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4. Vorlesung: 3.

November 2016
Steop, Einführung in die Philosophie

Thema: Thomas Hobbes‘ politische


Philosophie
Professor: Dr. Andreas Gelhard

Jetzt sind wir an dem Punkt gelangt, an denen viele hier den 2. Anfang der
Philosophie ansetzen (,,Moderne Philosophie‘‘-17.Jh.).

Hobbes allgemein & Rückblick auf Descartes


Hobbes ist wie Descartes ein Denker, der stark durch die
Naturwissenschaften beeinflusst ist, sogar ein bisschen pragmatischer was
wir heute als Ingenieurwissenschaft nennen würden. Für Hobbes spielt
folgender Begriff eine große Rolle:
Selbsterhaltung
Für uns heute ist Selbsterhaltung so ein Begriff, der im Grunde in vielen
Bereichen die stehende Leere markiert, weil wir nach Darwin argumentieren
und weil von den darwinistischen evolutionsbiologischen Paradigma aus so
die Idee, dass Selbsterhaltung das Zentrale vom menschlichen Leben ist.
Es ist aber so, dass dieser Begriff schon im 17. Jahrhundert eine extrem
umstrittene Geschichte hat. Seine massive Einführung in den
philosophischen Diskurs bedeutet eine klare Abgrenzung wegen bestimmte
theologische Form des Denkens. Im 20. Jahrhundert kam es wegen diesem
Begriff wieder zu großen Debatten.
Hobbes ist einer der Denker, die bereits deshalb schon große Bedeutung
haben, weil sie so konsequent wie kaum jemand diesen Begriff
hervorgegangen ist.
Um zeigen, dass das nicht so selbstverständlich ist, gehen wir noch einmal
zu Descartes: Die Einheit der Wissenschaften (Baum). Die Metaphysik wird
weiterhin als Grundlage der Wissenschaft betrieben wird, aber Physik ist
das, was aus dem Stamm dann ausmacht. Descartes hat bereits vor Newton
einiges über die Physik gemacht. Es kam erst später die ,Newtonsche
Physik‘.
Grundsatz von Descartes: wenn sich ein Körper bewegt, dann bewegt er sich
weiter außer wenn von außen ein Gegenstand eingreift (z.B. Kugel rollt, stoßt
an den Kasten; Kasten war der Grund, weshalb die Kugel nicht mehr rollt)
Metaphysik: theologische Vorstellung der creatio continua: Gott muss mich
immer wieder neu erschaffen, sonst könnte ich hier z.B.: nicht durchgehend
sprechen;
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Die Kontinuität unserer Existenz ist nur dadurch gesichert, dass Gott uns in
jedem Augenblick neu erschafft und im Dasein erhält.
In der Wurzel ist Descartes ein Mittelalterlicher Denker, doch im Stamm,
geht er Richtung Newton.

Die Debatte um das Prinzip der Selbsterhaltung im 20.Jahrhundert


Im 20. Jahrhundert ist das Prinzip der Selbsterhaltung extrem umstritten
gewesen, weil dort viele Philosophen angefangen haben zu schreiben unter
den Bedingungen des Zweiten Weltkriegs. Einige dieser Werke sind:
 Theodor W. Adorno - ,,Dialektik der Aufklärung‘‘

Das ist eins der Bücher, das die problematische Seite


dieses Ideals des Rationalismus und der Aufklärung
aufgemacht hat. (Descartes hat damit begonnen)
Das Werk hat Adorno mit Max Horkheimer zusammen
geschrieben. Für die beiden ist das Prinzip der
Selbsterhaltung ein Teil des Elends auf das sie auch
reagieren.

 Hans Blumenberg - ,,Die Legitimität der Neuzeit‘‘

Auf der anderen Seite hat Hans Blumenberg in diesem


Werk dagegen gehalten, um zu zeigen versucht, dass
dieses Prinzip des Selbsterhaltens vollkommen unter
Wert verkauft wird.

Hobbes‘ politische Philosophie


Hobbes wird deswegen als ein bedeutender Denker in jedes Schulbuch
gedruckt, weil er als Schöpfer der Vertragstheorie gilt. Der bestimmten
Vorstellung der staatlichen Souveränität wird in der Philosophie,
Politikwissenschaft, Geschichte, etc. mit Hobbes in Verbindung gebracht.
Jean-Jacque Rousseau hat einerseits gegen Hobbes polemisiert (hat ihn
kritisiert) und hat andererseits die Grundkenntnisse übernommen.

Leviathan
Das Bild bzw. das Werk, was mit Hobbes in Verbindung
gebracht wird, ist der Leviathan.
Man sieht hier einen Körper eines Herrschers, der einerseits
das Schwert und andererseits den Bischofstab hält, um zu
zeigen, dass er sowohl über die kirchliche als auch
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staatliche Herrschaft regiert. Sein Körper ist zusammengesetzt mit lauter


Menschen.
Sein Körper besteht aus den Menschen, die ihn bilden. Im unteren Teil des
Bildes sind die staatlichen und kirchlichen Symbole der Macht zu erkennen.
Burg, Krone, Kanone, Gewehre, etc. sind in der Spalte unter dem Schwert
(Staat) zu erkennen. Kirche, Bischofshut, Bannstrahl, etc. sind in der Spalte
unter dem Bischofstab (Kirche) zu erkennen.
Der Leviathan wir auch ,,Die Materie, Form und Macht eines kirchlichen und
staatlichen Gemeinwesens‘‘ genannt.
Es gibt sehr berühmte Zitate die nicht im Leviathan stehen wie z.B. ,,Der
Mensch ist dem Mensch ein Wolf‘‘. Genau wie ,,Cogito ergo sum‘‘ nicht in den
Meditationen steht, steht dieses Zitat auch nicht im Leviathan.
Hobbes war keiner von den Denkern, die dadurch ihre Gedanken entwickelt
haben, dass sie andere kommentieren. Hobbes verwendet wichtige Quellen
der Antike: die Rhetorik des Aristoteles. Aristoteles hat seine Zeit auch mit
Politik, Ethik verbracht, doch die Rhetorik spielt in der Politik eine große
Rolle.
Für Hobbes‘ politisches Denken ist die aristotelische Rhetorik immer eine
wichtige Quelle gewesen. Bei Aristoteles gibt es eine klassische Güterlehre:

Rhetorik: Das heißt, einfach nur ,leben‘ im Sinne von ,überleben‘ und
nicht
,Gut leben‘. Die Gerechtigkeit, Tapferkeit, Einsicht,… sind alles
Wege zum Glück im aristotelischen Sinn. Aus dem Leben folgt
nichts. Leben ist einfach Leben.

Vom Menschen: Hobbes macht sich ausdrückliche Notizen aus dieser


Rhetorik. Im Werk ,Vom Menschen‘ sieht man, dass das,
was bei Aristoteles ganz unten auf der Liste steht, steht
bei
Hobbes ganz oben - ,,Sein Leben erhalten‘‘. Hobbes sagt,
man muss leben, damit man sich überhaupt Gedanken
machen kann. Vom Menschen ist ein Kapitel im Leviathan.
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Leben
Wenn man die ersten Sätze des Leviathan liest, dann bekommt man auch
etwas mit dem Leben zu tun.

Das ist einigermaßen ein halsbrecherischer Absatz, wenn man das im


zeitlichen Content liest, weil hinter ,,Die Natur‘‘ schreibt Hobbes natürlich
die Kunstfertigkeit, welcher Gott die Welt geschaffen hat. Er weiß ganz
genau, wenn er das nicht da hinschreibt, wird sein Buch nie das Licht der
Welt erblicken bzw. nie gedruckt werden. Hat sich aber nicht viel gebracht,
denn der Leviathan ist nachdem es einmal gedruckt wurde, sofort auf die
Theologen aufmerksam geworden und es hat um die 150 Jahre gebraucht
bis er wieder gedruckt wurde. Die Theologen sind nicht darauf reingefallen.
Mit Automaten meint Hobbes den Staat. Er sagt ,,Wir können die Schöpfung
Gottes nachahmen, indem wir Automaten konstruieren und diese
Automaten können so gut funktionieren, dass sie eine Art zweites Leben
entwickeln. Der merkwürdigste Automat ist der Staat, denn der besteht aus
den die ihn konstruieren.‘‘ → Wir können Automaten konstruieren deren
Teile wir sind und dessen Name lautet LEVIATHAN.
Der Leviathan ist ein biblisches Wassermonster, was
unbesiegbar ist und die höchste Macht verkörpert.

Verlangen und Furcht

Dieses eine Prinzip des Lebens spaltet sich auf zwei: Verlangen und Furcht.
Das ist für Hobbes‘ Denken extrem charakteristisch. Die Ästhetik seines
Denkens ist die der Einfachheit.
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Man kann alles Begehren aber man kann im Grunde das Begehren, nach
das Begehren nach Macht beziehen.
Bsp.: House of Cards
Wenn es um Begehren geht, geht es um Macht. (Es geht immer um Sex, nur
beim Sex geht es um Macht.)

Verlangen nach Macht

Fähigkeit des Verstandes würde sich nicht bewegen, wenn wir nicht dieses
Grundverlangen nach Macht haben; (nichts würde sich bewegen)

Was ist Macht?

Im 10. Kapitel spricht Hobbes über die Macht. Die Macht ist sozusagen eine
treibende Kraft. Wer Macht hat, ist in der Lage seine Zukunft (systematisch)
zu leben. Macht ist am stärksten, wenn sie mehr als eine Person besteht
(zusammenarbeiten). Das interessante ist wie Hobbes in diesem Kapitel
erklärt wie Macht funktioniert. Er sagt wer Macht zugeschrieben bekommt,
hat Macht. Macht funktioniert wie ein Gerücht: man setzt es auf die Welt
und es hat damit Realität.

Machtstreben
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Man kann Macht nicht einfach wie etwas was man zu Hause im Schrank
verschließt und aufbewahrt hat. Um Macht zu haben, muss man Macht
steigern. Macht kann man nur dann behalten wenn man Macht steigert,
nicht Macht steigern bedeutet Macht verlieren.

Furcht
Furcht steht für Hobbes im Zentrum der Gedanken: sowohl was den
Naturzustand angeht als auch den Vertrag angeht. Das Buch ist unter
Bürgerkriegszuständen geschrieben und kann somit auch biographisch
betrachtet werden.

Das ist der Auszug kurz vor dem 13. Kapitel. Wir besitzen die Fähigkeit uns
vor Dinge zu fürchten die wir uns selbst einbilden. Die Überschrift dieses
Kapitel, über das Hobbes hier schriebt, lautet Religion.
Hobbes ist eigentlich seltsam, denn einerseits schreibt er über die kirchliche
Macht, doch er schreibt als gläubiger Christ.

Das Gedankenexperiment des Naturzustands


Es gibt eine sehr schöne Analyse aus dem 20. Jahrhundert der Soziologie
z.B. bei Niklas Luhmann über den Unterschied zwischen Macht und Gewalt.
Er sagt, dass sobald ein Staat gewalttätig werden muss, er die Macht schon
verloren hat. (Macht ist zwar da, jedoch treten sie nie in Aktion = soll also
nichts tun). Die Gewalt, die mit Panzer, Polizei etc. losgeht, ist schon
Machtverfall.
Auch Hobbes sagt es: Macht ist nur Macht, wenn sie gar nichts machen muss.
(Reputation of power is power)
Und das unterscheidet somit Ehrfurcht und Furcht.
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Rousseau geht davon aus, dass alle Menschen gut sind und Hobbes‘ geht
davon aus, dass alle Menschen böse sind = STIMMT NICHT!!! (steht sogar so
auch falsch in manchen Schulbüchern)
Der Naturzustand ist ein Gedankenexperiment, indem ich sämtliche
Gesetze, Vorschläge (alles was mit Konsequenten droht) weglasse. Das heißt
es gibt kein Gesetz, keine Vorschrift der Gerechtigkeit,…
Es gibt aber die Unterscheidung zwischen Gut und Böse noch gar nicht. Das
ist bei Rousseau ganz genauso. Rousseau beschreibt den Naturzustand als
ein Zustand von lauter Leuten denen es gut geht, weil sich keiner für keinen
interessiert (= aus Rousseaus Werk ,,Diskurs über die Ungleichheit‘‘). Die
Moral zwischen Gut und Böse spielt keine Rolle. Sie sind einfach friedlich
(entsetzlich friedlich).
Diese Naturzustandsvorstellungen sind, egal ob jetzt bei Rousseau oder
Hobbes, immer Fiktionen eines Zustands vor unseren üblichen moralischen
Kategorien.

Naturzustand, aber nicht weil die Menschen wie Tiere sind; (Naturzustand,
da benehmen wir uns noch wie Tiere bzw. Wölfe – das ist falsch!!!)

Menschen verhalten sich im Naturzustand NICHT als reine Instinktwesen!!!


Es gibt drei hauptsächliche Konfliktursachen in diesem Naturzustand.
Hobbes beschreibt diesen Naturzustand des Kriegs. Krieg heißt nicht, dass
wir uns die Köpfe einschlagen, sondern man kann nicht ausschließen, dass
wir es machen. Es bleibt immer möglich.
Hobbes versucht den Krieg mit dem Wetter zu vergleichen. Es gibt eine
bestimmte Wahrscheinlichkeit, dass es regnet. Es gibt dunkle Wolken, was
nicht heißt, dass kein Tropfen auf mich fällt, denn ich kann es nicht
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ausschließen. Das ist damit gemeint, wenn Hobbes über den Kriegszustand
redet.
Drei hauptsächliche Konfliktursachen (104):
 Konkurrenz/Gewinn: es gibt wenig Land, wenig guten Boden, wenig Orte
(competition/gain) mit guter Aussicht, wenig Material für mein Haus,
wenig Nahrung,…

 Misstrauen/ Sorge: um die eigene Sicherheit


(diffidence/safety)

 Ruhmsucht / Ansehen: (Anerkennung) die Art von Konflikt, wenn


(glory/ reputation) jemand durch mich durch schaut, oder mich
nicht mit Titel anspricht

Was ist ein Gedankenexperiment?


Es handelt sich bei Hobbes wirklich um ein Gedankenexperiment und nicht
um eine Geschichte.
Ein Gedankenexperiment besteht aus:
1. Philosophische Leitfrage
2. Kontrafaktisches Szenario
3. Auswertung des Szenarios in Bezug auf die Leitfrage

Das Problem der Übersetzung


Bei Platon haben wir zuvor gesprochen über die Übersetzung der Tugend.
Nun betrifft es die Begriffe der Furcht.
Die neuere Version:
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Die ältere Version:

Awe = Ehrfurcht Fear = Furcht


Recht und Gesetz
Am Anfang des 13. Kapitels (XIII. Vom Naturzustand):

Da sieht man wie Hobbes das Problem löst. Dadurch dass alle so gleich sind,
gibt es niemanden, der mehr fordern würde, als jemand anderer. Im 14.
Kapitel sagt er dann, dass alle ein Recht auf alles haben (XIV. Vom ersten
und zweiten Naturgesetz…):
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Hier sieht man unmittelbar das Prinzip der Selbsterhaltung als die Macht,
dieses und jenes zu tun. Laut Hobbes steckt in dem Wort Natur auch das
Wort Recht. Für einen antiken Autor ist das Naturrecht ein völliger Quatsch.
Es gibt entweder Natur oder Recht. Wenn etwas natürlich ist, dann folgt es
den Gesetzen der Natur usw. Wenn etwas rechtlich ist, dann brauche ich
eine Institution, den Staat,… Aber, dass das Recht schon in der Natur liegen
könnte, ist eigentlich eine sehr schräge Vorstellung. Laut Hobbes heißt es,
dass der Mensch mit Rechten auf die Welt kommt. Er unterscheidet dann
die Begriffe RECHT und GESETZ (XIV. Vom ersten und zweiten
Naturgesetz..):

Hobbes …
1. setzt Selbsterhaltung als Grundprinzip der Anthropologie und Ethik
2. begründet den Vorrang des Rechts (im Sinne des individuellen Anspruchs
auf etwas) vor dem Gesetz (im Sinne der allgemeinen Verpflichtung zu
etwas)
3. markiert das Problem der Souveränität als das zentrale Problem der
politischen Philosophie.

Der Vertrag
Das was Hobbes dann als Erfolgsmodell der Theorie
sozusagen geschaffen hat, ist der Vertrag. Dieser
Vertrag ist kein Vertrag, der irgendwo auf Papier
jemals von irgendjemanden unterschieben wurde,
jedoch ist es das, was Hobbes darstellt.
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Im 14. Kapitel fasst Hobbes es noch einmal zusammen. Was hier als
wichtiges Stichwort feststeckt ist: FRIEDEN
Die Philosophie orientiert sich nach den Frieden. Nach der Philosophie
Kants, Rousseaus, Hegels,.. kam die Zeit der Philosophie der Freiheit.
Hobbes schafft die Philosophie des Friedens und wichtig ist es diesen
Frieden zu suchen und zu halten und wenn das nicht möglich ist, dann soll
man sich mit allen Mitteln verteidigen.

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