Professional Documents
Culture Documents
Essen Der Zukunft
Essen Der Zukunft
TV-GUIDE
NEWSLETTER
DISNEY+
Dessert aus dem 3D-Drucker: Die Forschenden der Columbia University in New York haben
einen Käsekuchen aus sieben Zutaten gedruckt.
Im Jahr 2050 werden knapp zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben – der
Großteil von ihnen im urbanen Raum. Die deutschen Sommer könnten über 40 Grad
Celsius heiß werden und die meisten Äcker aufgrund des Klimawandels nicht mehr
bewirtschaftbar sein, heißt es in den Extremszenarien vieler Forschungsprojekte.
Was werden wir also in knapp 30 Jahren essen? Wie wird der Anbau von
Nahrungsmitteln aussehen? Und wird es noch um Genuss gehen – oder nur darum,
möglichst viele Menschen satt zu bekommen? Fragen wie diese bestimmen bereits jetzt
den Alltag diverser Forschungsteams. Sie entwickeln schon heute die Menüs von
morgen und testen neue Anbaumöglichkeiten.
Wie man mitten in der Stadt Landwirtschaft betreiben kann und ob uns bald ein 3D-
Drucker bekochen wird – Einblicke in die derzeitige Forschung.
„Man muss jetzt aber nicht denken, dass wir in Zukunft komplette Quallen essen“, sagt
Schreiner, die mit ihrem Team die verschiedenen Nahrungsquellen testet. Stattdessen
extrahieren die Forschenden einzelne Nahrungsbestandteile aus den Organismen – zum
Beispiel Proteine, Vitamine oder gesundheitsfördernde Carotinoide – und bauen sie in
bekannte Lebensmittel ein. „Der Weg zu neuen Nahrungsmitteln funktioniert am
besten, wenn man über bereits Bekanntes geht“, sagt Vogt.
Dazu entwickelt das Projektteam ganze Gerichte. Rezepte für Spaghetti mit Pesto aus
Queller – einer Halophyten-Pflanze, die auch als Meeresspargel bezeichnet wird – oder
frittierten Meersalat im Teigmantel gibt es schon jetzt zum Nachkochen. Auch in einem
Smoothie lassen sich Halophyten gemeinsam mit Obst und Gemüse verarbeiten. „Nur
der salzige Geschmack ist ein kleiner Bruch mit den Gewohnheiten“, sagt Vogt.
Während sich Proteinmehl aus Grillen zum Beispiel zu einem Brot verarbeiten lässt,
eignen sich die Nährstoffe aus Quallen für gesunde Chips. Quallen sind reich an
Calcium, Natrium und Proteinen und enthalten kein Fett oder Cholesterin. „Unsere
untersuchten Organismen sind in ihren Inhaltsstoffen durchaus gleichwertig gegenüber
Produkten, die wir bislang schon essen. Für den Planeten sind sie jedoch gesünder“, so
Schreiner.
Sicher ist bei aller Forschung jedoch, dass es am Ende auch um Genuss geht: „Keine
dieser Innovationen wird Eingang finden – weder auf den Markt, noch in die
Gesellschaft –, wenn sie nicht schmecken. Es darf kein Ekelfaktor oder ein anderes
Akzeptanzproblem entstehen“, sagt Schreiner vom food4future-Projekt.
Was sich nach ferner Zukunft anfühlt, ist gar nicht mehr weit weg. „Einige dieser
Zukunftsvisionen haben bereits begonnen“, sagt Schreiner. Das sehe man an aktuellen
Food Trends: In Sushi steckten bereits Makroalgen und auch Insektenproteine seien
schon in Lebensmitteln enthalten – zum Beispiel in Proteinriegeln, Burgerpatties oder
Brot.
Auch die extremen Zukunftsszenarien, die sich die Forschenden im food4future-Projekt
überlegt haben, sind bereits teilweise eingetroffen. „Der eingeschränkte Handel aus
unserem No Trade-Szenario wurde in Corona-Zeiten plötzlich Realität. Länder
fokussierten sich auf sich selbst und schotteten sich ab“, sagt Schreiner. Dadurch hätten
Menschen allerdings auch wieder mehr über selbst angebaute Lebensmittel
nachgedacht: „Unsere food4future-Überlegungen sind plötzlich gelebt worden.“
Szenarien wie diese zeigen, wie wichtig es ist, schon jetzt neue Möglichkeiten der
Ernährung und Lebensmittelproduktion in Betracht zu ziehen.
Bis die neuen Anbaumethoden und Lebensmittel Realität werden können, müssen
allerdings noch einige Hürden genommen werden. Damit Quallenchips und
Mammutfleisch auf den Markt kommen können, muss die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Zustimmung geben. Und es braucht
Genehmigungen für die neuen Anbauflächen: U-Bahn-Tunnel sind bisher nicht für die
Lebensmittelproduktion ausgewiesen. „Für eine Veränderung müssen alle Akteur*innen
mitziehen“, sagt Vogt, „auch in der Politik.“
Sicher ist: Unsere Ernährungsweise wird langfristig darüber entscheiden, wie wir die
Herausforderungen der Zukunft – unter anderem Klimawandel und Überbevölkerung –
meistern werden. „Mit dem, was wir heute auf dem Teller haben, entscheiden wir, wie
unsere Zukunft und die der künftigen Generationen aussehen wird“, sagt Schreiner.