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PSYCHOLOGISCHE VERBEN MIT EXPERIENCER OBJEKTEN

Article · June 2007

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Camelia Bejan
Universitatea Ovidius Constanţa
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Bejan Camelia (2006/2007): ‘Psychologische Verben mit Experiencer Objekten’, In:
Zeitschrift der Germanisten Rumäniens. 15.-16 Jg. Heft 1-2 (29-30)/ 2006, 1-2
(31-32)/2007, 550-559. Bucureşti: Editura Paideia. ISSN 1454-4008.

Psychologische Verben mit Experiencer Objekten

Die psychologischen Verben (kurz ‘Psych-Verben’) mit der Experiencer-Thetarolle in


der Objektposition sind in zwei unterschiedlichen Arten in der Literatur analysiert
worden. Die zwei konkurrierenden Annäherungen sind: die unakkusative (‘ergative’)
Analyse dieser Verben im Italienischen gefordert von Belletti und Rizzi (1988) und im
Holländischen von Hoekstra (1988), und die kausative Analyse im Englischen bevorzugt
von Grimshaw (1990) und Pesetsky (1995).

Die Frage nach der Natur der deutschen Verben mit Experiencer-Objekten ist von
Fanselow (1992) eingeleitet worden und von Abraham (1995) weitergeführt worden, der
unterstrich, dass die Unterscheidung zwischen den deutschen Psych-Verben und ihren
englischen und holländischen Äquivalenten in der unterschiedlichen Art der
Kasusmarkierung liegt.

Das Ziel dieses Aufsatzes ist, eine syntaktische Analyse der Subklassen der Verben mit
Experiencer-Objekten im Deutschen zur Verfügung zu stellen. Ich werde zwei
traditionelle Tests verwenden, um unakkusative Psych-Verben von anderen Arten von
Psych-Verben zu unterscheiden. Diese Tests sind: die Passivisierung und die
Attribuierbarkeit der Perfektpartizipien.

1. Die Selektion der Hilfsverben

Die Unterscheidung zwischen den unakkusativen (‘ergativen’) und unergativen Verben


im Italienischen, Holländischen und sogar Englischen ist traditionsgemäß hauptsächlich
entsprechend der Selektion der Hilfsverben gemacht worden. Das gleiche Kriterium gilt
auch im Deutschen:
(1)
a. Sein Benehmen/ dieser Satz hat mich irritiert.
Diese unverdiente Auszeichnung hat mich tief erschüttert und beschämt.
b. Sein Benehmen/das Bild hat mir gefallen.
Der letzte Film /der illegale Kreditkartenerwerb hat mir missfallen.
c. Ein wunderschönes Leseerlebnis ist dir gelungen.
Die Erziehung der Kinder ist uns misslungen.

Verben mit Experiencer-Objekt wie irritieren und gefallen, die das Hilfsverb haben
nehmen, ein Objekt selegieren, das entweder im Akkusativ (1a) oder im Dativ (1b)
auftritt; während Verben wie gelingen, die das Hilfsverb sein selegieren, nur Objekte im
Dativfall (1c) nehmen können. Es ist deutlich, dass die Unterscheidung, die von der
Selektion der Hilfsverben bereitgestellt wird, nicht mit der des Kasus vom Objekt

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aufeinander bezieht, d.h. haben-Verben nehmen ein Dativ- oder ein Akkusativobjekt,
während sein-Verben ein Akkusativobjekt nicht haben können.

Da deutsche Psych-Verben entweder Akkusativ oder Dativ ihren Objekten zuweisen,


sollte auch Kasusmarkierung in die Analyse solcher Verben in Betracht gezogen werden
und, wie von Abraham (1995) vorgeschlagen, Verben mit Experiencer-Objekt sollten in
drei Subklassen mit zwei Kriterien gruppiert werden: die Selektion des Hilfsverbs und
des Kasus zugewiesen dem Objekt. Abraham stützt seinen Vorschlag im Rahmen der
Sprachentypologie: Deutsch ist eine Sprache, die ein reiches morphologisches
Kasussystem konserviert hat, während Englisch und Holländisch vor langer Zeit
morphologische Kasusmarkierung aufgegeben haben.

Diese Gruppen von Verben werden als: haben-Verben mit Akkusativ, haben-Verben mit
Dativ und sein-Verben mit Dativ gekennzeichnet.

Die Subklasse von haben-Verben mit Akkusativ enthält die folgenden Verben:
abschrecken, amüsieren, ängstigen, ärgern, aufheitern, aufhetzen, begeistern,
bekümmern, belästigen, belustigen, bemitleiden, beruhigen, berühren, besänftigen,
beschämen, beschwichtigen, betrüben, beunruhigen, bewegen, bewundern, einschüchtern,
empören, entmütigen, entsetzen, enttäuschen, entzücken, erbarmen, erbittern, erbosen,
erfreuen, erheitern, ergötzen, ermuntern, erregen, erschüttern, erzürnen, freuen,
frustrieren, kümmern, reuen, rühren, schrecken, terrorisieren, trösten, überraschen,
überwältigen, unterhalten, verägern, verdriessen, vergrämen, vergraulen, verschrecken,
verwundern, verwirren, wundern, etc.

Die Subklasse von haben-Verben mit Dativ enthält: behagen, gefallen, missfallen
Die Subklasse von sein-Verben mit Dativ: auffallen, gelingen, glücken, misslingen

Diese Subkassifizierung korreliert mit der Kasusrektionsunterscheidung. Abraham zeigt,


dass es nicht nur einen Unterschied zwischen haben-Verben und sein-Verben gibt, aber
auch, dass Verben der zwei haben-Arten ein anderes Verhalten ausstellen, wenn sie
gegen die typischen Ergativitätstests überprüft werden: die Passivierung und die
Attribuierbarkeit der Perfektpartizipien.

2. Die Passivisierung

Syntaktisch unakkusative Verben haben kein gekennzeichnetes externes Argument (oder


Subjekt), d.h. sie haben eine athematische Subjektposition (vgl. Burzios
Verallgemeinerung (1981)). Das Fehlen eines externen Arguments kann im Anschluß zur
Möglichkeit besprochen werden, diese Verben zu passivieren. Es ist bekannt, dass
Passivierung eine Operation auf der Argumentstruktur des Verbs ist, d.h. Passivierung
setzt das Vorhandensein eines externen Arguments voraus. Logisch wenn ein Verb zu
passivieren gezeigt wird, heißt dies, dass es ein externes Argument hat, und als Folge läßt
es nicht eine unakkusative Deutung zu.

551
Verben im Deutschen erscheinen in zwei Arten von Passivkonstruktionen,
traditionsgemäß bekannt als: Vorgangspassiv und Zustandspassiv. Das Vorgangspassiv
ist leicht am Gebrauch des Hilfsverbs werden typisch für das verbale Passiv und von der
agentischen von-Phrase erkennbar, welche wahlweise ausgelassen werden kann. Das
Zustandspassiv wird mit dem Hilfsverb sein gebildet, das gleiche Verb, das mit
Prädikativadjektiven als eine Kopula funktioniert. Das Zustandspassiv drückt einen
Zustand resultierend aus einem dynamischen Prozeß aus, und so qualifiziert es sich
syntaktisch und semantisch als ein adjektivisches Passiv. Das Perfektpartizip in solchen
Konstruktionen drückt nicht mehr eine Tätigkeit aber den Zustand aus, der erworben wird,
nachdem die Tätigkeit stattgefunden hat.

Die Untersuchung des Verhaltens der Psych-Verben in Beziehung zu diesen


Passivkonstruktionen kennzeichnet die unakkusativen von den transitiven Psych-Verben
mit Experiencer-Objekten. Es einfach zu setzen, wenn psychologische Verben ein
Vorgangspassiv betretten, sind sie transitiv, wenn sie ein Zustandspassiv betreten, sind
sie unakkusativ.

Passivierung wirkt nur in der Anwesenheit eines Agens. Offensichtlich können sein-
Verben einen Agens nie haben und sind folglich nicht passivierbar. Die zwei Arten von
haben-Verben benehmen sich anders, wenn sie passiviert werden:
(2)
a. Sie wurde von ihren Freunden irritiert. (haben-Verb + Akk.)
b. * Ihr wurde von dem Chef missfallen. (haben-Verb + Dat.)
c. * Dem Lehrer wird von der Erziehung der Kinder gelingen. (sein-Verb + Dat.)

Das Experiencer-Objekt vom Beispiel (2a) kann die passive Subjektposition besetzen,
weil es strukturellen Akkusativkasus hat, während die lexikalisch regierten Objekte in (2b)
und in (2c) dasselbe nicht tun können. Einige der haben-Verben mit Akkusativ erlauben
sowohl einen agentischen als auch einen nicht-agentischen Gebrauch, andere können nur
nicht-agentisch verwendet werden. Der agentische Gebrauch von diesen Verben erfordert
häufig das Vorhandensein des Instrumentarguments in einer mit- oder durch-Phrase:
(3)
Der Komiker belustigte das Publikum mit seinen Späβen.
Er erheiterte mich mit/ durch das Musizieren
Der Redner begeisterte die Zuhörer durch seine Argumente.
AGENS EXPERIENCER INSTRUMENT

Im nicht-agentischen Gebrauch wird das Instrument zur Subjektposition gefördert und


das ehemalige Agens tritt in einer Genitivphrase auf:
(4)
Die Späβe des Komikers belustigten das Publikum.
Das Musizieren erheiterte mich.
Die Argumente des Renders begeisterten die Zuhörer.
INSTRUMENT AGENS EXPERIENCER

552
Die nicht-agentischen Verben mit Experiencer-Objekten erscheinen öfter im
Zustandspassiv wie im Beispiel (5a) als im Vorgangspassiv, und nur am Rand treten sie
mit beiden Arten Hilfsverben auf: werden und sein wie in (5b):
(5)
a. Die Zuschauer waren von der Neuinszenierung entzückt/ gerührt.
Die Konzertbesucher waren von dem Spiel des Pianisten überwältigt.
b. Die Zuhörer werden/ sind von der Logik des Redners begeistert.

Das verbale Passiv verwendet man selten, und nur dann, wenn man erhöhte,
entwickelnde Gefühle ausdrücken will, die zu einem Maximum an Gefühlsintensität
führen:
(6)
Wir wurden von einem Gewitter überrascht.
Die Schwestern wurden von ihrem Angreifer erschrocken.
Immer mehr Leute wurden terrorisiert und dadurch eingeschüchtert.
Die britische Öffentlichkeit wurden erschrocken. Yvonne Fletcher war die erste
Polizeibeamtin, die überhaupt auf Aufgabe in Großbritannien ermordert wurde.

Es gibt jedoch eine Gruppe von haben-Verben mit Akkusativ, die nie agentisch wie im
Beispiel (7a) verwendet werden und die die Passivierung entweder in der verbalen oder
in der adjektivischen Variante wie in (7b) erlauben können:
(7)
a. *Die Kinder/ Das Anblick der hungernden Kinder erbarmte/ bewegte sie.
*Der Junge/ Sein schlechtes Benehmen wunderte/ kümmerte seine Eltern sehr.
AGENS URSACHE EXPERIENCER

b. *Sie ist/ wird von dem Anblick der hungernden Kindern erbarmt/ bewegt.
*Seine Eltern sind/werden von seinem Benehmen gewundert/ gekümmert.

Schließlich können wir sagen, dass die drei Subklassen der Verben mit Experiencer-
Objekten, die von Abraham identifiziert wurden, sich unterschiedlich in Bezug auf
Passivierung benehmen. Die Verben, die ein Dativobjekt selegieren, können nicht
passiviert werden, weil sie nicht ein Agens als externes Argument haben und folglich sich
als ergative Verben benehmen. Die haben-Verben mit Akkusativ benehmen sich wie
transitive Verben, wenn sie agentisch verwendet werden und wie ergative Verben, wenn
sie nicht-agentisch auftreten. Die Passivierung der Sätze, die Verben mit Experiencer-
Objekten enthalten, zeigt an, dass Gruppen von ihnen eine unakkusative Deutung
erlauben.

3. Der attributive Gebrauch von Perfektpartizipien

Nah mit Passivierung hängt der Test des attributiven Gebrauchs von dem Perfektpartizip
zusammen. Es ist bekannt, dass wenn das Perfektpartizip in der Lage ist, als ein
Modifikator des Objekts zu erscheinen, dann ist das Verb ergativ. Die Verallgemeinerung
für die Ableitung von Adjektiven von den Perfektpartizipien ist:

553
‘Verben im Perfektpartizip können als Adjektive zu den Nominalen verwendet
werden, die dem direkten Objekt des Verbs entsprechen.' (cf. Hoekstra 1984: 181).

Dieses sagt natürlich voraus, dass Perfektpartizipien der transitiven Verben und der
unakkusativen Verben in der gleichen Weise sich benehmen, weil beide Objekte in der
Tiefenstruktur haben, das heißt, ihr einzelnes Argument qualifiziert als internes
Argument. Die Frage ist, ob Perfektpartizipien der Subklassen von Verben mit
Experiencer-Objekten im Deutschen als Modifikatoren auftreten können. Wir geben die
Beispiele (3) und (4) von Abraham (1995: 414), um die Attribuierung des
Perfektpartizips näher zu untersuchen:
(8)
a. Das Wetter verärgert den Südländer haben-Verb mit Akkusativ
*das verärgerte Wetter
der verärgerte Südländer

b. das miese Wetter fällt dem Südländer auf sein-Verb mit Dativ
?
das aufgefallene Wetter
*der aufgefallene Südländer

Wie erwartet, modifiziert das Perfektpartizip das Objekt bei haben-Verben mit Akkusativ
und das Subjekt bei sein-Verben, welches prüft, dass das Subjekt von sein-Verben
syntaktisch wie ein internes Argument sich benimmt und folglich solche Verben ergativ
sind.

Viele haben-Verben mit Akkusativ werden durch Perfektpartizipien modifiziert. Diese


Tatsache beweist ihre transitive Natur: ein geängstigter Mann, ein verdrossener Mann,
ein verehrter Direktor, erzürnte Bürger, ein enttäuschter Angestellter, ein frustrierter
Fussballspieler, ein verwirrter Professor, usw..
9)
Die erzürnte Moderatorin verliess die Show vorzeitig.
Er ist ein frustrierter Fußballspieler, der immer auf der Ersatzbank sitzen muss.
Aus ihm spricht ein frustierter Kanzlerkandidat.
Ernzürnte Bürger protestierten, die Regierung erschien machtlos.
Selbst ein verdrossener Mensch ist politisch immer noch interessiert.
Dort sitzt auf der Bank ein vergrämter Langzeitsarbeitsloser, Herr Max.

Jedoch wenn wir die attributive Konstruktion erweitern, um das andere Argument des
Verbs einzuschließen, sind die Resultate für die zwei Arten von Verben unterschiedlich:
(10)
a. Der verärgerte Südländer (haben-Verben mit Akkusativ)
*Der das Wetter verärgerte Südländer

b. ?das aufgefallene Wetter (sein-Verben mit Dativ)


das dem Südländer aufgefallene Wetter

554
Die haben-Verben mit Akkusativ können einen Partizipialmodifikator nicht mehr
nehmen, d.h. partizipiale Prämodifikation in der erweiterten Form wird blockiert. Die
Antwort zu diesem Puzzlespiel liegt in der Art des Kasus, den das Argument hat, das in
der erweiterten Konstruktion eingeschlossen ist. Das Nomen Wetter in (10a) hat
strukturellen Kasus, während Südländer in (10b) lexikalisch durch das Verb regiert wird.
Es ist bekannt, dass die erweiterten attributiven Konstruktionen im Deutschen nur
lexikalisch regierte Objekte beherbergen.

Das attributive Perfektpartizip kann als ein zusammengesetztes Adjektiv vorkommen (vgl.
Rapp, 2001: 42), in dem der erste Konstituent das Subjekt der verbalen Basis ist:
11)
die männerenttäuschte Frau
die kinobegeisterten Jugendlichen
die lebensenttäuschte Mutter
die autofaszinierten Männer
der drogenverwirrte Journalist

Im Deutschen kann das Attribut erweitert werden, um andere Satzkonstituenten mit


einzuschließen, zum Beispiel die Adjunkt von-Phrase, die der Agensphrase im Passiven
in (13a) entspricht, oder zum Kausalargument in (13b), das durch eine Präposition
eingeführt werden kann, die für das adjektivische Passiv typisch ist (über, wegen, usw.)
wie in (13c) unten:
13)
a. die (von dem jungen Skispringer) begeisterten Zuschauer
die (vom Chef) beleidigten/ gekränkten Mitarbeiter

b. die (von dieser Aufführung) gerührten/ ergriffenen/ entzückten Zuschauer


die (von dem Verhalten der Krankenschwester) vergrämten Patienten

c. die (über die drastische Mieterhöhung) entrüsteten Mieter


die (über die Niederlage der Nationalmannschaft) bestürzten Menschen

Wieder hat die erweiterte attributive Konstruktion verbale Eigenschaften bei agentischen
Objekt Experiencer Verben und adjektivische Eigenschaften bei non-agentischen
Gebräuchen von diesen Verben.

Schließlich eine Anmerkung über die Gruppe von haben-Verben mit Akkusativ (freuen,
kümmern, wundern, usw.), die nie agentisch verwendet werden können. Da sie sowohl
verbale als auch adjektivische Passivierung blockieren, sind sie auch nicht in der Lage,
den Test des partizipialen Attributes zu führen:
(14)
a. Das Geschenk freute das Kind.
* das gefreute Kind

b. Sein Benehmen wunderte die Besucher.


* die gewunderten Besucher

555
Es ist also klar, dass die pränominale Modifikation auch unterschiedliche Resultate
produziert. Die Verben, die einen Dativ selegieren, erlauben die Adjektivierung von
Perfektpartizipien über ihren Subjekten nicht, weder von dem verbalen noch von dem
adjektivischen Passiv. Dieses prüft, dass ihre Subjekte von den tiefen Objekten abgeleitet
werden, eine gewöhnlich ergative Eigenschaft. Die Psych-Verben, die ein
Akkusativobjekt selegieren, benehmen sich wie transitive Verben, d.h. sie adjektivieren
ihr Perfektpartizip über dem direkten Objekt und erlauben die einfache attributive
Konstruktion aber nicht die erweiterte.

Die Resultate der zwei Ergativitätstests zeigen, dass nur die Verben, die das sein-
Hilfsverb selegieren, als offenbar ergativ angesehen werden können. Die Deutung von
haben-Verben mit Akkusativ hängt im Wesentlichen von ihrem agentischen bzw. nicht-
agentischen Gebrauch ab: agentische Verben benehmen sich wie transitive Verben, nicht-
agentische Verben haben ein ergatives Verhalten.

4. Die unpersönlichen Verben mit Experiencer-Objekten

Eine interessante Gruppe von Verben mit Experiencer-Objekten ist die der
unpersönlichen Verben (grauen, graulen, grausen, gruseln, zu welchen Duden Band. 4
fügt: ekeln, schaudern, und schauern hinzu). Sie weisen lexikalischen Dativ (oder
Akkusativ) der Nominalphrase zu, welche die Experiencer-Rolle trägt und treten in den
Mustern auf, die sie von den anderen Verben mit Experiencer-Objekten unterscheiden,
die bis jetzt besprochen werden: als einwertige Prädikate mit einem Experiencerargument
wie in (15a), und zweiwerige Prädikate mit einem Experiencer und einem
Kausalargument wie in (15b) oder mit einem zusätzlichen expletiven Pronomen es in der
Subjektposition (15c):
(15)
a. Mir/ mich graut/ graust (es) Dat/Akk - V
Mir/ mich schaudert/ schauert

b. Ihm graut [vor einem längeren Aufenthalt im Krankenhaus] Dat/Akk – V – PO


Dem Mann graut vor der Arbeit.
Mir/mich gruselt/ graust vor der Dunkelheit.

c. Es graut ihm vor nichts. Es – V – Dat/Akk– PO


Es graust ihm/ ihn bei diesen Gedanken.
Es gruselt ihn/ ihm vor der Dunkelheit.

Bei Verben, die eine Dativ-Akkusativ Abwechslung erlauben, ist die Variante mit dem
Dativ bevorzugt. Die Verben, die für ein obligatorisches Prepositionalobjekt
subkategorisieren, werden syntaktisch mit einem expletiven es Subjekt errichtet;
demgegenüber die einwertigen Prädikate erfordern nicht das Vorhandensein des
Expletivpronomens.

556
Cardinaletti (1990) argumentiert, dass es ein Quasiargument ist, ein Konzept
übernommen von Chomsky (1981), der es für die Analyse der Wetterverben verwendete.
Das Quasiargument ist ein Element, dem ein spezielles Theta-Rolle zugewiesen wird, es
ist nicht-referentiell, und es kann ausschließlich durch ein Pronomen wie it im Englischen,
pro (ein Nullpronomen) im Italienischen, es im Deutschen realisiert werden. Cardinaletti
analysiert die Beispiele (15b) und (15c), als wären sie von der gleichen lexikalischen
Eintragung mit dem quasi-argumental Theta-Rolle abgeleitet, entweder durch ein
Nullpronomen (pro) oder durch das Expletivpronomen es realisiert.

Cardinaletti stellt fest, dass es ein internes Quasiargument ist, das in der Position des
Objekts unter V' erzeugt wird und daß es zur der Position des Subjekts bewegt, um den
Nominativkasus zu empfangen.

Psych-Verben unterscheiden sich von anderen Verben (d.h. von Wetterverben), die ein
Quasiargument selegieren, durch das Vorhandensein der Experiencer-Rolle. Das
Experiencerargument kann jederzeit externalisiert sein, einem 'persönlichen' Verb
erlaubend. Jedoch externalisieren solche Verben das Experiencer Argument nicht, und
das Pronomen es kann nicht im Nominativ auftreten.

Das Vorhandensein eines Nichtnominativen-NP in der Position des Subjeks schließt den
normalen Prozeß der Kongruenz zwischen dem Subjekt und dem Verb aus. Dem Verb
werden immer die Eigenschaften 3. Person Singular zugewiesen. Genau dies ist die
relevante Tatsache, die ein quasi-argumental Nullsubjekt möglich macht: dass die
Kongruenz notwendig für die Kennzeichnung von dem quasi-argumental pro bildet. Vom
Moment, daß dieser Prozeß in der deutschen Sprache mit den unpersönlichen
psychologischen Verben ausschließlich überprüft ist, resultiert es, dass ein null quasi-
argumental Subjekt nur mit dieser Gruppe von Verben möglich ist.
So sind die Konfigurationen (15b) und (15c) Oberflächerealisierungen der gleichen
lexikalischen Eintragungen: mit zwei internen Argumenten und einem quasi-argumental
internen es.

Die Tests der Ergativität erbringen die folgenden Resultate: die Verben, die dieser
Gruppe gehören, selegieren das Hilfsverb haben wie in (16a), sie können nicht passiviert
sein (16b), weil es kein externes Argument in ihrer Struktur gibt:
(16)
a. Es hat mir vor Schlangen gegraut.
Es hat ihm vor nichts gegraut.

b. *Mir wird vor Schlangen gegraut.


*Ihm ist vor nichts gegraut worden.

Mit zwei internen Argumenten (Experiencer und Causer) und einem quasi-argumentalen
internen Argument es, bilden unpersönliche psychologische Verben eine spezielle
Subklasse der ergativen Verben, die man als ‘doppelergativ’ bezeichnen kann. Sie sind
den unpersönlichen Konstruktionen im Mittlehochdeutsch ähnlich (vgl. Cardinaletti
1990), welche einen Prozeß von Externalisierung des Experiencerarguments bei Psych-

557
Verben durchmachten, außer einer eingeschränkten Gruppe von Verben, die
unpersönlichen Verben, bei welchen dieser syntaktische Prozeß unfertig blieb.

Schlussfolgerung. Die Untersuchung der Psych-Verben mit Experiencer Objekten hat


gezeigt, dass diese Verben sich nicht zu einer uniformen syntaktischen Deutung ähnlich
der Deutung der nicht-psychologischen transitiven Verben verleihen. Gruppen von
Verben mit Experiencer-Objekten qualifizieren wirklich für eine unakkusative Analyse
wegen des Fehlens von einem externen Argument oder wegen des Vorhandenseins von
zwei internen Argumenten. Wie erwartet, benehmen sich die haben-verben mit Akkusativ
wie transitive Verben.

Bibliographie

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typologischen Syntax des Deutschen, Tübingen: Günther Narr Verlag.
Cardinaletti, Anna, 1990, Pronomi nulli e pleonastici nelle lingue germaniche e romanze,
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Cardinaletti, Anna, Giuliana Giusti, 1997, Problemi di sintassi tedesca, Unipress, Padova
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Grewendorf, Günther, 1988, Aspekte der deutschen Syntax, Eine Rektions-Bindungs-
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* * * 1973, Der Grosse Duden, Bd 4, Grammatik der deutschen Gegenwartssprache,
bearb.von P. Grebe u.a.- Mannheim: Bibliographisches Institut.

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