Procurement,
Commerce, Logistics, Health, …)

Digitalisierung

Analogisierung?

Abb. 5.1 Entwicklung der Namen


46 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

IT-Gipfels“ in „Digital-Gipfel“ ab 2017 sollte laut Bitkom zum Ausdruck gebracht wer-
den, „dass es bei der Digitalisierung nicht nur um die Telekommunikationstechno­
logie, sondern um die Digitalisierung in ganzer Breite geht“ [Bitk17]. Diese Maßnahme
verdeutlicht, dass es zweckmäßiger gewesen wäre, bei der umfassenderen Bezeichnung
„Informationstechnik“ bzw. „Informationstechnologie“ zu bleiben. Ob der Begriff „Di­
gitalisierung“ eines Tages durch „Analogisierung“ verdrängt wird?

5.2 Industrie 4.0

Ähnlich groß wie bei der „Digitalisierung“ (Abschn. 5.1) ist die Zahl der Begriffsver-
ständnisse, die wir zu I4.0 fanden. (Bernd Wilhelm merkt dazu an: „Einerseits ist der
Begriff ‚Industrie 4.0‘ konkret zu verstehen … andererseits aber auch für so manche
scheinwissenschaftliche ‚Luftblase‘, die eher Marketinginteressen zu dienen scheint.“)
[Wilh14, S. 188].
Das ursprüngliche und – wie sich bald erweisen sollte – von Medien, Politik, Verbän-
den und anderen zunächst fast begierig aufgegriffene Verständnis von I4.0 baut auf einer
historischen Phasengliederung auf (1. Generation: Mechanische Produktionsanlage mit
Wasser- oder Dampfkraft betrieben – 2. Generation: Massenproduktion mit Hilfe elektri-
scher Energie – 3. Generation: Einsatz von IT). In einer Broschüre des VDI wird allerdings
Industrie 3.0 mit CIM gleichgesetzt [BaBS16, S. 58].
In dem Lehrbuch von Jan Marco Leimeister [Leim15, S. 176] findet man: „Industrie
4.0 bezeichnet in Anlehnung an bisher drei industrielle Revolutionen die Weiterentwick-
lungsstufe der Industrie … wird … die nächste Revolution beschrieben, welche die Pro-
duktion auf Basis von Cyber-Physical-Systems revolutioniert.“
Bei Mertens et al. liest man: „Technische Grundlage von Industrie 4.0 sind ‚Cyber
Physical Systems‘. Dies sind Betriebsmittel (z. B. Werkzeugmaschinen, Prüfgeräte, inner-
betriebliche Transportfahrzeuge, Lagerautomaten, LKW), die mit eigenen Computern
ausgestattet werden („embedded systems“). Die Gegenstände können untereinander über
Internet-ähnliche Netze Nachrichten („Internet der Dinge“) austauschen und sollen in wei-
teren Entwicklungsstufen ähnlich wie menschliche Disponenten miteinander verhandeln
können“ [Mert17, S. 96].
Der Lenkungskreis der Plattform Industrie 4.0, der von drei Verbänden (Bitkom,
VDMA und ZVEI) gebildet wurde, definiert im Jahr 2015 jedoch sehr weit: „Der Begriff
Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution, einer neuen Stufe der Organisa-
tion und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Pro-
dukten. Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend individualisierten Kundenwünschen
und erstreckt sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die
Auslieferung eines Produktes an den Endkunden bis hin zum Recycling, einschließlich der
damit verbundenen Dienstleistungen“ [Plat15, S. 8]. Diese sehr breit angelegte Definition
hat wegen der Bedeutung der Verbände einen fast offiziellen Charakter. Die Grenzlinien
5.2 Industrie 4.0 47

der Begriffsverständnisse zur klassischen Integrierten Daten- und Informationsverarbei-


tung im Industriebetrieb [Mert13], wie sie sich z. B. auch in weltweit verbreiteten inte­
grierten kommerziellen Softwarepaketen, etwa von Microsoft, Oracle, SAP oder
Salesforce, niedergeschlagen hat und schon seit Jahrzehnten Gegenstand der Ausbildung
in BWL, Informatik und Wirtschaftsinformatik ist, lassen sich oft nicht leicht ziehen
(87 % der Forbes Global 2000 sind SAP-Kunden). Die einzelnen Elemente sind bislang in
der Fachwelt und unter anderen Beobachtern sehr unterschiedlich betont, und zwar die
Produktion viel stärker als die anderen in der Definition erwähnten Funktionen. So fehlen
z. B. Querschnittsfunktionen, vor allem die Kosten- und Leistungsrechnung und die Inves-
titionsrechnung einschließlich Risikoanalysen, ganz [Mert15b].
Tab. 5.3 enthält weitere Meinungen zum Begriffsinhalt von I4.0.

Tab. 5.3 Heterogene Begriffsverständnisse von Industrie 4.0 (I4.0)


Beispiele
Hergert und Buchenau setzen I4.0 gleich mit „Vernetzung und Digitalisierung von Fabriken und
Lieferketten“ ([HeBu15], vgl. auch [Edig15]).
Georg Giersberg erklärt so: „Als vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) bezeichnet man die
digitale Vernetzung der Produktion und ganzer Wertschöpfungsketten vom Rohstofflieferanten
über Zwischenverarbeiter und Endverarbeiter bis zum Verbraucher. Der gesamte Prozess wird
digital begleitet und optimiert“ [Gier17b].
Noch allgemeiner erklärte der Bayerische Rundfunk seinen Hörern I4.0 als die „Veränderung der
Arbeits- und Produktionswelt“ [Baye16].
Sehr allgemein ist auch das französische Verständnis „Industrie du futur“.
Charakteristisch ist eine Passage in einem Aufsatz von Oliver Herkommer und Sebastian
Schlund: „Viele Technologien, die aktuell unter Industrie 4.0 eingeordnet werden, sind punktuell
längst im Einsatz. Es gilt nun, sie optimal zu vernetzen und flächendeckend zu nutzen“ [HeSc15,
S. 12]. Demnach hätte I4.0 zwar viel mit Vernetzung zu tun, aber nicht unmittelbar mit Cyber-­
physischen Systemen (s. unten). „Vielmehr ist Industrie 4.0 der Überbegriff für eine Strategie des
Zusammenwirkens vieler Einzelmaßnahmen unter der Prämisse einer integralen
Kommunikation“ [HeSc15, S. 15].
Wolfgang Dorst, Bereichsleiter Industrie 4.0 beim Bitkom, wird so zitiert: „Das Disruptive …
durch Industrie 4.0 liegt nicht in der technischen Effizienzsteigerung, sondern in der Veränderung
der Geschäftsmodelle“ [OV15ao].
Der ehemalige Präsident des BDI, Ulrich Grillo, sieht Industrie 4.0 als „zweite Halbzeit der
Digitalisierung“ (Aussage auf dem Münchner Management Kolloquium 2016).
Noch weiter reicht ein Szenario, in dem das bis dahin nicht existente Erzeugnis vom Kunden
erdacht wird und dieser es selbst produziert [BHVo14, S. 265].
Maximilian Nowroth formuliert zur sogenannten „Vierten Industriellen Revolution“: „Dieser
recht deutsche Begriff meint die Vernetzung von Maschinen und die intelligente Nutzung großer
Datenmengen, um sie zu analysieren und in bares Geld zu verwandeln“ [Nowr16b].
Carsten Knop schreibt: „… in der … vierten industriellen Revolution, welche die Digitalisierung
aller Wertschöpfungsketten mit sich bringt“ ([Knop16g], vgl. auch [OV16ai]). Das hieße
Integrierte Datenverarbeitung als Folge von I4.0?
(Fortsetzung)
48 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Tab. 5.3 (Fortsetzung)


Beispiele
Ein nicht benannter Autor schrieb in der FAZ: „Dabei geht es im Kern um die Vernetzung von
Industrie- und Konsumgütern“ [OV15bq].
Klaus Helmrich, Vorstandsmitglied der Siemens AG, fanden wir wie folgt zitiert: Industrie 4.0 sei
„eine neue Stufe der Organisation und Steuerung über die gesamte Wertschöpfungskette und den
Lebenslauf von Produkten, orientiert an den individuellen Kundenwünschen“ [Eber17, S. 213].
Zuweilen wird noch in IoT und IIoT (Industrial Internet of Things) unterschieden. So schreibt
Rouse: „IIoT incorporates machine learning and big data technology, harnessing the sensor data,
machine-to-machine (M2M) communication and automation technologies that have existed in
industrial settings for years.“ [Rous15] Die Begriffsvielfalt wird noch dadurch größer, dass man
in China den Namen „Internet+“ verwendet.
Chris Caplice schreibt: „Much of the discussion (within the 4th Industrial Revolution) focuses on
the “Fab Five Technologies – Internet of Things, Artificial Intelligence, Augmented/Virtual
Reality, Robotics and 3D Printing”.“ [Capl17, S. 15]
In vielen Veröffentlichungen gehen auch die Termini „I4.0“, „Automatisierung“ und „Robotik“
durcheinander, sowie das Begriffspaar „Digitalisierung und Automatisierung“. Bspw. liest man:
„„Automatisierung 4.0“ hat aber gerade erst begonnen, der „Industrie 4.0“ Dynamik zu
verleihen“ [Nord16].
Auch die Bundesregierung neigt zu Verallgemeinerungen, z. B. wird die Trennung zwischen I4.0
und dem Internet der Dinge aufgegeben [BMBF16a]. Im Forschungsfeld „Digitale Wirtschaft
und Gesellschaft“ werden auch Spezialitäten wie die „Feinfühligkeit“ von Robotern oder
„Nonverbale Aufmerksamkeitslenkung“ oder „soft-robotische Forschungsansätze“ subsumiert
[BMBF16b].
In einer Seminarankündigung des Management Forums Starnberg (2017) wurde sehr allgemein
definiert: „Industrie 4.0 bedeutet den Einzug vom Internet der Dinge, von Sensoren, der Cloud,
von intelligenten Steuerungen und weiteren Technologien in die Produktionstechnik.“
Das offizielle Konferenzthema des „Weltwirtschaftsforums Davos 2016“ war die „vierte
industrielle Revolution“, „die in Gestalt Künstlicher Intelligenz und globaler Vernetzung nicht
nur die Welt der Wirtschaft nachhaltig verändern dürfte“ [Brau16a]. Auf dem gleichen
Symposium zeigte sich, dass viele Unternehmer offenbar wegen der Definitionsvielfalt bzw. des
Reichtums an Schlagwörtern sehr verunsichert sind. Sie spüren zwar einen gewissen Druck,
etwas unternehmen zu sollen („Alarmismus“, vgl. Kap. 3), wissen aber nicht, wie sie die
Schlagwörter in ihren Betrieben umsetzen sollen [OV16cj].
„Digitalisierung der Wertschöpfungsketten unter dem Stichwort ‚Industrie 4.0‘“ [OV16al]. Mit
anderen Worten: Digitalisierung und I4.0 werden gleichgesetzt.
Thomas Straubhaar: „Die Digitalisierung, Stichwort Industrie 4.0, kommt jetzt mit Wucht.“
[HaMe16]
Sven Astheimer, Journalist der FAZ, schreibt, dass „der Maschinenbau oder die
Automobilindustrie das Thema Digitalisierung unter dem Stichwort Industrie 4.0 früh auf die
Agenda gesetzt haben“ [Asth16b].
Bundesminister Heiko Maas zieht die Grenzen besonders weit: „Das fundamental Neue an dieser
vierten industriellen Revolution ist, dass bisher gültige Grenzen zwischen privat und öffentlich,
zwischen „mein“ und „dein“, ja selbst zwischen Mensch und Maschine verschwimmen“ [Maas17].
5.2 Industrie 4.0 49

„Industrie 4.0“ wird aber auch an vielen Stellen wieder schärfer abgegrenzt und dann
mit dem aus Informatik und Ingenieurwissenschaften stammenden Begriff „Cyber-­
physical system“ (CPS) eng assoziiert oder auch gleichgesetzt (s. oben), so 2013 in
einem Bericht der Forschungsunion/acatech [Prom13, S. 5]. Ganz überwiegend wird
davon ausgegangen, dass diese Betriebsmittel Daten austauschen. Jedoch könnte die
nächste Ausreifungsstufe so gestaltet sein, dass sie auch untereinander verhandeln, um
schließlich automatische Dispositionsentscheidungen zu treffen. Alternativ wären auch
Auktionen in Betracht zu ziehen: Die CPS der Betriebsmittel bieten ihre Kapazitäten an.
Informatik und Wirtschaftsinformatik hatten Softwareagenten bzw. Multi-­Agenten-­
Systeme (MAS) (je ein Agent, der für „seine“ Maschine, „sein“ Transportmittel usw. ent-
scheidet) als Konstrukt der Künstlichen Intelligenz in Dissertationen bereits in den
neunziger Jahren bezüglich Verwendung in Produktion und Logistik untersucht und ein-
schlägige Prototypen entwickelt [Falk95, Weig94]. Neuere Arbeiten haben Berndt
[Bern15] und Gath [Gath15] vorgelegt. Es ist bedauerlich, dass Arbeiten aus den Gebieten
Betriebswirtschaftslehre (z. B. Absatzwirtschaft), Fertigungstechnik, Informatik und
Wirtschaftsinformatik fast nicht in Zusammenhang gesehen werden. Das nachfolgende
Beispiel aus der Praxis des Autors Mertens verdeutlicht dies.

Zusammenwirken technischer und betriebswirtschaftlicher Ziele und Restriktionen


In einem Unternehmen der Leichtmetallindustrie sind aus großen Aluminiumblöcken auf
Walzaggregaten dünne Folien zu produzieren, die man z. B. für die Verpackung von Scho-
koladetafeln oder für Kondensatoren benötigt. Weil die Walzen und die Produkte unter-
schiedlich breit sind, ist der Verschnitt zu minimieren (zweidimensionales Verschnittproblem).
Das Optimieren gelingt mit Verfahren der Mathematischen Programmierung, wobei der
Bedarf an Rechenkapazität nicht unterschätzt werden darf. Generell ist das Verschnittpro­
blem mit der Terminplanung zu verbinden. Erteilt z. B. ein Kunde einen Eilauftrag, so ist in
Abhängigkeit von den bestätigten und eingeplanten Kundenaufträgen zu entscheiden, ob
und wenn ja, welche anderen Aufträge zurückgestellt werden. Will man diese Entscheidung
vollständig automatisieren, so sind auch Fakten zu berücksichtigen wie:

1. In welchem Maß wurden bisher Liefertermine bei den durch die Umdispositionen
betroffenen Kunden versäumt? M.a.W.: Dürfen wir den Kunden erneut enttäu­
schen?
2. Welche Kundendeckungsbeiträge entgehen, falls ein vielversprechender neuer
Kunde, ein Stamm- bzw. A-Kunde abspringt oder man einen B-Kunden zurück-
stellt? (Kundenwert-Berechnungen)

Agentenbasierte Simulationssysteme erlauben Berechnungen auf sehr detaillierter Ebene.


In Kauf zu nehmen sind bisher noch der sehr hohe Datenbedarf und erhebliche Rechenzei-
ten. Gerade diese beiden Nachteile verlieren aber durch den technischen Fortschritt an
Relevanz. Gut geeignet sind die Agenten in Kombination mit analogen Elementen von
System Dynamics und diskreter Ereignissimulation [Djan15, insb. Abschn. 4.1].
Insgesamt ist zu konstatieren, dass der seit Langem erreichte Stand der Integrierten
Daten- bzw. Informationsverarbeitung in weit verbreiteten kommerziellen Softwarepaketen,
50 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

in der industriellen Praxis und in der Forschung und Lehre der Wirtschaftsinformatik vie-
len Autoren, die sich zu Industrie 4.0 äußern, weitgehend unbekannt ist.
Man erkennt, dass der Begriff I4.0 zunehmend bis hin zu einem fast leeren Inhalt ver-
allgemeinert wird. Die mit der Zeit immer unschärfer gewordenen Definitionen erschwe-
ren sorgfältige Analysen, auch solche, mit denen herausgearbeitet werden soll, wo das
wirklich Neue liegt.
Bei den skizzierten Begriffsdehnungen verwundert es nicht, dass so gesehen ein hoher
Prozentsatz der befragten Industrieunternehmen schon Industrie 4.0 betreibt [OV16bb].
Erfreulicherweise wurden jetzt die Probleme und ernsten Gefahren des Begriffs-­
Wirrwarrs erkannt und kompetent besetzte Gremien mit dem Ziel eingerichtet, die Begriffe
schärfer abzugrenzen (s. Abschn. 9.10) [Pfro14].
Das World Wide Web Consortium (W3C) arbeitet unter anderem an einem einheitli-
chen Glossar [Schlü16].
Die acatech hat 2016 einen „Industrie-4.0-Maturity-Index“ publiziert. Peter Liggesmeyer
hat auf dieser Grundlage ein „Stufenweises Umsetzungskonzept“ vorgestellt. Es führt von
der einfachen, lange erreichten Lösung der alleinstehenden programmgesteuerten CNC-Ma-
schine (Liggesmeyer gibt dieser Stufe die Nummer 3.0) über die Stufen „Adressierbar“
(3.1) – „Kommunizierend“ (3.2) – „Diagnostiziert“ (3.3) – „Selbstdiagnostizierend“ (3.4)
zu „Autonom reagierend“ (3.5) bis zum Ziel „Autonom agierend“ (4.0) [Ligg17].

5.3 Indizien für modische Verläufe im Sprachlichen

Die Wörter „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ tauchen einzeln oder in Zusammensetzun-
gen in den letzten rund drei Jahren extrem häufig und oft in seltsamer Konnotation auf. Die
Abb. 5.2 zeigt die Verläufe, die Google Trends liefert, wenn man mit den Begriffen „Digita-
lisierung“ und „Industrie 4.0“ sucht. Diese Wachstumszahlen lassen sich nicht mit einem
plötzlichen technischen Durchbruch erklären, auch nicht mit einem einschneidenden politi-
schen Ereignis. Wir werten sie daher ebenfalls als ein Indiz für eine modische Überhöhung.
Wir haben diese Verläufe denen der Begriffe „Informatik“ und „Wirtschaftsinformatik“
(vgl. Abb. 5.3) gegenübergestellt. Letztere zeigen eine schwach fallende Tendenz. Diese
könnte darauf zurückzuführen sein, dass die älteren Termini zum Teil durch „Digitalisie-
rung“ und „Industrie 4.0“ verdrängt wurden. Ein entsprechender Versuch mit dem Termi-
nus „Informationstechnologie“ erbrachte wegen zu geringer Nachfrage durch
Google-Benutzer keinen aussagekräftigen Befund.

5.3.1 Die Inflationierung des D-Wortes

In einer verkürzten Aufzählung haben wir rund 300 Vokabeln aufgeführt, in denen die
Buchstabenfolge „digital“ vorkommt. Die gesamte Liste umfasst rund 2.500 Einträge.
Nach den Termini haben wir nicht gezielt recherchiert, vielmehr wurden nur die Wörter
5.3 Indizien für modische Verläufe im Sprachlichen 51

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Industrie 4.0 Digitalisierung

Abb. 5.2 Relative Suchanfragen für die Begriffe „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“

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Wirtschaftsinformatik Informatik

Abb. 5.3 Relative Suchanfragen für die Begriffe „Informatik“ und „Wirtschaftsinformatik“

festgehalten, die uns bei der alltäglichen Lektüre der Fachliteratur und Wirtschaftspresse
begegnet sind. Unsere ursprüngliche Absicht, zu allen oder zumindest vielen Positionen
die Quellen zu zitieren, haben wir aufgegeben, weil das zu viele Seiten gefüllt hätte.1 Die

1
Verschiedentlich erscheinen die Stichwörter und Redewendungen in der Literatur mit grammati-
schen oder orthografischen Fehlern. In solchen Fällen verzichten wir auf die Korrektur und zitieren
die Schreibweise im Original.
52 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Verfasser sind zu persönlichen Auskünften bereit. (Für den interessierten Leser stehen alle
Begriffe im WWW unter http://wi1.uni-erlangen.de/users/petermertens.)
Auf der alphabetisch sortierten Liste befinden sich u. a.: Charta digitaler Grund-
rechte – Corporate Digital Responsibility – Dämonisierung der Digitalisierung – Darmstadt
digital – Darwin digital – Demokratische Digitalkultur – Deutsch-französische Digitalkon-
ferenz – Deutschlands digitale Rückständigkeit – Dezentrale Digitalität – Digital Abseits-
stehende – Digital Detox (Gelassenheit als Folge von Abstinenz von E-Mails im
Urlaub) – Digital entgiften (Abhängigkeit vom Smartphone einschränken) – Digital Fort
Knox – Digital geführter Weltkrieg – Digital Jetset – Digital optimierter Immobilienmak-
ler – Digital or die – Digital souveräner Bürger – Digital verteiltes Unternehmen – Digital-
bude – Digitalcourage e.V. – Digitaldemokratie – Digitale Abschreckung – Digitale
Achillesferse – Digitale Affinität – Digitale Allgemeinbildung – Digitale Alphabetisierung
(Vermittlung von IT-Wissen durch das Deutsche Internet-Institut) – Digitale Apokalypse –
Digitale Armee – Digitale Aufbruchstimmung – Digitale Aufholjagd – Digitale Aufrüh-
rer – Digitale Bedürfnisse – Digitale Bequemlichkeit – Digitale Besoffenheit – Digitale
Bildungsrevolution – Digitale Blase – Digitale Bohème – Digitale Demenz – Digitale Den-
ker – Digitale Desinformation – Digitale Detektivarbeit – Digitale Diskriminierung – Digi-
tale DNA – Digitale Dreckschleuder – Digitale Effizienz-Radikalisierung – Digitale
Entblößung – Digitale Enthaltsamkeit – Digitale Epidemie – Digitale Erpressung – Digitale
Ethik – Digitale EU-Bildungsperspektive – Digitale Feinde – Digitale Filterblase – Digitale
Freiheitsrechte – Digitale Freizeit – Digitale Frühgeburt – Digitale Führung der Welt (USA) –
Digitale Fußgängerzone – Digitale Geheimtruppe – Digitale Geruchs- und Geschmacksbi-
bliothek – Digitale Gleichbehandlung – Digitale Graswurzelbewegung – Digitale Grundba-
sis – Digitale Grundrechte – Digitale Haushaltshilfe – Digitale Heilsbringer – Digitale
Hetze – Digitale Horizonte – Digitale Horrorbilanz – Digitale Identität – Digitale Illusion
4.0 – Digitale Inkubatoren – Digitale Integration von Flüchtlingen – Digitale Irrfahrt –
Digitale Kampfeslust – Digitale Kaufentscheidung – Digitale Kleinstaaterei – Digitale
Konfrontation – Digitale Kreuzfahrt – Digitale Kunstgalerie – Digitale Kuschelecke –
Digitale Lebensform – Digitale Leseschwäche – Digitale Lingua Franca – Digitale Män-
nerfeindschaft (Rivalitäten zwischen Gründern im Silicon Valley) – Digitale Meinungsma-
che – Digitale Menschwerdung – Digitale Mitbestimmungsinstrumente – Digitale
Mitmachgesellschaft – Digitale Nachzügler – Digitale Neuvermessung der Welt – Digitale
Nomaden – Digitale Notwehr – Digitale Ökosysteme – Digitale Parallelwelt – Digitale
Plattform von Bestattungen – Digitale Realität – Digitale Reklamesperre – Digitale Ruine –
Digitale Scharfmacher – Digitale Scheu – Digitale Schlupflöcher – Digitale Schnitzeljagd –
Digitale Selbstverteidigung – Digitale souveräne demokratische Gesellschaft – Digitale
Spuren Verstorbener – Digitale Staatsbürgerschaft – Digitale Stecknadel (im Heuhaufen) –
Digitale Steuerpräsenz – Digitale Strafzinsen – Digitale Streetworker – Digitale Streiks –
Digitale Tagelöhner – Digitale Tiraden – Digitale Trompete (Twitter) – Digitale
Ungeduld – Digitale Unternehmensliga – Digitale Unterwelt – Digitale Unversehrtheit –
Digitale Vergesslichkeit – Digitale Vermögenswerte – Digitale Vermutungspolitik – Digi-
5.3 Indizien für modische Verläufe im Sprachlichen 53

tale Vertrauenslücke – Digitale Verzettelung – Digitale Vorbilder – Digitale


Weinberge – Digitale Weltpolizei – Digitale Worthülsen – Digitale Wunschzettel – Digitale
Zeitenwende – Digitale Zentrifugalkräfte – Digitale Zombies – Digitale Zumutung – Digi-
taler „Zahmer Osten“ – Digitaler ADAC – Digitaler Alleinherrscher – Digitaler Alltag –
Digitaler Altenpfleger – Digitaler Bankenfrühling – Digitaler Beipackzettel – Digitaler
Burnout (Nervenbelastung durch Arbeitsunterbrechung wegen Blick auf das Mobiltele-
fon) – Digitaler Butler – Digitaler Dämmerschlaf – Digitaler Darwinismus (in Anlehnung
an Karl-Heinz Land gemeint als „Survival of the fittest“ beim Übergang zu neuen Geschäfts-
modellen; Gedeihen trotz technologischer Veränderungen) – Digitaler Dietrich – Digitaler
Disrupter – Digitaler Drogenbaron – Digitaler Dschungel – Digitaler Effizienzweltmeis-
ter – Digitaler Einfallsreichtum – Digitaler Enthusiasmus – Digitaler Entrüstungssturm –
Digitaler Fanatiker – Digitaler Flirt – Digitaler Flüchtlingsgipfel – Digitaler
Gewaltverbrecher – Digitaler Handlanger – Digitaler Hausfriedensbruch – Digitaler Hilfs­
sheriff – Digitaler Himmel – Digitaler Humanismus – Digitaler Kolonialismus – Digitaler
Kommunismus – Digitaler Krieg – Digitaler Kunde – Digitaler Kundenversteher – Digitaler
Lebensassistent – Digitaler Lebenswandel – Digitaler Leuchtturm – Digitaler Machtmiss-
brauch – Digitaler Makel – Digitaler Marshallplan – Digitaler Mei­nungs-Mainstream –
Digitaler Mensch – Digitaler Millionenraub – Digitaler Mittelstand – Digitaler
Nachlass – Digitaler Nebel – Digitaler Populismus – Digitaler Protektionismus – Digitaler
Querkopf – Digitaler Ramschladen – Digitaler Reiz der Provinz – Digitaler Rettungs-
schuss – Digitaler Scheideweg – Digitaler Schnickschnack – Digitaler Selbstbetrug – Digi-
taler Senkrechtstarter – Digitaler Sprint – Digitaler Stammtisch (Herabwürdigung von
Facebook) – Digitaler Surrealismus – Digitaler Totalitarismus – Digitaler Untergrund
(Darknet) – Digitaler Verbraucherschutz – Digitaler Volkstribun – Digitaler Vordenker –
Digitaler Vorzeigekonzern – Digitaler Vorzeigestaat – Digitaler Wahn – Digitaler Welt-
markterfolg – Digitaler Willen – Digitaler Wohlstand – Digitaler Zar – Digitaler
Zwergstaat – Digitaler Zwilling – Digitaleres Oktoberfest – Digitales „Wir schaffen das“ –
Digitales Abseits – Digitales Alter Ego – Digitales Antidiskriminierungsgesetz – Digitales
Bewusstsein – Digitales Deutschlandportal – Digitales Dorf – Digitales Dunkel – Digitales
E-Book – Digitales Echtzeitalter – Digitales Entwicklungsland – Digitales Epizentrum –
Digitales Fasten – Digitales Flugzeug – Digitales Getreide – Digitales Gewächshaus –
Digitales Gift – Digitales Heilsversprechen – Digitales Kalifat (IS) – Digitales
Karrierecoaching – Digitales Kind – Digitales Königreich – Digitales Kreuzfahrertum –
Digitales Laissez-faire – Digitales Musterland – Digitales Ökosystem – Digitales Öster-
reich – Digitales Proletariat – Digitales Sammelsurium – Digitales Schaulaufen der
Nationen – Digitales Scheitern – Digitales Selbstbewusstsein – Digitales Spielfeld – Digi-
tales Steinzeitalter – Digitales Talent – Digitales Ungeziefer – Digitales Vergessen – Digi-
tales Wahlkampfversprechen – Digitales Wunderkind (CDO der Volkswagen AG) – Digitales
Zweitleben – Digitalfestival – Digitalgiganten – Digital-Gipfel – Digitalindex der Gesamt-
bevölkerung – Digitalisieren der Digitalisierer – Digitalisierung 4.0 – Digitalisierung 5.0 –
Digitalisierung des Alltags – Digitalisierung von Privatleben – Digitalisierung zum
Anfassen – Digitalisierungsbarometer – Digitalisierungs-EKG – Digitalisierungsgurus –
54 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Tab. 5.4 Einzelne Aussagen zur Digitalisierung


Beispiele
„Auf der Welle der Digitalisierung surfen lernen“ [PlaeoJ].
Die Digitalisierung eröffnet uns unendlich viele Möglichkeiten (in der Gesundheitsversorgung)
[Telg16].
„… hat die Digitalisierung jeden Bereich unseres Lebens übernommen, den beruflichen, privaten,
geheimen und manchmal auch den intimen“ [Rund16].
Wie die Software AG Darmstadt 98 digitalisiert [Knop16h].
Rechtsextreme Ideologie ist mittlerweile digital [Meye16].
Digitalisierung ist das Unwort des Jahres [Dorf17].

Digitalisierungslotsen – Digitalisierungsmotor – Digitalisierungsrausch – Digitalisierungs-


tornado – Digitalisierungs-­Wirrwarr – Digitalismus – Digitalkapitalismus – Digitalkonkur-
renten – Digitalmesse CeBIT – Digital-Offensive gegen Terror – Digitalrabatt bei der
Qualität (für Journalisten) – Digitalregierung – Digitalschafe – Digital-Scout – Digital-Si-
licon-Valley 4.0-­Panik – Digitalskeptiker – Digitalster Bauer – Digitalunrat – Digitalver-
weigerer – Digitalvordenker – Digital-Voyeur – Digitalwaffen – Diktat des Digitalen – Duo
digitale – Durchdigitalisierung – Erstdigitalisierung – Erste Digitalliga – Europäische Digi-
tal-Union – FC Digital 04 (Schalke) – Freiwilliges Soziales Jahr digital – Hysteria digita-
lis – Jäger im digitalen Raum – KMU Digital – Kretschmann digital – Kultur der
Digitalität – Land der digitalen Denker – Lockruf des Digitalen – Mao-Bibel für das Digi-
talzeitalter – ­Menschenfressende Digitalisierung – Neodigitalisierung – Nicht-Digital-Na-
tive – Politikerin mit digitalem Schwerpunkt – Postdigitale Lebenswelten – Scheindigitali-
sierung – Sozialinnovative Digitalkompetenz – Strategie Bayern Digital – Vor-digitale
Zeit – Wegdigitalisieren – Zwangsdigitalist.
Ergänzend zur Liste der Begriffe werden in Tab. 5.4 einzelne Aussagen zitiert.
Summa summarum: Allein die schiere Menge, in der der Wortstamm „digital“ seit
wenigen Jahren in den Medien und in anderen Bekundungen und Benennungen benutzt
wird („Wortrakete“), muss Misstrauen wecken. Gleiches gilt für die Unschärfe der
Begriffe. Ulrich Klotz äußerte drastisch: „Inzwischen glaube ich, dass man jede beliebige
Wortkombination mit ‚digital‘ … findet, d. h., man könnte statt Tabellen schreiben auch
einen Buzzword-Generator in Gang setzen.“ (Persönliche Mitteilung)

5.3.2 Die Inflationierung des I-Wortes und der Zahl 4.0

Erstaunlich und ein Indiz für eine aktuelle modische Überhöhung ist zunächst – ähnlich
wie bei „digital“ – die Häufigkeit, mit der der Begriff „Industrie 4.0“ in den unterschiedli-
chen Zusammenhängen verwendet wird. Es überrascht zusätzlich, wie die Zahl 4.0 sich
aus der ursprünglichen Verbindung mit „Industrie“ gelöst hat und eine eigene „Karriere
macht“ (vgl. [Mert15d]). (Gelegentlich wird umgekehrt die Zahl 2.0 als Spottwort benutzt,
um etwas Altmodisches, Überholtes zu persiflieren.)
5.3 Indizien für modische Verläufe im Sprachlichen 55

Beispielhaft sind in der folgenden Aufzählung neuere I-Wörter bzw. Begriffe mit der
Zahl 4.0 (als Auszug aus einer Liste mit rund 300 Einträgen, die im Internet unter http://
wi1.uni-erlangen.de/users/petermertens zu finden ist) aufgeführt: Agile Industrie-4.0-Kon-
zepte – Allianz 4.0 – Angst 4.0 (vor Arbeitslosigkeit) – Arbeit 4.0 (Work 4.0) – Badezim-
mer 4.0 – Bauernschlau 4.0 – Bayern 4.0 – Biene 4.0 – Blauäugigkeit 4.0 – Brandenburg
4.0 – Commerzbank 4.0 – Denken 4.0 – Deutschland 4.0 – Digitale Illusion 4.0 – Digita-
lisierung 4.0 – Erfindergeist 4.0 – Essen & Trinken 4.0 – Executive Search 4.0 – Fiskus
4.0 – Führungskraft 4.0 – Gesetzgebung 4.0 – Gesunder Menschenverstand 4.0 – Gesund-
heitswirtschaft 4.0 – Herberge 4.0 – Hochschule 4.0 – Hospital 4.0 – Illusion 4.0 – Indus-
trie 4.0-Readiness – Industrie 4.0-Readiness-­Zertifizierung – Industrie-4.0-Land Nummer
eins in der Welt – Industrie-­4.0-Zeitalter – Insolvenzverfahren 4.0 – Kompetenzstreit 4.0
(zwischen Ministerien) – Kriminalität 4.0 – Kuhstall 4.0 – Landleben 4.0 – Lebenslanges
Lernen und Arbeiten 4.0 – Lebensmittel 4.0 – Mitbestimmung 4.0 – Mitgefühl 4.0 – Mit-
telstand 4.0 – Moral 4.0 – Positive Thinking 4.0 – Produktionsstandort Nürnberg 4.0 –
Qualifikationslücke 4.0 – Ressourceneffizienzpolitik 4.0 – Scheer 4.0 – Spargelstechen
4.0 – Staat 4.0 – Staatsoper 4.0 – Traum 4.0 – Trinkkultur 4.0 – Tristesse 4.0 – Unterneh-
mensführung 4.0 – Urlaub 4.0 – VWL 4.0 – Wettbewerb 4.0 – Wirtschaftsinformatik 4.0.
Auch etwas ausführlichere Aussagen sind symptomatisch, vor allem für problemati-
sche Präzision innerhalb einer modischen Überhöhung:

1. „Internet der Dinge“ und „Industrie 4.0“ durchdringen alle Branchen (auch außerhalb
der Industrie, wie z. B. Banken, die Verf.), und zwar mit Macht [Bron16].
2. Die Fachzeitschrift Industrie Management wurde in Industrie 4.0-Management
umbenannt.
3. Die Fachzeitschrift IT&Production bezeichnet sich jetzt als „Deutschlands wichtigs-
tes Industrie 4.0 Magazin“.
4. Industrie 4.0: Das Öl des 21. Jahrhunderts (Vortragsthema in einer Vortragsreihe des
VDMA).
5. Die Bundesregierung hat I4.0 als eines von zehn Zukunftsprojekten in den Aktions-
plan zur High-Tech-Strategie aufgenommen (Aussage von Hartmut Rauen, Mitglied
der Hauptgeschäftsführung des VDMA) [BMBF14].
6. „Industrie 4.0“ – eine Jahrhundertchance (Aussage von Dieter Kempf, ehemaliger
Bitkom-Präsident) [FiGe13].
7. „Die Frage, ob die Vierte industrielle Revolution kommen wird, ist mittlerweile eine
rhetorische“ [BHVo14, S. 33].
8. „Industrie 4.0 transformiert das gesamte Unternehmen und gehört auf die CEO-­
Agenda“ [StPw14, S. 6].
9. Mehr Fokus auf Digitalisierung 4.0 (Anzeige für „Neues Personalmanagement“ der
European Media Partner [Fitc16]).
10. „Megatreiber: Industrie 4.0 oder Durchkapitalisierung der Gesellschaft?“ [OV16az]

Aber auch skeptische Einschätzungen sind zu vernehmen. Tab. 5.5 enthält Beispiele.
56 5 Begriffe von Digitalisierung und Industrie 4.0

Tab. 5.5 Skeptische Einschätzungen zu Industrie 4.0 (I4.0)


Quelle Zitat
Andreas Syska, Professor für „Dabei basierte Industrie 4.0 auf einem Denkfehler: auf einmal
Produktionsmanagement soll ein nicht lineares und soziales System wie eine Fabrik mit
Algorithmen steuerbar sein, das hat noch nie funktioniert, und
dies wird auch dieses Mal scheitern“ [Sysk16].
Sicht der IHK für München und Industrie 4.0 ist „zunächst einmal ein Marketingbegriff. Er
Oberbayern macht Entwicklungen, die aufgrund der zunehmenden
Digitalisierung stattfinden, besser greifbar. Diese
Entwicklungen hätte es aber auch ohne den Ausdruck
„Industrie 4.0“ gegeben“ [Berg16, S. 39].
Robert Fieten, Journalist der „…, dass es momentan mehr blumigen Diskurs zu Industrie 4.0
FAZ, glaubt unter Bezug auf gibt als eine entsprechende Realität“ [Fiet16].
den ehemaligen Ersten
Vorsitzenden der IG Metall
Detlef Wetzel
Georg Giersberg, Journalist der „Es mag sein, dass nicht jeder in diesem Land etwas mit dem
FAZ Begriff „Industrie 4.0“ anzufangen weiß. Es mag sogar sein,
dass er mit diesem Nichtwissen auch gut leben kann“
[Gier16h].
Georg Giersberg, Journalist der „Die Meldungen überschlagen sich und werden immer
FAZ, schreibt unter der verwirrender. … Von einem geordneten Vorgehen ist derzeit
Überschrift „Smart Services wenig zu sehen … sprechen Vertreter der Großindustrie bereits
folgen der digitalen von der Nach-Industrie-4.0-Phase, in der intelligente
Produktion“ Dienstleistungen das Gebot der Stunde seien. … Für viele
Beobachter eine längst fällige Ausweitung des Themas: ‚Für
eine strategische Betrachtung greift die Einschränkung von
Industrie 4.0 viel zu kurz …‘“ [Gier15b] (Giersberg zitiert
Markus Achtert von der Beratungsgesellschaft Arthur D. Little).
Motto einer Veranstaltung der „Die Dinge im Internet der Dinge kommen – Marktexplosion
Bitkom-Akademie zwischen Gag, Gadget, Vision und Massenmarktgängigkeit?“
[Schlü16]
Jochen Schneider, Stellv. Leiter „… gibt es auch kritische Stimmen, die hinter dem Begriff
des Instituts für Distributions- Industrie 4.0 nichts weiter als drei Jahrzehnte alte
und Handelslogistik des VVL Rationalisierungskonzepte sehen und es für eine „gelungene
e.V. mediale Dramatisierung“ halten, die für neue staatliche
Subventionsprogramme werbe …“ [Schne17, S. 49,
Schmi16b]

Literatur

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Literatur 57

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Digitalisierung und Industrie 4.0 als Moden
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Zusammenfassung
Einige Indizien deuten darauf hin, dass es sich bei der außerordentlichen Aufmerksam-
keit, die die Begriffe „Digitalisierung“ sowie „Industrie 4.0“ und auch die Zahl „4.0“
gegenwärtig auf sich ziehen, um Symptome einer modischen Überhöhung handelt.

Es fällt auf, wie selbstbewusst und optimistisch einige Autoren und Verbandsinstitutionen
Vorhersagen abgeben, offenbar ohne Zweifel zu haben, ob sie sich ähnlich irren könnten,
wie viele „Auguren“ sich z. B. bei früheren Prognosen vertan hatten. Besonders sicher
scheinen sich viele der Fachleute zu sein, die in einer Studie eines Fraunhofer-Instituts
interviewt wurden [Spat13]. Interessant ist eine im Jahr 2015 abgegebene „Punktpro­
gnose“ von Mathias Kammüller, Geschäftsführer der Trumpf GmbH & Co. KG, wonach
es die erste volldigitalisierte Fabrik in fünf Jahren geben werde – ein Meilenstein, der von
vielen mit Spannung im Auge behalten werden dürfte [Gier15a, S. 18]. Andererseits mel-
den sich aber auch erste Skeptiker. So wurden im Februar 2017 in der FAZ deutsche
Wissenschaftsakademien wie folgt zitiert: „Der Hype um die 3D-Technik biete zwar aller-
lei „Stoff für Wirtschaftsprognosen, Medien und Science Fiction“. Die Grenzen zwischen
Vision und Realität sind fließend. Die Erwartungen häufig überzogen“ ([OV17bo], vgl. zur
zurückhaltenden Akzeptanz des 3D-Drucks auch [DeHo17]). Roman Stöger schrieb:
„Nicht bunte PowerPoint-Folien entscheiden über die Potenziale der Digitalisierung, son-
dern konkrete Maßnahmenlisten“ [Stög16, S. 355]. Ein warnendes Beispiel ist die
Dotcom-­Blase (vgl. Kap. 1 und 2 sowie Abschn. 12.5). Dies hatte zur Folge, dass man
sogar begann, an der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands zu zweifeln, die Indust-
rie als Auslaufmodell ansah und „die Dienstleistungsgesellschaft … als neues Ideal gefei-
ert (wurde)“ ([Wetz14], vgl. auch [BHVo14, S. 609, 625] und Abschn. 9.1). 2016 äußerte
sich Britta Weddeling unter dem Titel „Die fetten Jahre sind vorbei“ skeptisch, ob die

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 63


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_6
64 6 Digitalisierung und Industrie 4.0 als Moden oder Trends?

dramatischen Börsenwerte von äußerst rasch gewachsenen Unternehmen aus dem Silicon
Valley viel zu hoch seien und folglich Abstürze drohen könnten („Phantasiebewertung“)
[Wedd16a, Wedd16b]. Herz schreibt: „Nichts fürchtet die Wall Street so sehr wie die
Wiederholung des Tech-Bebens.“ Er verweist darauf, dass die extremen Bewertungen der
großen Konzerne Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google „ungute Erinnerun-
gen wecken“ [Herz17a]. Sensationelle Bewertungen von „Start-ups“ werden selten. Ein-
zelne Risikokapitalgeber tun sich schwerer als in der jüngeren Vergangenheit.
Wir neigen eher der zurückhaltenden Einschätzung von Dieter Wegener, Leiter
Zukunftstechnologien und Standards des Sektors Industrie der Siemens AG, zu, wenn er
schreibt: „Siemens teilt die Vision, die allerdings nicht schon in wenigen Jahren Realität
werden kann. Wir gehen heute davon aus, dass es deutlich mehr als ein Jahrzehnt dauern
wird. Es bedarf einer längerfristigen Anstrengung, um sich auf einem eher evolutionären
Pfad der Vision zu nähern“ [Wege14, S. 347–348]. Selbst einer der Protagonisten von I4.0,
Henning Kagermann, rät zu Vorsicht: „Mit Blick auf den Zeithorizont sprechen viele
Experten lieber von einer Evolution.“ Kagermann verweist in diesem Zusammenhang auf
„die vorangegangenen Revolutionen, die ihre volle Wirkung erst binnen Jahrzehnten und
nicht binnen weniger Jahre entfalteten“ [BHVo14, S. 603] (vgl. Abschn. 11.3).
Michael ten Hompel schreibt im resümierenden Beitrag zu dem von ihm selbst mit
herausgegebenen Buch: „Die skizzierte Welt der Industrie 4.0 wird nicht disruptiv, son-
dern in einem evolutionären Prozess entstehen“ [BHVo14, S. 632].
Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik drängt sich ein Vergleich auf: Die Einführung von
SAP-Systemen und vergleichbarer integrierter Standardsoftware-Pakete im betriebswirt-
schaftlichen Bereich nimmt meist viele Jahre in Anspruch, und dies, obwohl der weitaus
größte Teil des Codes vom Hersteller programmiert und getestet wurde sowie zur
­Einführung und Anpassung („Customizing“) inzwischen viele Anleitungen und Werk-
zeuge verfügbar sind.
Prognosen, wie sie teilweise auf die Gartner-Hype-Cycle-Methode gestützt werden
können, sind wichtig, wenn eine neue Technik mit möglichst geringen „Reibungsverlus-
ten“ durchgesetzt werden soll. Vor allem die Überlagerung des Trends durch Moden
(Abb. 6.1) bedeutet Ressourcenvergeudung, denn in der Phase modischer Übertreibungen
geraten Investitionen in Human- und Sachkapital zu hoch. Wegen begrenzter Kapazitäten
mag es auch in der Privatwirtschaft ebenso wie in der öffentlichen Verwaltung dazu kom-
men, dass in der Euphoriephase Ressourcen, insbesondere auch Kapazitäten der Spitzen-
kräfte („Humanressourcen“), neuen Herausforderungen zugeteilt werden (müssen),
während „Hausaufgaben“ unerledigt bleiben. Banken verfolgen deshalb zum Teil eine
Strategie der zwei Geschwindigkeiten: Sie experimentieren einerseits mit schnell entwi-
ckelter neuer IT, arbeiten aber im Kern mit den alten Systemen weiter – was an den
Schnittstellen die Fehlergefahr erhöht [HeSe16].
Manchmal führt die Überhöhung und/oder der folgende Absturz dazu, dass zu früh
problematische politische Grundsatzdiskussionen ausbrechen. Die Furcht der Bevölke-
rung vor vollautomatischen Fabriken, verbunden mit dem Menschen hoch überlegenen
Robotern, oder Prognosen, dass die Künstliche Intelligenz ganze Berufe vernichten werde
6 Digitalisierung und Industrie 4.0 als Moden oder Trends? 65

Beachtung
der Mode

Tal der
Enttäuschungen Zeit

Abb. 6.1 Effizienzverluste durch Moden ([MeBa16b]; Mit freundlicher Genehmigung von ©
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010. All Rights Reserved)

(s. Kap. 2), löst Überlegungen zu sehr weitgehenden Veränderungen der Staatsformen aus,
u. a. zum bedingungslosen Grundeinkommen.
Während des Abstiegs vom Modegipfel in das „Tal der Enttäuschungen“ fällt man bei
den Desinvestitionen in das andere Extrem.
Für den Bereich der Produktion wird zuweilen die mit den 1980er-Jahren beginnende
industriegeschichtliche Abfolge „CIM – Lean Production – Prozessorientierung – I4.0“
als Form von Modewellen gesehen (vgl. [BHVo14, S. 85, Schee15, S. 6]). Dazu könnten
noch etwas speziellere Phasen gerechnet werden, die zu ihrer Zeit einige Aufmerksamkeit
erfuhren wie die Fraktale Fabrik oder vernetzte Roboter (siehe das Beispiel der Mercedes-­
Benz AG [BHVo14, S. 105–108]). In Fortführung dieser Sicht mag ein sinnvoll interpre-
tiertes CIM in Gestalt einer Kombination von I4.0 als Technik einerseits und
betriebswirtschaftlichen Funktionen und Prozessen andererseits die nächste Modewelle
werden. Andererseits könnte sich über eine längere Zeitachse hinweg auch herausstellen,
dass diese Modewellen Phasen eines generellen Trends zur Dezentralisierung sind.
Bei der Frage, ob die gegenwärtig zu beobachtende Aufmerksamkeit, die die Themen
„Digitalisierung“ und „I4.0“ genießen, eher dem Entwicklungsmuster „Trend“ oder „Auf-
einander folgende Modewellen“ oder „Gartner Hype Cycle“ zuzuordnen sind, sprechen
Indizien für Letzteres. Schon die inflationäre Verwendung des Wortes „digital“ weist auf
aktuelle modische Überhöhungen hin. Entsprechendes gilt für die Zahl 4.0. Demnach
würden wir gegenwärtig Übertreibungen in Richtung zu optimistischer Prognosen
beobachten.
Eine Reihe von schwierigen Problemfeldern und Widerständen (s. Kap. 9 und 12)
könnten Ernüchterungen auslösen, die zu einem Abstieg in ein „Tal der Enttäuschungen“
im Sinn des „Gartner Hype Cycle“ führen.
66 6 Digitalisierung und Industrie 4.0 als Moden oder Trends?

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Zu den Innovationen und Chancen
in ausgewählten Wirtschaftszweigen und 7
Branchen – fördernde und hemmende
Faktoren

Zusammenfassung
Die im Zusammenhang mit Digitalisierung und I4.0 herangezogenen und zum größten
Teil veröffentlichten praktischen Beispiele aus mehreren Wirtschaftszweigen und
Branchen zeigen, dass interessanten neuen IT-Anwendungen auch viele gegenüberste-
hen, die nicht innovativ sind, aber jetzt unter den Begriffen „Digitalisierung“ und „I4.0“
geführt werden.
Bei einigen Anwendungssystemen werden durch stärkere Vernetzung zusätzliche
Daten für Dispositionen, z. B. bei der vorbeugenden Instandhaltung oder bei der Ferti-
gungssteuerung, gewonnen. Man verspricht sich neue Optimierungschancen. Ob die
mit der Vernetzung einhergehenden Risiken, vor allem auch Gefahren des Wissensdieb-
stahls, im Vergleich zu den höheren Nutzeffekten in Kauf genommen werden sollen,
muss im Einzelfall analysiert werden.

In diesem Kapitel sollen nicht, wie in der gegenwärtigen Literatur ganz überwiegend
der Fall, allein Treiber in Richtung Digitalisierung und I4.0 dargestellt werden. Viel-
mehr versuchen wir, fördernde und hemmende Einflussgrößen abzuwägen. Darüber
hinaus wird zum Teil gezeigt, dass nicht alles, was momentan unter Digitalisierung und
I4.0 als neu geführt wird, neu ist, sondern oft schon längere Zeit in Theorie und Praxis
existiert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 67


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_7
68 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

7.1 Industrie und Güterlogistik

7.1.1  ustandsabhängige vorbeugende Fehlerdiagnose und


Z
Instandhaltung

Besonders häufig tauchen im Zusammenhang mit der Digitalisierung und/oder Indust-


rie 4.0 Vermutungen und Pilotprojekte auf, die mit der Anlageninstandhaltung zu tun
haben. Viel Altbekanntes, wie z. B. dass der Servicetechniker schon über den Schaden
und damit die wahrscheinlich mitzubringenden Ersatzteile und Werkzeuge verständigt
wird, bevor er vor Ort ist, wird momentan unter I4.0 oder Digitalisierung subsumiert
[Riem15].
Die zustandsabhängige vorbeugende Instandhaltung ist in Praxis und Wissenschaft ein
sehr altes Thema, das jetzt unter den Begriffen „Condition Monitoring“ oder „Preventive
Maintenance“ als möglich hingestellt wird. So erschien z. B. 1968 eine Sammelveröffent-
lichung „Datenverarbeitung und Operations Research bei der Instandhaltungsplanung“
[BuMe68] mit Beiträgen aus Industrie, Logistik und Wissenschaft. Gegenstand waren
damals vor allem die Wahl der Instandhaltungsstrategie mit Entscheidungen zwischen
vorbeugenden Maßnahmen, die

1. periodisch (z. B. einmal pro Halbjahr),


2. abhängig von verrichteter Arbeit (z. B. der Strecke, die ein Fahr- oder Flugzeug zurück-
gelegt hat, oder der Zahl von Huben eines Stanzwerkzeuges),
3. abhängig vom Zustand des Betriebsmittels („On condition monitoring“, „On condition
repair“),

stattfinden. Die Alternative ist der Verzicht auf jegliche Vorbeugung.


Ferner wurden Entscheidungsprobleme analysiert wie die Verbindung von Maß-
nahmen, die zwingend ergriffen werden müssen, mit solchen, die man bei dieser Gele-
genheit hinzufügte („opportunistische Strategie“). Wenn ein Schiff aus aktuellem
Anlass vor einer bald fälligen Wartungsmaßnahme wegen eines Defekts auf die Werft
muss, mag das Ziel der Rüstkostenminimierung bedingen, dass man eine noch nicht
fällige Inspektion vorzieht. Methoden sind vor allem Simulationen, warteschlangen-
theoretische Optimierungsrechnungen oder einfachere Kostenkalkulationen alternati-
ver Operationen.
Die neueren Exempel sind zuweilen extrem. So liest man in einem Interview betref-
fend „Transformation zum digitalen Unternehmen“ mit Günther Meyringer, Head of
Avaya Professional Services Europe, folgende Anwendung: „So könnte ein Headset, das
biometrische Daten erfasst, einen Contact-Center-Supervisor alarmieren, sobald der
Blutdruck und Puls eines Service-Mitarbeiters steigt. So können kritische Situationen
schneller erfasst und gelöst werden“ [Somm15]. Ein Algorithmus von J. P. Morgan
Chase & Co. soll durch Big-Data-Auswertungen von E-Mails u. a. Mitarbeiterbetrug
vorbeugen [Knop15a].
7.1 Industrie und Güterlogistik 69

Der mittlerweile erkennbare Fortschritt liegt weniger bei den Algorithmen als bei den
verfügbaren Daten. Musste man sich früher bei Flugzeugtriebwerken auf wenige Mess-
größen, wie z. B. den Öldruck, beschränken, so erlaubt es moderne Sensorik, Muster aus
mehreren physikalischen Größen zu ermitteln und den Aktionen zugrunde zu legen.
Solche Muster können Kombinationen aus dem Verlauf des Öldrucks über Belastungs-
werten (Starts, Scherwinden), Geräuschentwicklungen bzw. Körperschall von Lagern,
Kraft, Schwingungswerten, 3D-Ansichten oder Treibstoffverbrauch sein („Big Data“).
So generiert eine zweistrahlige Passagiermaschine auf dem Flug von New York nach
Los Angeles nach Berechnungen des IT-Konzerns Teradata Ltd. etwa 240 Terabyte an
Daten [Koen15].
Ein zweiter Fortschritt wird darin gesehen, dass bei der Analytik nicht allein auf die
Werte nur eines Triebwerks oder eines Flugzeugs zurückgegriffen wird; vielmehr kann
der Triebwerkshersteller Daten aller von ihm ausgelieferten Aggregate vom Fluggerät
zur Zentrale übertragen lassen und dann den viel größeren „Datenschatz“ zu Verglei-
chen und Optimierungsrechnungen nutzen. Wenn sich daraus genauere Ergebnisse her-
leiten lassen, wäre das auch ein Anlass, über eine Änderung des Geschäftsmodells
nachzudenken, z. B. dass das Triebwerk vom Hersteller dem Flugzeughersteller oder der
Luftverkehrsgesellschaft nicht mehr verkauft, sondern vermietet wird, der Turbinen-
bauer für die Instandhaltung verantwortlich ist und der Mietzins von den zurückgelegten
Meilen abhängt (vgl. Kap. 9).
Das Sammeln von Wetterdaten aus anderen Quellen als speziellen Wetterstationen,
z. B. von Flugzeugen, könnte Wetterprognosen und damit verbundene Warnungen, etwa
vor Hagel, weiter verfeinern und so Landwirte, Teilnehmer am Straßen-, Schiffs- und
Luftverkehr sowie Wanderer schützen. Versicherer würden auf der Grundlage von meteo-
rologischen Daten ihre Kunden über drohende Schäden informieren und sie auffordern,
Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Derartige Big-Data-Anwendungen setzen freilich oft
enorme IT-Kapazitäten voraus. So verwundert nicht, dass IBM als Dienstleister Größt-
rechner, vor allem den Watson, heranzieht [Lind15].
Über die Sammlung und IT-gestützte Auswertung von Messdaten vieler Messstellen,
z. B. Technischer Überwachungsvereine oder Umweltschutz-Institutionen am gleichen
Objekt (z. B. Fahrzeugtyp oder Motortyp), im Extrem über viele Staaten hinweg, könnten
sich auch Betrugsmaßnahmen frühzeitig aufspüren lassen. Dies wird aktuell am Beispiel
der softwaretechnischen Manipulation von Abgaswerten bei Fahrzeugen des VW-­Konzerns
(im Werksjargon „Zaubertrank“ oder auch „Cycle beating“ genannt) und anderer Herstel-
ler heftig diskutiert [Germ16b]. In den USA taucht das Spottwort „Volkswagening“ auf
[Duec16] (vgl. Abschn. 9.11).
Wehle und Dietel von der IBM Deutschland Research and Development GmbH
skizzieren eine Integration von heterogenen technischen Daten mit betriebswirtschaft-
lichen. Deutet die Datenauswertung beim Dienstleister IBM auf einen Fehler oder eine
empfohlene Wartungsarbeit hin, so kann der Kunde über eine Web-Schnittstelle infor-
miert werden. Es wird ein Serviceauftrag generiert und abhängig vom Dienstleistungs-
vertrag abgerechnet [WeDi15].
70 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

Vom thyssenkrupp-Konzern verkaufte Aufzüge senden Bewegungsdaten in die Cloud,


wo sie mit historischen Angaben über die Abnutzung von Bauteilen verglichen werden.
Daraus leitet das System Informationen über erforderliche Reparaturen ab und regt den
Austausch von Komponenten an [Bünd16c]. Dieser Gedankengang lässt sich auch auf die
Technik in Privatwohnungen übertragen („Smart Home“), und zwar dort auf die Energie-
versorgung, die Telekommunikation oder auch Brandschutzanlagen. Weitere Anwendun-
gen zeigen die folgenden beiden Beispiele.

„Altbekanntes“
Beispiel 1:
Das Unternehmen SEW Eurodrive will erreichen, dass von einem „intelligenten Assis-
tenten“ gemeldet wird, wenn der Vorrat an einem Bauteil zur Neige geht, „und Nach-
schub ordern, ohne dass ein Mitarbeiter ein Bestellformular ausfüllen muss“ [Dett16].
So sollen Betriebsunterbrechungen als Folge von Materialmangel vermieden werden.
Dies ist ein einfacheres Beispiel aus den weiten und komplexen Feldern der rechner­
gestützten Lagerdisposition und des Supply Chain Management, auf denen es u. a.
schon lange relativ ausgefeilte Standardsoftware z. B. von der SAP SE oder der Was-
sermann AG [KMZD09] oder auch verhältnismäßig leicht realisierbare Hilfsmittel wie
das „Desktop purchasing“ gibt.
Beispiel 2:
Ein ähnliches System wird von dem Unternehmen Tata Steel unter der Bezeichnung
„Digitalisierung der Lieferketten“ berichtet [Fisc16a].

Ein Beispiel, das den Fortschritt besonders markant verdeutlicht, ist die Contergan-­
Katastrophe aus der Pharmaindustrie. Ende der 1950er-Jahre wurden auffällig viele Kin-
der mit Schädigungen der Extremitäten geboren. Wissenschaftler stellten zunächst
Spekulationen zu Erbanlagen, Ernährung der Mütter und sogar Kernwaffentests an, die
auch ideologisch gefärbt waren. Eher durch Zufall stießen praktizierende Ärzte auf das
von der seinerzeitigen Chemie Grünenthal AG hergestellte Beruhigungsmedikament Con-
tergan. Die heute mögliche automatische hypothesenfreie Mustererkennung auf großen, in
Netzen zusammengetragenen Datenbeständen hätte damals mit großer Wahrscheinlichkeit
schwere Schicksale vermieden.

7.1.2 Parameterregulierung

Verwandt mit der Fernwartung von verkauften Betriebsmitteln durch deren Hersteller
zwecks Vorbeugung vor Schäden ist die Parameterregulierung für die laufende Produk-
tion. Solche Parameter sind im Maschinenbau und in der Prozessindustrie Regeln zur
Ermittlung von günstigen Umrüstfolgen, Prioritäten bei der Maschinenbelegung, Los-
größen, Modalitäten beim Werkzeugwechsel u. v. a. m. Diese Einstellungen bedingen
einerseits wegen der Vielzahl der Stellgrößen und der komplizierten Wirkungen und
7.1 Industrie und Güterlogistik 71

Nebenwirkungen sehr anspruchsvolle Prozeduren [DMHH09]. Andererseits unterschei-


den sich Kosten, Durchlaufzeiten, Kapitalbindung und andere Zielwerte zwischen gelun-
genen und ungeschickten Einstellungen oft erheblich. Die Vernetzung der Betriebsmittel
der Käufer mit wissensbasierten Systemen der Hersteller verspricht Fortschritte vor allem
bei kurzfristigen Änderungen. Eine Pionierlösung gibt es beim Werkzeugmaschinenher-
steller Trumpf GmbH & Co. KG (vgl. Abschn. 7.1.5).
In landwirtschaftlichen Betrieben werden Wetterdaten, Regenmengen, chemische
Daten zur Bodenbeschaffenheit, Lichteintrag (auf eng abgegrenzten Flächen) und Tempe-
raturen zu Mustern verarbeitet, die sog. Intelligente Landmaschinen steuern. Beispiels-
weise werden so die Ausbringungen von Düngemitteln nach Zeit und Ort disponiert. Die
Integration mit Saatgutherstellern, Düngemittellieferanten und Betreibern von gemein-
schaftlich genutzten Landmaschinenflotten sind in Reichweite. Allerdings werden durch
neue Technik erreichte Produktionsgewinne zu einem beachtlichen Teil dadurch kompen-
siert, dass der Bauer zwar weniger Zeit auf dem Feld und im Stall verbringt, hingegen
mehr am Bildschirm, vor allem auch um die EU-Agrarsubventionen zu beantragen und
darüber Rechenschaft zu legen.

7.1.3 Fertigungssteuerung

Die Weiterentwicklung der Fertigungssteuerung im I4.0-Umfeld wird darin gesehen, dass


die Materialien und Betriebsmittel in Werkstatt und Lagern eine große Zahl von für die
Ablaufplanung der Produktion und Lagerung benötigten Daten (u. a. Kapazitäten, Materi-
aleigenschaften, Fertigungsvorschriften, Verwendung für Kundenaufträge, Terminbedin-
gungen) gespeichert haben und diese nutzen, um zu disponieren und umzudisponieren
(u. a. Zuweisung von Aufträgen zu Maschinen und Fahrzeugen sowie Lagerplätzen, Ent-
scheidungen über Zwischen- und Enderzeugnisse mit nicht hundertprozentiger Qualität).
Die Methode der Wahl sind Multi-Agenten-Systeme (MAS), wobei jeder Agent für „sein“
Einzelteil, Fahrzeug, seinen Lagerplatz usw. handelt. Die theoretischen Vorarbeiten wurden
schon sehr früh geleistet. Beispielsweise hat Mark Weigelt [Weig94] ein solches System
prototypisch entwickelt und daran die Qualität seiner Dispositionen bei unterschiedlichen
Konstellationen (z. B. großzügige Ausstattung mit Kapazität, Mangellagen, gravierende
Engpässe, Terminnot) studiert. Unter bestimmten Bedingungen fand er durchaus überzeu-
gende Lösungen. Die Quintessenz ist: Strebt das Unternehmen kurze Durchlaufzeiten in
der Produktion an, operiert eventuell mit unterschiedlichen Kundenprioritäten und opfert
hierfür zusätzliche Kapitalbindung in Form von großzügigen Kapazitätsquerschnitten, so
können Multi-Agenten-Systeme gute Lösungen generieren. Hat man es hingegen mit Eng-
pässen bis hin zu Krisenerscheinungen zu tun, so empfiehlt es sich, Abläufe und damit
Allokationen von Betriebsmitteln zu Aufträgen mit zentral gerechneten Optimierungsal-
gorithmen zu bestimmen. I4.0 benötigt man dann nicht. Jedoch müssen die Systeme von
Menschen zumindest mit Hilfe von Stichproben oder von Berichtssystemen („Information
72 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

by Exception“) überwacht und ggf. umparametriert werden. Falk hat am Beispiel des
Trampverkehrs die vielseitige Verwendbarkeit eines ähnlichen Multi-­Agenten-­Systems im
zwischenbetrieblichen LKW-Transport erforscht [Falk95]. Neuerdings werden derartige
Lösungen wieder aufgegriffen, und zwar als Parallele zu Uber (Übertragung des Uber-Mo-
dells für den Personen- auf den Güterverkehr) [Fass16].
Berndt und Herzog zeigen, dass sich MAS schnell an veränderte Bedingungen anpas-
sen. Diese können im Fertigungsunternehmen z. B. hinzukommende Eilaufträge, Stornie-
rungen oder Störungen an den Maschinen sein. Diese Reaktionen mögen ihrerseits wieder
die durchschnittliche Kapazitätsauslastung verbessern und damit Kapital sparen [BeHe11]
(vgl. auch das Aluminium-Beispiel in Abschn. 5.2).
Erste Betriebe, wie z. B. die Wittenstein SE, ein Hersteller von Präzisionsgetrieben,
denken daran, es den Kunden zu ermöglichen, den Fertigungsfortschritt ihrer Aufträge
über eine Plattform zu verfolgen und Modifikationen „in letzter Minute“ zu erlauben. Dies
wäre eine Weiterung der Individualisierung in Verbindung mit Losgröße 1 (vgl.
Abschn. 9.4). Derartige Systeme würden ganz besonders durch MAS erleichtert.
Frühe Experimente zur Maschine-Maschine-Kommunikation wurden bei der damali-
gen DaimlerChrysler AG in einem Prototyp verwirklicht. Da Transferstraßen oft zu starr
sind, um an häufige Produktwechsel angepasst zu werden, und Ausfälle schwerwiegende
Konsequenzen haben, sucht man Mittelwege zwischen Werkstatt- und Fließfertigung. Fle-
xible Mehrzweck-Werkzeugmaschinen wurden abhängig von Varianten der Kundenauf-
träge, von der aktuellen Auslastung der Arbeitsplätze und von Störungen eingesetzt und
über automatische Transportvorrichtungen angesteuert. In einem Multi-Agenten-System
suchen sich Werkstücke in Abhängigkeit von ihrem Bearbeitungszustand die geeigneten
Betriebsmittel. Letztere können jedoch die Werkstücke ablehnen, wenn ihre Kapazität
überlastet ist [Mert13, S. 223].
Bei der Beseitigung der Schwachstellen des ambitionierten Automationsvorhabens
„Halle 54“ der Volkswagen AG (s. Kap. 3) setzt man nun auf Methoden der KI.

7.1.4 Management von Liefernetzen

In Güternetzen oder -ketten („Supply Chains“) spielen sich besonders komplizierte und
umfangreiche Informations- und Verhandlungsprozesse ab. Sollte die in einer Reihe von
Branchen, etwa im Motorenbau, zu beobachtende Reduktion der Wertschöpfungstiefe
anhalten, so würden diese Herausforderungen noch zunehmen. Ein großer Teil dient der
Zuteilung von knappen Ressourcen (z. B. Rohmaterialien, Zwischenprodukten, Ferti-
gungsstätten, Transportmitteln). Hierzu wurden spezielle Algorithmen und Methodenpa-
kete entwickelt, so CTM (Capable-to-Match) und ATP (Available-to-Promise), die oft
ohne vereinfachende Prämissen und wenig differenzierte Durchschnittswerte nicht aus-
kommen [KMZD09]. Möglicherweise erlauben zukünftig mehr vereinzelte und in Echtzeit
verfügbare Daten genauere Optimierungsrechnungen. Wichtige Ansätze auf Basis von
7.1 Industrie und Güterlogistik 73

MAS erkennt man in einer Arbeit von Gath [Gath15]. Ob durch Sensitivitätsanalysen
nachgewiesen werden könnte, dass dem dafür zu betreibenden Aufwand entsprechende
Nutzeffekte gegenüberstehen, ist schwer vorherzusagen.
Die zwischenbetriebliche Vernetzung mag es ermöglichen, dass schon in der Phase der
Konfiguration eines kundenspezifischen Erzeugnisses, z. B. eines Nutzfahrzeugs, geprüft
wird, ob ein Komponentenhersteller das ausgewählte Bauteil kurzfristig liefern kann
[HeRS15b].
Ein anderer Teil betrifft Umdispositionen (vgl. Abschn. 9.5), die Folge von Störun-
gen sind. Allein eine grobe Kategorisierung der Störungen liefert eine große Zahl von
Typen (u. a. Naturkatastrophen, kriegerische Handlungen, Cyberattacken, Unterbre-
chung von Nachrichtenkanälen, technische Probleme wie der Ausbruch eines Brandes,
plötzliche Änderungen der Nachfrage, Insolvenzen, politische Eingriffe wie Embargos);
erst recht gilt das für die einzelnen Störungsarten. In Anbetracht der großen Zahl und
Vielfalt dieser Zwischenfälle können in den Liefernetzen oft keine Standardabläufe vor-
gedacht und vorgeschrieben bzw. zwischen den Partnern in den Netzen vereinbart wer-
den. Im Prinzip sind Informations- und Verhandlungsvorgänge unmittelbar zwischen
Softwareagenten der vernetzten Betriebsmittel vorstellbar. Es gibt vielversprechende
Ansätze einer sogenannten Adaptiven Logistik, in der neben fördertechnischen Elemen-
ten, z. B. Hebezeugen, auch die Transporteinheiten, z. B. Container, und Transportfahr-
zeuge mit Hilfe von eingebetteten Systemen drahtlos kommunizieren und agieren
können [BHVo14, S. 297–323].
Wegen der Heterogenität der weltweiten Liefernetze und wegen der Vielschichtigkeit
der Erscheinungsformen müsste wohl schon die Normung der Protokolle in den Netzen
sehr ambitioniert ausfallen. Eine große Herausforderung liegt darin, die Agenten so flexi-
bel wie Menschen verhandeln zu lassen, sodass man nicht durchgängig auf strikte Stan-
dards und Normen angewiesen ist. Im Rahmen einer Untersuchung zu den „Grand
Challenges“ der Wirtschaftsinformatik [MeBa15] hat es der Teilnehmer Elmar Sinz in die
griffige Formulierung gekleidet, dass die Computer zukünftig im internationalen Raum
miteinander verhandeln müssen wie Manager, und zwar in „Bad English“.
Wenn derartige Systeme in Zukunft sicher funktionieren, könnten die Nettonutzeffekte
sogar größer sein als die, die durch I4.0 innerhalb einer Fabrik winken.

7.1.5 Ausgewählte Anwendungssysteme zu I4.0

In Tab. 7.1 sind in Stichworten Beispiele aufgeführt, die in der Literatur und auf Tagungen
im Zusammenhang mit Digitalisierung und I4.0 als Fortschritt begriffen werden. Für viele
dieser Positionen ließen sich Belege finden, dass zumindest Pionierarbeiten in Wissen-
schaft und Praxis schon lange geleistet wurden, bevor die Begriffe „Digitalisierung“ und
„Industrie 4.0“ im heutigen Sinn auftauchten.
74 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

Tab. 7.1 Anwendungsbeispiele zu Industrie 4.0 (I4.0)


Firma Funktion Kommentar
Trumpf GmbH & Zu den verkauften Die Parameterregulierung ist eine
Co. KG, Hersteller Werkzeugmaschinen wird ein sehr anspruchsvolle Aufgabe,
von „Teleservice“ angeboten. Der sodass die Übertragung auf den
Werkzeug­maschinen Steuerungsrechner in der Maschine Hersteller Trumpf sinnvoll
ist mit einem Computer bei der Fa. erscheint (vgl. Abschn. 7.1.2).
Trumpf GmbH & Co. KG vernetzt.
Über eine speziell geschützte
Verbindung werden von Trumpf
Zustandsbeschreibungen ausgelesen.
Es sind Schwellwerte von
Parametern gespeichert. Diese sollen
bald automatisiert hinsichtlich
Abweichungen beobachtet werden.
Im Fehlerfall kann der Kunde später
nicht nur das Erkennen fehlerhafter
Parameter, sondern auch deren
Regulierung an den Lieferanten
delegieren [BauK14, Fins15b].
Dürkopp Adler AG, In Kooperation mit der Deutsche Besonders nutzenträchtig bei
Hersteller von Telekom AG wurden erste verkaufte weltweitem Verkauf an weit
Nähmaschinen Nähmaschinen, auch von fernen voneinander entfernte Abnehmer
Orten, an ein Zentralsystem in (Reiseaufwand!)
Bielefeld angeschlossen. Von dort
kann man die Konfiguration ändern,
ohne dass ein Techniker reist [Ungr15].
Vaillant GmbH, Die verkauften Geräte werden mit Die Alternative könnte sein, die
Hersteller von Heiz-, dem Internet verbunden, um deren Steuerung nur von lokalen
Lüftungs- und Fernsteuerung per App zu Messwerten der Temperatur bzw.
Klimatechnik ermöglichen [OV15bs]. Luftfeuchtigkeit abhängig zu
machen und vor Ort automatisch
zu regulieren.
Volkswagen AG, Man hat zusammen mit der Siemens Überzeugende Nutzeffekte, aber
Automobil­hersteller AG durch Simulation einer Pressen­ eher dem klassischen Operations
straße deren Leistung um 40 % Research (Fließband- bzw.
gesteigert bei gleichzeitiger Absen­ Montage-­Optimierung) als I4.0
kung des Energieeinsatzes um 40 %. zuzuordnen. Leistungsfähigkeit
Auf der Basis der Simulationen moderner Rechner fördert große,
konnte man Teilprozesse überlappen: komplexe Simulationen.
Die Presse schließt sich bereits,
während das Werkstück noch
ein­geführt wird, und das Werkstück
kann schon entnommen werden,
bevor sich die Presse vollständig
geöffnet hat. Dadurch wird die
Durchlaufmenge erhöht [OV13b].
(Fortsetzung)
7.1 Industrie und Güterlogistik 75

Tab. 7.1 (Fortsetzung)


Firma Funktion Kommentar
Siemens AG, In dem modern ausgestatteten Werk Beeindruckendes Mengengerüst.
Konzern der Amberg hat man die Fertigungslinien Sehr umfangreiche und
Elektrotechnik und komplett am Rechner geplant und detaillierte
Elektronik simuliert. In der laufenden Betriebsdatenerfassung gab es
Produktion erfassen rund 1.000 lange vor der I4.0-Welle. Durch
Scanner jeden Tag rund eine Mio. RFID wurden die Möglichkeiten
Ereignisse und liefern 50 Mio. vollautomatischer
Daten. So weiß die Steuerzentrale Datenerfassung bereits
stets, wer gerade was macht und wo wesentlich erweitert.
sich welches Teil befindet (vgl.
[Höpn15b], Bericht über den Besuch
der Bundeskanzlerin in Amberg).
Maschinenfabrik „Das MES weiß genau, wo sich Klassische Betriebs- und
Reinhausen GmbH, welches Werkstück und welche Maschinendatenerfassung
Maschinenbau Maschine und in welchem
Bearbeitungsstand die Produktion
sich gerade befindet“ [OV15ag].
Bremer Institut für In einer prototypischen Installation Sehr weitgehend dezentralisierte
Produktion und handeln die Reflektoren von Fertigungssteuerung mit
Logistik GmbH, Auto-­Rückstrahlern im Dialog mit erheblichem Langfrist-­Potenzial
Forschungsinstitut den Werkzeugmaschinen aus, der menschenarmen Fabrik
welcher Automat den Zusammenbau
übernimmt, weil er gerade frei ist
und über die notwendigen Bauteile
verfügt [Duer13, S. 82].
Erweiterung der Konfiguratoren um Sinnvolle Dynamisierung
Aussagen zu Verfügbarkeit und klassischer Konfiguratoren
Termin (ATP, CTM) via Vernetzung
aller relevanten Partner im
Liefernetz.
Foxconn Technology Der Produzent will bis 2018 70 % Es handelt sich wahrscheinlich
Group, Hersteller seiner Fließbandarbeit an Roboter um klassische Robotik.
von Komponenten übergeben [Menn15a].
für Mobiltelefone
und ganzen Geräten,
die unter verschie­
denen Markennamen
(u. a. Apple) verkauft
werden
FESTO AG & Co. Eine Parfümabfüllanlage erlaubt Beispiel, wo die
KG, Hersteller von individuelle Parfümmischungen bis Individualisierung des
Automatisie­ zur Losgröße 1 [OV15aa]. Erzeugnisses in Kombination mit
rungstechnik der Losgröße 1 sinnvoll erscheint
(vgl. Abschn. 9.4)
(Fortsetzung)
76 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

Tab. 7.1 (Fortsetzung)


Firma Funktion Kommentar
SAP SE, SAP engagiert sich u. a. stark für das Sehr zukunftsträchtiges
Softwarehersteller „Digital Farming“. Daten zu Wetter, Arbeitsfeld mit erheblicher
Regenmengen, Bodenbeschaffenheit, ökonomischer und
Licht- bzw. Schattenverhältnissen und gesellschaftlicher Bedeutung
Geopositionen müssen ausge­wertet (Vorbeugung gegen und
werden. Resultat sind Emp­fehlungen Bekämpfung von Hunger bzw.
für die Fruchtfolgen, Abstände der Nahrungsmittelengpässen)
Bepflanzung mit Setzlingen,
Düngung, Bewässerung und Ernte.
Diese Empfehlungen werden immer
mehr auch von Landmaschinen
automatisch umgesetzt. Vernetzt sind
dann Saatguthersteller, Düngemit­
tellieferanten, Hersteller von
Landma­schinen und Betreiber großer
Landmaschinenflotten [Welc15].
Landwirt Alejandro Richard Soley, Leiter des Industrial Ob diese Tiere zu den
Santos Internet Consortium (IIC), berichtet sprichwörtlichen „glücklichen
über einen Bauern in Costa Rica, der Kühen“ zählen?
Hunderte von Sensoren an jede Kuh
hängt. Aus den gesammelten Daten
wird die optimale Ernährung berechnet.
Es werden 40 % mehr Milch als auf
vergleichbaren Feldern mit der gleichen
Zahl von Kühen erzeugt [Sole15].
Adidas AG, Der Konzern beginnt Sportschuhe im Extreme Form der
Produktion von Beisein des Käufers im Geschäft zu Dezentralisierung, die in diversen
Sportartikeln produzieren (Projekt „Store Branchen Schule machen könnte.
Factory“) [Hofe15]. Sinnvolle Individualisierung in
Verbindung mit Losgröße 1
wegen der Einflüsse nicht
genügend passenden Schuhwerks
auf Gesundheit und Komfort.
Miele & Cie. KG, Der Herd HR 1956 verbindet sich Der Herd soll 14.000 € kosten.
Hausgerätehersteller per WLAN mit dem Internet und Braucht man das, oder nur „Snob
kann mit dem Supercomputer Value“ im Sinn des Marketings?
Watson von IBM kommunizieren.
Der hat 9.000 Kochrezepte studiert
und kann im „Überrasch-mich“-
Modus neue Gerichte vorschlagen
[Menn15b, MiZi16].
Robotik-Hotel Japan Einchecken, Koffertransport zum Automation ersetzt zum Teil
Zimmer, Zimmer reinigen → 90 % Personen mit geringen Quali­
der Hotelarbeiten automatisiert fikationen (vgl. Abschn. 11.3),
die anderswo nicht leicht eine
Beschäftigung finden werden.
7.2 Finanzwirtschaft 77

7.2 Finanzwirtschaft

Im Bankensektor wird Digitalisierung vor allem als weitere Automation an der Kunden-
schnittstelle begriffen. Im Blickfeld stehen Informationen des Kunden durch das Kreditin-
stitut, z. B. der Ersatz von postalisch zugestellten Kontoauszügen, Fälligkeitsanzeigen,
Wertpapierabrechnungen u. Ä. durch Übertragung auf ein Kundenportal, aber auch Wer-
bebotschaften oder personalisierte Angebote, etwa von neuen Fonds.
Laut einer Studie der Unternehmensberatung PPI AG bringen IT-Systeme bislang nur
bescheidene Produktivitätsfortschritte am Arbeitsplatz der Bankangestellten. Als wesent-
licher Grund wird die mangelnde Integration von und Abstimmung zwischen heterogenen
Teilsystemen angegeben [OV16ck].
Häufig verbirgt sich unter den eher positiv besetzten Wörtern wie „Digitalisierung“,
„digitale Revolution“ oder „Digitalisierungsstrategie“ die Ausdünnung des Filialnetzes.
So liest man: „Vor 15 Jahren hatte die Deutsche Bank hierzulande 1200 Filialen. Aktuell
sind es noch 700.“ Christian Ricken, Chief Operating Officer Private & Business Clients
des Hauses, erklärte bei der Handelsblatt-Veranstaltung „Privatkundengeschäft“, dass die-
ser Rückgang eine Anpassung an die Kundenbedürfnisse sei [Baul15]. Geplant ist, etwa
weitere 200 Zweigstellen zu schließen [Mott16].
Bei der Deutsche Bank AG stehe die Digitalisierung im Zentrum der Strategie. Dabei
sollen die digitalen Kanäle die stationären ergänzen und nicht ersetzen. (Was gilt nun: der
Rückgang oder die Ergänzung?, die Verf.) An anderer Stelle: „In jedem Fall wird die
Deutsche Bank eine Digitalisierungsstrategie vorlegen. … Ein Kernelement dürfte der
Abbau von Deutsche-Bank-Filialen sein“ [OV15ah, S 68].
Zur HypoVereinsbank steht an gleicher Stelle im Zusammenhang mit Digitalisierung: „Wir
stehen zu unserem Filialnetz“, machte Peter Buschbeck, Vorstandsmitglied der HVB, klar, „…
dennoch hat das Institut seine Filialzahl auf 340 fast halbiert“ [Baul15, Welp15, S. 65].
Die Kostenersparnis bzw. Steigerung der Personalproduktivität (Administration und
Beratung) und als Folge die Schließung der aufwendigen Filialen bedeutet aus Sicht des
Bankbetriebs nichts anderes als die klassische Rationalisierung auf Kosten anderer (vgl.
auch [Sell16]). Bei auch eher wenig innovativen Erweiterungen des Online-Bankings kön-
nen dem Kunden gegenwärtig erhebliche Probleme entstehen (s. Tab. 7.2).
Viele Banken (auch Versicherungen, öffentliche Verkehrsbetriebe und Behörden) spa-
ren sich das Sortieren von Dokumenten und stellen stattdessen dem Kunden die gleichen
Papiere mehrfach per Post zu, verpackt in Kuverts (wir haben in kurzer Zeit ca. 100 von
unterschiedlichen Absendern gesammelt), auf denen Texte wie im folgenden Beispiel dar-
gestellt stehen.

Rationalisierung auf Kosten von Kundschaft und Umwelt


„Elektronische Datenverarbeitung und automatische Kuvertierung haben zur Folge,
dass Sie am selben Tag mehrere Briefe von uns erhalten können. Haben Sie bitte Ver-
ständnis dafür. Das Sortieren der Sendungen nach Empfängern ist teurer als das zusätz­
liche Porto.“
78 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

Derartige Aktionen bedeuten letztlich eine größere Umweltbelastung (Papierver-


brauch, Transport). Andererseits argumentiert man in der gleichen Branche, der
Kunde möge im Interesse der Umwelt damit einverstanden sein, dass Dokumente,
wie z. B. Kontoauszüge, überhaupt nicht mehr versandt, sondern nur noch im Internet
abgerufen werden.

Die minimale Anpassung eines Vertrages bei der Versicherungskammer Bayern führte zu
mehreren Postsendungen mit teils gleichem Inhalt im Gesamtgewicht von 750 g (persön-
liche Erfahrung des Mitverf. Mertens).
Es fällt dem Wirtschaftsinformatiker nicht leicht, dies den Studierenden in der Vorle-
sung über Dokumentenmanagement („Output Management“, „Managed Print Services“
oder „Enterprise-Content-Management“) leidenschaftslos zu erklären.
Auffällig ist die folgende Diskrepanz: Die Versicherungskammer Bayern nutzt die kog-
nitiven und selbstlernenden Fähigkeiten des IBM-Hochleistungsrechners Watson, um die
Sortierung der Eingangspost zu automatisieren [Krok17]. Die Sortierung der Ausgangs-
post, die bei Verwendung einer durchdachten Codierung auf den elektronisch gedruckten
Schriftstücken sogar einfacher sein dürfte, „delegiert“ man an den Kunden (siehe oben).
Institutionen inner- und außerhalb der Finanzwirtschaft, z. B. der Verkehrswirtschaft,
fordern ihre Kunden auf, Erstattungsanträge oder Beschwerden möglichst per Internetfor-
mular einzureichen. Evtl. ergeben sich nicht nur Rationalisierungseffekte, sondern ein Teil
der Kundschaft wird wahrscheinlich mangels Zugang oder Kenntnissen von einer Rekla-
mation Abstand nehmen.

Tab. 7.2 Rationalisierung auf Kosten anderer


Fallbeispiele
Die Allianz AG versandte am 28.11.2016 an Kunden, deren Konto zum Monatswechsel
November/Dezember mit einer Gutschrift erkannt wurde, den Hinweis, sie könnten sich die
Veränderung des Kontostandes online anschauen. Am Folgetag funktionierte aber dieses System
nicht. Stattdessen erschien eine Meldung auf dem Bildschirm, man betreibe im Interesse des
Kunden Wartungsarbeiten. Die Dienstleistung stünde in Kürze wieder zur Verfügung.
Wiederholtes Probieren („in Kürze“) führte aber über einen Tag lang auf die gleiche
Benachrichtigung, dass man es später wieder probieren solle. Konnte die Allianz nicht
voraussehen, dass Wartungsarbeiten geplant waren und die Kunden nicht am gleichen Tag
versuchen sollten, Zugang zum elektronischen Postfach zu finden? Besteht nicht die Möglichkeit,
die von den Maßnahmen betroffenen Kunden über eine E-Mail über den Stand und der
voraussichtlichen Dauer der Unterbrechung zu informieren, wie es Fluggesellschaften z. T.
handhaben?
Ähnliche Vorkommnisse wurden bei der Sparkassenorganisation oder auch bei Verspätungen der
Online-Ausgaben von Tageszeitungen beobachtet.
Der Sport- und Freizeitpark Lauf, Betreiber einer Tennishalle im Großraum Nürnberg, hat die
Platzbuchungssoftware in Verbindung mit der Bezahlung an einen ausländischen Dienstleister
delegiert. Dieser übernimmt auch die Buchhaltung für die Platzmiete. Hierzu verlangt das
System aber bei mehreren Bezahl-Optionen neben der Kontonummer und der Bankleitzahl des
Spielers (nicht der IBAN!) die PIN, dies auch, wenn der Kunde sich für eine Überweisung
entscheidet.
7.2 Finanzwirtschaft 79

Leider ist die Minderung der Wohlfahrt auf Seiten der Bürger, die wegen der Rationa-
lisierung bei den Unternehmen mehr arbeiten müssen, in der volkswirtschaftlichen Pro-
duktivitätsstatistik nicht quantifiziert, wohl aber der Produktivitätsgewinn in den Betrieben,
sodass zu hohe Produktivitätssteigerungen vorgespiegelt werden (s. Abschn. 11.3).
Je nach bereits vorhandener Ausstattung der Haushalte mit Informationstechnik
(u. a. E-Mail-Konto, Drucker, Langzeit-Speicher (z. B. zur Erfüllung der steuerlichen
Aufbewahrungsvorschriften)) sind die dem Haushalt entstehenden Zusatzkosten erheb-
lich. In der FAZ war eine Angabe zu finden, wonach fast 90 % der Haushalte zwar einen
Internetzugang haben, aber nur eine kleine Minderheit ein privates E-Mail-Konto nutzt
[Bünd17].
Eine auch in der Tagespresse stark beachtete Entwicklung ist mit dem Begriff „Fin-
tech“ verbunden. Es handelt sich um eine große und stark fluktuierende Zahl von Neu-
gründungen („Start-ups“), die unabhängig von Großbanken sind. Oft sind die Gründer
junge Hochschulabsolventen oder auch Studenten. Man attestiert ihnen besondere Innova-
tionsfreude, an der es traditionsbewussten Großunternehmen der Finanzbranche angeblich
mangele. Daher sieht man auch die Zukunft so, dass die „Alten Großen“ die „Jungen
Kleinen“ selektiv aufkaufen, um sich die Entwicklung „pfiffiger“ bzw. „smarter“ Funktio-
nalitäten zu sparen. In solchen Fällen würden also am Ende die Großunternehmen von den
Gründungssubventionen profitieren. Die Jungunternehmen spekulieren zum Teil auf
solche Übernahmen. Die Erscheinungsformen und Geschäftszwecke sind vielfältig (Ana-
lysen großer, heterogener Datenvorräte („Big Data“), Vermittlungsplattformen, „Crowd-
funding“, Zahlungsverkehr, neue Formen der Bezahlung im Einzelhandel, finanzielle
Dispositionen des Privathaushalts („Personal Finance Management“, wie etwa optima-
ler Einsatz von Kreditkarten mit dem Ziel einer Minimierung des Zins- und Gebührenauf-
wands)).
Eine dritte Entwicklung neben dem Verkauf des jungen Unternehmens an eine etab-
lierte Bank oder dem Scheitern liegt darin, dass Fintechs mit größeren Kreditinstituten
kooperieren, z. B. bei der Entwicklung von Dienstleistungen, deren Programmierung
und Einführung. Es würde sich so eine neue Form der Unternehmensberatung
herausschälen.
Auffällig ist, dass die Lebensdauer der Jungunternehmen bzw. die Überlebensrate im
Durchschnitt sehr gering ist. Sie wurde uns gegenüber von einem Spezialisten auf nur
10 % beziffert. Daher ist die Langfristprognose für diese Entwicklung auf den Finanz-
märkten sehr unsicher.
Erstaunlich ist der Optimismus, den Führungskräfte und Berater dem Ersatz von Ange-
stellten durch KI und Roboter entgegenbringen, wenn man ihn in Kontrast zu kritischen
und selbstkritischen Einschätzungen setzt, was den Stand der traditionellen Informations-
verarbeitung betrifft. Der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Bank AG, John Cyran,
nannte die IT des Unternehmens „lousy“. Sein Kollege Rieß vom Versicherungskonzern
ERGO räumte eine „veraltete IT“ ein [Schar17].
80 7 Zu den Innovationen und Chancen in ausgewählten Wirtschaftszweigen und …

Literatur

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Änderung von Geschäftsmodellen
8

Zusammenfassung
Ein Blick auf die durch IT ermöglichten oder erzwungenen neuen Geschäftsmodelle
lehrt, dass bedeutsame Neuerungen Modellen gegenüberstehen, die nicht als Revoluti-
onen eingestuft werden können.

Die Änderung von Geschäftsmodellen durch Digitalisierung und I4.0 wird von einigen
Autoren neben der Vernetzung als die Neuerung gesehen, welche eine völlig andere
Betrachtung der Automation erzwänge (vgl. Abschn. 5.1). In der Tat gibt es nachgerade
dramatische Fälle von „digitalem Wandel“. Beispielsweise wurde bereits im Jahr 2010
geschätzt, dass weltweit alle zwei Minuten mehr Fotos mit digitalen Kameras gemacht
wurden als im gesamten 19. Jahrhundert – mit gravierenden Konsequenzen für die Bran-
che [BrSa10]. In der Literatur wird zuweilen der Zusammenbruch des Marktführers East-
man Kodak Company als Paradebeispiel für das „Verschlafen“ eines Technologiesprungs
angeführt. Jedoch belegt eine Fallstudie von Willy Shih, in den 1970er-Jahren in der Kon-
zernführung tätig, dass die Lage extrem kompliziert war. Zur weitgehenden Ablösung des
analogen Fotografierens durch Digitalkameras kam sehr plötzlich und mit großer Wucht
die Kamerafunktion auf dem Massenprodukt Mobiltelefon, sodass sich die Probleme mit
der Kosten-Erlös-Struktur potenzierten. An frühen Versuchen des Kodak-Managements,
einen Ausweg zu finden, fehlte es nicht [Shih16]. Im Übrigen ist interessant zu beobach-
ten, wie „analoge Produkte“, etwa Vinylschallplatten oder Polaroid-Kameras, ein „Come-
back“ feiern [SaSt17]. Florian Drücke, Geschäftsführer des Verbandes BVMI
(Bundesverband Musikindustrie), wird so zitiert: „Im ersten Halbjahr 2017 zeichnet sich
nun langsam auch in Deutschland ein Gleichgewicht zwischen physischem und digitalem
Geschäft ab“ [OV17bn]. In Tab. 8.1 sind einige Beispiele zusammengestellt. Allerdings
begann die Änderung von Geschäftsmodellen durch Nutzung des Internet schon vor

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 83


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_8
84 8 Änderung von Geschäftsmodellen

Tab. 8.1 Durch IT bedingte oder erleichterte Änderungen der Geschäftsmodelle


Fallbeispiele
Die Marktforschung auf der Grundlage von mündlichen, fernmündlichen und schriftlichen
Befragungen, wobei die Befragten mit Hilfe der Stichprobentheorie ausgewählt sind, wird um
Erhebungen im Internet einschließlich Analysen in sozialen Netzwerken mit sehr viel größeren
Reichweiten als bisher ergänzt und teilweise verdrängt. Hinzu kommen neue Absatzkanäle
(„Crossmedia“). Das machen sich neu gegründete Unternehmen zunutze, die Informationen
wesentlich kostengünstiger gewinnen als die etablierten, mit Interviewern operierenden großen
Marktforschungskonzerne wie GfK SE oder The Nielsen Company (Germany) GmbH [OV15bf].
Der Vorsitzende der Konzerngeschäftsführung der Voith GmbH, Hubert Lienhard, stellt zur
Diskussion, ob ein Dienstleister der Eisenbahngesellschaften anbieten könnte, alle Daten der
Züge zu übernehmen und für die Bahngesellschaften aufzubereiten. „Der Dienstleister hat dann
die Hoheit über die Daten“. Er rät den Bahnbetreibern, wo und wann jeder Zug gewartet werden
muss, und dem Hersteller der Züge, was verbessert werden kann [Buch15, S. 20].
Versicherer verfeinern den Unfallfrei-Rabatt dahin, dass die Fahrweise (z. B.
Kurvengeschwindigkeit und Bremsverhalten) in das Rabattmodell einfließt. Aus
gesellschaftlicher Sicht könnte sich dies günstig auswirken, weil der Verkehrsfluss disziplinierter
und damit gleichmäßiger und mit weniger Unfällen verliefe. Ob die finanziellen Auswirkungen
bei den Versicherern und Versicherten so stark wirken, dass die Vorbehalte gegenüber dem
„gläsernen Autofahrer“ mindestens kompensiert werden, ist noch nicht vorherzusagen [OV15bt,
HeMa16]. Auch wären die „digitalen“ Lösungen mit pragmatisch-einfachen zu vergleichen, wie
z. B. den üblichen Rabatten für unfallfreies Fahren oder Beitragserhöhungen nach mehrfachen
Strafen wegen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.
Google befasst sich mit dem „Hotelpreis-Tracking“. Den Gästen soll über eine App in der Zeit
zwischen Buchung und Ankunft im Hotel Gelegenheit verschafft werden, sich an evtl. gesunkene
Preise („Last-Minute-Angebote“) anzupassen [Schla15].
Ein Beispiel für starke Personalisierung ist die Firma Munchery Inc. in Kalifornien. Man liefert
sehr abwechslungsreiche und individuelle, z. T. exotische, Gerichte auf Bestellung am gleichen
Tag in Haushalte und Betriebe. Diese Entwicklungen stehen für die sog. „Auf-Abruf-Wirtschaft“.
Sie könnten z. B. Werkskantinen und stationären Restaurants, Metzgereien oder Imbissständen
Umsatzeinbußen eintragen [OV15ac].
Durch die Markteinführung des iPods in Kombination mit der Software iTunes und dem darin
integrierten iTunes Store hat eine Repositionierung von Apple in zweifacher Hinsicht
stattgefunden. Zum einen wurde Apple vom Hardware-Anbieter auch zum Inhalte-Verkäufer.
Heute ist nicht nur das Abspielgerät iPod ein Verkaufsschlager. Apple ist vielmehr auch der
erfolgreichste Distributor von digitaler Musik weltweit. Als Nebeneffekt hat das Unternehmen
durch diese Innovation auch eine Vielzahl von neuen Käufern für seine Computer gewinnen
können [Mert17, S. 197].

längerer Zeit. Man denke an die Verlagerung von ganzen Dienstleistungseinheiten in


Schwellenländer („Offshoring“) oder an Ergänzung und Ersatz des herkömmlichen Ver-
sandhandels durch Internet-Versender.
Ähnlich wie andere herkömmliche IT-Lösungen (vgl. Kap. 7) werden auch bestimmte
traditionelle Geschäftsmodelle plötzlich als Innovationen dargestellt. So schreibt Miriam
Meckel: „Uber, weltweit größtes Transportunternehmen im Individualverkehr, besitzt kein
einziges Taxi. Und der weltweit größte Anbieter von Übernachtungen Airbnb, Inc. hat kein
Literatur 85

einziges Hotel. Das ist es, was hinter dem Begriff der Disruption steckt.“ [Meck16] Man
fragt sich, ob dies im Prinzip nicht auch für das uralte Gewerbe des Immobilienmaklers,
die studentische Vermittlung von Aushilfsarbeiten („Studenten-Schnelldienst“), Prakti-
kantenplätzen oder Zimmern, für Mitfahrzentralen oder für genossenschaftlich organi-
sierte Vermietungen von landwirtschaftlichen Großmaschinen gilt.
Inwieweit zu vorhandenen neue Geschäftsmodelle hinzugenommen werden sollen ist
nicht unumstritten. So hat der Vorstandssprecher der Deutsche Bank AG, John Cyran, bald
nach der Übernahme des Amtes die Pläne für den Ausbau einer neuen, sogenannten digi-
talen Bank, aufgegeben [Osma16, OV16ao] (s. Abschn. 7.2).
Für die Kunden drohen Gefahren, die typisch sind, wenn man von Eigenfertigung auf
Fremdbezug übergeht („Entmündigung“, „Lock-in“). So hat der Landmaschinenhersteller
John Deere die Wartung der den Farmern verkauften Fahrzeuge übernommen, kombiniert
mit sehr speziellen Lizenzbedingungen für die eingebetteten IT-Systeme. Als sich beim
Hersteller Kapazitätsengpässe einstellten, bekamen die Landwirte erhebliche Probleme
[Gayc17a].

Literatur

[BrSa10] Brynjolfsson E, Saunders A (2010) Wired for Innovation. Cambridge


[Buch15] Buchenau M-W (2015) Jeder muss mitmachen. Handelsblatt vom 10.04.2015, S 20–21
[Gayc17a] Gaycken S (2017a) Entmündigte Kunden. Handelsblatt vom 27.04.2017, S 56
[HeMa16] Hesse M, Mahler A (2016) Wir brauchen Waffengleichheit (Interview des Vorstands-
vorsitzenden Oliver Bäte, Allianz AG). Der Spiegel Nr. 3/2016, S 74–76
[Meck16] Meckel M (2016) Heureka. Wirtschaftswoche Nr. 5/2016, S 5
[Mert17] Mertens P et al (2017) Grundzüge der Wirtschaftsinformatik. 12. Aufl. Berlin,
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[OV15ac] Ohne Verfasser (2015ac) Alles auf Abruf. FAZ vom 31.08.2015, S 22
[OV15bf] Ohne Verfasser (2015bf) Marktforscher dringen in die digitale Welt vor. FAZ vom
17.08.2015, S 19
[OV15bt] Ohne Verfasser (2015bt) Versicherer belohnen eine fließende Fahrweise. FAZ vom
02.10.2015, S 31
[OV16ao] Ohne Verfasser (2016ao) Deutsche Bank beerdigt Digitalbankpläne. FAZ vom
07.06.2016, S 19
[OV17bn] Ohne Verfasser (2017bn) Worte des Tages. Handelsblatt vom 20.07.2017, S 28
[Osma16] Osman Y (2016) Deutsche Bank stutzt IT-Bank-Konzept. Handelsblatt vom 07.06.2016, S 30
[SaSt17] Salz J, Steinkirchner P (2017) Die analoge Revolution. Wirtschaftswoche Nr. 20/2017,
S 41–42
[Schla15] Schlautmann C (2015) Google attackiert Reiseportale. Handelsblatt vom 13.08.2015, S 24
[Shih16] Shih W (2016) The real lessons from Kodak’s decline. MIT Sloan Management Review
Magazine, Summer, S 11–13
Gefahr der Retardierung auf ausgewählten
Innovationsfeldern 9

Zusammenfassung
Es gibt Einflussgrößen, die den Fortschritt bei der Nutzung von IT-Entwicklungen ver-
zögern können, sodass die Verwirklichung mehr oder weniger kühner Pläne langsamer
verläuft als rein technisch möglich. Der Prozess wird retardiert. Dazu gehören u. a.
kulturelle Unterschiede zwischen Informatik und Ingenieurwesen oder zwischen gro-
ßen Unternehmen einerseits und mittleren und kleinen andererseits, heterogene Interes-
sen von Marktteilnehmern, ungelöste juristische Probleme oder Schwachstellen, die
Betrügern neue Chancen eröffnen.
In diesem Kapitel werden skizzenhaft Problemfelder behandelt, die die Entwicklung
der Digitalisierung und von I4.0 hemmen bzw. nicht wünschenswerte modische Über-
höhungen fördern können.

9.1 Informatik und Ingenieurwesen – inkompatible Kulturen?

Die folgenden Probleme lassen sich besonders deutlich am „digitalen Kraftfahrzeug“ (vgl.
Abschn. 9.6), aber nicht nur dort, festmachen.
Elmar Frickenstein, Bereichsleiter „Elektrik/Elektronik“ bei der BMW AG, wird wie
folgt zitiert: „Die Funktionalität (auf dem Weg zum automatischen Fahren, die Verf.)
ändert sich während der Lebenszeit, da wir große Datenmengen austauschen können.
Damit kommt die Updatefähigkeit der IT-Industrie ins Fahrzeug, das ist der Schlüssel zur
Zukunft der Automobilindustrie.“ [Beck15] Wolfgang Wahlster, der zu den Protagonisten
der I4.0-Auffassung gehört, schreibt: „Wenn Sie 100 Embedded Systeme in einem norma-
len BMW haben ist klar, dass dann täglich neue Patches von den Lieferanten geliefert
werden“ [Spat13, S. 19].
Andere Sachkenner erwähnen die Gefahr, dass bei I4.0 wenig kompatible Kulturen der
Mechanik und der IT aufeinanderstoßen (s. Tab. 9.1).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 87


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_9
88 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.1 Skeptische Stimmen zu inkompatiblen Kulturen


Quelle Zitat
Peter Leibinger, Geschäftsführer der „Unsere Innovationszyklen sind völlig anders, sind auf
Trumpf GmbH & Co. KG fünf bis sieben Jahre ausgelegt. Die Schlagzahl der
Softwareindustrie ist uns fremd“ [OV15aq]
Stephan Müller, Bereichsvorstand „Sie leben eine Fehler- und Lernkultur, indem sie
Group Information Technology der unausgegorene Lösungen auf den Markt bringen, um
Commerzbank AG (zu den sog. diese dann schrittweise an die Kundenbedürfnisse
Fintechs) anzupassen“ [Müll15b]
Alexander Verl und Armin Lechler, „Maschinen haben meist eine Lebensdauer von über 20
Wissenschaftler an der Universität Jahren. Durch den zunehmenden Einsatz von
Stuttgart IT-Komponenten aus dem Consumer-Bereich ist bei
deren Produktlebenszyklus von nur zwei bis drei
Jahren die Verfügbarkeit von Ersatzteilen oft nicht
gegeben oder sehr kostspielig“ [VeLe14, S. 237]
Ruchir Puri, Chefentwickler in der „Die Deutschen haben eine zu geringe Fehlertoleranz.“
IBM-Watson-Abteilung und IBM [Kort17]
Fellow
Ulrich Spiesshofer, „Wir (als Maschinenbauer, die Verf.) wollen nicht zum
Vorstandsvorsitzender des Schweizer Sklaven der IT-Industrie werden“ [StFr15]
Industriekonzerns Asea Brown Boveri
Ltd. (ABB)
Zwei nachdenklich stimmende Bei der feierlichen Präsentation des iPhone 7 Plus
Episoden erlebte man, als bei beiden wurde durch den Apple-Chef Tim Cook eine unfertige
marktführenden Mobiltelefonen sichtbar Variante vorgestellt und das „Update“ gleich
wurde, wie sehr die Geschwindigkeit mitangekündigt [Jans16b].
vor der Qualität rangiert: Vom neuen Samsung Galaxy Note 7 mussten 2,5 Mio.
der bereits ausgelieferten Geräte zurückgerufen
werden, nachdem sich mehrere Käufer
Brandverletzungen zugezogen hatten (überhitzte Akkus
beim Laden) [Wagn16]. Dies hatte zeitweise einen
Absturz des Börsenwertes um 22 Mrd. Dollar zur
Folge

Sicherheitsforscher haben herausgefunden, dass bei Fahrzeugen der BMW AG und der
Daimler AG das SSL-Zertifikat für die verschlüsselte Kommunikation zwischen dem
Mobiltelefon und dem Fahrzeug nicht ausreichend geprüft wird. So kann ein Datendieb
möglicherweise einen PKW mit seinem Mobiltelefon öffnen und starten [Dörn15].
Das folgende Szenario wurde in Diskussionen mit Automobilfachleuten nicht bestrit-
ten: In Zukunft erhalten wir wie beim Mobiltelefon alle paar Monate ein neues „Software-­
Release“. Dann muss der Autobesitzer sich ein Wochenende frei halten, Anleitungen dazu
im Internet suchen, das „Release“ selbst und die Hinweise dazu herunterladen und studie-
ren, um die Version aufzuspielen und die Parameter neu einzustellen [Trau16]. Oder er
bringt sein Fahrzeug entnervt in eine Werkstatt des PKW-Herstellers, der mit patentierten
Testautomaten dafür gesorgt hat, dass nur lizensierte Werkstätten und nicht preiswerte
Außenseiter tätig werden können.
9.1 Informatik und Ingenieurwesen – inkompatible Kulturen? 89

Neuere Software-Engineering-Methoden, wie z. B. Scrum, Hackathon oder Paralleli-


sierung der Planungs- und Testphasen, mögen zumindest dann, wenn sie nicht perfekt
eingesetzt werden, die skizzierten Risiken noch verstärken [Süss16]. Die mit der Gefahr
von Qualitätseinbußen verbundene Entwicklungsgeschwindigkeit und das Streben nach
möglichst kurzen Zeitstrecken bis zur Markteinführung werden vornehmlich in der Soft-
warebranche, aber auch in der wissenschaftlichen Informatik, oft mit positiv besetzten
Wörtern wie „agil“ bzw. „Agilität“ oder „Release-Dynamik“ verbunden (z. B. [Herg16]).
Nachdenklich stimmt eine Optimierung mit der Zielfunktion, ein Softwareprodukt auf
den Markt zu bringen, das gerade noch Minimalanforderungen genügt („Minimum Viable
Product“). Mit diesem sollen erste Kundenreaktionen getestet werden, bevor man weitere
Investitionen riskiert. Das Konzept hat in der Produktpolitik als Zweig des Marketings
eine gewisse Beachtung gefunden. Die Übertragung in das Software Engineering könnte
aber gerade dann, wenn es um eingebettete Systeme bzw. Cyber-physische Systeme geht,
lästige ökonomische Konsequenzen zeitigen.
Die ungewollten Software-Updates erzeugen, selbst wenn sie fehlerfrei sind, oft und
mit der Zeit wohl immer mehr Folgewirkungen auf andere vernetzte Systeme, die der
Softwareanbieter gar nicht übersieht, die aber dem Kunden erheblichen Zeitaufwand und
Ärger bescheren. In bestimmten Fällen kann der Kunde die Übernahme der neuen Version
gar nicht oder nur unter Inkaufnahme eines Risikos ablehnen. In Extremfällen drängt sich
die neue Version ungefragt auf, indem sie sich in ungünstigen Momenten selbst installiert.
In diesem Zusammenhang taucht in der Presse auch der Begriff „Update-Falle“ auf
[Speh16a, Speh16b]. Auf volkswirtschaftlicher Ebene bedeutet diese Entwicklung Res-
sourcenvergeudung (unbezahlte Arbeitszeit der privaten Nutzer), die sich aber in volks-
wirtschaftlichen Statistiken nicht niederschlägt (vgl. Kap. 11).
Das Thema darf allerdings nicht auf die Softwareentwicklung fokussiert werden; viel-
mehr sind auch die zum Teil sehr kurzen Lebenszyklen der Geräte zu berücksichtigen,
etwa bei Apple. Hier kommen zusätzlich die Frage der Umweltfreundlichkeit und die
Schwierigkeiten der „Reverse Supply Chain“ (Lieferketten bei der Wiederverwertung vor-
zeitig ausgemusterter Geräte und deren Bauteile) hinzu.
Auffällig sind auch immer wieder sog. Computerdesaster oder „IT-GAUs“, die oft den
gesamten Flugbetrieb einer Flotte lahmlegen (United 2011, American 2013, Southwest
2015 und 2016, Delta 2016, British Airways 2017) [Jahn16, OV17ad].
Die Problematik der unterschiedlichen Kulturen mag man sich auch am Beispiel eines
Roboterherstellers vergegenwärtigen: Seine Maschinenbauer müssen den Roboterarm so
sorgfältig konstruieren und so gründlich austesten, dass ein Rückruf von tausend Geräten
aus den weltweiten Exportländern nahezu ausgeschlossen ist, denn das könnte das Unter-
nehmen in den Ruin treiben. Die Softwareabteilung hingegen würde einen evtl. Mangel
durch Überspielen einer neuen Version per Internet beheben und könnte daher eher zu
Leichtsinn beim Testen neigen.
Weitere Beispiele enthält Tab. 9.2.
Weniger grundsätzlich, aber auch charakteristisch bzw. bedenklich sind die beiden fol-
genden Beispiele.
90 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.2 Aussagen zum Unterschied zwischen den IT- und anderen Branchen
Quelle Zitat
Ungenannter Leiter Digital „Wir arbeiten mit agilen Projektabwicklungsmethoden, wo
Business Applications aus der wir in drei bis vier Wochen ein Delivery machen, …, wo
Versicherungsbranche wir schnell Feedback bekommen und wo wir schnell Fehler
machen und diese auch schnell korrigieren können“
[BeBa16, S. 108]
Dieter Zetsche, „Wir müssen lernen, neben unseren eigenen Zyklen das
Vorstandsvorsitzender der Daimler Tempo der Konsumgüterindustrie aufzunehmen. Die
AG Vollentwicklung eines Autos dauert sieben Jahre, die eines
Handys oder einer App nur wenige Monate. Während wir
im Autobau unverändert nach 100 % Perfektion streben,
werden wir künftig auf der anderen Seite – etwa bei
Apps – auch mal mit einem Perfektionsgrad von 90 Prozent
leben müssen. Die Geschwindigkeit ist hierbei
entscheidend. Dazu braucht es einen Kulturwandel im
ganzen Konzern.“ (Über die Schwierigkeiten, vor allem am
Serienbeginn („Kinderkrankheiten“), hinaus?, die Verf.)
[Zets15] (Automobile fahren durchschnittlich 10 Jahre,
während Mobiltelefone ca. alle zwei Jahre ausgetauscht
werden [BayL16])
Jan Gilg, Leiter der strategischen „Wir müssen auch mal nicht ganz fertige Versionen auf den
Geschäftsentwicklung bei SAP Markt bringen, sie draußen testen und dann verbessern.“ Er
Labs fügte hinzu, dass dies eine Methode sei, mit der die
Deutschen Probleme hätten. Für ein deutsches
Unternehmen, das seine Ursprünge in den
Ingenieurwissenschaften habe, sei dieses Umdenken keine
einfache Aufgabe [Kort17]
Carsten Spohr, „Die Computer in unseren Flugzeugen sind 20 Jahre
Vorstandsvorsitzender der alt – aber sie funktionieren. Mein iPhone ist zwei Wochen
Deutschen Lufthansa AG, zum alt, aber es arbeitet nicht mit der Verlässlichkeit, mit der
vorsichtigen Umgang der mein Flugzeug funktionieren soll.“ [OV17aw]
Luftverkehrsbranche mit neuen
Technologien
Manfred Wittenstein, „Wenn heute Flugzeuge so konstruiert würden wie Software
Aufsichtsratsvorsitzender der auf den Weg gebracht wird, würde sich niemand mehr ins
Wittenstein SE Flugzeug setzen“ [Rieg16, S. 605]
Manfred Wittenstein, „Wir müssen die Dynamik in der IT-Industrie und die
Kuratoriumsvorsitzender der Dynamik des Maschinenbaus, der längere Zyklen hat,
Impuls-Stiftung des VDMA zusammenbringen“ [OV16bw]
Sven Astheimer, Journalist der FAZ „Von der App-Ökonomie lässt sich lernen. Es muss nicht
immer der 100 Prozent durchdachte Lösungsansatz sein –
80 % reichen zunächst auch, wenn vor allem Schnelligkeit
zählt. Gerade für den deutschen Ingenieurgeist mit seiner
Null-Fehler-Toleranz mag dies eine echte Herausforderung
sein, aber sie entspricht der Zeit“ [Asth16a]
(Fortsetzung)
9.1 Informatik und Ingenieurwesen – inkompatible Kulturen? 91

Tab. 9.2 (Fortsetzung)


Quelle Zitat
McKinsey & Company, A culture of fast experimentation and iterative improvement
Bestandsaufnahme 2016 zu I4.0 is crucial to drive Industry 4.0 projects with the necessary
speed [McKi16]
Anette Bronder, Geschäftsführerin „Denn das digitale Zeitalter erfordert Mut neue Wege zu
Digital Division T-Systems und gehen und auch mal mit 80 Prozent Produktreife den Markt
Telekom Security zu testen, bevor ein anderer den Fuß in der Tür hat“
[Mewi17]
Meinung über Ingenieure des „Die Ingenieure von SMS sind Langstreckenläufer, die mit
Maschinenbauers SMS einem einzigen Auftrag zwei Jahre oder länger zubringen.
Sie nennen ihr Vorgehen „das Null-Fehler-Prinzip“ … bei
Etventure (eine IT-Beratung) glauben sie, dass nur jene
Unternehmen in der digitalen Welt bestehen werden, die
schnell genug sind. Sie glauben an das Unperfekte … Sie
denken in Wochen“ [Nezi16]
Björn Bloching, Head of Global „Industrie 4.0 … bedeutet zu experimentieren, zu
Competence Center Digital der verinnerlichen, dass Geschwindigkeit wichtiger sei als
Roland Berger GmbH Präzision. Dafür in Deutschland Verständnis zu schaffen, sei
nicht so einfach“ [Löhr16]
Winfried Kretschmann, Baden-­ „Statt einer Fehlervermeidungskultur brauchen wir eine
Württembergischer Innovationskultur“ [Kret16]
Ministerpräsident
Bahnindustrie Auch die Bahnindustrie steht vor der Herausforderung, die
kurzlebige „IT-Welt“ mit mehrjährigen Entwicklungszeiten
für Züge, deren komplizierten langwierigen
Zulassungsverfahren und einer Produktlebensdauer von 30
Jahren abzustimmen [Köhn16]
Michael Spehr und Lukas Weber, Erhebliche Abstimmungsschwierigkeiten werden erwartet,
Journalisten der FAZ wenn neuartige IT-Techniken in alte Gebäude („Smart
Home“) implementiert werden sollen: „…, dass eine
gewisse Zurückhaltung angesagt ist, wenn es darum geht,
die langlebige Welt des Wohnens mit der schnellen des
Smartphones zu verbinden“ [SpWe16]

Unterschiede im Qualitätsniveau von Hard- und Software


Beispiel 1:
Das Navigationssystem eines älteren PKW funktioniert nur bei sommerlichen Tem-
peraturen gut, im Winter unregelmäßig. Es erscheint dann eine Meldung, man möge die
CD austauschen. Der Kundendienst aber warnt vor der Auswechslung, denn beim Auf-
spielen könnte sich das Navigationssystem durch Umparametrieren auf die Software
der neuen CD einstellen wollen. Wenn das misslingt, funktionieren weder die alte noch
die neue CD, sodass auch der Navigationsrechner zusammen mit Modulen des „Cock-
pits“ erneuert werden müsste, was insgesamt etwa 800 € kosten würde (persönliche
Erfahrung des Mitverf. Mertens).
92 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Beispiel 2:
Am 26.09.2015 erschien in mehreren Medien (FAZ, Welt am Sonntag, Spiegel Online)
folgende Meldung: „Daimler hat 11.000 Mercedes Sprinter in Deutschland für eine
Software-Aktualisierung in die Werkstatt gerufen. Bei diesen Fahrzeugen können die
Prüfgeräte etwa vom TÜV oder der Dekra für die Hauptuntersuchung nicht mit den
Systemen der Fahrzeuge kommunizieren.“ Die Daimler AG hatte die Fahrzeughalter
per Brief zu dieser Maßnahme aufgefordert. „Man müsse … die abgasrelevanten
Steuergeräte mit einer optimierten (!) Software versehen.“

Für die Kulturunterschiede zwischen Informatik und Ingenieurwesen symptomatisch ist


ebenso, dass relevante Arbeiten in den Publikationsorganen der jeweils anderen Disziplin
oft nicht beachtet werden.
Wünschenswert wäre, aber vielleicht an der Grenze der Utopie, dass die deutsche Soft-
wareherstellung langfristig ein Markenzeichen für Qualität („Software Made in Ger-
many“) entwickeln könnte, das dem in anderen Zweigen der Industrie entspräche.
Umgekehrt könnte eine allmähliche, nicht explizit verkündete Abkehr vom Ziel der
Qualitätsführerschaft deutscher Produzenten und Produkte („Made in Germany“) unter
dem Einfluss US-amerikanischer Softwarehersteller verheerende Folgen haben. Als ame-
rikanische Wirtschaftsführer und Wissenschaftler in den vergangenen Jahrzehnten die
Fertigungsindustrie als Domäne von asiatischen Ländern erklärten und für die USA den
Übergang zur Dienstleistungswirtschaft propagierten, zögerte man in Deutschland, v. a. in
KMU. Inzwischen hat sich diese Zurückhaltung als richtig erwiesen. Der Zielkonflikt zwi-
schen dem „deutschen Geschäftsmodell“ der hohen Perfektion und „minimaler Time-to-­
Market“ wäre auf dem Hintergrund der wirtschaftshistorischen Erfahrung in den USA und
Deutschland zu diskutieren.

9.2  ögern von kleinen und mittleren Unternehmen und


Z
Familiengesellschaften

Wiederholt wird beklagt, dass im Gegensatz zu Großunternehmen und Konzernen kleine


und mittelständische Unternehmen die Entwicklung zwar beobachten, jedoch mit Projek-
ten zur Realisierung trotz der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (u. a. Niedrigst-
bzw. Negativzinsen, vorteilhafte Exportchancen durch den schwachen Eurokurs) zögern
[OV15bz] (vgl. auch die Beispiele in Tab. 9.3).
Die Folgen, die entstehen, falls sich bei der Automation zwischen großen und kleinen
Unternehmen eine Schere auftut, die die zwischenbetriebliche Integration behindert,
mögen in der Tat vielfältig sein. Vielleicht üben die mächtige Konzerne Druck auf die
Klein- und Mittelbetriebe aus, kaufen sie auf oder knüpfen neue Kontakte im Ausland.
Die Interpretation ist nicht einfach. Einflussgrößen mögen sein: Generell bisher gerin-
gere Automation als bei Großunternehmen, begrenzte Möglichkeiten, die für die kom­
plizierten technischen Installationen auf Teilgebieten (u. a. Softwareingenieurwesen,
9.2 Zögern von kleinen und mittleren Unternehmen und Familiengesellschaften 93

Tab. 9.3 Meldungen und Äußerungen betreffend KMU


Beispiele
Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte Touche Tohmatsu Limited tun
sich viele Mittelständler schwer damit, „die Chancen von Industrie 4.0 zu erkennen“
([Wohl16b], vgl. auch [OV16cr]). Zufolge einer Erhebung des Mittelstandspanel im Auftrag des
Bundesverbandes der Deutschen Industrie sind nur etwa 30 % der mittelgroßen
Industriebetriebe bisher stark „digitalisiert“ [OV16ab]. Laut Bitkom haben lediglich 7 % der
Unternehmen mit 20 bis 500 Mitarbeitern ein Internet mit 50 Megabit/s oder mehr gebucht
[Schmo16].
Roman Dumitrescu vom Heinz Nixdorf Institut äußerte in einer Diskussion mit der
Bundeskanzlerin: „Wir dürfen bei dem ganzen Wirbel um Industrie 4.0 nicht den Mittelstand
vergessen“ [Reic15].
Im Zusammenhang mit Betrachtungen zum technischen Rang des deutschen Maschinenbaus
schreibt Marx: „Es gibt zum Teil noch Berührungsängste, zu langes Abwarten (gegenüber I4.0,
die Verf.), vor allem bei kleineren und mittelständisch geprägten Unternehmen. Dies förderten
gleich mehrere Untersuchungen zu diesem Thema zutage“ [Marx15c].
Mitglieder der Bundesregierung, so die Forschungsministerin Wanka und der ehemalige
Wirtschaftsminister Gabriel, aber auch Verbandsvertreter des VDI, monierten, dass kleine und
mittlere Unternehmen, besonders solche in Familienbesitz, sich mit Investitionen in I4.0 eher
zurückhalten, und verbinden dies mit Warnungen. Minister Gabriel äußerte auf der CeBIT
2015, „dass ein Zögern bei der digitalen Revolution fatal wäre“ [DeSt15] oder „Mit der
Verschiebung und Ergänzung klassischer Produkte hin zur datengetriebenen IT-Welt (gibt es
auch eine IT-Welt, die nicht datengetrieben ist?, die Verf.) stehe und falle der Wohlstand“
[OV15au]. Beide Regierungsmitglieder erklären das Zögern nur mit dem Bedenken, dass die
Daten der Betriebe angegriffen werden könnten; diese monokausale Motivation erscheint zu
kurz gegriffen.
Die Bundeswirtschaftsministerin Zypries wird so zitiert: „… machte bei der Auftaktveranstaltung
des Digital-Gipfels die gute wirtschaftliche Lage für die offensichtliche Ignoranz
mitverantwortlich“ [OV17ai].
Dramatisch klingt die Schlagzeile „Schluss mit der Skepsis. Der deutsche Mittelstand darf das
Thema Digitalisierung nicht verschlafen“ [Woch16b].
Die Personalberatung Eric Salmon & Partners bemängelt: „Bei kleinen und mittleren
Unternehmen kümmert sich das Personalwesen oft nur um die Verwaltung der Arbeitsverträge.
… Die Entwicklung und Weiterbildung in Sachen Digitalisierung werden oftmals stiefmütterlich
behandelt“ [Hess17].
Offenbar sieht ein beträchtlicher Teil (nach einer Commerzbankstudie ca. 25 %) der
„Mittelständler“ ihr Geschäftsmodell durch Digitalisierung bedroht [OV15bu].
Hingegen erbrachte eine Studie der GfK Enigma, dass für ein Drittel der befragten Inhaber und
Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen (Jahresumsatz 0,5 bis 125 Mrd. €) das Thema
„Digitalstrategie“ nicht relevant sei [Hoff15a].
Eine Umfrage des VDE unter 1.000 Unternehmen der Elektro- und Informationstechnik und
entsprechender Hochschullehrstühle hatte zum Ergebnis, dass I4.0 zunehmend wichtig
eingeschätzt wird, weniger aber in kleineren Betrieben [OV15ao].
Man liest auch Zitate wie: „Mancher Mittelständler kann es nicht mehr hören: ‚Investieren
Sie in die Digitalisierung! Investieren Sie in Industrie 4.0! Seien Sie innovativer!‘“
[Müll16a].
94 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Rechnernetze, Robotik, Datenanalyse) erforderlichen Spezialisten zu beschäftigen und


gut auszulasten. Bei einer Umfrage des Beratungsunternehmens Ernst & Young GmbH
(EY) unter 550 überwiegend mittelständischen Unternehmen beklagten zwei Drittel per-
sonelle Engpässe [Hess16, Penn16b].
Gerade in Deutschland ist zu berücksichtigen, dass für die IT-Unterstützung des Rech-
nungswesens seit Jahrzehnten die in der Regel sehr gründlich ausgetestete Software der
DATEV eG zum internen Einsatz und zur Auslagerung an Dienstleister (Rechtsanwälte,
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) zur Verfügung steht. Ca. 40.500 solche Dienstleister sind
Mitglieder der Genossenschaft.
Auch der Mittelbetrieb benötigt in Anbetracht der inzwischen stark spezialisierten Ver-
brecher Personen, die für die verschiedensten Methoden bzw. Tricks der Kriminellen kom-
petent sind und die Attacken abfangen können. Das bedeutet, dass der Aufwand für den
Schutz nur zum Teil abhängig von der Unternehmensgröße ist bzw. dass dieser Kosten-
block das Unternehmensergebnis von KMU relativ stärker belastet, als es bei einem inter-
nationalen Konzern der Fall ist (vgl. auch Abschn. 12.1).
Weitere Einflussgrößen: Stärkeres Risikobewusstsein von sog. Inhaber- oder Familien-­
Unternehmen im Vergleich zu Kapitalgesellschaften, geringere Neigung, Lösungen durch
noch wenig ausgereifte Methoden zu ersetzen („Wer möchte ein SAP-System reformieren,
das 20 Jahre im Betrieb ist?“ [Bran16a, S. 22]) und die Verlustgefahren dadurch zu mildern,
dass man (mit beachtlichem Bürokratieaufwand verbundene) aktuell angebotene Staatssub-
ventionen einwirbt. Offenbar fehlt es auch an einigermaßen belastbaren Investitionsrech-
nungen, die wiederum Experimente in der Praxis oder zumindest im wissenschaftlichen
Labor voraussetzen, damit die Verbesserung bei Rentabilität und Wirtschaftlichkeit durch
neue Algorithmen für I4.0 abgeschätzt werden kann [OV16bp]; stattdessen werden ledig-
lich auf Umfragen beruhende Schätzungen publiziert (vgl. Abschn. 12.5).
Die Vorwürfe der Rückständigkeit an den Mittelstand müssen andererseits auf dem
Hintergrund gesehen werden, dass die KMU in vieler Hinsicht besser als die großen Akti-
engesellschaften wirtschaften. Dies gilt offenbar sowohl kurz- als auch langfristig
[Somm16, OV16bf].

9.3 Spezielle Interessenlagen

2016 wurden 5.000 Unternehmensberater zusätzlich eingestellt, es wurde die hohe Gesamt-
zahl von 115.000 in Deutschland erreicht [Neus17]. Dieses Wachstum der Branche wird
zu einem beachtlichen Teil auf Digitalisierung und I4.0 zurückgeführt. Tab. 9.4 enthält
Einzelbeispiele bzw. spezielle Aussagen zu Vorteilen und Interessen von Unternehmens-
beratungen, aber auch von Hochschulen, durch Digitalisierung.
Drastisch ist die Darstellung einer Meinung von Interessenlagen in folgenden Textaus-
schnitten:
„Im monatlichen Rhythmus werden neue technische Epochen und innovative Organi-
sationsformen ausgerufen. Berater versuchen über schnell hingeworfene Zeitdiagnosen,
9.3 Spezielle Interessenlagen 95

Tab. 9.4 Interessenlage und Geschäftschance


Beispiele
Christof Kerkmann schrieb: „Die Digitalisierung ist ein vorzügliches Verkaufsinstrument.
IT-Anbieter und Unternehmensberater warnen die potenzielle Kundschaft erst, dass die radikale
Entwicklung der Technik die Wirtschaft schon bald revolutionieren werde, und dienen dann ihre
Produkte an. Die Messe CeBIT hat diese Chance erkannt: Die Messe „soll sich von den Themen
Computer und IT lösen und das wichtigste globale Event fürs digitale Geschäft werden …“ Das
spiegele das Motto wider. Das soll 2016 „d!conomy – join, create, succeed“ heißen“ [Kerk15].
Der damalige Präsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater, Hans-Werner
Wurzel, hat als entscheidenden Treiber der guten Auftragslage der Branche im Jahr 2015 den
„Druck auf viele Mandanten-Unternehmen im Zuge der digitalen Transformation“ identifiziert
[Heck15]. Wurzels Nachfolger, Ralf Strehlau, bestätigte dies mit der Zahlenangabe, das
Wachstum werde 2016 voraussichtlich bei 7 bis 8 % liegen. Gleichzeitig konnte eine Wende bei
den Tagessätzen in Richtung höhere Bezahlung erreicht werden [Frön16c].
Die Beratung Roland Berger GmbH „will mit dem Ausbau von Digitaldiensten verlorenen Boden
zurückgewinnen“ [Frön16a].
Der Vorstandsvorsitzende der Software AG, Karl-Heinz Streibich, bezeichnete „die sogenannte
Industrie 4.0 also den Digitalisierungsschub in den Kundenfirmen“ als „Wachstumsfaktor“ und
äußerte: „Die digitale Revolution ist ein langfristiges Stimulusprogramm für die Software AG“
[OV16ay].
McKinsey & Company will in Deutschland das Beratungs- und das weitere Personal von 1500
auf rund 2.000 Personen aufstocken, wobei das Beratungsgeschäft vor allem durch die
Digitalisierung angefacht werde [OV17ax].
Die Beratungsgesellschaft BCG (Boston Consulting Group) gibt an, dass 20 bis 30 % aller
Projekte unmittelbar mit der „digitalen Transformation“ zu tun haben [BüKn17]. Die
Gesellschaft hat ein „Innovationcenter for Operations“ aufgebaut, das aus drei Modellfabriken
unter dem Motto I4.0 besteht, und beschäftigt mit dem Thema allein 80 Berater [Löhr16].
In der FAZ war zu lesen: „Alle vier Prüfungsunternehmen (die Wirtschaftsprüfungsunternehmen
EY, KPMG, PwC und Deloitte, die Verf.) … setzen auf den technischen Transformationsprozess
als Folge der Digitalisierung“ [OV16cq].
Auch der frühere Außenminister Joseph Fischer berät mit seiner Joschka Fischer & Company
GmbH internationale Unternehmen zur Digitalisierung [Mark16b].
Für Hochschulen und ihr Personal sowie Forschungsinstitute und auch Politiker bieten sich
Chancen einer Profilierung, verbunden mit der Einwerbung (oder Gewährung) von Subventionen.
Sie entwickeln daher Programme, z. B. in Gestalt von Vorgehensmodellen und Prototypen, oder
gar neue Studiengänge und nehmen in ihrer Kommunikationspolitik zu Moden und Trends
Einfluss auf lokale, nationale und supranationale Politik.

ihre Angebote zu vermarkten, Wissenschaftler geben ihren Forschungen darüber eine mas-
senmediale Bedeutung, und Politiker versuchen, darüber Themen zu setzen. In der Vergan-
genheit wurde dabei noch so formuliert, dass man ungefähr wusste, worum es ging. Es war
die Rede von „Matrixorganisation“, „Lean Management“ oder „Business Process Reen-
gineering“. Aber schon an der Konjunktur Vorsilbe „post“ in der Bezeichnung neuer
Trends konnte man erkennen, dass sich die Zeitdiagnostiker immer weniger trauten, ihre
Analysen mit einem präzisen Begriff zu bezeichnen. Der Metatrend in der aktuellen
Trendforschung ist aber, Zeitdiagnosen nur noch in Versionsnummern zu liefern. Die Rede
96 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.5 Appelle


Beispiele
Cornelius Baur, Deutschland-Präsident von McKinsey & Company, schrieb: „Nur sechs von zehn
Unternehmen in Deutschland fühlen sich für die kommende technische Revolution gut gerüstet.
Das belegt eine neue Studie von McKinsey zur Industrie. In den USA fühlen sich hingegen 80 %
der Unternehmen gut vorbereitet“ [Baur15].
Bayern sei nicht ausreichend vorbereitet auf „globale Strukturbrüche“ (nach McKinsey &
Company). Sie (McKinsey, die Verf.) zeichnen ein besorgniserregendes Bild des bayerischen
Arbeitsmarkts [Schäf15].
„Zudem erwägt die SPD, mittelständischen Firmen einen Umstieg in Richtung ‚Industrie 4.0‘ mit
Beratungsgutscheinen schmackhaft zu machen“ [OV15bo].

ist vom Web 2.0, von der Gründungsinitiative 3.0 und von der Industrie 4.0, in der die
zunehmende informationstechnische Vernetzung zwischen Unternehmen wichtiger
werde“ [Kühl15].
„Mögen die vielen Unfitten zu dauerhafter Erwerbslosigkeit verdammt sein, so winken
den disruptiven Topfitten ewige Profite. Wer Herr über die Automaten wird, diktiert das
Marktgeschehen. Das Versprechen dient Unternehmensberatern und Softwareverkäufern
als Türöffner zu den Teppichetagen von Technologiefirmen, wo sie den verunsicherten
Fitten verkünden können, sie zu Topfitten zu trimmen“ [Hirs17].
So nimmt es nicht Wunder, dass Unternehmensberater gelegentlich mahnen, politische
Unterstützung fordern oder gar zu einer Panik beitragen (Tab. 9.5 und Kap. 3).
Die Interessenlage von Unternehmensberatern, Anbietern von Hardware und Software,
Hochschulen, Forschungsinstituten, Politikern, Autoren und Verlagen mag bedingen, dass
die zugehörigen Anstrengungen im Rahmen des Lobbyismus im weiteren Sinn Modewel-
len erhöhen. Als Folge könnte der Abstieg vom Gipfel im Sinn des „Hype Cycle“ (Kap. 2)
umso steiler werden, was wiederum die in Kap. 1 erwähnte Ressourcenvergeudung ver-
stärken würde (vgl. auch die Ausführungen in Kap. 3).

9.4 Individualisierung und Losgröße 1

Die starke Anpassung der Produkte an Kundenbedingungen und -wünsche ist jetzt oft
durch die mit I4.0 zunehmenden Möglichkeiten der automatischen Umrüstung in Rich-
tung auf Losgröße 1 ohne bedeutende Mehrkosten in der Fertigung erreichbar [Preu16].
Dieses Moment wird von vielen Befürwortern einer energischen Entwicklung von I4.0
hervorgehoben, z. B. im Bericht von Forschungsunion/acatech ([Prom13, S. 19], vgl. auch
[OV15ay]). Ein überzeugendes Beispiel aus dem Siemens-Elektronikwerk Amberg findet
man bei Büttner und Brück [BüBr14, S. 132]. Matthesius schreibt: „Will man nun die
Flexibilität messen, so ist die … Losgröße 1 … das ultimative Maß“ [Matt15]. Auch in
dem Sammelwerk [BHVo14] wird mehrmals (S. 77, 132, 607, 625, 633) erwähnt, dass
I4.0 die Erzeugung von individualisierten Produkten ohne nennenswerten Mehraufwand
9.4 Individualisierung und Losgröße 1 97

im Vergleich zur Serien- und Massenfertigung erlaube (was plausibel ist), ja z. T. als
„Megatrend“ bezeichnet.
Unbeachtet bleibt aber meist, dass man außer den Fertigungskosten auch die Folgekos-
ten für die Aufrechterhaltung der Lieferbereitschaft über die Lebensdauer des Erzeugnis-
ses (Ersatzteile, Wissen der Kundenbetreuer) ins Kalkül zu ziehen hat (TCO = Total Cost
of Ownership, vgl. das Beispiel in Abschn. 9.1). Diese sind stark von der Menge der iden-
tischen Erzeugnisse zwischen zwei Versionsänderungen abhängig [Mert15b]. Sehr spezi-
elle Kundenwünsche implizieren auch ebenso spezielle Zulieferungen; man ist dann auf
einen Lieferanten angewiesen und trägt das Risiko der sog. „Single-source-Strategie“. Die
Gefahren dieser Strategie wurden 2017 durch ein Debakel in der Automobilindustrie deut-
lich: Weil die Robert Bosch GmbH nicht genügend Lenkgetriebe für die BMW-Reihen 1,
2, 3 und 4 liefern konnte, musste der Fahrzeughersteller nach Angaben des manager maga-
zins gleich seine Produktion in mehreren Werken im In- und Ausland (München, Leipzig,
China, Südafrika) einschränken [OV17ab]. Die verstärkte Individualisierung verträgt sich
im Übrigen schlecht mit Modul- und Baukastenstrategien in der Produktpolitik.
Das Problem könnte sich allerdings langfristig durch die additive Fertigung von Ersatz-
teilen etwas entschärfen [Schee15, S. 8]; denkbar ist sogar, dass sehr spezielle Ersatzteile
dezentral in einer Vertriebsniederlassung oder beim Händler gedruckt werden [Wase15].
Es gibt Fälle, wo die Individualisierung beträchtlichen Nutzen stiften kann, so wenn
Medikamente, z. B. als Folge gentechnischer Analysen, oder Schuhwerk passgenauer
werden oder wenn bislang in mittleren Serien gefertigte Werkzeugmaschinen durch solche
abgelöst werden, die man in Einzelfertigung produziert und die im Kundenbetrieb besser
in den Produktionsprozess passen. In anderen Fällen ist die Individualisierung ein hüb-
sches „Extra“, das relativ leicht darzustellen ist und deshalb ein akzeptables Vorteil-­
Nachteil-­Verhältnis aufweist. Hierzu gehören etwa die von der Festo AG & Co. KG
entwickelten Aggregate und Verfahren zur Produktion individueller Parfümmischungen
(vgl. Abschn. 7.1.5). Andererseits sind Erzeugnisse mit modischem Charakter, und das
müssen nicht nur Textilien sein, in vielen Stadien des Lebenszyklus eher eine Belastung.
Entscheidet sich der Käufer dafür, ein noch gebrauchstaugliches Gut vorzeitig zu entsor-
gen, so kommt das einer Ressourcenverschwendung, verbunden mit einer Umweltver-
schmutzung, gleich.
So mehren sich jetzt auch Stimmen, wonach zu viele Varianten oder auch zu breite
und zu tiefe Sortimente Kosten bzw. die Rentabilität ungünstig beeinflussen, z. B. in
Zusammenhang mit den notwendig gewordenen radikalen Sparmaßnahmen im VW-,
im Deutsche-­Bank- oder im Karstadt-Konzern. Man liest auch: „… eine zu große
Vielfalt an … Ausstattungsvarianten gelten als größte Baustelle im VW-Konzern.“
[MüKL15] Es wird darauf verwiesen, dass es nicht zuletzt in der Geschichte des
Automobils überzeugende Beispiele einer sehr weitgehenden Beschränkung auf
wenige Varianten gab (Ford T, VW-Käfer). Ob diese historischen Fakten in die
Gegenwart und in die Zukunft projiziert werden dürfen, ist fraglich. Auffällig ist, wie
hoch mittlerweile die Zusatzkosten für sog. Extras bei Automobilen im Vergleich
zum Grundpreis geworden sind. Holger Appel nennt als Beispiel u. a., dass der
98 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Mercedes-Benz E220d mit Extras mehr als das Doppelte des Grundpreises ausma-
chen könnte. Aus den Angaben kann der Außenstehende freilich nicht erkennen, wie
stark die Preisdifferenz durch erhöhte Kosten ausgelöst wird oder preispolitisch
motiviert ist [Appe17].
Eine überraschende Vision veröffentlichte der Vorstandsvorsitzende der Audi AG,
Rupert Stadler: Der PKW würde über die Gesamtmenge der Funktionen einer Baugruppe
verfügen, aber der Kunde nur für die jeweils in Anspruch genommene Aufgabe anteilig
zahlen. Beim Fahrersitz wären das z. B. Vorrichtungen zur Heizung, Kühlung oder Mas-
sage. Da aber all diese technischen Funktionen als „Hardware“ von vornherein in das
Fahrzeug eingebaut sein müssen (z. B. kann man Massagebewegungen ja sonst nicht per
Datenfernübertragung aktivieren), scheint das Geschäftsmodell von der Kosten- und
Ertragsseite her problematisch [OV16bg].
Ähnliche Überlegungen wie zur Losgröße 1 in Beschaffung und Fertigung gelten für
sehr zerstückelte Auslieferungen an Kunden im Versandhandel („Same Day Delivery“),
im Grenzfall mit Drohnen. Amazon hat solche Ziele und erste Lösungen [Grop15a].

9.5 Problematische Echtzeitentscheidungen

Wiederholt wird argumentiert, dass die Digitalisierung es jetzt erlaube, Dispositionen


und Umdispositionen mit Entscheidungs-Unterstützungs-Systemen (EUS) sehr zeitnah
zu fundieren und auch rasch umzusetzen (vgl. Abschn. 7.1.4). Ein neuerer Begriff lautet
„Hochfrequenzentscheidungen“ [KiMV16, S. 245]. Das folgende Beispiel steht für
diese Argumentation: „In der Autoindustrie … kann schon bald ein Ingenieur per Funk
Fehlermeldungen seiner Fahrzeuge erhalten. Am Rechner analysiert er dann die Fehler
und gibt die nötigen Änderungen beim Design direkt an die Maschinen der Werkshalle
durch“ [GrHW12, S. 32]. Hier wird verkannt, welche Funktionen und Prozesse eine
Konstruktionsänderung u. a. in Produktbeschreibungen, Handbüchern, Rechnungswe-
sen/Preispolitik, Produktion, Marketing, Vertrieb (Schulung von Verkäufern und War-
tungstechnikern!), Einkauf nach sich zieht. Aus guten Gründen sammeln bisher
Kfz-Hersteller die Verbesserungsvorschläge, bewerten sie, vergeben Prioritäten und
realisieren die ausgewählten zusammengefasst in speziellen Zeitabschnitten, oft in den
Werksferien.
Abfragen nach dem aktuellen Rechenwerk, z. B. GuV-Rechnung und Bilanz am 25.
eines Monats, werden durch Software-Werkzeuge wie SAP HANA zwar immer leichter,
machen aber wenig Sinn, wenn die Periodenabgrenzungsentscheidungen nur am Monats-
ende getroffen und die zugehörigen Buchungen dann erst vorgenommen werden.
Wohl aber mag die Simulation alternativer Szenarien noch während einer Gremiensit-
zung sinnvoll sein, vorausgesetzt, die Modellvarianten können unverzüglich ­rechnergestützt
aus einem Grundmodell abgeleitet und die Simulationsergebnisse direkt nach ihrer Erzeu-
gung, also während der Sitzung des Gremiums, interpretiert, zusammengefasst und perso-
nalisiert dargeboten (visualisiert) werden [MeBa14, Abschn. 3.1.2.2.6].
9.6 Das „digitale Kraftfahrzeug“ 99

9.6 Das „digitale Kraftfahrzeug“

Das automatische bzw. autonome bzw. vernetzte Fahrzeug stößt in Fachwelt und Öffent-
lichkeit auf reges Interesse, wie sich z. B. auf Internationalen Automobilausstellungen
immer wieder zeigt. Das verwundert nicht, kommen doch viele Menschen in irgendeiner
Rolle mit dem Auto in Verbindung. Manche Äußerungen von leitenden Herren der Auto-
mobilindustrie (s. Tab. 9.6) vermitteln den Eindruck, dass um das Auto ein „digitaler Kult“
entstehen könnte bzw. soll.
Investitionen, die für den Verkehr mit autonomen Fahrzeugen nötig wären, werden so
hoch veranschlagt, dass man sogar eine völlige Neustrukturierung der weltweiten Auto-
mobilbranche durch „Elefantenhochzeiten“ vorhersieht [OV16by].
Aus Konzeptionen, Prototypen und Experimenten lässt sich ein facettenreiches Bild
zeichnen (siehe Tab. 9.7).
Es werden neue, zum Teil sehr heikle Rechtsfragen aufgeworfen. Beispiele: Darf ein
Fahrzeug so programmiert werden, dass es sich im Konflikt für einen Unfall mit einem
älteren Fußgänger entscheidet, um ein Kind auf dem Bürgersteig zu schonen? Soll das
Fahrzeug, um einem einzelnen Menschen auszuweichen, auf die Gegenfahrbahn gelenkt
werden, wo ein folgenschwerer Frontalzusammenstoß mit mehreren Todesopfern wahr-
scheinlich, aber nicht zwingend droht? Die herrschende Rechtsprechung untersagt die
„Aufrechnung von Menschenleben“. Eine von dem ehemaligen Richter des Bundesverfas-
sungsgerichts Udo Di Fabio geleitete Ethikkommission gelangte zu der Kernaussage:
„Unsere Rechtsordnung verbietet Selektionen nach nützlichem oder weniger nützlichem
Leben. Niemand, erst recht nicht kein technisches Fahrsystem, darf solche Entscheidungen
treffen“ [Budr17b]. Die uns bekannte Fachliteratur argumentiert zwar überzeugend und
plausibel zu den ethischen Problemen dieser Facette fortschreitender Automation, jedoch
ist die Umsetzung in programmierbaren Algorithmen nicht erkennbar ([Schmi16a], vgl.
auch [Riet17]). Letztlich muss aber die Wahl getroffen werden, z. B. durch Systementwick-
ler und Programmierer des Fahrzeugherstellers. Sollen diese etwa die generelle Entschei-
dung vermeiden, indem sie in dem Konflikt einen Zufallszahlengenerator aktivieren?

Tab. 9.6 Kühne Prognosen zur Rolle des Automobils


Beispiele
Der Vorstandsvorsitzende der BMW AG, Harald Krüger, äußerte, dass die „Digitalisierung des
Autos“, die totale Vernetzung, die absolute „connectivity“, das größte Projekt der Zukunft sei
[Maak15].
Die BMW AG setzt auf die Trias „Mein Auto, mein Smartphone, mein Heim“ [Speh15].
Fast euphorisch ist die Sicht von Dieter Zetsche, dem Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG:
„The third place – Neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz wird mit dem Auto ein dritter
Raum geschaffen, in dem Zeitungen oder E-Mails gecheckt werden“ [Peit15c].
Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, Dirk Hoheisel: „Das Auto wird zum dritten
Lebensraum neben der Wohnung und dem Arbeitsplatz und wird sich an den persönlichen
Bedürfnissen orientieren“ [OV15ai].
100 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.7 Konzeptionen, Prototypen und Experimente zum autonomen Fahrzeug


Beispiele
Schon jetzt ist ein Straßenfahrzeug eine Art Datenbank, gespeist durch eine große Zahl von
Sensoren. Der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Winterkorn nannte für den VW-Golf die Zahl
100 [GeSt15].
Für die Telematik-Tarife der Versicherungen wird zusätzliche Hardware (Box) benötigt. Vor
allem für Autofahrer mit günstigen Tarifen (Schadenfreiheitsrabatten!) amortisieren sich diese
Geräte nicht [OV17ba].
Das Zusammentreffen von wachsender Komplexität der mechatronischen Systeme mit
Fachkräftemangel im handwerklichen Bereich könnte im Kundendienst (Niederlassungen der
Fahrzeughersteller, freie Reparaturwerkstätten) zu Problemen im Wissensmanagement führen.
Die Komplexität der IT im Auto und viele Pannen, wie z. B. falsche Piepstöne, Missverständnisse
bei der Spracheingabe oder mit berührungsempfindlicher Sensorik bis hin zu fehlerhaften
„Abfahrten“ in Straßengräben bei den Prototypen und auch „elektronisch hochgerüsteten“ neuen
Fahrzeugen (BMW 640i, Honda Civic, Honda Acura), lassen den Wunsch von Fahrern wachsen,
eine Architektur im Kfz zu haben, die es erlaubt, die gesamte Elektronik auf einmal abzuschalten
und zum „Handbetrieb“ zurückzukehren („Your New Car’s Best Tech Feature May Be The
‚System Off‘ Button“) [Roge17].
Auf Teststrecken bewegen sich fahrerlose PKW erstaunlich flexibel, wobei sie freilich meist
streng von Menschen überwacht werden und höchstens moderate Geschwindigkeiten (40 km/h)
nicht überschreiten [Witt15].
Nachdenklich stimmen Überlegungen, inwieweit die Reaktionszeit von ca. 15 Sekunden
ausreicht, bis ein „passiver“, z. B. in die Zeitung vertiefter, Fahrzeuglenker eine kritische
Verkehrssituation überblickt und adäquat handelt.
Einzelne (teil)automatisierte Komponenten wie Airbags, Bremsen oder „digitale Schlüssel“
werden als Verursacher von tödlichen Unfällen verdächtigt [Jahn15]. Ähnliches gilt, wenn
Hersteller von Fahrzeugen Systeme einbauen, die den Lenkern visuelle Informationen bis hin zu
Werbeblocks anbieten, denn dadurch könnte die Konzentration sehr beeinträchtigt werden
[OV15ca].
Angriffe von Hackern auf die Bordelektronik (z. B. des Tesla Model S) sind erfolgreich. Morde,
die früher durch mechanische Manipulationen am Privatfahrzeug (z. B. Änderungen an Bremsen
durch Geheimdienste im Fall des aus der DDR geflohenen Fußballers Eigendorf) möglich
wurden, lassen sich in Zukunft wahrscheinlich „eleganter“ realisieren [Preu15].
Wer haftet für welche Schäden (der Hersteller, der Programmierer beim Zulieferer, der Halter,
der sich vielleicht nicht genug über die Rechenvorgänge der Software informiert hat, der Fahrer,
der in einer ungewöhnlichen Situation nicht früh genug die personelle Führung des Wagens
übernahm)? [Stoy15]
Gelingt es, die beiden Kulturen Mechanik und Elektronik zur Synthese zu führen? (s. Abschn. 9.1)

Der Entwicklungspfad im Sinne einer nachhaltigen Tendenz könnte über Fahrerassis-


tenzsysteme führen, die nach und nach, also per Evolution bzw. Trend, wirksamer werden.
Zu den ABS-Systemen und Einparkhilfen kommen Notbremsassistenten, welche vor Kol-
lisionen warnen, darunter kamera- und radarbasierte, die dem Schutz von Fußgängern und
Radfahrern dienen [Beck15]. Diese können auch durch Kommunikation zwischen Fahr-
zeugen auf der gleichen Strecke „geschärft“ werden, etwa wenn Kilometer voraus wegen
9.7 Die VR China als Konkurrent 101

eines Unfalls oder einer Nebelwand plötzlich ein Stauende zu erwarten ist. Hinzu kommt
die fehlerfreie Erkennung von Verkehrszeichen, Ampeln und Fahrbahnmarkierungen
durch das Auto, was freilich sehr erhebliche staatliche Investitionen in die Infrastruktur
voraussetzt. Diese verschiedenen Einzelentwicklungen werden auch unter „Hochautoma-
tisiertes Fahren“ oder „Hochautomatisierte Fahrerfunktionen“ statt „Fahrerloses Auto“
zusammengefasst, so durch ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für
Arbeitswirtschaft und Organisation [OV15ba]. Dies entspricht dem in Kap. 2 erwähnten
„Rückfedern“. Man prognostiziert für die deutsche Volkswirtschaft dazu erhebliche Nutz-
effekte, die nach Meinung von Winner und Wachenfeld vor allem bei den Zulieferern
anfallen werden [Witt15]. Allerdings erwarten diese Forscher: „Ein Fahrzeug, das überall
und immer autonom unterwegs ist, wird es auch in den nächsten dreißig Jahren nicht
geben“ (ebenda, S. 3). Testfahrten des Google-Konzerns haben erbracht, dass Hunderte
Male ein Mensch das Lenkrad übernehmen musste, um einen Unfall zu verhindern – dies
auch bei vergleichsweise einfachen Testumgebungen [OV16bh]. In jüngeren Versuchen
deuten sich freilich Lerneffekte an, die personellen Eingriffe werden seltener [Holl17].

9.7 Die VR China als Konkurrent

Die chinesische Wirtschaftspolitik ist durch Schwerpunktsetzungen gekennzeichnet: Auf


abgegrenzten Feldern will man möglichst rasch den Vorsprung internationaler Konkurren-
ten einholen bzw. eine führende Stellung („Global Champion“) erreichen. Symptomatisch
ist das der Militärstrategie entlehnte Wort „Targeting“ (generalstabsmäßig ausspähen,
angreifen, ausschalten) [Berk10b, Brad10, Pana95]. Diese Strategie betrifft 30 bis 50 Pro-
duktbereiche bzw. Marktsegmente vorwiegend der Hochtechnologie. Unter den bisherigen
Erfolgen wird vor allem die Solarindustrie genannt. Man schätzte bereits 2012, dass ca.
80 % der auf deutschen Dächern installierten Solarmodule aus China stammen und deshalb
deutsche Produzenten wie der einst weltgrößte Solarzellenhersteller Q-Cells SE Insolvenz
anmelden mussten [Szar12]. (In diesem Zusammenhang erwiesen sich die sehr hohen Sub-
ventionen für die Branche als „staatliche Fehlinvestitionen“ bzw. öffentliche Verschwen-
dung.) Ein zweites Beispiel ist die relativ junge und sehr erfolgreiche chinesische Firma
Huawei Technologies Co., Ltd. aus der Telekommunikationsbranche [Berk10a]. Verwandt
mit dem „Targeting“ ist der „Masterplan“ „Made in China 2025“. Bis dahin möchten die
Chinesen in der Hochtechnologie zu Deutschland aufschließen [DeJZ15]. Diese Strategien
korrespondieren mit der von K. A. Samuelson entwickelten volkswirtschaftlichen Theorie,
wonach das Ricardo-Theorem von den gegenseitigen Vorteilen („Win-win-Situation“)
zweier Waren und Dienstleistungen austauschender Volkswirtschaften nicht gilt, wenn ein
Land den technischen Vorsprung eines anderen besonders schnell aufholt [Samu04].
Die chinesische Regierung verfolgt in diesem Zusammenhang offenbar den Weg, gezielt
in deutsche Unternehmen der Industrieautomation zu investieren und Teile der Technik
zusammen mit entsprechend automatisierten Werken in China aufzuziehen [Böll16].
Bestandteil sind auch anspruchsvolle Ziele auf dem Pfad zur sog. digitalen Fabrik [OV16at].
102 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Bei den Mitteln gilt die Volksrepublik China nicht gerade als wählerisch. Neben eini-
gen durch die Regierung hochsubventionierten Branchen wie Windkraft oder Luftfahrt
werden sehr gezielt mit deutschen Unternehmen gemeinschaftliche Produktionsstätten
errichtet. Vor allem in denen mit Standort China gilt der Wissenstransfer bis hin zur Indus-
triespionage und Kontakt zu Geheimdiensten als unvermeidlich. Der Vorstandsvorsitzende
des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer (Empresa Brasileira de Aeronáutica S.A.),
Mauricio Botelho, der eine Zusammenarbeit in dem chinesischen Werk Harbin organi-
sierte, resignierend: „Technologietransfer ist nicht zu verhindern“ [ZhNa10]. Die massive
Bedeutung des Komplexes Know-how-Transfer zwischen China und Deutschland wurde
auch in den wettbewerbs- und allgemeinpolitisch diffizilen Bestrebungen sichtbar, eine
erhebliche Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Midea an dem deutschen Robo-
terhersteller Kuka AG zu verhindern [Gier16b]. Dieser will sich „immer mehr zu einem
softwareorientierten Automatisierungsunternehmen“ entwickeln [Höpn17b].
Vergegenwärtigt man sich die chinesische Technologie- und Wirtschaftspolitik, so ist
nicht auszuschließen, dass die durch Vernetzung zusätzlich möglichen Formen der Wissens­
abschöpfung auch genutzt werden. In Branchen, in denen nicht Konkurrenten Betriebs­
geheimnisse dadurch lüften können, dass sie ein Erzeugnis erwerben und dieses analysieren
(„Reverse Engineering“), eröffnen sich neue Chancen, indem man in I4.0-­Netze o. Ä.
eindringt und die Details der Fertigungsvorschriften herausfiltert. Das gilt vor allem, aber
nicht nur für die Produktion von neuen Arzneimitteln. So äußerte etwa der Vorstandsvor-
sitzende der Zahnradfabrik Friedrichshafen AG, Stefan Sommer: „Die in unseren Kompo-
nenten erzeugten Daten wie etwa die Getriebetemperatur interessieren … vielleicht unsere
Wettbewerber. Deshalb sind diese Daten so sensibel“ [BuBr16].
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat vor geheimdienstlichen Aktionen gewarnt
und dabei auch die VR China erwähnt [OV17as].
Auch wenn wir hier die VR China als prominentes Beispiel herausgegriffen haben, ist das
Problem nicht auf dieses Land begrenzt, sondern betrifft den Schutz des ökonomisch relevan-
ten Wissens von Nationen (und Unternehmen) und den vor Plagiaten generell. Man verglei-
che dazu die Äußerungen des Präsidenten des Landeskriminalamts Baden-­Württemberg,
Dieter Schneider: „… könnte man kritisch betrachtet sagen, dass der unternehmerische Wert-
schöpfungsprozess zu einem Hochsicherheitstrakt werden sollte“ [HeRS15a, HeRS15b].

9.8 Die Subsumtion von Vorhandenem

In Kap. 3 wurde erwähnt, dass aus bestimmten Gründen oft etwas bereits Vorhandenes
unter die Überschriften „Digitalisierung“ und „Industrie 4.0“ gestellt wird (Subsumtion,
Mitnahmeeffekt). Dafür stehen die folgenden Beispiele (siehe Tab. 9.8).
Nimmt man diese Stichproben und weitere, hier nicht aufgeführte, zusammen, so darf
man oft zu hörende und zu lesende Behauptungen, wonach das gegenwärtig (2017) Beob-
achtete „disruptiv“ sei, in Frage stellen. Von daher wirkt auch die oft gewählte Metapher
von der „Digitalen Revolution“ (z. B. [Gneu16]) unpassend. Der Begriff „Evolution“ wäre
vorzuziehen.
9.7 Die VR China als Konkurrent 103

Tab. 9.8 Vermeintliche Innovationen


Beispiele
Schon vor Jahren entwickelte neue Hardware, wie z. B. 3D-Scanner oder RFID-Techniken, und
Anwendungssysteme, wie z. B. MES, werden jetzt in engen Bezug zu I4.0 gestellt [Schee15,
Abschn. 3].
„So kann ein Vertriebsverantwortlicher für das Segment Autoreparatur nach den Erfahrungen des
Predictive-Analytics-Spezialisten Teradata Ltd. nicht aus dem bisherigen Bedarf eines
Geschäftskunden, z. B. einer Lackierwerkstatt, einfach auf den zukünftigen Verbrauch schließen,
denn dieser wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. War beispielsweise der vergangene Winter
besonders hart …“ [Knop15a]. Es handelt sich hier um ein Modul (z. B. aus der Klasse der
Regressionsrechnungen), wie es für industrielle Informationsverarbeitung zu den geschichtlich
ersten Bestandteilen (Lagerdisposition) gehörte [MeRä12].
In einer Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Zukunftschance
Digitalisierung“ werden als Vorteile bzw. Innovationen u. a. aufgeführt: Elektronische
Rechnungen, Online-Shops, Newsletter, Online-Konferenzen, transparente Abläufe in der
Industrie, vereinfachte Anlagenwartung [BMWi15].
Die reine Buchführung, das Buchen von Forderungen und Verbindlichkeiten, werden künftig
Maschinen übernehmen [Gier17a].
Mit Legal Tech (Einsatz digitaler Technik) werden Anwälte bei der Aktenverwaltung und in der
Organisation von Terminen unterstützt und Transparenz bei der Honorarabrechnung geschaffen
[Jung17b].
Der Arbeitskreis „Digital Finance“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.
stellt „digitale Technologien“ vor, z. B. „Finance Robotics“. Sie umfassen die Fähigkeit,
menschliche Tätigkeiten durch Algorithmen zu ersetzen. Als Beispiel wird das Synchronisieren
des Lagereingangs mit der Lieferantenrechnung genannt [Maye17].
„Die Drogeriemarktkette dm optimiert die Einsatzplanung ihrer Zehntausenden Mitarbeiter …
mit Hilfe einer gezielten Analyse großer Datenmengen („Big Data“). Die Software kalkuliert
Ferientermine … mit ein“ [Maye17].
Der Vorstandsvorsitzende des ERGO-Konzerns, Markus Riesz, berichtete, dass er „mittelfristig
… wichtige Kundenprozesse durchgängig digitalisieren und über die gesamte
Wertschöpfungskette … automatisierte Geschäftsabwicklung … erreichen“ wolle [OV15bk].
(Das ist nichts Anderes als die schon seit Jahrzehnten in jeder guten Einführungsvorlesung „EDV
für Betriebswirte“ o.s.ä. behandelte und auch in vielen kommerziellen Standardsoftwarepaketen
verwirklichte Integrierte Informationsverarbeitung.)
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Wittenstein SE, Manfred Wittenstein, erwähnt, dass Plantafeln
nun digital würden [Gier16f].
Komplexe SQL-Abfragen werden unter „Business Intelligence“ subsumiert [Wert13].
Schon sehr lange bekannte mathematisch-statistische Verfahren, wie z. B. Clusteranalysen oder
Schrittweise Regression, werden jetzt der KI zugeordnet.
In einer Broschüre des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie liest man: „Auf der Basis
einer hochautomatisierten und vernetzten Produktionslogistik werden Anforderungen aus
Kundenaufträgen ermittelt und mit der Produktion, dem Warenlager und der Endmontage
abgeglichen“ [BMWi16, S. 8]. Das ist elementare Kundenauftragsbearbeitung bis hin zur
Produktionssteuerung.
Auch Produktkonfiguratoren werden jetzt als Bestandteil von I4.0 angesehen [OV15bb].
(Fortsetzung)
104 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.8 (Fortsetzung)


Beispiele
„Der Einkauf sieht in Realtime Bestände und wo sich Zulieferteile in einem bestimmten
Zeitpunkt befinden“ [Plat15, S. 46].
In der Zeitschrift IT-Director liest man, dass es nun in Lieferketten möglich sei, Transportströme
zu überwachen und die Daten anderen zur Verfügung zu stellen [OV16ax]. Derartiges ist heute
im Versandhandel gängige Praxis, wo sich die Käuferin z. B. auf den Plattformen von DHL oder
Hermes über die Stationen und Prozesse bei der Anlieferung der Ware problemlos und detailliert
informieren kann. In den großen Binnen- und Außenlagern sorgt die RFID-Technik schon seit
Längerem für beachtliche Fortschritte. Bei dem Maschinenbauer SMS Group kann ein
Mitarbeiter feststellen, welcher Bauplan zu einem Maschinenteil gehört, das einen QR-Code trägt
[Nezi16].
Die Firma SICK AG, ein Hersteller von Sensorik, hat rechnergestützte Förderbänder entwickelt,
mit denen Lagerarbeiter auf ihrer „Smartwatch“ ersehen, ob ein Band stillsteht [Nowr16a]. Der
Fortschritt gegenüber einer roten Signallampe oder einer Sirene erscheint uns gering.
„Ein Hersteller von Strickmaschinen hat für seine Kunden ein PPS-System entwickelt. Sensoren
liefern für jede Maschine Daten zur verbleibenden Dauer des aktuellen Auftrags und dem
Zustand der Maschine“ [Webe17, S. 57].
In der Neuen Zürcher Zeitung wird I4.0, dies sogar in der Rubrik „Neue Geschäftsmodelle“, als
die gesamte herkömmliche Integrierte Informationsverarbeitung einschließlich SCM definiert:
„Industrie 4.0 beruht auf einer breiten Zusammenfassung der Prozesse inner- und außerhalb von
industriellen Produktionsstätten. Während heute die Forschung und Entwicklung, die Fertigung,
das Lager, der Kundendienst oder die Buchhaltung oft noch getrennte Systeme verwenden, sollen
künftig sämtliche Einheiten einer Firma eng miteinander vernetzt kooperieren“ [Feld16].
Analyse des Kundenstamms auf Abnehmer, die mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit
die Geschäftsbeziehung abbrechen werden (Churn-Analysen).
Der Vorstandsvorsitzende der Adidas AG, Kasper Rorstedt, benennt als Elemente der
Digitalstrategie u. a. die Standardisierung von Produktions- und Verwaltungsprozessen, die
intelligente Datenanalyse, die Zusammenarbeit innerhalb der Organisation, die veränderte
Interaktion mit Kunden und den E-Commerce [Knop16e].
Daniel Küpper, bei der Boston Consulting Group Experte für Industrie 4.0, äußerte: „Häufig
werden für Industrie 4.0 bestehende Technologien nur neu kombiniert“ [Haje16].
Prozesssteuerung im Stahlwerk
„Wir können heute Personen, Prozesse und Informationen durch Mustererkennung kontrollieren.
… Das ist eine wirklich revolutionäre neue Erfindung, das hat es vorher nicht gegeben“ [Nass17].
(Der erste Informatik-Lehrstuhl für Mustererkennung in Deutschland wurde 1975 an der
Universität Erlangen-Nürnberg besetzt.)
Die Verwaltung der Stadt Darmstadt stellt den Bürgern eine Datenbank mit … Ansprechpartnern
und Ort sowie eine Vielzahl von Formularen online zur Verfügung [OV17af].

9.9 Spielereien und Triviales

In der Wirtschaftspresse finden sich bereits Artikel, in denen davor gewarnt wird, sich
angesichts der starken Beachtung der Themen „Digitalisierung“ und „I4.0“ zu verspielen.
Beispiele sind in Tab. 9.9 aufgelistet.
9.8 Die Subsumtion von Vorhandenem 105

Tab. 9.9 Spielereien und Triviales


Beispiele
„Die App, die dem Mitarbeiter im Coffeeshop um die Ecke angibt, wann der Lieblings-­
Cappuccino frisch aufgebrüht zur Abholung bereitstehen soll“ [Asth15].
Die Einstellung der heimischen Heizung „von jedem Ort der Welt“ über Smartphone oder Tablet
mit einem „smarten Funkregler“, wobei Daten des Wetterdienstes berücksichtigt werden
([Vail15], vgl. auch Abschn. 7.1.5).
Das „intelligente“ Überlaufsystem für die Badewanne, die, etwa in Wohnungen von Dementen,
das Wasser stoppen könnte [Dowi15] (lässt sich mit konventionellen Mitteln verwirklichen).
Der Roboter, der Hotelgästen Ersatz für die vergessene Zahnbürste aufs Zimmer bringt oder
Witze erzählt [Grop15b].
„Mit dem System Conichi können Hoteliers den Check-in verkürzen, weil sie sofort wissen, wer
da durch die Tür kommt … und … was der Gast mag. Hat er beim letzten Besuch lieber Rotwein
getrunken als Bier?“ [Wald15]
Beim „Büro der Zukunft“ von Konica Minolta wird Arbeitnehmern beim Betreten des Gebäudes
ein Büro zugewiesen, die Tischhöhe automatisch geregelt und es werden Pausen mit Kollegen
vorgeschlagen [KeKa17].
Ein Fitnessrechner am Lenker des Mountainbikes mit Elektroantrieb [Grül15].
Der Vorstandsvorsitzende der BMW AG, Harald Krüger, wird so zitiert: „Was in Zukunft zähle,
sei die Fähigkeit des Autos, Hotelbuchungen vorzunehmen oder Ihnen sogar die letzten zwei
Karten für die Münchner Oper anzubieten, weil es weiß, dass Sie gern in die Oper gehen.“
Ähnlich sein Konkurrent Dieter Zetsche (Daimler AG): „Allein der Autositz könnte selbstständig
einige Vitaldaten seines Besitzers checken. Zusätzlich kann das Auto je nach Blutdruck oder
Pulsschlag neben der Musik auch mit Licht, Temperatur und Duft die gesamte Atmosphäre im
Mercedes verändern“ [Maak15].
GPS-Sender am Rad, die helfen sollen, gestohlene Fahrräder aufzuspüren (ob der Dieb den
Sender angeschaltet lässt?, die Verf.) [BHVo14].
Ein Freiwilliger erhielt einen NFC-Chip unter die Haut der Hand eingepflanzt, mit dem er Türen
öffnen kann [Heeg15].
Ein neuer Kühlschrank von Samsung ist über WLAN mit dem Internet verbunden. Das Gerät
kann im Web surfen, das Wetter und neueste Nachrichten anzeigen sowie die Termine der
Familienmitglieder aus dem Google-Kalender übernehmen. Dies wird allerdings auch als
Schwachstelle beim „Abfischen“ von Passwörtern eingestuft (vgl. Kap. 12) [FuKi15]. Ein auch
in der populären Presse immer wieder genanntes Beispiel ist der Kühlschrank, der sich selbst
bevorratet [Ermi16]. Bundeskanzlerin Merkel fragte, nachdem ihr ein Prototyp vorgeführt
worden war: „Und wer öffnet die Tür?“
Leichte Zweifel haben die Verfasser an einem Beispiel, das der Präsident des VDA, Matthias
Wissmann, benutzt hat: „Ein voll automatisiertes Auto kann dann von seinem Fahrer per Handy
ins Parkhaus etwa am Münchner Flughafen gesteuert werden. Bei der Rückkehr wird das Auto
dann alleine wieder vorfahren“ [Peit15b, S. 22]. Einerseits hat man schon längere Zeit
technische Vorbilder in Gestalt von Parkhäusern, die das Fahrzeug am Eingang auf Hebebühnen
und fahrenden Plattformen zu einem freien Platz bringen und von dort wieder zum Ausgang
holen können. Aber autonom vorfahren? Und ob der Flug pünktlich und der Koffer rasch genug
auf dem Band in der Ankunft-Zone ist, muss auch per Vernetzung kommuniziert werden?
(Fortsetzung)
106 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Tab. 9.9 (Fortsetzung)


Beispiele
Reicht die Vorstellung vom Auto als „rollendes Smartphone“? Beispielsweise schreiben Lindner
und Peitsmeier: „Da informierte dann der heranrollende BMW i3 das Haus über die Ankunftszeit,
damit schon einmal im Wohnzimmer das Licht eingeschaltet ist“. Oder: „Es (das Auto) weiß, wer
daheim an der Haustür klingelt oder ob der Kühlschrank leer ist“ [LiPe16]. Der Zukunftsforscher
Lars Thomsen stellte folgende Vision vor: „Ich tippe meinen Fahrwunsch auf dem Smartphone
ein. Ein fahrerloses Auto kommt vorgefahren und befördert mich ans Ziel. Es spielt mir vielleicht
meine Lieblingsmusik, liest meine E-Mails vor oder erinnert mich an den Geburtstag meiner Frau
in zwei Tagen, macht mir Vorschläge für Geschenke und ein nettes Restaurant, für das ich noch
im Auto den Tisch reserviere“ [Nara15]. Oder: „… Das Programm Google Lens erkennt das
Schild eines Restaurants, wenn ein Nutzer seine Smartphone-Kamera darauf richtet. Auf dem
Handy-Display erscheint sofort ein Link zum Restaurant, der auf Kundenbewertungen und die
Speisekarte verweist“ [Blum17].
„Seit Juni 2014 erlaubt der Onlineservice DPD Predict dem Kunden noch bis zu 5 Minuten vor
der Zustellung, das Paket an eine andere Adresse umzuleiten“ [Mühl15].
Der chinesische Konzern Haier stellt Hausgeräte her. Der Kunde kann auf seinem Mobiltelefon
sehen, wie sein spezielles Gerät im Produktionsprozess fortschreitet [Vand17].
Das junge Unternehmen Coya GmbH befasst sich mit für bestimmte Kurzzeit-Ereignisse
geeigneten, maßgeschneiderten Versicherungsprodukten. Beispiel: Möchte eine Kundin für einen
Abend in der Oper die wertvolle Handtasche gegen Diebstahl versichern, so ist das für einen sehr
geringen Betrag möglich [Bror16].
„Auf Basis von Verkaufsdaten erkennt eine Software Muster. So etwa, dass kurz vor Karneval die
Nachfrage nach Kostümen drastisch ansteigt“ [ObTy17].
„So hat Feindt (mit seiner Firma Blue Yonder, die Verf.) herausgefunden, dass die Ostdeutschen
ihren Wocheneinkauf meist am Freitagabend erledigen. Die Westdeutschen stürzen sich dagegen
erst am Samstagvormittag ins Einkaufsgetümmel“ [Gojd17].
Ein sog. „Reisebuddy“ für Reisende der Deutsche Bahn AG kann „aus dem Zug heraus das Hotel
buchen und direkt ein Taxi zum Bahnhof bestellen, außerdem gleich einen Tisch beim Italiener
um die Ecke reservieren“ [Kerk17].
Bezahlung von Taxis mit Hilfe eines Fingerringes [Budr17a].
Die Schindler Aufzüge AG stattet Aufzüge mit Anzeigetafeln aus, auf denen
z. B. Sonderangebote aus dem nächsten Supermarkt stehen [OV17bg].
Eine besonders wichtige Errungenschaft der neuen Reifen von Pirelli für Sportwagen oder teure
Limousinen soll ein Chip im Reifeninneren sein, der neben dem Luftdruck auch die
Reifentemperatur, die Abnutzung und die Last auf dem Rad messen kann. Die Informationen
sollen von den vier Reifen über Bluetooth zum Mobiltelefon des Autobesitzers übertragen
werden [OV17bc].
Verschiedene Sportuhren haben einen eigenen Prozessor fürs Zählen von Schritten und
Treppenstufen eingebaut. Michael Spehr hat allerdings im Selbstversuch herausgefunden, dass
unterschiedliche Uhren, getragen am rechten und linken Armgelenk, abweichende bzw. sehr
unzuverlässige Werte anzeigen [Speh17].
(Fortsetzung)
9.10 Normung und Rechtsrahmen 107

Tab. 9.9 (Fortsetzung)


Beispiele
Amazon arbeitet daran, künstliche Welten für ein möglichst realistisches Einkaufserlebnis im
Internet zu schaffen. Ein kürzlich gewährtes Patent beschreibt eine Uhr. Zunächst werden mit
speziellen Sensoren dreidimensionale Datenpunkte an Arm und Hand des Käufers generiert.
Hierzu kann ein Smartphone mit zwei Kameras herangezogen werden. Die App zeigt dann das
Handgelenk, das vor den Bildschirm gehalten wird, mit der darauf dreidimensional abgebildeten
Uhr und verändert mit jeder Bewegung auch das Erscheinungsbild, abhängig davon, ob man sich
die Uhr unter freiem Himmel oder bei einem speziellen Lichteinfall ansehen möchte [Post17].

9.10 Normung und Rechtsrahmen

Eine Umfrage unter den Verbandsmitgliedern der Plattform Industrie 4.0 kam zu dem
Ergebnis, dass die Standardisierung die größte Herausforderung darstellt [BHVo14,
S. 325–341]. In einer Studie der Managementberatung Strategy& und der Wirtschaftsprü-
fungs- und Beratungsgesellschaft PwC heißt es: „Neben den zum Teil noch unklaren Busi-
ness Cases für Industrie 4.0 müssen vor allem Industriestandards definiert und offene
Fragen etwa im Bereich der Datensicherheit beantwortet werden“ [StPw14, S. 4]. Im
„Weissbuch Digitale Plattformen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
steht: „Denn kein noch so agiles europäisches Start-up mit großen Wachstumsambitionen
wird es mit etablierten, ressourcenstarken amerikanischen Konkurrenten aufnehmen kön-
nen, wenn es sich für die Expansion in Europa auf 28 Regelungswerke und Bürokratien
einstellen muss“ [BMWi17, S. 52].
Die ISO hat auf Anregung des DIN eine eigene Gruppe „Industrie 4.0/Smart Manufac-
turing Strategic Advisory Group“ initiiert. Sie soll u. a. fehlende Normen und Standards
identifizieren und die einschlägigen Aktivitäten auf internationaler Ebene koordinieren.
Bei I4.0 im engeren Sinn betrifft die Normung in erster Linie den Datenaustausch zwischen
Betriebsmitteln. Hier hat man im deutschen Maschinenbau im Lauf der letzten J­ ahrzehnte
viel erreicht. Dies gilt es unter Berücksichtigung wachsender Ansprüche an Geschwindig-
keit und Sicherheit fortzuentwickeln. Das größte Problem wird möglicherweise nicht die
Technik sein, sondern die internationale Abstimmung. Der Bundeswirtschaftsminister hat
den VDI beauftragt, die Geschäftsstelle der neuen Plattform „Industrie 4.0 – Made in
Germany“ zu organisieren. Auf dieser Plattform sollen zahlreiche Arbeitskreise operieren
[OV15az].
Mit zunehmender Integration wächst die Zahl der Schnittstellen, für die sehr differen-
zierte und komplizierte Einigungsprozesse zwischen verschiedenen Verbänden unter-
schiedlicher Branchen erfolgreich bewältigt werden müssen. Martin Wocher gibt an, dass
bis zu 50 Mrd. Maschinen bis zum Jahr 2020 über das Internet verbunden sein sollen
[Woch16c]. Man denke z. B. an die Einbettung von dezentralen 3D-Druckern, die in Bra-
silien ein Ersatzteil für ein in Deutschland gefertigtes Originalprodukt herstellen [Gier16e].
108 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

Schon lange galt: „Wer die Norm setzt, beherrscht die Märkte“. Der Fraktionsvorsit-
zende der CDU/CSU im Bundestag, Volker Kauder, verlieh einmal seiner Befürchtung
Ausdruck, es könne zwischen den USA und der EU zu einem „Normenkrieg“ kommen.
Die Alternative wären flexible, menschenähnliche Dialoge zwischen den Betriebsmitteln
bzw. ihren Softwareagenten im Rahmen von MAS-Systemen [OV14a] (vgl. Abschn. 7.1.3).
Der ehemalige Technik-Vorstand der Siemens AG, Siegfried Russwurm, sah hingegen
kein „Wettrennen“ zwischen Ländern, insbesondere zwischen Deutschland und den USA,
sondern eine zukünftige Kooperation in einem globalen Wirtschaftsraum ohne klare Gren-
zen [Lind16a].
In den Medien offenbaren deutsche Unternehmer, Verbandsvertreter und Politiker häu-
fig einen gewissen Pessimismus, was die Dynamik des US-dominierten Industrial Internet
Consortium (IIC) im Vergleich zu Initiativen in der EU angeht [Woch15], [Höpn15a].
Neuerdings bahnt sich eine engere Kooperation zwischen dem IIC und der Plattform
Industrie 4.0 an. (Es soll ausgelotet werden, inwieweit eine Zusammenarbeit opportun
wäre.) Einige deutsche Unternehmen wie z. B. die Robert Bosch GmbH, die SAP SE oder
die Siemens AG sind ohnehin schon Mitglied in beiden Gremien [OV16bq].
Im zwischenbetrieblichen Geschäftsverkehr, namentlich dem grenzüberschreitenden,
liegt die große Herausforderung über die Datenkommunikation hinaus bei (teil)automati-
schen Verhandlungsprozessen. Ein wichtiges Beispiel sind Dispositionen und Umdisposi-
tionen in Liefernetzen [Falk95, Gath15] (s. Abschn. 7.1.4).
Forderungen von deutschen Wirtschaftsvertretern an die EU, etwa vom Präsidenten des
VDMA, Reinhold Festge, zielen auf „europaweit gemeinsame Spielregeln bei der Datensicher-
heit und beim Haftungsrecht“. Ähnlich legt sich der Präsident des VDA, Matthias Wissmann,
fest [Ludw15]. Beispielsweise ergeben sich beim 3D-Druck neue Produkthaftungsthemen.
Es wird aber auch darauf verwiesen, dass I4.0 weitere rechtliche Fragenkomplexe
berührt, so den Schutz geistigen Eigentums einschließlich der Problematik, wem welche
Daten gehören und wann welche gelöscht werden müssen („Recht auf Vergessenwerden“)
[Hüth16], die Ausgestaltung des Urheber- und Lizenzrechts (z. B. bei der Nachbildung
von Kunstobjekten per 3D-Druck, sodass „digitale Kunstmedien“ entstehen). Der
­ehemalige Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, verweist
darauf, dass die Zahl der Daten, die im Rahmen von Industrie 4.0 anfallen, sehr stark
anwächst. Er nennt ein Beispiel: „Ein Maschinenhersteller produziert eine Maschine, mit
der sich Metall bearbeiten lässt. Die Maschine verfügt über … Hunderte von Sensoren, die
ständig Daten über den Betriebszustand einer Maschine und der Umgebung aufnehmen.
… So hat der Maschinenhersteller fünf Zulieferer, deren Produkte er in die Maschine
einbaut. Er verkauft die Maschine an einen Unternehmer, der den Kauf über eine Bank
finanziert. Diese bleibt Eigentümerin, bis der Kredit abbezahlt ist. Die Wartung der
Maschine übernimmt ein Serviceunternehmen, das auf die … erzeugten Daten zugreifen
muss und das Teile des Auftrags an ein Subunternehmen auslagert. Ergibt unterm Strich
zehn Unternehmen. Wer darf was jetzt mit diesen Daten machen? Das klärt weder das
Datenschutzrecht noch ein anderes Regelwerk: nicht das Bürgerliche Gesetzbuch, nicht
9.10 Normung und Rechtsrahmen 109

das Urheberrechtsgesetz, nicht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb … die Ver-
wertung dieser Maschinendaten ist … Neuland“ [Gril16]. Erste Anwaltskanzleien haben
sich auf das Thema spezialisiert [Hagl15, S. 32].
Andere Rechtsfelder sind das Außenwirtschaftsrecht, soweit es den internationalen
Datenverkehr tangiert [Fuch15a], das Kartellrecht [Hauc15] (vgl. zur Frage des Breitband-
ausbaus Kap. 12), das Finanzrecht (z. B. die Regulierung von elektronischen Gutschein-
systemen) oder das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. So wird in Deutschland
eine Verschärfung insoweit geplant, dass ein Markt auch dann als solcher definiert ist,
wenn die angebotenen Produkte keinen Preis haben. Dies zielt vorwiegend auf US-­
Unternehmen, wie z. B. Facebook [Heid16]. In weitgehend automatisierten Liefernetzen
stellt sich die Frage, binnen welcher Latenzzeit ein teilnehmender Betrieb die anderen vor
einem neuen Leck im Netz warnen muss [Kerk16c].
Aufsehen erregte die bisher höchste Kartellstrafe, die die EU-Kommission verhängt hat
(2,4 Mrd. Euro). Sie traf Google. Der Vorwurf ging dahin, dass Google seine marktbeherr-
schende Stellung missbraucht habe, indem eigene „Shopping-Dienste“ bevorzugt ange-
zeigt worden seien [DiNu17].
Eine besonders große, aber auch reizvolle Herausforderung stellt der Vorschlag dar, das
Vertragsrecht dahin zu entwickeln, dass dynamisch Verträge in automatischen Wertschöp-
fungsketten zustande kommen. Gemeint ist wohl, dass Softwareagenten mehrerer Unter-
nehmen unverzüglich rechtsgültige Verträge schließen könnten, etwa wenn im Rahmen
eines Lieferabkommens umdisponiert wird [Plat15, S. 16].
Vergegenwärtigt man sich die vor allem in dem einflussreichen Gremium Plattform
Industrie 4.0 [Plat15] benutzte und auch an anderen Stellen zu registrierende wenig prä-
zise Terminologie (z. B. „Kunden, Lieferanten und Partner“ (S. 22), Zweiteilung in Shop
Floor und Office Floor, die angeblich „in Unternehmen gewöhnlich vorgenommen wird“
(S. 50), Darstellung der Funktionen PLM und ERP als Unternehmensprozesse (S. 22),
„Kaufmännische und historische Daten“ (S. 62), Vermengung von Lieferketten und Lie-
fernetzen, Verwechslung von Branchen und Wirtschaftszweigen, Digitalkompetenz als
nichtfachliche Kompetenz), so sind Zweifel angebracht, ob man mit solchermaßen
unsorgfältiger Terminologie als Basis zu den äußerst feinnervigen und durchdachten
Standards gelangt, die für eine automatische Kommunikation von Betriebsmitteln,
Stamm- und Bewegungsdateien untereinander Voraussetzung sind. (Man stelle sich vor,
in einer medizinischen Studie sei von „Adern und Arterien“, in einer physikalischen von
„Elementarteilchen und Elektronen“ oder in einer juristischen von „Frauen, Männern und
Menschen“ die Rede!)
Der Fachausschuss 7.21 „Industrie 4.0 der VDI/VDE-Gesellschaft für Mess- und Auto-
matisierungstechnik“ bemüht sich in zwei Arbeitsgruppen darum, eine einheitliche Termi-
nologie für Industrie 4.0 auf der Grundlage schon bestehender Standards zu erarbeiten.
Das Arbeitspapier „Begrifflichkeiten um Industrie 4.0 – Ordnung im Sprachwirrwarr“ von
Pfrommer et al. gibt einen Überblick über die unbefriedigende Situation und über Refe-
renzen zu bisherigen Standardisierungsansätzen [Pfro14].
110 9 Gefahr der Retardierung auf ausgewählten Innovationsfeldern

9.11 Erleichterter Betrug

Die Verletzlichkeit von Produkten, die stark „digitalisiert“ sind, erkennt man indirekt am
sog. VW-Skandal. Nicht nur die Volkswagen AG selbst, sondern auch ihr Software-­
Zulieferer Robert Bosch GmbH haben Rückstellungen in Höhe von vielen Hundert Mio.
bzw. Mrd. Euro für einschlägige Risiken gebildet [Buch16]. In einem Artikel des Maga-
zins Der Spiegel liest man, dass auch mehrere andere Fahrzeughersteller wie die Daimler
AG, die Fiat S.p.A., die Adam Opel GmbH und die Porsche AG die Abgasreinigung
abschalten, wenn bestimmte Parameterwerte erreicht werden. Der Porsche AG wird vor-
geworfen, dass beim Cayenne eine Abschalteinrichtung im Getriebeschaltprogramm „ver-
steckt“ sei [DoHT17]. Zum Teil sei die Folge, dass Fahrzeuge einen sehr großen Teil der
Strecke ohne Abgasreinigung fahren [Beck16].
Manipulationen an Messeinrichtungen, wie sie per Software, und zwar Modifikati-
onen von kleineren Teilen der Steuerungsmodule [ScMu16] (sog. „defeat devices“)
möglich sind, wären wohl viel früher aufgefallen bzw. nicht lange zu verbergen gewe-
sen, wollte man die Täuschung über den Einbau zusätzlicher Geräte („Hardware“)
erreichen. Man hätte strenge Abgasnormen in den USA in den Diesel-Fahrzeugen der
AUDI AG auch durch Zuführung von mehr Harnstoff AdBlue, verbunden mit der Ver-
größerung der Harnstoff-­Tanks, erreichen können. Durch sog. AdBlue-Emulgato­ren
kann wiederum die Harnstoffeinspritzung unterbrochen, gleichzeitig aber die Bord­
elektronik darüber getäuscht werden [Dörn16, OV17ao]. Der TÜV und die Sachver-
ständigenorganisation Dekra SE plädieren in Ansehung des VW-Skandals für die
Rückkehr zur Endrohrmessung, während der ADAC für strikte Prüfung über Software
eintritt [OV14c, OV16an]. (Es ist dies zugleich ein Beispiel für den Einbau zusätzli-
cher analoger Komponenten.) Bei neueren PKW-Modellen werden die Abgasdaten
über den Bordcomputer ausgelesen. Allgemein wird die heute sehr leicht mögliche
Manipulation beklagt, bei Gebrauchtwagen den km-Stand herabzusetzen. Auch hier
gibt es offenbar einen ständigen Wettlauf zwischen geschickten Betrügern und den
Schutzmaßnahmen, die Automobilhersteller entwickeln [BaJa16] (vgl. auch Kap. 12).
Erhebliche politische Diskussionen kreisen zurzeit um das Problem, dass einerseits die
im Speicher der elektronischen Ladenkasse von Einzelhandelsbetrieben abgelegten
Umsatzdaten mit Betrugssoftware verändert und so Steuern hinterzogen werden können.
Der Bundesfinanzhof hat 2015 festgestellt, dass elektronische Kassensysteme durch
Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar sind und dass davon
durchaus Gebrauch gemacht wird [Wähn16]. Dies führt zu Überlegungen, den Herstellern
von elektronischen Ladenkassen gesetzliche Auflagen zu Sicherungen per Hardware zu
machen. Andererseits würde der flächendeckende Einbau einer von der Physikalisch-­
Technischen Bundesanstalt entwickelten „integrierten Sicherheitslösung für messwertver-
arbeitende Kassensysteme“ nicht nur einen großen Kostenschub bedeuten, sondern auch
wettbewerbsrechtliche Probleme bis hin zu Bedenken der EU-Kommission aufwerfen
[Ried16b].
Literatur 111

Auch der Deutsche Bank AG wird „Schummelsoftware“ vorgeworfen; diese soll angeb-
lich die Ausführung von Kundenaufträgen verzögern, wenn sich so das Institut zulasten
seiner Kunden bereichern kann [OV16ap].
Es wird berichtet, dass die Kreditkartenterminals von griechischen Hotels unmit-
telbar mit Banken außerhalb Griechenlands, etwa in Bulgarien, verbunden sind
[OV16ac].
Hewlett Packard geriet in den Verdacht, ein „Update“ von Druckersoftware würde
dafür sorgen, dass Patronen anderer Hersteller auf den HP-Druckern plötzlich nicht mehr
funktionierten [Speh16a].
Sollte sich Künstliche Intelligenz im betrieblichen Bereich stark ausbreiten, so ist nicht
auszuschließen, dass sich eine ähnlich gefährliche „Industrie“ etabliert, wie es als Folge
der allgemeinen Vernetzung bei der Cyberkriminalität schon der Fall ist: Auf KI basie-
rende Dispositions- und Kontrollsysteme werden raffiniert getäuscht. Der Leiter des
Infosys-­Konzerns, Vishal Sikka, äußerte: „… der leichteste Weg, ein autonomes Auto aus-
zutricksen, ist derzeit, ein Foto von einem Kind in die Heckscheibe des vorausfahrenden
Autos zu kleben“ [Jans17d].

Literatur

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[BHVo14] Bauernhansl T, ten Hompel M, Vogel-Heuser B (Hrsg) (2014) Industrie 4.0 in Produk-
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[BaJa16] Bay L, Jahn T (2016) Ein Netzwerk gegen die Tacho-Betrüger. Handelsblatt vom
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S 40
Defizite beim Istzustand der Automation
10

Zusammenfassung
Die Informationsverarbeitung und die Informationsfreiheit in der öffentlichen Verwaltung
einschließlich öffentlicher Dienste, Politik und Verkehr sind nicht in dem Zustand, den man
in einem Staat wie Deutschland erwarten darf. Die Datenschutzpolitik ist insoweit umstrit-
ten, als sich staatliche Instanzen in hohem Umfang Zugriffe auf Bankkonten und auf Daten
ausländischer Stellen vorbehalten, aber andererseits Unternehmen der Privatwirtschaft bei
der Auswertung der im Geschäftsverkehr gesammelten Informationen einschränken wol-
len. Mehr oder weniger undifferenzierte Vorwürfe, die Politiker an Unternehmen adressie-
ren, z. B. dass sie „die Digitalisierung verschlafen“, sind daher problematisch.
Die mangelnde Ausreifung der Informationsverarbeitung in der Finanzwirtschaft
irritiert die Kundschaft.
Insgesamt ist bei der Widmung von Ressourcen eine sinnvolle Balance zwischen der
Ausmerzung von Schwachstellen im Handwerklichen und gewagten Projekten
anzustreben.

10.1 Öffentliche Verwaltung, Dienste, Politik und Verkehr

Auf einem Parteijubiläum der CDU wurde das Ziel verkündet: „Die öffentliche Hand soll
digitaler Dienstleister werden“ [OV15ar].
Anlässlich einer Tagung des Deutschen Beamtenbundes 2017 äußerte die Bundeskanz-
lerin: „Wenn die Digitalisierung insbesondere der öffentlichen Verwaltung weiter so
­langsam vorangehe, dann ‚werden wir nicht sehr erfolgreich sein, sondern in Kürze zu den
Entwicklungsländern weltweit gehören‘“ [OV17al]. Ähnlich drückte sie sich auf einer
Veranstaltung des Deutschen Städtetages 2017 aus [OV17ak] (vgl. die Aussagen und
Beispiele in Tab. 10.1).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 119


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_10
120 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Tab. 10.1 Kritische Stimmen zum Istzustand der öffentlichen Verwaltung


Beispiele
Die Bundesrepublik Deutschland zeigt – zumindest gemessen an Nationen, die in dieser Hinsicht
als führend gelten können, wie z. B. baltische und skandinavische Staaten, Israel, Singapur oder
Südkorea, aber auch im Vergleich mit den deutschsprachigen Nachbarstaaten Österreich und
Schweiz – schon bei konventionellen Systemen des sog. E-Government empfindliche Schwächen
[Rohl16].
Offensichtliche Probleme hat man z. B. in der Kommunikation zwischen der öffentlichen Verwaltung
und den Bürgern [OV16as]. Dies beklagen u. a. der Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrats,
Johannes Ludewig, der Bundesvorsitzende der Jungen Unternehmer und der Branchenverband
Bitkom. Der für den Themenbereich zuständige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium,
Matthias Machnig, äußerte sich in einem Interview sogar drastisch: „… gewinnt man … den
Eindruck, dass die öffentliche Verwaltung in Deutschland den Prozess der Digitalisierung verschläft“
[Stra16]. So verwundert es nicht, dass ein hoher Prozentsatz der deutschen Bürger schon seit Jahren
Angebote des Staates zur teilautomatischen Kommunikation nicht nutzt oder gar nicht kennt. 16 %
der Befragten im „E-Government-­Monitor“ gaben sogar an, Behördenmitarbeiter hätten ihnen von
einer Freischaltung von einschlägigen Funktionen abgeraten [OV16as].
Ein von der EU-Kommission vorgelegter Report verzeichnet Deutschland unter den 28
EU-Staaten auf Platz 19 und damit noch hinter Italien, dessen Staatsverwaltung nicht den besten
Ruf genießt (vgl. [OV16aq]). Kern des „Jahresgutachtens der Expertenkommission Forschung
und Innovation“ ist es, dass Deutschland einer Digitalisierungsstrategie bedürfe, die neben der
Fertigungsindustrie die öffentliche Verwaltung ebenso einschließt wie das Gesundheitswesen.
Noch immer müsse man nach der Geburt eines Kindes bis zu 15 Behörden kontaktieren ([EFI16],
vgl. auch [Gier16d]).

Als Abhilfe wird auch die Forderung laut, einen „Digitalminister“ im Kanzleramt zu
etablieren [Delh16a]. Es fragt sich allerdings, ob eine derartige Maßnahme ausreicht, um
systemische Schwächen des öffentlichen Dienstes auszumerzen, die sich bei der Informa-
tionstechnik besonders manifestieren, wie z. B. Probleme des Föderalismus in Deutsch-
land oder die mangelnde Neigung von besonders guten Hochschulabsolventen, in den
Staatsdienst einzutreten [OV16ar]. In Tab. 10.1 sind generelle Probleme der öffentlichen
Verwaltung in Deutschland mit der automatisierten Informationsverarbeitung aufgeführt.
Tab. 10.2 enthält spezielle Vorhaben.
In Behörden, die – auch nur einfachere – Anwendungssysteme eingeführt haben, wer-
den in einer Befragung die Kosteneinsparungen als eher enttäuschend angegeben
[OV17aa].
In Deutschland sind zahlreiche sehr kostspielige Verzögerungen und Fehlschläge bei
Einzelvorhaben zu verzeichnen [Mert09, Mert12].
Delikat ist, dass ein entschiedener Verfechter der Digitalisierung, der damalige Bun-
deswirtschaftsminister Gabriel, auf einem Parteitag „digital“ als SPD-Vorsitzender wie-
dergewählt werden sollte. Da das Abstimmungsverfahren versagte, musste auf analoge
Stimmzettel übergegangen werden [OV15br].
10.1 Öffentliche Verwaltung, Dienste, Politik und Verkehr 121

Tab. 10.2 Schlecht geführte IT-Vorhaben der öffentlichen Verwaltung in Deutschland


Beispiele
Das Vorhaben „elektronische Gesundheitskarte“ (eGK) liegt ca. zehn Jahre hinter Plan und noch
immer ist die flächendeckende Einführung mit allen Funktionalitäten unsicher. Die eGK sollte
schon 2006 implementiert werden. Tatsächlich geschah dies erst 2015. Allerdings fehlen viele
wichtige Informationen, die zum Konzept der eGK gehören und die zur Amortisation der
enormen Kosten beitragen müssen. Das gilt z. B. für die verschriebenen Medikamente. So wird
ein Rezept nicht digital kommuniziert, sodass der Apotheker beim Verkauf eines neuen
Medikamentes nicht auf Unverträglichkeiten mit anderen Arzneien prüfen kann, die der Kunde
früher anderswo erworben hat. Stattdessen werden Medikationspläne auf Papier geschrieben und
vorgelegt. Es ist schwer einzusehen, dass man nicht den Baustein „Speicherung von Notfalldaten
auf der eGK“ vorzieht. Vergegenwärtigt man sich etwa einen Unfall, bei dem der
Rettungssanitäter die Blutgruppe oder lebensbedrohliche Allergien eines bewusstlosen Opfers
erst vor Ort und Stelle untersuchen muss, so erkennt man die womöglich lebensrettende
Funktion, wenn er dieses Körpermerkmal anhand der eGK in der Brieftasche in viel kürzerer Zeit
erführe [OV16ce]. Da es um das Zusammenspiel von mehreren Anspruchsberechtigten geht (u. a.
von Patienten, Arztpraxen, Krankenhäusern und Versicherungen), mag man die eGK als Prüfstein
sehen, ob eine und inwieweit noch weitergehende Vernetzung von Institutionen mit heterogenen
Interessen generell gelingen kann. Jedoch werden die Schuldzuweisungen zwischen Gesetzgeber
(E-Health-Gesetz), Regierung, Ärzteverbänden, Kassen, Herstellern der Geräte und der
Telematik-Infrastruktur sowie dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik
(BSI) so hin und her geschoben, dass Schlagzeilen wie „Deutschland macht sich lächerlich“
erschienen [OV15al]. Auffällig ist, dass Mediziner einen „Telematikzuschlag“ erhalten, wenn sie
einen Arztbrief nicht per Post, sondern elektronisch versenden. (Eigentlich sollte dies doch auch
der Rationalisierung der Arztpraxen dienen, an der deren Inhaber keinen finanziellen Zuschlag
verdienen.) Man kontrastiere dies mit der Praxis von Krankenversicherungen, ihren Kunden die
gleichen Briefe bewusst mehrfach zu senden (Abschn. 7.2)! Nachdem es trotz vieler
Bemühungen von bisher vier Bundesgesundheitsministerinnen und -ministern nicht gelungen ist,
das Projekt zu einem guten Ende zu führen, treten jetzt Privatunternehmen auf den Plan und
ermöglichen Patienten, die für die Ärzte wichtigen Informationen statt auf der Karte über
Plattformen zu kommunizieren bzw. zu erhalten [Beeg16]. Selbst die Bundeskanzlerin äußerte
selbstkritisch: „Wir versuchen seit vielen Jahren, eine Gesundheitskarte einzuführen, und streiten
uns trefflich, wie viele PIN-Nummern sich ein erwachsener Mensch höheren Alters noch merken
kann.“ [OV16bl] Solche „Machtworte“ vermochten aber nicht zu verhindern, dass selbst in ihrem
Kabinett Vorwürfe zwischen der Wirtschaftsministerin und dem Gesundheitsminister
ausgetauscht werden [OV17bp].
Der Prozess zur Einführung der LKW-Maut ist immer noch nicht abgeschlossen. Das Ende des
Schiedsgerichtsverfahrens zum schon 2005 mit 16 Monaten Verspätung in Betrieb gegangenen
LKW-Mautsystem wird nun erst 2017 erwartet. Ein Grund ist, dass ein Gutachter sämtliche
Abrechnungen des Konsortiums (3,3 Mio. Datensätze) prüfen soll und hierfür voraussichtlich
anderthalb Jahre brauchen wird [OV15bl] („Big Data“?).
(Fortsetzung)
122 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Tab. 10.2 (Fortsetzung)


Beispiele
Projekte wie z. B. FISCUS (Föderales Integriertes Standardisiertes Computer-Unterstütztes
Steuersystem; es wurde endgültig abgebrochen) zur Vereinheitlichung der Software der
Finanzverwaltungen bzw. Finanzämter in und zwischen den Bundesländern sind sehr wichtig,
weil die für das deutsche Steuersystem charakteristischen häufigen und komplizierten
Änderungen des Steuerrechts hohe Anforderungen stellen [Mert09]. Eine zentrale Pflege und
Weiterentwicklung verspräche erhebliche Synergieeffekte, jedoch sind wirkliche Durchbrüche
bisher ausgeblieben.
Die Bundessteuerberaterkammer beklagt, dass die Kapitalgesellschaften zwar seit dem
01.06.2015 die Steuererklärungen elektronisch verfassen und versenden müssen (u. a. E-Bilanz),
den Finanzämtern aber die für diesen Prozess erforderliche Software fehlt, sodass eine
entsprechende Gegenleistung an die Unternehmen ausbleibt [OV15bc, OV16cm]. Das Vermeiden
von Papier und Post bei den Steuererklärungen und -bescheiden stockt, u. a. auch weil das
Steuerverfahrensrecht, das zum Teil noch auf Regelungen aus dem Jahr 1977 beruht, mit der
Digitalisierung nicht in Übereinstimmung gebracht wurde [Steh15].
Das E-Postfach als Voraussetzung, dass die deutschen Anwälte mit der Justiz nur noch
elektronisch kommunizieren, sollte zu Beginn des Jahres 2016 eingeführt werden, ist aber wegen
technischer Schwierigkeiten, Sicherheitsbedenken und juristischer Auseinandersetzungen auf
unbestimmte Zeit verschoben worden [OV15ad]. Es überrascht, dass dieses und vergleichbare
Projekte technisch auf den Weg gebracht werden und man erst später feststellt, dass noch
gesetzliche Grundlagen fehlen [OV16br].
Die extremen Größenordnungen von Dokumenten, die bei Insolvenzen anfallen, haben noch
nicht zu einer Rationalisierung mit Hilfe der Elektronik geführt. So erhalten zu Beginn einer
Insolvenz alle Gläubiger auf dem Postweg Seiten im Gesamtumfang von manchmal mehreren
Millionen. Zum Teil erfassen die Insolvenzverwalterkanzleien die in Papierform eingetroffenen
Meldungen digital. Allerdings wird jetzt unter dem Stichwort „Insolvenzverfahren 4.0“ eine
Reform ins Auge gefasst [Ange16c].
Das Vorhaben ELENA zur zentralen Speicherung von Daten der Sozialversicherung in einer
großen Organisation in Würzburg ist gescheitert. Die methodisch höchst interessante
Ersatzlösung mit P23R (Prozess-Daten-Beschleuniger) [Mert12], die gleichzeitig einen
Meilenstein der automationsgerechten Gesetzgebung bedeutet hätte, kommt nur mühsam voran.
Die De-Mail und der Elektronische Personalausweis haben sich, u. a. wegen mangelnder
Benutzungsfreundlichkeit, bisher nicht in der Breite durchgesetzt [Dörn15]. So beantworteten in
einer Umfrage 66 % der Bürger, dass sie die Online-Funktion des Ausweises überhaupt nicht
nutzen [Frün15].
Die Deutsche Post AG hat durch das in Verzug geratene Logistik-Großprojekt NFE (New
Forwarding Environment) einen Abschreibungsbedarf von hunderten von Millionen Euro
[Bünd15].
(Fortsetzung)
10.1 Öffentliche Verwaltung, Dienste, Politik und Verkehr 123

Tab. 10.2 (Fortsetzung)


Beispiele
Der Rundfunkbeitrag, der auch in voller Höhe erhoben wird, wenn ein Privathaushalt gar kein
Radio oder keinen Fernseher besitzt, ist das Gegenteil von dem, was man sich von der
Digitalisierung verspricht, nämlich individuelle Angebote mit differenzierten Preisen
(Personalisierung/Individualisierung). Es zahlt der Sportfreund das Extremhonorar für einen
Auftritt der Operndiva in Salzburg mit und der Tatort-Liebhaber für die Millionengage eines
portugiesischen Weltklassefußballers. Pauschalierungen dieser Art stehen auch im Kontrast zu
Entwicklungen, die durch „Digitalisierung“ gefördert werden sollen und die die intensive
Verwendung des Kapitalstocks der Volkswirtschaft erlauben, wie z. B. die anteilige Nutzung von
Fahrzeugen oder anderen teuren Geräten statt Kauf mit der Folge niedriger Gebrauchszeiten.
Die Projektkontrolle im Bundesverteidigungsministerium scheint sich moderner IT-Systeme
nicht zu bedienen. So konnten angeblich beim Lenkflugkörper Meteor nicht die geplanten
1,2 Mrd. Euro eingespart werden, sondern nur 11 Mio. (Ursache sei ein „fehlerhaftes
Datenwerk“) [OV15bn].
Die Deutsche Bahn AG befindet sich hinsichtlich Pünktlichkeit und Kundenfreundlichkeit
deshalb in einem unbefriedigenden Zustand, weil ihre elektronischen Systeme zu anfällig sind.
Das reicht von der Regelung der ICE-Züge bei besonders niedrigen und hohen
Außentemperaturen über die Signaltechnik bis zur „Speisewagen-Elektronik“. Da durch
Personalengpässe bedingte Ausfälle, z. B. an Knotenpunkten wie dem Hauptbahnhof Mainz,
besondere „Kettenreaktionen“ auslösen, überrascht es, dass erste „digitale Stellwerke“ nicht vor
2020 ans Netz gehen sollen [OV17aj]. Die zusätzliche Automation auf dem Schienennetz
erscheint viel einfacher zu realisieren als die für den autonomen PKW erforderliche Änderung
der Infrastruktur [Amen17]. Sie vermag zudem nicht zu verhindern, dass sehr oft, vor allem am
Montag früh, die Rolltreppen der Bahnhöfe nicht funktionieren; das beeinträchtigt vor allem
behinderte Kunden sehr.
Obwohl die Deutsche Bahn AG eine „Digitalstrategie“ entwickelt und der Einführung von
WLAN Priorität gibt, kommt sie dem Ziel, die in früheren Jahren selbstverständliche
Pünktlichkeit wieder zu erreichen, nur langsam näher. Auf der Handelsblatt-Tagung Strategisches
IT-Management wurde die Bahn für folgendes Projekt ausgezeichnet: Aus dem Zug heraus kann
ein Tisch „beim Italiener um die Ecke“ reserviert werden (vgl. Abschn. 9.9).
Die Abstimmung der Zyklen von Verkehrsampeln mit dem Ziel, den „Stop-and-go-Verkehr“, der
besonders umweltbelastend wirkt, zu reduzieren, ist vor allem in den Straßennetzen der
Großstädte eine mathematische und informatische Herausforderung. Das Problem ist so alt wie
es die Verkehrsampeln selbst sind. Zeitweise wurden Verbesserungsinitiativen dadurch behindert,
dass politische Kräfte den Individualverkehr bewusst unattraktiv gestalten wollten („Rote Welle“)
[Schwe17]. Gegenwärtig (2017) wird aber die „Grüne Welle“ als Alternative zum Verbot von
Diesel-Fahrzeugen im Stadtverkehr oder die staatlich subventionierte Umrüstung älterer
Diesel-Antriebe in die politischen Überlegungen eingebracht.
(Fortsetzung)
124 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Tab. 10.2 (Fortsetzung)


Beispiele
Elementare Staatsaufgaben wie die Erfassung von Zuwanderern oder international mobilen
Straftätern und die Weitergabe der so entstehenden Personalstammsätze in die IT-Systeme von
Bund, Ländern und Gemeinden sowie die Beobachtung, wie sich potenzielle Terroristen
innerhalb und zwischen EU-Ländern bewegen, gelingen bisher nicht, was zu sehr großen
Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme und bei der Terrorvorbeugung führt.
So wurde moniert, dass bei Registrierungsprozessen in NRW Daten noch personell von einer
Excel-Tabelle in eine andere übertragen werden mussten [Knop15c], auch dass die
Bundesregierung sogar einräumen musste, den Überblick über die Erstaufnahmeeinrichtungen
verloren zu haben. Der Innenminister von NRW, Jäger, sprach in diesem Zusammenhang von
einer Verwaltung von „vorgestern“ [Fisc15a]. Ähnlich drastisch („Organisationsversagen“,
„Managementversagen“) formulierte es der Dortmunder Oberbürgermeister [OV17ap]. Die
Flüchtlingsströme nach Deutschland haben das Problem der mangelnden Integration innerhalb
der öffentlichen Verwaltung auch Politikern bewusstgemacht, die sich bisher wenig in die IT
eingearbeitet hatten [Knop15d]. Erst Anfang 2016 forderte der Bundesinnenminister ein
Einreise- und Ausreiseregister für Angehörige von Drittstaaten (Länder außerhalb des Schengen-­
Raumes). Solange ein solches noch nicht existiert, kann es z. B. vorkommen, dass ein Terrorist
sich unter zwanzig Identitäten und sechs Nationalitäten in der EU aufhält [WaDF16]. Bei der
Fahndung nach dem mutmaßlichen „Gefährder“ Amri, der 2016 den Anschlag auf den Berliner
Weihnachtsmarkt verübt hatte, entstand ursprünglich die Vermutung, „dass sich die Spur von
Amri wohl irgendwo zwischen den Absprachen der verschiedenen Landesbehörden verlor“
[GrNS16]. Ferner hätte durch Analyse von Fingerabdrücken im sog. Kerndatensystem des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auffallen müssen, dass Amri unter
verschiedenen Identitäten auftrat [Spec16]. Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger
Münch, hat die mangelnde Vernetzung der Sicherheitsbehörden in Deutschland und Europa
kritisiert. So sei es möglich, dass sich Straftäter, bei deren Namen unterschiedliche
Schreibweisen existieren, in Europa unerkannt bewegen [OV16cb]. Es gelingt noch nicht, die an
verschiedenen Stellen vorliegenden Erkenntnisse zu vereinen und zur Grundlage von Frühwarn-
und anderen Informationssystemen für Entscheidungsträger in Politik und öffentlicher
Verwaltung auszubeuten [Lohs16]. Aussagen namhafter Zeugen (ehemaliger Leiter des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, Präsident des
Bundeskriminalamts, Holger Münch) im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags machten
das deutlich [OV17ah].
Kritisch gesehen wird auch, dass Asylbehörden auf Spracherkennungssoftware bisher verzichtet
hatten [AsSm17].
Eine IT-technisch gut funktionierende zentrale Studienplatzvergabe („Dialogorientiertes
Serviceverfahren für die Hochschulzulassung“) könnte erhebliche Fortschritte in Richtung auf
restlose Ausnutzung teurer Studienplätze bringen. Das Projekt stockt aber, nach Auskunft des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung, u. a. wegen „nicht absehbarer
Personalfluktuation“ [OV17bk].
Bei der Bundesagentur für Arbeit wurde im Februar 2017 das IT-Projekt ROBASO
(Softwarekosten 60 Mio. Euro) gestoppt, weil die Integration von vielen Teilsystemen auf einer
Plattform nicht funktionierte [OV17ac, Kann17a].
(Fortsetzung)
10.1 Öffentliche Verwaltung, Dienste, Politik und Verkehr 125

Tab. 10.2 (Fortsetzung)


Beispiele
Der Bundesrechnungshof hat 2017 bemängelt, dass die Wirkungen von Fortbildungsmaßnahmen
bei der Integrationsarbeit der Jobcenter nur unzureichend berücksichtigt werden können, weil die
elektronische Dokumentation bei der Bundesagentur für Arbeit nicht aktuell sei [OV17av].
Die öffentliche Bank KfW hat extreme Probleme mit ihrer IT; diese führten dazu, dass
Risikozuschläge zum sog. Harten Kernkapital gefordert werden [BGHS17].
Relativ einfache Entwicklungen wie der rechnergestützte Zugang zu elektrischen Ladestationen
(E-Tanksäulen) funktionieren nicht ordnungsgemäß [Wüst17].
Die Brandschutztüren des Berliner Großflughafens BER lassen sich nicht alle auf Knopfdruck
automatisch öffnen und schließen; das Problem ist seit 2012 bekannt [Koto17]. Es trägt zur
jahrelangen Verzögerung der Inbetriebnahme des BER bei.

Der deutsche IT-Planungsrat soll die Zusammenarbeit von Bund und Ländern koordi-
nieren, hatte aber zu wenig Erfolg. Nun soll eine Organisation FITKO (Föderale IT-­
Kooperation von Bund und Ländern) für raschere Fortschritte sorgen.
Die Internet-Botschafterin der Bundesregierung, Gesche Joost, äußerte 2014: „Für das
E-Government fehlen schlicht die Ressourcen. Wir sprechen davon ja schon seit vielen
Jahren.“ [Heuz14]
Die Bundesregierung beabsichtigt aber nun bis 2025 Milliardeninvestitionen, die auch
der Digitalisierung zugutekommen; in diesem Fall wäre darauf zu achten, dass ein ange-
messener Teil davon der Beseitigung elementarer Schwachstellen dient, bevor riskante,
wenn auch technisch reizvolle Projekte zum Zuge kommen [OV16bj].
Abgesehen von mehr administrativen, wenn auch nicht trivialen Vorhaben, mangelt es
ebenso an wirklich innovativen Lösungen, die man mit einschneidenden Änderungen von
Geschäftsmodellen in der Privatwirtschaft vergleichen könnte. So würde die technisch
mögliche Integration von Leistungen der Bürger an die Solidarkassen und umgekehrt in
Gestalt Integrierter Bürgerkonten, beispielsweise zu interpretieren als Weiterentwicklung
von Integrierten Gesundheitskonten, helfen, Auswüchse des deutschen Wohlfahrtsstaates
zu beherrschen und „demografiefest“ zu machen [Mert07, Mert16a].
Im Datenschutz ist die Position der Politik und der öffentlichen Verwaltung ambivalent.
Eine Gruppe von Persönlichkeiten, wie z. B. der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart
Baum, der Kolumnist Sascha Lobo oder der damalige Präsident des Europäischen Parla-
ments, Martin Schulz, haben eine „Charta digitaler Grundrechte“ entworfen, die nach
ihren Vorstellungen am Ende eine „Digitalcharta“ für die EU werden soll. Eine Forderung
lautet: „Recht auf eine nicht-personalisierte Nutzung digitaler Angebote.“ Man muss sich
fragen, wie die digitalen Angebote entstehen sollen, wenn die Nutzer weder mit Geld noch
mit ihren Daten zahlen [Böhm16].
In einem Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums für ein neues „Gesetz zur Digi-
talisierung der Energiewende“ heißt es, dass die neuen intelligenten Messsysteme „höchsten
technischen Datenschutzanforderungen“ genügen müssten, denn sie ließen Rückschlüsse
auf die Lebensgewohnheiten der Menschen zu [OV15bh].
126 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Der Datenschutz steht in einer komplexen Wechselwirkung zur Informationsfreiheit.


Der Mitautor Mertens wollte am 10.06.2017 im Netz einen differenziert-sachlichen Arti-
kel zur Frage lesen, inwieweit Äußerungen aus dem Einflussbereich der Alternative für
Deutschland den Charakter einer Verherrlichung des Nationalsozialismus hätten. Während
der Lektüre wurde der Zugang plötzlich unterbrochen. Es erschien – wohl unter dem Ein-
druck der öffentlichen Diskussion um das sog. „Netzdurchsetzungsgesetz“ – ein Hinweis,
dass in dem Beitrag das Wort „Nazi“ vorkam und daher die Lektüre verweigert wäre.
Auf der anderen Seite treibt die Bundesregierung den Datenaustausch zwischen Finanz-
behörden verschiedener Staaten, etwa zu „tax rulings“, und Sammelabfragen (Gruppenab-
fragen), d. h. eine Art Rasterfahndung, energisch voran. Für das Jahr 2014 werden rund
60.000 angegeben [OV15aj, OV15bj]. Ein großflächiger Informationsaustausch von steu-
erlich relevanten Daten von Unternehmen mit dem Ziel, Steuerminimierung von multina-
tionalen Konzernen zu bekämpfen („Country-by-Country-Reporting“), wurde bezüglich
USA vorerst gerichtlich gestoppt. Auch die Abfragen von Bankkonten nehmen stark zu,
2015 waren beim Bundeszentralamt für Steuern bereits über 300.000 beantragt worden
[OV16bt]. Das Bank- und das Steuergeheimnis wurden in wenigen Jahren stark ausge-
höhlt. Manche Kritiker erklären sie bereits als abgeschafft. Beispielsweise kann man aus
dem Muster von Banküberweisungen auch auf Lebensgewohnheiten des Kontoinhabers
schließen. Die Bundesagentur für Arbeit will in Zusammenarbeit mit dem Bundeszen­
tralamt für Steuern Hartz-IV-Empfänger im Internet überwachen, z. B. indem geprüft
wird, ob sie über Ebay unternehmerische Tätigkeiten entfalten [OV13a]. Bei der Analyse
dieser gesammelten Daten ist die deutsche Steuerverwaltung modern: So setzt das Bundes­
zentralamt für Steuern Software-Werkzeuge wie Xpider oder Website-Watcher als „Ver-
dachtsgeneratoren“ ein [OV15bp] (siehe auch [HoSc15, Secu15]).
Auch im mehr „Handwerklichen“ könnten moderne IT-Lösungen von Seiten des Gesetz-
gebers gefördert bzw. Barrieren beseitigt werden. Bspw. bieten sich Tätigkeiten wie Pro-
grammierung oder Entwurf von Internetseiten an, wenn Eltern mit betreuungsbedürftigen
Kindern diese Arbeiten statt an einem Arbeitsplatz im Unternehmen zeitweise am häusli-
chen PC verrichten können sollen. Die Gesetzgebung und Rechtsprechung zur steuerlichen
Behandlung von gemischt-genutzten Privatwohnungen stehen dem aber teilweise entgegen
[OV16bs]. Die deutschen Gesetze zur Scheinselbstständigkeit passen nicht genau genug zu
Entwicklungen der Geschäftsmodelle, etwa wenn Vermittlungsplattformen (im Zuge der
sogenannten „Sharing economy“) gezielt im Ausland angesiedelt werden [Rüru16b].
Alles in Allem wirkt die Mahnung der Bundeskanzlerin Merkel, die Wirtschaft und die
Politik dürften bei der Digitalisierung des Landes nicht den Anschluss verlieren und es müsse
allen klar sein, dass Deutschland seinen Wohlstand nur halten könne, wenn es bei der Digita-
lisierung mit dem Ausland Schritt halte, hinsichtlich der Verwaltung sehr berechtigt [OV15bg].
Bei all dem ist aber zu konzedieren, dass integrierte Systeme der öffentlichen Verwal-
tung in einem großen Land mit ausgeprägten hierarchischen Strukturen (Bund – Bundes-
land – Bezirk – Kreis – Kommune) schwerer zu erreichen sind als in kleineren Staaten
oder solchen mit streng zentralistischen Diktaturen.
Auch wäre es wohl realitätsfern, zu erwarten, dass man rasch genug eine Art „Talentre-
serve“ von Fachpolitikern quer durch das politische Spektrum aufbauen könnte, die dem
10.2 Finanzwirtschaft 127

raschen Fortschritt der Informationstechnologie und ihrer Anwendungen gewachsen


wären. Das bezieht sich auf die nicht einfache Basisausbildung in Informatik samt Spezi-
aldisziplinen wie Ingenieur- oder Wirtschaftsinformatik ebenso wie auf Berufserfahrung
außerhalb des „Politikbetriebs“. So musste sich der sog. Digitalkommissar der EU, Gün-
ther Oettinger, ein Jurist, ebenso unter großem Zeitdruck in die Materie einarbeiten wie
seine Nachfolgerin, die Philosophin und Politologin Mariya Gabriel.
Zur öffentlichen Verwaltung und zur Politik gehört auch der Komplex „Subventionen“
zugunsten der IT. Bezeichnend ist eine Passage von Martin Greive im Handelsblatt: „Ab
dem nächsten Jahr soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit zusätzlichem Geld
junge Firmen aufpäppeln. Dafür will die Große Koalition die halbstaatliche Förderbank
völlig neu aufstellen“ [Grei17b].
Es ist nicht sicher, ob die Gründer bürokratische Erleichterungen oder flexible Stun-
dungen bei den ersten Steuernach- und -vorauszahlungen wie in Schweizer Kantonen
üblich präferieren würden. Eine kleine Feldstudie erbrachte, dass man sich am Kapital-
markt zu günstigen Konditionen finanzieren könne und dann flexibler bleibe. Engagierte
Gründer leben oft ganz und gar ihren technischen Ideen und empfinden den „Bürokratie-
kram“ noch lästiger als etablierte Unternehmer, die sich dafür betriebsinterne und -externe
Fachkräfte leisten. Erhebungen des Statistischen Bundesamts zufolge überleben weniger
als 50 % aller Unternehmensneugründungen die ersten fünf Jahre [MBai16].

10.2 Finanzwirtschaft

Die Commerzbank AG verschickte im September 2016 Briefe, in denen sie ihren Kunden
empfahl, sich ein elektronisches Postfach zuzulegen. Die Prozedur wäre sehr einfach. Jedoch
war die Software fehlerhaft, sodass die Eröffnung des Faches nicht gelingen konnte. Kunden
meinten, Fehler zu begehen, nahmen zeitraubende Anläufe, die Lösung zu finden, telefonier-
ten mit dezentralen und zentralen Stellen der Bank, erhielten widersprüchliche Ratschläge
und erfuhren erst nach langem Hin und Her, die Bank habe ein Problem, der Kunde möge
seine Versuche vorerst einstellen. Auf den Gedanken, die Kundschaft per „gelber Post“,
E-Mail oder Anzeigen in der Presse um Verständnis zu bitten oder als Entschädigung für den
Ärger irgendeine Form von „Goodwill“ anzubieten, kam man offenbar nicht oder man erwog
das und verwarf es wieder. (Ein solcher Vorfall ist nicht sehr selten, aber bezeichnend dafür,
wie zur Zeit unausgereifte Lösungen die Bürgerinnen und Bürger behelligen, ohne dass
Institutionen des Verbraucherschutzes eingreifen („Lehrgeldthese“, vgl. auch Kap. 12).)
Bei der Deutsche Bank AG gab es zwischen den einzelnen Abstimmungsrunden auf der
Hauptversammlung 2016 sehr lange Verzögerungen, weil die rechnergestützte Auszäh-
lung der Stimmkarten, also eine vergleichsweise einfache Prozedur, außerordentlich lange
dauerte [OV16aw]. Bemerkenswerte Vorfälle waren in der jüngsten Vergangenheit die
Deutsche-Bank-Panne, in der 13 Mio. Buchungen falsch angezeigt wurden, und ähnliche
Fehler bei der Commerzbank AG und Targobank AG & Co. KGaA [OV16ci, OV16bn].
In den Branchen Banken und Versicherungen fällt vor allem die Divergenz zwischen
dem Stand der Technik beim Dokumentenmanagement und bei der Mensch-­Maschine-­
128 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Kommunikation an der Kundenschnittstelle auf. Aus der Sicht der Kundschaft sind heute
Prozesse oft aufwendiger als früher (vgl. Abschn. 7.2). Ein besonders deutliches Beispiel
ist der Rückschritt, der für den „Normalbürger“ durch die 22-stellige Kontonummer IBAN
auch im Inlands-Zahlungsverkehr eintritt, verbunden mit der teilweisen Abschaffung bzw.
Verteuerung der traditionellen Überweisungsformulare. Hier trifft die Wendung „Mensch
hilft Computer“ besser als die umgekehrte zu [Mert15a, Mert15c]. Die Anweisungen zur
Anmeldung bei Online-Diensten der Kreditinstitute und Versicherungen sind didaktisch oft
noch verbesserungsbedürftig. Die unklaren Darstellungen machen Anrufe bei telefonischen
Beratungsstellen erforderlich, welche wiederum vor allem nach der Einführung oder
Umstellung von Online-Diensten stark frequentiert und somit überlastet sind und den Kun-
den in lange Warteschlangen mit fragwürdigem „Musikgenuss“ führen. Diese Dienste sind
zuweilen ungeschickt organisiert, sodass Geschäftspartner wiederholt gebeten werden,
noch etwas Geduld zu haben, bis sie an die Reihe kämen, nur um irgendwann zu erfahren,
die Organisation sei so stark überlastet, dass die Bedienung vorerst überhaupt nicht möglich
sei und man später wieder anrufen solle. So verwundert es nicht, dass weite Teile der Kund-
schaft trotz Nutzung des Online-Bankings auf den persönlichen Kontakt großen Wert legen
[Welp15, Ziel15]. Umso unangenehmer wird es für die Kunden, wenn ihnen der Weg zum
Helfer in der nächsten Filiale verbaut ist, weil diese im Zuge der „Digitalisierung“ geschlos-
sen wurde. Man könnte mit einem Schuss Sarkasmus derartige MUCS (Mensch-Unter-
stützte Computer-Systeme) als Analogisierung titulieren (vgl. Abschn. 9.2).
Ein weiteres Symptom für die mangelnde Ausreifung von Anwendungssystemen in
Banken sind der „Stotterstart“ von Internetzahlverfahren wie Paydirekt, die PayPal Paroli
bieten sollen (PayPal ist in Deutschland schon rund zehn Jahre aktiv) [AtMo15].
Es muss freilich eingeräumt werden, dass gerade die Institutionen im Finanzsektor
durch makroökonomische Entwicklungen wie die Niedrigstzinsen der Europäischen Zen-
tralbank und wegen der durch den Gesetzgeber verschärften Haftungs- und Dokumentati-
onspflichten sehr bedrängt sind und daher auch unpopuläre Auswege suchen müssen.
Bei informationstechnisch günstigem Verlauf ist eine mittel- und langfristige Entwick-
lung der operativen Dienstleistungen und vor allem der Beratungssysteme nicht ausge-
schlossen, die sich fortschrittlicher Systeme der Mensch-Computer-Kommunikation, der
Expertensystemtechnik und anderer Methoden der Künstlichen Intelligenz bedienen und
zumindest durchschnittlich leistungsfähigen menschlichen Dienstleistern in der Finanz-
wirtschaft äquivalent sind.

10.3 Handel

Vor allem in den großen Filialen von Einzelhandelsketten wurde in jüngerer Zeit das Bera-
tungs- bzw. Bedienungspersonal so reduziert, dass es die Kundschaft beim Einkauf schwer
hat. Hier besteht erheblicher Bedarf an IT-Unterstützung.
Ein zu erwägender bzw. zu erwartender robuster Automationsschritt ist das Kundenter-
minal in großen Handelshäusern, das den Kunden informiert und berät, welche alternativen
10.5 Verlage 129

Artikel zur Deckung eines von ihm artikulierten Bedarfs bzw. zur Erfüllung seines Kauf-
wunsches vorrätig sind, und den Käufer zur entsprechenden Etage und dort zum entspre-
chenden Regal „navigiert“, vielleicht sogar auf einem optimalen „Rundreiseweg“, falls es
sich um ein überdurchschnittlich großes Kaufhaus handelt. Hierdurch würden sich die
Vorteile des stationären Geschäfts denen des Online-Handels nähern.
Noch nicht am Ende der Entwicklung scheint man beim Abbau der oft zeitraubenden
Warteschlangen vor der Kasse zu sein. Die Fortschritte beim Bezahlen zeichnen sich aller-
dings deutlich ab (neuere Bezahldienste, Bezahlen durch Informationsaustausch Mobilte-
lefon ↔ elektronische Kassen u. a.). Die Herausforderung dürfte eher bei sinnvollen
Standardisierungen als bei bahnbrechenden informationstechnischen Innovationen liegen.
Auch ist die Kapitalbindung durch die modernen Kassenterminals hoch.

10.4 Industrie

In vielen Industriebetrieben besteht nach wie vor die Aufgabe, einzelne Anwendungssys-
teme zu integrieren. So hat sich die Heraeus Holding GmbH das Ziel gesteckt, 27 Einzel-
systeme zu einer Gesamtlösung zu verbinden [Gier15c]. Diese Form der Vernetzung spielt
immer dann eine große Rolle, wenn ein zusätzliches Unternehmen in einen Konzern zu
integrieren ist („Post merger integration“). Die Prozedur ist nicht einfach und könnte in
vielen Fertigungsbetrieben Voraussetzung für I4.0 sein; jedoch ist sie kaum I4.0 als sol-
cher zuzuordnen.
Obwohl wir unsere Einschätzung nicht mit belastbaren Statistiken fundieren können,
scheint uns die Zahl von „Kinderkrankheiten“ bei neuen Erzeugnissen, die in wachsender
Komplexität der IT und/oder Einsparungen beim Testen begründet sind, zuzunehmen. Der
Käufer wird in die Rolle des „Beta-Testers“ bzw. des „permanenten Beta-Testers“ gedrängt
[Zies14, NeSt04]. Ein Indiz sind die Aufsehen erregenden und umfangreichen Rückrufak-
tionen in der Automobilbranche, z. B. weil sich Zündschlösser „verselbstständigen“ oder
Airbags ohne Grund auslösen [OV16ak].
In diesem Zusammenhang kann man auch wichtige Beispiele (s. Tab. 10.3) zitieren, wo
sich die Evolution gegenüber der Revolution beim Produkt als Vorteil erwiesen hat und
zudem Warnungen vor Überkomplexität, wie sie jetzt auch bezüglich I4.0 ausgesprochen
werden, richtig waren.

10.5 Verlage

Das Beispiel eines Wissenschaftsverlags (s. unten) steht für Probleme, die resultieren,
wenn bei hohem Automationsgrad und Vernetzung Sondersituationen nicht beherrscht
werden, weil die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine nicht flexibel genug kon-
zipiert ist.
130 10 Defizite beim Istzustand der Automation

Tab. 10.3 Evolution statt Revolution


Beispiele
Die robusten Shinkansen-Eisenbahnen in Japan konnten durch den Transrapid nicht
„ausgestochen“ werden
Airbus verdankt seine im Februar 2017 hervorragende Auftragslage weniger den völlig neuen
Konstruktionen (A350, A380), sondern der kontinuierlichen Verbesserung der „Cash cow“ Airbus 320
Die Stiftung von Bill und Melinda Gates strebt medizintechnische Geräte als Kombinationen von
Hardware, Software und medizinischen Wissensbasen an, die es in Entwicklungsländern
erlauben, weitgehend automatisch eine große Zahl von Menschen einer vorbeugenden
Gesundheitsprüfung zuzuführen [MeBa14]. Komplizierte Vernetzung ist nicht zwingend. Auch
für hoch entwickelte Staaten kann man sich Vergleichbares vorstellen, etwa Automaten, die ein-
bis zweimal im Jahr Körpergröße und Gewicht messen und den sog. Body-Mass-Index an
Versicherungen senden, oder Geräte, in die man blickt, damit automatisch die Iris geprüft wird.
Detaillierte Messungen über Sensoren am Körper, Apps und anderem mehr, die jeden Waldlauf,
jede geschwommene Bahn und jede Übung im Fitness-Zentrum registrieren, speichern und
übertragen, erübrigen sich dann

Starre Automation
Der Prozess zur Veröffentlichung eines Aufsatzes in einer Zeitschrift wurde vom Verlag
stark automatisiert. Beteiligt sind Redaktion, Autor, Herausgeber, Fremdsprachenüber-
setzer und die Vorbereitung des Drucks, letztere oft in Indien angesiedelt.
Ein Autor hatte zu einem Sonderheft einen so genannten Zwischenruf von nur
einer Seite beigesteuert. Während eines Auslandsaufenthalts erhielt er laufend auto­
matische E-Mails. Im Wesentlichen betrafen sie die Übertragung von Urheberrechten
in Formularform. Wegen der noch nicht ausgereiften Infrastruktur in dem Land, in
dem sich der Autor kurze Zeit aufhielt, bereitete die Öffnung von Anhängen mit den
Folgemaßnahmen technische Schwierigkeiten. Er bat daher, bis zu seiner baldigen
Rückkehr nach Deutschland die Mails nicht laufend zu wiederholen. Die Bitte ließ
sich nicht an den Absender adressieren („do not reply“). Daher schrieb er ihm
bekannte Angestellte des Verlages in Deutschland an, sie möchten bitte die elek-
tronische Post stoppen. Diese sahen sich aber zu ihrem eigenen Bedauern nicht
imstande, in den automatischen ­Prozess einzugreifen. Am Ende waren rund 20 zum
großen Teil redundante und am Ende vergebliche Schriftwechsel entstanden (persön-
liche Erfahrung des Mitverf. Mertens).

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Nutzenbetrachtungen
11

Zusammenfassung
Die Betrachtungen zu den Nutzeffekten sind gegliedert in solche auf einzelwirtschaft-
licher, gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. Auf wissenschaftliche
Analysen beruhende Einschätzungen der gesamtwirtschaftlichen Vorteile (z. B. das
Produktivitätswachstum betreffend) wirken nüchterner bis pessimistischer als solche
von Verbänden und Beratern. Im Wesentlichen unbestritten sind Vorhersagen, wonach
sich die Beschäftigungschancen Hoch- und Geringqualifizierter in Zukunft stark ausei-
nander entwickeln werden (Polarisierungsthese).

11.1 Schätzungen einzelner Unternehmen

Einzelne Unternehmen äußern sich zu den Produktivitätsfortschritten recht optimistisch.


So wird Mathias Kammüller, Geschäftsführer und Miteigentümer des Werkzeugmaschi-
nenherstellers Trumpf GmbH & Co. KG, wie folgt zitiert: „Wir können es schaffen, die
Produktivität in den nächsten Jahren um bis zu 30 Prozent zu steigern.“ Freilich wird für
dieses Unternehmen auch angegeben, man bekomme erstmals (!) einen Überblick,
wodurch bestimmte Maschinen ausfallen und wann Leerlaufzeiten entstehen. Auch eine
Studie in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automati-
sierung IPA hat gezeigt, dass fehlende Transparenz als eines der Hauptprobleme in der
Fertigung wahrgenommen werde [Preu16]. Hierzu gilt es aber darauf zu verweisen, dass
es rechnergestützte Betriebsdaten- und Prozessdatenerfassung seit Jahrzehnten gibt, wenn
auch mit wechselnden Techniken (Lochkarten, Belegleser, RFID).
Der ehemalige VW-Personalvorstand Horst Neumann hat angekündigt, dass die 50.000
„taktgebundenen“ Arbeitsplätze in den deutschen VW-Werken innerhalb der nächsten 20
Jahre komplett wegfallen werden [Stet16].

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 135


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_11
136 11 Nutzenbetrachtungen

11.2 Schätzungen auf aggregierter Ebene

1. Die aggregierten Nutzenschätzungen, z. B. auf Technik-, Prozess-, Funktions-, Betriebs-,


Branchen- oder Wirtschaftszweigebene, fallen oft überraschend hoch aus. Allerdings ist
nicht auszuschließen, dass sie zum Teil interessengeleitet sind. Gern instrumentalisiert
wird in diesem Zusammenhang die Bedrohung durch Fernost-­Volkswirtschaften (China,
Japan, Südkorea) (vgl. Abschn. 9.7). Zum Teil sehen diese Interessengruppen den deut-
schen Staat in der Verpflichtung, rasch Gelder für Forschung und Entwicklung bereitzu-
stellen, zum Teil dafür, die Infrastruktur (schnelle und sichere Netze bzw. einen „offenen
und gleichzeitig sicheren Datenraum“) mit hoher Priorität zu verbessern, zum Teil auch
für die Bekämpfung des Fachkräftemangels durch Maßnahmen im Bildungsbereich und
bei der qualitätsorientierten Einwanderung. So sollen die Nutzenpotenziale zugunsten
der heimischen Volkswirtschaft gehoben werden. Tab. 11.1 führt Beispiele für Nutzen-
schätzungen auf aggregierter Ebene auf.
In den uns bekannten Aussagen wird nicht unterschieden, inwieweit die Langfristef-
fekte durch evolutionäre Weiterentwicklung auf der bisherigen Trendlinie zu mehr
Automation oder durch I4.0 und Digitalisierung, begriffen als neue Erscheinung,
zustande kommen (vgl. Kap. 6). Nimmt man andererseits hinzu, dass viele Unterneh-
mensberater bemerkenswert hohe Schätzungen abgeben, welche Umsätze oder Erträge
von neueren Informationstechniken ausgehen (vgl. Abschn. 9.3), so sieht man sich
quantitativen und qualitativen Prognosen gegenüber, die sich noch nicht zu einem stim-
migen Gesamtbild fügen.

Tab. 11.1 Nutzenschätzungen


Beispiele
Klaus Mittelbach, Hauptgeschäftsführer des ZVEI, veranschlagte 2013, dass die deutsche
Industrie durch I4.0 ihre Produktivität um 30 % steigern könnte [Woch13].
Die Boston Consulting Group veröffentlichte eine Studie, wonach durch das Thema „Industrie
4.0“ binnen zehn Jahren per saldo rund 390.000 neue Arbeitsplätze geschaffen würden, wobei
offen bleibt, ob es sich um Arbeitsplätze handelt, für die ausreichend Fachkräfte zur Verfügung
stehen. Die vernetzte Produktion könnte sich „in den nächsten Jahren als kleines
Konjunkturprogramm erweisen“ [OV15at].
Die Managementberatung Accenture GmbH schätzt, dass das „Internet der Dinge“ bis 2030 14,2
Billionen US-Dollar zur globalen Wirtschaftsleistung beitragen würde. Allein die Wertschöpfung
durch „hochautomatisierte Fahrfunktionen“ auf Autobahnen wird auf 2,3 Mrd. Euro im Jahr 2020
und 8,4 Mrd. in 2025 vorhergesagt ([Acce15], vgl. Abschn. 9.6). Eine andere Studie gelangte zu
dem Resultat, dass I4.0 bis zum Jahr 2025 zum Verlust von 610.000 Arbeitsplätzen, zugleich aber
zu einer Million neuer führen würde. Damit einher gehen Verschiebungen der Kenntnis-Profile in
Richtung auf IT-Wissen [OV15aq].
Bitkom erwartet durch I4.0-Technologien für die sechs Branchen Maschinen- und Anlagenbau,
Elektrotechnik, Automobilbau, Chemische Industrie, Landwirtschaft und Informations- und
Kommunikationstechnologie bis 2025 ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 78 Mrd.
Euro [Ungr15, S. 61].
11.2 Schätzungen auf aggregierter Ebene 137

2. Ältere Studien [Anse86] erbrachten, dass die höchsten auf Funktionen bezogenen
Nutzeffekte der betrieblichen Informationsverarbeitung durch bessere Materialwirt-
schaft erreicht wurden, wobei man aber durch ungünstige Wahl von Parametern, wie
etwa Bestellpunkten, Sicherheitsbeständen oder Auf- und Abrundungen, umgekehrt
auch Misserfolge verursachen kann. Eine überbetriebliche Parametereinstellung, wie
in Abschn. 7.1.2 an Beispielen erwähnt, könnte heißen, dass die Funktion von externen
Spezialisten über Fernwirkung übernommen wird und man so näher an das theoreti-
sche Optimum rückt.
3. Vermutungen aus dem Jahr 2015, die verifiziert oder falsifiziert werden müssten, wei-
sen eher auf die bessere Ausnutzung von Ressourcen einschließlich Personalkapazitä-
ten durch mehr Automation hin. Ein leicht verständliches Beispiel sind Systeme, die
über Sensoren in der Straßenoberfläche in Nahe-Echtzeit messen, welche innerstädti-
schen Parkplätze gerade besetzt oder verlassen werden, sodass man suchende Fahrer
dorthin leiten kann, im Idealfall sogar unter Verwendung von Softwareagenten, anderer
Heuristiken oder exakter Optimierungsverfahren [OV15av, Peit15a]. Ein Pilotprojekt
betreiben die Robert Bosch GmbH und die Region Stuttgart [OV15by]. Alle vom Auto-
mobilhersteller BMW AG (nach dem 01.11.2016) hergestellten Fahrzeuge können mit
der Sonderausstattung ConnectedDrive den Service „ParkNow“ nutzen. Dieses erkennt
automatisch freie Parkzonen [Siev17]. Auch Maschinen in Betrieben und Haushalten,
die sich genau dann einschalten, wenn Energiepreise momentan niedrig sind, Buchungs-
plattformen oder Ad-hoc-Auktionen weisen in diese Richtung (Vermeiden von unge-
nutzten Kapazitäten oder Verderb). Ein Beispiel aus der Karosseriefertigung findet sich
in [Prom13, S. 29]. Als das Institut für Demoskopie Allensbach fragte: „Welche Vernet-
zungen können Sie gut gebrauchen?“ nannten 49 % bzw. 42 % der Antwortenden die
Positionen „Intelligente Heizungen“ und „Geräte, die auf billigen Strom warten“. Spe-
ziell die Verhandlungen von Softwareagenten, die die „Interessen“ ihrer Betriebsmittel,
Lagerflächen, Rohstoffe, Halbfabrikate, Baugruppen, Verkehrsmittel und Verkehrs-
wege vertreten, können unter Umständen eine beträchtliche Einsparung von Ressour-
cen im weitesten Sinn ergeben. Die automatischen Dispositionen müssen freilich um
geschickte IT-gestützte Kontrollmaßnahmen ergänzt werden. Diese betreffen die
Ergebnisse automatischer Steuerungen ebenso wie den Abbau nun nicht mehr ausge-
lasteter Kapazitäten [Mert15b]. Eindrucksvolle Einsparungen von Ressourcen (Böden,
Dünger, Wasser) werden in der Agrarwirtschaft durch „smart farming“ erwartet
[OV15be] (vgl. auch Abschn. 7.1.5).
4. Oliver Herkommer und Sebastian Schlund verweisen unter Bezug auf eine Studie des
Fraunhofer-Instituts IAO und der Ingenics AG darauf, dass „eine straffere Supply
Chain und eine besser vernetzte Auftragsabwicklung die am häufigsten erwarteten
Mehrwerte von I4.0 seien“ [HeSc15, S. 13].
5. Bauernhansl schätzt die prozentual höchsten Einsparungen durch I4.0 bei den Komple-
xitätskosten („Erweiterung Leitungsspannen“, „Reduktion trouble shooting“) [BauT14,
S. 31].
138 11 Nutzenbetrachtungen

Tab. 11.2 Skepsis hinsichtlich Nutzen


Beispiele
Hanisch, Spanuth und Urbach berichten, eine Befragung von 43 IT-Führungskräften habe
erbracht, dass der Wirkungsgrad von IT-Planungs- und -Steuerungssystemen gering sei
[HaSU15].
In einer Studie der Managementberatung Strategy& und der Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PwC gaben 46 % der Befragten an, dass der unklare wirtschaftliche
Nutzen und die zu hohen Investitionen zu den zwei wichtigsten Herausforderungen bei I4.0
zählen [StPw14, S. 36–37].
Eine Umfrage der Meinungsforschung Censuswide zeigte, dass eine Mehrheit von 70 % in
Deutschland den Erfolg der eigenen Digitalisierungsstrategie als unsicher einstufte. In der
gleichen Studie steht, dass viele Unternehmen beim „digitalen Umbau“ keinen signifikanten
Wettbewerbsvorteil erzielen [Wern16].
Eine Untersuchung der Kanzlei Cms Hasche Sigle kommt zu dem Ergebnis, dass „digitale
Technologien“ in den Rechtsabteilungen und Kanzleien den Juristen viele Aufgaben abnehmen
könnten, gleichzeitig aber viele neue juristische Fragestellungen große Herausforderungen mit
sich bringen würden [Ange16a].
In einer McKinsey-Studie „Industry 4.0 after the initial hype“ [McKi16, S. 7] liest man: “A lot of
positive hype has built around Industry 4.0 … In its aftermath, industry leaders remain optimistic
overall, but a degree of disillusionment has also crept in as the actual implementation results so
far are mixed.”

6. Wenn es gelingt, die vernetzten Assistenzsysteme so zu gestalten, dass die Hilfen für
weniger Befähigte die diesem Personenkreis (vgl. Abschn. 11.2) entstehenden Schwie-
rigkeiten mehr als kompensieren, kann auch der Beitrag für die Gesellschaft hoch sein
[MeBa15, S. 394, 401, Medi15]. Ein überzeugendes Beispiel dafür, wie unterschied-
lich qualifizierte Maschinenbediener unterschiedlich informiert werden, findet sich in
einer Linie eines Werkes des Bosch-Rexroth-Konzerns, auf der 200 verschiedene
Hydraulikventile zusammengebaut werden [OVoJ]. In der KNAPP AG, einem Herstel-
ler von Lagerlogistiksystemen, experimentiert man mit Lösungsanleitungen für Mitar-
beiter in der Produktion, die in multimedialer Form mit Texten, Bildern und Videos auf
die mobilen Endgeräte der Mitarbeiter übermittelt werden [Medi15]. Die Workaround
GmbH plant einen „intelligenten Handschuh“ mit verschiedenen Sensoren. Arbeiter
sollen ohne zusätzliche Geräte Daten aus Maschinen auslesen und Arbeitsschritte
dokumentieren können [WiWo16].

Auch skeptische Stimmen sind zu vernehmen (s. Tab. 11.2).

11.3 Schätzungen des gesamtwirtschaftlichen Nutzens

Als Maß für Nutzen und Schaden („negativer Nutzen“) verwenden die Verfasser der in
diesem Abschnitt erwähnten Studien oft die neu geschaffenen und wegfallenden
Arbeitsplätze.
11.3 Schätzungen des gesamtwirtschaftlichen Nutzens 139

Cornelius Baur bezieht sich auf eine Analyse des McKinsey Global Institute, wonach
in Deutschland 62 bis 77 % der Arbeitsstunden von Geringqualifizierten, aber nur 18 %
der von Höchstqualifizierten, automatisiert seien [Baur17b].
Auf staatlicher Ebene mag die Rechnung mit größeren Unsicherheiten behaftet sein als
auf einzelwirtschaftlicher, insbesondere wenn personalsparende Maßnahmen in Unterneh-
men dazu führen, dass zwar mehr Hochqualifizierte gebraucht, gleichzeitig aber sehr viele
weniger qualifizierte Personen arbeitslos werden und mit öffentlichen Mitteln unterstützt
werden müssen (z. B. [Brau16b]). Nach einer Angabe in dem Magazin Der Spiegel hat sich
seit 1989 die Zahl der Arbeitsplätze für Universitätsabsolventen mehr als verdoppelt. Es
gibt aber 7,3 Mio. Arbeitsplätze weniger für Menschen, die nur höchstens einen Highschool-­
Abschluss haben [OV16bz]. Auf der Ebene des Staates wird dieses Problem oft unter dem
Stichwort „Polarisierungsthese“ geführt. Dieses Szenario ist in der wissenschaftlichen Lite-
ratur gut untersucht. Die Tendenz geht in Richtung „Wahrscheinlich“ [GoMS14]. Auch
eine in der American Economic Review publizierte Studie von amerikanischen Autoren
kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland Anzeichen für eine Polarisierung vorhanden
sind, die vor allem zu Lasten mittelqualifizierter Arbeitskräfte mit Routine-Tätigkeiten
geht. Es wird dort jedoch auch darauf verwiesen, dass manche Geringqualifizierte immer
noch gebraucht werden bzw. schwer ersetzbar sind [GoMS14]. Tab. 11.3 enthält einige
Aussagen zu summarischen Größen auf volkswirtschaftlicher Ebene. Die OECD hat diese
Polarisierung als eine der Hauptursachen für die zunehmende Einkommensungleichheit in
den meisten Industrieländern identifiziert [Wron17]. Tab. 11.4 enthält einige weitere Aus-
sagen zu Zusammenhängen zwischen Arbeitslosigkeit, Qualifikation und Automation.
Die Zukunft wird zeigen müssen, inwieweit die Inhaber der wegfallenden Arbeits-
plätze – ggf. durch aufwendige Umschulungen – die Kompetenz für die neuen A ­ rbeitsplätze
erwerben können. In Deutschland könnte dieses Thema aber wegen der besonders ungüns-
tigen Altersstruktur, wegen der im internationalen Vergleich niedrigen Lebensarbeitszeit
und wegen des Flüchtlingsstroms besonders virulent werden (vgl. auch [OV15af, Plic15]).
Man kann sich das Problem aber auch drastisch am Beispiel eines Entwicklungslandes
vergegenwärtigen: Wenn ein erheblicher Teil der Menschen arbeitslos ist, fällt der Netto-
nutzeffekt sehr verfeinerter, automatisierter Produktionsmethoden gering aus.

Tab. 11.3 Aussagen zu summarischen Größen auf volkswirtschaftlicher Ebene


Beispiele
Eine Saldenbetrachtung (des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Jahr 2015)
führte zu der Relation, dass bis 2020 40.000 Arbeitsplätze eingespart werden, und zwar 240.000
brutto, während 200.000 neu entstehen [Wolt15].
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2016 wurde eine Untersuchung bekannt, wonach in
Industrieländern in den nächsten fünf Jahren mehr als sieben Mio. Arbeitsplätze überflüssig
werden, denen nur zwei Mio. neuer für „Computer- und Technikspezialisten“ gegenüberstehen
[OV16bd].
Die Fraunhofer-Gesellschaft beziffert über zehn Jahre hinweg die Steigerung der Produktivität
auf rund 80 Mrd. Euro [Marx15a].
140 11 Nutzenbetrachtungen

Tab. 11.4 Zusammenhänge Arbeitslosigkeit-Qualifikation-Automation


Beispiele
Nach einer Meldung vom Januar 2017 gibt es in Deutschland rund 1,2 Mio. einheimische
Arbeitslose. Von den Langzeitarbeitslosen hat jeder zweite keine abgeschlossene
Berufsausbildung. Das Problem dürfte sich verschärfen, wenn die Mehrzahl der Flüchtlinge auf
den Arbeitsmarkt drängt. Inklusive derer, die sich noch in Integrationskursen bzw. anderen
Fördermaßnahmen befinden, suchen 425.000 Flüchtlinge eine Arbeit. Für ca. 60 % kommt nur
eine Anlerntätigkeit infrage, zumindest zu Beginn [Spec17].
Chui, Manyika und Miremadi haben festgestellt, dass wahrscheinlich durch Automation wenige
Berufe vollständig verschwinden dürften; vielmehr würden einfachere Teilaufgaben mehr oder
weniger automatisiert [ChMM16].
Eine neuere Beobachtung lässt einen Schluss auf die Entwicklung zu: Nach Einführung des
Mindestlohns ist 2015 in Deutschland die Arbeitslosigkeit unter Geringqualifizierten gestiegen,
wohingegen die durchschnittliche Arbeitslosenquote für alle Qualifikationsstufen beträchtlich
sank [Creu16]. In diese Richtung gehen auch Äußerungen des Personalchefs der Deutsche
Telekom AG über die Folgen der Digitalisierung [BrKa16].
In einem „Beschäftigungsausblick der OECD“, der im Juni 2017 vorgestellt wurde, wird
prognostiziert, dass Menschen mittlerer Qualifikation stärker durch den technologischen
Fortschritt bedroht würden als Beschäftigte mit sehr hohen oder niedrigen Fähigkeiten [OV17au].
In einer Studie der DZ Bank wird ein Szenario genannt, wonach I4.0 zu einem steigenden
Lohnniveau führen könnte; erst in späteren Phasen würden sich sinkende Grenzkosten einstellen
[Knop16c].
Aus seiner Erfahrung als Vorstandsvorsitzender des Roboter-Produzenten Kuka AG und
Beobachtungen in den USA befürchtet Till Reuter, dass sich „die Schere zwischen Top-Jobs und
schlecht oder gar nicht qualifizierten Menschen weiter öffnen wird“ [HöTu17].

Betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher bzw. gesellschaftlicher Nutzen müs-


sen nicht korrelieren. Es ist möglich, durch einen ortsgebundenen automatischen Anruf
einen Konsumenten, der während eines Bummels in der Fußgängerzone auf ein Schnell-
restaurant zusteuert, darauf aufmerksam zu machen, dass ein hundert Meter entferntes
anderes Restaurant ähnliche Speisen mit einem Tagesrabatt anbietet („Geofencing“). Aber
was ist der volkswirtschaftliche Gewinn?
Eine ähnliche Divergenz gilt für einen Teil der individualisierten Produkte (vgl.
Abschn. 9.4).
Oft wird im Zusammenhang mit neuen Technologien und neuer Technik der Nutzen
auf volkswirtschaftlicher Ebene im Produktivitätswachstum oder im Brutto-Inlandspro-
dukt pro Kopf quantifiziert. Diese Größen verlaufen trotz zunehmender Automation ent-
täuschend. In der frühen Zeit der IT führten volkswirtschaftliche Studien, z. B. von
­Brynjolfsson und Saunders [BrSa10], zu ernüchternden Ergebnissen [GaLe16, Plic16b,
S. 123–124]. Nobelpreisträger Solow soll gesagt haben: „You can see the computer age
everywhere but in the productivity statistics“ [Solo87]. Überdies gilt es weithin als unbe-
stritten, dass volkswirtschaftliche Statistiken insoweit in die Irre führen, als die Verlage-
rung von Arbeiten aus den Unternehmen hin zu Privaten zwar die Wohlfahrt in Staaten
mindern können, sich aber bei Produktivitätsmessungen der Unternehmen als Fortschritt
niederschlagen, weil die Betriebe größere Umsätze mit vermindertem Faktoreinsatz erreichen
Literatur 141

[Knop16g] (vgl. Abschn. 10.2). Man verwendet für das Auseinanderfallen zwischen dem
Ziel der Produktivitätssteigerung durch IT und der Stagnation der Produktivität die Ter-
mini „Produktivitätsparadoxon“ oder „Produktivitätsrätsel“. Einige Autoren, so Robert
Gordon oder Larry Summers, zogen daraus den Schluss, dass die IT in ihrer Reichweite
hinter früheren technischen Revolutionen zurückbleibe bzw. dass die sogenannte Digitale
Revolution bei weitem überschätzt werde [Mari15, Fisc15b, Ciel16, Plic16a, Pete16a,
HeRe16].
Neueren Arbeiten liegt z. T. die Hypothese zugrunde, dass die Erhöhung des Durch-
schnittsalters der Bevölkerung in vielen Staaten (Rückgang der Geburten, Verlängerung
der Lebensdauer) die Produktivität sinken lässt, da ältere Arbeitnehmer weniger leistungs-
fähig als jüngere seien. Diese Produktivitätsverluste würden die Produktivitätsgewinne
durch Automation mehr oder weniger „verzehren“ [IpGR17, Häri17].
Wirtschaftshistorische Vergleiche zeigen z. B., dass beim Einsatz der frühen Elektro-
motoren im industriellen Maßstab viel Lehrgeld gezahlt wurde. Beispielsweise baute man
die Fabriken so, als würden fortwährend große Dampfmaschinen das Zentrum bleiben.
Erst nach 30 Jahren erkannte man, dass der Elektromotor zu einer gewissen Dezentralisie-
rung führen musste. Der Historiker Paul David schätzte, dass es 30 Jahre dauerte, bis sich
die Erfindung der Dampfmaschine und der Elektrizität in einer beschleunigten Produktivi-
tät niederschlug. Es ist denkbar, dass man mit dem neuen Verständnis von Digitalisierung
und I4.0 ein ähnliches Muster der Produktivitätsfunktion über der Zeitachse erleben wird
(vgl. z. B. [Rüru16a, Münc16, Penn16a] oder [Pete16b]). Das könnte auch bedeuten, dass
eine erste Welle zu großen Enttäuschungen führt und erst in einer zweiten Welle die Poten-
ziale gehoben werden (vgl. Kap. 2).

11.4 Schätzungen des gesellschaftlichen Nutzens

Die umfassendsten Betrachtungen zum gesellschaftlichen Nutzen über die Ökonomie hin-
aus stellen u. W. der in Kap. 3 erwähnte Wissenschaftliche Beirat und Henning Kager-
mann an [Kage14]. Beispielsweise ist Letzterer optimistisch in Bezug auf solche Sujets
wie „eine bessere Work-Life-Balance“, „bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“,
„kürzere Einweisungs- und Lernzeiten“ der Arbeitnehmer oder „zusätzliche Beschäfti-
gungspotenziale“. Kagermann verkennt allerdings auch die Herausforderungen bzw. Risi-
ken nicht und erörtert kurz die Sicherheit der Privatsphäre und den drohenden
Fachkräftemangel [Kage14, S. 610–612] (vgl. auch Kap. 12).

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Risiken
12

Zusammenfassung
Neben den in Kap. 9 aufgeführten retardierenden Einflussgrößen gibt es Risiken, für
die gegenwärtig Wahrscheinlichkeiten kaum anzugeben sind. Einige Verläufe hängen
von politischen Entscheidungen ab. Beispiele: Welche Parameter wird der Gesetzgeber
für den früheren oder späteren Austritt aus dem Berufsleben setzen? Welche Anreize
und Fehlanreize werden im internationalen „War for Talents“ geboten bzw. nicht
vermieden?
Aus heutiger Sicht sind die Probleme mit der Datensicherheit und mit der Geschwin-
digkeit der Datenübertragung in kritischen Infrastrukturen die größten Risiken für eine
angemessene Entwicklung der Informationstechnik und ihrer Anwendungen.
Über die in Kap. 9 skizzierten retardierenden Faktoren, die den Anstiegswinkel
eines Trends verkleinern können, hinaus, sind auch Risiken ins Auge zu fassen, die die
weitere Automation und speziell I4.0 i. e. S. für lange Zeit unterbrechen würden.

12.1 Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit

Die Datensicherheit ist für die Entwicklung der vernetzten Betriebsmittel und Institutio-
nen von enormer Bedeutung. Selbst ein hochrangiger Spezialist wie der russische Experte
Jewgenij Kasperski äußerte Anfang 2017: „Ich habe diesen Informationskrieg nicht erwar-
tet.“ [HaBö17] Die deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung gibt in Anleh-
nung an Bitkom einen jährlichen Schaden für die deutsche Wirtschaft von rd. 50 Mrd.
Euro an [Wank15]. Vielfach wird das Sicherheitsproblem als wichtigstes retardierendes
Moment bei der weiteren Automatisierung gesehen [SoLi16]. Der Bitkom fand in seiner
jährlichen Trendumfrage 2016 die „IT-Sicherheit“ als „Thema des Jahres“ [Shah16]. Mit
den Bedenken der Unternehmen stimmen auch die der Bürgerinnen und Bürger überein.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 145


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5_12
146 12 Risiken

Nach einer Mitteilung des GfK Vereins sorgen sich 70 % der Deutschen um den Schutz
ihrer persönlichen Daten und befürchten in diesem Zusammenhang nicht nur Identitäts-
diebstahl und unerlaubten Eingriff in die Privatsphäre, sondern auch finanzielle Schäden
und gar den Missbrauch der IT zur Planung von Terroranschlägen [GfKV16]. Gemäß
Allianz Risk Barometer rangieren in der Einschätzung von 1.200 Risikoexperten aus 55
Ländern Cyberattacken auf Platz 1, und zwar bemerkenswerterweise noch deutlich vor
Einflüssen wie z. B. Kriege, Terrorismus, Inflation/Deflation [Rick17].
Das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ließ in seinem
Lagebericht 2015 erkennen, dass die Technik nur schwer mit den Sicherheitsanforderun-
gen mithält [Bund15a]. Demnach wird allein das Netz der Bundesregierung täglich im
Durchschnitt 400-mal angegriffen [BSI16a, S. 33]. Das Amt hat auch angegeben, dass
jeden Tag fast 400.000 neue Varianten von Schadprogrammen entdeckt werden [Bünd16a].
Das auf Sicherheit in der IT spezialisierte Kaspersky Lab warnt vor allem vor Sicherheits-
lücken, die großen Unternehmen dann drohen, wenn kleinere Partner in Liefernetzen
unvorsichtig sind [OV15cc]. Bemerkenswert ist, dass selbst in mittelständisch geprägten
landwirtschaftlichen Betrieben die Furcht vor Verletzungen in ihrer Datensicherheit die
Digitalisierung stark hemmt [OV16av]. Plastisch beschreibt Andreas Ring, Geschäftsfüh-
rer der Ring Maschinenbau GmbH, die Problematik: „Wenn vor 10 Jahren, bevor es Indus-
trie 4.0 gab, jemand in der Konstruktion eine Zeichnung mitgenommen hat, dann haben
immer noch 99 weitere Zeichnungen gefehlt, um das komplette Know-how einer neuen
Entwicklung zu verstehen. Wenn aber auf einen Schlag ein ganzer Block an Zeichnungen
weggenommen wird, dann ist es eine sehr kritische Geschichte. Durch die Digitalisierung
passt ein solcher Block von Zeichnungen auf einen USB-Stick und durch die Vernetzung
ist der Zugriff auf solche Daten auch von außerhalb des Unternehmens theoretisch mög-
lich“ [IHK15, S. 37].
In komplexen hochvernetzten Fertigungen ist es nicht einfach, die potenziellen Stör-
fälle und ihre Ausstrahlungen zu antizipieren. Ein solches überraschendes Beispiel skiz-
ziert Jansen: „Manchmal überrascht es, welche Teile einer Fabrik plötzlich zur „kritischen
Infrastruktur“ gehören können. Wie im Falle des Speiseeisherstellers, der niemals damit
gerechnet hat, dass ihm eines Tages der Drucker Probleme bereiten könnte, der die Palet-
ten beschriftet. Doch als durch einen Software-Fehler nicht mehr auf die Paletten gedruckt
werden konnte, welches Eis dort abgepackt ist und zu welchem Abnehmer es geliefert
werden soll, war die gesamte Produktion in Gefahr. Weil es zu teuer gewesen wäre, die
Produktion zu unterbrechen, wurden die Paletten ohne Etikett auf den Parkplatz gestellt,
wo das ganze Eis nach und nach zerschmolz“ [Jans16a].
Charakteristisch sind die in der Tab. 12.1 aufgeführten Einzelaussagen, darunter solche
von namhaften Spezialisten und Institutionen.
Ein besonders bemerkenswerter mehrmonatiger Angriff auf die IT-Systeme des
thyssenkrupp-­Konzerns wird damit in Zusammenhang gebracht, dass die Täter nicht
direkt einen finanziellen Ertrag anstreben, sondern eher an Know-how-Transfer interes-
siert sind (abgespeichert z. B. als Technische Dokumentationen oder Entwicklungspro-
jekte). In diesem Konzern wurde frühzeitig ein Computer im Produktionsprozess des
12.1 Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit 147

Tab. 12.1 Einzelaussagen zur Datensicherheit


Beispiele
Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, hat wiederholt öffentlich
darauf hingewiesen, dass „durch die digitale Vernetzung auch die Gefahr von Cyberangriffen auf
kritische Infrastrukturen deutlich zugenommen hat“ [HeAn16].
Bitkom: Umfragen belegen, dass mehr als ein Drittel der deutschen Unternehmen mindestens
einmal pro Woche aus dem Internet attackiert wird. Aus einer repräsentativen Umfrage des
Bitkom geht hervor, dass in den Jahren 2014 und 2015 51 % der deutschen Unternehmen Opfer
von Datendiebstahl, Wirtschaftsspionage oder Sabotage geworden sind [Czyc16].
Der Vorstandsvorsitzende des Netzwerkausrüsters Cisco, Chuck Robbins, äußerte: „Wir
blockieren allein in dem von uns betriebenen Netz 20 Milliarden Angriffe.“ Für das Jahr 2020
schätzt er, dass in jeder Stunde eine Mio. neue Dinge mit dem Internet verbunden werden
[Knop17a].
Für das Jahr 2016 wurden die Schäden aus Cyberkriminalität weltweit auf über 400 Mrd. Euro
geschätzt, für die darauffolgenden zwei Jahre wird eine Summe von 2,4 Billionen Euro
prognostiziert (Bericht des koreanischen Elektronikherstellers Samsung).
Selbst wenn Regierungen, Unternehmen und Private bereit wären, extreme Geldbeträge zu
opfern, könnten die Abwehrmaßnahmen an dem Mangel von Spezialisten scheitern [OV17ae].
Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI): Im Vergleich zum Oktober 2015
wurde im Februar 2016 durch Virenschutzprogramme 10-mal so häufig Ransomware (s. unten)
detektiert [BSI16b].
Der „WannaCry“-Hackerangriff im Mai 2017 traf weltweit Tausende von Rechnern in 150
Staaten, verteilt auf Fertigungsunternehmen, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser und u. v. a. m. Der
Ausgangspunkt wurde zum Teil in Nordkorea vermutet. Die Attacke gilt als größte, die bis zur
Abgabe dieses Buchmanuskriptes bekannt wurde.
Henning Kagermann weist auf die Gefahr hin, dass gerade in einer frühen Phase der Entwicklung
ein besonderes Risiko existiert: „Wenn die ersten Unfälle auftreten, weil die
Sicherheitstechnologien noch nicht ausgereift sind, oder Fälle, in denen die internen
Kontrollsysteme versagen, wird das Thema Industrie 4.0 weit zurückgeworfen werden“ [Spat13,
S. 105].
Die Geschäftsführerin der IBM Deutschland GmbH, Martina Koederitz, äußerte: „Wenn wir
bessere Lösungen für die Datensicherheit finden und die von der Bevölkerung akzeptiert werden,
dann werden wir auch zur Überzeugung gelangen, dass Digitalisierung ein Segen ist“ [Fock15].
„Inzwischen ist ein regelrechter Rüstungswettlauf entstanden zwischen Hackern und
Sicherheitsexperten“ [AhFi17].
Patrick Helmig und Khan Tuong, Gründer eines mit dem Preis des Vierten Innovationsforums
(Universität Frankfurt und Handelsblatt) ausgezeichneten Unternehmens, das Lösungen zur
Überwachung von Webauftritten anbietet, schätzen die Lage so ein: „Es ist ein Wettrennen
zwischen Webseitenbetreibern und Hackern. Und derzeit gewinnen die Hacker“ [FoTe15].
Äußerst bedenklich ist der mangelnde Schutz von Krankenhäusern gegen Hackerangriffe, wo
z. B. die telemetrischen EKG-Daten von Unfallopfern aus Rettungswagen in die Klinik noch
während des Transportes vom Unfallort zur Klinik absichtlich gefälscht werden können
[OV16bu].
(Fortsetzung)
148 12 Risiken

Tab. 12.1 (Fortsetzung)


Beispiele
Vor allem in jüngerer Zeit ist oft versucht worden, mit dem Internet verbundene Haushaltsgeräte
und Spielzeuge als „Einfallstor“ zu öffnen, um in die Netze von Haushalten und von dort in
Wohnanlagen zu gelangen. Ein Extrembeispiel ist die Barbiepuppe, die sich mit dem Kind
unterhalten kann [OV15ab]; daher hat die Bundesnetzagentur in Deutschland die Einfuhr, den
Vertrieb und auch den Besitz einer solchen Puppe verboten und sie als „verbotene Sendeanlage“
eingestuft [Jans17c]. Ähnliche Gefährdungen könnten von „digitalen“ Stofftieren ausgehen, die
mit Kindern und ihren Eltern interagieren und über ungesicherte Bluetooth-Verbindungen dazu
führen, dass das Kinderzimmer „verwanzt“ wird.
Das auf Cybersicherheit spezialisierte Unternehmen Arbor Networks hat einen Durchschnitt von
124.000 Angriffen pro Woche genannt [Jans16c]. Anfang 2017 wurde die Zahl der mit dem
Internet verbundenen Objekte auf mehr als sechs Milliarden geschätzt, dies bei stark steigender
Tendenz [KeSt17].
Ein Beispiel für die „Kreativität“ von Internet-Kriminellen ist die sogenannte Ransomware
(Erpressungssoftware): Diese macht Teile der Festplatte unzugänglich; nach Zahlung eines
„Lösegeldes“ wird die Sperre vom Täter aufgehoben [Kerk16a]. In einer Online-Umfrage des
BSI bekundete ein Drittel der Unternehmen, in den Monaten November 2015 bis April 2016
Opfer von Ransomware gewesen zu sein [OV16au].
Als neue Akteure könnten bald gut organisierte Terroristen hinzukommen („Terror 4.0“)
[Rick15].
Als einer der bisher spektakulärsten Online-Bankraub-Fälle gilt der, bei dem über ein
Wochenende im November 2016 40.000 Girokonten der englischen Tesco-Bank „geentert“
wurden. Bei etwa der Hälfte davon sollen die Täter Geld an fremde Konten überwiesen haben.
Das Bundeskriminalamt berichtet für Deutschland von durchschnittlich 5.000 Fällen im Jahr, bei
denen Bankräuber Online-Konten leerräumen [OV16bm].
Bei der Bank ING Diba arbeiten 550 Mitarbeiter im IT-Bereich. Davon beschäftigen sich 60
ausschließlich mit Sicherheitsfragen [Früh17b].
Andreas Raymond Dombret, Vorstandsmitglied der Bundesbank, mahnte nach IT-Pannen bei
mehreren großen Kreditinstituten einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Technik an.
Insbesondere hatte er wohl den Privatkundenvorstand der Deutsche Bank AG, Christian Sewing,
im Visier. Dieser hatte angekündigt, dass die Zentralbank mehr auf „Trial and Error“ setzen und
auch Kinderkrankheiten in Kauf nehmen wolle [OV16af].
In der ersten Jahreshälfte 2016 wehrte das BSI in den Regierungsnetzen durchschnittlich etwa
44.000 mit Schadprogrammen infizierte E-Mails pro Monat ab; das bedeutet eine Vervierfachung
gegenüber 2015 [Heid16].
Deutsche Unternehmen kämpfen mit durchschnittlich 27 Ausfällen im Jahr, das bedeutet im
Durchschnitt alle zwei Wochen, was dazu führt, dass Internet-Seiten nicht aufgerufen werden
können, einzelne Komponenten wie Drucker oder ganze Produktionsstraßen ausfallen [Jans16a].
2016 erregten wegen der Breitenwirkung mehrere stundenlange Ausfälle des Mobilfunknetzes
der Deutsche Telekom AG im Mai bzw. November Aufsehen [OV16ca, Bünd16a].
Nach Angaben des Bundeskriminalamts werden jährlich Tausende Online-Konten durch
Cyberattacken geplündert [Früh17a].
Kunden der Commerzbank AG und der Postbank AG konnten längere Zeit die Serviceterminals
der Bank bzw. EC-Karten nicht mehr nutzen [OV16cf, OV16cc].
(Fortsetzung)
12.1 Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit 149

Tab. 12.1 (Fortsetzung)


Beispiele
Die New York Stock Exchange musste den Handel stundenlang unterbrechen [Mich17].
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann berichtete, dass die Bank vereinzelt DDoS-Attacken
abzuwehren hatte. Es wird befürchtet, dass durch einen massiven Cyberangriff vielleicht sogar
„die nächste Finanzkrise ausgelöst werden könnte“ [OV17bj].
Die Staatsbank KfW Bankengruppe hatte im März 2017 versehentlich 7,6 Mrd. Euro auf falsche
Banken überwiesen. Dem Institut wurde von der Bankenaufsicht BaFin wegen der Schwächen in
ihrer IT ein zusätzlicher Kapitalpuffer von zwei Prozentpunkten zur Risikoabdeckung auferlegt
[Kann17b]. Eine ähnliche Panne ereignete sich fast zu gleicher Zeit bei der Deutsche Bank AG
(falsche Ab- und Zubuchungen) [OV17be].
Angeblich gibt es pro Tag mehr als 20 hoch spezialisierte Attacken auf das Regierungsnetz in
Berlin [Sigm16].
Im Zusammenhang mit auffälligen Beobachtungen zum Wahlverhalten in US-Bundesstaaten, in
denen die Abgabe der Stimme über das Internet möglich ist, werden neuerdings auch Systeme
zur Organisation von politischen Wahlen in Frage gestellt [Pitz16].
Neuerdings tauchen Vermutungen auf, dass durch hochautomatische Verbreitung von
Falschmeldungen an eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern Wahlkämpfe massiv
beeinflusst werden („Desinformationskampagnen“, „Wahlkampf neuer Prägung“) [Ange16b,
ReSc16].
Erschwerend wirkt, dass Unternehmen oft erst nach Monaten den Befall ihres Netzwerkes durch
Cyberkriminelle entdecken und dass staatliche Stellen hinsichtlich Bezahlung der hochgradigen
Spezialisten mit privatwirtschaftlich geführten „Sicherheitsfirmen“ nicht mithalten können
[KaKe16, Gayc16].
Im Dezember 2016 war die Einsatzzentrale des ADAC länger gestört mit der Folge, dass den mit
einer Panne liegengebliebenen Autofahrern keine Hilfe zuteil wurde.
Volkswagen AG: „Wir haben jede Woche rund 6.000 Angriffe aus dem Internet, die wir
abwehren“ [Germ16a].
„Die Angriffswellen beschleunigen sich. Umsatz und Gewinn der Cyberkriminalität stehen
weltweit denen der internationalen Drogenkartelle mit ihren jährlich rund 400 Mrd. Dollar in
nichts nach“ [Germ16a].
„718.536 Computernutzern wurden von April 2015 bis März 2016 weltweit von kriminellen
Hackern die Rechner blockiert.“ (Angabe des russischen IT-Sicherheitsunternehmens Kaspersky
Lab) [Buse16]
„The most dangerous and potentially destructive risks are the ones you underestimate.“ (Die
Risiken beim Entwurf und bei der Produktion von weltweit an vielen Stellen eingesetzten
Integrierten Schaltkreisen (IC) sind höher als die durch Fehler und Verletzung von Software.)
[OV16co]
„Das Schlagwort von der Industrie 4.0 bedeutet für die Unternehmen ‚Chaos‘“ [FoTe15].
Vielversprechende Ansätze wie z. B. das Konzept des sicheren Datenraumes („Industrial Data
Space“) des Fraunhofer-Instituts könnten zu einer Wende führen, dürften aber noch viel Zeit
kosten [Neug16].
Eine vom Bayerischen Rundfunk am 15.08.2015 verbreitete Meldung lautete: „Adobe schließt 35
Lücken in Flash.“ Derartige Nachrichten werden mittlerweile offenbar als „gewöhnlich“ bzw.
„nicht überraschend“ hingenommen.
(Fortsetzung)
150 12 Risiken

Tab. 12.1 (Fortsetzung)


Beispiele
Gemäß Allianz Risk Barometer stiegen Cybervorfälle als Risiko, das Unternehmen beschäftigt,
in den letzten Jahren an. 2013 nahmen sie mit 6 % der Antworten auf eine Befragung Rang 15
ein, 2017 mit 30 % Rang 3 [Alli17].
Die Schwarzmarktpreise für den Verkauf des Wissens über eine Sicherheitslücke an Kriminelle
(„Zero-Day-Exploits“) gehen bis zu einer Mio. Dollar [OV17bh].
Es ist fast paradox, dass ältere Kernkraftwerke gegen Angriffe aus dem Netz als sicherer gelten
als jüngere, weil man in den älteren mehr analoge Regelungselemente verbaut hatte, die von
außen nicht so leicht angreifbar sind wie digitale.

hochmodernen Walzwerkes Hohenlimburg, der Teil des Qualitätsmanagements ist und


alle Messwerte im Hochofen überwacht, angegriffen. Es wird vermutet, dass die Attacken
ihren Ursprung in einem Land in Südostasien haben. Darauf deuten ungewöhnliche
Angriffszeiten hin. Der Konzern baute eigens eine Gruppe CERT (Computer Emergency
Response Team) mit ca. 18 Spezialisten auf [Berk16].
Sicherheitslücken dürften sich auch durch das komplizierte Zusammenspiel von Syste-
men mehrerer Hersteller öffnen, die unterschiedlichen Branchen zugehören, z. B. Elektro-
technik, Fahrzeugbau, Informatik und Werkzeugmaschinenbau. Schon jetzt haben größere
Unternehmen oft Probleme, den vollständigen Überblick über ihre Systeme zu wahren, und
müssen sich zuweilen aufwendiger Verfahren zur Inventarisierung bedienen. Mit der weite-
ren Automation mit Hilfe von Systemen unterschiedlicher Herkunft dürfte das Problem noch
größer werden. Stephan Kaiser, der sich auf die Suche nach Sicherheitslücken in IT-Syste-
men spezialisiert hat, äußerte: „Wir bekommen selten vollständige Inventarlisten … die
meisten Kunden haben doppelt so viele IT-Systeme im Einsatz, wie sie glauben“ [Berk17,
S. 59]. Erfahrungsgemäß entstehen auch bei rasch aufeinander folgenden Änderungen
(„Updates“) vermehrt Schwachstellen (vgl. auch die Aussagen zur Haftung in Abschn. 9.10).
Das sog. Patching, d. h. die – oft in kurzen Zeitabständen erfolgenden – „Korrekturaus-
lieferungen“ von Software-Bausteinen, mit denen Sicherheitslücken geschlossen werden
sollen, gelten ihrerseits wieder als Schwachstellen: Sie erzeugen andere Schwachstellen.
Der Direktor des Digital Society Institute der European School of Management and Tech-
nology, Sandro Gaycken, schätzt: „Während einige Hundert Lücken entfernt werden, ent-
stehen gleichzeitig Tausende neu“ [Gayc17b].
Henning Kagermann merkt an, dass die mit I4.0 angestrebten Lösungen, soweit sie
Echtzeitverarbeitung voraussetzen, nur funktionieren, wenn die Daten verzögerungsfrei
übertragen werden bzw. kein Signalabriss stattfindet, und dass „Schwankungen in der
Datenübertragung in den Wertschöpfungsnetzwerken 4.0 so teuer werden (können) wie
Schwankungen bei der Stromversorgung für energieintensive Unternehmen“ ([Kage15b],
vgl. auch ein Interview mit dem Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft, Reimund Neu-
gebauer, in: [Marx16]).
Diese Gefahr könnte dadurch reduziert werden, dass Prozessen, bei denen Verlangsa-
mungen bzw. Staus besonders schlimme Auswirkungen haben, Prioritäten, vergleichbar
12.1 Datensicherheit und Übertragungsgeschwindigkeit 151

Straßenfahrzeugen mit Blaulicht und Martinshorn, eingeräumt würden. Eine andere Mög-
lichkeit wäre die zukünftige Einrichtung von zwei Netzen, von denen das eine, z. B. unter
der Bezeichnung „Ultraschnelles Netz“, „Industriekunden“ oder Institutionen der Gesund-
heitsversorgung vorbehalten bliebe. Als Vertreter dieser Denkrichtung wird Reinhard Cle-
mens, Vorstandsmitglied der Deutsche Telekom AG, zitiert [OV17bl]. Derartige
Überlegungen werden von Verfechtern der sog. Netzneutralität oft abgelehnt. Würde diese
Ablehnung aus politischen Erwägungen strikt durchgesetzt, so könnten Teile von I4.0 oder
IT-unterstützte schwierige medizinische Eingriffe daran scheitern oder Betriebe in Regio-
nen mit schwächerer Infrastruktur bekämen erhebliche Probleme, sollten sie Knoten in
Wertschöpfungsnetzen bleiben oder werden wollen. Offenbar leiten deutsche Anbieter
daraus die Forderung ab, der Gesetzgeber möge Voraussetzungen schaffen, dass deutsche
Anbieter wie die Deutsche Telekom AG vorhandene nationale DSL-Netze ohne Aus-
schreibungen im internationalen Raum verbessern dürfen ([Bünd16b], vgl. auch [Hauc16]).
Wie Kollmann und Schmidt vorschlagen, könnte eine politische Lösung etwa so aussehen:
Es gilt im Prinzip Netzneutralität. Jedoch werden in bestimmten Situationen Prioritäten
eingeräumt, die freilich andere Netzbenutzer diskriminieren. Diese Ausnahmen für Spezi-
aldienste darf es nur geben, „wenn sie gesellschaftlich relevant sind und dem Gemeinwohl
dienen“ [KoSc16, S. 127].
Unterschiedliche Prioritäten könnten durch programmierbare Vorschriften zum Daten-
verkehr in den Routern vergeben werden („Differentiated Services“, Reservierungen,
Dienstgüte-Garantien, Schaltung fester Wege (oft mit „Multi-Protocol-Label-Switching“),
Virtuelle Netze („Software Defined Networking“)). Diese Methoden sind zum Teil heute
schon verfügbar, zum Teil werden sie in der Informatik und in der Nachrichtentechnik
untersucht und weiterentwickelt.
Andererseits könnte der Ausbau der Kapazitäten in einem solchen Ausmaß, dass
sowohl die aus gesamtwirtschaftlichen bzw. technischen Bedingungen (Industrie, Verkehr,
Medizin) resultierenden Anforderungen erfüllt werden, als auch Spielereien und Freizeit-
vergnügen (z. B. Gedankenaustausch, Klatsch in Facebook, „Gaming“ unter Verwendung
dreidimensionaler Bilder, welches besonders große Übertragungskapazitäten erfordert)
als von der Allgemeinheit zu finanzierender Grundbedarf deklariert werden. Dies wäre
gesellschaftspolitisch zu hinterfragen.
Die rasant wachsende Zahl der angreifbaren Geräte erhöht auch das Risiko, dass an
vielen Stellen des täglichen Lebens sogenannte DDoS (Distributed-Denial-of-Service)-At-
tacken eine außerordentliche Breitenwirkung entfalten und damit auch ein entsprechendes
Erpressungspotenzial darstellen.
Summa summarum führen die wachsenden Angriffe auf Netze dazu, dass der optimale
Vernetzungsgrad noch kleiner als der maximale wird. Hierzu stehen bisher schwierige
Untersuchungen aus. Vielleicht können Erkenntnisse aus der beträchtlich ausgebauten
Theorie der Energieversorgungs-Sicherheit übernommen werden.
Assekuranzunternehmen sind dabei, neue Versicherungsprodukte zum Schutz vor
Cyberkriminalität zu entwickeln [ThBS17]. Es wird ein erhebliches Wachstum dieses
Geschäftszweigs prognostiziert [Peit17].
152 12 Risiken

Abzugrenzen von der Verletzung des Eigentums an Daten und Verfahrenswissen


(„Betriebsgeheimnissen“) durch kriminelle Aktionen sind Pflichten zur Offenlegung, die
im demokratischen Prozess durch den Gesetzgeber verfügt werden. Hierhin gehört z. B.
die Aufhebung des Bank- und Steuergeheimnisses (vgl. Abschn. 10.1). In einer offiziellen
Broschüre des Bundeswirtschaftsministeriums findet man den Satz: „Nutzer sollen nach-
vollziehen können, wie der Algorithmus arbeitet. Wir setzen uns daher für grundlegende
Transparenz- und Informationspflichten für Digitale Plattformen unter Berücksichtigung
von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ein“ [BMWi17, S. 74]. Der Zielkonflikt liegt
offen und könnte zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen, die dann einen Wachstums-
schub der Datensicherungs- und -schutz-Bürokratie auslösen würden.

12.2 Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel folgt zum Teil zwangsläufig aus der überalterten deutschen Gesell-
schaft. (Diese Bezeichnung gilt auch gemäß UN-Definition, da in Deutschland jeder fünfte
Bürger älter als 65 Jahre ist.) Die künftige Situation bei den IT-Fachkräften gilt vielfach
als angespannt, nicht zuletzt im Mittelstand und in der Staatsverwaltung einschließlich
Bundeswehr (s. Tab. 12.2).

Tab. 12.2 Schätzungen zum Fachkräftemangel


Einschätzungen
Das pessimistische von drei Szenarien in einer Studie des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung führt zu der Vorhersage, dass 2040 in Deutschland fast zehn Millionen
Arbeitskräfte fehlen würden [Grei17a].
Thiemo Heeg erwähnt eine nicht näher zitierte Studie, der zufolge es in Deutschland Ende 2016
51.000 offene Stellen für IT-Fachleute gab. Der Bitkom schätzt für 2017, dass 21.000 zusätzliche
Arbeitsplätze entstehen [Heeg17]. Die Zeitschrift Elektronik nennt ein vergleichbares Wachstum
der Nachfrage nach IT-Spezialisten [OV17az].
Der Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Wolfgang
Wahlster, beziffert den Mangel an Personen mit KI-Expertise in Deutschland auf 5.000 [OV17bf].
In der Telekom-Branche fehlen bis 2020 etwa 750.000 Fachkräfte [OV16be].
Die Bundeswehr braucht 14.000 IT-Spezialisten, um Daten zu schützen und Angriffe aus dem
Internet abzuwehren. Sie tut sich bei der Anwerbung hoch qualifizierter Fachkräfte schwer, weil
sie als wenig attraktiver Arbeitgeber gilt [Jans17a]. Im Februar 2017 liefen an der Bundeswehr-­
Universität München elf Berufungsverfahren zu Professuren für Cybersicherheit.
Gemäß Mittelstandsbarometer 2016 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH
(EY) sehen Mittelständler generell den Fachkräftemangel als größte Gefahr für das Unternehmen
an (erst auf Platz 4 erscheint diesem Barometer zufolge die Gefahr von Hackerangriffen)
[Wohl16a]. Der Prozentsatz der Unternehmen, die das beklagen, ist in den letzten zwei Jahren
von 67 auf 78 % gestiegen. Dabei wird ausdrücklich auch die IT genannt [OV17ar].
Gemäß einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC beklagten 63 %
der befragten Entscheidungsträger, dass der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern die
Weiterentwicklung der IT behindere [OV17at].
12.4 Risiken aus veränderten Arbeitszeit-Strukturen 153

Viel wird davon abhängen, inwieweit sich bei diesem Personenkreis deutsche Unterneh-
men hinsichtlich Attraktivität für hoch spezialisierte Zuwanderer gegenüber Konkurrenz-
ländern wie insbesondere China, Großbritannien, Japan und USA behaupten können.
Prognosen hierzu sind von vornherein besonders unsicher. Im Lauf der vergangenen Jahre
wechselten die Vorhersagen zu Überfluss und zu Mangel bei Informatikern und Ingenieu-
ren wiederholt, was dann die Wahl der Studienrichtung so beeinflusste, dass eine gewisse
Normalisierung eintrat. (In der Volkswirtschaftslehre werden solche Prozesse unter Zuhil-
fenahme des Cobweb-Theorems untersucht; umgangssprachlich benutzt man auch den
Ausdruck „Schweinezyklus“.) Welcher Prozentsatz der Flüchtlinge und anderer Zuwande-
rer, z. B. Akademiker aus Spanien, dauerhaft das Fachkräfteangebot erhöhen wird, ist eben-
falls strittig, denn er hängt auch von der Neigung zur Rückkehr in die Heimat und vom
Erlernen der deutschen Sprache ab. Es mag aber auch sein, dass das Problem des Fachkräf-
temangels durch Informationsverarbeitung selbst gelindert wird. Ein Weg führt über Echt-
zeit-Instruktionen: IT-Systeme antizipieren, dass ein Mitarbeiter ein Problem bekommen
könnte, und liefern sofort Wissen an den Arbeitsplatz, das der Betreffende noch nicht
besitzt [Mert15d]. In eine ähnliche Richtung geht die Festo-Gruppe: Häufen sich in auffäl-
liger Weise Qualitätsprobleme, die auf Wissenslücken des Personals zurückzuführen sind,
so können sich Festo-Arbeiter während des Betriebs kurze Zeit abmelden, um in speziellen
Schulungshallen zusätzliches Wissen zu erwerben [Woch16a] (vgl. Abschn. 11.2).

12.3 Risiken aus der Interdisziplinarität

Ein generelles Risiko ist das komplizierte Zusammenspiel von Technik, Betriebswirtschaft,
Recht (z. B. Datenschutz, Haftung für Fehler und Unfälle, Exportverbote), Föderalismus,
Bürokratie des Wohlfahrtsstaates, deutscher Politik und EU. Deutlich wird das z. B. an den
Ambivalenzen „Datenschutz ↔ „Big Data“ ↔ Kriminalitätsbekämpfung ↔ Flüchtlingspo-
litik oder Beschäftigung wenig Qualifizierter ↔ Automation ↔ Mindestlohn“.
Schon die Ziele mögen in den Fachdisziplinen nicht kompatibel sein. So geht der Inge-
nieur Dieter Spath von dem von ihm bezeichneten „Magischen Dreieck“ „Kosten – Qua-
lität – Zeit“ aus [Spat13, S. 20, 90], während der Betriebswirt im Auge hat, dass oft
Zeitgewinne mit zu großen Opfern bei der Rentabilität erkauft werden. Für viele
­Ingenieure, die sich zu I4.0 äußern, endet der Produktlebenszyklus, „wenn das Produkt
das Haus verlassen hat“ [Spat13, Abschn. 9.4], während er für den Betriebswirt so lange
dauert, bis das letzte Erzeugnis aus der Wartung genommen wird.

12.4 Risiken aus veränderten Arbeitszeit-Strukturen

Viele Autoren und Beobachter sehen, dass die Trennung zwischen Arbeits- und Freizeit
unschärfer wird, weil während der Arbeitszeit privat im Internet recherchiert und kommu-
niziert wird und umgekehrt der Arbeitnehmer während seiner Freizeit u. U. permanent von
154 12 Risiken

seinen Vorgesetzten angeschrieben werden kann. Hinzu könnte ein Zuwachs der virtuellen
Unternehmen und der „Solounternehmen“ kommen.
Teile der Bundesregierung und der Gewerkschaften diagnostizieren hier Handlungsbe-
darf (z. B. „Grünbuch zur Arbeit 4.0“ der Bundesarbeitsministerin). Die Arbeitgeberseite
hingegen befürchtet planwirtschaftliche Eingriffe des Gesetzgebers, etwa was erweiterte
Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte oder veränderte Rechtspositionen
hinsichtlich Werkverträgen angeht, und plädiert in Richtung von Betriebsvereinbarungen
oder Tarifverträgen [Spec15]. Es ist nicht auszuschließen, dass diese fundamentalen
Gegensätze zu langen Arbeitskämpfen führen, die die internationale Wettbewerbsposition
Deutschlands schwächen.

12.5 Problematische Umfragen

Die gegenwärtige Diskussion um Digitalisierung und I4.0 ist stark durch Umfragen
geprägt, die vor allem große Unternehmensberatungen unter ihren Kunden veranstalten.
Es handelt sich dabei um eine Art Meinungsforschung, in der eher Einschätzungen als
auf Beobachtungen oder Messungen beruhende Erfahrungen abgefragt werden. Es lassen
sich allerdings Fortschritte in Form verfeinerter Bestandserhebungen feststellen, wobei
eine Reihe von Indikatoren verknüpft werden [Mert16b]. McKinsey & Company hat die
Geschäftsberichte von Konzernen ausgewertet, um über Investitionen in die KI vorherzu-
sagen, wie sich hier Technologie und Technik entwickeln werden [OV17ay]. Auch fun-
dierte Vergleiche mit bisherigen Geschehnissen und Experimenten sind selten. So würde
es sich anbieten, die durchaus differenzierten Erkenntnisse mit dem Großexperiment
„Halle 54“ der Volkswagen AG (vgl. Kap. 3) oder die Ursachen und Folgen der soge-
nannten Dotcom-Blase auszuwerten. Soweit derartige Vergleiche mit praktischem
Geschehen nicht möglich sind, drängen sich Experimente in wissenschaftlichen Labors
auf. Hierzu müssen Versuchsfabriken oder realitätsnahe große Simulationsexperimente
durchgeführt werden. Fortschritte sind uns aus den Universitäten Aachen, Darmstadt,
Karlsruhe und Potsdam bekannt. Nach dem Aufbau der Technik, mit der die Realisierbar-
keit demons­triert wird, wären aber auch Investitionsrechnungen, Investitionskontrollen,
­Prozesskostenrechnungen, Lebenszyklusrechnungen [CoFG16] und Kalkulatorische Ver­
fahrensvergleiche, also betriebswirtschaftliche Beurteilungen, erforderlich.
So wird in der Studie „Industry 4.0 after the initial hype“ [McKi16, S. 12, 13] bemän-
gelt, es fehle in den Unternehmen an „a clear business case … that justifies investments in
data and systems architecture“.
In Anbetracht der beträchtlichen Risiken innovativer IT-Projekte sind Versuche wün-
schenswert, Rentabilitätsrechnungen zu entwickeln, in denen die möglichen Verluste und
zusätzlichen Kapitalbedarfe, aber auch nicht unbedingt zu erwartende Nutzeffekte quanti-
fiziert werden. Es bietet sich an, Kennzahlen, die in der Finanzwirtschaft entwickelt wur-
den, sog. Risk-Adjusted-Performance-Measurement-Kennzahlen, auf IT-Projekte zu
übertragen.
Literatur 155

Es lassen sich drei Ansätze unterscheiden [Fisc12, insb. Abschn. 10.4.2]:

1. Korrektur des Kapitalbedarfs (Nenner des Rentabilitätsbruches); hier wäre neben


der Personalintensität von vielen IT-Projekten auch das im Vorhaben gebundene
Humankapital zu quantifizieren (RORAC = Return on Risk Adjusted Capital);
2. Korrektur der Ergebnisgröße (Zähler) (RAROC = Risk Adjusted Return on
Capital);
3. Kombination von 1. und 2. (RARORAC = Risk Adjusted Return on Risk Adjusted
Capital).

Literatur

[Alli17] Allianz (Hrsg) (2017) Allianz Risk Barometer: Unternehmensrisiken 2017. https://
www.agcs.allianz.com/assets/PDFs/Reports/Allianz_Risk_Barometer_2017_DE.pdf.
Zugegriffen am 20.07.2017
[AhFi17] Ahmad I, Fischer E (2017) Der Krieg im Netz. Handelsblatt vom 17.01.2017, S 24
[Ange16b] Anger H (2016b) Digitaler Gegenschlag. Handelsblatt vom 05.12.2016, S 9
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[Bund15a] BSI (2015a) Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg) Die Lage der
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[Bünd16a] Bünder H (2016a) Bedrohung aus dem Netz. FAZ vom 30.11.2016, S 15
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[Fisc12] Fischer M, Möller K, Schultze W (2012) Controlling. Stuttgart
[Fock15] Fockenbrock D (2015) Schneller laufen als wir können. Handelsblatt vom 15.09.2015,
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[FoTe15] Fockenbrock D, Telgheder M (2015) Arroganz ist der Innovationskiller. Handelsblatt
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[Früh17a] Frühauf M (2017a) Digitale Risiken der Banken. FAZ vom 24.03.2017, S 17
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[Gayc16] Gaycken S (2016) Darknet: Hades des Internets. Handelsblatt vom 26.07.2016, S 48
[Gayc17b] Gaycken S (2017b) Unsere Schwachstellen. Handelsblatt vom 03.07.2017, S 13
[Germ16a] Germis C (2016a) Jede Woche 6.000 Angriffe aus dem Internet gegen VW. FAZ vom
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[GfKV16] GfK Verein (2016) „Furcht vor Datenmissbrauch ist weit verbreitet“. Pressemittei-
lung vom 28.01.2016. http://www.gfk.com/fileadmin/user_upload/dyna_content/DE/
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[Grei17a] Greive M (2017) Die Millionen-Lücke. Handelsblatt vom 31.08.2017, S 8
[HaBö17] Hans B, Böcking D (2017) Ich habe diesen Informationskrieg nicht erwartet. Spiegel
Online vom 19.01.2017
[Hauc16] Haucap J (2016) Gegen die Netzneutralität. Handelsblatt vom 21.07.2016, S 27
[Heeg17] Heeg T (2017) Zu wenig Fachkräfte: Bitkom sieht Digitalisierung in Gefahr. FAZ.NET
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[HeAn16] Heide D, Anger H (2016) Maaßens Mahnung. Handelsblatt vom 18.03.2016, S 1
[Heid16] Heide D (2016) Neue Qualität der Gefährdung. Handelsblatt vom 10.11.2016, S 21
[IHK15] IHK (2015) Industrie- und Handelskammern Rhein-Neckar, Pfalz und Darmstadt
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der Metropolregion Rhein-Neckar. Mannheim
[Jans16a] Jansen J (2016a) Alle zwei Wochen stehen die Maschinen still. FAZ vom 06.06.2016,
S 22
[Jans16c] Jansen J (2016c) Hackerangriffe auf das Internet der Dinge verschrecken Nutzer. FAZ
vom 07.11.2016, S 26
[Jans17a] Jansen J (2017a) Cybersoldaten verzweifelt gesucht. FAZ vom 06.05.2017, S 33
[Jans17c] Jansen J (2017c) Wenn die Puppe im Kinderzimmer spioniert. FAZ.NET vom
18.02.2017
[Kage15b] Kagermann H (2015b) Eine Mindestgeschwindigkeit im Netz verankern. FAZ vom
12.11.2015, S 23
[Kann17b] Kanning T (2017) Die KfW hat noch deutlich mehr Geld falsch überwiesen. FAZ vom
30.03.2017, S 22
[KaKe16] Karabasz I, Kerkmann C (2016) Der Feind im eigenen Netzwerk. Handelsblatt vom
18.03.2016, S 8
[Kerk16a] Kerkmann C (2016a) Achtung, Klinikvirus! Handelsblatt vom 15.02.2016, S 20
[KeSt17] Kerkmann C, Steger J (2017) Der Spion im Schlafzimmer. Handelsblatt vom
20.01.2017, S 16
[Knop17a] Knop C (2017a) Die Nerds werden nachdenklich. FAZ vom 29.05.2017, S 24
[KoSc16] Kollmann T, Schmidt H (2016) Deutschland 4.0 – Wie die Digitale Transformation
gelingt. Wiesbaden
[Marx16] Marx U (2016) Wir können dem Silicon Valley Paroli bieten. FAZ.NET vom 13.07.2016
[McKi16] McKinsey & Company (2016) Industry 4.0 after the initial hype. o. O.
[Mert15d] Mertens P (2015d) Zwischenruf: Hochschule 4.0 – ein Paradigmenwechsel? HMD –
Praxis Wirtsch 52(5):645–646
[Mert16b] Mertens P (2016b) Interview mit Prof. Dr. Irene Bertschek zu „Die IKT-­Branche ist
sehr erfindungsreich, was neue Begriffe angeht“. Wirtschaftsinform Manag 7(6):48–53
[Mich17] Michaelson J (2017) Prepare for a New Supercycle of Innovation. The Wall Street
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[OV15ab] Ohne Verfasser (2015ab) Agentin im Kinderzimmer. Handelsblatt vom 11.12.2015,
S2
[OV15cc] Ohne Verfasser (2015cc) Zulieferer und das Cyberrisiko. FAZ vom 27.11.2015, S 20
[OV16af] Ohne Verfasser (2016af) Bundesbank mahnt Banken zu mehr Vorsicht. FAZ vom
11.10.2016, S 23
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09.03.2016, S 22
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[OV16cf] Ohne Verfasser (2016cf) Software-Panne der Postbank ärgert Kunden. FAZ vom
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avnet.com/wp-content/uploads/2016/07/What-Risks-are-Hiding-in-Your-Supply-
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[OV17ae] Ohne Verfasser (2017ae) Cybersicherheitspersonal dringend gesucht. FAZ vom
17.02.2017, S 19
[OV17ar] Ohne Verfasser (2017ar) Fachkräftemangel kostet 50 Milliarden Euro. FAZ vom
28.01.2017, S 25
[OV17at] Ohne Verfasser (2017at) Immer mehr Unternehmen zweifeln an eigener IT-Kompe-
tenz. FAZ vom 02.03.2017, S 24
[OV17ay] Ohne Verfasser (2017ay) Milliarden-Investitionen in künstliche Intelligenz. FAZ vom
20.06.2017, S 19
[OV17az] Ohne Verfasser (2017az) Nachfrage nach Fach- und Führungskräften wächst. Elektro-
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[OV17be] Ohne Verfasser (2017be) Software-Panne trifft Kunden der Deutschen Bank. FAZ vom
30.03.2017, S 23
[OV17bf] Ohne Verfasser (2017bf) Spezialisten gesucht. Handelsblatt vom 20.03.2017, S 19
[OV17bh] Ohne Verfasser (2017bh) Trojaner werden Routine. Frankfurter Allgemeine Sonntags-
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[OV17bj] Ohne Verfasser (2017bj) Weidmann warnt vor Cyberattacken. FAZ vom 19.05.2017,
S 18
[OV17bl] Ohne Verfasser (2017bl) Wirtschaft fordert neue Digitalagenda. FAZ vom 14.06.2017,
S 17
[Peit17] Peitsmeier H (2017) Die Crux mit den Cyberpolicen. FAZ vom 14.07.2017, S 26
[Pitz16] Pitzke M (2016) Neuauszählung der US-Wahl. Spiegel Online vom 30.11.2016
[ReSc16] Reinbold F, Schnack T (2016) Ich ganz allein habe Trump ins Amt gebracht. Spiegel
Online vom 05.12.2016
[Rick15] Ricke T (2015) Schutzschild gegen Terror 4.0. Handelsblatt vom 10.12.2015, S 16
[Rick17] Ricke T (2017) Unternehmen fürchten Cyberattacken. Handelsblatt vom 11.01.2017,
S7
[Shah16] Shahd M (2016) Sicherheit für IT-Unternehmen das Thema des Jahres. Bitkom-­
Pressemitteilung vom 25.01.2016. https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/
Sicherheit-fuer-IT-Unternehmen-das-Thema-des-Jahres.html. Zugegriffen am
22.12.2016
[Sigm16] Sigmund T (2016) Der Feind im eigenen Heim. Handelsblatt vom 03.11.2016, S 18
158 12 Risiken

[SoLi16] Sobania K, Liecke M (2016) Wirtschaft 4.0 – Ergebnisse einer DIHK-Befragung. Con-
trolling 28(4):262–265
[Spat13] Spath D (Hrsg) (2013) Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0. Studie des Insti-
tuts Fraunhofer IAO, Stuttgart
[Spec15] Specht F (2015) Kampf um Deutungshoheit über Arbeit 4.0. Handelsblatt vom
20.10.2015, S 11
[ThBS17] Thofern J-O, Benfield A, Schnell C (2017) Kriminelle Energie. Handelsblatt vom
15.03.2017, S 30
[Wank15] Wanka J (2015) Industrie 4.0 kommt, mit Sicherheit. FAZ vom 23.07.2015, S 17
[Woch16a] Wocher M (2016a) Lernen für die digitale Zukunft. Handelsblatt vom 18.04.2016, S 20
[Wohl16a] Wohleb D (2016a) Das 46-Milliarden-Euro-Problem. Handelsblatt vom 29.09.2016,
S 43
Stichwortverzeichnis

A Arbeitszeit- und Urlaubsregelung 17


Abfischen von Passwörtern 105 Artikelentnahme 24
Abgasnormen 110 Assekuranzunternehmen 151
Abgasreinigung 110 Assistenzsysteme 5, 9, 138
Ablaufplanung 71 Asteroidengürtel 11
Ableitungsverfahren der Logik 8 Atom 36
Abschalteinrichtung 110 Auf-Abruf-Wirtschaft 84
ABS-System 3, 100 Aufrechnung von Menschenleben 99
Adaptive Logistik 73 Aufwärtsspirale 8
AdBlue-Emulgator 110 Augensteuerung 37
Additive Fertigung 97 Augmented Reality 48
Ad-hoc-Auktion 137 Ausgangspost 78
Ärzteverband 121 Außenpolitik 15, 18
Agilität 89 Außenwirtschaftsrecht 109
Agrarwirtschaft 33, 137 Automationsgerechte Gesetzgebung 122
Airbag 100 Automatische Kuvertierung 77
Aktionsplan zur High-Tech-Strategie 55 Automatische Montagesysteme 2
Aktorik 36 Automatische Nachbestellung 24
A-Kunde 49 Automatisches Fahren 87
Alarmismus 16, 48 Automatische Transportvorrichtung 72
Altersstruktur 139 Automatische Umrüstung 96
Analoges Fotografieren 83 Automobilbau 136
Analoge Stimmzettel 120 AUTONOMIK 26
Analogisierung 36, 46, 128 Autopilot 3, 9
Anlageninstandhaltung 68 Available-to-Promise 72
Anlagenwartung 103
Anlerntätigkeit 140
Anwaltskanzlei 109 B
Anytime-anywhere-workforce-Aktion 6 B2C-Bereich 21
App 74, 84, 90, 105, 107, 130 Bad English 73
App-Ökonomie 90 Barometer Netzpolitik 16
Approximate Computing 37 Baukastenstrategie 97
Arbeitsgedächtnis 39 Bedeutungs- und Kontrollverlust 3
Arbeitskampf 154 Bedingungsloses Grundeinkommen 65
Arbeitswissenschaftliche Untersuchung 23 Begriffsapparat 45

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 159


P. Mertens et al., Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung,
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19632-5
160 Stichwortverzeichnis

Belegleser 135 Bundesministerium für Bildung und Forschung


Bepflanzung mit Setzlingen 76 20, 37, 124, 145
Beratungsgutschein 96 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Berichtssystem 71 20, 103, 107
Beschäftigungschance 135 Bundesnetzagentur 148
Bestellformular 70 Bundesrechnungshof 125
Bestellpunkt 137 Bundesregierung 16, 41, 48, 55, 93, 124–126,
Bestellsoftware 36 146, 154
Beta-Tester 129 Bundessteuerberaterkammer 122
Betriebsdatenerfassung 25 Bundestag 19, 22, 108
Betriebsgeheimnis 102, 152 Bundesverband der Deutschen Industrie 93,
Betriebs- und Maschinendatenerfassung 75 108
Betriebsvereinbarung 154 Bundesverband Deutscher
Betrüger 87, 110 Unternehmensberater 95
Betrugsmaßnahme 69 Bundesverfassungsgericht 99
Betrugssoftware 110 Bundeswehr 152
Betrugsversuch 9 Bundeszentralamt für Steuern 126
Bewässerung 76 Bürgerliches Gesetzbuch 108
Bezahldienst 129 Bürokratie 107, 153
Big Data 10, 26, 48, 68, 69, 79, 103, 153 Bürokratieaufwand 94
Big Data Analytics 41 Bürokratiekram 127
Bilanz 98 Business Case 107
Bildverarbeitung 8 Business Engineering 43
Biometrische Daten 68 Business Intelligence 26, 103
Bionik 39 Business Process Reengineering 95
B-Kunde 49 Buzzword 26, 42
Blended Learning 5 Buzzword-Generator 54
Bodenbeschaffenheit 71, 76
Body-Mass-Index 130
Bordcomputer 110 C
Bordelektronik 100, 110 Capable-to-Match 72
Brain-Computer Interface 38 CD-Regal 19
Brandschutzanlage 70 CeBIT 11, 93, 95
Breitbandausbau 40, 109 Charta digitaler Grundrechte 125
Bremsintensität 39 Chemische Industrie 136
Bremsverhalten 84 Chief Digital Officer (CDO) 27
Brutto-Inlandsprodukt 140 Chief Disruption Officer 26
Buchbranche 36 Chief Information Officer 27
Buchungsplattform 137 China 17, 21, 48, 97, 101, 102, 136, 153
Bulgarien 111 Chip 4
Bundesagentur für Arbeit 124, 126 Churn-Analyse 104
Bundesamt für die Sicherheit in der CIM 22–24, 27, 42, 46, 65
Informationstechnik (BSI) 121, 146, 147 Cloud Computing 41
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 124 Clusteranalyse 103
Bundesamt für Verfassungsschutz 102, 147 CNC-Maschine 50
Bundesbank 148 Cobweb-Theorem 153
Bundesfinanzhof 110 Coffeeshop 105
Bundeskriminalamt 124, 148 Cognitive Computing 10
Bundesministerium für Arbeit und Soziales 41 Computer Age 140
Stichwortverzeichnis 161

Computerdesaster 89 Deutscher Beamtenbund 119


Computer Emergency Response Team Deutscher IT-Planungsrat 125
(CERT) 150 Deutscher Städtetag 119
Condition Monitoring 68 Dezentrale Planung und Steuerung 23
Consumer-Bereich 88 Dialogorientiertes Serviceverfahren für die
Contact-Center-Supervisor 68 Hochschulzulassung 124
Contergan-Katastrophe 70 Dienstleistungsvertrag 69
Country-by-Country-Reporting 126 Differentiated Services 151
Crossmedia 84 Digicale Strategie 5
Crowdfunding 79 Digital-Analog-Wandlung 36, 39
Customer Journey 26 Digitalchef 27
Customizing 64 Digitales Kraftfahrzeug 87
Cyberangriff 147 Digitale Weltmacht 11
Cyberattacke 73, 146, 148 Digital Farming 76
Cyberkriminalität 111, 147, 149, 151 Digital-Gipfel 46, 93
Cyber-physical system 46, 47, 49 Digitalisierungsgrad 40
Cybersicherheit 148, 152 Digitalisierungsstrategie 77, 120, 138
Cyber Valley 9 Digitalkamera 83
Cybervorfall 150 Digital-Manifest 10
Cyborg 37 Digital Society Institute 150
Cycle Beating 69 Digitalstrategie 93, 104
Diskrete Ereignissimulation 49
Disposition
D automatische 49, 98, 137
Dampfmaschine 141 Disruptor 26
Darwinistisches Prinzip 17 3D-Kamera 7
Darwin’scher Prozess 11 3D-Materialbereitstellungslayout 7
Datenanalyse 94 Dokumentenmanagement 78, 127
Datendiebstahl 147 Dotcom-Blase 7, 63, 154
Datenfernübertragung 98 Dotcom-Crash 2
Datenschatz 69 3D Printing 48
Datenschutz 108, 125, 153 Drogenkartell 149
Datenschutzpolitik 119 Drohne 98
Datensicherheit 107, 108, 145–147 3D-Scanner 103
Datensicherungs- und -schutz-Bürokratie 152 DSL-Netz 151
d!conomy 95 3D-Technik 63
DDoS-Angriff 6, 149, 151 Düngung 76
3D-Druck 63, 107, 108 Durchlaufmenge 74
Defeat Devices 110 Durchlaufzeit 27, 71
Deflation 146
Delivery 90
De-Mail 122 E
Denkfabrik 11 E-Bilanz 122
Design 7 Echtzeit-Instruktion 153
Desinformationskampagne 149 E-Commerce 6, 104
Desinvestition 2, 65 E-Government 120, 125
Desktop Purchasing 70 E-Government-Monitor 120
Deutsche Nationalbibliothek 6 E-Health-Gesetz 121
Deutscher Anwaltverein 10 Eilauftrag 72
162 Stichwortverzeichnis

Eingangspost 78 Ethikkommission 99
Eingebettete Systeme 3, 39, 41, 73, 85, 89 Etymologie 26
Einkommensungleichheit 139 EU-Agrarsubventionen 71
Einparkhilfe 100 EU-Digitalisierungsstrategie 19
Einreise- und Ausreiseregister 124 EU-Kommission 15, 109, 110, 120
Einweisungs- und Lernzeit 141 Euphoriephase 64
Elefantenhochzeit 99 Europäisches Parlament 125
Elektroantrieb 105 Europäische Zentralbank 128
Elektromobilität 19 European Media Partner 55
Elektromotor 141 European School of Management and
Elektronen 109 Technology 150
Elektronische Gesundheitskarte (eGK) 121 Evolution 11, 18, 64, 100, 102, 129
Elektronische Kasse 110, 129 Evolutionärer Pfad 64
Elektronische Rechnung 103 Evolutionärer Prozess 64
Elektronischer Personalausweis 122 Evolutionäres Rechnen 11
Elektronisches Kassensystem 110 Evolutionary Computation 11
Elektronisches Postfach 78, 127 Ewiger Bedenkenträger 15
Elektrotechnik 136, 150 Expertensysteme (XPS) 2, 6, 8, 44
Elementarteilchen 109 Expertensystemtechnik 128
ELENA 122 Exportchance 92
E-Mail-Konto 79
Embargo 73
Embedded Systems 46, 87 F
Emotionsverarbeitung 38 Fab Five Technologies 48
Empfehlungssystem 34, 38 Fachkräftemangel 100, 136, 141, 152, 153
Endmontage 7, 103 Fachpolitiker 126
Endrohrmessung 110 Fähigkeit
Energiepolitik 18 kognitive 78
Energieversorgungs-Sicherheit 151 selbstlernende 78
Enterprise-Content-Management 78 Fälligkeitsanzeige 77
Enterprise Resource Planning (ERP) 41 Fahrerassistenzsystem 100
Entscheidungs-Unterstützungs-System Fahrerloses Auto 101, 106
(EUS) 98 Fahrzeugbau 150
Entwicklungshilfe 18 Familien-Unternehmen 94
Entwicklungsland 119, 130, 139 Fast Experimentation 91
Epigenetik 39 Fehlanreize 145
E-Postfach 122 Fehlerhaftes Datenwerk 123
Erfahrungsgedächtnis 39 Fehlermeldung 98
Ergonomie 7 Fehlertoleranz 88
Erklärungskomponente 8 Fehler- und Lernkultur 88
Ernährungswissenschaften 1 Fehlervermeidungskultur 91
Ernte 76 Fehlinvestition 101
ERP 109 Feldstärke 36, 39
Erpressungspotenzial 151 Fernsteuerung 74
Erpressungssoftware 148 Fertigung 104
ERP-System 26 Fertigungssteuerung 67, 71, 75
Erstattungsantrag 78 Fertigungstechnik 24, 49
Erstaufnahmeeinrichtung 124 Fertigungstechnik und -automation 23
E-Tanksäule 125 Fertigungsunternehmen 147
Stichwortverzeichnis 163

Fertigungsvorschriften 71 Gesundheitswesen 17
Filialnetz 77 Getriebeschaltprogramm 110
Finance Robotics 103 Global Champion 101
Finanzkrise 149 Globaler Strukturbruch 96
Finanzrecht 109 GO-Spieler 8
Fingerbewegung 37 GPS-Sender 105
Fingerring 106 Greifwerkzeug 36
Fintech 79, 88 Grenzkosten 140
Fintechisieren 26 Grenzsicherung 18
Fitnessrechner 105 Griechenland 111
Flashspeicher 36 Großbritannien 153
Fließband- bzw. Montage-Optimierung 74 Große Koalition 127
Flüchtlingspolitik 15, 153 Grünbuch zur Arbeit 4.0, 154
Fluid Boundaries 37 Gründungsinitiative 3.0 96
Föderale IT-Kooperation von Bund und Gründungssubvention 79
Ländern (FITKO) 125 Grüne Welle 123
Föderales Integriertes Standardisiertes Gruppenabfrage 126
Computer-Unterstütztes Steuersystem Güternetz oder -kette 72
(FISCUS) 122 GuV-Rechnung 98
Föderalismus 120, 153
Förderprogramm 24
Fraktale Fabrik 65 H
Freizeit 151, 153 Hackathon 89
Fremdsprachenübersetzung 26 Hacker 100, 147, 149
Fruchtfolge 76 Hackerangriff 147, 152
Haftungsrecht 108
Haftungs- und Dokumentationspflicht 128
G Halbzeugfertigung 23
Gadget 56 Halle 54 6, 23, 24, 72, 154
Game Changer 26 HANA 98
Gaming 151 Handelsplattform 26
Ganzkörperanzug 37 Harnstoffeinspritzung 110
Ganzkörpergeste 37 Harnstoff-Tank 110
Gartner Hype Cycle 2–4, 6, 65 Hartes Kernkapital 125
Gartner-Hype-Cycle-Methode 64 Hauptspeicher 4
Gefährder 124 Headset 68
Geheimdienst 100, 102 Highschool-Abschluss 139
Gehirn-Gesichtsausdruck-Emotion 39 High-Tech-Strategie 55
Gemütsausdruck 38 Hirn-Computer-Schnittstelle 37
General Problem Solver 8 Hirnphysiologie 39
Gentechnische Analyse 97 Hirnstrom 37, 39
Geofencing 140 Histon-Protein 39
Geoposition 76 Hochautomatisierte Fahrerfunktion 101
Geringqualifizierter 135, 139, 140 Hochautomatisierte Fahrfunktion 136
Geschäftsbericht 154 Hochautomatisiertes Fahren 101
Geschäftsgeheimnis 152 Hochfrequenzentscheidung 98
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 109 Hochqualifizierter 135, 139, 152
Gesetz zur Digitalisierung der Hochregallager 25
Energiewende 125 Hochsicherheitstrakt 102
164 Stichwortverzeichnis

Hochtechnologie 101 Ingenieurgeist 90


Höchstqualifizierter 139 Inhalte-Verkäufer 84
Honorarabrechnung 103 Inlands-Zahlungsverkehr 128
Hotelpreis-Tracking 84 In-memory-Analyse 33
Human Augmentation 38 Innovationcenter for Operations 95
Human Brain Activity Project 39 Innovationsforum 147
Human Brain Project 39 Innovationsfreude 79
Human Media Interaction 39 Innovationskultur 91
Humanressourcen 64 Innovationszyklus 88
Human- und Sachkapital 7, 64 Insolvenz 73, 101, 122
Hybridisierung 26 Insolvenzverwalterkanzlei 122
Hydraulikventil 138 Instandhaltung
Hyperkonnektivität 26 zustandsabhängige vorbeugende 68
Instandhaltungssteuerung 2
Instandhaltungsstrategie 68
I Integrated Commerce 6
IBAN 78, 128 Integration
IBM Watson 34, 69, 76, 78, 88 durchgängige 44
ICE-Zug 123 mangelnde 77, 124
Identitätsdiebstahl 146 zwischenbetriebliche 24, 92
Ignoranz 93 Integrierte Daten- und
Immobilienmakler 85 Informationsverarbeitung 47
Indien 130 Integrierte Informationsverarbeitung 103, 104
Individualisiertes Produkt 140 Integrierter Schaltkreis (IC) 149
Individualisierung 123 Integriertes Bürgerkonto 125
Industrial Data Space 149 Integriertes Gesundheitskonto 125
Industrial Internet Consortium (IIC) 76, 108 Intelligente Datenanalyse 104
Industrial Internet of Things 48 Intelligente Heizung 137
Industrie 4.0 – Made in Germany 107 Intelligente Landmaschinen 71
Industrie-4.0-Maturity-Index 50 Intelligenter Handschuh 138
Industrieautomation 101 Intelligentes Greifwerkzeug 36
Industrie du futur 47 Intelligentes Messsystem 125
Industriegipfel 22 Intelligente Steuerung 48
Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) 24 Intelligente virtuelle Agenten 37
Industriespionage 102 Intelligent User Interface 37, 39
Industriestandard 107 Intelligenzexplosion 11
Inflation 146 International mobile Straftäter 124
Informatik 1, 24, 35, 47, 49, 50, 87, 92, 127, Internet+ 48
150 Internet der Dinge 42, 43, 46, 48, 55, 56, 136
Information by Exception 71 Internet-Kriminelle 148
Information Retrieval 26 Internet of Things 48
Informationsfreiheit 119, 126 Internet-Plattform 6
Informationskrieg 145 Internet-Unternehmen 7
Informations- und Internet-Versender 84
Kommunikationstechnologie 136 Internetzahlverfahren 128
Informationsverarbeitung Inventarliste 150
betriebswirtschaftliche 23 Investition 2, 7, 23, 64, 89, 93, 99, 101, 138,
technische 23 154
Infrarot-Kamera 24 Investitionskontrolle 154
Stichwortverzeichnis 165

Investitionsrechnung 47, 94, 154 Kognitive Technologie 10


Ionenstrom 37 Kommissionier-Bereich 25
iPod 84 Kommissionieren 25
Israel 120 Kommissioniersystem 24
Italien 120 Kommunikationspolitik 95
Iterative Improvement 91 Komplexitätskosten 137
IT-GAU 89 Komponentenhersteller 73
IT-Kapazität 69 Konfiguration 73, 74
IT-Planungs- und -Steuerungssystem 138 Konfigurator 75
IT-Sicherheit 145 Konjunkturprogramm 136
IT-Sicherheitsunternehmen 149 Konstruktion 7
iTunes 84 Konstruktionsänderung 98
Konstruktionsarbeitsplatz 23
Kontoauszug 77
J Kontrollsysteme 147
Jahresgutachten der Expertenkommission Korrekturauslieferung 150
Forschung und Innovation 120 Kosten- und Leistungsrechnung 47
Jahresgutachten der fünf Wirtschaftsweisen 18 Krankenstand 23
Japan 136, 153 Krankenversicherung 121
Jobcenter 125 Kreditkartenterminal 111
Jurist 138 Kreiskolbenmotor 8
Kriminelle 94, 150
Kritische Infrastruktur 145–147
K Kühlung 98
Kalkulatorischer Verfahrensvergleich 154 Kündigungsschutz 17
Kanzlei 138 Künstliche Neuronale Netze (KNN) 8
Kapazitätsauslastung 72 Künstliche Neuronen 40
Kapazitätsengpass 85 Kulturwandel 90
Kapazitätsquerschnitt 71 Kumulative Forschung und Entwicklung 1, 27
Kapitalbindung 71, 129 Kundenauftrag 71
Karosseriefertigung 137 Kundenauftragsbearbeitung 103
Kartellrecht 109 Kundenauftragsverwaltung 24
Kartellstrafe 109 Kundendeckungsbeitrag 49
Kassenterminal 129 Kundendienst 100, 104
Kenntnis-Profil 136 Kundenfreundlichkeit 123
KI-Direktor 9 Kundenportal 77
KI-Expertise 152 Kundenpriorität 71
KI-Forscher 8 Kundenschnittstelle 77
KI-Lehrstuhl 8 Kundenterminal 128
Kinderkrankheiten 90, 129, 148 Kundenwert-Berechnung 49
KI-System 8 Kurvengeschwindigkeit 84
KI-Welle 9, 27
KI-Winter 8
KI-Zentrum 9 L
KMU 92, 94 Ladungsdichte 36
Know-how 146 Ladungszustand 36
Know-how-Transfer 102, 146 Lagerautomat 46
Koalitionsfreiheit 17 Lagerbestandsführung 24
Körperschall 69 Lagerdisposition 24, 103
166 Stichwortverzeichnis

Lagereingang 103 Magnetplatte 4


Lagerhaltung 23 Magnetschwebebahn 7
Lagerlogistiksystem 138 Managed Print Services 78
Landmaschinenflotte 76 Managementversagen 124
Landwirtschaft 136 Mangellage 71
Landwirtschaftliche Großmaschine 85 Marktbeherrschende Stellung 109
Langzeit-Speicher 79 Marktexplosion 56
Laser-Scanner 25 Marktsegment 101
Last-Minute-Angebot 84 Markt- und Meinungsforschungsinstitut 6
Latenzzeit 109 Maschinelles Lernen 11
Lean Management 95 Maschinelles Lernverfahren 10
Lean Production 7, 65 Maschine-Maschine-Kommunikation 72
Lebensdauer 79, 88, 97, 141 Maschinenbau 3
Lebenszyklusrechnung 154 Maschinenbelegung 70
Legal Tech 103 Maschinen- und Anlagenbau 136
Lehrgeld 141 Massage 98
Lehrgeldthese 127 Massagebewegung 98
Lenkflugkörper Meteor 123 Massenmarktgängigkeit 56
Lenkgetriebe 97 Massenmediale Bedeutung 95
Lerneffekt 101 Maßgeschneidertes Versicherungsprodukt 106
Lernende Maschine 9 Masterplan 101
Leuchtturmprojekt 26 Materialabruf 7
Licht- bzw. Schattenverhältnisse 76 Materialmangel 70
Lieferantenrechnung 103 Materialwirtschaft 137
Lieferkette 104, 109 Mathematische Programmierung 49
Liefernetz 73, 108, 109, 146 Mathematisch-statistisches Verfahren 33, 103
Liefernetz-Management 3 Matrixorganisation 95
Life Engineering 43 Maxwell-Gleichung 36
Line-Back-Planning 7 Mediale Dramatisierung 56
Lizenzbedingung 85 Mediennutzungsverhalten 40
LKW-Maut 121 Medikationsplan 121
Lobbyismus 96 Medizin 1, 5, 45, 151
Lochkarte 4, 135 Medizinische Wissensbasis 130
Lock-in 85 Medizintechnik 39
Lösegeld 148 Megatreiber 55
Logistik 2 Megatrend 97
Logistik-Großprojekt NFE 122 Mehrzweck-Werkzeugmaschine 72
Losgröße 1 72, 75, 76, 96, 98 Mensch-Computer-Interaktion 37
Luftdruck 106 Mensch-Computer-Kommunikation 128
Luftfahrt 102 Menschenleere Fabrik 24
Mensch-Maschine-Dialog 39
Mensch-Maschine-Kommunikation 25, 37, 127
M Mensch-Unterstützte Computer-Systeme
Machine Learning 11 (MUCS) 128
Machine-to-Machine (M2M) 48 MES 103
Made in China 2025 101 Metatrend 95
Made in Germany 92 Meteorologische Daten 69
Magisches Dreieck 153 Mikroinvasive Operationstechnik 5
Magnetband 4 Mikroinvasiver Eingriff 5
Stichwortverzeichnis 167

Militärstrategie 101 Nervenfaser 37


Mindestlohn 17, 140, 153 Netzdurchsetzungs- bzw.
Minimalanforderung 89 Netzwerkdurchsetzungsgesetz 26, 126
Minimale Time-to-Market 92 Netzneutralität 151
Minimum Viable Product 89 Neugründung 79
Mitarbeiterbetrug 68 Neuro-adaptive Assistenzsysteme 39
Mitbestimmungsrecht 154 Neurobiologie 39
Mitfahrzentrale 85 Neuromorphic Computing 37
Mitnahmeeffekt 24, 102 Neuronales Netz 9
Mittelqualifizierte Arbeitskräfte 139 Neurotransmitter 37
Mittelstandsbarometer 2016 152 New Economy 7
Mittelstandspanel 93 New Forwarding Environment (NFE) 122
Mode 1, 8, 15, 24, 27, 33, 42, 44, 64, 95 Newsletter 103
Modebegriff 43 NFC-Chip 105
Modegipfel 65 Niedrigstzinsen 92, 128
Modellfabrik 95 Nonverbale Aufmerksamkeitslenkung 48
Modephase 27 Normenkrieg 108
Modeschwankung 34 Notbremsassistent 100
Modetrend 26 Notfalldaten 121
Modevokabel 26 Nova-Effekt 7
Modewelle 1, 8, 15, 27, 33, 45, 65, 96 Null-Fehler-Prinzip 91
Modewort 45 Null-Fehler-Toleranz 90
Modische Überhöhung 11, 50, 54, 65, 87 Nutzenschätzung 136
Modische Übertreibung 64
Modulstrategie 97
Montageautomation 7 O
MOOC 5 OECD 139, 140
Moore’sches Gesetz 4, 33, 36 Öffentliche Verschwendung 101
Motivationsproblem 23 Österreich 120
Mountainbike 105 Office Floor 109
Multi-Agenten-Systeme 49, 71, 72 Offline-Handel 6
Multimodale Kombination 37 Offshoring 84
Multi-Protocol-Label-Switching 151 On condition monitoring 68
Muskelimpuls 39 On condition repair 68
Mustererkennung Online-Ausgaben 78
hypothesenfreie 70 Online-Banking 77, 128
Online-Bankraub 148
Online-Dienst 128
N Online-Funktion 122
Nachhaltigkeit 15, 100 Online-Handel 6, 129
Nach-Industrie-4.0-Phase 56 Online-Konferenz 103
Nahrungsmittelengpass 76 Online-Konto 148
Nationaler IT-Gipfel 46 Online-Offensive 6
Nationaler Normenkontrollrat 120 Online-Shop 6, 36, 103
Navigationssystem 91 Online-Umfrage 148
Neandertaler 20 Online-Versandhaus 6
Nearshoring 26 Operations Research 1, 2, 68, 74
Nebelwand 101 Opportunistische Strategie 68
Negativzinsen 92 Optimierungsalgorithmus 71
168 Stichwortverzeichnis

Orchestrierungsarchitektur 26 Preispolitik 98
Organisationsversagen 124 Preventive Maintenance 68
OR-Lehrstuhl 1 Produktbeschreibung 98
Output Management 78 Produkthaftung 108
Produktioner 23
Produktionslenkung 5
P Produktionssteuerung 103
Paketdienst 25 Produktivitätsfortschritt 77, 135
Paradigmenwechsel 33 Produktivitätsfunktion 141
Parallelisierung der Planungs- und Produktivitätsgewinn 79, 141
Testphasen 89 Produktivitätsmessung 140
Parametereinstellung Produktivitätsparadoxon 141
überbetriebliche 137 Produktivitätsrätsel 141
Parameterregulierung 70, 74 Produktivitätsstatistik 79
ParkNow 137 Produktivitätssteigerung 79, 141
Partnership on Artificial Intelligence to Benefit Produktivitätsverlust 141
People and Society 9 Produktivitätswachstum 135, 140
Patching 87, 150 Produktkonfigurator 103
Peak of Inflated Expectations 6 Produktlebensdauer 91
Perfektionsgrad 90 Produktlebenszyklus 46, 88, 89, 97, 153
Periodenabgrenzungsentscheidung 98 Produktlebenszyklusmanagement 2
Perpetuum mobile 11 Produktpolitik 89, 97
Personalengpass 123 Produktreife 91
Personal Finance Management 79 Projektabwicklungsmethode 90
Personalfluktuation 124 Projektkontrolle 123
Personalisierung 123 Prosodie 37
Personalkapazität 137 Prothese 39
Personalproduktivität 77 Prototyp 95
Phantasiebewertung 64 Prozess-Daten-Beschleuniger (P23R) 122
Pharmazeutik 1 Prozesskostenrechnung 154
Phonetik 37 Prozessorientierung 65
Physikalisch-Technische Bundesanstalt 110 Prozesssteuerung 42, 104
Pickerin 25 Prozessverbesserung 42
Plagiat 102 Prüfgerät 92
Plantafel 103 Prüfungsunternehmen 95
Plateau of Productivity 7 Psychobiologie 39
Plattform Industrie 4.0, 16, 46, 107–109 Pünktlichkeit 123
Platzbuchungssoftware 78 Punktprognose 63
PLM 109
40-plus-Generation 19
Polarisierungsthese 135, 139 Q
Polaroid 6, 83 QR-Code 104
Political Data Science 10 Qualitätsführerschaft 92
Politikbetrieb 127 Qualitätsorientierte Einwanderung 136
Post merger integration 129 Quantenchemie 36
Präsenz- und Online-Kurse 5 Quantencomputer 36
Praktikantenplatz 85 Quantenphotonik 36
Predictive-Analytics-Spezialist 103 Quantenphysik 36
Preisdegression 42 Quantensimulation 36
Stichwortverzeichnis 169

Quantensprung 20, 26, 42 Risk Adjusted Return on Capital (RAROC) 155


Quantenzustand 36 Risk Adjusted Return on Risk Adjusted Capital
Quantum Computing 38 (RARORAC) 155
Quasi-Teilchen 36 ROBASO 124
Roboterfabrik 11
Robot Operating System 24
R Rote Welle 123
Ransomware 147, 148 Routine-Tätigkeit 139
Rasterfahndung 126 Rückfedern 4, 5, 101
Rationalisierung auf Kosten anderer 77 Rückruf 89, 129
Reaktionszeit 100 Rüstkostenminimierung 68
Rechnernetze 94 Rüstungswettlauf 147
Recht auf Vergessenwerden 108 Rundfunkbeitrag 123
Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen 109
Rechtsabteilung 138
Rechtsfragen 99 S
Rechtsordnung 99 Sabotage 147
Rechtsstreitigkeit 152 Same Day Delivery 98
Rechtstreue 24 Sammelabfrage 126
Regaltechnik 24 Schachweltmeister 8
Regelungswerk 107 Schadenfreiheitsrabatt 100
Regenmenge 71, 76 Schadprogramm 146, 148
Registrierungsprozess 124 Scheinselbstständigkeit 126
Regressionsrechnung 103 Schengen-Raum 124
Regulierung von elektronischen Scherwind 3, 69
Gutscheinsystemen 109 Schlanke Fertigung 7
Reifentemperatur 106 Schlüsselloch-Technologie 5
Reisebuddy 106 Schnellkalkulationsverfahren 23
Relaunch 24 Schrittweise Regression 103
Release-Dynamik 89 Schummelsoftware 111
Remake 44 Schutz des ökonomisch relevanten Wissens von
Rentabilität 7, 94, 97, 153 Nationen (und Unternehmen) 102
Rentabilitätsbruch 155 Schutz geistigen Eigentums 108
Rentabilitätsrechnung 3, 154 Schutzmaßnahme 69, 110
Reparaturwerkstatt 100 Schwarzmarktpreise 150
Ressourcenvergeudung 1, 27, 64, 89, 96 Schweinezyklus 153
Retardierender Faktor 87, 145 Schweiz 120, 127
Return on Risk Adjusted Capital (RORAC) 155 Schwingungswert 69
Reverse Engineering 102 Science Fiction 63
Reverse Supply Chain 89 SCM 104
Revolution 11, 16, 18–20, 22, 24, 44, 46, 47, Scrum 89
77, 93, 95, 96, 129, 141 Sekundärspeicher 33
Rezept 121 Selective Dissemination of Information 26
RFID 39, 75, 103, 104, 135 Semantik 26
Ricardo-Theorem 101 Semantisches Netz 10
Risikoanalyse 47 Sensitivitätsanalyse 73
Risikobewusstsein 94 Sensorik 7
Risk-Adjusted-Performance-Measurement- Serendipity 38
Kennzahlen 154 Serienbeginn 90
170 Stichwortverzeichnis

Sharing economy 126 Speicher- und Rechenkapazität 8


Shop Floor 109 Speisewagen-Elektronik 123
Shopping-Dienst 109 Spekulationsblase 2, 6
Sicherer Datenraum 149 Spielerei 104, 151
Sicherheitsanforderung 146 Spirale 8
Sicherheitsarchitektur 16 Spracheingabe 100
Sicherheitsbedenken 122 Sprachwirrwarr 109
Sicherheitsbehörde 124 Sprungentwicklung 4
Sicherheitsbestand 137 SQL-Abfrage 103
Sicherheitsexperte 147 SSL-Zertifikat 88
Sicherheitsfirma 149 Staatssubvention 94
Sicherheitsforscher 88 Stahlkrise 26
Sicherheitslösung 110 Stamm- und Bewegungsdatei 109
Sicherheitslücke 146, 150 Start-up 64, 79, 107
Signalabriss 150 Statistisches Bundesamt 127
Signallampe 104 Stauende 101
Silicon Valley 9, 64 Sternschnuppen-Effekt 7
Singapur 120 Steuererklärung 122
Single-source-Strategie 97 Steuergeheimnis 126, 152
Sirene 104 Steuergerät 92
Smarter Funkregler 105 Steuergesetzgeber 8
Smart Farming 137 Steuerliche Aufbewahrungsvorschrift 79
Smart Home 70, 91 Steuerung 25, 74, 137
Smart Interfaces 37 rein personelle 5
Smart Manufacturing Strategic Advisory vollautomatische 5
Group 107 Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette 46
Smartphone 9, 105, 106 Steuerungsanlage 16
Smartphone-Kamera 106 Steuerungsgeräte 9
Smart Robots 38 Steuerungsmodul 110
Smartwatch 104 Steuerungsrechner 74
Snob Value 76 Steuerverfahrensrecht 122
Soft-Robotischer Forschungsansatz 48 Stimulusprogramm 95
Softwareagenten 2, 37, 44, 49, 73, 108, 109, 137 Stochastische Lernverfahren 8
Software-Aktualisierung 92 Störfall 146
Software Defined Networking 151 Stofftiere 148
Software Engineering 89 Stop-and-go-Verkehr 123
Software-Engineering-Methoden 89 Store Factory 76
Softwareingenieurwesen 92 Stornierung 72
Software Made in Germany 92 Stromdichte 36
Software-Release 88 Studenten-Schnelldienst 85
Software-Update 89 Studentische Vermittlung von Aushilfsarbeiten 85
Solarindustrie 101 Sub-Elektronen 36
Solarmodul 101 Subsumtion 102
Solarzelle 101 Subvention 16, 95, 101, 127
Solounternehmen 154 Subventionsprogramm 24, 56
Soziale Netzwerke 84 Suchmaschine 9
Sozialversicherung 122 Südafrika 97
Sparmaßnahme 97 Südkorea 120, 136
Speed of Change 40 Südostasien 150
Stichwortverzeichnis 171

Supercomputer 10 Trendforschung 95
Superintelligenz 11 Trendlinie 136
Supernova-Effekt 7 Trendumfrage 145
Superrechner 34 Trial and Error 148
Supply Chain 72, 137 Triebwerk 69
Supply Chain Management 2, 70 Trittbrettfahren 24
Synchronisieren 103 Trommelspeicher 4
System Dynamics 39, 49 Trouble Shooting 137
System Off Button 100 Trough of Disillusionment 7

T U
Tablet 105 Überkomplexität 129
Taktgebundene Arbeitsplätze 135 Überlaufsystem 105
Tal der Enttäuschungen 7, 65 Überlebensfähigkeit 7
Talentreserve 126 Überrasch-mich-Modus 76
Targeting 101 Ultraschnelles Netz 151
Tarifvertrag 154 Umrüstfolge 70
Tax Rulings 126 Umweltbelastung 78, 123
Tay-Projekt 11 Umweltfreundlichkeit 89
Tech-Beben 64 Umweltschutz 69
Technische Dokumentation 146 Umweltverschmutzung 97
Technischer Überwachungsverein 69 Unfallfrei-Rabatt 84
Technologiesprung 83 Unperfektes 91
Technologietransfer 102 Unternehmensberater 5, 6, 16, 37, 40, 77, 94,
Technologie- und Wirtschaftspolitik 102 96, 136, 154
Teile- und Komponentenfertigung 23 Unternehmensgründung 7, 127
Telematik-Infrastruktur 121 Update 88, 111, 150
Telematik-Tarif 100 Updatefähigkeit 87
Telematikzuschlag 121 Update-Falle 89
Telemetrische EKG-Daten 147 Urheberrecht 130
Teleservice 74 Urheberrechtsgesetz 109
Terminnot 71 Urheber- und Lizenzrecht 108
Terrorabwehr 18 USA 153
Terroranschlag 146 USB-Stick 146
Terrorismus 18, 146 Utopie 92
Terrorist 124, 148
Terrorvorbeugung 124
Testautomat 88 V
Teststrecke 100 VDI/VDE-Gesellschaft für Mess- und
Textilwirtschaft 8 Automatisierungstechnik 109
Thinktank 11 Vendor Managed Inventory 24
Third Place 99 Verbotene Sendeanlage 148
Total Cost of Ownership 97 Verbrecher 94
Transferstraße 72 Verdachtsgenerator 126
Transportmittel Vereinbarkeit von Beruf und Familie 141
innerbetriebliches 24, 46 Verhandlungsprozess
Transportstrom 104 automatisch 108
Trend 1, 4, 64, 95, 100, 145 teilautomatisch 108
172 Stichwortverzeichnis

Verkehr 151 Warteschlangentheoretische


Verkehrsbetrieb 147 Optimierungsrechnung 68
Vermittlungsplattform 79, 126 Wartungsarbeiten 78
Vernetzung Wearables 33
digitale 47, 147 Web 2.0 96
globale 48 Webseitenbetreiber 147
informationstechnische 96 Website-Watcher 126
optimale 47, 151 Weissbuch Digitale Plattformen 107
totale 99 Weltsprache der Produktion 17
zwischenbetriebliche 25, 73 Weltwirtschaftsforum Davos 19, 48, 139
Vernetzungsgrad 151 Werbeblock 100
Versandhandel 104 Werkvertrag 154
Verschlüsselte Kommunikation 88 Werkzeugmaschine 46, 74, 75, 97
Verschnitt 33 Werkzeugmaschinenbau 150
Versionsnummer 95 Werkzeugwechsel 70
Versuchsfabrik 154 Wertpapierabrechnung 77
Vertragsrecht 109 Wertschöpfung 136
Vintage-Uhr 40 Wertschöpfungskette 47, 103, 109
Virenschutzprogramm 147 Wertschöpfungsnetz 151
Virtualisierung 43 Wertschöpfungsnetzwerk 150
Virtual Reality 48 Wertschöpfungspotenzial 136
Virtuelles Unternehmen 154 Wertschöpfungsprozess 102
Volkswagening 69 Wertschöpfungssystem 17
Volkswirtschaftliche Theorie 101 Wertschöpfungstiefe 72
Vollautomation 22 Wetterdaten 71
Vollautomatisierte Hüftgelenksoperation 7 Windkraft 102
Vollautomatisierung 42 Win-win-Situation 101
Volldigitalisierte Fabrik 63 Wirtschaftlichkeit 94
Vorbeugende Gesundheitsprüfung 130 Wirtschaftsinformatik 1, 47, 49, 50, 64, 73, 127
Vorbeugende Instandhaltung 67 Wirtschaftskanzlei 10
Vorgehensmodell 95 Wirtschaftspolitik 101
Wirtschaftsspionage 147
Wissensbasierte Systeme 71
W Wissensbasierung 8
Wachstumsfaktor 95 Wissenschaftsverlag 129
Wachstumspfad 7 Wissensdiebstahl 67
Wachstumspolitik 19 Wissensmanagement 26, 100
Wagniskapital 6 Wissenstransfer 102
Wahlverhalten 149 WLAN 76, 105, 123
Wahrnehmungsbasierte Räumliche Wohlfahrt 79
Audiosignalverarbeitung 37 Work-Life-Balance 26, 141
Wall Street 64 World Wide Web Consortium (W3C) 50
Wankelmotor 7 Wortrakete 54
Warenbegleitschein 25
Wareneingang 7
Warenlager 103 X
War for Talents 145 Xpider 126
Stichwortverzeichnis 173

Z Zero-Day-Exploits 150
Zahlungsverkehr 79 Zielkostenrechnung 23
Zaubertrank 69 Zufallszahlengenerator 99
Zeitdiagnostik 95 Zukunftstechnologie 64
Zentrale Studienplatzvergabe 124 Zweidimensionales Verschnittproblem 49

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