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WISSENSCHAFT JAMES-WEBB-TELESKOP

Der größte Durchbruch der Wissenschaft ist eine technische


Sensation
Stand: 26.12.2022 | Lesedauer: 3 Minuten

Von Norbert Lossau


Chefkorrespondent Wissenschaft

Das Herz der Phantom Galaxie M74, Aufnahme von Ende August 2022

Quelle: AFP

Die Fachzeitschrift „Science“ hat den größten wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres
gewählt: Das Weltraumteleskop „James Webb“ liefert seit Sommer faszinierende
Aufnahmen aus fernen Galaxien. Sehen sie hier eine Auswahl seiner besten Bilder.

W elche Entdeckungen, Erkenntnisse oder Erfindungen waren im ausgehenden Jahr


2022 die bedeutendsten? Die Herausgeber und Redakteure der renommierten
Fachzeitschrift „Science“ haben sich darüber Gedanken gemacht und das James-Webb-
Weltraumteleskop zum „Breakthrough“ des Jahres gekürt, also zum größten
wissenschaftlichen Durchbruch 2022.

Dabei ist das Teleskop der Superlative erst seit rund einem halben Jahr in Betrieb. In dieser
Zeit hat es schon viele atemberaubende Bilder von kosmischen Objekten und wichtige neue
Erkenntnisse geliefert.
Das zehn Milliarden Dollar teure James-Webb-Teleskop blickt mit seinem 6,50 Meter großen
Hauptspiegel im Bereich der infraroten Lichtwellen ins All. Das ermöglicht Einblicke, die mit
optischen Teleskopen wie „Hubble“ nicht möglich sind – zum Beispiel die Erkundung von
Regionen, die hinter Staubwolken verborgen sind.

Auch die am „James-Webb-Programm“ beteiligte


Europäische Weltraumorganisation Esa hat eine von dem
Weltraumteleskop gelieferte Aufnahme zum Bild des Jahres
gewählt. Es handelt sich um die Aufnahme des 4,6
Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien-Cluster SMACS
0723. Selbst Laien beeindruckt es mit seiner
überbordenden Fülle an Details.

Diese Infrarot-Aufnahme, die „James Webb“ von SMACS


0723 gemacht hat, ist der tiefste und schärfste Blick ins
Universum, der jemals mit einem Teleskop gelungen ist. Tausende von Galaxien sind da
festgehalten. Es ist zugleich ein Blick in die Vergangenheit, denn das von „James Webb“
aufgefangene Licht war 4,6 Milliarden Jahre unterwegs. Das spektakuläre Bild wurde der
Weltöffentlichkeit am 11. Juli 2022 präsentiert – im Rahmen einer Webb-Premieren-
Veranstaltung, die aus dem Weißen Haus in Washington ausgestrahlt wurde.

Seitdem publizieren Wissenschaftler fortwährend neue Erkenntnisse, die sie mithilfe von
„James Webb“ gewonnen haben. Da geht es etwa um Staubwolken, in denen neue Sterne
geboren werden, alte Galaxien, die Analyse der Atmosphäre ferner Exoplaneten oder die
Erforschung der Planeten in unserem Sonnensystem. Das Infrarotteleskop konnte mit einer
Spektralanalyse erstmals die Existenz von Kohlendioxid in der Gashülle eines Exoplaneten
nachweisen.

Erst Mitte Dezember publizierten Forscher in den „Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society” neue Erkenntnisse zum Sternencluster NGC 3324, die sie „James
Webb“ verdanken. Auf der Infrarotaufnahme konnten sie Dutzende hochenergetische Jets
ausmachen, die von jungen Sternen ausgestoßen werden. Auch „Hubble“ hatte sich diese
Region des sogenannten „Cosmic Cliffs“ bereits angeschaut, weil die Astronomen dort eine
Geburtsstätte für Sterne vermuteten.
„Hubble“ blieb der Einblick in den kosmischen Kreißsaal indes verwehrt, denn seine Augen
für sichtbares Licht können nicht durch eine Staubwolke hindurchblicken. Die
Infrarotkameras von „James Webb“ sind dazu in der Lage. Die Wissenschaftler erhoffen sich
von der Beobachtung solcher Regionen mit Sternengeburten auch neue Erkenntnisse
darüber, wie sonnenähnliche Sterne entstehen und wie die Strahlung von benachbarten
Sternen möglicherweise die Entstehung von Planeten beeinflusst.

In den vergangenen Jahren waren es keine Erkenntnisse aus der Astronomie, die von der
„Science“-Redaktion als Wissenschaftsdurchbruch des Jahres ausgerufen wurden. Im Jahr
2021 wurde diese Ehre der Entschlüsselung des Proteincodes mithilfe von künstlicher
Intelligenz zu teil. Und 2020 hielt man die Entwicklung neuer Impfstoffe gegen das
Coronavirus für das Wichtigste.

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