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Implantattherapie Nach Frontzahntrauma
Implantattherapie Nach Frontzahntrauma
Implantattherapie
nach Frontzahntrauma
Eine neue Methode zum Erhalt des Alveolarkammes nach posttrauma
tischer Ankylose und externer Wurzelresorption
Schlüsselwörter: dento-alveoläres Trauma, Ankylose, externe Wurzelresorption, Dekoronation,
Bone-Level-Implantate, transokklusal verschraubte Zirkonoxidimplantatkronen
Sybille Scheuber1,2
Dieter Bosshardt3
Urs Brägger1
Thomas von Arx2
Abteilung
1 für Kronen- und
Brückenprothetik, Zahnmedi
zinische Kliniken der Universität
Bern
2 Klinik für Oralchirurgie und
Stomatologie, Zahnmedizinische
Kliniken der Universität Bern
3 Robert Schenk Labor für Orale
Histologie, Zahnmedizinische
Kliniken der Universität Bern
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. dent. Thomas von Arx
Klinik für Oralchirurgie und
Stomatologie
Zahnmedizinische Kliniken
der Universität Bern
Freiburgstrasse 7, 3010 Bern
Tel. 031 632 25 49
Fax 031 632 25 03
Bild oben Zusammenfassung Die Therapie traumati hensweise und der optimale Implantations
Ausgangssituation: Die traumati sierter Frontzähne mit Ankylosen und zusätzli zeitpunkt sind daher gründlich abzuwägen. Vor
sierten, anresorbierten und ankylo-
cher Wurzelresorption stellt eine besondere allem auf die Kammprophylaxe soll im vorlie
sierten Zähne 11 und 12 zeigen eine
deutliche Infraposition und sind Herausforderung für den Kliniker dar. Durch genden Fall eingegangen werden. Es wird das
nicht erhaltungswürdig. die Infraposition sind ankylosierte Zähne funk Management von zwei b
enachbarten ankylo
Bild unten tionslos und ästhetisch unbefriedigend. Dies sierten Oberkieferfrontzähnen durch Dekoro
Schlusssituation: Zwei Jahre nach
erschwert eine spätere prothetische Rehabili nation, Alveolarknochenerhalt und implantat
der Therapie durch Dekoronation,
Implantation und Augmentation tation. Die progressive Ersatzresorption und getragene Suprakonstruktion vorgestellt. Die
zeigen sich stabile knöcherne und die vertikale Wachstumshemmung machen zusätzliche histologische Abklärung sichert die
weichgewebige Verhältnisse um eine Intervention unumgänglich. Die Vorge Diagnosestellung und Therapiewahl.
die Implantatzähne 11 und 12.
Einleitung Fallbericht
Bei Dislokationstraumata von Zähnen kommt es oft zu Verlet Medizinische Anamnese
zungen des vitalen parodontalen Ligaments auf der Wurzel Allgemeinanamnestisch ist die Patientin gesund. Die Patientin
oberfläche. Dies kann zu irreversiblen Schäden in der Zemen ist Nichtraucherin.
toblastenschicht führen und zu Nekrosen mit lokal entzündli
cher Reaktion. Dadurch werden Osteoklasten aktiviert, die Spezielle Anamnese
Zement und Dentin resorbieren. Es entsteht eine externe Wur Die zum Zeitpunkt der Erstvorstellung fast 17-jährige Patientin
zelresorption (Filippi et al. 2000). In der Folge kann die gesam wurde im März 2008 von ihrem Kieferorthopäden an die Klinik
te Wurzel resorbiert und durch Alveolarknochen ersetzt werden für Oralchirurgie und Stomatologie der Zahnmedizinischen
(Malmgren et al. 2000). Zähne mit ausgedehnten externen Kliniken der Universität Bern mit der Bitte um weitere Abklä
Wurzelresorptionen gelten als nicht erhaltungswürdig (Fuss rung und Therapie ihrer verunfallten Frontzähne 11 und 12
2003, Gulsahi 2007, Ahangari 2010). Durch einsetzende Os überwiesen. Sie hatte 2001 einen Kletterunfall mit Traumati
teoblastentätigkeit wird die resorbierte Zahnsubstanz schritt sierung der Zähne 11 und 12. Die Zähne waren lateral disloziert
weise durch Alveolarknochen ersetzt, wodurch es zu einer di und wurden im Kinderspital des Inselspitals in Bern behandelt.
rekten Anlagerung von Alveolarknochen an die Wurzeloberflä Genauere Angaben zur Erstbehandlung fehlen.
che und als Folge davon zu einer Ankylose kommt (Andreasen Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung 2008 bei uns war die Pa
& Andreasen 1994, Ne et al. 1999, Trope 1998a). tientin schmerzfrei. Sie war aber mit ihrer Frontzahnästhetik
Bei Kindern und Jugendlichen (etwa 8.–14. Lebensjahr), d. h. unzufrieden und wünschte eine Korrektur.
im wachsenden Kiefer, kommt es wegen der Ankylose zu einer
Wachstumshemmung des Kieferknochens im Bereich des be Befunde
troffenen Zahnes (Andreasen & Andreasen 1994, Malmgren & Extraoral
Malmgren 2002). Während die Maxilla sich weiter nach an Die Patientin wies symmetrische Gesichtszüge und eine mit
tero-kaudal entwickelt, verbleibt der ankylosierte Zahn in sei telhohe Lachlinie auf. Inspektorisch und palpatorisch waren
ner Position. Nach Verlust des betroffenen Zahnes entsteht an keine pathologischen Veränderungen feststellbar.
dieser Stelle ein erhebliches, v. a. vertikales Knochendefizit.
Dieses muss später mit komplexen augmentativen Massnah Intraoral
men korrigiert werden, falls eine implantatgetragene Rehabi Die Patientin hatte eine vollständige und gepflegte Dentition
litation geplant wird. und befand sich in der Endphase ihrer kieferorthopädischen
Trotz der relativ hohen Prävalenz von Zahntraumata findet Therapie. Eine kieferorthopädische Extrusion der Frontzäh
sich in der Literatur wenig Evidenz über Diagnose, Klassifi ne 11 und 12 war nicht möglich. An den Bukkalflächen aller
kation und Therapiemöglichkeiten (Schwartz-Arad & Levin Ober- und Unterkieferzähne ausser an Zahn 12 befand sich eine
2004). In einer aktuellen Übersichtsarbeit über das Manage festsitzende kieferorthopädische Apparatur (Abb. 1a).
ment von externen Wurzelresorptionen wird empfohlen, ab Die fazialen Kronenflächen der Zähne 11 und 12 wiesen gin
hängig vom Fall und der Erfahrung des Behandlers sowie dem givanah eine rötliche Verfärbung auf (sog. pink spot). Beide
Patientenwunsch zu verfahren (Schwartz-Arad et al. 2004, Zähne reagierten nicht auf den Kältetest mit CO2-Schnee. Alle
Ahangari 2010). Eine Therapieoption ist die frühe Extraktion anderen Zähne reagierten positiv auf den Vitalitätstest. Zudem
des ankylosierten Zahnes und seine spätere prothetische Reha präsentierte sich eine deutliche inzisale und gingivale Stufe
bilitation. Eine weitere Methode stellt die Transplantation eines von über 3 mm der Zähne 11 und 12 im Vergleich zu den Nach
Zahnes mit vitalem Desmodont an die Stelle des ankylosierten barzähnen (Abb. 1b). Ein hoch einstrahlendes Lippenbändchen
Zahnes dar (Andreasen et al. 1990). Ein kieferorthopädischer im Vestibulum des Oberkieferfrontzahnbereiches war ebenfalls
Lückenschluss kann ebenfalls nach Extraktion erwogen werden. vorhanden.
Die Extraktion in Kombination mit augmentativen Massnah
men dient dem Kammerhalt für eine spätere Implantation Röntgen
(Sàndor et al. 2003). Der Kammerhalt kann auch mit der so In der Panoramaschichtaufnahme (OPT) vom April 2001 ist ein
genannten Dekoronation und einem kieferorthopädischen Wechselgebiss im Stadium II zu erkennen. Der Stützzonenwech
Platzhalter erreicht werden, bis die definitive Therapie einge sel ist noch nicht vollzogen. Die Apexifikation der Oberkiefer
leitet werden kann (Malmgren et al. 1984, Malmgren 2000, frontzähne ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Es sind
Filippi et al. 2001). Implantate sollten erst nach Abschluss des keine Anzeichen pathologischer Befunde erkennbar (Abb. 2a).
skelettalen Wachstums gesetzt werden. Ein weiteres OPT vom Juni 2007 zeigt die Dentition mit
Die Vorgehensweise und der Zeitpunkt der Implantation sind kieferorthopädischen Apparaturen an allen durchgebrochenen
daher im Detail zu planen. Vor allem der Kammprophylaxe permanenten Zähnen. Die Zähne 11 und 12 sind in der verti
sollte besonderes Gewicht eingeräumt werden, um ein ästhe kalen Entwicklung zurückgeblieben und zeigen eine deutliche
tisch und funktionell ansprechendes Therapieergebnis zu erzie inzisale Stufenbildung im Vergleich zu den Nachbarzähnen
len. Dies beeinflusst auch massgeblich die Langzeitprognose der (Abb. 2b).
Implantate. In der Literatur sind bis heute nur einzelne Fallbe Das Einzelzahnröntgenbild vom Januar 2008 zeigt eine mar
richte über eine Implantation nach Dekoronation eines anky kante koronale Aufhellung der Zähne 11 und 12 mit unregel
losierten Zahnes mit Wurzelresorptionen publiziert worden mässig scharf begrenzten Rändern. Der Parodontalspalt und
(Davarpanah & Szmukler-Moncler 2009, Sapir et al. 2009). Im der Pulpakanal sind nicht mehr sicher zu erkennen (Abb. 3).
vorliegenden Fallbericht soll diese neue Methode zum Erhalt
des Alveolarkammes nach posttraumatischer Ankylose zweier Diagnosen
benachbarter ankylosierter Oberkieferfrontzähne durch Deko –– Posttraumatischer Kasus mit deutlicher Ankylose der Zäh
ronation, Alveolarknochenerhalt und nachfolgende implantat ne 11 und 12 mit inzisaler und gingivaler Stufenbildung von
getragene Suprakonstruktion vorgestellt und diskutiert werden. über 3 mm
Abb. 1a Die Patientin weist eine mittelhohe Lachlinie auf und befindet sich Abb. 1b Die Zähne 11 und 12 weisen rötliche Verfärbungen im gingivanahen
in der Endphase der kieferorthopädischen Therapie. Kronenbereich auf (sog. pink spot). Es ist eine deutliche inzisale und gingivale
Stufe von über 3 mm der Zähne 11 und 12 im Vergleich zu den Nachbarzähnen
auszumachen.
Abb. 2a Zum Zeitpunkt des Unfalles ist die Patientin zehn Jahre alt. Das OPT vom April 2001 zeigt ein Wechselgebiss im Stadium II. Der Stützzonenwechsel ist
noch nicht vollzogen. Die Apexifikation der Oberkieferfrontzähne ist noch nicht vollständig abgeschlossen.
Abb. 2b Das OPT vom Juni 2007 zeigt die vollständige Dentition mit kieferorthopädischen Apparaturen an allen durchgebrochenen permanenten Zähnen. Die
Zähne 11 und 12 sind in der vertikalen Entwicklung zurückgeblieben und zeigen eine deutliche Stufe im Vergleich zu den Nachbarzähnen.
Abb. 4 Das Handröntgenbild vom März 2008 zeigt das Sesambein (Pfeil),
welches darauf hinweist, dass das Epiphysenwachstum fast abgeschlossen ist.
Die Epiphysenfugen (Radius und Ulna) sind randständig noch sichtbar.
Abb. 3 Das Einzelzahnröntgenbild vom Januar 2008 zeigt eine deutliche Abb. 5a Dekoronation der Zähne 11 und 12. Es sind die zervikalen Wurzel
koronale Aufhellung der Zähne 11 und 12 mit unregelmässig scharf begrenzten anteile sichtbar.
Rändern. Der Parodontalspalt und der Pulpakanal sind nicht mehr sicher er-
kennbar.
Therapieplan
–– Abklärung des Entwicklungszustands des Knochenwachs
tums
–– Erhalt des Alveolarkammes durch Dekoronation der Zäh
ne 11 und 12
–– Histologische Untersuchung der abgetrennten Kronen
–– Frenulumplastik im Oberkiefer
–– Implantation regio 11 und 12 bei Erhalt der ankylosierten
Wurzeln
–– Prothetische Rekonstruktion durch transokklusal verschraub Abb. 5b Die Kronen wurden bis knapp unterhalb des Knochenniveaus ent-
te Zirkonoxidkronen auf den Implantaten fernt. Zusätzlich wurde eine Frenulumplastik durchgeführt.
–– Recall
Schweiz] per os zur Sedierung, Atropin [Bellafit N, Struli Phar
Behandlungsablauf ma AG, Uznach, Schweiz] zur Verminderung der Speichel
Chirurgische Phase bildung und Aziclav® [Spirig HealthCare AG, Egerkingen,
Vor der chirurgischen Intervention wurde der skelettale Ent Schweiz] zur perioperativen Antibiose) die Dekoronation der
wicklungszustand der Patientin mit einem Handröntgenbild Zähne 11 und 12 vorgenommen (Abb. 5a). Dabei wurde der
bestimmt. Das Handröntgenbild vom März 2008 zeigt das Se Kronenanteil bis knapp unterhalb des Knochenniveaus ent
sambein des Daumens, welches darauf hinweist, dass das fernt, in 4%iger gepufferter Formalinlösung gelagert und an
Epiphysenwachstum fast abgeschlossen ist (Abb. 4). schliessend der Histologie übergeben. Ein zurechtgeschnitte
Nach der Erstuntersuchung wurde die Patientin mit ihrer nes Kollagenvlies wurde auf die dekoronierten Wurzelanteile
Mutter über den Therapieplan, den Ablauf, Risiken, Alterna appliziert. Danach wurden zwei freie Schleimhauttransplan
tiven und Prognosen aufgeklärt. Im August 2008 wurde unter tate (FST) im Gaumen rechts mittels Punchtechnik entnom
Prämedikation (Dormicum® [Roche Pharma AG, Reinach BL, men, die zur Rekonstruktion der Weichteile über die zurück
geschliffenen Wurzeln mit multiplen Einzelknopfnähten den Zahn 11 (Abb. 6c–f). Während die Resorption des Zah
(Seralon 5-0/6-0, Serag-Wiessner, Naila, Deutschland) fixiert nes 12 schon weit vorangeschritten ist, erkennt man beim
wurden (Abb. 5c und d). Weiterhin wurde bei der Patientin Zahn 11 den Verlust von Zahnhartgewebe (v. a. Dentin und
eine Frenulumplastik des Oberkieferlippenbändchens durch etwas Schmelz). Der Pulparaum und ein Teil des Dentins wur
geführt (Abb. 5b). Die Patientin erhielt ein Analgetikum, eine den durch ein Granulationsgewebe ersetzt. Die Vergrösserun
desinfizierende Mundspüllösung sowie ein Informationsblatt gen der histologischen Schnitte von Zahn 11 (Abb. 7a–c) und
zum Verhalten nach dem operativen Eingriff. Ihr wurde ein Zahn 12 (Abb. 7d) zeigen Resorptionen von Dentin und
herausnehmbares Drahtklammerprovisorium zum Ersatz der Schmelz durch Odontoklasten, eingewachsenes Epithel mit
Zähne 11 und 12 eingegliedert. Die Wundheilung verlief kom Granulationsgewebe sowie ein zement- und knochenähnliches
plikationslos. Reparatur-/Ersatzhartgewebe.
Die histologischen Präparate zeigen Längsschnitte vom Das Kontrollröntgenbild ein Jahr nach der Dekoronation
Zahn 12 (Abb. 6a und b) und serielle Horizontalschnitte durch zeigt die belassenen Wurzeln der Zähne 11 und 12. Die Wurzeln
scheinen einer weiteren Resorption zu unterliegen und koronal Entlastungsinzision bei 13 durchgeführt. Der vestibuläre und
bereits von Knochen bedeckt zu sein (Abb. 8). Ein Jahr nach palatinale Mukoperiostlappen wurde mobilisiert und mit Hal
der Dekoronation wurden im August 2009 die Implantate re tenähten retrahiert. Durch die belassenen dekoronierten Wur
giones 11 und 12 mit simultanem Knochenaufbau (GBR) ge zeln, die koronal vollständig mit Knochen bedeckt waren,
plant. Der Alveolarkamm ist präoperativ in vertikaler und war eine gute Konturerhaltung des Alveolarkammes möglich
orofazialer Richtung gut dimensioniert (Abb. 9). Die Patientin (Abb. 10). Mit der chirurgischen Übertragungsschiene wurden
erhielt wieder eine Prämedikation (Dormicum® zur Sedierung die Implantatpositionen bestimmt und die Implantatbette in
und Aziclav® zur Antibiose). Nach Leitungsanästhesie des N. in die Reste der ankylosierten Wurzeln präpariert (Abb. 11). Ein
fraorbitalis, des N. palatinus major rechts sowie des N. nasopa SLActive-Bone-Level-Implantat BL 4.1 / 12 mm RC (Straumann
latinus und lokaler Infiltration vestibulär regio 13 bis 21 wurde AG, Basel, Schweiz) wurde in regio 11 und ein SLActive-Bone-
eine bukkale und palatinale Sulkusinzision bei 21 und 13, eine Level-Implantat BL 3.3 / 10 mm NC in regio 12 inseriert
Kamminzision mesial 21 bis mesial 13 und eine vestibuläre (Abb. 12). Beide Implantate waren primärstabil. Es wurde eine
Abb. 9 Status vor Implantation ein Jahr nach Dekoronation der Zähne 11 und
12: Der Alveolarkamm ist präoperativ in vertikaler und orofazialer Richtung gut Abb. 12 Insertion der beiden SLActive-Bone-Level-Implantate (Straumann AG,
erhalten. Basel, Schweiz) in regiones 11 und 12
Prothetische Phase
Für die festsitzende provisorische Versorgung wurden die Im
plantate mit Impregum Penta (3M ESPE AG, Seefeld, Deutsch
land) und konfektionierten Abformpfosten abgeformt. Es wur
den verschraubte Implantatprovisorien hergestellt, die zervikal
zurückgeschliffen wurden, um das Weichgewebe zu konditio
nieren (Abb. 16a und b). Die Provisorien wurden über mehrere
Monate hinweg bearbeitet, um interimplantär eine Papille zu
formen (Abb. 17). Die definitive Abdrucknahme erfolgte eben
falls mit Impregum Penta und individualisierten Abformpfos
Abb. 16b Zurückschleifen und anschliessende Politur des zervikalen Anteils der Abb. 19a Ein Try-in Wax-up auf individuell hergestellten Straumann CARES
Implantatprovisorien, um Platz zu schaffen für die interdentalen Weichgewebe Abutments wird hergestellt.
Recall
Die Patientin ist nach der Therapie wieder beim Privatzahnarzt
in Behandlung und erhält dort eine regelmässige jährliche pro
fessionelle Zahnreinigung sowie eine zahnärztliche Kontroll
untersuchung. Des Weiteren wird sie in der Klinik für Oralchi
rurgie und Stomatologie regelmässig zum Recall aufgeboten.
Im Röntgenbild vom Mai 2010 zeigen sich um die Implanta
te 11 und 12 stabile knöcherne Verhältnisse. Bei der weiteren
Nachkontrolle im Februar 2012 finden sich weder klinisch
noch röntgenologisch pathologische Befunde (Abb. 21 und 22).
Abb. 18 Die definitive Abformung erfolgt mit individualisierten Abformpfos-
ten, um ein Kollabieren der Mukosa zu verhindern und das ausgeformte Durch- Diskussion
trittsprofil zu erhalten.
Zum Zeitpunkt des Unfalls befand sich die Patientin im Wech
ten, um ein Kollabieren der Mukosa zu verhindern und das selgebissstadium II. Sie war knapp zehn Jahre alt, als sie das
ausgeformte Durchtrittsprofil zu erhalten (Abb. 18). Ein Try-in Frontzahntrauma erlitt. Dies ist problematisch, weil Zahn
Wax-up auf individuell hergestellten Straumann CARES Abut entwicklung und Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen
ments wurde einprobiert und geringfügige ästhetische Korrek sind. Die Frontzähne zeigen ein fortgeschrittenes bzw. nahezu
turen vorgenommen (Abb. 19a). Das Wax-up diente als Vorlage abgeschlossenes Wurzelwachstum mit noch offenem Apex
der definitiven keramischen Restauration (Abb. 19b). Die Ver (Stadium IV nach Cvek 1992). Die Inzidenz für Spätfolgen ist
blendkeramik wurde dabei direkt auf das Zirkonoxidabutment abhängig vom Entwicklungszustand des Zahnes und vom
aufgebrannt. In der Rohbrandeinprobe wurden Transluzenz, Schweregrad des Traumas (Andreasen 1994). Im vorliegenden
Farbe und Form erneut beurteilt sowie die Okklusion, Protru Fall entwickelten sich innerhalb der folgenden sechs Jahre
Abb. 20b Im Lachbild präsentieren sich die Implantatrekonstruktionen re- Abb. 20c Abschlussfoto der Patientin mit den definitiven Implantatsuprakon-
gio 11 und 12 harmonisch. Die Papille interimplantär füllt den Interdentalraum struktionen
zu ca. 50% aus und ist somit etwas kürzer als auf der kontralateralen Seite.
nach dem Trauma Pulpaobliterationen, Resorptionen sowie An- mit Komposit gelegt (Heithersay 2007, Gulsahi 2007). Dies ist
kylosen der Zähne 11 und 12. allerdings nur in einem frühen Stadium (Klasse I–III) möglich,
Die Pulpaobliteration tritt häufig bei noch nicht abgeschlos was radiologisch und klinisch oft schwer zu erkennen ist. Die
senem Wurzelwachstum und einer Dislokationsverletzung auf Therapie kann zwar die Resorption stoppen, aber nicht die
(von Arx 1998). Die Vitalität von Traumazähnen muss im Recall Ankylose verhindern. Ein Hauptproblem wäre mit dieser Me
regelmässig überprüft werden. Bei einer Pulpanekrose hätte thode im vorliegenden Fall nicht gelöst – die Ankylose bliebe
eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt werden müssen. erhalten.
Bei der Patientin hat die Pulpa mit einer posttraumatischen Eventuell wurde die Resorption durch den Versuch einer
Obliteration auf die Reize reagiert. kieferorthopädischen Extrusion der Zähne 11 und 12 begüns
Ersatzresorptionen an Zahnwurzeln nach schweren Traumata tigt oder verstärkt, wobei sich aber kieferorthopädisch beding
wurden schon mehrfach beschrieben (Gunraj 1999). Speziell te Resorptionen eher apikal finden (Abuabara 2007).
nach Avulsion mit langer extraoraler trockener Lagerung des Eine weitere Therapieoption bei Zähnen mit Wurzelresorp
Zahnes zeigt sich oft eine sogenannte «ankylotische Wurzelre tionen ist die Transplantation eines Zahnes mit vitalem Des
sorption» (Fuss 2003). Eine Wurzelresorption kann nach Trau modont an die Stelle des ankylosierten Zahnes (Andreasen et
ma, kieferorthopädischer Behandlung, Infektion des Zahnes, al. 1990). Diese ist allerdings nur indiziert, falls andere Zähne,
Parodontalchirurgie, intrakoronalem Bleaching oder durch den z. B. Prämolaren, aus kieferorthopädischen Gründen extrahiert
Druck impaktierter Zähne bzw. eines Tumors auftreten. Es exis werden müssen.
tieren mehrere Einteilungen und Bezeichnungen hierfür. Die Bis heute existieren keine randomisierten Studien über die
se reichen von der Ätiologie der klinischen, radiologischen, Therapie externer Wurzelresorptionen (Ahangari 2010). Zähne
bzw. histopathologischen Befunde bis hin zu der Bezeichnung mit ausgeprägten externen Wurzelresorptionen gelten als nicht
«stimulierende Faktoren» (Fuss 2003). Eine spezielle Form der erhaltungswürdig. Die histologische Untersuchung im vorlie
externen Wurzelresorption stellt die «invasive zervikale Resorp genden Fall bestätigt die begonnene Ersatzresorption (Abb. 6a–f
tion» dar, die oft nach Traumata auftritt (Heithersay 1999). In und 7a–d). Eine weitere Resorption und Ersatz des Dentins
einem frühen Stadium lässt sich die invasive zervikale Resorp durch Knochengewebe sind zu erwarten.
tion nach der Methode von Heithersay therapieren: Nach Auf Die Ankylose tritt als parodontale Spätfolge einer Ersatzre
klappung wird das Resorptionsgewebe mit 90%iger Trichlores sorption auf. Es resultiert daraus eine typische Infraposition
sigsäure verätzt, entfernt und die Oberfläche kürettiert. Im der betroffenen Zähne im wachsenden Kiefer. Die Zähne sind
Bereich der Läsion wird nun eine konservierende Restauration klinisch durch ihren hellen Klopfschall oder an den negativen
Konklusion
Es existiert kein Konsens über die Therapie der verschiedenen
Formen externer Wurzelresorptionen. Die Implantation in
einem klinisch und radiologisch entzündungsfreien dekoro
nierten Wurzelrest mit Ersatzresorption kann als vielverspre
chende neue Methode betrachtet werden. Es sind allerdings
grössere Fallserien und Langzeitstudien notwendig, um mög
Abb. 22 Zwei Jahre nach Implantation zeigen sich intraoral entzündungsfreie liche Risiken abzuschätzen.
Verhältnisse.
Verdankung
zeigen Einzelzahnkronen auf Implantaten eine vergleichbare
Überlebensrate nach fünf und zehn Jahren, was anhand von Herzlicher Dank geht an Herrn Dr. med. dent. Stefan Hicklin,
46 Studien aufgezeigt werden konnte. Im vorliegenden Fall zmk Bern, für die beratende Unterstützung und Betreuung des
wurden Bone-Level-Implantate auf Knochenniveau gesetzt und prothetischen Teils.
keine Tissue-Level-Implantate. Die Bone-Level-Implantate sind Grosser Dank gilt dem Zahntechniklabor Art-Dent in Bern,
speziell für den ästhetisch sichtbaren Bereich konzipiert und insbesondere dem Zahntechniker Thomas Furter für die sehr
erlauben eine bessere Ästhetik aufgrund des grösseren Spiel gute Zusammenarbeit und die Herstellung der ästhetisch ge
raumes durch ein individuelles Emergenzprofil. lungenen Implantatsuprakonstruktionen.
Prognosen Summary
Alle natürlichen Zähne der Patientin sind vital. Der skelettale Scheuber S, Bosshardt D, Brägger U, von Arx T: Implant therapy
Entwicklungszustand war zwar bei Implantatinsertion abge following trauma of the anterior teeth – A new method for alveolar
schlossen, aber ein weiterer Wachstumsschub zu einem späte ridge preservation after post-traumatic ankylosis and external root
ren Zeitpunkt ist nicht ausgeschlossen und würde zu erneuter resorption (in German). Schweiz Monatsschr Zahnmed 123:
Stufenbildung führen, was an der inzisalen Stufe von Implan 417–428 (2013)
tatkrone 11 zum natürlichen Frontzahn 21 zwei Jahre nach The therapy of traumatized front teeth with ankylosis and
Versorgung der Implantate zu erkennen ist (Abb. 22). Ein wei additional root resorption is a real challenge for the clinician.
teres vertikales Knochenwachstum ist in begrenztem Ausmass Due to the infraposition ankylosed teeth are useless and es
möglich. Nach Kawanami et al. (1999) ist mit einer Infraposi thetically unsatisfactory. The progressive replacement resorp
tionierung von 0,07 mm/Jahr (Abweichung 0,00–0,12 mm/ tion and the vertical growth inhibition render an intervention
Jahr) bei weiblichen Personen im Alter von 20–30 Jahren zu inevitable. In the following case report, the prophylaxis of the
rechnen (Kawanami et al. 1999). Dies entspräche bei linearer alveolar ridge is brought into focus. The treatment of two an
Progression einem Unterschied von durchschnittlich 0,7 mm kylosed teeth by decoronation, prevention of the alveolar ridge
zu den natürlichen Nachbarzähnen in zehn Jahren. Aufgrund and an implant-supported supraconstruction will be presented.
der verschraubbaren Implantatsuprakonstruktionen sind all The additional histological assessment confirms the diagnosis
fällige Interventionen in Zukunft leichter möglich. Da eine and the choice of treatment.
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