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Was ist Architektur? ‘Achtektur kénnen wir mit ,das erste Handwerk" oder als ,die ur- spriingliche Kunst" ubersetzen (griech. arché = Anfang, Ursprung, das Erste; techné = Kunst, Handwerk), zumal im Altgriechischen der archtécton als der oberste Handwerker, der oberste Baumeis- ter, galt. Seit der rémische Architekturtheoretiker Vitruy im 1 Jahr- hundertv. Chr. diesen Begriff in seinem Werk Zehn Biicher liber ‘Architektur verwendet hat, ist er fur die Baukunst Ubernommen worden, Seit wann baut der Mensch? Fiir unsere Vorfahren in der Altsteinzeit war es eine Existenzfrage, einen bergenden Schutz vor den Widrigkeiten des Wetters und vor wilden Tieren 2u finden. Insofern ist die Geschichte des Bauens so alt wie die Menschheit selbst. Nachweise fir gro8e Wohnhiitten als Vorldufer stabiler Unterschlipfe wurden zum Beispiel an der Mittelmeerkiste bei Nizza gefunden (um 400000 v. Chr). Ausgra- bbungen bei Catal Hiyik in der Turkei zeugen von den ersten fes ten Wohnbauten um 7400 v.Chr. Dem Menschen Schutz zu bieten ist also eine primare Funktion des Bauens. Ein weiteres Merkmal ist, dass Bauen auf Bestandigkeit, also auf Dauer angelegt ist. Ist Bauen schon Architektur? Unser Lebensalltag wird von Bauten bestimmt, in denen und un- ter denen wir leben. So gesehen bewegen wir uns in einer Um- welt, die aus wie auch immer gestalteten Baukérpern besteht. Lange galt Bauen im weitesten Sinne schon als Architektur. Aber schafft das Obereinanderschichten von Lehmziegeln, wodurch die ersten Siedlungen im Vorderen Orient entstanden, schon Ar chitektur? Erzeugt das bloBe Bauen von Einfamilienhausern, von Wohnsilos oder von Baumérkten wirklich Architektur? Erst wenn reflektierend geplant wird, verbunden mit einem hohen Anspruch an die Qualitét von Material und Konstruktion, wenn Bauen als kanstlerisch gestaltender Akt verstanden wird, nur dann entsteht echte Architektur Dann ist sie ein Zeugnis menschlicher Gestal- tungskraft. Frihe Beispiele der Architektur sind die monumen- talen Bauwerke im alten Mesopotamien, die gestuften Tempeltir- ime ~ Zikkurat-Bauten (um 4000 v. Chr). Darauf griindeten sich die biblischen Vorstellungen vor Turmbau zu Babel. Ebenso gehren dle agyptischen Pyramiden (um 2600 v.Chr) zu den frihen Zeug- nissen einer architektonischen Leistung wie auch das Bauwerk von Stonehenge (um 2500 v. Chr). Diese Bauten dienten keinem praktischen Ziveck (Wohnung oder Speicher), sondern verkérper- ten rein kultsche Funktionen: Sie hatten eine Verbindung zwi- schen den Menschen und den Gattern herzustellen. So soliten diese Monumentalwerke der frihzeitlichen Architektur den Men- schen tief beeindrucken. Von der ,Kunst des Bauens” zur Baukunst Von einer ,Kunst des Bauens® (Fischer 2014) kénnen wir sprechen, wenn Auftraggeber und Architekt bemiht sind, dem Gebaude ‘ber die Wehl von Material und Konstruktion eine bestimmte, kunstlerisch geformte Gestalt zu geben, um ihm damit einen der Zeit gemaBen Ausdruck zu verleihen. Dabei gehen beide Uber die ‘eine Nutzform hinaus und sind sich ihrer Verantwortung gegen- ‘ber der Offentichkeit bewusst, denn das Leben mit einem Bau- werk ist immer auch ein dffentliches. Aber ,nicht alle Architekten| kénnen, wollen oder miissen Kiinstler sein und nicht jedes ausge- zeichnete Bauwerk gleich ein Kunstwerk!" (ebd,) Ein ausgezeich- netes Bauwerk ist eine Leistung, die von allen Beteiligten groSes Kénnen und eine umfassende Qualifkation forder. im hhungsprozess ist der Architekt der Kinstlerische Gest st die Gesamtverantwortung dafribernimt, dass aus seiner jg, auch Wirklchkeit wird. Diese Fahigkeitenbrachten Were hen die als Kunst des Bauens" zu verstehen sind. Darter hina es Bauwerke, die ihre Zeit n hervorragender Weise repisetieg, und durch ihre kinstlrische Gestalt ein besonders hohes Ny .Originaltat. und Ausdrucksvermdgen’ erreicht haben ltée, um Gberhaupt aus den géingigen ésthetischen Bonen) usbrechen und neue Wege beschreiten 2u kénnen; Ausdruckcr. ‘mégen, um es nicht nur irgendwie ,anders' zu machen, srden dem (Zeitgeist ...] zu einem neuen Gesicht zu verelfen, i ber haupt erst sichtbar werden 2u lassen (ebd)) Hier geht es um ,Kunstwerke in der Architeltur’, um di lonen der alten und modernen Baukunst. Sie prégen den Stl her fp che, sie wirkten in ihrer Zeit innovativ in Konstruktion und Fo findung, Sie waren oder sind Vorbilder fir die durchgehend a spruchsvolle ,Kunst des Bauens'. Damit kénnen wir ci Fu ce ,normalen’ Bauproduktion” (ebd.) abgrenzen von den Werkn, hi ter denen ein anspruchsvolles geistiges wie kinstlerisches Kn- zept steht. Solche ,Mellensteine der Architektur’, diese Werke der Baus, sollen in diesem Band vorgestellt werden. Im Zentrum der Be trachtung stehen vorwiegend Werke der européischen Baie schichte, die immer wieder Elemente aus fremden Kulturen a nahmen und assimilierten, aber auch andere Kuituren sicher beeinflussten. Architektur im Kontext ~ die Wechselbeziehung zwischen Aufgabe, Bedeutung und Aussage Obersicht (S.7) zeigt die unterschiedlichsten Zugangsmégich keiten, Uber die man sich dem Bauwerk nahem kann, Zundhst ber das eigene Erieben als subjektiv wahrnehmendes ICH, das sich dem Bau von auBen nahert, ihn umschreitet und, wenn mag lich, im Inneren durch eine Begehung der Réume erlebt. ‘AuBlerdem ist e5 zur Vertiefung der Auseinandersetzungmiteinen Werk unerlésslich, sich mit den Intentionen des ARCHITEKTEN 2 beschaftigen: Gibt es Vorbilder, auf die er sich bezogen hat oder suchte er gerade in einer Abgrenzung zu ihnen eine eigene For menssprache? Diese eher stikritische Analyse lasst ein Werk besser in eine Rezeption der baugeschichtlichen Entwicklung einorden. ‘Arbeitete der Architekt unter dem Einfluss einer Theorie des Bau ens? Worin liegt die Qualitat seiner Gestaltungskraft? Wie komte er das Wissen seiner Zeit iber Material und Konstruktioneiset zen? Entscheidend ist dabei auch die Bewaltigung der geselten Bauaufgabe; schlieflich wurde von ihm ein Bauwerk erwartt das bestimmte Funktionen zu erfllen hat (S. 12-17). ‘Auch ist es wichtig, nach der Intention des AUFTRAGGEBERS 21 fragen, nach seiner gesellschaftlichen Rolle, seinem Vorwissen lund seinen Absichten. Welche pragmatische oder symbolsche Funktion solite das Gebaude in seinem Sinne erfillen? Hier kin nen literarische Quellen (ikonologische Analyse) hinzugezogen werden, die die soziokulturellen Faktoren, die zetgeschichtichen Und stilistische Erwartungen beleuchten, SchlieBlich steckthinter jedem gro8en Bauauftrag immer eine gewaltige Investtion, de ‘aus Griinden der Okonomie und des Prestiges gut angelegt wer den will. Schon deshalb ist Bauen (meist) auf Dauer ausgerichte. Jahrhundertelang war der Beruf des Architekten eine manniche Domine, weshalb diese Bezeichnung in diesem Band durchee hend verwendet wird, woh wissend, dass es seit dem 20 Jartut dert zunehmend auch Architektinnen gibt. Architektur im Kontext Kunstgeschichte Gesellschaft. , soziokulturelle Baugesctichte Aspekte und ihre Rezeption Zeitgeist Stilvorgaben Architekturtheorie Enwartungen ser Bauweise " Wirkung// Ausdruck Statik ic Material handwerkliche / industrielle Herstellung, . RCHITEKT/IN RAGGEBER Cong ri 2 BAUMEISTER Baukérper Form/ Gestalt Umraum Bauelemente Raum Licht Farbe AM das Lebensgefiihl .. ICH ‘emotionale Akzeptanz Wo eresente Ablehnung, Wahenehmung Der architektonische Bestand Drei Arten von Bauwerken - eine Typologie ‘Aufgrund der unterschiedlichen Bauaufgaben, die dem Bauwerk einen bestimmten Nutzwert und eine Funktion zuschreiben, ha: ben sich im Lauf der Jahrhunderte verschiedene L8sungsformen entwickelt. Bel allen individuellen Unterschieden zeigen sich doch Gemeinsamkeiten in der suSeren Gestalt wie in der réumlichen Konzeption. Formale, konstruktive oder vor allem funktionale Merkmale fuhrten jewels zu einem Bautyp, der fur seine Bauaut: gabe vorbildhatt wurde (grclat. typus ~ Geprége, Muster, Form). So stellt sich der Bautypus als ein GuBerst komplexes kulturelles Phanomen dar, des sich zwar selten ganz eindeutig bestimmen (asst, sich aber trotadem als solches in das kollektive Gedtichnis einschrelbt ..." (Seidl 2012) Der Sakralbau und seine Bautypen Trager der bauklinstlerischen Entwicklung war In der Antike und im IMittelalter der Sakralbau (lat. sacro, sacer = geweiht, heilig; einem religidsen Zweck dienend): Bautypen sind der Tempel (Bild 81), Kir chen- und Kosterbauten (Bild 8.2), die Moschee (Bild 83), die Sy- rragoge (Bild 84) und der Meditationsraum sowie die Grabanlage. ‘wei Bauformen stehen flr die sakrale Architektur: der Langhaus- und der Zentralbau. Ausgehend von der langgestreckten Halle fir das Abhalten von Markten und Gerichtssitzungen in der Antike, der Basilika, entwickelte sich fur die fruhe christliche Gemeinde ein Kirchentyp, bei dem ein erhhtes Mittelschiff (Langhaus) von ‘zwei oder vier Seitenschiffen begleitet wird. Das als weite Sulen: halle geformte Mittelschiff schloss meist mit einer Apsis ab. Spa- ter wurde die Basillka durch das Querhaus und einen Chor ergénzt Und blieb im Mittelalter der Haupttypus des Kirchenbaus. Beim Zentralbau wurde der Hauptraum Uber einem kreisrunden, ovalen oder quadratischen Grundriss errichtet. Dabel kann er von weite- ren, sich auf die Mitte beziehenden Raumen begleitet werden. Der Zentralbau ist meist mit einer Kuppel dberwolbt. Der Profanbau und seine Bautypen Beim Profanbau (lat. profanus = vor dem heiligen Bezirk liegend; weltch) kénnen wir die privaten Gebude von den éffentlichen trennen: Der Wohnbau mit dem Einfamilien-(Bild 85), Reihen- und Mehrfamilienhaus sichert die Grundbediirfnisse des menschli- chen Lebens, doch auch Burg, Schloss (Bild 8.6), Villa sowie Buro-, Geschafts- und Industriebauten haben private Auftraggeber. OF fentlche Gebgude sind dagegen: der Wehr- und Festungsbau, das Wohnheim, der Verwaltungsbau (z.B. Rathaus, Parlament; Bild 87), der Kulturbau (2.B. Theater, Museum: Bild 88), der Ver- kehrsbau (2.8. Bahnhof [Bild 175], Flughafenterminal, Bricke) und der Hallenbau (2.8. Markt, Sport, Messehalle). Architektonische Utopien Der menschlichen Fantasie sind keine physikalischen und dkono- mmischen Grenzen gesetzt. So gab es schon immer Vorstellungen Uber utopische Wohnformen. Was vor 300 Jahren nach reine Vision. war, erscheint heute machbar. Unsere heutigen Utopien filhren weit hinaus ins All, wobel extraterrestrische Wohnformen wie die Raumstationen zumindest das tempordre Wohnen im Weltraum cerméglichen, Auf der Erde gehen die Utopien in die entgegenge- setzte Richtung, Hier geht es eher um Fragen, wie der Mensch res- sourcenschonend, Bkologisch und nachhaltig bauen kann (S. 54). Die Vorstellungen Uber mégliche Kolonien im grenzenlosen Welt- raum stehen in Konkurrenz zu den Visionen, die sich mit der wei- teren Besiedlung der Erde beschaftigen. 841-844 Sakralbauten: Tempel (8.1), Kathedrale (8.2, Synagoge (8.4) 8.5~8.8 Profanbauten: Wohnhaus (8.5), Schloss (8.6), Pazlanen | ‘Museum (8.8) $9°8-10 Wohnutopic 1789 (8.9) und Hightech-Utopie 2015 (810 Der Baukérper - das Auffen und Innen Umraum Zunichst ist da ein Ort, ein bestimmter Punkt in einer landschaft- lichen oder urbanen Umgebung, an dem ein Gebaude errichtet wird, Im Idealfall reagiert der Architekt auf die geografischen, historischen oder soziologischen Merkmale dieses Ortes, nutzt dessen Lage und gewachsene Wertigkeit, um sein Gebiiude in Beziehung zu setzen zur Aura (Ausstrahlung) des vorgefundenen Ortes. Diesem genius loci (,Geist des Ortes') flgt er sein Bauwerk hinzu, entweder indem er es einfllgt und anpasst oder indem er es bewusst in Kontrast dazu setzt. Immer steht das Gebsude im Kon: text seiner Umgebung, wird in sie integriert oder prégt sie neu. ‘Augen ~ die Gestalt des Baukérpers as Einzelgebaude oder der Gebaudekomplex beziehen sich in ih rer Gestalt zundchst auf den Grundriss. Dieser gibt vor, ob es sich cher um einen Zentralbau, einen gerichteten Langsbau (Longitu: dinalbau) oder eine offene organoide Kérperform handelt. Schon der Begriff ,Baukérper* beschreibt das umbaute Volumen, das Dreidimensionale. Ausgehend von elementaren Kérpern wie Ku- bus, Kugel, Quader und Zylinder haben wir es meist mit Mischfor- men und Varianten zu tun. Die Baumassen gliedem, addieren und durchdringen sich, wobei sie den umgebenden Raum deutlich ab: welsen, Bewegte, sich verschleifende und skulpturale Baumassen konnen dagegen den Raum aufnehmen und einschlieBen. Offene Konstruktionen erzeugen oft so vie! Transparenz, dass der umbau- te Raum nicht mehr als geschlossener Baukérper erlebt wird. Im- mer geht es um einen Dialog zwischen Baukdrper und Umraum. Fassade - die Hauptansichtsseite? Auch wenn ein freistehendes Bauwerk eine Allansichtigkelt anbie- tet ist es seine Hille, die seine Wirkung unterstreichen soll (symn- bolische Funktion, S. 14). Ob streng und orthogonal gegliedert, ob rhythmisch bewegt, ob vor- und zurlickdréngend, ob durch besonderes Material oder durch Farbe, viele Bauelemente geben dder Augenhaut ein ,Gesicht" (lat. facies). Die Hauptansichtsseite kann dabei die Ausrichtung eines Bauwerks unterstreichen, was besonders die Baumeister der gotischen Kathedralen mit ihren reich gestalteten Schauseiten zu einer hohen Kunst entwickelten (Bild 272). Heute steigert nicht nur das wechselnde Tageslicht die Plastizitat der Gebaudehille, auch neue Technologien kénnen mit Hilfe von LED und digitalen Displays die gesamte Fassade in eine sich dynamisch verdndernde Auenhaut (Medienfassade; Bild 10,7) verwandeln. Innen ~ der Innenraum Im Kern bedeutet Bauen immer das Schaffen von lnnenraumen. Der Baukirperist zunichst die Hille um diesen Raum. Dieser kann sich als Longitudinalraum in die Lange strecken oder als Zentral- ‘aumeine Mitte betonen. Réume gruppieren sich bilden ein hierar chisches System, werden zu unuibersichtlich spharisch gekrmm: ten Gebilden oder bilden eine Raumfolge, axial ausgerichtet mit durchgehender Blickachse (Enflade). Die Raumform kann auBen 2m Baukérper abgelesen werden oder gegenUber dem AuSeren \erschleiert werden. Dieses besondere Verhaltnis von Innenraum und Baukérper zeigt sich auch darin, wie der Ubergangsbereich Znischen innien und auBen gestaltet wurde (Fenster Tur Terrasse, Treppenanlage, Rampe etc). Flr die Raumwahmehmung spielen ‘uch das Baumaterial und seine Oberflachenbeschaffenheit, die Farbe und besonders de Lichtfunrung eine entscheidende Roll. Sakral- und Profinbaus 9.79.8 Das Innen am Beispiel des Sakral- und Profanbaus Der Baukérper - die Bauelemente as Bauwerk in seiner Gesamtheit ist auch die Summe seiner Ele- ‘mente, die den Bau formen, gliedem und schmiicken. Unabhingig, \von Material, Kenstruktion, Epoche und Stil hat sich eine Vielzahl \von Bavelementen herausgebildet, die so viele Fachbegriffe her- vorgebracht hat, dass sie selbst im Glossar nicht alle aufgefuhrt werden kénnen. Die wichtigsten Bauelemente sollen hier genannt werden. Grundsdtzlich besteht jedes Gebaude aus einem Funda- ment, einem tragenden System Wand und Stiitze) und dem Dach. Konstituierende Bauelemente (das tragende System) Jedes Bauwerk grindet auf einem Fundament (Unterbau, Krepis). Die Stiitze, urspringlich ein Baumstarim und das aiteste Bauele- ‘ment Uberhaupt, tit den Querbalken (Architrav) und damit das Gebilk, Im Steinbau wird die Stitze zu einer zylinderférmigen Siule, die plastisch leicht konvex anschwuillt (Entasis) und oft mit, Basis und Kapitel ausgestattet ist (Sdulenordnung). Der stitzende Preiler hat eine glatt durchgehende Form, meist mit viereckigem ‘oder polygonalemn Querschnitt.Die aufrecht stehende Wandschei- be als tragendes Element bildet zugleich die Hille eines Gebiiudes nd schlieSt es nach auffen ab. Das Dach ist der wesentliche Wet- terschutz ~ auSen sichtbar, von innen selten offen gezeigt. Raumbegrenzende, -éfinende, -verbindende Bauelemente Die Wand (gerade oder gekurvt)bildet mit Boden und Decke den Innenraum (Bild 102). Die Decke als horizontales Bauteil schlieft den Raum nach oben ab; ein gekurvter Abschluss nach oben wird GGewélbe genannt (mhd. gewelbe = Rundung) und ist auBen in der Regelnichtidentisch mitder Dachform. Weitere raumbildende Ele- mente sind: Stitze, Bogen, Apsis, Nische, Erker und Portikus. Eine raumtfende Funktion haben vor allem Tui und Fenster (Bild 10.3) als die eigentichen kommunikativen Elemente. Sie offnen den Wandabschluss und stellen eine Verbindung zwischen innen und auen her Diese Aufgabe haben auch Terrasse, Loggia und Bal- kon. Die Enflade bezeichnet eine verbindende Raumflucht, bei der die Durchgéinge auf einer Achse angeordnet sind (Bild 10.4, Treppen und Rampen gliedem den Raum, verbinden REume und entfalten als offenes oder geschlossenes ,Treppenhaus” eine eige- re Reumwvirkung (Bild 105) Dekorative Bauelemente (Bauschmuck) Die Sinne solten schon immer durch dekorative Elemente ange- sprochen werden, wobei diese Bautelle oft schmilickende und kon- struktive Funktion zugleich Gbernehmen kénnen (Sule, Kapitell, Fiale, Mafwerk, Baluster, Gesims, Volute, Konsole etc.). Ein wich- tiger Bauschmuck ist das Omament (lat. ornare = schmilcken), das sich im Wesentlchen aus pflanzlichen Motiven heraus entwi- cet hat (Akentusblatt, Knospe, Muschel etc). Die Gestaltung des Bauschmucks ist vom Zeitstil abhéngig und verleiht ihm seinen ‘ypischen Ausdruck, Weitere Schmuckelemente sind Akroter, Kar- tusche, Krabbe, Kreuzblume, Rocaille, Wappen, Fries, Gesims, Zier- giebel (Wimperg) u.2. Der Wand- und Deckengliederung dienen Blendbogen, Lisene, Gesims und Kassette, Von der Antike bis i das 19, Jahrhundert bestimmte die Bauplastik einen groen Tei des Bauschmucks (zB. Relief, Portalfiguren; Bild 10.6). SchlieBlich spielte selt den frihen Kulturen die Farbgebung eine wichtige Rol- leinder Architektur von der Bemalung (Polychromie in Antike und ‘Mittelater) Uber edle Materialien (besondere Stein- und Glassor- ten, beschichtetes Aluminium, Kunststoffe etc) bis hin zum farbi- ‘gen Licht in der Gegenwart (Hightech-Medienfassade, Bild 10.7). 40.4 Konstituierende Bauclemente am Beispiel eines Tempels Fundament/Unterbau; Bauktirper im Sinne des tagenden Systems mit Stitze/Séule, Querbalken und tragender Wand; Dach 40.2-10.5 Raumbegrenzende Bauclemente: Boden, Wand, Deske (102; raumoffinende Bauelemence: Tir und Fenster (10.3); raumverbindende Bauclemente: Raumfluchten (10.4) und Treppen (10.5) 10.6 -10.7 Dekorative Bauclemente: ornamentaler und bauplastch ‘Schmuck (10.6) sowie farbiges Licht einer Medienfassade (10.7) Die drei Dimensionen der Architektur Zugangswege Schon die Herkunft des Begriffs ,Architektur”(S. 6) weist auf ei- rien Zusammenhang hin, der bis heute seine Giltigkeit nicht ver loren hat: € geht immer um das Bauen im Sinne seiner nutzli- chen Funktion, eben einen Raum zu umbauen und standfest zu machen, aber auch darum, ihm eine Form, eine Gestalt zu geben. Verwirklcht werden kann der Bau schlieSlich nur durch das richtig {gewahlte Material und eine stabile Konstruktion (lat. construere = zusammenschichten, verbinden, aufbauen; hier: Bauweise). Der rémische Architekturtheoretiker Vitruv (S. 6) formulierte daraus Forderung, was ein Bauwerk zu leisten habe: utiltas -firn- tas - venustas (@2weckmatigkeit - Festigkeit - Schénheit). Dieser “Anspruch besteht im Kern bis heute. Welche Wege gibt es, um ein Bauwerk besser zu verstehen? Zu- nichst stehen wir einem Baukérper gegentiber, dann umrunden wirhn gegebenenfalls und erkunden schlieSlich sein Inneres, um dreidimensionale Gestalt im Ganzen zu erfassen. Wenn wir den Bau nicht selbst in Augenschein nehmen kénnen, bedienen wir uns in der Regel fotografischer Wiedergaben, ergénzt durch Grundrsse, Schnitte und Aufrisse (vg. 5.19). Sehr anschaulich ist auch eine ,filmische Begehung” des Gebaudes, da die Kamera uns eine nachvollziehbare raumliche Erfahrung vermitteln kann. So ware zunchst eine erste Annaherung Uber die Beschreibung der dufBeren Gestalt, ihrer Form sinnvoll: WAS steht vor mir? Um welchen Bautyp handelt es sich? Das Bauwerk ist das Ergebnis eines ausgesprochen vorgegebenen Wollens. In seiner Gestalt Die asthetische, die sichtbare Gestalt FORM drickt sich der Wille des Auftraggebers und/oder des Architekten aus. Wir kénnen auch sagen: Architektur ist Gestalt gewordener Wille, Diese erste Beschreibung des Bautyps, seiner Lage, seiner ‘auSeren und inneren Gestalt und seiner ErschlieSung geht naht- los Uber in eine formale Analyse der architektonischen Gestal tungsmittel (Baukérper, Fassade, Innenraum, Bauelemente, Kom position, Proportion, Bauschmurck u.a.). Diese Untersuchung fahrt ns zur nachsten Fragestellung: WARUM und WOZU wurde dieses Bauwerk errichtet? Es ist die Frage nach dem Zweck, nach seiner Funktion. Hier zeigt sich das Anliegen des Auftraggebers in der beabsichtigten Nutzung des Gebaudes: die Bauaufgabe. Dabei kénnen sich durchaus verschiedene Funktionen dberlagern: die ppragmatische, die symbolische und die ésthetische Funktion. Wel tere Fragen kénnten folgen: WIE wurde das Werk realisiert? Mit welchem Material wurde es errchtet? Was ist das Merkmal seiner Konstruktion? Die so zusammengetragenen Erkenntnisse ergeben rer Gesamtschau eine erste Interpretation des Bauwerks in seiner Ganzheit (ikonografischer Ansatz) SchlieBlich fahren Literaturecherchen zu weiteren Bezugsfel dem, was unerlasslich ist, wenn das Bauwerk als Summe seiner Gegenstandlichkeit, seiner Gestaltung, seiner Bedeutung und se- nner Beziehung zu Auftraggeber, Architekt und ihrer Zeit verstan- den werden soll (ikonologischer Ansatz): Es geht um den a) bio- grafischen Zusammenhang zum Architekten und eventuell zum Auftraggeber, b) den gesellschaftlichen Zusammenhang mit der vertiefenden Frage nach Zweck und Funktion, sowie c) den stiige- schichtlichen Zusammmenhang, = Bautyp = Umraum, Lage = Baukérper (AufBen, Fassade, Innenraum) Die Bauaufgabe = pragmatische Funktion = symbolische Funktion sthetische Funktion FUNKTION Die Form Was sind die ersten Eindriicke, die sich uns einpragen, wenn wir einem Bauwerk gegentiberstehen? Wie wirkt seine Gesamtgestalt auf mich, wie sein Umriss? Wie wirkt seine Dimension in Bezug auf sne GrbBe? - In jedem Fall erfassen wir ein Bauwerk auf den ersten Blick in seiner Gesamtgestalt, die sich von ihrer Umge- bung abhebt oder sich in diese einfiigt. Diesen Wahrehmungs- vorgang kénnen wir in der Begegnung mit allen dreidimensiona- len Objekten feststellen, Formcharakter Was zeichnet den Formcharakter eines Bauwerks aus? Neben seiner Gréfe ist es seine Gestalt, seine Kérperform. Dabei spielt der Umriss fur die Wahmehmung eine entscheidende Rolle. Er charakterisiert den Bau als geschlossen, ruhig oder - ganz im Ge- gensatz ~ als nach auSen hin offen oder auch dynamisch bewegt. So kénnen grundsétzlich folgende Charaktere voneinander un- terschieden werden: das geometrisch, des organisch und das frei skulptural geformte Bauwerk. Das Kunsthaus in Bregenz (Bild 13:1) beispielsweise erinnert mit seinem scharf begrenzten und geometrischen Charakter an die stereometrische Grundform des Kubus, auch wenn das Gebaude genau genommen einem stumpfen Quader entspricht. Am Kir cchenbau von St. Michael in Hildesheim (Bild 13.4) finden wir wei- tere, ahnliche Grundkérper wie Pyramide, Quader, Zylinder, Kegel und deren Abwandlungen (Halbzylinder, Dreieck- und Achteckpris- ma). Das ganze Bauwerk erweckt den Eindruck, als ware es aus diesen geometrischen Kérpem zusammengefugt worden. Im Gegensatz zur rational verwendeten Geometrie solcher Bau- Werke muten uns organisch wirkende Bauten ganz anders an. Die Plastischen an- und abschwellenden Kérperformen am Kunsthaus in Graz (Bild 13.2) vermitteln den Eindruck, als seien sie der leben den Natur direkt abgeschaut. Das ,Aus- und Einatmen’ des sonst statischen Baukérpers vermag sich auf unseren eigenen Organis- ‘mus zu ibertragen. Hier dominiert nicht die klare Ratio, sondern es beeindruckt eher die emotionale Wirkung, der man sich kaum entziehen kann, Nicht vergleichbar sind Bauwerke, die wie frei behauene Steinbl6- ‘ke wirken: Der Erweiterungsbau des JUdischen Museums in San Francisco (Bild 135) erinnert eher an eine abstrakte Skulptur als anein traditionell in sich fest stehendes Gebaude. Trotz seiner, wie ein Kristall anmutenden, geometrischen Erscheinung scheint sich der ganze Bau in Bewegung zu befinden: Dynamik statt Statik, ratselhaftes Zeichen statt sich erklarender Bau Ma8 und Proportion Die Proportionen der Villa Barbaro (Bild 13:3) gestaltete Palladio nach einem festen geometrischen Schllissel. So weist zum Bei- spiel die Auflenfassade mehrere Seltenverhaltnisse im Goldenen Schnitt auf: 2.B. das groBe Rechteck des Hauptgebaudes, dort auch die beiden ,Rechtecke’, die durch je zwei Sdulen mit SockeF linie und Kranzgesims gebildet werden, dann die Fenster- und Tur- ‘ffrnungen oder die Offnungen zwischen den Pfellern der Loggien, Auch die vertialen Rechtecke in den beiden flankierenden Gebau- den weisen dieses Seitenverhaltnis auf. Typisch fr Palladio ist die Verwendung eines bestimmten Grundmafes als Modul. Hierbei stehen die MaBe eines Raumes (Lange, Breite, Hohe) in einem bestimmten Zahlenverhéltnis zueinander. In seinem Bestreben, seine Architektur nach einem Schénheitsideal zu schaffen, berief er sich aut die Geometrie des Pythagoras. Diesem griechischen Philosophen und Mathematiker war es auf der Suche nach ey tniversellen Harmonieverstehen gelungen, die als hamong empfundenen Intervalle in der Musik durch einfache Zaher. haltnisse abzubilden, So konnte mit Hilfe der Geometie cine, monisches Verhaltnis der Einzeltele zu ihrem Ganzen dpe ‘werden. Palladio bezog sich auch auf den Architekten, Mathenar. ker und Kunsttheoretiker Leon Battista Alberti er 1452in seinen Architekturtraktat eine Philosophie des Schiinen” entwikete gy er vor allem auf die Baukunst ubertragen sehen wollte. Darin des nierte er seine Kriterien der Schénheit aus numerus (Zhi, fy (Beziehung) und collocatio (Anordnung). Fur Palladio und Abe bot Vitruv den eigentlichen Zugang fur ein Verstehen der antien Harmonielehre: wie Zahl, Ma® und Proportion zusammenvirten Bei St. Michael (Bild 13.4) bildet das Quadrat im Grundrss dere rung die grundlegende Ma®einheit fir den gesamten Bau. Ne diesem Modul wurde der Grundriss konsequent durchgesta. Was als harmonisch gilt, war allerdings immer auch dem Zetge schmack der jeweiligen Epoche unterworfen. So gab es Phasein denen bestimmte MaBverhaltnisse eine wichtige Rolle spite in anderen wieder nicht. Dennoch gilt gerade in der Architektur dr Satz des Protagoras: ,Der Mensch ist das Maf aller Dinge’ dash Bauen immer auf die Proportionen des Menschen bezient. Ordnungsstrukturen und dominierende Richtungen Ein fur den Architekten wichtiges Mittel der Kompositon it die Wahl zwischen Symmetrie (Bild 13.3, 134) oder Asymmetie (Bild 132, 135). Das gilt fir die Gestaltung des Grundhisses we fur die Fassade, fir die Lage und Mae der Raume wie fr ci Ge staltung des ganzen Baukérpers. Strukturen zeigen, we enzene Bauteile in Beziehung zueinander stehen, in welche Ordrung se sich eingliedern oder welches Raumsystem sie gemeinsam iden Die strukturelle Gliederung der Villa Barbaro (Bild *23) und des ‘Aufbau ihrer Fassade zeigen, worauf es Palladio ankam: Geschut lan der rémischrantiken Baukunst gab er dem Haupthaus ene a tike Tempelfront mit Unterbau, Sdulenordnung und Giebelmetx Die dem Tempel eingeschriebene Symmetrie bestimmt axch ier das gesamte Gebaude. Wahrend die aufen liegenden Neberge baude das Haupthaus betont einrahmen, Ubernehmen di Logg eneine verbindende Funktion. Zusarimen entstand so ein sterg axialsymmetrische Komposition. - Das St. Michael charaktersie rende Gliederungselement, das Grundrissquadrat der Vieng zelgt sich auch aufen durch eine gestaffelte Konzentraton de Bauteile auf eben die beiden Vierungstlirme. Um die mit Pyan: dendachern abgeschlossenen Turme gruppieren sich alle andes Baukérper. In der Regel besitzt ein Gebaude eine horizontale As dehnung und verweist damit auf seine dominierende Austr Hier gelang dem Baumeister ein Ausgleich von betont vets len Curmgruppen) und horizontalen Bauteilen (Lang- und Que" haus). - Ganz anders die Gestaltung bei Libeskind (Bild 135) He durchdringt der moderne Erweiterungsbau (Vordergrung) sche bar den aiteren Baukérper (Hintergrund) und zerlegt sich date selbst in zwei Teile. Diese Asymmetrie mit ihrer Zersplitetur’ Und vielen Linien, Kanten und Fléchen mit schrig verlaufenden Richtungen erzeugt eine starke Dynamik. Grundsatzlich muss uns bewusst sein, dass keine dieser gestae rischen Entscheidungen um ihrer selbst willen getroffen wut llnnen lag in jedem Fall ein Wunsch des Auftraggebers undode eine gestalterische Absicht des Architekten zugrunde. Ob es 8 Suche nach Harmonie, der Wille zur Verunsicherun des Beta ters oder das nach Aufmerksamkeit heischende Signalist~imme steht hinter jeder Form eine beabsichtigte Funkto« (vg 5-1 184 Sc. Michael, Hildesheim, 1010-1035 Zweck und Funktion Hinter jeder Bauaufgabe steht eine Zweckbestimmung. Deshalb lohntes sich danach zu fragen, wozu ein Bauwerk errichtet wurde. Der Begriff des Zwecks beschreibt sehr genau, was der Auftragge- ber mit dem Errichten eines Gebaudes beabsichtigte, was also das Ziel seines Bauauftrags war. Diese Bauaufgabe filhrte im Lauf von Jahrhunderten zur Entwicklung der unterschiedlichsten Bautypen (al S.2), Wenn wir danach fragen, wie ein Gebsude den ihm verordneten ‘weck schlieBlicherfilt,fragen wirnach seiner Funktion. Zundichst bedeutet functi (lat) so viel wie Verrichtung oder Ausfihrung, Im ibertragenen Sinne ist gemeint, dass das Bauwerk ein sinnvol- les Benutzen moglich machen soll also bestimmte Verrichtungen ‘erméglicht, diese untersttitzt. Ob das nun Wohnen, Arbeiten, das Lager von Dingen oder das Zusammenfilhren von Menschen be- deutet - Gebaude hatten schon immer einen bestimmten Zweck zu erfillen, Daraus ergibt sich die Frage: Wie erfullt das Bauwerk die ihm gestellte Aufgabe? Gerade bel Werken der Baukunst kén- rnen sich die verschiedenen Funktionen Uberlagemn, wobei mal die eine, mal die andere Funktion im Vordergrund steht. {Ais einfinrendes Beispiel sollen die héchsten Bauwerke der anti- ken Welt, die Pyramiden von Gizeh (Bild 15.1) dienen. Vordergrtin- dig gab es fr ihre Entstehung einen ganz pragmatischen Zweck: Ziel der monumentalen Sakralarchitektur war es, eine Grabkam- ‘mer 2u schaffen, die auf Dauer Bestand haben und Unbefugten keinen Zutritt erlauben sollte. Dass daraus zum Beispiel mit der CCheops-Pyramide ein Uber 146 m hohes Grabmal wurde, geht auf den theologischen Anspruch zuriick, fur den Gott-Konig ein augen- falliges Symbol zu schatfen. Uberlieferte Texte verweisen auf eine Vielschichtige Symbolik, die sich auf den Kult des Sonnengottes RE bezieht: Von der Spitze eines Bundels von Sonnenstrahlen steigt KA die Seele des Pharao, zur Sonne auf. So steht bei den Py- ramiden die symbolische Funktion im Vordergrund, wahrend sich die pragmatische Funktion wie von selbst ergab. Insofern erflllten die Pyramiden ihre symbolische Funktion in besonderem Mage. Diese Monumentalbauten reprasentieren in der weiten Ebene der \Wiste uniibersehbar den Anspruch der Pharaonen an ihr Gott- K@nigtum und symbolisieren nach deren Tod ihren Obergang in den Himmel Heute hat sich die Funktion der Pyramiden verschoben. Beein- Die symbolische Funktion Werke der Baukunst sind in der Regel sakrale und roar bauten. Insofer spiegelt die Geschichte der Arcitelurdaye” lige gesellschaftliche Situation ihrer Zeit. Nur wer iber ge." sprechenden Ressourcen verfuigt, kann monumental 8 in Auftrag geben. Pharaonen, Casaren, Paste, sche, ge Fursten, Konige, Kaiser, Diktatoren, Industrielle, Vortide y: Banken, Versicherungen, Industriekonzemen oder Kirstany lungen, aber auch gewahite Regierungen suchten sich ite ry, tekten aus und bestimmten, was gebaut werden solte, vil, noch heute fest, was gebaut werden soll So ist die Barat auch eine Reprasentation der bestehenden poltischen wie we schaftlichen Machtverhaltnisse. Deren Tiger suchten ston. mer nach einer ihnen gemaBen reprasentativen Form unde Demnach sind die monumentalen Werke der Baukunstauh ge baute Zeichen” (Baumberger 2010), welche die Menschen be: drucken und ihre Gefiihle ansprechen sollen Erste Beispiele der Architektur, denen wir eine eindeutg sto | lische Funktion zusprechen konnen, sind die fruhesten sean | ‘Monumentalbauten der Menschheitsgeschichte. Hiezu gies die Zikkurate in Mesopotamien, die Pyramiden in Agyoter te auch die Werke der Megalithkulturen (vgl.S. 6) Sie ale dtr tinem kultischen Zweck, ebenso wie die spiterensidee | Tempelbauten der Antike oder die Kathedralen des Mittlates Weltliche Macht symbolisierten die profanen Gro8tautn de Rémischen Antike, die das Volk unterhalten sollten: de gol Thermen und die Amphitheater. Den sagenhaften Palisten de Kulturen im Vorderen Orient oder der Casaren folgten Bae Schldsser, bischéfliche und farstliche Residenzen, ie gens” ten Herrenhéiuser, Landsitze und grofen Villen. jeder dieser Ba typen verkiindet eine Botschaft und besitzt seine eigene yx lische Kraft. Die begehbare gliserne Kuppel tiber dem Plenarsaal des Reis | tagsgebaudes (Bild 15.3) steht so zum Beispiel fir eine Synbik, die von der ,Transparenz der Demokratie” inden soll. Die dsthetische Funktion Erfillt das Bauwerk seine pragmatische und eventuell axhsyt | bolische Funktion im Sinne des Auftraggebers, dann kama et den Architekten ein idealer Zustand sein, wenn er mit des Werk zusatzlich seine eigenen asthetischen Ideen vewitiht Dies gilt etwa bei dem Gebiude des CCTV in Peking (id 8 von Koolhaas und Scheeren, das wie eine abstrekte Monunet> plastik seine urbane Umgebung dominiert und unathingg Vorbilder eine eigene Asthetik entwickelt. Hier begin sede kunstlerische Qualitat des Architekten zu entfalten Blt vt normativen Stilvorgaben entsteht Raum flr ungewohnte, ett Iden, flr avantgardistische architektonische Formen as Es hen von noch nie Dagewesenem hat zu allen Zeiten Archit" Uberraschend neu erleben, als neuartig wahmnehmen laser De ses Ringen um einen fortschrittlichen asthetischon Ausduc immer wieder Werke mit hohem kunstlerischen Ansprch en hen ~ Baukunst eben. 45.3 Norman Foster: Kuppel des Reichstagsgebiudes, Belin, 19951999) 15.2 Wohohochhiuse Bein, Marzahn-Hellers 4BA Kohlhaas, Scheeten (OMA): CCTV Zentae, Peking, 2002 So4aa8 a) Konstruktion und Material We ist der Bau zusammengefugt? Wie kinnen wir seine Bauwel- se erkennen und beschreiben? Fragen, die auf de innere Stuktur des Baukérperszielen, seinen materialen und konstruktiven Kern erfassen wollen. Die Konstrukton eines Gebaudes ist die Antwort auf die Naturgesetze und auf die grundiegenden Eigenschaften der Baumaterialien (lat. construct = Zusammentigen, Verbin- den). .Jedes Bouwerk unteriegt der Einwirkung von Krdften, denen es standzuhalten hat. Von oben dricken Schnee- und Regenlasten «uf le Bacher von der Seite ist es dem Angi des Windes ausge- setzt, und auf dos Fundament wirken Bodenverschiebungen. Vor allem aber hat ein Bauwerk dem Eigengewicht seiner Bautele und einer meist beachtchen Nutzlaststandzuhalten” (Kalberer 1983) Diese aus verschiedenen Richtungen wirkenden Kréfte galt es bbeim Bauen schon immer zu berticksichtigen: Druck- und Schub- kcafte (durch die Last von Dach und Gewsélbe), Zughrafte (ls Aus- gleich von Schub und Druck), Tosionskrfte (durch Verdrehung) und Scherkréfte (durch seitichen Schub). Beim griechischen Tem- pel handelt es sich noch um eine recht einfache Statik von Tragen Und Lasten (lat. stare = stehen): Die Druckkréfte werden von den Ssulen und den innenliegenden Wanden der Cella aufgenommen tnd in das Fundament abgeleite (Bild 23:1). Dynamischen Kraften hatten diese Bauwerke nichts entgegenzusetzen, schon bel leich- ten Erdbeben stirzten sie ein. Die gewaltigen Druck: und Schub- krafte, die durch de riesigen Gewolbe der gotschen Kathedralen entstanden (Bild 27), wurden durch Gegenkrafte aufgehoben: Das Kreuzrippengewélbe lenkt diese Kréfte auf wenige Punkte, auf die Dienste an der Hochschiffwand, Ein Teil der Drucrafte wird der den Dienst nach unten weitergeetet, wobei die Hauptlast nach auifen driickt. Dort nehmen Strebebogen die Schublrafte au, heben einen Tel der Krfte dank des entstehenden Kraftecks mit der Resultierenden auf und bilden mit gro8en Strebepteilem, die entscheidende Gegenkraft. Mit dieser Konstruktion konnten die Baumeister des Mittelalters in ihren GroSbauten ein Gleich gewicht der Krafte erreichen. Heute ist die computergesttzte Berechnung der Statik eine der Voraussetzungen dafir dass iber- haupt so komplizierte GroBbauten, wie Bid 125, 493, 511 und 513 sie zeigen realsiert werden Kénnen. Gustave Eiffel musste fr set rnenTurm (Bild 353) den enormen Winddruck bis zur rkanstirke) noch ohne die Hilfe modemer Computerprogramme berechnien lassen, Dabel wurden die Resultierenden aller Krafte noch fir je- des Konstruktionstel einzeinfestgelegt Material Jeder Baustoff hat seine eigenen physikalischen Eigenschaften und reagiert unterschiedlich auf die Druck: und Zugkrafte, ist un- terschiedlich witterungsbestindig und hat durch seine Eigenfarbe und Oberflichenstruktur eine ganz eigene asthetische Wirkung. Der Architekt wahit seinen Werkstoff deshalb nach konstruktiven, funktionalen und dkonomischen Kriterien aus, aber auch nach sei- rnen asthetischen Qualitsten. SchlieBlich reagieren wir mit unse rem Seh- und Tastsinn stets auf das verwendete Material, sei es, ‘nun Leh, Holz, Naturstein, Ziegelmauerwerk, Marmor, Sandstein, Beton, Glas, Gusseisen, Stahl, Aluminium, Titan oder Kunststoft as Material, die technologischen Méglichkeiten und asthetische Vorstellungen schaffen die Bedingungen fur jede Konstruktion in ihrer Zeit. Je nach der Art des Zusammenfigens der Baumateri- alien werden drei Konstruktionsprinzipien baw. drei Bauweisen Unterschieden: der Massivbau, der Skelettbau und das raumliche Tragwerk. Der Massivbau - das Flachentragwerk Die urspringlichste Bauweise ist das Aufschichten von Lehmmnas se, von ungebrannten, in der Sonne getrockneten Lehmbiacten, ‘oder von Holastémmen (Blockhaus). Der massive Steinbau be. steht urspringlich aus Mauerwerk, bel dem Steine mit oder ine Martel aufgeschichtet werden. Die so aufgebauten Wandscheien bilden zusammen mit der Deckenplatte ein sogenanntes Flichen tragwerk. Beim massiv errichteten Bauwerk Ubemnehmen die ta kgenden Wande die Druck: und Schubkréfte von Dach, Gewélbe ‘oder Kuppel. Optisch lassen sich tragende und nichttragende \Wende kaum unterscheiden, wobei die tragenden Wende meist die groBere Starke aufweisen. Beide Wandarten bilden gli zeitig den Raumabschluss, die Raumhille, Heute werden Wande auch in Schalungen mit Beton ausgegossen. Die geschossene ta igende Wand last in der Regel nur kleine Offrungen fir Fenster und Turen zu, was dem Massivbau einen Bindruck von Masse und Festigkeit git (Lochfassade; Bild 25.1, 25.2). Der Skelettbau - das Stabtragwerk Beim Skelettbau Ubernehmen einzelne Glieder aus Holz, Stein Stahl oder Stahibeton die Funktion des Tragens. Damit wid de Druck- und Schublast (von Dach und Gewdlbe) auf viele Punite vertelt und Uber diese ,Stabe" abgeleitet. Der Skelettbau mits ‘nem Gliedersystem aus Stltzen und Tragern Ubernimmt - wie bi einem Knochengertist - die ganze tragende Funktion. Die den Raum abschilieSenden Wande haben dadurch keine tragende, sr ddern nur noch rein fullende und ,hUllende” Funktion. Besonders beim Stahl und Stahlbetonskelett ergeben sich durch die rich tragenden Wande flexible Gestaltungsmoglichkelten von Réumen und Fassaden (Curtain Walls; Bild 41.4, 452). Fruhe Formen des Skelettbaus sind der Holzstinderbau (Fachwerk) und der Steir gliederbau (griechischer Ringhallentempel, gotische Kathecrae ‘Beim Fachwerkhaus, beim Tempelbau wie auch bei den Hightech- Bauten der Moderne (Bild 475) ist das Skelett von aufen 2usehen Dadurch wird die Konstruktion nachvollziehbar. Réumliche Tragwerke Heute ist es méglich, mit Stahl oder Stahlbeton weite Raume mit tls rdumlicher Tragwerke zu Uberspannen. Hierbei werden die einzeinen Stabelemente in einem Rahmen gitterartig so miter ander verspannt, dass sie ein geschlossenes stabiles Raumgitr ergeben. Beim Faltwerk und bel mehrfach gekrimmten Schaler konstruktionen (Bild 47:1) wird Stahibeton in einer den Schicht stiltzenfrei eingespannt. Seit der Entwicklung durch Frei Oto (Bild 474) aberspannt das Hangetragwerk wie ein Zeltdach roe lichen. Seilund Netzsysteme haben ein geringes Eigengewicht. Otto war auch an der Entwicklung der ersten Lufttragwerke bet ligt die pneumatische Hallen bilden und wie riesige Luftisens} teme wirken. Allen réumlichen Tragwerken ist gemeinsam, de sie eine auSerst komplizierte Konstruktion darstellen, da sie d® Druck; Schub:, Zug- und Scherkrafte auf extrem viele Punke ver tellen missen, sodass mit sehr geringen Materialstrken gerbe ‘tet werden kann. Dies alles stellt hchste Anforderungen an dé statischen Berechnungen. Dabei werden mit Hilfe aufnendge? Computerarbeit heute auch parametrische Geometren fir W benartige Zellstrukturen entwickelt, die selbsttragend sin schwe bendes Gleichgewicht erzeugen. Das Eigengewicht de: Basta wird zum entscheidenden Faktor. Bei immer weiter zu iberspat nenden Flichen geht die Entwicklung zu neuen VerbundwertstF fen (glasfaser- und kohlenfaserverstirkte Kunststoffe), zum Tel auch in Verbindung mit Mineral- und Textifasem,

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