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Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden


Kindern: Wechselwirkungen und außersprachliche
Einflussfaktoren

Summary
Growing Up with Two Languages: What About Literacy?
The value of additive mother tongue instruction for children with migration background has be-
come a hot political issue. It has been assumed that L1-instruction has a positive effect on L2 com-
petences. Yet these assumptions have not been investigated by systematic approaches that would
consider a broader range of linguistic and extra-linguistic factors and their respective correlation.
To explore this correlation, this paper presents a study on qualitative and quantitative multi-litera-
cy skills of 28 bilingual 9th graders (with Turkish as a rst language and German as an early L2)
analyzing narrative and expository texts in two languages. The data is examined both from macro
structural perspective, and considers lexico-semantic, syntactic and text organizing features, with
the main focus centered on the correlation between positive transfer and language capability. The
outcomes of the analysis are compared to the respective school curriculum, types and duration of
L1 instructions (mother tongue instruction outside or as part of the school curriculum, bilingual
educational programs and monolingual instruction in the dominant language only).
The results show that mother tongue instruction is not sufcient to obtain a high enough degree of
language prociency to produce positive transfer. Pupils, who didn’t visit L1 instruction courses,
produce better texts. Positive effect of L1 on L2 and vice versa can only be found in the written
text of pupils, who visited a bilingual educational program over a long period of time. It shows
a higher degree of written skills especially in argumentative texts in L1. There are, however,
additional extra linguistic factors which inuence written text competence. Parents’ education
background doesn’t show any inuence on the text competences of pupils. As expected, pupils
with higher degree of written skills in L1 narrative text were not as successful enough in produc-
ing argumentative texts in L1.

Keywords: bilingualism, monoliteracy, biliteracy, discourse strategy, L1-instruction, bilingual


education, extra linguistic factors
Schlagwörter: Bilingualismus, monolinguale/bilinguale Alphabetisierung, Textkompetenz, Her-
kunftssprachenunterricht, bilingualer Unterricht, außersprachliche Faktoren

1. Einleitung
Die Bundesrepublik Deutschland zeichnet sich durch einen Reichtum an unter-
schiedlichen Kulturen und Ethnien aus. Die bundesrepublikanische Gesellschaft ist
mehrsprachig, »einfach weil ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung mehrspra-

Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 44. Jg., 174 (2014)


Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

chig ist« (Schroeder 2007, S. 7). Dies liegt u. a. auch daran, dass zurzeit ca. 19,5 %
der Bevölkerung einen sog. Migrationshintergrund aufweisen und die kulturelle und
sprachliche Vielfalt in diesem Land bereichern. Bereits ein Drittel der fünf bis zehn-
jährigen Kinder in Deutschland wächst dadurch potentiell (simultan oder sukzessiv)
bilingual auf (vgl. Statistisches Bundesamt 2012). Im Zuge der fortschreitenden
Globalisierung werden diese Zahlen in den kommenden Jahren weiter zunehmen1.
Neben politischen, sozio-ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen birgt
dies vor allem für das Bildungssystem große Herausforderungen. In diesem Zusam-
menhang war die schulische Leistung von bilingualen Schülerinnen und Schülern
(im Folgenden S&S) immer wieder im Fokus kontroverser (politischer) Diskus-
sionen. Insbesondere das schlechte Abschneiden Deutschlands im internationalen
Schulvergleich (vgl. PISA-Konsortium 2002 ff.) hat zu einer vermeintlich negati-
ven Verbindung zwischen zweisprachigem Aufwachsen und Schulerfolg geführt. In
der Folge bildungspolitischer Konsequenzen, die sich im Bereich einer möglichst
frühen Deutschförderung zeigen (vgl. Gogolin 2008), wird insbesondere der Unter-
richt in Herkunftssprachen (im Folgenden HSU) immer mehr aus dem schulischen
Alltag verbannt (vgl. Woerfel 2014). War die Förderung der Erstsprachen im Rah-
men des HSU insbesondere ab den 1970er Jahren ein (sprachwissenschaftliches)
Argument, zeigt sich aus sprach- und bildungswissenschaftlicher Sicht heutzutage
ein anderes Bild: Die auf Cummins (1979) gründende Hypothese, dass eine durch
Förderung der Erstsprache (L1) hervorgehende sprachliche Kompetenz sich positiv
auf die Zweitsprache (L2) überträgt, konnte sich bisher empirisch nicht belegen
lassen (vgl. Esser 2006). Verfechter eines ganzheitlichen, beide Sprachen fördern-
den, bilingualen Unterrichts konkurrieren mit Befürwortern der (möglichst früh ein-
setzenden) Förderung der Zweitsprache Deutsch. Dadurch ergibt sich aktuell eine
sehr uneinheitliche schulische Landschaft, in der verschiedene Schul- und Förder-
modelle existieren und in der somit unterschiedlich mit der Mehrsprachigkeit von
S&S umgegangen wird. Im Fokus dieses Artikels steht daher die Frage, wie sich
innerhalb dieser Rahmenbedingung Textkompetenzen in den jeweiligen L1 und L2
bei bilingualen S&S entwickeln. Dies wird am Beispiel von S&S mit türkischem
Familienhintergrund dargestellt. Konkret soll dabei die Übertragbarkeit der Text-
kompetenz von einer Sprache auf die andere überprüft und mögliche Einussfakto-
ren auf die schriftsprachlichen Kompetenzen herausgestellt werden. In Kap. 2 wird
zunächst ein Zusammenhang zwischen der Problematik von Mehrschriftlichkeit im
deutschen Bildungssystem und einer möglichen Übertragbarkeit (schrift-)sprach-
licher Muster aufgezeigt. In Kap. 3 werden Analysemodelle vorgestellt, mit Hilfe
derer man Merkmale narrativer und argumentativer Texte herausarbeiten kann, mit
dem Ziel Textkompetenz als eine messbare Größe operationalisierbar zu machen. In
Kap. 4 werden diese Kriterien dann anhand einer empirischen Untersuchung darge-
stellt: Im Fokus der Analyse stehen schriftliche narrative und argumentative Texte

1 Bereits heute liegt die Zahl der Kinder unter fünf Jahren, die bilingual aufwachsen, bei 34,9 %,
die der 5–10 Jährigen bei 32,7 % (Ergebnisse des Mikrozensus 2011; vgl. Statistisches Bun-
desamt 2012).

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in L1 und L2 von 28 bilingualen türkisch-deutschen S&S im neunten Schuljahr, die


im Rahmen einer Pilotstudie an verschiedenen Schulen in Nordrhein-Westfalen und
Berlin entstanden sind. Die Ergebnisse werden in Kap. 5 diskutiert und mögliche
Erklärungsansätze geliefert.

2. Mehrschriftlichkeit und das deutsche Bildungssystem


Bildungserfolg wird als Schlüssel für eine gelungene Integration gesehen und ist
zugleich sowohl für den individuellen sozio-ökonomischen Status als auch für
die volkswirtschaftliche Entwicklung relevant. Die Evaluation des deutschen Bil-
dungssystems durch nationale sowie internationale Vergleichsstudien (PISA und
IGLU) hat gezeigt, dass besonders Kinder mit Migrationshintergrund Schwierig-
keiten haben, Bildungsstandards zu erreichen (u. a. PISA-Konsortium 2002). Keim
(2012, S. 209) weist in diesem Zusammenhang besonders auf das Scheitern im
Bereich Schriftsprachlichkeit und Textkompetenz hin. Diese Kompetenz ist jedoch
zentral, da sie den Kern der schulischen Wissensvermittlung bildet. Die Ausei-
nandersetzung mit komplexen Texten und der präzise Umgang mit Fachwörtern
ziehen sich durch den gesamten Fächerkanon. Interessant dabei ist, dass Kinder
und Jugendliche mit Migrationshintergrund gleichzeitig eine hohe Kompetenz
in ihrer alltäglichen Kommunikationsfähigkeit in der L2 Deutsch ausbilden (vgl.
ebd., S. 209). Sie scheinen demnach nicht oder nur schwer in der Lage zu sein, die
Kompetenzen, die für das Schreiben von Texten essentiell sind, zu erwerben.
Cummins (2000, 2004) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen sog.
BICS und CALP. Während die BICS (Basic Interpersonal Communication Skills)
zur mündlichen Alltagskommunikation befähigen, liefert die CALP (Cognitive Aca-
demic Language Prociency) die Kompetenz eines dekontextualisierten abstrakten
Ausdrucksvermögens, das für das Schreiben von Texten unabdingbar ist. Nach
Cummins haben Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Schwierigkei-
ten, einen Zugang zur CALP zu erlangen, da die Kinder diese abstrakten Sprach-
formen in ihrer L1 häug unzureichend erwerben und der Kontakt mit abstrakter
Sprache in der L2 Deutsch häug zu spät erfolgt. Dies ist deshalb problematisch,
da dann die von Cummins (2004) beschriebene Common Underlying Prociency
(CUP), von der aus sich die CALP entfalten kann, nicht entwickelt ist. Damit ist der
Erwerb von Textkompetenz deutlich erschwert. Um eine Grundlage für ein differen-
ziertes dekontextualisiertes Ausdrucksvermögen zu schaffen, ist es laut Cummins
(ebd.) daher nötig, sich ein gewisses Kompetenzniveau für abstrakte Sprache in der
jeweiligen L1 anzueignen. Weitere Sprachen können dann hierauf zugreifen. Die-
se Überlegung steht im Einklang mit der Vorstellung einer vollständigen Verbun-
denheit von Sprachsystemen (vgl. de Bot u. a. 2007, S. 8), die sich im Sinne einer
dynamischen Systemtheorie (Dynamic Systems Theory) wechselseitig beeinussen.
Im Kontext der Dynamic Systems Theory kann man davon ausgehen, dass die
Kompetenzen, die für das Schreiben essentiell sind (Kontextualisierungskompe-
tenz, Kommunikationskompetenz, Textoptimierungskompetenz, Kohärenzkompe-

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tenzen und eine strategische Kompetenz, vgl. Schmölzer-Eibinger 2011, S. 51 ff.),


nicht nur übertragbar sind (vgl. Bialystok 2007), sondern eine Veränderung im
Kompetenzniveau gleichzeitig auch Auswirkungen auf das jeweils andere Sprach-
system hat (complete interconnectedness, vgl. de Bot u. a. 2007, S. 8). Eine Un-
tersuchung von Aytemiz (1990) mit türkisch-deutschen Bilingualen zeigte bereits
eine positive Beeinussung hoher schriftsprachlicher Kompetenz in der L1 auf die
Kompetenz in der L2. Die Ergebnisse der Studie von Knapp (1997) weist in die-
selbe Richtung: Kinder, die bereits über eine ausdifferenzierte Sprachkompetenz
(im Sinne einer CUP) in ihrer jeweiligen L1 verfügen, erzielten eine höhere Text-
kompetenz in ihrer L2 Deutsch. Riehl (erscheint) schlussfolgert daraus, dass eine
schriftsprachliche Sozialisierung der Kinder in ihrer L1 die Basis (im Sinne von
Cummins’ CUP) für die Bildung von textbezogenen Strukturen liefert, die dann
auf die L2 übertragen werden können. Damit wird die Relevanz einer simultanen
Alphabetisierung in der Herkunfts- sowie Umgebungssprache unterstrichen.
In Deutschland erhalten nur wenige Kinder und Jugendliche mit Migrations-
hintergrund Unterricht in ihrer Herkunftssprache, der es ihnen ermöglicht, »mehr-
schriftlich« aufzuwachsen (vgl. Riehl 2013, S. 255). Das ist zum einen darauf
zurückzuführen, dass eine Teilnahme am HSU nicht verpichtend ist und zum
anderen, dass keine einheitlich Konzeption für den HSU existiert. Im Zuge der
Arbeiteranwerbung zu Beginn der 1960er Jahre wurde von Seiten der deutschen
Politik sowie den Vertretungen der Anwerberländer die Notwendigkeit gesehen,
Kindern migrierter Familien die Teilnahme an einem Unterricht in ihren jeweiligen
Herkunftssprachen zu ermöglichen. Seit Anfang der 70er Jahre ist es aufgrund des
Föderalismusprinzips den jeweiligen Bundesländern überlassen, ob der Unterricht
in der Herkunftssprache in den Verantwortungsbereich des Kultus- bzw. Schulmi-
nisteriums einer Landesvertretung fällt oder nicht. Deshalb lassen sich drei unter-
schiedliche Konzeptionen des HSU unterscheiden2: (a) ein vom jeweiligen Bundes-
land konzipiertes und nanziertes Angebot, welches Bestandteil des Curriculums
ist; (b) die Konzipierung, Finanzierung und Durchführung des Unterrichts durch
die jeweiligen ausländischen Vertretungen; (c) private Angebote (vgl. Reich 2008,
S. 446). Dieser unterschiedlichen Strukturierung liegen zudem noch verschiedene
Lehrpläne sowie eine sich stark unterscheidende Wertigkeit des HSU im Kontext
der schulischen Ausbildung der Kinder und Jugendlichen zugrunde. Während bei-
spielsweise das Bundesland Bayern die Verantwortung für den Herkunftssprachen-
unterricht an die jeweiligen Konsulate abgeben hat und somit keine Einbindung
der Herkunftssprachen in das Schulcurriculum anstrebt (vgl. Woerfel 2014), ist der
HSU in Nordrhein-Westfalen Angebot des Landes. Dies wird wie folgt begründet
(Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen):

2 Woerfel (2014) diskutiert ausführlich die unterschiedlichen Studien zum Nutzen des HSU und
kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die negativste Evaluation des HSU keinen Lernfortschritt
in der Zweitsprache Deutsch erfassen konnte. Gleichzeitig führt die Teilnahme am HSU aber
nicht zu einer Behinderung im Lernerfolg für die L2 Deutsch. Darüber hinaus wird die unein-
heitliche Struktur und Umsetzung des HSU als problematisch angesehen.

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Angebote in Deutsch als Zweitsprache und in der Herkunftssprache sind keine Alternative, son-
dern ergänzen einander. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Pege der Her-
kunftssprache ein ausgezeichneter Beitrag zum Erwerb der deutschen Sprache ist. Auch die
Schulpraxis zeigt häug, dass Schülerinnen und Schüler mit altersgemäßer Perfektion in der
Herkunftssprache, die als so genannte Seiteneinsteiger im Verlauf ihrer Schullaufbahn in eine
deutsche Schule aufgenommen werden, weitaus leichter Deutsch lernen als Gleichaltrige, die in
Deutschland anregungsarm aufgewachsen sind.

Inhaltliche sowie organisatorische Vorgaben fallen damit in NRW in den Aufga-


benbereich des Schulministeriums. Die Lehrpläne enthalten verbindliche sprach-
liche Lernziele. Am Ende der Sekundarstufe I steht eine Sprachprüfung. Ein gutes
Abschneiden kann mangelnde Leistungen in einer anderen Pichtfremdsprache
ausgleichen (vgl. BASS 2009). Es wird damit deutlich, dass innerhalb Deutsch-
lands keine Einigkeit über die Wertigkeit und die Bedeutung der Herkunftssprache
von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund herrscht. Die Mehr-
heit von ihnen wird deshalb nur in ihrer L2 Deutsch alphabetisiert und unterrich-
tet. Viele Kinder, die in der Alltagskommunikation mehrsprachig sind, bleiben
deshalb meist im Bereich der schriftsprachlichen Kommunikation einsprachig
(vgl. Riehl erscheint). Riehl (ebd.) plädiert daher für die verstärkte Förderung
der Mehrschriftlichkeit. Unter diesem Begriff wird nicht nur die Beherrschung
unterschiedlicher Schriftsysteme sowie Orthographieregeln verstanden, sondern
auch der Erwerb von Textkompetenz (vgl. ebd.). Hierzu zählen die Beherrschung
eines elaborierten Lexikons sowie die Fähigkeit zur Bildung komplexer syntak-
tischer Strukturen, die im mündlichen Diskurs nicht vorkommen und die typi-
sche Merkmale konzeptioneller Schriftlichkeit sind (vgl. dazu Koch/Oesterreicher
1985 ff. und Kap. 3). Eine fehlende Alphabetisierung in der L1 zieht damit man-
gelnde Kompetenzen im Bereich der konzeptionellen Schriftlichkeit nach sich.
Aus diesem Grund sind Texte in der L1 von Kindern und Jugendlichen mit Mi-
grationshintergrund oft stark geprägt von Elementen der gesprochenen Sprache
(vgl. Riehl erscheint). Textkompetenz zeichnet sich aber nicht nur durch Formen
konzeptioneller Schriftlichkeit aus, sondern beinhaltet auch den Erwerb spezi-
scher Textmuster, wie im Falle von argumentativen Texten die Makrostruktur des
Pro-contra-conclusio Schemas (vgl. Kap. 3), sowie Textkohäsion und Textkohä-
renz, Wissen über Textgattungen und den Adressaten (vgl. Riehl 2013, S. 255;
Keim 2012, S. 215). Folgt man den Argumentationen von Cummins (2004) so-
wie der Vorstellung vernetzter Sprachsysteme, die sich gegenseitig beeinussen
(Dynamic Systems Theory), muss man folgern, dass eine mangelnde oder nicht
vorhandene Textkompetenz in der L1 auch Auswirkungen auf den Erwerb dieser
Kompetenz in der L2 hat (vgl. Riehl 2013, S. 255 f.). Der Großteil der bisher
hierzu durchgeführten Untersuchungen konzentrierte sich auf das Schreiben in
zwei Sprachen von Kindern in der Primarstufe (für einen detaillierten Überblick s.
Fitzgerald 2006; Bialystock 2007). Neben den oben bereits genannten gibt es nur
wenige Studien, die sich mit dem positiven Einuss bilingualer Schreibfähigkei-
ten im Sekundarbereich sowie dem Schreiben in L1 und L2 und dem damit einher-
gehenden Transfer auseinandersetzen (vgl. Carlisle 1989; Wong 1993). Weitere

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Studien haben gezeigt, dass Schreibkompetenzen in L1 auch einen allgemeinen


positiven Einuss auf Kompetenzen in der L2 haben (Turgut 1996; Knapp 1997;
Verhoeven/Aarts 1998).
Um im Rahmen der Zielsetzung der vorliegenden Studie mögliche Interaktio-
nen zwischen Schreib- bzw. Textkompetenzen in L1 und L2 aufzeigen zu können,
wird im folgenden Kapitel zunächst der Begriff Textkompetenz analytisch betrach-
tet und darauf aufbauend ein Analysemodell für schriftliche Texte entwickelt.

3. Der Begriff Textkompetenz


Der Begriff ›Textkompetenz‹ wird mit Portmann-Tselikas/Schmölzer-Eibinger
(2008, S. 5) als »die individuelle Fähigkeit, Texte lesen, schreiben und zum Lernen
nutzen zu können« deniert.
Schmölzer-Eibinger (2011, S. 51 ff.) gliedert diese in globale Kompetenzen so-
wie sprachbezogene Kompetenzen. Zu den globalen Kompetenzen zählt sie die
Fähigkeit, einen kohärenten Text zu schreiben, Kontextualisierungsaspekte, all-
gemeine kommunikative Kompetenzen und Kompetenzen der Textoptimierung;
zu den sprachspezischen Kompetenzen Formulierungskompetenz, Wissen über
Textorganisation und Textmuster sowie stilistische Kompetenz.
Studien von Berman u. a. (vgl. Berman/Verhoeven 2002; Berman/Nir-sagiv
2007; Berman/Katzenberger 2004), in denen Textproduktionsfähigkeiten in nar-
rativen und argumentativen Texten im Zentrum stehen, fassen unter dem Begriff
der Textkompetenz einerseits lokale sprachliche Ausdrücke (lexikalische und se-
mantische Komplexität, sprachliches Register, syntaktische Komplexität) und an-
dererseits globale Diskursstrategien, welche textsortenspezische Prinzipien und
effektive Textkompetenzen beinhalten (vgl. Berman/Nir-sagiv 2007, S. 91).
Die beiden Textsorten Narration und Argumentation stehen auch im Fokus der
vorliegende Studie. Aufbauend auf den globalen Diskursstrategien nach Berman/
Nir-sagiv (2007) und in Anlehnung an die Modikation von Riehl (2013) werden
in diesem Kapitel die relevanten Merkmale narrativer und argumentativer Texte
mit dem Ziel herausgestellt, auf dieser Grundlage in Kap. 4 ein Analyseraster zu
erstellen. Auf diese Weise lässt sich der schwer zu fassende Begriff Textkompetenz
als eine messbare Größe operationalisieren. Im Folgenden werden die Parameter
Makrostruktur, Diskursstrategie und Kommunikative Grundhaltung näher betrach-
tet.

3.1 Makrostruktur
3.1.1 Makrostrukturelle Ebene narrativer Texte
Bei der Analyse der Makrostruktur der narrativen Texte wird im Wesentlichen das
klassische Modell von Labov/Waletzky (1967) zugrunde gelegt (für eine detaillier-
tere Diskussion vgl. Riehl 2013).

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Danach lässt sich eine Erzählung in die folgenden Teile einteilen:


– Abstract (bzw. Überschrift)
– Orientierung
– Sich-entwickelnder Konikt
– Evaluation (= Höhepunkt)
– Auösung
– Coda (= Schluss)
In der Erweiterung dieser Fassung wird noch eine zusätzliche Komponente vor
dem sich entwickelnden Konikt (= complicating action in der Terminologie La-
bovs) eingefügt, nämlich der sog. ›Bruch‹ (vgl. Quasthoff 1980; Boueke u. a. 1995;
Hausendorf/Quasthoff 2005 etc.).
Dadurch wird die globale Gliederung des Ereignisverlaufs in ein Vorher und ein
Nachher geteilt. Innerhalb der Ereignisfolgen löst ein Ereignis das weitere Gesche-
hen aus und wird entsprechend markiert (vgl. Boueke u. a. 1995, S. 134)3.

3.1.2 Makrostrukturelle Ebene argumentativer Texte


Im Kontrast zu narrativen Texten stehen bei argumentativen andere makrostruk-
turelle Merkmale im Vordergrund. Für die Analyse von Schülertexten bietet sich
nach wie vor das von Augst/Faigel entwickelte Modell (1986) von Textordnungs-
strategien an. Augst/Faigel unterscheiden dabei vier unterschiedliche Strategien:
(i) linear-entwickelnd; (ii) material-systematisch; (iii) formal systematisch; (iv) li-
near-dialogisch.
i) Bei dieser Strategie bestimmen linear-zeitliche Erlebniseinheiten die Text-
struktur: Die Orientierung ndet über den assoziativen Gedankenuss des Schrei-
bers bzw. der subjektiven Darstellung des Sachverhalts statt. Ein linear-entwi-
ckelndes Textordnungsmuster liegt dann vor, wenn die Lösung der expressiven
Problemdimension gelingt (vgl. Augst/Faigel 1986, S. 120). Die Texte sind durch
eine Erlebnisperspektive, durch Ausdruck der subjektiven Betroffenheit, ohne ver-
allgemeinernder Problemdarstellung oder wirksamen Appell an den Adressaten ge-
kennzeichnet (vgl. Feilke/Augst 1989, S. 317). Eine soziale Funktion wird hierbei
nicht erfüllt (vgl. Augst/Faigel 1986, S. 120).
ii) Diese Strategie verfährt nach einem material-systematischen Ordnungsmuster,
da die kognitive Problemdimension (anstelle der expressiven) in den Vordergrund
tritt (vgl. ebd., S. 118). Die Herstellung textueller Homogenität ist problematisch, da
sachlich komplexe Gegenstände mit der Vielzahl inhaltlicher Aspekte schwer in ei-
nem Text homogen darstellbar sind (vgl. Feilke/Augst 1989, S. 318). Die Hierarchie
der Argumente erfolgt nach Systematik des Gegenstandsbereichs; dabei wird in der
Regel die soziale Funktion vernachlässigt (vgl. Augst/Faigel 1986, S. 118).

3 Boueke u. a. (1995) haben darüber hinaus ein Entwicklungsmodell der narrativen Struktur
vorgeschlagen, das von einem isolierten zu einem narrativ-strukturierten Typ reicht. Dieses
Modell ist im Wesentlichen für Schreibanfänger geeignet.

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iii) Diese Strategie verfolgt einen formal-systematischen Aufbau: Die Perspek-


tive wird auf die Sprache/den Text als Medium gelenkt; damit geht eine poten-
tielle Unabhängigkeit von material-inhaltlichen Implikationen einher. Die Strate-
gie ist weitgehend unabhängig von Problemen der Beziehungsordnung und der
kognitiv-ordnenden Bewältigung des darzustellenden Problembereichs, während
handlungssteuernde formale Kriterien hervortreten: Textgliederung durch Über-
schriften, Absätze, Satzzeichen, formale, vom Argumentationsinhalt unabhängi-
ge Argumentationsmuster (Schema von Schulaufsätzen) (vgl. Augst/Faigel 1986,
S. 115). Die Problemdarstellung konstituiert sich unter dem Gesichtspunkt der ho-
mogenen Form.
iv) Die linear-dialogische Strategie geht über die expressive, kognitive und
textuelle Dimension hinaus. Somit steht eine auf den Adressaten gerichtete Über-
zeugungsfunktion im Vordergrund, die mit einer sozialen Problemdimension
einhergeht (Feilke/Augst 1989, S. 320). Dabei wird der Leser angesprochen und
dessen Perspektive eingenommen und es werden Einwände antizipiert und darauf
eingegangen (vgl. Rapti 2005, S. 120). Eine subjektive Perspektive und eine line-
are Grundstruktur werden wiederbelebt. Zentrale Merkmale sind objektivierte Ar-
gumentation, explizite Metakommunikation und direkte Ansprache des Adressaten
(vgl. Augst/Faigel 1989, S. 320).

3.2 Diskursstrategien: Konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit


Neben der makrostrukturellen Ebene für narrative und argumentative Texte wird
für die Analyse zudem die Unterscheidung zwischen konzeptioneller Mündlich-
keit bzw. Schriftlichkeit nach dem Modell von Koch/Oesterreicher (1985 ff.) he-
rangezogen, um die Umsetzung von Diskursstrategien in schriftlichen Texten zu
berücksichtigen.
Koch/Oesterreicher (ebd.) grenzen die sog. konzeptionelle Mündlichkeit und
Schriftlichkeit von der medialen Mündlichkeit und Schriftlichkeit ab. Die mediale
Dimension bezieht sich auf die Realisationsform der Äußerungen (phonisch vs. gra-
phisch), die konzeptionelle dagegen auf den Duktus, d. h. auf die Ausdrucksweise,
die für die jeweilige Äußerung gewählt wird. Während die mediale Mündlichkeit
und Schriftlichkeit dichotomisch ist (also entweder gesprochen oder geschrieben),
ist die konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit als ein Kontinuum, aufzu-
fassen, das zwischen einem Endpol extremer Schriftlichkeit (bzw. ›Distanz‹) und
einem Endpol extremer Mündlichkeit (bzw. ›Nähe‹) aufgespannt ist. Hier lassen
sich verschiedene Äußerungsformen relativ zueinander positionieren.
Diese Äußerungsformen unterscheiden sich im Prinzip auf drei verschiedenen
Ebenen voneinander: Lexikon, Morphosyntax und textuelle Ebene: Auf der lexi-
kalischen Ebene nden sich im Bereich des konzeptionell mündlichen Pols Ba-
siswortschatz, umgangssprachliche Formen, eine niedrige Type-Token-Relation
bzw. Passe-partout-Wörter, im Bereich der konzeptionellen Schriftlichkeit dage-
gen ein elaborierter, fachsprachlicher Wortschatz sowie eine hohe Type-Token-
Relation (vgl. Koch/Oesterreicher 1994, S. 591). Auf der morphosyntaktischen

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Ebene sind aggregative Satzmuster sowie parataktische, elliptische Konstruktionen


und Agensorientierung der konzeptionellen Mündlichkeit zuzuordnen, integrative
Muster (wie subordinierende Sätze, Partizipialkonstruktionen und Nominalisie-
rungen), Objektivierungsstrategien sowie Passivsätze dagegen der konzeptionellen
Schriftlichkeit (vgl. ebd., S. 590 f.).
Auf der textuellen Ebene nden sich im Bereich der konzeptionellen Münd-
lichkeit eine lineare Organisation, semantisch unspezische Sätze sowie einfache
Textverknüpfungsmuster, im Bereich der konzeptionellen Schriftlichkeit dagegen
elaborierte Textverknüpfungsmuster und semantisch spezizierte Sätze (vgl. ebd.,
S. 590).

3.3 Kommunikative Grundhaltung: Involvierung vs. Distanzierung


Ein wesentliches Merkmal von Erzählungen ist die Involvierung des Lesers in den
Text. Boueke u. a. (1995, S. 96) bezeichnen dies auch als »narrative Emotionalität«
und verstehen darunter die Fähigkeit »den Zuhörer [zu] ›unterhalten‹, […] ihn in
einem Maße zu aktivieren, zu ›erregen‹, daß bei ihm eine angenehme Emotion
ausgelöst wird« (ebd., S. 92). Diese wird mit Hilfe von Markierungen im Text, sog.
›Affektmarkierungen‹ (vgl. ebd., S. 107), umgesetzt, die sich in drei Hauptkatego-
rien unterteilen lassen: (i) psychologische Nähe; (ii) Valenz; (iii) Plötzlichkeit (vgl.
ebd., S. 109).
Zu (i): Diese umfasst sprachliche Elemente, welche Wahrnehmungen und Ge-
danken der Hauptgur betreffen. Zu (ii): Hier werden das Positive der plan-kom-
patiblen und das Negative der plan-divergenten Ereignisse betont. Zu (iii) zählen
sprachliche Elemente, welche die ›Unerwartetheit‹ neu auftretender Ereignisse be-
tonen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über diese verschiedenen Typen der Affekt-
markierung mit Beispielen:

Valenz Negative Gedanken: »stolperte«, »fiel«, »ärgerte sich«,


»versuchte sauber zu wischen«, »ausgelacht«, »weinen«,
»fertig zu machen«
Psychologische Nähe Gedanken/Körperempfindung: »ärgerte sich«, »Lisa hatte
nun Hunger«
indir. Redewiedergabe: »entschuldigte sich bei ihr auch
wollte sie sich mit ihr treffen.«
Plötzlichkeit Unerwartetheit: »wollte cool angesehen werden«, »ging …
Kopf hoch gestreckt …«
Adverbiale: »Doch ihr passierte ein Unglück«

Tab. 1: Affektmarkierung in narrativen Texten

Heinrich/Riehl (2011) übertragen das Modell von Boueke u. a. (1995) auch auf ar-
gumentative Texte. Auch hier wenden die Schreiber bisweilen Involvierungsstrate-
gien an, obwohl diese in der deutschen Diskurstradition in argumentativen Texten

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zu vermeiden sind. Hier sollten stattdessen Distanzierungsstrategien eingesetzt wer-


den. Diese beiden Möglichkeiten sind in der folgenden Tabelle gegenübergestellt:

Strukturen Involvierung Distanzierung


Sprecher-Hörer-Deixis Selbstreferenz Keine Selbstreferenz (oder
Direkte Anrede des Lesers nur in den rahmenden
Teilen)
Sachorientierung
Evaluation Gebrauch evaluierender Keine evaluierenden Adjek-
Adjektive oder Modal- tive
partikel Objektive Formen der
(super, idiotisch, natürlich) Meinungsmarkierung (in
Anbetracht der Tatsache,
dass …)

Tab. 2: Strategien der Involvierung und Distanzierung bei argumentativen Texten

Die in diesem Kapitel dargestellten globalen Merkmale für narrative und argu-
mentative Textkompetenz werden nachfolgend in ein Analyseraster für die zwei zu
untersuchenden Textsorten überführt (Kap. 4.2).

4. Fallstudie zur Textkompetenz


4.1 Methodik
Die im Folgenden dargestellten Daten entstanden in einem Pilotprojekt zur Mehr-
schriftlichkeit an unterschiedlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen und Berlin in
den Schuljahren 2006–2008 sowie 2011. Dabei wurden schriftliche narrative und
argumentative Texte von S&S in 9. und 10. Klassen erhoben. Bei den S&S mit ei-
ner anderen Erstsprache als Deutsch wurden zudem Texte in den unterschiedlichen
Erstsprachen erhoben (vgl. Dreyer/Teubler 2011, S. 164; Erl 2012, S. 58; Riehl
2013).
Die narrativen und argumentativen Texte wurden mittels verschiedener Stimuli
in zwei Kohorten elizitiert: Bei der Datenerhebung in NRW wurden zwei Bildim-
pulse für die narrativen Texte4 sowie eine Aufgabenstellung zum Verfassen eines
Briefs (vgl. Augst u. a. 2007; Rapti 2005) für die argumentativen Texte eingesetzt5.

4 Bildimpuls für Texte auf Deutsch »Missgeschick im Schnellimbisse«; Bildimpuls für Texte in
den Herkunftssprachen »Motorradunfall«.
5 Aufgabenstellung für Texte auf Deutsch: »Soll man in Deutschland schon mit 16 wählen dür-
fen? Schreibe einen Brief an einen Abgeordneten in Deinem Wahlkreis, in dem Du zu dieser
Frage Stellung nimmst. Begründe Deine Meinung!«; Aufgabenstellung für Texte in den Her-
kunftssprachen: »EU-Bürger bekommen das Recht, zwei Pässe zu haben. Schreibe einen Brief
an einen Abgeordneten in deinem Wahlkreis, in dem Du dazu Stellung nimmst. Begründe
Deine Meinung!«.

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Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

Bei der Datenerhebung in Berlin wurde auf einen Videostimulus6 zurückgegriffen,


der bereits in verschiedenen internationalen Studien zur Entwicklung von Text-
kompetenz eingesetzt wurde (vgl. Berman/Verhoeven 2002). Die narrativen Texte
wurden in einem Zeitfenster von 30 Minuten, die argumentativen Texte in 45 Mi-
nuten an vier unterschiedlichen Tagen geschrieben. Zusätzlich wurde ein soziolin-
guistischer Fragebogen erhoben, in dem die S&S Auskunft über Sprachbiographie,
familiären Hintergrund, Lese- und Schreibpraktiken sowie Besuch des Herkunfts-
sprachenunterrichts geben sollten.

4.1.1 Fragestellung und Hypothesen


Ausgehend von den Ergebnissen der wenigen Studien zum Einuss des HSU auf
die Entwicklung der schriftsprachlichen Kompetenzen von S&S mit Migrations-
hintergrund, die überwiegend zu dem Schluss kommen, dass der Besuch nicht
zwingend mit einer direkten Verbesserung der schriftlichen L2 Kompetenzen ein-
hergeht (vgl. Caprez-Kompràk 2010; Moser u. a. 2010), nehmen wir an, dass der
HSU-Besuch im Bereich des Transfers makrostruktureller Muster von der L1 in
die L2 keinen Einuss auf die schriftliche Textkompetenz in der L2 hat. Die er-
wähnten Studien stellen andererseits positive Effekte des Besuchs des HSU auf
die L1-Kompetenz fest, was uns zu der Annahme führt, dass S&S mit HSU eine
höhere Textkompetenz in der L1 aufweisen, als S&S, die den HSU nicht besucht
haben. Ausgehend von den Hypothesen von Cummins (2004) und den Ergebnissen
der Studie von Aytemiz (1990) nehmen wir an, dass eine hohe Textkompetenz in
der L1 sich auf die Textkompetenz in der L2 überträgt.
Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse von Schader (2006), dass in Bezug auf
Schulerfolg allgemein der Einuss des HSU womöglich eine weniger gewichti-
ge Variable darstellt, als vergleichsweise der sozio-ökonomische Status bzw. der
Bildungshintergrund der Eltern. Wir nehmen an, dass diese Variablen ebenfalls
einen größeren Einuss auf die Textkompetenz haben, als der Besuch des HSU.
Die Erkenntnisse aus Studien zu bilingualen Programmen lassen vermuten, dass
nur der langfristige bilinguale Unterricht zu positiven Effekten in beiden Sprachen
führt (vgl. MacSwan/Pray 2005; Gogolin/Roth 2007; Franceschini 2013). Wir ge-
hen davon aus, dass sich diese im Bereich der Textkompetenz in beiden Sprachen
wiedernden (vgl. Roth 2003).
Zusammenfassend sollen folgende Hypothesen überprüft werden:
H1: Der Besuch des HSU hat weder negativen noch positiven Einuss auf die schriftlichen Text-
kompetenzen in der L2
H2: Der Besuch des HSU hat einen positiven Effekt auf die schriftlichen Textkompetenzen in der
L1.
H3: Der längerfristige Besuch eines bilingualen Programms hat einen positiven Einuss auf
schriftliche L1 und L2 Textkompetenzen.

6 Im Video sind verschiedene Schulalltagssituationen zu sehen, welche die S&S dazu anregen,
schriftlich ihre eigenen Erfahrungen zu schildern (Narration) und zu diesen Stellung zu neh-
men (Argumentation).

54
Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

H4: Eine hohe Textkompetenz in der L1 begünstigt die Textkompetenz in der L2.
H5: Sozio-ökonomischer Hintergrund und Schultyp haben einen größeren Einuss auf Textkom-
petenzen in L1 und L2 als der HSU.

4.1.2 Subkorpus/Probanden
Um die Hypothesen zu überprüfen, wurden zunächst aus dem Korpus Daten von
S&S, die Türkisch als Familiensprache und Deutsch als (frühe) L2 erworben haben,
extrahiert. In einem zweiten Schritt wurden die Daten nach unterschiedlichen For-
men der Alphabetisierung in der L1 ausgewählt, die neben den unterschiedlichen
Schultypen7 in die Analyse miteinießen: (i) ohne HSU; (ii) mit HSU; (iii) mit bi-
lingualem Unterricht. Insgesamt ergibt sich ein Subkorpus von 112 narrativen und
argumentativen Texten von insgesamt 28 bilingualen deutsch-türkischen S&S8.

4.2 Analysekriterien
Um die Texte hinsichtlich der Textkompetenz bewerten zu können, werden diese
zunächst mithilfe eines Analyserasters für jede Textsorte analysiert. Das Raster be-
rücksichtigt die in Kap. 3 dargestellten Kriterien für narrative und argumentative
Texte.
In Anlehnung an Riehl (2013) wurden auf der Grundlage der verschiedenen
Analysemodelle für narrative und argumentative Text, die in Kap. 3 vorgestellt
wurden, unterschiedliche Textkompetenztypen festgelegt, um die verschiedenen
Textsorten in einem zweiten Schritt in Hinsicht auf ihre Literalität (im Sinne von
Textkompetenz) evaluieren zu können. Die im Folgenden kurz dargestellten Text-
kompetenztypen basieren auf Analysemodellen zur Makrostruktur, zur Diskurs-
strategie sowie zu Involvierungs- bzw. Distanzierungsstrategien, wie sie in Kap. 3
vorgestellt wurden.

4.2.1 Narrative Texte


Die narrativen Texte wurden in vier verschiedene Typen eingeteilt, welche sich
hinsichtlich der Ausprägung der Makrostruktur, der Diskursstrategie von konzep-
tioneller Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit sowie der Ausprägung der Involvie-
rungsstrategien unterscheiden:
– Typ 1: einfache narrative Struktur ohne Bruch und Komplikation, konzeptio-
nell mündlicher Diskursmodus, minimale Ausprägung von Involvierungsstra-
tegien. Der Texttyp kann als der Einfachste angesehen werden.

7 Die ausgewählten S&S besuchten drei verschiedene Schultypen: (i) Realschule (NRW);
(ii) Gymnasium (NRW), (iii) Gesamtschule mit bilingualem Programm (Berlin).
8 Die Wahl dieser Gruppe begründet sich darin, dass Türkisch einerseits die meistgenannte Fa-
miliensprache im Korpus ist, andererseits hier drei Gruppen in Bezug auf die aufgeführten
Alphabetisierungskriterien gebildet werden können. Die S&S waren zum Zeitpunkt der jewei-
ligen Datenerhebung zwischen 14 und 16 Jahre alt (Durchschnitt 14;9).

55
Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

– Typ 2: elaborierte narrative Struktur, konzeptionell schriftlicher Diskursmodus


mit einigen konzeptionell mündlichen Elementen, minimale bis mittlere Invol-
vierungsstrategie. Der Texttyp ist eine Mischung aus Typ 1 und 3.
– Typ 3: elaborierte narrative Struktur, konzeptionell schriftlicher Diskursmodus,
mittlere bis hohe Involvierungsstrategie. Dieser Texttyp ist dadurch deutlich
elaborierter als Typ 2.
– Typ 4: Unter diesen Texttyp fallen deskriptive Texte in reiner Dialogform, die
eine Kompensierungsstrategie darstellen.

4.2.2 Argumentative Texte


Die argumentativen Texte wurden nach einem ähnlichen Schema, wie in Kap. 4.2.1
beschrieben, mittels eines festgelegten Rasters für Argumentationen analysiert. Der
Komplexitätsgrad der argumentativen Texte ist stark abhängig vom Typus der Ma-
krostruktur und dem Grad an Distanzierungsstrategien. Die argumentativen Texte
wurden in insgesamt drei unterschiedliche Typen unterteilt:
– Typ 1: einfacher Typ: linear-entwickelnde Makrostruktur, konzeptionell münd-
licher Diskursmodus, Involvierungsstrategien wie Selbstreferenz der Schreiber
und narrative Elemente
– Typ 2: Gemischter Typ: material-systematische Makrostruktur, konzeptio-
nell schriftlicher Diskursmodus mit mündlichen Elementen, Distanzhaltung
(+/– Selbstreferenz)
– Typ 3: Komplexer Typ: formal-systematische Makrostruktur (pro-contra-con-
clusio), konzeptionell schriftlicher Modus, Distanzhaltung (Selbstreferenz nur
in den Rahmenteilen (Briefanteil) oder der Schlussfolgerung). Dieser Typ kann
als der Komplexeste angesehen werden.

4.3 Ergebnisse
Die Ergebnisse der analysierten Texte werden im Folgenden zunächst in ihrer
Gesamtheit betrachtet (4.3.1/2) und anschließend mit den verschiedenen Variablen
(L1 und L2, Alphabetisierung, Schultyp und Bildungshintergrund) korreliert.

4.3.1 Gesamtergebnis Narration und Argumentation


Bei den narrativen Texten in der L2 Deutsch zeigt sich eine deutliche Ten-
denz für die Realisierung des Mischtyps 2 (narrative Struktur, schriftlicher Dis-
kursmodus mit konzeptionell mündlichen Elementen und minimale bis mittlere
Involvierungsstrategien), während sich bei den Narrationen in der L1 Türkisch
überwiegend der weniger komplexe Typ 1 wiederndet (einfache narrative Struk-
tur, konzeptionell mündlicher Modus, minimale Ausprägung von Involvierungs-
strategien; s. Tab. 3).
Die Analyse der argumentativen Texte (s. Tab. 4) zeigt ein ähnliches Bild wie
die der narrativen Texte: Während im Deutschen Typ 2 überwiegt, ndet sich der
wenig komplexe Typ 1 bei den türkischen Argumentationen vermehrt wieder.

56
Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4


L2 Deutsch 7 17 4 0
L1 Türkisch 17 5 5 1

Tab. 3: Gesamtergebnis narrative Textkompetenz

Typ 1 Typ 2 Typ 3


L2 Deutsch 7 17 4
L1 Türkisch 17 7 4

Tab. 4: Gesamtergebnis argumentative Textkompetenz

4.3.2 Korrelation mit Formen des L1-Unterrichts


Um den möglichen Einuss des Unterrichts in der L1 auf Textkompetenzen in L1
und L2 (Hypothesen H1 und H2) zu überprüfen, wurden die in Kap. 4.3.1 dar-
gestellten Ergebnisse mit den Variablen der Alphabetisierungskriterien (mit/ohne
HSU-Besuch; mit bilingualem Unterricht) korreliert9. Die Korrelation der deut-
schen narrativen Texte mit den Alphabetisierungsvariablen zeigt, dass die Gruppe
mit bilingualem Unterricht komplexere Texte (Typ 3) verfasst, als die Gruppen mit
und ohne HSU. Gleichzeitig ist die Produktion der einfachen Narrationen (Typ 1)
im Verhältnis größer, als bei den anderen beiden Gruppen. Es fällt auf, dass die
Gruppe, die keinen HSU besucht hat, eine leicht höhere Textkompetenz aufzeigt,
als die Gruppe mit HSU (vgl. Abb. 1). Die Hypothese, dass der Besuch des HSU
keinen Einuss auf die Textkompetenzen im Deutschen hat, scheint sich zu bestä-
tigen. Allerdings ist ein möglicher Einuss der Alphabetisierungsvariablen statis-
tisch nicht signikant (p = 0,97).

Abb. 1 Abb. 2

Bei den türkischen narrativen Texten zeigt sich ebenfalls ein positiver Einuss des
bilingualen Unterrichts auf die Textkompetenz (s. Abb. 2): Auch hier überwiegen im

9 Aufgrund der kleinen Gruppengrößen wurde in den folgenden statistischen Analysen ein Fi-
sher Exact Test durchgeführt.

57
Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

Vergleich zu den anderen beiden Gruppen komplexere Texte (Typ 2 und 3). Interes-
santerweise schneidet die Gruppe mit HSU schlechter ab als die Gruppe ohne HSU.
Der Besuch des HSU scheint keinen positiven Einuss auf die Textkompetenzen
in der L1 zu haben; der mögliche Einuss ist auch hier nicht statistisch signikant
(p = 0,86). Die Hypothese, dass der Besuch des HSU einen positiven Einuss auf
Textkompetenzen in der L1 (hier bei Narrationen) hat, kann nicht bestätigt werden.
Die Korrelation der deutschen argumentativen Texte mit den Alphabetisie-
rungsvariablen zeigt, dass auch hier wieder die Gruppe mit HSU schlechter ab-
schneidet als die anderen beiden Gruppen. Die Gruppe ohne HSU zeigt eine leicht
höhere Textkompetenz als die bilinguale Gruppe. In beiden Gruppen nden sich
überwiegend Texte des Mischtyps 2; in der Gruppe ohne HSU mehr Texte des
komplexen Typs 3 als in der bilingualen Gruppe. Auch hier ist der Einuss aber
nicht signikant (p = 0,76; s. Abb. 3). Bei den Argumentationen auf Türkisch ndet
sich ein verändertes Bild (vgl. Abb. 4): Hier überwiegen weniger komplexe Texte
(Typ 1) in den Gruppen mit und ohne HSU, während in der bilingualen Gruppe Typ
2 deutlich häuger vorkommt. Der Einuss ist in diesem Fall statistisch signikant
(p = 0,02). Die Hypothese (H2), dass der Besuch des HSU einen positiven Einuss
auf Textkompetenzen hat, wurde auch für argumentative Texte widerlegt. Die Hy-
pothese (H3), dass der längerfristige Besuch eines bilingualen Programms einen
positiven Einuss hat, bestätigt sich hier zumindest für die argumentativen Texte.

Abb. 3 Abb. 4

4.3.3 Individueller Vergleich Textkompetenzen L1 und L2


Um herauszunden, ob die Textkompetenz in einer Sprache die Kompetenz in der
anderen positiv oder negativ beeinusst, wurde ein individueller Vergleich der je-
weiligen Textsorten in L1 und L2 vorgenommen. Es zeigt sich hier ein eindeutiges
Bild (s. Abb. 5), insofern in der L2 höhere Textkompetenzen vorhanden sind als
in der L1. Nur in einer sehr geringen Anzahl (9 von 112) der untersuchten Texte
wurden in der L1 bessere Ergebnisse erzielt als in der L2.
In Kap. 2 wurde argumentiert, dass sich im Sinne der Hypothesen von Cum-
mins (2004) hohe L1-Kompetenzen auf die Kompetenzen in der L2 positiv auswir-
ken. Um dies in den analysierten Texten zu überprüfen, wurden zudem diejenigen
Texte herangezogen, von denen man auf eine hohe Textkompetenz schließen kann
(jeweils Typ 3; s. Tab. 5) und mit denen in der L2 verglichen. Es zeigt sich, dass

58
Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

sich die Hypothese (H4) nur bedingt bestätigt: Der Großteil der Texte in der L2
weist eine geringere Textkompetenz auf. Allerdings wurden nur in zwei Fällen in
der L2 wenig elaborierte Texte (Typ 1) produziert.

Abb. 5

Typ 3 Typ 2 Typ 1


Nar Arg Nar Arg Nar Arg
L1 5 4
L2 1 1 2 3 2 0

Tab. 5: Hohe Textkompetenz in L1 in Bezug auf die L2 Textkompetenz

4.3.4 Korrelation mit Schultypen


Um einen möglichen Einuss der verschiedenen Schulformen zu untersuchen,
wurden die analysierten Daten hinsichtlich der drei Schulformen Realschule, Ge-
samtschule und Gymnasium korreliert. Bei den deutschen narrativen Texten zeigt
sich, dass die Textkompetenz der S&S an Gymnasien und Realschulen etwas höher
ist als an der Gesamtschule10. Es überwiegt der Mischtyp 2, während an der Ge-
samtschule der schwächere Typ 1 häuger vertreten ist (s. Abb. 6). Statistisch ist
dieser Einuss nicht signikant (p = 1).
Die Textkompetenz im Türkischen ist verhältnismäßig schwach; in allen Schul-
formen dominiert der Typ 1. An der Gesamtschule und an den Gymnasien ndet
sich Typ 3 etwas häuger (s. Abb. 7). Auch hier ist der Einuss nicht signikant
(p = 0,86).
Die Korrelation der argumentativen Texte zeigt ein anderes Bild: Die Textkom-
petenz im Deutschen ist an Gymnasien deutlich höher, während sie in den anderen
beiden Schultypen nahezu gleich ist (s. Abb. 8). Statistisch ist dies nicht signi-
kant (p = 0.1), es lässt sich aber eine Tendenz erkennen. An Realschulen ist die
Textkompetenz im Türkischen am schwächsten; an der Gesamtschule überwiegt
Typ 2, während an Gymnasien der komplexere Typ 3 dominant ist (s. Abb. 9).

10 Die Ergebnisse sollten im Folgenden vorsichtig interpretiert werden, da das Verhältnis der im
Gymnasium geschriebenen Texte deutlich geringer ist (nur drei S&S).

59
Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

Abb. 6 Abb. 7

Abb. 8 Abb. 9

Auch hier bestätigt sich die Tendenz, die bei den deutschen Texten zu sehen ist,
wenngleich statistisch (noch) nicht signikant (p = 0.06).

4.3.5 Korrelation mit Bildungshintergrund


Inwiefern der familiäre Bildungshintergrund, der in den soziolinguistischen Fra-
gebögen erfragt wurde, und eine möglicherweise damit einhergehende Einstellung
zu Literalität im Elternhaus einen Einuss auf die Textkompetenzen der S&S hat,
wird im Folgenden näher untersucht. Hierfür wurden die in den Fragebögen ge-
gebenen Antworten in drei Kategorien unterteilt: Niedriger, mittlerer und hoher
Bildungshintergrund.
Die Korrelation mit dem familiären Bildungshintergrund zeigt, dass die Text-
kompetenzen sowohl bei den deutschen als auch bei den türkischen Narrationen
am höchsten sind, wenn von einem hohen Bildungshintergrund ausgegangen wer-
den kann (s. Abb. 10). Während die Textkompetenzen im Türkischen bei niedri-
gem und mittlerem Bildungshintergrund gleich schwach sind, zeigt sich bei den
deutschen Narrationen, dass die Texte komplexer sind, als bei einem mittlerem
Bildungshintergrund (s. Abb. 11). Beide Berechnungen sind statistisch nicht signi-
kant (Narration auf Deutsch p = 0,06; Narration auf Türkisch p = 0,17), man kann
aber von einer Tendenz ausgehen.
Bei den argumentativen Texten auf Deutsch dominiert in allen drei Kategori-
en Typ 2. Wie bei den Narrationen schreiben S&S mit niedrigem Bildungshinter-
grund komplexere Texte als vergleichsweise S&S, die einen mittleren Bildungs-

60
Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

Abb. 10 Abb. 11

hintergrund aufweisen (s. Abb. 12). Der Einuss ist auch hier statistisch nicht
signikant (p = 0,63). Auch bei den Texten auf Türkisch ähnelt das Bild dem der
Narrationen: Die höchste Textkompetenz erzielen S&S mit einem hohen Bildungs-
hintergrund, während S&S mit einem niedrigeren oder mittleren Bildungshinter-
grund eine deutlich schwächere Textkompetenz zeigen. Die Texte der Gruppe mit
einem mittleren Bildungshintergrund sind leicht besser als die mit niedrigem Bil-
dungshintergrund (s. Abb. 13). Der Test ist statistisch (noch) nicht signikant, es ist
aber eine eindeutige Tendenz zu beobachten (p = 0,06).

Abb. 12 Abb. 13

Die Hypothese (H5), dass der sozio-ökonomische Hintergrund und der Schultyp
einen größeren Einuss auf Textkompetenzen in L1 und L2 als der Besuch des HSU
haben, kann zwar statistisch nicht bewiesen werden. Die Ergebnisse zeigen aber,
dass sich der Einuss an die von Schader (2006) gefundenen Ergebnisse annähert.

4.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse


Die Ergebnisse der analysierten Texte zeigen, dass der Besuch des HSU offen-
sichtlich kaum Einuss auf die Textkompetenzen – weder in L1 noch in L2 – hat.
S&S, die keinen HSU besuchen, weisen zum Teil sogar bessere Textkompetenzen
auf als diejenigen, die keinen HSU haben. Der kontinuierliche bilinguale Unter-
richt scheint sich hingegen positiv auf die Textkompetenzen in beiden Sprachen
(insbesondere in der Argumentation in der L1) auszuwirken. Diese Beobachtung
kann hingegen nicht losgelöst vom Schultyp interpretiert werden, da diese Varia-

61
Till Woerfel/Nikolas Koch/Seda Yılmaz Woerfel/Claudia Riehl

ble offensichtlich eine größere Gewichtung einnimmt als die der Alphabetisierung.
Diese Beobachtung geht einher mit den Ergebnissen von Schader (2006); gleich-
zeitig zeigt sich, dass der familiäre Bildungshintergrund keinesfalls eine verlässli-
che Größe für die Textkompetenzen der S&S darstellt.
Bei einem individuellen Vergleich der jeweils produzierten Textsorten in bei-
den Sprachen zeigt sich zudem ein interessantes Bild: Einige S&S, die eine hohe
Textkompetenz (Typ 3) in narrativen Texten in der L1 aufweisen, sind nicht in der
Lage, einen adäquaten argumentativen Text in ihrer L1 zu verfassen.

5. Diskussion
Im Fokus der durchgeführten Studie stand die Frage nach der Übertragbarkeit von
Textkompetenz von einer Sprache auf die andere bei bilingualen S&S. Darüber
hinaus sollten mögliche Einussfaktoren auf die Textkompetenzen herausgestellt
werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass bei den S&S, die eine hohe Textkompetenz in der
L1 aufwiesen, auch eine gute Kompetenz in der L2 vorhanden war (s. Kap. 4.3.3).
Das Ergebnis ist hingegen wenig aussagekräftig, da sich diese Beobachtung nur auf
wenige Einzelfälle bezieht.
Ein Erklärungsansatz für die geringe Kompetenz in argumentativen Texten in
der L1 (bei gleichzeitig hoher narrativer L1-Kompetenz) könnte der fehlende Er-
werb argumentativer Muster in der L1 sein. Im Gegensatz zu narrativen Strukturen,
die sich auch in der Alltagskommunikation wiedernden, weisen argumentative
Texte ein textsortenspezisches Muster auf (s. Kap. 3.1.2). Dieses ist scheinbar im
Türkischen nicht erworben worden. Somit ist auch eine positive Beeinussung der
argumentativen Kompetenz in der L2 nicht möglich.
Wie vermutet, hat der Besuch des HSU keine positiven Auswirkungen auf die
L2-Textkompetenz. Überraschend hat dieser auch keine positive Auswirkung auf
die L1-Kompetenz (s. Kap. 4.2.3). Eine mögliche Erklärung hierfür liegt einer-
seits in der unzureichenden Einbindung in das Schulcurriculum (vgl. Schroeder
2003, 2007; Woerfel 2014) und einer geringen (gesellschaftlichen) Wertschätzung
der Herkunftssprachen, welche die Einstellung der Eltern negativ beeinusst (vgl.
Wiese 1994). Aus diesem Grund wird oftmals kein Wert auf den (regelmäßigen)
Besuch des HSU gelegt (vgl. Woerfel 2014).
Bei dem Vergleich der Argumentationen in Bezug auf die unterschiedlichen
Schulformen fällt auf, dass vor allem an Gymnasien eine hohe Textkompetenz er-
reicht wird. Dieser Umstand lässt sich leicht mit dem Schwerpunkt des Verfassens
argumentativer Texte an Gymnasien in der Jahrgangsstufe 9/10 in NRW erklären.
Auffallend ist zudem, dass der vermeintlich zu erwartende Abstand in der L1-
Textkompetenz im bilingualen Programm sehr gering ist. Generell stellt sich eine
Interpretation der Daten in diesem Zusammenhang als schwierig dar, insofern hier
nicht nur zwei verschiedene Schulformen miteinander verglichen werden, sondern
auch zwei Bundesländer mit unterschiedlichen Lehrplänen.

62
Mehrschriftlichkeit bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern

Eine weitere Komponente, die sich als wichtig herausstellte und auf die auch
verschiedene andere Studien immer wieder hinweisen, sind Spracheinstellungen
und literale Praktiken im Elternhaus (vgl. Verhoeven/Aerts 1998). Interessanter-
weise zeigen die Ergebnisse der Pilotstudie, dass nicht zwangsläug der sozio-öko-
nomische Status der Eltern, wie Untersuchungen von Krashen (1999) oder auch
Ergebnisse der PISA-Studien (PISA-Konsortium 2002) nahe legen, Auswirkungen
auf die Textkompetenz der Schüler haben. Diese Beobachtung ndet sich auch bei
Riehl (2013) bei der Gruppe russisch-deutscher Bilingualer desselben Korpus’. Es
ist anzunehmen, dass hier andere Faktoren wie Einstellungen zur eigenen Sprache
und Bildung stärker wiegen. Um dies zu bestätigen, sind zukünftig detailliertere
Beobachtungen nötig, wie bspw. Interviews mit den Eltern, hinsichtlich ihrer Ein-
stellung zu Bildung sowie literalen Praktiken im Elternhaus.

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