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VOGT Nibelungias EXT333
VOGT Nibelungias EXT333
nun auch die lateinische Epik des Mittelalters für die Geschichte der
volkstümlichen Dichtung in Deutschland herangezogen und speziell
für die Entwickelung des mittelhochdeutschen "Volksepos" in
Anspruch genommen wird. Freilich muß ja ein durchgreifender
Unterschied von vornherein festgehalten WP.rden. Geistliches Drama
und Kirchengesang in lateinischer Sprache waren längst in Deutschland
eingewurzelt, ehe sie die volkstümlichen Schößlinge in deutscher
Sprache trieben, und diese Dichtungen blieben ihrer Natur nach in
Pngerer oder loserer Fühlung mit der lateinsprechenden Kirche, später
auch der Schule. Dagegen hat ebensowohl YOr wie neben der la
teinischen Liebeslyrik und Epik nachweislich eine deutsche volks
tümliche Dichtung beider Gattungen bestauden, und diese stehen ihrer
Natur nach der Kirche fern, ja oft im Gegensatz zu ihr. Man kann
demnach hier von vornl1erein nicht einen so intensiven und maß
gebenden Einfluß von seiten der lateinischen Dichtung erwarten, und
ganz im Unterschiede Yom Drama muß man hier stets mit der Frage
rechnen, wie viel die lateinische Dichtung dieser Gattungen zunächst
ihreraeits von der älteren deutschen übernommen hat.
Diese allgemeinen Erwägungen schienen mir nicht liberflüssig
einerseits zur Erklärung der Tatsache, daß die mit zweifellos Er
fundenem jedenfalls eng zusammenhängende Angabe der "Klage" von
einer lateinischen Quelle des Nibelungenliedes heute bei den Ger
manisten geneigteres Gehör findet als bei Lachmann und seinen Schülern,
anderseits für die Prüfung der Frage, welche Stellung und welche
Bedeutung einer solchen lateinischen Aufzeichnung, wenn sie wirklich
existiert hat, in der Entwickelung der deutschen Heldendichtung
zukommt. Roethe 1) hat sehr eindringlich nnd sehr eindrucksvoll die
Existenz nicht nur irgend einer lat. Aufzeichnung, sondern einer lateini
schen Dichtung vom lTntergang der NibPlnngen und deren grundlegende
litP.rarhistorische Bedeutung Yertreten, ja er hat Yon dieser hypo
thetischen Nibelungias, in höherer Instanz von Ekkeharts Waltharius
und damit in letzter Instanz von Vcrgil den Cbergang vom Helden
lied zum Epos in Deutschland hergeleitet. Ekkehart habe in seinem
Waltharius einen sagenhaften Inhalt, der ihm aus deutschen Liedern
vertraut war, aus der springenden Bewegtheit des Liedes durch die
Macht seines Vorbildes (Vergil, an den er sich aufs engste anlehnte)
soll, es dies ist, daß die lateinische Aufzeichnung vom Untergang der
Nibelungen in den Jahren 971-91, der Zeit von Pilgrims Episkop a t,
in Passau gemacht worden ist. Diese Begrenzung muß vor allem
festgehalten werden, wenn man historische Beziehungen und Vor
aussetzungen des mhd. Nibelungenliedes zur Bestätigung der Quellen
angabe der Klage verwerten will. Eine zweite Begrenzung, welche sowohl
für die Behandlung des ersten wie für die des zweiten Punktes wichlig
ist, betrifft Inhalt und Umfang der hypothetischen Nibelungias. Was sie
Neues und unt�r Einfluß der lat. Dichter, speziell des Waltharius ste
hendes oder auch für ihre Entstehung unter Pilg:lim zeugendes enthalten
haben soll, müssen wir innerhalb des letzt.Em, mit dem 14. Liede
Lachmanns einsetzenden Teiles des mhd. Nibelungenliedes suchen,
der eigentlichen Nibelungennot, deren Unterschied vom 1. Teil Roethe
mit Recht betont. Es mttß ferner nicht schon in der Edda enthalten
sein; denn wie auch Roethe voraussetzt, ist das dem Nibelungenliede
und der Edda Gemeinsame auch schon der deutschen Quelle der
Nibelungias zuzuweisen, ebenso natürlich was durch andere vor
Ekkehart liegende Sagenquellen bezeugt ist. Anderseits aber wird
man das� was aus der Nibelungias stammt, wie im Nibelungenliede so
auch in der Thidrekssaga erwarten In:üssen, denn die deutsche
Ü bertragung der Nibelungias soll die gemeinsame Grundlage von
.Nibelungenlied und ThS. gewesen sein, aus der jedes der beiden
sich unter mancherlei Änderungen und Erweiterungen entwickelt hat.
Soll etwas, das nur einer dieser beiden Fassungen angehört, dennoch
aus der Nibelungias herrühren, so werden dafür besondere Gründe
beigebracht werden müssen.
Wenn man von diesen Gesichtspunkten aus zunächst das ins Auge
faßt, was in unserm Liede noch die Herlmnft aus Pilgrims Zeit ver
raten soll, so findet sich davon in der ThS sogut wie nichts. Pilgrim
selbst ist ihr fremd. So zählte denn ja auch Lachmann die Ein
führung dieses für die Handlung so völlig bedeutungslosen freund
lichen Nibelungenonkels zu den allerjüngsten ZuLaten. Sie gleich
wohl bis ins 10. Jahrhundert hinaufzurncken, konnte früher vor
allem Zarnckes vermeintlicher Nachweis veranlassen, daß die Er
zählung des Nibelungenliedes von dem Geleit, das Pilgrim sein er
Nichte Kriemhild auf einer bestimmten Strecke ihrer Fahrt zu Etzel
gab, diejenigen Grenzen der Passauer Diöcese voraussetze, die nur
bis in den Anfang von Pilgrims Episkopat bestanden hätten. Daß
aber Zantckes Ausführungen nicht haltbar sind, haben Neufert (der
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Helehe verneigt, Str. 7. den Hunnen alles schenkt, was man für ihn
herbeigebracht hatte, ünd Str. 8. von Walther als Scheidender an
geredet wird, so weist das meines Erachtens mit voller Bestimmtheit
darauf, dal.\ Hagen hier in voller Freundschaft von Etzel entlassen
wird, wie im Nibelungenlied, während später Walthermit Hiltegunde
ent-ran, wie es schon in den folgenden Strophen der Fragmente vor
bereitet wird. In dem allen stimmen auch die auf die Watthersage
beziiglichen Biterolfpartien zum Nibelungenlied wie zum Walther
fragment. Auch die ThS weiß nichts von Hagens Flucht. Man wird
daher l1ier umsoweniger annehmen, daß das Nibelungenlied Ekkeharts
Darstellung selbständig geändert habe, als von der Absicht, durch
ein altes Pietätsverhältnis von Hagen zu Etzel die 'fragik der Ent-
- wickeJung zu steigern (Roethe S. 665), doch wirklich nichts zu
merken ist. Etzels erste Begrüßung erwidert Hagen mit einer ver
bindlichen Höflichkeitsformel, wie sie eben geboten war, wenn der
Dichter die alte Beziehung zwischen den beiden so auffaßte wie das
WaUherfragment und der Biterolf; aber davon, dem grimmen Tronjer
irgendwelche pietatvollen Gefühle für Etzel unterzulegen, ist er weit
entfernt. Mit schneidendem Hohn läßt er ihn Etzels Vatergefühl bei
Ortliebs Vorführung 1855 f. verletzen, ehe ihm Etzel anderes als
Freundliches erwiesen hat, und er weist dabei ausdrücklich auf das
tief Kränkende dieser Worte hin. Die Ermordung des Kindes läßt
er ihn mit dem grausigen Hohnwort von der Bezahlung für des Königs
Wein begleiten, und Worte cynischen Spottes legt er ihm in den
:Mund, als Etzel, aufs schwerste von ihm gereizt, ihm mit der Waffe
begegnen will (1960). Nein, er faßt Hagens Abschied von Etzel
ebenso auf wie die anderen mittelhochdeutschen Epen, weil er der
selben von Ekkehart abweichenden Quelle folgte wie sie.
Hagcns und Walthers gemeinsame Kriegstaten an Etzels Hof
kennen auch Biterolf und der mhd. Walther, augenscheinlich auch
schon der ags. Waldere; also auch in diesem Punkt braucht das
Nibelungenlied nicht Ekkehart zu folgen; und auch Walthers Kampf
gegen Gunthers Mannen und Hagens Zurückhaltung fand sich schon
im ags. Waldere, gehört also zweifellos dem vorekkehartischen Bestand
der WaUhertradition an. Für den Verlauf der Kämpfe sind uns
leider keine andere Quellen als Ekkehart erhalten. Genau stimmt
zu seiner Darstellung nicht, daß nach HUdebrands Hohnworten Hagen
den Kämpfen a u f s e i n e m S c h i l d e s i t z end zugeschaut habe; ein
so bestimmter, charakteristischer Zug, wie ihn ein zitierender Dichter
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·.
schwerlich erfindet; und entschieden dagegen, daß ihm bei Bildebrands
Worten gerade Ekkebarts Erzählung des Kampfes vorgeschwebt habe,
spricht deren Ausgang mit der Verstürnmelung der Helden. Man
mag es mit Roethe für möglich halten, daß in der Vorstufe von
Nib. und ThS Hagen einäugig gewesen sei, wie er es im Waltharius
im Schlußkampfe wird, und man wird ihm zugeben, daß die Ni
belungias, wenn sie sich an Ekkehart anschloß, doch den einbeinigen
Uunther nicht brauchen konnte und deshalb dessen Verstümmelung
ignorieren mußte. Aber diPser Nibelungiasdichter hätte dann auch nicht
in der Szene, wo Dietrieb und Hildebrand vor dem letzten großen Ent
scheidungskampfe Hagen und Gnnther gegenüberstehen, seine Leser an
die Kämpfe am Waskenstein erinnern dürfen, in denen Gunther schließlich
ein Bein verloren hatte. Ich meine, diese Vorstellung, die sich ihm doch
mit Ekkeharts Erzählung verbinden mußte, hätte ihn unbedingt davon
abhalten müssen, grade an dieser Stelle und in dieser Situation Ekkeharts
Darstellung heraufzubeschwören. Viel wahrscheinlicher ist es, daß hier
der rnhd. Nibelungendichter, der, wie gesagt, die Beziehung erst an Stelle
der alten Streitrede zwischen Dietrich und Hagen eingelegt haben wird,
wieder an eine von Ekkehart abweichende Tradition gedacht hat. Im
Biterolf hatsich Walther e''vohtenandem Rin 717. aber Verstümmelungen
haben nicht stattgefunden; er ist schließlich in Freundschaft Yon
Gunther geschieden und wird dann später auf Hagans Rat wie andere
frühere Gegner, Lindeger und Liudegast, nach Worms geladen (5082 ff.).
Auf den Kampf spielt augenscheinlich auch Hagen Bit. 3036-42 an.
Vielleicht hat ein solcher Kampf auch im mhd. Walther stattgefunden.
Wenn Zfda. 2, S. 217 Str. 1. Walther, vieHeicht auch Hildegund, zu
einem Abgesandten Gunthers, der Volkers Geleit anbietet, spricht:
si t'ttohten mtnen wt:n von mlner hende nemen an. ic/t gan iu de<�te
haz, daz ir ttns leitet nah den iuwern aiten, daz aul wit· dulden ane
haz, so weiß ich nicht, wie die herkömmlicher Weise in die ersten
Worte hineingelegte Beziehung auf die nach dem Biterolf durch
Hildegundens Einschenken betrunken gemachten Hunnen hierher passen
soll. Der Zusammenhang deutet doch entschieden auf Gunther und
dessen Genossen, und das würde auf den Versöhnungstrank führen,
der ihnen von Hildegund nach dem Kampf gereicht war. Der aus·
gesöhnte König hätte dann dem Walther, der nach Str. 2. 4 inzwischen
durch den Wasichenwald auf �fetz zu geritten war, Volker mit Gefolge
zum Geleit geschickt. Von Ortwin droht Gefahr: sehr erklärlich,
wenn Walther Hagenen mage aluoc. Auffällig ist freilich, daß nachher
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Str. 12 o. 13 nur von Waltbers Kämpfen mit den Hunnen die Rede
ist; doch ist der Berichtende auch nur nach den Hunnen gefragt,
und wenn nachher Gunther II, 13 seine Geneigtheit, Walthers Ein
ladung zur Hochzeit anzunehmen, mit den Sätzen einschränkt, wcer
iz niht Bclwnde (min) und W<t'1· ez der Hagenen 1·dt, so scheint doch
auch das wieder auf den Kampf mit Walther zurlickzudeuten, in dem
er und Hagen den Kürzeren gezogen haben.
Gründlich Yerschieden ist in Nib. u. Waltharius die Auffassung
Gunthers. Bei Ekkehart aer habgierige, verblendete Hetzer zum
Kampf, der sich selbst fern vom Schuß hält, bis er zu Zweien über
den Gegner herfällt und dabei elend zugerichtet und mit Verachtung
gestraft wird - in der Nibelungennot der königliche Held, der von
vornherein sein Leben für Mage und Mannen mit einsetr.t und nach
langen ruhmreichen Kämpfen wie Hagen nur von dem Größten
überwunden werden kann. Zu welchen Gonsequenzen führt die Hy
pothese der Abhängigkeit des Nibelungen1iedes von Ekkehart, wenn
in der Nibelungias Gunther an Stelle Hagens "mit der feigen häßlichen
Schuld" (Roethe S. 684) an Siegfrieds Ermordung befleckt werden muß,
damit die Charaktere der beiden mit Ekkeharls Aufa
f ssung in Einklang
gebracht werden können ! Welche ·einschneidende Umgestaltung müßte
da die Nibelungias in unserem mhd. Nibelungenlied erfahren haben,
wahrend die nebensä�hlichsten, an der äußersten Oberfläche der Erzählung
haftenden Personen und Sachen wie Bischof Pilgrim, Gere, die Aus
f älle gegen die Bayern, die Anspielungen auf die Walthersage ge
treulich bewahrt sein sollen. Mit der Auffassung von Gunther stellt
sich die Nibelungennot im Gegensatz zu Ekkehart wieder zum ags.
Waldere, in dem Gunther dem Helden nach allen Kämpfen als der
bedeutendste un<l. gefährlichste Gegner erscheint, und dazu stimmt
die alte Überlieferung vorn Untergang der Nibelungen, wie ThS und
Edda zeigen. Ebenso entspricht Gunther auch als Burgundenkönig
in der Nibelungennot nicht nur, wie wir sahen, dem mhd. Walther,
sondern auch dem ags. Waldere, einem Eddaverse und den ältesten
Verhältnissen, während bei Ekkehart Gunther die Franken, Bilde
gundens Vater dagegen die Burgunden beherrscht. Andererseits sind
nach dem tibereinstimmenc.len Zeugnis von Nibelungennot, ThS und
Eclda Gunther und die Seinen von altersher gerade in der Tradition
von ihrem Untergang auch Nibelunge, nicht aber wie bei Ekkehart
Franken genannt. Wenn nun die Nibelungennot, abweichend vom 1. Teil,
den Namen Nibelunge gleichfalls in dieser Bedeutung, daneben aber auch,
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wie der ursprünglichen Sage. Denn auch die alte Schatzfabel er
fordert, daß zuletzt nur noch Gunther und Hagen am Leben sind.
Was Nib. und ThS
gemeinsam zum alten. Bestand hinzubringen, ist
also lediglich die Entscheidung des Schlußkampfes durch Dietrich von
Bern, und diese ist identisch mit der Hereinziehung Dietriebs in
•
die Sage vom Untergang der Nibelungen überhaupt. Soll diese wirk-
lich zuerst von dem Nachahmer l!]kkeharts ausgehen, Ekkeharts, der
Dietrich und dessen Beziehungen zu Etzel mit keiner Silbe erwähnt ?
Ob aber Dietrich ursprünglich wie im Nibelungenliede die beidE>n
Helden besiegt hat oder nur Hagen, während Gunther schon zuvor
von andrer Hand überwältigt war, wie in der ThS, können wir nicht
wissen. Nehmen wir wirklich das erste an, so macht sich doch gleich
der große Unterschied von Ekkehart geltend, daß im Nib. nicht
zwei gegen einen zugleich kämpfen, dall die beiden Kämpfe durch
eine Pause mit Hagens Ü berantwortung an Kriemhilden unterbrochen
werden. Weshalb diese Abweichung? Es wäre kein andrer Grund
ersichtlich als die verfeinerte Auffassung von den Geboten ritt�rlicher
Ehre, und diese wiirde bei dem bischöflichen Schreiber des 10. Jahrhs.
sicher nicht zu erwarten sein. Das Wahrscheinlichere ist, daß in
der gemeinsamen Grundlage von Nib. und ThS zunächst Gunther ge
fangen wurde, während Hagen, wie auch in der Edda und VS, noch
andere Heldentaten verichtete, bis er durch Dietrichs Eingreifen
überwältigt ward. Dann aber schwindet vollends jede Ähnlichkeit
des Motivs mit dem Waltharius.
Auch daß zwischen Nibelungen und Waltharius eine Gleich
artigkeit der Disposition bestehe, die durch den Stoff keineswegs ge
boten war (S. 666), kann ich nicht zugeben. Roethe führt dafür
auf : 1. "Reise zwischen Hunnenland und Rhein". Sie war in beiden
Fallen durch den Kern der Fabel mit Notwendigkeit gegeben, im
Waltharius durch Walthers Flucht aus dem Hunnenland in seine
aquitanische oder spanische Heimat, in der Nibelungennot durch den
Todeszug des Nibelungen. 2. "Verhandlungen vor dem Kampf."
Nach Answeis das Bildebrandsliedes auch in Deutschland ein altes
episches :Motiv, übrigens in beiden Dichtungen durch das Ver
langen de.s einen Teils nach dem Schatze des andern gegeben. Wie
natürlich die Forderung der Herausgabe des Schatzes vor Beginn
des Nibelungenkampfes ist, zeigt der rmstand, daß auch die Vol
sungasaga sie stellen laßt. 3. "Kampf der Deuteragonisten. Nacht
panse. Kampf der Protagonisten." Das ist der .Aufbau im Walt-
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einfügte. Roethe erinnert an die Stelle der ThS, wo Gunther dem von der
Reise zu Etzel abratenden Hagen sagt: das ist ein Rat von der Art
wie ihn deine Mutter meinem Vater - richtiger nach Roethe mit der
an sich freilich nichts beweisenden Hs. A. "dein Vater meiner
Mutter" - gab, einer irnmer schlimmer als der andre. Nach der
ThS ist Hagen von einem Alb mit Gunthers Mutter gezeugt, und
sicher hat der Sagaschreiber daran auch bei Gunthers Worten gedacht,
wie er denn auch Cap. 391 Dietrich von Bern dem Hagen seinen
elbischen Vater vorwerfen läßt. Mir scheint hier der alte sagenmäßige
Zusammenhang vorzuliegen, der auch auf die Verse des Waltharius
Licht wirft. Statt dessen soll nach Roethe Gunthers abfällige Außer
ung über Hagens Vater in die Nibelungendichtung aus der angezogenen
Stelle im Waltharius gekommen sein, Dietrichs Scheltwort aber von
Hagen, dem Elbensohn, soll daraus zu erklären sein, daß bei Ekke
hart der Sachse Eckevrid dem Waltharius, der vor seiner Waldhö\e
steht, zuruft : aaltibus fL48Uetus faunus mihi quippe videns, und nur
daraus soll dann weiter überhaupt die Erzählung der ThS über Hagens
Vater, den Alb, stammen !
Aher nicht nur um einzelne Beziehungen richtig zu bewerten,
sondern um des ei�entlichen Hauptpunkt�s der ganzen Nibelungias
frage willen, ist es nötig, auf die vorekkehartsche Gestalt des Walther
und der Nibelungennot zurückzugreifen. Denn nicht das ist die
wichtigste Frage, ob es überhaupt einmal ein lateinisches Nibelungen
gedicht gegeben, das ein mehr oder minder verborgenes Dasein geführt
hat und dann ganz verschollen ist, sondern ob eine solche Nibelungias
und weiterhin ihr Vorbild, der Waltharius, jene fundamentale Be
deutung für die Entwickelung der deutschen Heldendichtung gehabt
hat, die ihr Roethe beimiUt. Hiefür aber ist es das erste und not
wendigste, festzust�>llen, was beide der nationalen 'Cberlieferung, die
sie bearbeiteten, verdanken, was sie neues hinzugefügt haben, und ob
und wie dieses Neue m.-tßgebende Bedeutung für die Folgezeit ge
wonnen habe.
Was Ekkehart an deutscher WaUhertradition vorfand, helfen uns
die WalderebruchsLUcke, die deutsche Quelle drr hypothetischen
Nibelungias helfen uns die Eddalieder erschließen . Da scheint es
mir vor allem wichtig, festzustellen, daß wir weder im einen
noch im andern Falle Anlaß haben, als Grundlage der lateinischen
Dichtung deutsche Einzellieder anzunehmen. Wollte man wirklich
für den Waltherstoff solche voraussetzen, so könnten nur zwei in
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wird ihnen eine letzte Warnung, aber es ist zu spät. In des Königs
Burg werden sie von einer Übermacht überfallen, vom Morgen bis
zum Abend dauert der Kampf. Die Nibelungen richten ein furcht
bares Blutbad unter Attilas Leuten an. In Attilas Saal, wo wenigstens
der letzte Teil des Kampfes spielt, findet mancher den 'rod im Feuer.
Nachdem ihre Begleiter gefallen sind, werden beide, erst Gunther
dann Hagen gefangen genommen. Gurrther soll sein Ll'ben mit dem
:r\ibelungenschatz einlösen. Aber so lange Hagen lebt, darf er, so
sagt er, den Verbldb des Hortes nicht verraten. Da wird Hagen
getötet und sein Herz oder Haupt zum Zeiche n davon Gunther vor
gewiesen. "Nun weiß niemand den Schatz als ich allein, und ewig
soll er euch verborgen bleiben" ruft der Trotzige höhnend. Er büßt
es mit dem Tode, aber Attila ist um den Preis des blutigen Kampfes
betrogen.
Das stellt sich beim Vergleich der Eddagedichte und des Ni
belungenliedes ungefähr als gemeinsamer Grundbestand dar. Es ist
das Mindestmaß de3sen, was Konrad vorgelegen haben müßte. Und
Aqv. wie Am. behandeln, jedes für sich, die ganze Erzählung von
Anfang bis zu Ende; es besteht nicht der geringste Grund, für die
alteste deutsche �ibelungennot etwas anderes vorauszusetzen. Somit
envuchs Konrad so wenig wie Ekkehart die Aufgabe, aus der Kom
bination von Einzelliedern erst die zusammenhängende epische Er
zählung zu schalTen; die gab es schon vor ihm, und gerade die alte
Nibelungennot behandelte einen großen tragischen Stoff in festem
Aufbau mit unverkennbarer Spannung und Steigerung bis zum letzten
Moment ; sie ettthielt schon das ganze Gerippe des zweiten Haupteils
unseres Nibelungenliedes. Was Konrad nach seinen lateinischen
Vorbildern hinzutat, hätte nur in Erweiterungen, Umbilrlungen und
in einer Veränderung der Darstellungsweise bestehen können. Die
Erweiterungen und GmbHdungen aber, welche die nächste Vorstufe
von NI. und ThS, also die als Konrads Werk in Betracht kommende
Fassung zeigt, sind im wesentlichen gegeben durch das Auftreten
von Gunthers Brüdern Gernot und Giselher, durch die Zugesellung
eines Spielmanns Volker zu Hagen, den Kampf !rings und vor allem
durch die Einführung Dietrichs von Bern mit Rüdiger und den
Amelungen sowie durch den Übergang der Rolle des Verderbcrs
der Nibelungen von Etzel auf Krierohild. In diesen Punkten also
müßte sich Ekkeharts Einflu ß nachweisen lassen, wenn man ihn für
die inhaltliche Fortbildung der NibE-lungennot zum breiter angelegt<:n
Epos in Anspruch nehmen will. Aber überall versagt er hier voll
ständig. Auch nicht eine dieser Personen kann dem Waltharius ihre
Einführung verdanken, sowenig wie die große Umbildung der Rolle
Kriemhildens von dort aus irgend welches Licht empfängt. Unter
den Vergleichen aber, die Roethe zwischen der rachenden Kriemhild
und Vergilianischen Motiven anstellt, stimmt allein der aus Didos
Vorgeschichte, daß ihr Mann um seiner Schatze willen von ihrem
Bruder erschlagen worden war, also ein Motiv das schon dem ältesten
Grundbestand der Nibelungensage angehörte, mithin für den Zuwachs
in der Niuelungias nicht in Frage kommen kanu. Gerade solches
zweifellos zufällige Zusammentreffen sollte zur Vorsicht im Vergleichen
mahnen. Wie aber Didos Worte uüa 'virurn poenaa inimico a fratre
recepi, mit denen sie auf die heimliche Beraubung des immer noch
gefürchteten Bruders zurückblickt, die Umwandlung Kriemhilds zur
Vollstreckerio der blutigen Sühne an den Brüdern erklären- sollen, ist
mir ebenso unverständliclt, wie die vermeintlichen Beziehungen
Kriemhildens zu Amata, Iuno, Hekuba. und Helena, Etzels zu Priamus
und Neptun. Eiredeiins zu Aeolus.
Hat also wedar das Grundgefüge der Handlung noch der Zu
wachs und die Probildung von Motiven in der Nibelungennot dem
lateinischen Epos etwas Nachweisbares zu verdankE-n, so wäre doch
immer noch auf dem Gebiet, auf dem wir gerade mit voller Be
stimmtheit Ekkeharts Leistung von der nationalen Überlieferung
scheiden können, nämlich in Stil und Darstellung, ein maßgebender
Einfluß seiner und de>r vergilianischen Dichtung auf die deutsche
Dichtung möglich. Wir wissen, wio Ekkehart seine Schilderung
e>ines Gastmahles, die eines Massenkampfes und die tler Einzelkämpfe
ganz im Vergilschen Stile ausführt, ja teilweise wie einen 0ento aus
Vergilschen Phrasen zusammensetzt und dabei Szenen von abwechs
lungsreicher Lebhaftigkeit erzielt. Wenn irgendwo, so konnte hier Konrad
von ihm lernen. Mochte er das Gastmahl in Etzels Halle, eine
Massenschlacht mit den Hunnen oder die Einzelkämpfe der Nibe
lungen dichterisch gestalten, überall mußte sich hier das Vorbild förmlich
aufdrangen. Hier also müßte sich auch im mhd. Epos noch jener
von Ekkehart und Ver�il ansgehende bestimmende Einfluß erkennen
Jassen.
Und der ratbestand? .Absolut keine l�bereinstimmung! "Mit
Ekkeharts meisterhaften und abwechslungsreichen Kampfschilderungen,
in denen sich die lateimschen Vorbilder glänzt!nd bewährten, ist unser
:�on
spielte die Au1führung, beim Lied die Melodie die Rolle des all
gemein verständlichen Vermittlers, abgesehen von der großen ver
mittelnden Macht des Gottesdienstes und des religiösen Volksbrauches.
Alles das fehlt dem lateinischen Epos. Um so unwahrscheinlicher ist
es, daß das deutsche Heldenlied auf dem Gmwege über diese volks
fremde lateinische Buchdichtung zum volkstUmliehen Heldenepos ge
worden sei.
Wir werden diesen Vorgang überhaupt nicht auf die Tat eines
Einzelnen zurückzuführen haben. Innere Kriterien und der Vergleich
mit der Thidreksaga zeigen deutlich, daß unser Nibelungenlied über
die den beiden gemeinsame nächste Vorstufe hinaus allmählichen
Zuwachs an �loth·en und sonstige Erweiterungen erfahren hat. In
entsprechender Weise werden wir uns die vorausliegende Fortbildung
der ältesten Nibelungennot zu jener Vorstufe von Nbl. und ThS vor
zustellen haben. Selbst eine so einschneidende Umgestaltung eines
Hauptmotivs wie die Vernichtung der Nibelungen braucht nicht mit
einemmale vollzogen zu sein. Wie dabei ein allmählicher Rollen
tausch zwischen Etzel und Kriemhilden in der Dichtung vor sich
gegangen sein kann, zeigt die Volsunga Saga. Atli fordert bei der
Begrüßung von deo Nibelungen den Schatz, den Sigurd gehabt hat,
weil er jetzt Gudrun gehöre. Und auf die trotzige Abweisung der
Nibelunge erwidert er, daß er lange nach ihrem Leben getrachtet
habe, um ihnen das Gold zu nehmen und das Neidingswerk, daß sie
an Sigurd getan, zu rächen. Daß Etzel seinem habsüchtigen Ver
langep diesen Rechtstitel geben will, ist ganz natürlich, ebenso
natürlich aber auch der Einwand, den Hagen Nib. 1960 in seiner
schnöden Hohnrede über Etzels und Siegfri eds veNe �ippe erhebt. Er
würde noch als unmittelbare Entgegnung auf eine Äußerung Etzels
wie die in der Yolsungasaga passen, aber er schließt auch zu
gleich die Folgerung in sich, daß nicht Etzel, sondern nur Kriem
hild eigentlich zur Rückforderung des Schatzes und zur Vollziehung
der Sühne für Siegfrieds Ermordung berechtigt ist. Die gotisch
österreichische Auffassung von dem milden Etzel der Dietrichsage tat
ein Übriges.
Über die Träger und Fortbilder der 'Überlieferung gibt uns die
Einführung des ritterlichen Spielmanns Volker und die strophische
Form des Nibelungenliedes Aufschluß. Eine so farblose Figur, wie
sie Volker ohne sein Spielmannsturn abgegeben hätte, würde man
schwerlich neben Hagen gesetzt haben; ich glaube bestimmt, daß
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der Fiedler schon der Vorstufe von Nibelungenlied und ThS angehört
l1at und daß ThS c. 388 das übereinstimmende Zeugnis von AB und
Stockb. mit der Bezeichnung von Volker als leikma�·,. oder speleman
gegen M für die ältere Form der Sage in Anspruch zu nehmen ist,
umsomehr als auch in M Hagen ihm dankt, daß er sein Schwert
auf den Helmen der H unnen " singen " läßt. Ein deutscher Spielmaun
vornehmerer Art, sicher nicht ein lateinisch dichtender bischöflicher
Schreiber, hat diese Gestalt geschaffen als ein fdeal seines Standes.
Daß ferner die strophische .Form erst der großen mhd. Buchdichtung
gegeb en sei, halte ich für völlig ausgeschlossen ; auch wenn sie uns
nicht zugleich im Minnegesang überliefert wäre, würde ihr fester
Bau mit der großen Beschränkung, die er dem Versausgang und
damit dem Reimgebrauch auferlegt, aufihre ursprüngliche Bestimmung
für den Singvortrag zurückweisen; und daß man diese Form der
Übersetzun g eines lateinisch en Buchepos gegeben haben sollte, ist
wiederum umvahrscheinlich genug. Wir werden also auf ein deutsches
Spielmannslied höherer Gattung vom Untergang der Nibelungen zurück
geführt, das in milndlicher Über lie ferun g und, wie es bei solcher
selbstverständlich ist, in verschiedenen Fass ungen umlief, als es der
Ausgangspunkt der mhd. Buchdichtung wurde. Einen so kargen,
springenden, unepiseben Stil wie den der Eddalieder haben wir diesem
Lied von der Nibelunge Not sicherlich nicht zuzuschrPiben. Ich
halte es für ganz unberechtigt., diese n skandinavischen Stil, der
niemals zum Ep os geführt h at, als notwendige Vorstufe für die epische
Dichtung der Westgermanen vorauszusetzen. Das Vorhandensein
einer unstrophischen Form bei den Westgermanen, der Formelschatz
u nd die Tatsache, daß diese der christlichen Propaganda alle Mittel
für die breite episch e Behandlung biblischer Stoffe hergaben, während
eine solche bei den Skandinaviern ausblieb und ausbleiben mußte,
zeigen, daß bei den Westgermanen von altersher ein Stil wirklich
epischer Sprachpoesie bestanden hat, unrl das Hildebrandslied bietet
uns ja für Deutschland das beste Beispiel einer nach Komposition
und Stil hochentwickelten nationalen epischen Kunst, die von den
skandinavischen Liedern ganz verschieden ist. )'lögen daneben auch
deutsche Lieder, die eine größere Folge von Begebenheiten umfaßten,
in .knappere r, von einem Ereignis zum andern springender Darstellung
bestanden haben, daß die eine Stilgattung erst an die Stelle der
andern getreten sei, brauchen wir fl\r die deutsche Heldendichtung
ebenso wenig anzunehmen, wie es für die mittel lateinische und
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Dinge, die dort bei einander gestanden haben müßten. Gegen Ende
des 10. Jahrhunderts hiltte da cler Schreiber Konrad von seinem
Herrn, dem Bischof Pilgrim, erzählt, wie der Ereignisse, die sieh vor
einem halben Jahrtausend lmter König Etzel zugetra�en hatten, als
Oheim von Etzels Gemahlin miterlebt habe, und am Schlnß hätte
er angegeben , wie ihn der Bischof aus Liebe zu seinen damals im
Kampfe an Etzels Hof gefallenen Neffen, den drei Nibelungenkönigen,
beauftragt habe, die ganze traurige Geschichte nach dem, was er
selbst davon erlebt und von Etzels Spielmann mündlich erkundet
hatte, niederzuschreiben. Dieser Unsinn müßte doch wirklieb in
Konrads Gedicht gestanden haben. wenn man wie Kögel in seiner
Literaturgeschichte den ganzen Schluß der Klage als "unanfechtbares
Zeugnis" für die durch Pilgrim veranlaßte lateinische Niederschrift
Yon den Nibelungen ohne Kritik und ohne Einschränkung gelten läßt.
Andere haben die Widersprüche zu erklären und zu korrigieren
gesucht, aber ohne Erfolg. Roethe meint, Konrad habe seinem Bischof
zu Ehren für seine Erzählung von den Nibelungen einen alten
Passauer Bischof mit gleichem Namen als Etzels Zeitgenossen er
funden. Das wlire ja an sich wohl möglich, wenn auch befremden
müßte, daß er diesen mit dem großen Hunnenkönig verschwägerten
Amtsvorfahren seines Bischofs nicht zu einem Erzbischof von Lorch
a. d. Enns mit weit nach Ungarn hinein reichender Gewalt gemacht
Mtte, wie das den Fiktionen des historischen Pilgrim entsprochen
haben würde. Jedenfalls aber bliebe doch unerklärlich, wie Konrad
neben diesem erdichteten Bischof Pilgrim von Passau, dem Zeit
genossen Etzels, seinen eigenen Zeitgenossen und Bischof Pilgrim
von Passau als Auftraggeber für seine Erzählung erwähnt haben
sollte. Von dem aber, was in der Angabe der Klage die eigentliche
Pointe ausmacht, daß nämlich Pilgrim dem Konrad gerade aufgrund
seiner persönlichen Beziehungen zu Etzels Hof den authentischen
• Bericht über die ganze Nibelungentragödie gegeben habe, könnte un
möglich etwas in Konrads Nibelumdas gestanden haben. Der Pilgrim
der Erzählung in Nibelungen und Klage und Pilgrim als Auftrag
geber Konrads sind eben mit einander nur vereinbar, solange man
beide als Phantasieprodukt auffaßt, nicht sobald man die Realität
des einen behauptet. Will man also eine Nibelungias mit der An
gabe, daß sie von Konrad auf Pilgrims Geheiß verfaßt sei, annehmen,
dann muß man den Nibelungenoheim Pilgrim aus ihr streichen, und
�Seine Erfindung erst der mittelhochdeutschen Dichtung zuweisen ;
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aber man darf nicht zugleich den Pilgrim der Erzählung von den
Nibelungen als historischen Zeugen für deren Abfassung im 10. Jahrh.
ansprechen und die Angabe der Klage, daß Pilgrim sie habe nieder
schreiben lassen, für quellenmäßig halten. Die Entscheidung kann
uns nur die Betrachtung dieser Angabe im Zusammenhang der
Klagedichtung ermöglicl1en.
Der Dichter der Klage gehört zu den guten Leuten, denen es
eine Herzenssache ist, wie es den Helden einer schönen Erzählung
nach deren Abschluß noch weiter ergangen sein mag. Viel blieb
freilich nach dem allgemeinen Blutbad des Nibelungenliedes nicht
mehr zu berichten, aber die Klage der Hinterbliebenen an Etzels
Hof und das Begräbnis, der Bericht an die auswärtigen Angehörigen
und was aus den Überlebenden geworden sei, das schien den be
scheidenen Ansprüchen dieses Poet.en bei dem großen Interesse, das
er und jedermann an der Nibelungengeschichte nahm, doch ein
lohnender Gegenstand. Zu der eigentlichen Klage mochte er durch
die verwandten Szenen auf dem leichenbesäten Schlachtfelde bei
Runzeval im deutschen Rolandslied 6950-82, 7485-7622 angeregt
werden; seine Quelle war das Nibelungenlied, das er in der vor
liegenden Gestalt kannte. Ja, so wie uns die Klage überliefert ist,
ist sie in eine Bandschrift des vollständigen Nibelungenliedes mit
ansdrückliehen Berufungen auf diese hineingedichtet; denn nichts
anderes als die vorausg�hende Niederschrift kann Kl. 1 7 f. (Lachm 9 f.)
mit ditze alte mcere bat ein tiltt�R�·e an ein buocA achriben gemeint
sein, wie die folgenden Verse zeigen. Aber er wirft dann auch wieder
bei solchen Berufungen die Klage unklar mit dem Nibelungenlied
zusammen. So sollte man auch meinen, daß er am Schluß, wo er
sich für duze m<.ere auf Konrads Niederschtift beruft, die Quelle
für seine eigene Dichtung habe angeben wollen; aber was er dann
über den Inhalt jener Niederschrift sagt, zeigt, daß er mit duze
ma!?'e ebenso wie 17 f. wieder i n erster Linie an das i n der Hand
schrift vorangehende Nibelungenlied denkt. Aus diesem konnte er
inhaltlich fast alles bestreiten, was er in seinen auf die Ereignisse
des Liedes zurückblickenden Reflexionen, Klagen und Botenberichten
vorbrachte; doch hat er wohl auch mündlich überlieferte Varianten
der Nibelungennot, sicher über diese hinausgehende Traditionen der
Dietrichsage gekannt und gelegentlich verwertet. Wo aber für die
Erzählung von dem was nun weiter geschah diese Quellen aussetzten,
hat er selbst fabuliert. Das geschieht im zweiten Teil.
512
Roethe hat sich zweifellos mit Recht dafür entschieden, daß hie:
die Pilgrimstrophen des Nibelungenliedes vorausgegetzt werden unc
daß nicht etwa Pilgrim erst aus der Klage in das Lied hinein·
interpoliert sei. Die Hauptstationen Bechelaren, Passau, Worm!
m1t den Verwandten der Gefallenen waren, die eine so gut wiEI die
andere, f'llr die Bot�nreise gegeben . Bei jeder wird der Bericht,
seine Wirkung, die Klage der Betroffenen vorgebracht; aber neben
diesen auf den Inhalt des Liedes zurückgreiftluden Dingen erfindet
tlberall der Dichter noch etwas hinzu, das einen Ausblick auf die
Zukunft gibt. In Bechelaren wird der Besuch Dietrichs von Bern
angekündigt, der dann Dietlinden verspricht, ihr als Ersat.z für Gisel
ber einen nndern Mann zu verschaffen. In Wonns wird Gunthers
Sohn zum König gekrönt, und es öffnet sich der Blick auf eine frohere
Zukunft. In Passau aber beauftragt Bischof Pilgrim, als der einzige
Schriftgelehrte aus dem Personal des Liedes, den Boten, auf der
Rtlckkeht wieder bei ihm vorzusprechen und ihm alles ausführlieb
zu erzahlen, denn er wolle die ganze Geschichte, die gewaltigste die
je geschah. flir die Nachwelt aufzeichnen. Außerdem schickt aber
Pilgrim auch sofort Boten ins Hunnenland, um dort von allen Seiten
Erlrnndigungeo 1iber die Ereignisse einzuziehen. Der Dichter wird
bei dieser sorgftiltigen quellenmäßigen Vorbereitung des bischöflichen
WerkP.s gewiß an eine historische Prosa, nicht an eine Dichtung
gedacht haben. Nach dem ganzen Zusammenbange aber, in dem er
das erzählt, hat man keine Veranlassung, es als etwas anderes auf
zufassen, als die in die Zukunft weisenden Erfindungen für Worms
und Bechelaren. Man würde der Stelle auch wohl keine ernstliche
Bedeutung beigelegt haben, wenn nicht am Schluß des Gedichtes
noch einmal auf sie zurückgegriffen würde und zwar in Verbindung
mit detallierteren Angaben. Zunächst wird uns mit wörtlichen 'Wieder
lwlungen ans der ersten Stelle gesagt, daß Pilgrim das, was dort an
gekündigt war, ausgeführt habe nach den Angaben vor allem von Etzels
Fiedeler, der sich nach V. 4102 (2048) auf der Rückkehr von Worms ver
abredetermaßen wieder bei ihm eingestellt hatte ; aber es heißt auch,
er habe es schreiben lassen in lat·i ni
sclten buocllataben, daz manz fiir
uvir �lde haben swerz dar ndh erlunde und daß daz mawe priev6n dö
bl'f)an •tn (ein) srhribe�· meiatm· Ku.om·ät, danach habe man es dann
oft in deutscher Sprache gedicht�t. Daß die lateinische Form der
Niederschrift hier hervorgehoben wird, scheint mir keine besondere
Gewähr f'nr die Realität der Angabe zu sein, denn es geschieht
augenscheinlich in naivster Weise um die Glaubwürdigkeit jener Auf
zeichnung ins hellste Licht zu setzen. Auffiillig bleibt nur, daß Jer
Schreiber mit Namen genannt wird. Aber kann nicht der Dichter
auch diesen weiteren 8chritt �ctan haben ulil seine Quellenberufun�
recht glaubhaft zu machen ? Wenn er, wie ich oben audeutt'te, die
Anregung zu seiner "Klage'" th>r Totenklage auf dem Schlachtf�ld
von Runzeval im Boland�lied n•rdankte, so fan d er am Schluß dieses
Gedichtes die Angabe, daß der Pfatl'e Konrad das Original zunächst
in lateinische Form und daraus dann in die deutschen Verse gebn1cht
habe, und das konnte ihn auf seine Erfindung bringen. Ja sogar ein
Schreiber Konrad d('S Bischofs von Passau konnte ihm den Namen
her�eben, denn ein Konrad, der unter Bischof Wolfger von Pas sau
1 19() als Canonicus, 120 I als Cano,,ü'WJ und Oblaiarius a uftritt, er
sch{!int c. 1 209 u ntf\r Bisehuf i\langold als Obellarius et scribu.
(Mon. Bo. 4, 146. :28, lf, f,30f.).
Sicher ist, daf.l Quf\llenerdichtnng mit bestimmten Angaben (vgl.
Wilhelm, PBB. 33,286 f.) zur Zeit der Klage schon nichts ungt'wöhn
liches mehr war. Die Spielleute wehrten sich damit gegen die Angriffe
der geistlichen Poeten. Bekannt ist der Ausfall der Kaiserchronik
auf die derzeit weit ''erbrei!Rte Gewohnheit , sich Lügen zu erdenken
und diese zusammenzufügPn 1nit scop/,elu·llen worten. die dann die
jüngeren Generationen lernen und als Wahrheit weiter sagen, während die
Weisen nichts davon hören wollen; für die ist vielmehr ein guo'ez
liet wie die Kaiserchronik. ( Kehr. '27 ff.). Um solchen Vorwürfen
vorzubeugen, behauptt>t der Dichter de� Bother, aus "dem Buche"
zu wissen, daß der Held seiner Erzählung Pipins Vater, Karls des
Großen Großvater gewesen sei: von du nis daa liet wn lugenen ge
i und 1.1011 d1t m 81dit ir dit liet den and1·en fjtl"icldn niet,
diclltet net
wandit so manich 1·erht !Jd.t, da nne ime die u·drheit 1·nstat (Roth. 347U ff.
4792 ff.) Der Dichter des "himmlischen Jerusalem" beklagt (Dierner
372, 19) s-wd man ei11e guote 1·ede tuot, die ist dem tumben tmmd!'e.
De1· ltaizet irrte �Singen von u:ertlichen dingen unt von der degenltoite,
daz endunchet ·in arba1te. Dagegen nennt der Dichter des Herzog
Ernst sein Werk ze hoerenue guot. Ez gl.t vil manigen höhen muot su·ci
man von degenlteite seit. Aber die daheim sitzen und vom Heldentum
nichts versrehen, die del' arbeit niht uliten haben, weil sie dazu nicht
taugen, die glauben nicht swaz ma1l von lteldea Meten aaget; wo sie
nur können, tadeln, bestreiten, unterdrücken sie solche Rede o.la ez
mit alle ein lügene sl. Wns er nun erzahlt steht t'n den buoclun ge-
t'ostschrltt d. scblCii. Ges. r. V�du. 33
514
luge wol eiA ende /1aben. Nach dem Vorbild älterer Kunstgenossen
hat der Klagedichter seine geliebte Nibclungengeschichte, von deren
Wahrheit er gewiß durchdrungen war, gegen solchen Vorwurf geschützt
indem ('I' gewissermaßen daz buoch vür truoc.
Ich meine, es sind danach alle Bedingungen gegeben um die
Quellenberufung der Klage für Erfindung zu halten. Mit dieser An
nahme schwinden alle Widersprüche in der Rolle Pilgrims. Was
für seinen Zeitgenossen unmöglich gewesen wäre, konnt� der mE'hr
als 2 Jahrhunderte jfingere Dichter der Klage tun, ohne daß er sich
eines Anachronismus bewußt geworden wäre, auch wenn er von Pilgrim
nicht nur aus dem Nibelungenliede sondern auch als historischem
Bischof des 10. Jahrhunderts gewuf3t hätte. Denn im Anfang des
13. Jahrltunderts war es bei der üblichen Vermischung von Ungarn
und Hunnen etwas ganz natürliches, wenn ein Laie das weit zuriick
liegrnde Zeitalter der großen Ungarnkriege mit dem der großen
Hunnenkämpfe zusammenwarf. Und denselben Vorgang nehme irh
schon für das Nibelungenlied an. Die Pilgrimstellen, die alle Kenn
zeichen clE'r jüngsten Schiebt der Dichtung tragen, werden von dem
jüngsten Nibelungendichter verfaßt sein, der, wie schon Kettner an
sprechend vennutete, Beziehungen zu dem notorisch sängerfreundlichen
Hofe der Passauer Bischöfe gehabt haben wird, vermutlich zu Wolfger,
dem Gönner Walthers, dem Dienstherrn Albrechts von Johannsdorf,
der später auch persönliche Berührung mit Bligger von Steinach und
Thomasin von Zirklrere hatte. Die Reise zwischen Passau und Wien,
wie wir sie Wolfger ja sogar mit Sängern und Spielleuten im Ge
folge einmal urkundlich von Station zu Station nachweisen können,
war geeignet, auch bei Kriemhildens Hochzeitsfahrt und dem Zuge
der Nibelungen das besondere Interesse eines im Dienste des Bischofs
stehenden Dichters zu erregen. 'Cnd seinem Gönner selbst bereitet
er dabei eine Huldigung, indem er dessen berühmtem Vorgänger ans
der Ungarn- oder Hunn�nzeit eine durch bedeutungsvolle Gastfreiheit
und milte ausgezeichnete, übrigE'ns freilich sehr fiberflüssige Rolle
zuweist. Das Andenken des rastlosen und skruppellosen Mehrers des
Passauer Bistums war durch die Wunder, die im J. 1181 an seint'm
Grabe geschahen, in weiteren Kreisen wieder lebendig geworden. Daß
aber deshalb ums Jahr 1 200 jene an sich so naheliegende Versetzung
Pil�rirns in die Hunnenzeit bei einem Manne wie dem Nibelungen
dichter nirht wahrscheinlich sei, uml daß dieser, weil Magnus von
Reichersperg Pilgrim beim Bericht von den Wundern an seinem
33*
516
gesetzt sein konnte, wollte ich mich davon doch durch den Augen
schein überzeugen. Mein Freund F. Skutsch hat mir die beiden
,Gedichte' aus der Breslauer Handschrift abgeschrieben, und der
liebenswürdigen Vermittlung des Direktors der Leidener Universitäts
bihliothek, Prof. S. G. de Vries, verdanke ich eine photographische
Heproduktion der in Betracht kommenden Blätter der schönen alten
Leiden er Handschrift 1). In der Tat ist in bPiden Handschritten der
•rrxt als fortlaufende Prosa geschrieben, und man kann sich nur
wundem, daß L. Müller, der den Leidensis a. a. 0. beschrieben hat,
dieses Umstandes gar keine Erwähnung tut; in der Breslauer Hs.
sind, wie Skutsch bemerkt, ein par Male die Anfange wirklicher
Vrrse durch große Buchstaben markiert, aber ohne festes Prinzip
(eHe Fälle werden unten vermerkt werden) 2).
Wenden wir nun die Erkenntnis der Kompositionsform dieser
Produkte auf die Konstituierung ihres Textes an, so ergibt sich, daß
fast ohne jede Änderung amzukommen ist. Richtig gebildete Verse
fehlen nicht, wie solche ja. auch im QuProlus und auf den hallitne
t rischen Inschriften vorkommen ; sie sind im ersten Gedichte sogar
viel hänfigpr als im zweiten, sichtlich deshalb, weil der Verfasser hier,
Jn dem Gebek an dil' Terra mater, eine ältere, besser geschriebene
Vorlage benutzte, die ihn im zweiten, dem GebetP an die herbae,
verließ; aber die der Norm widersprechenden dürfen auch im ersten
nicht angetastet werden. Ich stelle nun nebeneinander diejenige
Form des zweiten Gedichts, die es in den Hss. hat, und diejenige,
die ihm A. Riese auf Grund eigner und früherer Änderungen gegeben
hat.; die Abweichungen von der einstimmigen Üuerlieferung sind durch
Hpemlruck, ausgelassene Worte durch ein *, zugesetzte durch < >
kenntlich gemacht. Die Zeilen der linken Spalte sind die des Leidensis 3)
1) Vgl. die beigegebene Tafel (S. 5 1 9) mit der 'precatio omnium be1·barum'.
J>io Buchstaben fschöne Uncialc s. Vl) mußten des Raumes halber erbeblich
verkleinert werden. Die Trennungsstriche :�;wischen den einzelnen W urt.cn
stammen von jüngerer Hand.
�) Über die beiden LanrcntiHni vermag ich nichts Genaucs zu sagen ;
Handini IH S. 8G f. druckt diQ beiden Gedichte in abgesetzten Zeilen ab; dHs
wird aber wohl Solinc eigene Zutat sein.
S) Die Zcilcnl!ingc der Min uskelhandschrift B ist natürlich gt·Oßcr: id
gebe, damit man sich überzeuge, daß auch sio die Zeilen nicht metrisch ab
st.ltzt (wo das, wie in der ersten Zdle der Fall ist, beruht es auf Zuf11ll), den
Anfang nach Skutseh' Abscbrift :
nunc vos potestig (so) omncs hcrbas deprocor
et oro u1aicstatcmq; vcstram \OS qnas pa
521
Die letzte Zeile 1) zeigt mit ihrem per nomen . . . , daß der
Verfasser dit!ses Gedichts Christ war: denn er tnllinte offenbar ,im
Namen Gott!��· 2), sagte dafür aber pe1· 110'/Jlen maie&tatis, sei es daß ihm
71e1· nomen lhi nicht rhythmisch genug war, sei es daß er das W:>rt
deua vermeitlen wollte; unzweifelhaft beruht quae, das ja auch nur eine
Handschrift bietet, �uflnterpol;ltiou: er hat das Masculinurn Kard o'iJ'IIEC1w
gebraucht ; die Zurückbeziehung auf die Zeile 8 quia qui creavit vo�;,
ipae 1H�I'11�Üsit u. s. w. ist klar: auch dort hat die analoge Interpola
tion stattgefunden: ipae hat nur A erhalten, die übrigen bieten ipsa
(trotz des vorangehenden qui), mit Beziehung auf Tellus. Aber von
deren Göttlichkeit ist in diesem Gedichte nicht die Rede, wohl im
ersten, das gleich anhebt mit dea sancta 1'ellus. Überhaupt ist die
St�llung des ersten Gedichts zur Götterwelt eine verschiedene: keine
i
Spur von dieser im zweiten, dagegen im ersten noch V. 7: tu Dli)
ttmln·a& ltyil 15 tf. mtJ•ifo IJQCIII'i8 mag11a tu mail'l' deWil pil'talc quia
ricisli dicum nominu 3), I tu tlla 1:<'1't') ge11tium l!t dit•tm& l'arms. I
I) l)j,. lndorung R i•· s �·s von muci in "a,cür isl :bJlOIIOs, nud dio ullhur
kl!mmlicho Form ist ja bis liuf hinl'io in dio Kaiecrz<•it \YCit••rgUllchh!IIJI� worden.
Abor ich wugo keine s(llchc Ändt•ruo!f: 1lcr \"crfll$s,•r k11nn ll·:m j�tmbinb.•n
Wortfall jur IIJIJtm tllau
l lalit den trochllisaJwn
V"' vos li1ssit mm gradG nm Schluß,
der Kallllcsc bolbcr, nb:.iebUiclt nng,•fiigt haben.
2) Über die Pormcl hat am besten A. D i c t c r i c h , Eine Mithrasliturgic
(Leipz. 1903) S. 110 ff. gehandelt. Viole Beispiele aus Esorzismeo gibt F. P r a de L,
�riech. u. &lldilalit•n. Gebote ete. in: Roligionsgcseh. V•lrsuchc u. Vorarbeiten
lli 3 (1901) s. :?96 Jt
1) Wie kann man nur ti'Cll1 des vorangehenden •oo1ri1 dit• •Nam�n· ver·
dtl!.ngen, indem man, wie B a c h r e n s und Riese tun, ""N"iu g••gt•o das ein·
stimmig überlieferto nomtta
i schreibt.
•) So A, '"'" Ui a vu 1t (r11ro U; ßCl>; du dor Vt•rr. IIinLua nuch sonaL
zullißt. (das bal Riese gllgl1n BaohroniJ nrkannt.}, so braucht fOD A nitbt. ab
gewichen :��u wonlcu durch Schreib ung vun 111 <Jr>.
523
1) So die Hss.; sinc qua nil maturatur Ba eh r e n s und ihm folgend Riese
gegen alle Wahrscheinlichkeit. Es ist eben ein "Senar" mit 7 Füßen (so auch
H e im). Ein ähnlicher ist V. 8 vmtiJsque et i1!lures tcmpestatesque cqntines (nämlich:
..:._ ..., ' ), woför bei Baebrens steht: sanos tl's pratstes, denique nunc, diva, hoc
milti (ähnlich H e i m ; welchen Zweck bat es, einen barbarischen Vers durcb einen
ebt>nfalls ba1·barischcn mit dem 'zerrissenen Anapäst' zu ersetzen?), während
R i e s e den Ansfall von 11/2 Versen annimmt. Auf diesen Vers folgt, das erste
Gedicht abschließend, dieser (32) : m(l!lstas praesttt, quo,{ le supplex rogiJ, wo es
ja einfach wäre mit Rie s e und H e i m <t�ta> nach pt·aestet zu ergänzen, wenn
nur nicht zwei ähnlich gebaute 'Verse' hintereinander vorkämen: !tanc mi
hi pe•··
mitlas m�didnam tuam (27), veni ad me (so A, veniat me BCD) mnt t:<is vrtutilms
i
(28), wo die vermeintlichen Lücken beide Mal durch unwahrscheinliebe Er
gänzungen ausgef
dllt werden. Wem dies alles auf den ersten Blick fremd
artig erscheint, der lese die von B ü c h e I or in den carm. epigr. unter Nr. 11 G
zusammengestellten 'Verse', deren einige mit den zitierten ganz oder nahezu
identisch sind.
2) So die Hss.; tu u magna tuque d i1JWJt regti:a ts, dea B a e b r e n s, itt es
magna, tuque divum regina ac dea Riese. Aber das zweite tu steht mit Hiatus,
in regna
i ist die Schlußsilbe durch den A.kzeut gelängt.
8) Dies ergibt sich aus dl'lr Technik einzelner intakt erhaltener Senare dos
ersten Gedichts, in denen der Hiatus zugelassen ist, wie 5 ptr quam i nalura
skt
I tl sqmnqs capit, 10 fugasque sq/em I ei prqrtflas r�Jncitas, 23 exaudi fJ11atso I tt fave
mplis nuis. Diese Technik stimmt überein mit derjenigen der a.krostiehiscbeu
a1·gumenta zu Plaut\ts und ergab mir so die genannte approximative Zeit·
bestimmuug.
524