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FESTSCHRIFT FUR OTTO BENNDORF ZU SEINEM 60. GEBURTSTAGE GEWIDMET VON SCHULERN, FREUNDEN UND FACHGENOSSEN MIT TITELBILD, 12 TAFELN UND ZAHLREICHEN ABBILDUNGEN | IM TEXTE WIEN ALFRED HOLDER K UND K, HOF- UND UNIVERSITATS-SUCHHANDLER 1898 DAS WEIHRELIEF DES LAKRATEIDES AUS ELEUSIS (Tafel IV). Als ich mich im Jahre 1892 im Vereine mit W. Reichel, einer Anregung unseres Lehrers entsprechend, der Aufgabe unterzog, ein vollstindiges Verzeichniss der im sogenannten Plutonion in Eleusis gemachten Funde aufzustellen, wurden wir alsbald gewahr, dass eine Reihe von Fragmenten (vgl. Philios Bericht "Ey. égy. 1886, S. 19 und 257, Pin. 3; Nachtrige Kerns: Athen. Mitth. 1891, S. 4, Anm. 1) sich zu einem Ganzen zusammenfiigten. In mehrmonatlicher Arbeit sammelten wir itber 60 Bruchstiicke des Hochreliefs, das auf Taf. IV, dank dem Entgegen- kommen der Ephorie und mit ihrer freundlichen Erlaubniss, in Lichtdruck ver- Sffentlicht wird. Seine Linge betrigt ungefihr 3 M., die Héhe 180 M., die Dicke des Reliefgrundes ro Cm.; die Relieferhebung schwankt zwischen 5 Cm. inem Stiicke gearbeitet,t ist dasselbe in der Folge vecke und 30 Cm. Urspriinglich aus weitgehender Zerstérung anheimgefallen, indem zu einem uns unerfindlichen, itzhammer zugerichteten Riickseite eine Reihe von an der sonst roh mit dem Bohrungen parallel zur Langsrichtung gezogen wurden, wodurch der Block in drei ungefihr gleich hohe Zonen gespalten wurde, welche ihrerseits in zahlreiche Frag- mente zersplitterten. Nur etwa die Halfte derselben, vornehmlich aus der mittleren der drei Zonen herriihrend, hat sich wiedergefunden. Mehrzahl, namentlich die grdsseren Bruchstiicke, kamen im Plutonion zum Vorscheine,? anderes war iber den ganzen Bezirk verstreut, ein kleines Fragment des Wagens lag unter den von xusis zuriickgebliebenen Stiicken, die wichtige Lenormants Ausgrabungen he: rechte obere Ecke forderte Philios nach Abschluss unserer Arbeiten zu Tage (vgl. Athen. Mitth. 1895, S. 262%) Das Schwergewicht der Darstellung liegt auf der kleineren, aber gedringter componirten linken Halfte: sie enthdlt die eigentliche Handlung, die Aussendung des Triptolemos. Demeter nach rechts, wohl auf der cista mystica thronend,> cin Scepter in der Linken, reicht dem auf seinem Schlangenwagen ihr zugekehrten Triptolemos die segenbringenden Achren. An dem Vorgange nehmen vier mehr * An der leteten Figur rechts ist am liokea Unterarm und den anstossenden Theilen der Fackel cine 026 M. hohe, 074 M. breite, 0-05 M. dicke, jetzt mehrfach gebrochene Platte antik gestickt. Sparen des Marmorstuckes und ciger der beiden Eirensite, mit denen sie befestigt war, sind noch erhalten, Antik agebrochen und mit einem Eisenstift wieder angesetst war such der jetzt feblende Unterarm des Knaben am lioken Ende. © Daru gehiren Philios, Taf. IIT, 2 und S. 257M, Nr. 2, 5, simmliche von Kern erwahaten Fragmeste, hdchst wahrscheinlich fermer, wenn schon im Bruche wicht aupassend, das vom thm 2.3.0, 5. 28 (Gr di rite Replik des Eabaleaskopfes in Anspruch geommene Bruchstick als Hinterkopt des 4dr, endlich cin weiteres Fragment, das gleichfalls lange Zeit jener Replik zugeschrieben warde, aber im Bruch anpassend, als Bart des Pluton sich erwis. + Vgl. Kem, Athen, Mitth, 1892, S. 136, 1 in den Hintergrund geriickte Figuren theil, von denen Kore zwischen Demeter und Triptolemos an der Tracht und den beiden Fackeln und der tiberdies inschrift- lich bezeichnete Pluton unschwer kenntlich sind. Schwieriger zu benennen sind die beiden Gestalten, welche die Darstellung nach links abschliessen. Im Vorder- grunde tritt an Demeter heran cin Knabe in langdrmeligem Untergewand und fransenbesetzter Chlamys. Der Unterarm der gesenkten Rechten fehlt, die Linke halt ein Achrenbiischel. Die hinter ihm stehende Figur ist in so kiimmerlichen Resten erhalten, dass sie nur dem Gesammteindrucke nach, besonders in der Bildung der Hiifte, mit Wahrscheinlichkeit als weiblich angesprochen werden kann, Ausser dem im Riicken herabfallenden Mantel tragt sie ein hochgegiirtetes Gewand, an dem in der Kniegegend Spuren von Fransenansétzen erhalten sind; ob dazu noch ein die Unterschenkel deckendes Untergewand oder etwa hohe Stiefel kamen, ist nicht zu entscheiden. Eine deutliche Fuge der Composition scheidet von dieser linken die weit- laufiger componirte rechte Halfte. Wiederum bildet eine thronende Figur den Mittel- punkt: ein bejahrter Mann, mit entbldsstem Oberkérper auf einem prichtigen Arm- stuhl nach links sitzend, seine Rechte halt ein langes Scepter, wahrend die Linke schlaff herabfallt, Links von seinem Haupte die Inschrift: @]eds. Im Hintergrande links, ihm zugewandt, steht Ged, durch kein besonderes Attribut_gekennzeichnet; ihre Rechte fasst in bekanntem Gestus den Zipfel des Obergewandes iiber der Schulter, die Linke fallt schlaff herab. Neben ihrer iiber dem rechten Oberschenkel des @eds erkennbaren linken Hand hebt sich iiber den Steilfalten des Gewandes schwach convexer Oberseite schwer zu erklirender Rest ab, Er verlduft (circa 6 Cm. lang, 5 Cm. breit) ungefihr lothrecht, ein wenig nach links umbiegend, zwischen Oedg und @ad; in seiner Gestaltung erinnert er am ehesten an die Schlangen des Triptolemoswagens, wenn schon ein directer Zusammenhang nicht anzunehmen ist. Vielleicht, dass man an eine Schlange als Attribut der Qeé zu denken hat, wie denn eine solche auch auf dem Lysimachidesrelief (‘Eg. dey. 1886, Pin. III, 1) mit Wabrscheinlichkeit zu erkennen ist. Geschlossen wird die Darstellung rechts durch einen Jingling mit lang- gelocktem Haare in kurzem Aermelchiton und chlamysartigem Obergewande. Im sst ein verschwindender Rest neben Yinken Arme Iehnt eine Fackel, vom rechten dem Zipfel des Obergewandes eben noch erkennen, dass der Oberarm etwas seitlich vom Rumpfe abgestreckt war. ‘Vollig in den Hintergrund geriickt erscheint zwischen ihm und dem @edg ein bartiger alter Mann mit breiter Binde im wallenden Haare. Das auffallig flache Relief (selbst der Kopf erhebt sich nicht tiber 5 Cm. tiber den Reliefgrund, wahrend sonst die Reliefhdhe nicht unter 10 Cm. sinkt und die erhaltenen Képfe simmtlich voll herausgearbeitet sind), sowie die Beischrift Aaxgeteldng Zworgdrov "lxagtet’s sondern ihn, den Sterblichen, aus dem Kreise der Gétter deutlich ab. Erhalten “SISNATA SAV SUGIMLVUNVI SIG AATITMANTAM 3 ist ausser der oberen Partie des Hauptes und der im Gewand verhiillten Rechten jenseits des Kopfes des ed; noch ein Rest des linken Armes neben der rechten Schulter des Jinglings. Dieser zuerst von Reichel gedeutete Sachverhalt ist von Belang, w weist,, dass der Fackeltrager unmittelbar neben Lakrateides stand, die Zahl der dargestellten Figuren sonach mit den aufgezihlten erschdpft ist. Auf dem besprochenen Reste zeichnen sich in vertieften Umrissen die Spitzen zweier Blatter ab, die am chesten an Weinlaub erinnern; ob. sie einem Attribute des Fackeltragers oder des Lakrateides zugehdren, muss spiterer Erwagung auf gespart bleiben. Zunichst gilt es, die Erklérung der Weil dem Ganzen in vier Zeilen hinléuft und nunmehr dank dem gedachten Funde Philios (vgl. oben S. 111) im Wesentlichen mit Sicherheit zu ergnzen ist. ‘Nichst dem selbstverstindlichen Begin von Zeile 1 erledigen sich ohne Weiteres il er be- inschrift vorwegeunchmen, die ber die Liicken am rechten Ende von Zeile 2 und 3. Den Namen des zweiten Sohnes hat Heydemann (Marmorkopf Riccardi, S. 7) aus CIA III, 885 ausfindig gemacht; darnach kann nur [yerauxd]s gestanden haben, In Zeile 3 lasst der in die Schrift aber- greifende Kopf des Lakrateides eben hinlanglichen Raum fiir die durch den Sinn geforderte Erginzung: @2Jor xai Oel xai Ei]fovlet x2, Diese Erginzungen, welche die Langenausdehnung des Reliefs bis auf einen geringen Spielraum festsetzen, bestatigen in erwiinschter Weise, was sich bereits aus anderweitigen Erwagungen ergab, dass némlich der fackeltragende Jingling am rechten Ende unmittelbar neben Lakrateides anzusetzen ist. Der Stifter des Monumentes ist aus CIA II, 1074, 41 als Thesmothet im Jahre 97/96 v. Chr. bekannt; ungefihr derselben Zeit wird auch das Relief zuzuweisen sein, auf dem er sichtlich als bejahrter Mann charakterisirt ist. Er nennt sich Priester des Gottes, der Géttin und des Eubuleus; indess schon . yevdy Zeile 2 thun dar, dass hiemit die Genetive xai ra»... ov ro Zeile x und .. die Liste seiner Priesterthiimer keineswegs erschdpft ist. Der Versuch einer Erganzung hat zuniichst von der Thatsache auszugehen, dass zwar die Trias @eég, Oed, Eifoviets, nicht aber die nach ihnen genannten Gottheiten unter den Gattern, welchen das Relief geweiht ist, wiederkehren, Denn dass nach Eifovlet in Zeile 4 nur das absichtlich in die Mitte geriickte dvéSyzer gestanden hat, ist ausser Frage; in Zeile x aber aus Zeile 3 Demeter und Kore ein- musetzen, verbietet ausser den erhaltenen Resten schon die Undenkbarkeit einer derartigen Vereinigung fast simmtlicher eleusinischer Priesterwiirden in emer Hand, desgleichen die durch nichts begriindete Abweichung in der Abfolge der Namen. Vielmehr ist der Sachverhalt offenbar der, dass Lakrateides seine Stiftung in dem Heiligthum aufstellt, dem er in Eleusis vorsteht, und die Widmung an die eleu- m4 sinischen Gottheiten unter Voranstellung der beiden Hauptgdttinnen richtet, Wenn demnach unter den eingangs aufgefiihrten Priesterthiimern sich welche finden, deren Gottheiten in der Weihungsformel nicht vertreten sind, so sind letztere nicht in Eleusis, sondern anderwirts 2u suchen. Damit kommt dberein, was sich aus den Resten der Inschrift in Zeile 2 erheben list. Fir die Ergdnzung von yeruy eingangs der Zeile kommen nur zwei Méglich- keiten in Betrachtung: degyyerGr und edegyerar. Ein Cult der Geol dexnyéra ist fir Eleusis zwar inschriftlich nicht bezeugt, indess nach der allerdings nicht vallig zutreffenden Analogie von “Adyp& dexyyérig CLA IIT, 65, 66 nicht von vorne- herein abzuweisen; immer aber kénnten darunter nur wieder Kore und Demeter verstanden werden, gegen welche sich die erwahnten Bedenken erheben. Demnach eribrigt nur noch die Erginzung eleglyerdv. ‘Thatsichlich findet man eines Cultes der edegyérai, so hiufig immer das Wort als Ehrentitel auftritt, nur in einer Classe attischer Inschriften gedacht, den Ephebendecreten aus den Jahren der Archonten Demetrios-Medeios CIA II, 465—471, a. Chr. n. 113/12—100/99 (vgl. v. Schéffer in Pauly, Reatencyclopidie IT, S. 591) also eben in der Epoche, der unser Relief angehdrt. Als stindige Rubrik begegnen hier Susie xadjpovee an die Seoi nai sdegyéran x08 dior (CIA I, 465, 36; 466, 28/9; 467, 31/2; 468, 18/93 469, 26/73 470, 40), einmal ausfiihrlicher (CLA Ul, 470, 14/15): 29v0ay 42 nai rag Eidos Suaiag tig xadrxotoas kavrois, duolwg d8 xai rG evegyérer Avoyéree und in dem ent- sprechenden Theile des auf die Kosmeten beziiglichen Abschnittes Zeile 68: &9.ger 48 nai rey Suolag wer’ adtiy bnig x05 d{uov rots Yeots xai rors edegyétars & cols saSzeovn yedvois. Kohler (Hermes VII, S. rf) hat den Nachweis erbracht, dass der aus der Zahl der edegyérae namentlich hervorgehobene Diogenes mit dem glei namigen macedonischen Phrurarchen 229 a. Chr. zu identificiren ist, der ausser anderen Wohlthaten sich durch Grindung des Diogeneions auch um das Epheben- institut besondere Verdienste erwarb. Ein Gleiches wird auch von den ibrigen Euergeten anzunehmen sein, so dass die Pflege dieses Cultes seitens der Epheben nicht befremden kann, Wohl als erster in der Reihe ward Diogenes der Ehre theithaftig, mit Namen genannt zu werden, und an seinen Cult mag sich der der ibs fen angeschlossen haben. Die Beziehungen der Epheben zu Eleusis sind bekannt; eine directe Bezichung zwischen dem Ephebenwesen und dem Priesteramte des Lakrateides bezeugt CIA III, 1108, 1109 (Archon Ti, Cl. Attalos aus Sphettos 125/6; vgl. v. Schéffer, a. a.0., S. 95), wo ein Eirenaios aus Paiania als Kosmet erscheint Dass das Zusammenfallen aller dieser Daten ein ungefahres sei, ist nicht an- zunehmen, der Versuch, die Inschrift des Lakrateides mit ihrer Hilfe zu erginzen, demnach vollauf gerechtfertigt. Atoyévorg filllt gerade die Liicke Zeile 1 nach Fvfordéuls nai; ebenso liegt fiir Zeile 2 die Erginzung ‘9aiwr dipov eteglyerar bereit. Nach xal ray Zeile 1 habe ich, da @#iJuy oder lou}ay die Liicke nicht ns fillt, mit Riicksicht auf die angedeutete Stellung des Diogenes zu den dbrigen Euergeten, dem verfiigbaren Raume entsprechend, ovufdpJur eingesetzt. Die ganze Inschrift ist demnach folgendermassen zu lesen: Aengareléng Zeorecrov "Ixagileds ‘egeds @cob xai Oats xai Fifovléals nai Atoyévovs] xal ray [avy stiu}or rob ‘ASryaden Siar siee)yercy irég savrot xai ray Gr Tworgdr{ov xai Aovsiole xai tig [pereixd]: Aiorvai- ag (Vatersname, Demotikon) xai rig Sulyateds xaptoniqtoy Aiurree xai Kégr[e xat HeJon nai Se{de xai EP\Bovdet evédrixer. Ich kehre mit dem aus der Inschrift Gewonnenen zur Deutung der Dar- stellung zuriick. Fiinf Gottheiten hat Lakrateides seine Weihegabe gewidmet; vier derselben vermochten wir bereits auf dem Relief nachzuweisen; dass die letzte derselben fehlen sollte, ist in keiner Weise wahrscheinlich. Und in der That scheint Alles darauf hinzudeuten, dass wir dieselbe in der noch unbenannten Figur des jugendlichen Fackeltragers am rechten Ende des Reliefs zu erkennen haben: die ‘unmittelbare Nahe von @eds und Ged, der breite Raum, sowie die hervorragende Stellung der Figur am Ende der Darstellung. Auch die bereits hervorgehobene Zweitheilung des Reliefs wird sinnvoll motivirt: die linke Seite enthilt den be- liebten Vorwurf fiir Weihungen an die Mysteriengétter, die Aussendung des Tripto- temos; hier erscheinen auch Gottheiten als Zuschauer, die zu der Weihung in keiner naheren Beziehung stehen. Auf der rechten Seite hingegen finden wir den Wei- henden inmitten seiner eigenen Gdtter, deren Dienst er versieht, und vor denen er Descheiden in den Hintergrund zuriicktritt, Das Ganze gibt sich als eigenartige Modification des gewohnten Schemas der Votivreliefs zu erkennen, verursacht offenbar durch die ungewdhnliche Dimension unseres Exemplars, welche Ver- anlassung ward, von der iblichen Art, den Dedicanten in halber Grisse den Géttern, gegeniiberzustellen, abzugehen. Fir unsere Vorstellungen des eleu wichtige Erkenntniss, dass Eubuleus als jugendlicher Gott gedacht war, womit sich die Aufstellungen Kerns (Athen, Mitth. 1891, S. 1ff.), die ibrigens bereits Rubensobn (Mysterienheiligthiimer, S. 197 ff.) mit Recht anfocht, endgiltig erledigen. Bedeutsam werden nun auch in diesem Zusammenhange die Reste von Wein- laub, deren ich frither gedachte, Ohne Erérterungen von berufener Seite vorgreifen zm wollen, will ich nur darauf hinweisen, dass die Inschrift aus dem Museo Naniano (CIG 1, 1948), welche, wie anderweit nachzuweisen sein wird, zuverlissig auf das sogenannte Plutonion in Eleusis zu beziehen ist, wahrscheinlich sogar aus dem- ischen Gétterkreises gewinnen wir die selben stammt, Eubuleus mit Dionysos identificirt. Noch eriibrigen die beiden Figuren links von Demeter. Nach dem aufgedeckten Sachverhalte haben wir fraglos an gittliche Wesen, nicht etwa an 15 er 116 Frau und Sohn des Lakrateides zu denken. Gegen eine derartige Annahme spricht nachst der Behandlung des Reliefs vornehmlich die sichtliche Antheilnahme Beider an der Handlung.? Nach Analogie der Triptolemosvase des Hieron bin ich geneigt, in der weiblichen Gestalt die Personification von Eleusis zu erkennen;? das Fransen- gewand ware mit Riicksicht auf die Mysterientracht diberaus passend gewahlt, Den Knaben wird man gerne mit Benndorf Plutos nennen; Darstellungen dieser alle- gorischen Figur sind ja bereits seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. bezeugt. jonsgeschichtlichen Bedeutung ist das Ri f auch Abgesehen von der re kunstgeschichtlich von Belang. In das Jahr 97/96 fallt die Amtsfihrung des La- krateides als Thesmothet; kaum weit von der Wende des 2. Jahrhunderts wird die Stiftung des Weihgeschenkes abzuriicken sein, auf dem er als dlterer Mann erscheint. Wir gewinnen sonach einen werthvollen Anhaltspunkt zur Beurtheilung: einer Epoche attischer Kunst, fiir welche es bisher an datirten Denkmélern vollig gebrach. Mag man schon das Relief nicht als Kunstwerk ersten Ranges bewerthen, so ist ihm doch nach Grésse und Ausfiihrung eine hervorragende Stellung unter den Erzeugnissen der gleichzeitigen Kunst nicht abzuerkennen. Von besonderem Interesse ist der enge Zusammenhang mit den Schépfungen des praxitelischen Kreises, der sich in Bewegung und Motiven der einzelnen Figuren und der Behandlung des Nackten untriiglich zu erkennen gibt.) Gegen- theils fehlt jede Spur eines Einflusses seitens der kleinasiatischen, speciell der rho- dischen Kunstschule. Ueber dem Ganzen schwebt eine sanfte, stimmungsvolle Ruhe, nirgends das Haschen nach Pathos, das die wildbewegten Gestalten des Altarfrieses von Pergamon mit dem bis zum Uebermasse gesteigerten Ausdrucke der Leidenschaft in den Gesichtsziigen kennzeichnet, wie denn auch die schlichte Behandlung des Gewandes das gerade Widerspiel zum Raffinement der Pergamener darstellt, 1 Bine weitere Schwicrigheit wirde sich unter dieter Voraussetaung ergeben: Lakrateides weibt das Relief fir sich, seine beiden SGbne, seine Fras und eine — weil namenlos — wohl noch gane junge Tochter. War ausser dem Stifter selbst soch ein Sohn und die Frau dargestell, so kGnnten die beiden Anderen nicht fehlen; fir zwei weitere Figuren mangelt jedoch der Raum; der schmale Stieif zwischen rds und Eisovheds ist durch die Throulehne und das Gewand des @eds, Arm und eventuell Atribut des Eubuleus in véllig enuprechender Weise gefillt und erlaubt den Einschub auch nur ciner Kaabenfigur nicht. Die Schwierigkeit centfil, weon wir, wie oben ausgefGht, nur dea Stifter allein dargestellt denken 4 Gleicherweise deutet auch Kern, Athen, Mitth, 1892, S, 127 unter Berafung suf dasselbe Monument. * Lehrreich ist, um hier uur auf Eines hinzuweisen, der Vergleich mit dem Musenrelief Chigi (vl. Petersen, Rim. Mitth. VIII, & 62). Der sitrende Greis am rechten Ende ist bis auf die Bewegung der Arme eine villig enteprechende Parallele zum és, ksum minder nahe stehen sich die aweite Muse (von Hinks) und die Kora unseres Reliefs, in der allerdiogs auch grosse, wohl in Riicksicht auf das Coltbild be- agrindete Acholichkeit mit der Kora des grossen Triptolemosreliefs auMallt, Die Fleasis wird man ach dem Vorbilde der vorletaten Muse erginsen dirfen. Desgleichen siad einzelue Gewandmotive, die Hasrtracht der Fraven 1. & beiden Deakmilern in dereelben Weise zu eigen. RUDOLF HEBERDEY.

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