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Auf dem See

J. W. von Goethe Ihr Stürme, schweigt,


O schweige, Strom,
Mich höre, mein liebender Wanderer,
Und frische Nahrung, neues Blut Salgar! ich bin’s, die ruft.
Saug’ ich aus freier Welt; Hier ist der Baum, hier der Fels,
Wie ist Natur so hold und gut, Warum verweilst du länger?
Die mich am Busen hält! Wie, hör’ ich den Ruf seiner Stimme?
Ihr Stürme, schweigt!
Die Welle wiegen unsern
Kahn Im Rudertakt hinauf, Doch, sieh, der Mond erscheint,
Und Berge, wolkig himmelan, Der Hügel Haupt erhellet,
Begegnen unserm Lauf. Die Flut im Tale glänzt,
Im Mondlicht wallt die Heide.
Aug’, mein Aug’, was sinkst du nieder? Ihn seh’ ich nicht im Tale,
Goldne Träume, kommt ihr wieder? Ihn nicht am hellen Hügel,
Weg, du Traum! so gold du bist; Kein Laut verkündet ihn,
Hier auch Lieb’ und Leben ist. Ich wand’le einsam hier.

Auf der Welle blinken Doch wer sind jene dort,


Tausend schwebende Sterne, Gestreckt auf dürrer Heide?
Weiche Nebel trinken Ist’s mein Geliebter, Er!
Rings die türmende Ferne; Und neben ihm mein Bruder!
Ach, beid’ in ihrem Blute,
Morgenwind umflügelt Entblösst die wilden Schwerter!
Die beschattete Bucht, Warum erschlugst du ihn?
Und im See bespiegelt Und du, Salgar, warum?
Sich die reifende Frucht.
Geister meiner Toten,
Sprecht vom Felsenhügel,
Kolmas Klage Von des Berges Gipfel,
Macpherson, James ("Ossian") Nimmer schreckt ihr mich!
Wo gingt ihr zur Ruhe,
Ach, in welcher Höhle
Rund um mich Nacht, Soll ich euch nun finden?
Ich irr’ allein, Doch es tönt kein Hauch.
Verloren am stürmischen Hügel;
Der Sturm braust vom Gebirge, Hier in tiefem Grame
Der Strom die Felsen hinab, Wein’ ich bis am Morgen,
Mich schützt kein Dach vor Regen, Baut das Grab, ihr Freunde,
Verloren am stürmischen Hügel, Schliesst’s nicht ohne mich.
Irr’ ich allein. Wie sollt’ ich hier weilen?
An des Bergstroms Ufer
Erschein’, o Mond, Mit den lieben Freunden
Dring’ durch’s Gewölk; Will ich ewig ruh’n.
Erscheinet, ihr nächtlichen Sterne,
Geleitet freundlich mich,
Wo mein Geliebter ruht.
Mit ihm flieh’ ich den Vater,
Mit ihm meinen herrischen Bruder,
Erschein’, o Mond.
Mein schöner Stern!
Friedrich Rückert

Mein schöner Stern! Mein schöner Stern!


Ich bitte dich, Ich bitte dich,
O lasse du Nicht senk’ herab
Dein heitres Licht Zur Erde dich,
Nicht trüben durch Weil du mich noch
Den Dampf in mir, Hier unten siehst,
Vielmehr den Dampf Heb’ auf vielmehr
In mir zu Licht, Zum Himmel mich,
Mein schöner Stern, Mein schöner Stern,
Verklären hilf! Wo du schon bist!

Schwestergruss
Franz von Bruchmann

Im Mondenschein In zarter Hand So tönt die Luft,


Wall’ ich auf und ab, Eine Lilie quillt. So saust der Wind,
Seh’ Totenbein’ Zu den Sternen ruft
Und stilles Grab. Im Geisterhauch Das Himmelskind,
Sie zu mir spricht:
Im Geisterhauch „Ich wand’re schon Und eh’ sie flieht,
Vorüber bebt’s, Im reinen Licht, Die weiss’ Gestalt,
Wie Flamm’ und Rauch In frischer Blüt’
Vorüber schwebt’s; „Seh Mond und Sonn’ Sie sich entfalt’:
Zu meinem Fuss
Aus Nebeltrug Und leb’ in Wonn’, In reiner Flamm’
Steigt eine Gestalt, In Engelkuss; Schwebt sie empor,
Ohn’ Sünd’ und Lug Ohne Schmerz und Harm,
Vorüber wallt, „Und all’ die Lust, Zu der Engel Chor.
Die ich empfind’,
Das Aug’ so blau, Nicht deine Brust Die Nacht verhüllt
Der Blick so gross Kennt, Menschenkind! Den heil’gen Ort,
Wie in Himmelsau, Von Gott erfüllt
Wie in Gottes Schoss; „Wenn du nicht lässt Sing’ ich das Wort.
Den Erdengott,
Ein weiss Gewand Bevor dich fasst
Bedeckt das Bild, Der grause Tod.“
Die Blumensprache
Platner, Anton Es wehet kühl und leise
Die Luft durch dunkle Auen,
Es deuten die Blumen der Herzens Gefühle, Und nur der Himmel lächelt
Sie sprechen manch heimliches Wort. Aus tausend hellen Augen.

Sie neigen sich traulich am schwankenden Es regt nur eine Seele


Stiele, Sich in des Meeres Brausen,
Als zöge die Liebe sie fort. Und in den leisen Worten,
Sie bergen verschämt sich im deckenden Die durch die Blätter rauschen.
Laube,
Als hätte verraten der Wunsch sie dem So tönt in Welle Welle,
Raube. Wo Geister heimlich trauren;
So folgen Worte Worten,
Sie deuten im leise bezaubernden Bilde Wo Geister Leben hauchen.
Der Frauen, der Mädchen Sinn;
Sie deuten das Schöne, die Anmut, die Milde, Durch alle Töne tönet
Sie deuten des Lebens Gewinn: Im bunten Erdentraume,
Es hat mit der Knospe, so heimlich Ein leiser Ton gezogen,
verschlungen, Für den, der heimlich lauschet.
Der Jüngling die Perle der Hoffnung
gefunden. Schneeglöckchen
Friedrich Rückert
Sie weben der Sehnsucht, des Harmes
Gedanken Der Schnee, der gestern noch in Flöckchen
Aus Farben ins duftige Kleid. Vom Himmel fiel,
Nichts frommen der Trennung gehässige Hängt nun geronnen heut als Glöckchen
Schranken, Am zarten Stiel.
Die Blumen verkünden das Leid. Schneeglöckchen läutet, was bedeutet’s
Was laut nicht der Mund, der bewachte, darf Im stillen Hain?
sagen,
Das waget die Huld sich in Blumen zu klagen. O komm geschwind! Im Haine läutet’s
Den Frühling ein.
O kommt, ihr Blätter, Blüt’ und Blume,
Die ihr noch träumt,
All zu des Frühlings Heiligtume!
Kommt ungesäumt!

Die Gebüsche Die Rose


Friedrich von Schlegel F. Von Schlegel
Still meine Seele giessen!
Es lockte schöne Wärme, Könnt ich dann auch nicht sehen
Mich an das Licht zu wagen, Dich freudig auferstehen.
Da brannten wilde Gluthen:
Das muß ich ewig klagen. Die Sterne
Karl Gottfried von Leitner
Ich konnte lange blühen
In milden heitern Tagen; Wie blitzen die Sterne so hell durch die
Nun muß ich frühe welken, Nacht!
Dem Leben schon entsagen. Bin oft schon darüber vom Schlummer
erwacht.
Es kam die Morgenröthe, Doch schelt’ ich die lichten Gebilde drum
Da ließ ich alles Zagen nicht,
Und öffnete die Knospe, Sie üben im Stillen manch heilsame Pflicht.
Wo alle Reize lagen.
Sie wallen hoch oben in Engelgestalt,
Ich konnte freundlich duften, Sie leuchten dem Pilger durch Heiden und
Und meine Krone tragen, Wald.
Da ward zu heiß die Sonne, Sie schweben als Boten der Liebe umher,
Die muß ich drum verklagen. Und tragen oft Küsse weit über das Meer.

Was soll der milde Abend?


Muß ich nun traurig fragen. Sie blicken dem Dulder recht mild ins Gesicht,
Er kann mich nicht mehr retten, Und säumen die Tränen mit silbernem Licht.
Die Schmerzen nicht verjagen. Und weisen von Gräbern gar tröstlich und
Die Röthe ist verblichen, hold
Bald wird mich Kälte nagen. Uns hinter das Blaue mit Fingern von Gold.
Mein kurzes junges Leben
Wollt' ich noch sterbend sagen. So sei denn gesegnet du strahlige Schar!
Und leuchte mir lange noch freundlich und
Meine Rose klar!
Nikolaus Lenau Und wenn ich einst liebe, seid hold dem
Verein,
Dem holden Lenzgeschmeide, Und euer Geflimmer lasst Segen uns sein!
Der Rose, meiner Freude,
Die schon gebeugt und blasser
Vom heissen Strahl der Sonnen,
Reich ich den Becher Wasser
Aus dunklem, tiefen Bronnen.

Du Rose meines Herzens!


Vom stillen Strahl des Schmerzens An den Mond in einer Herbstnacht
Bist du gebeugt und blasser; Schreiber, Aloys
Ich möchte dir zu Füssen,
Wie dieser Blume Wasser, Freundlich ist dein Antlitz,
Söhn des Himmels! An die untergehende Sonne
Leis sind deine Tritte
Durch des Äthers Wüste, Sonne du sinkst!
Holder Nachtgefährte! Sonne du sinkst!
Sink' in Frieden, o Sonne!
Dein Schimmer ist sanft und erquickend,
Wie das Wort des Trostes Still und ruhig ist deines Scheidens Gang,
Von des Freundes Lippe, Rührend und feyerlich deines Scheidens
Wenn ein schrecklicher Geier Schweigen.
An der Seele nagt. Wehmuth lächelt dein freundliches Auge;
Thränen entträufeln den goldenen Wimpern;
Manche Träne siehst du, Segnungen strömst du der duftenden Erde.
Siehst so manches Lächeln, Immer tiefer,
Hörst der Liebe trauliches Geflüster, Immer leiser,
Leuchtest ihr auf stillem Pfade; Immer ernster und feyerlicher
Hoffnung schwebt auf deinem Strahle, Sinkst du den Aether hinab!
Herab zum stillen Dulder,
Der verlassen gebt auf bedorntem Weg. Sonne du sinkst!
Sonne du sinkst!
Du siehst auch meine Freunde, Sink' in Frieden, o Sonne!
Zerstreut in fernen Landen;
Du giessest deinen Schimmer Es segnen die Völker,
Auch auf die frohen Hügel, Es säuseln die Lüfte,
Wo ich oft als Knabe hüpfte, Es räuchern die dampfenden Wiesen dir
Wo oft bei deinem Lächeln nach;
Ein unbekanntes Sehnen Winde durchrieseln dein lockiges Haar;
Mein junges Herz ergriff. Wogen kühlen die brennende Wange;
Weit auf thut sich dein Wasserbett -
Du blickst auch auf die Stätte, Ruh' in Frieden!
Wo meine Lieben ruhn, Schlummr' in Wonne!
Wo der Tau fällt auf ihr Grab, Die Nachtigall flötet dir Schlummergesang.
Und die Gräser drüber weh’n
In dem Abendhauche. Sonne du sinkst!
Sonne du sinkst!
Doch dein Schimmer dringt nicht Sink' in Frieden, o Sonne!
In die dunkle Kammer,
Wo sie ruhen von des Lebens Müh’n,
Wo auch ich bald ruhen werde! Ellens Gesang II
Du wirst geh’n und Wiederkehren, Adam Storck
Du wirst seh’n noch manches Lächeln,
Dann werd’ ich nicht mehr lächeln, Jäger, ruhe von der Jagd!
Dann werd’ ich nicht mehr weinen, Weicher Schlummer soll dich decken,
Mein wird man nicht mehr gedenken Träume nicht, wenn Sonn’ erwacht,
Auf dieser schönen Erde. Dass Jagdhörner dich erwecken.
Schlaf! der Hirsch ruht in der Höhle, Wird kein Jägerhorn dich wecken.
Bei dir sind die Hunde wach,
Schlaf, nicht quäl’ es deine Seele,
Dass dein edles Ross erlag.

Jäger, ruhe von der Jagd!


Weicher Schlummer soll dich decken;
Wenn der junge Tag erwacht,
Gretchen am Spinnrade
J. W. von Goethe

Meine Ruh’ ist hin, Mein Herz ist schwer, Meine Ruh’ ist hin,
Mein Herz ist schwer, Ich finde sie nimmer Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer Und nimmermehr. Ich finde sie nimmer
Und nimmermehr. Und nimmermehr.
Nach ihm nur schau’ ich
Wo ich ihn nicht hab’ Zum Fenster hinaus, Mein Busen drängt sich
Ist mir das Grab, Nach ihm nur geh’ ich Nach ihm hin.
Die ganze Welt Aus dem Haus. Ach dürft’ ich fassen
Ist mir vergällt. Und halten ihn.
Sein hoher Gang,
Mein armer Kopf Sein’ edle Gestalt, Und küssen ihn
Ist mir verrückt Seines Mundes Lächeln, So wie ich wollt’
Mein armer Sinn Seiner Augen Gewalt. An seinen Küssen
Ist mir zerstückt Und seiner Rede Vergehen sollt’!
Zauberfluss.
Sein Händedruck,
Und ach, sein Kuss!

Im Frühling
Ernst Schulze

Still sitz ich an des Hügels Hang,


Der Himmel ist so klar, Sieh, wie der bunte Frühling schon
Das Lüftchen spielt im grünen Tal, Aus Knosp’ und Blüte blickt!
Wo ich beim ersten Frühlingsstrahl Nicht alle Blüten sind mir gleich,
Einst, ach, so glücklich war. Am liebsten pflückt’ ich von dem Zweig,
Von welchem sie gepflückt.
Wo ich an ihrer Seite ging
So traulich und so nah, Denn alles ist wie damals noch,
Und tief im dunkeln Felsenquell Die Blumen, das Gefild;
Den schönen Himmel blau und hell, Die Sonne scheint nicht minder hell,
Und sie im Himmel sah. Nicht minder freundlich schwimmt im Quell
Das blaue Himmelsbild.

Es wandeln nur sich Will und Wahn,


Es wechseln Lust und Streit,
Vorüber flieht der Liebe Glück,
Und nur die Liebe bleibt zurück,
Die Lieb’ und ach, das Leid!

O wär ich doch ein Vöglein nur Mein Herz ist schwer
Dort an dem Wiesenhang! German source: Emanuel Geibel
Dann blieb’ ich auf den Zweigen hier,
Und säng ein süsses Lied von ihr, Mein Herz ist schwer, mein Auge wacht,
Den ganzen Sommer lang. Der Wind fährt seufzend durch die Nacht;
Die Wipfel rauschen weit und breit,
Sehnsucht Sie rauschen von vergangner Zeit.
Emanuel Geibel
Sie rauschen von vergangner Zeit,
Ich blick’ in mein Herz und ich blick in die Von großem Glück und Herzeleid,
Welt, Vom Schloß und von der Jungfrau drin—
Bis vom schwimmenden Auge die Träne mir Wo ist das alles, alles hin?
fällt,
Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht, Wo ist das alles, alles hin,
Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie Leid, Lieb und Lust und Jugendsinn?
nicht. Der Wind fährt seufzend durch die Nacht,
O die Schranken so eng und die Welt so weit, Mein Herz ist schwer, mein Auge wacht.
Und so flüchtig die Zeit!
O Freund, mein Schirm, mein Schutz!
Ich weiss ein Land, wo aus sonnigem Grün Friedrich Rückert
Um versunkene Tempel die Trauben blühn,
Wo die purpurne Woge das Ufer besäumt O Freund, mein Schirm, mein Schutz!
Und von kommenden Sängern der Lorbeer O Freund, mein Schmuck, mein Putz!
träumt. Mein Stolz, mein Trost, mein Trutz!
Fern lockt es und winkt dem verlangenden
Sinn, Mein Bollwerk, o mein Schild!
Und ich kann nicht hin! Wo’s einen Kampf mir gilt,
Flücht ich mich zu deinem Bild.
O hätt’ ich Flügel durchs Blau der Luft,
Wie wollt ich baden im Sonnenduft! Wenn mich in Jammerschlucht
Doch umsonst! Und Stunde auf Stunde Die Welt zu drängen sucht,
entflieht, Nehm ich zu dir die Flucht;
Vertraure die Jugend, begrabe das Lied!—
O die Schranken so eng und die Welt so weit, Ob sie mir Bittres bot,
Und so flüchtig die Zeit! Mit Bittrerem mir droht,
So klag ich dir die Not.
Du schickest ohn’ ein Wort
Des Trostes mich nicht fort, Ina ditta
Du bist und bleibst mein Hort. Zimmer für eine Nacht

Der Erde Weh ist Scherz,


Hier leg ich an dein Herz
Mich selbst und meinen Schmerz.

O Welt, was du mir tust,


Ich such in stiller Lust
An meines Freundes Brust.

An mein Herz
Ernst Schulze

O Herz, sei endlich stille!


Was schlägst du so unruhvoll?
Es ist ja des Himmels Wille,
Dass ich sie lassen soll.

Und gab auch dein junges Leben


Dir nichts als Wahn und Pein;
Hat’s ihr nur Freude gegeben,
So mag’s verloren sein!

Und wenn sie auch nie dein Lieben


Und nie dein’ Liebe verstand,
So bist du doch treu geblieben,
Und Gott hat’s droben erkannt.

Wir wollen es mutig ertragen,


So lang nur die Träne noch rinnt,
Und träumen von schöneren Tagen,
Die lange vorüber sind.

Und siehst du die Blüten erscheinen,


Und singen die Vögel umher,
So magst du wohl heimlich weinen,
Doch klagen sollst du nicht mehr.

Geh’n doch die ewigen Sterne


Dort oben mit goldenem Licht
Und lächeln so freundlich von ferne,
Und denken doch unser nicht.

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