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Werkstoffe und ihre Auswahl

10.1 Bedeutung der Werkstoffe Dabei werden trotz höherer Beanspruchungen wesentlich
größere Anforderungen an Gebrauchsdauer und Zuverläs-
für den Dieselmotor sigkeit erfüllt.
Die Werkstofftechnik ist eine jener Schlüsseltechnologien, Die besten Voraussetzungen für eine Anwendung in
die mit der Entwicklung des Dieselmotors von Beginn bis in industriellem Maßstab besitzt die Werkstoffgruppe der
die heutige Zeit eng verknüpft ist. Nicht nur die schon mit Metalle. Aufgrund ihres geordneten, kristallinen Aufbaus
der Grundidee verbundenen hohen Drücke und Tempera- bieten sie neben guten Grundeigenschaften besonders zahl-
turen, sondern auch zusätzliche korrosive und tribologische reiche und attraktive Möglichkeiten der Eigenschaftsbeein-
Einwirkungen beanspruchen die Motorbauteile sehr kom- flussung und werden deshalb bereits seit langer Zeit in
plex und bestimmen die Werkstoffauswahl. Sie orientiert großtechnischem Umfang hergestellt und eingesetzt. Wie
sich primär an den Zielsetzungen­ Bild 10-1 zeigt, bestehen heute ca. 90% eines modernen
– Zuverlässigkeit durch Verwendung von Materialien Hochleistungsdieselmotors zu etwa gleichen Teilen aus
vielseitiger, hoher Leistungsfähigkeit und Gusseisenlegierungen, Stahl und Aluminium. Andere Metalle
– Wirtschaftlichkeit durch Begrenzung von Aufwand und und Nichtmetalle haben nur ca. 10% Masseanteil. In Abhän-
Kosten. gigkeit von Konstruktion, Größe und Anwendung des
Motors sind die Hauptbestandteile anteilmäßig variabel. So
Der erreichte Stand [10-1], [10-2] wird am besten dadurch bringen zum Beispiel Leichtbauanforderungen bei Fahr-
charakterisiert, dass ausgehend von Leistungsgewichten von zeugmotoren eine deutliche Verringerung des Eisenanteils
25 bis 50 kg/kW Anfang des 20. Jahrhunderts heute teilweise zugunsten von Leichtmetalllegierungen auf Aluminium-
nur noch ein Zehntel dieses Materialeinsatzes benötigt wird. oder Magnesium-Basis oder unverstärkten und verstärkten

Bild 10-1 
Masseaufteilung nach Werkstoffen
eines Hochleistungsdieselmotors
für Schiffsantrieb
10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile 379

Kunststoffen. Die grundsätzliche Basis wird jedoch auch in 10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile
Zukunft bestehen bleiben, da ein weitgehender Ersatz der
technisch und wirtschaftlich hoch entwickelten Metalllegie-
rungen durch andere Stoffe in absehbarer Zeit nicht möglich 10.2.1 Werkstoffe für Triebwerksteile
ist.
Für die überwiegende Zahl der Motorbauteile übernimmt Kurbelwellen
bei schnellen, zyklischen Lastwechseln (High-Cycle-Fatigue
HCF) die Dauerfestigkeit eine Leitfunktion. Mitunter jedoch Triebwerksteile des Motors wurden mit Ausnahme des Kol-
geforderte, teilweise widersprüchliche Zusatzeigenschaften bens ursprünglich aus geschmiedetem Stahl hergestellt. Seit
führten dazu, dass nahezu alle technischen Metalle und ihre Beginn der 70er-Jahre erfolgte, insbesondere für kleinere
Legierungen verwendet werden, Tabelle 10-1. Motoren, aus ökonomischen Gründen eine Umstellung auf
Die folgenden Abschn. geben einen Überblick zum Stand Kugelgraphitguss. Im wirtschaftlichen Wettstreit der Formge-
der Technik und zu künftig erwartete Entwicklungen. Hier- bungsverfahren Gießen und Schmieden wurden die aus der
bei wird neben den DIN-Normen auch das in den letzten Schmiedehitze geregelt abgekühlten, schmiedeperlitischen
Jahren stark erweiterte EN-Normenwerk [10-7] berücksich- oder mikrolegierten Legierungen im Zustand BY (Best-
tigt. Hinsichtlich genauer Angaben zu den Werkstoffeigen- Yield) entwickelt. Bei dieser nach ihrer Gefügekonstitution
schaften wird auf die Standardliteratur [10-3] bis [10-6]ver- (ausscheidungshärtend, ferritisch-perlitisch) heute auch
wiesen. AFP-Stahl genannten Werkstoffgruppe werden teure Legie-
rungselemente i. d. R. durch geringe Vanadium- oder Niob-
Zusätze ersetzt und Energiekosten dadurch eingespart, dass
die Vergütungsbehandlung entfällt [10-35]. Durch die gere-
gelte Abkühlung im Schmiedeprozess kommt es gegenüber
dem Schmiedestandardprozess zum einen zur Bildung von

Tabelle 10-1 Typische Werkstoffe für Motorenbauteile


380    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

Tabelle 10-2  Werkstoffe für Kurbelwellen

Gusseisen mit Kugelgraphit schmiedeperlitische/mikro- unlegierte und legierte Stähle


legierte Stähle
Sorten EN-GJS-600-3… C38mod. C 35 E…42CrMo4 mod.
EN-GJS-700-2 30MnVS 6 34CrNiMo6
46MnVS 3
Zugfestigkeit Rm MPa 700 bis 850 700 bis 1000 700 bis 1150
Formgebung Gießen Gesenkschmieden Gesenk-, Einzelhub- und Freiform-
schmieden
Wärmebehandlung geregeltes Abkühlen aus der Vergüten (V)
Schmiedehitze (BY) Normalisieren (N)
Einsatz Pkw-Motoren Pkw-, Nfz-Motoren Pkw-, Nfz-, Großmotoren

Sonderkarbiden der Mikrolegierungselemente V oder Nb großtechnisch verwendeten Metallen Stahl, unabhängig


und zum anderen zu erhöhten Perlit-Anteilen. Beide gefüge- vom Anteil der Legierungselemente, mit ca. 210000 MPa bei
technischen Maßnahmen führen zu einer Erhöhung der Fes­ Raumtemperatur den höchsten Elastizitätsmodul aufweist,
tigkeitskennwerte. ist die Steifigkeit der Kurbelwellenkonstruktion bei gege-
Tabelle 10-2 zeigt den heutigen Stand der Werkstofftech- benen Hauptabmessungen durch Werkstoffvariation nicht
nologie für Kurbelwellen. Für hohe Beanspruchungen sind zu verbessern. Deshalb ist größter Wert auf die Gestaltung
die geschmiedeten Stahlsorten am besten geeignet [10-8]. der Abstützung zu legen, da bei hohen Zünddrücken die
Da Stahl aufgrund seiner Erschmelzung und Walzbehand- Kurbelwelle nicht selbsttragend sein kann. Aber auch dann
lung Einschlüsse und Inhomogenitäten aufweist, müssen müssen oft an hochbeanspruchten Bereichen, wie Hohlkeh-
bereits beim Schmieden die Regeln der Gestaltfestigkeit len, dauerfestigkeitssteigernde Maßnahmen angewendet wer-
beachtet werden. Kontinuierliche, der Wellenform ange- den, um die Haltbarkeit abzusichern. Dazu werden häufig
passte Ausbildung des Faserverlaufs ergibt sich im Gegen-
satz zum Freiformschmieden durch Gesenkschmieden,
Bild 10-2.
Da in der Ebene der Gesenkteilung die stärksten Formän-
derungen auftreten und die verunreinigte Kernzone nach
außen gepresst wird, ist der Bereich der Gratnaht i. d. R.
durch Einschlüsse und Seigerungen am stärksten geschwächt.
Um die Sicherheit gegen Dauerbrüche durch Verdrehbean-
spruchung zu erhöhen, kann es zweckmäßig sein, die Grat-
naht aus der hochbeanspruchten Kröpfungsmittelebene zu
verlegen. Eine besondere Möglichkeit ist das Einzelhub-
oder Faserflussschmieden. Dabei wird in einem Gesenk mit
beweglichen Teilen jeweils eine Einzelkröpfung angestaucht.
Dieses Verfahren ist aus wirtschaftlichen Gründen nur für
größere Wellen (mittlerer Längenbereich zwischen 4…9 m)
in kleineren Stückzahlen geeignet, da für das Schmieden
jeder Anschlusskröpfung die komplette Welle im Ofen wie-
der erwärmt werden muss. Das Schmieden der Wellen
erfolgt je nach Stückzahl und Abmessung auf Pressenstra-
ßen, in Schmiedehämmern nach dem Gegenschlagprinzip
oder großen hydraulischen Pressen. Bild 10-2  Faserverlauf einer gesenkgeschmiedeten Kurbelwellenkröpfung
Nach dem Hooke’schen Gesetz gilt für die elastische Ver- mit induktiv gehärteter Zapfen- und Hohlkehlenoberfläche
formung eines metallischen Werkstoffs ε = σ/E. Da von den
10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile 381

Zapfen und Hohlkehlen oberflächengehärtet. Ausgehend wird die Dauerfestigkeit auch durch andere thermische oder
von der aus Verschleißgründen eingeführten Härtung der mechanische Verfahren, wie Nitrieren, Schlagverfestigen
Laufflächen für die Grund- und Pleuellager hat sich die oder Walzen bzw. durch Kombination verschiedener Maß-
Technik der Hohlkehlenhärtung nach 1950 stufenweise nahmen gesteigert (vgl. Abschn. 10.5.2). Hier entscheiden
durchgesetzt. Die ursprünglich verwendete Flammhärtung im Einzelfall technische Möglichkeiten und Wirtschaftlich-
wurde durch die Induktionshärtung abgelöst. Durch verbes- keit.
serte Wärmebehandlungs- und Fertigungsmethoden ist Bei den für Pkw- und Nfz-Motoren häufig verwendeten
heute die Härtung sämtlicher Hohlkehlen einer Welle mög- Kugelgraphitgusssorten EN-GJS-600 und -700 (GGG-60 und
lich, s. Bild10-2. Früher konnte aus Verzugsgründen nur ein GGG-70) lassen sich die grundsätzlich niedrigeren Festig-
Teil der Hohlkehlen gehärtet werden, da das Richten auf der keitswerte durch Vorteile bei Formgebung und Masse aus-
Presse oder mit Schlagstempel über ungehärtete Bereiche gleichen. Die o. g. Verfahren zur Lebensdauersteigerung
erfolgen muss. Durch das Hohlkehlenhärten sind aufgrund sind in ähnlicher Weise anwendbar und wirksam. Nur bei
der durch die martensitische Gefügeumwandlung erzeugten Großmotoren ist die Oberflächenbehandlung wegen der
Druckeigenspannungen und des Festigkeitsanstiegs in der Forderung der Nacharbeit nicht üblich. Die nachweislich bei
Oberfläche Dauerfestigkeitssteigerungen bei Biegebeanspru- Kurbelwellen aus Sphäroguss vorhandenen höheren Ver-
chung von 50 bis 100% möglich, Bild 10-3. schleißraten an den Grund- und Pleuellagern können durch
Die Steigerung der Dauerfestigkeit durch das Härten ist Festwalzen der Kurbelwellenzapfenoberflächen reduziert
bei Torsion i. d. R. geringer als bei Biegebeanspruchung, da werden, da dadurch die „schabende“ Wirkung der Ränder
hier andere Schwachstellen mit hohen Spannungsspitzen der Graphitkugeleinschlüsse verringert wird. Für ange-
auftreten können, z. B. an Ölbohrungen. Bei Kurbelwellen schraubte Gegengewichte werden neben sämtlichen Gussei-

Bild 10-3
Steigerung der Biegedauerfestigkeit
von Kurbelwellenkröpfungen durch
Hohlkehlenhärtung. Regressionsgera-
den im Zeitfestigkeitsbereich. PÜ
Überlebenswahrscheinlichkeit
382    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

sensorten sowie unlegierten und niedriglegierten Stählen in nen für Pleuelstangen im PKW- und LKW-Sektor eingeführt.
Sonderfällen Einsätze aus gesintertem Schwermetall auf Der Werkstoff C70S6 wies zwar zum Beginn der Serienein-
Wolframbasis mit einer Dichte von 17 bis 19 g/cm3 verwen- führung etwas geringere Festigkeitseigenschaften als der in
det. diesem Fahrzeugsegment vorhandene Standardwerkstoff
C38mod. auf, die Bruchtrenntechnologie (Fracture Splitting)
Pleuel brachte jedoch durch Wegfall des Sägeschnitts und einer Ver-
kürzung der Prozesskette deutliche wirtschaftliche Vorteile.
Die in Tabelle 10-2 aufgeführten Werkstoffgruppen finden Die systematische Weiterentwicklung der Bruchtrenntech-
auch beim Pleuel Anwendung [10-11]. Bei kleineren, gegos- nologie führte zu einer Anhebung der Streckgrenze, sodass
senen Teilen wird anstelle von Kugelgraphitguss auch Tem- heute die Festigkeitswerte des C70S6 den meisten Anforde-
perguss der Festigkeitsstufen GJMB-650 bis GJMB-700 rungen in diesem Segment genügt.
(GTS-65 bis GTS-70) eingesetzt. Generell dominieren je- Beste Ausnutzung der Festigkeitseigenschaften ist durch
doch vergütbare Stähle, die unlegiert oder mit Cr, CrMo, Cr- Bearbeiten der Oberflächen und anschließendes Verfesti-
MoV bzw. CrNiMo niedrig legiert sein können. Aus Kosten- gungsstrahlen möglich; dabei kann die Dauerfestigkeit in
gründen haben sich auch hier Mitte der 80-er Jahre die Abhängigkeit von Legierung und Zugfestigkeit wieder um
schmiedeperlitischen AFP-Qualitäten durchgesetzt. Bei glei- bis zu 100% gesteigert werden. Beim Pleuel sind i. d. R.
chen Zugfestigkeitswerten wird trotz geringerer Streckgrenze bestimmte Bereiche mit hoher Verformung oder starken
gleiche Dauerfestigkeit wie bei den Vergütungsstählen er- Kerben versagenskritisch und müssen durch konstruktive,
reicht. Bei der Forderung nach immer höherem Zünddrü- werkstoffliche oder verfahrenstechnische Maßnahmen
cken muss die bei den AFP-Stählen vergleichsweise niedrige ertüchtigt werden. Beispiele hierfür sind verzahnte Trenn-
Dehn- bzw. Stauchgrenze bereits bei der Auslegung der flächen oder Innengewinde des großen Pleuelauges. Bei
Pleuel Beachtung finden. Unabhängig von der Grundfestig- ausgeschöpften Gestaltungsmöglichkeiten kann die Dauer-
keit kann für alle Schmiedestähle im unbearbeiteten Zustand festigkeit auch an diesen Stellen durch Kugelstrahlen der
die gleiche Dauerfestigkeit erwartet werden, da der Einfluss Oberflächen oder spanloses Formen (Furchen) des Gewin-
von Oberflächenfehlern mit Tiefen von wenigen Zehntelmil- des deutlich gesteigert werden. Bild 10-4 zeigt die Ergeb-
limetern die Unterschiede in der statischen Festigkeit über- nisse entsprechender Dauerversuche an schräg geteilten
deckt. Anfang der 90-er Jahre begann beim Pleuel die Ent- Pleuelstangen mit Dauerfestigkeitserhöhungen von über
wicklung der Bruchtrenntechnologie. Mitte der 90-er Jahre 30%. Auch bei Pleuelstangen werden neben den mecha-
wurde der Stahl C70S6 als Serienwerkstoff zum Bruchtren- nischen Methoden gelegentlich thermische (Oberflächen-

Bild 10-4 
Pulserversuche an schräggeteilten
Pleuelstangen. Erhöhung der Dauer-
festigkeit durch Furchen der Innenge-
winde
10.2  Technische Werkstoffe für Motorenteile    383

härten) oder thermochemische Behandlungsverfahren dung anfällig, wobei meist atomar aufgenommener Wasser-
(Nitrieren) zur lokalen oder vollständigen Oberflächenvere- stoff die Ursache ist. Deshalb werden sehr hohe Festigkeits-
delung angewendet. Sie haben aber nicht die gleiche Bedeu- stufen mit eingeschränkter Zähigkeit vermieden und nur
tung erlangt wie bei Kurbelwellen. solche Oberflächenschutzschichten aufgebracht, bei denen
das verfahrensbedingte Wasserstoffangebot gering ist bzw.
Kolben der Wasserstoff wieder leicht ausdiffundieren kann (anorga-
nische Zn- oder Mn-Phosphatschichten, metallische Zn-
Kolben- und Kolbenringwerkstoffe sind für den Dieselmotor Überzüge). Die Altautoverordnung der Europäischen Union
von besonderer Bedeutung; sie werden in Abschn. 8.6 behan- fordert ab 2007 Chrom(VI)-freie Beschichtungen. Dies hat
delt. in den letzten Jahren insbesondere bei Schrauben die Ent-
wicklung und Anwendung sog. Duplex-Schichten (Lack-
10.2.2 Werkstoffe für Steuerungsteile schichten mit Zn-Lamellen) als Ersatz für die Verzinkung
und Einspritzausrüstung mit Chromatierung forciert.

Für Nockenwellen und Zahnräder eignen sich bevorzugt 10.2.4 Werkstoffe für Tragstrukturen
Stähle mit Oberflächenhärten um 60 HRC. Dazu gehören
Einsatzstähle sowie Vergütungsstähle mit Eignung zur induk- Kurbelgehäuse
tiven Oberflächenhärtung oder Nitrierung. Nockenwellen
und Flachstößel für kleinere Motoren werden meist aus lede- Für die komplexen Kurbelgehäuse und Zylinderköpfe, deren
buritisch erstarrtem Schalenhartguss hergestellt; für Rollen- Gestaltung durch kühlwasserführende Hohlräume zusätz-
stößel werden die vorgenannten harten Stähle und Durch- lich erschwert ist, werden Gusswerkstoffe mit den zugehö-
härter des Typs 100Cr6 verwendet. Typisch für Ventilfedern rigen, vielfältigen Herstellungstechnologien verwendet [10-
sind CrV- oder CrSi-legierte Federstähle in hochvergütetem 16].
und kugelgestrahltem Zustand. Während bereits frühzeitig Stahlguss und Leichtmetall-
Einatz- und Nitrierstähle finden auch für Einspritzdüsen guss Anwendung fanden, stehen heute Graugusssorten wie
und Hochdruckpumpenteile Anwendung. In Einzelfällen EN-GJL-250 (GG-25) mit geringen Legierungszusätzen an
werden, z. B. für Pumpenstempel, auch hochlegierte Kalt-, Cr, Mo oder Ni sowie Kugelgraphitgusslegierungen des Typs
Warm- oder Schnellarbeitsstähle mit karbidbildenden EN-GJS-500 (GGG-50) im Vordergrund. In Tabelle10-3
Zusätzen wie Cr, Mo, W und V eingesetzt. Die Forderung sind die typischen Werkstoffe mit ihren kennzeichnenden
nach immer geringeren Emissionswerten und somit höheren Gefügekonstitutionen und Eigenschaften zusammengestellt.
Systemdrücken macht bei tribologische beanspruchten Da nur Stahlguss für Konstruktionsschweißungen geeignet
Common-Rail-Triebwerks- oder Injektorbauteilen den Ein- ist, werden die übrigen Legierungen als Monoblock verar-
satz von klassischen Hartstoffschichten wie Titannitrid oder beitet. Eine hochentwickelte Technik der Warmschweißung
reibwertmindernden, diamantähnlichen dünnen, amorphen für Nachbesserungen an Rohteilen macht Kugelgraphitguss,
Kohlenstoff-Schichten notwendig [10-12]. Innendruckbe- insbesondere bei großen Gehäusen, wirtschaftlich.
aufschlagte Komponenten wie z. B. Gehäuse werden zur Da es nahe lag, die guten Eigenschaften von Grau- und
Dauerfestigkeits- und damit zur Lebensdauersteigerung Sphäroguss zu kombinieren, wurde die Gusseisensorte „Ver-
durch eine Autofrettage mit Innendrücken bis zu 6000 bar miculargraphitguss“ entwickelt, deren besonderes Merkmal
verfestigt [10-13], [10-14]. die „würmchenartige“ Ausbildung des Graphits darstellt. So
nutzt man bei Vermiculargraphitguss die gegenüber Grau-
10.2.3 Schraubenwerkstoffe guss höhere Steifigkeit und Dauerfestigkeit und die gegen­
über Sphäroguss besseren Gieß-, Dämpfungs- und Wärme-
Werkstoffe und Eigenschaften von Schrauben sind in ISO898 leiteigeneigenschaften. Der metallurgische Aufwand ist bei
bzw. DIN EN 20898 weltweit genormt. Für die Zuverlässig- GJV allerdings höher als bei Grau- und Sphäroguss; dies gilt
keit der Motorenkonstruktion sind vor allem die hochfesten insbesondere bei stark unterschiedlichen Wandstärken. Mit
Klassen 8.8, 10.9 und 12.9 wichtig. Für diese Schrauben wer- neuartiger Gießtechnologie erscheint jetzt auch die Anwen-
den vergütete Stähle mit geringen härte- und festigkeitsstei- dung für größere Serien möglich (vgl. Abschn. 10.6.1). Neue
gernden Legierungszusätzen von Cr, Mo, Ni und B verwen- Motorenentwicklungen verwenden als Kurbelgehäusewerk-
det [10-15]. Die Gewinde werden nach dem Vergüten gerollt stoff Vermiculargraphitgusseisen wie z. B. GJV-450 (GGV-
und erhalten so erhöhte Dauerfestigkeit. Bei Festigkeits- 45), wobei im Lagerdeckelbereich auch hier z. T. die Bruch­
werten über 1000MPa werden die Werkstoffe gegen Versprö- trenntechnologie eingesetzt wird.
384    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

Tabelle 10-3  Werkstoffe für Kurbelgehäuse und Zylinderköpfe

Für Konstruktionen mit der Zielsetzung hoher Leistungs- Aluminium- oder Gusseisen-Inserts erfüllt die hohen Anfor-
dichte bzw. niedrigen Leistungsgewichts sind Aluminium- derungen an Steifigkeit, Akustik und Langlebigkeit eines
gusswerkstoffe des Typ AlSiMg im warmausgehärteten modernen PKW-Dieselmotors.
Zustand sehr gut geeignet. Diese sog. Siluminlegierungen
(wie EN AC-ALSi7Mg, -AlSi9Mg bzw. -ALSi10Mg) vereini- Ölwannen
gen niedriges spezifisches Gewicht, günstige Gießeigen-
schaften mit guten Festigkeitseigenschaften. Die Ölwanne bzw. das Kurbelgehäuseunterteil kann, je nach
Einen innovativen Kurbelgehäuse-Werkstoff stellt Magne- Ausführung der Konstruktion, zur Steifigkeit der Motorge-
sium dar [10-17], [10-18]. Der außerordentliche Gewichts- samtstruktur beitragen. Anwendung finden gegossene Teile
vorteil durch die Verwendung von Magnesium ist im spezi- aus AlSi-, AlSiMg- und AlSiCu-Legierungen oder Stahl-
fischen Gewicht dieses Werkstoffes begründet: Magnesium blechkonstruktionen der Sorten FeP03/04 (St13/14) oder
ist ca. 30% leichter als Aluminium (Dichte Magnesium S235JR/S355J2 (St37/52). Für Ölwannen von Fahrzeugmo-
1,81 g/cm3, Aluminium 2,68 g/cm3, Gusseisen 7,2 g/cm3). toren werden erstmals auch Kunststoffe (glasfaserverstärkte
So kann durch die Verwendung von Kurbelgehäusen aus Polymere) in größerem Umfang eingesetzt [10-33].
Aluminium-Zink-Magnesiumlegierungen z. B. AZ-91 das
Leistungsgewicht von 1,19 (Al-Kurbelgehäuse) auf 1,02 Zylinderköpfe
reduziert werden [10-17]. Die Nachteile des Magnesiums
wie geringe Steifigkeit, Kriechneigung, Korrosions- und Die in Tabelle 10-3 enthaltenen Gusslegierungen stellen auch
Verschleißbeständigkeit werden durch einen Werkstoffver- das gängige Werkstoffspektrum für Zylinderköpfe dar. Bei
bund zwischen Magnesium und Aluminium oder Gusseisen diesem Bauteil werden die Beanspruchungsverhältnisse
eliminiert. So werden z. B. Inserts aus ENAC-AlSi17Cu4 für durch die Temperaturbelastung auf der Brennraumseite ver-
die Laufbuchsen und deren Kühlwasserraum oder Inserts schärft. Daraus resultieren niederfrequente, durch Belas­
aus Vermiculargraphitguss für die Grundlagergasse verwen- tungsänderungen des Motors ausgelöste Wärmespannungen
det. Nur diese Kombination aus Magnesium-Mantel und als Folge behinderter Wärmedehnung (Low-Cycle-Fatigue

Kurbelgehäuse, Zylinderköpfe
Grauguss, Vermiculargraphitguss, Kugelgraphitguss, Stahlguss, Aluminiumguss
10.2  Technische Werkstoffe für Motorenteile    385

LCF). Aufgrund günstiger physikalischer Eigenschaften, Laufbuchsen


guter Gießbarkeit und niedriger Kosten wird konventioneller
Grauguss nach wie vor bevorzugt; bei hohen Beanspru- Bei den Laufbuchsen steht die Verschleißbeständigkeit des
chungen wird auch Kugelgraphitguss eingesetzt. Vermicular- Werkstoffes im Vordergrund. Seit Beginn der Motorentwick-
graphitguss (GJV) in den Festigkeitsstufen 400 und 500 hat lung haben sich werkstoffseitig keine grundsätzlichen Verän-
sich, abgesehen von einzelnen Anwendungen, bisher nicht derungen ergeben. Dominierende Werkstoffsorte war und
generell durchsetzen können. ist Grauguss der Stufe EN-GJL-250 (GG-25) mit Zulegie-
Die durch Temperatur und Verschleiß hochbeanspruch- rungen an Cr und Mo sowie in Europa mit erhöhtem Phos-
ten Ventilsitze im Zylinderkopf werden teilweise induktiv- phor-Gehalt, was zu der Ausbildung eines verschleißhem-
oder lasergehärtet. Reicht dies nicht aus, werden Sitzringe menden Phosphidnetzes im Gefüge beiträgt. Große Buchsen
aus Schleuderguss mit Brinellhärten von 35 bis ca. 50 HRC werden im Sandguss-, kleinere im Schleudergussverfahren
vorgesehen. Graphithaltige und graphitfreie Qualitäten hergestellt. Zur Erhöhung der Verschleißbeständigkeit wer-
erhalten dabei durch mittlere und hohe Zusätze von Cr, Mo den Zylinderlaufbuchsen teilweise induktiv oder in Einzel-
und V die erforderliche Temperatur- und Verschleißbestän- fällen lasergehärtet, Bild 10-5. Auch verzugsarmes Nitrieren
digkeit. Für höchste Zünddruck und Temperaturbeanspru- zählt zu den verschleißverbessernden Maßnahmen.
chungen werden auch Kobalt-Basislegierungen mit interme- Wie im Abschn. „Kurbelgehäuse“ ausgeführt werden bei
tallischen Hartphasen als Ventilsitzringwerkstoff eingesetzt, PKW-Dieselmotoren mit Al-Kurbelgehäusen auch Grau-
die eine Härte von 42 HRC bis 58 HRC und gleiche Oberflä- guss-Laufbuchsen eingegossen oder übereutektische, hoch-
cheneigenschaften über einen weiten Temperaturbereich siliziumhaltige Aluminiumgusslegierungen als Lauffläche
aufweisen. Diese Werkstoffgruppe gewährleistet hohen für die Kolbenringe verwendet.
Widerstand gegen Ventilsitz-Verschleiß und -Heißkorro­
sion, insbesondere auch bei ungünstigen Schmierungsver- 10.2.5 Werkstoffe für Heißteile
hältnissen.
Die Graugusssorte EN-GJL-250 (GG-25) hat sich auch für Grundsätzliche Problematik
Ventilführungen bewährt. Daneben werden aushärtbare
Kupferwerkstoffe (z. B. CuNi2Si) verwendet. Für die Groß- Ventile, abgasführende Teile und Abgasturboladerkompo-
serienproduktion von Fahrzeugmotoren wurden Eisensin- nenten erfordern den Einsatz hochwarmfester Legierungen,
terlegierungen mit verschleißhemmenden Karbid- und da sie mittlere Abgastemperaturen, die 750 °C übersteigen
Bronze-Einlagerungen entwickelt. können, ertragen müssen. Der Dieselmotorenbau konnte da-

Bild 10-5 
Lasergehärtete Zylinderlaufbuchse
386 10 Werkstoffe und ihre Auswahl

bei in den vergangenen Jahrzehnten die Werkstoffentwick-


lungen für Gasturbinen nutzen, z. B. die Nickelbasislegie-
rungen mit festigkeitsverbessernden intermetallischen Ver-
bindungen (J´-Phase Ni3(Ti, Al)).
Ein besonderes Problem tritt auf, wenn die Motoren mit
Schweröl oder Mischkraftstoff betrieben werden. Durch
hohe Schwefel- und Vanadiumgehalte wird der Heißkorro-
sionsangriff an gasführenden Teilen wesentlich verstärkt.
Bei Überschreiten der Grenztemperaturen kommt es zu
Bildung von Nickelsulfid oder Vanadiumpentoxid und
damit zur Zerstörung des Werkstoffs. Kritische Stellen, wie
die heißen Auslassventilsitzflächen an Zylinderkopf und
Ventilen, werden deshalb auch durch Auftragschweißen mit
Stelliten oder ähnlichen Legierungen gepanzert (vgl.
Abschn. 7.1.4).

Ventile und Vorkammern


Ventile von Dieselmotoren besitzen aufgrund ihrer che-
mischen, tribologischen und thermomechanischen Bean-
spruchungen ein komplexes Anforderungsprofil. Die Werk-
stoffwahl muss diesem Anforderungsprofil gerecht werden.
Während für Einlassventile lange Zeit warmfeste Ver-
gütungsstähle mit CrMoV-Zusätzen verwendet wurden,
wurden für Auslassventile bereits frühzeitig hochlegierte,
härtbare Stahlsorten auf Basis CrSi oder Sonderstähle wie
Austenite des Typs CrNiW entwickelt. Da die temperaturbe-
ständigen, austenitischen Legierungen relativ geringe Warm-
festigkeitswerte aufweisen, war es notwendig, die Maximal-
temperaturen im Tellerbereich zu begrenzen und hochbean-
spruchte Partien zu ertüchtigen. Dies wird durch Hohlventile
mit Natriumfüllung des Ventilkörpers und Aufschweißen Bild 10-6 Ventilausführungen
bzw. Panzern von Ventilsitz und Schaftende erreicht. Heute
wird weitgehend auf diese aufwendige Gestaltung mit zu-
sätzlichen Fehler- und Versagensmöglichkeiten verzichtet. Für Vorkammern werden neben hochlegierten Stählen vor
Stand der Technik sind Monometallventile für die Einlass- allem Nickel- und häufig Kobaltbasislegierungen verwendet.
und reib- oder stumpfgeschweißte Bimetallventile für die
Auslassseite, Bild 10-6. Die Werkstoffpalette nach DIN EN Abgasführende Leitungen und Gehäuse
10090 reicht dabei vom vergütbaren hitzebeständigen Stahl
X45CrSi9-3 über ausscheidungshärtbare stickstofflegierten Bauteile mit kleineren Abmessungen werden aus Gründen
Austenite bis zur Nickelbasislegierung NiCr20TiAl (Nimo- der Wirtschaftlichkeit aus Grauguss mit warmfestigkeitsstei-
nic 80A) [10-19]. Neuere Entwicklungen beschäftigen sich gernden Legierungszusätzen an Cr und Mo oder ferritischem
auch mit druckaufgestickten Stählen als Einlassventilwerk- Sphäroguss GJS-400-15 hergestellt. Über oxidationsbestän-
stoff [10-20]. Diese neue Werkstoffgruppe verknüpft die gu- digeren Kugelgraphitguss mit höheren Si- und Mo-Gehalten
ten Eigenschaften des konventionellen Einlassventilwerk- (EN-GJS-X SiMo5-1, GGG-SiMo51) hinaus stehen für ther-
stoffes X45CrSi9-3 wie Härte und Duktilität mit hoher misch hochbelastete Teile die hochlegierten, austenitischen
Warmfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit. GJL- und GJS-„Ni-Resist“-Sorten zur Verfügung [10-16].
Zu den lebensdauerverbessernden Maßnahmen gehört Bei größeren Motoren finden auch gekapselte, gekühlte Kons-
das Verchromen der Ventilschäfte, das sich zusammen mit truktionen mit Innenschalen aus hitzebeständigen Stählen
Badnitrieren als Standardverfahren für diesen durch Ver- (z. B. X15CrNiSi20-12) oder Nickelbasislegierungen bis zum
schleiß und Korrosion beanspruchten Bereich durchgesetzt mischkristallhärtenden NiCr22Mo9Nb (Inconel 625) Ver-
hat. wendung.
10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile 387

Abgasturbolader Bei den vereinzelt für Kurbelwellen verwendeten Wälz-


lagern stützt man sich auf die durchhärtbaren Wälzlager-
Zur konsequenten Nutzung der Abgasturboaufladung wird stähle, wie 100Cr6 und 100CrMn6, sowie einsatzhärtbare
eine Reihe von Hochleistungswerkstoffen eingesetzt. Als Chromstähle mit hohem Reinheitsgrad.
Turbinenrad- oder Schaufelwerkstoff wird bevorzugt die
hochwarmfeste, ausscheidungshärtende Superlegierung G- 10.2.7 Werkstoffe für Korrosionsbeanspruchung
NiCr13MoAl (Inconel 713), teilweise mit gezielt unter 0,08%
gesenktem Kohlenstoffgehalt, verwendet. Wesentlich breiter Das Spektrum korrosiver Beanspruchungsarten der Motor-
ist das Werkstoffspektrum bei den ebenfalls sehr hochbelas- teile ist sehr groß. So müssen zunächst viele Werkstoffe, die
teten Verdichterrädern [10-6]: Es reicht von gegossenen Alu- aufgrund ihrer Zusammensetzung keinen natürlichen Kor-
miniumteilen der Typen AlSi bzw. AlCu bei Pkw- und Nutz- rosionsschutz aufweisen, für Lagerung und Betrieb geschützt
fahrzeugmotoren über höherfeste, geschmiedete Sorten der werden. Soweit dies nicht durch Behandlung mit Korrosi-
Zusammensetzung AlCuMgNi bis zur Titanlegierung Ti- onsschutzölen, -fetten oder Anstrichstoffen geschehen kann,
Al6V4 für hohe Druckverhältnisse und Umfangsgeschwin- werden die Oberflächen, z. B. bei Schrauben, mit galvanisch
digkeiten, Bild 10-7. aufgebrachten Zinkschichten, Zinklamellenschichten, oder
Bonderschichten aus Zink- oder Manganphosphat überzo-
10.2.6 Lagerwerkstoffe gen.
Ein besonderes Problem komplexer korrosiver Beanspru-
Bei hochbelasteten Gleitlagern werden Schicht-Verbund- chung ist bei allen kühlwasserbenetzten Oberflächen vor-
werkstoffe eingesetzt, s. Abschn. 8.5.4. Für die zahlreichen handen. Obwohl von allen Motorenherstellern nur gereinig-
anderen Lagerstellen im Motor haben sich Kupferlegie- tes Wasser geeigneter Qualität zur Kühlung zugelassen wird,
rungen, wie Zinnbronze (CuSn8) oder Messing (CuZ- führt die energetische Unterstützung in thermisch und
n31Si1), sowie auch Aluminiumwerkstoffe, wie die Kolben- mechanisch beanspruchten, kühlwasserführenden Bauteilen
legierung AlSi12CuMgNi, bewährt. Lagerfunktionen mit zu Korrosionsangriffen, häufig in Form des besonders kri-
geringer Beanspruchung können durch Buchsen aus Sinter- tischen Lochfraßes. Werkstofftechnische Abhilfemaßnah-
legierungen auf Basis Eisen, Stahl oder Bronze erfüllt wer- men durch Beschichtungen und Verwendung korrosionsbe-
den. ständiger Sonderwerkstoffe haben sich als untauglich erwie-

Bild 10-7
Werkstoffe für Abgasturbolader
am Beispiel einer Läufergruppe mit
Radiallaufrädern
388    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

sen oder sind für Bauteile des internen Kreislaufs aus wirt- schen Kurbelgehäuse und Ölwanne durch mittels Dosierro-
schaftlichen Gründen nicht realisierbar. Durch die Arbeiten boter aufgetragenes, pastöses Silikon abzudichten.
der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen
zu Beginn der sechziger Jahre wurden wesentliche Erkennt- 10.3 Faktoren für die Werkstoffauswahl
nisse zur Korrosionsinhibierung der Kühlflüssigkeiten
ge­wonnen, die heute auch die problemlose Verwendung von Die Beurteilung von Werkstoffen im Hinblick auf ihre Eig-
Aluminium für kühlwasserführende Bauteile und Kühler nung für Bauteile von Dieselmotoren darf nicht auf Zusam-
(AlMn-Legierungen) ermöglichen. mensetzung und Eigenschaften beschränkt werden. Viel-
Sehr stark eingeschränkt ist die Werkstoffauswahl bei mehr ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise erforderlich,
Seewasserkühlung im Sekundärkreislauf von Schiffsmo- die Gesichtspunkte der Gestalt, Herstellung, Bearbeitung
toren. Zufriedenstellende bis gute Beständigkeit weisen hier und Veredelung einschließt. Zusätzlich sind in den letzten
nur Sonderwerkstoffe wie Kupferlegierungen (Rotguss/ Jahren Aspekte des Umweltschutzes und der Entsorgung
CuSnZnPb-C, Mehrstoffaluminiumbronze/CuAL10Ni-C hinzugekommen. Neben den vorgenannten Faktoren sind
und Kupfernickel/CuNi10/30Fe) bzw. Reintitan auf. Auste- die Werkstoffkosten von außerordentlicher Bedeutung,
nitische Stähle haben nur beim Zulegieren von Stickstoff Bild 10-8. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur teure
oder entsprechend hohen Molybdängehalten ausreichende Basiswerkstoffe oder Legierungselemente, sondern vor allem
Chloridionenbeständigkeit. Da die Aggressivität des Was- aufwendige Formgebungs- und Bearbeitungsverfahren do-
sers in Hafenbereichen durch Verschmutzung mit flüssigen minierenden Einfluss auf die Kosten haben können.
und festen Stoffen sehr stark ansteigt, werden Rohre und In Bild 10-8 sind die Werkstoffkosten einiger im Moto-
Kühlereinsätze teilweise durch Kunststoffüberzüge geschützt. renbau eingesetzter Werkstoffgruppen aufgeführt. Die
Teile der (See-)Wasserführung werden auch komplett in Streuungen in den Kosten für die Gusslegierungen ergeben
Kunststoff ausgeführt. sich hauptsächlich durch den geometriebedingten, gieß-
technischen Aufwand. Werkstoffkostenvergleiche erfolgen
10.2.8 Sonderwerkstoffe für Funktionsteile i. d. R. massebezogen. Da die Leistungsfähigkeit der Werk-
stoffe bei voller Ausnutzung dem Volumen proportional ist,
Dichtungen, Filter und andere Funktionselemente des Mo- würden Volumenpreise eigentlich bessere Vergleiche
tors werden meist aus nichtmetallischen, organischen Werk- ermöglichen. Hierbei schneiden Kunststoffe häufig sehr gut
stoffen hergestellt [10-21]. Für die Vielzahl unterschiedlicher ab. Bei stark unterschiedlichen Werkstoffen kann jedoch
Teile und Materialien seien nur beispielhaft einige Probleme meist nicht geometrisch ähnlich konstruiert werden, sodass
und Tendenzen erwähnt: im Einzelfall Bauteil mit Bauteil verglichen werden muss
– Ersatz von Asbest durch Aramidfasern oder völlig neue [10-34].
Werk­stoffkombinationen bei thermisch beanspruchten
Flachdichtungen, 10.4 Lebensdauerkonzepte und Werkstoffdaten
– zunehmende Verwendung von höherbeständigem Fluor­
kautschuk (FPM) anstelle von Nitrilkautschuk (NBR) und Solange nur wenige physikalische und statische Kennwerte
anderen Elastomersorten bei Kühlmittel- und Ölabdich­ zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens vorhanden waren,
tungen, konnten Eignung und Zuverlässigkeit der Werkstoffe ledig-
– Einsatz von Polytetrafluoräthylen (PTFE) bei verschleiß­ lich im Bauteil- oder Motorenversuch bewertet werden. In
beanspruchten Teilen, z. B. Radialwellendichtringen, Ergänzung zu dieser experimentellen Ermittlung der Be-
– Verwendung von Ringen aus Al2O3- oder SiC-Keramik für triebsfestigkeit wurden weitere Bemessungskonzepte entwi-
Wasserpumpen-Gleitringdichtungen anstelle von Spezial­ ckelt [10-22]. Im Motorenbau werden vor allem das seit lan-
kohle, gem bekannte Nennspannungskonzept sowie in neuerer Zeit
– Einsatz von Kunststofffaservliesen mit höherer Feinheit das Konzept der örtlichen Beanspruchungen (örtliches Kon-
anstelle von imprägnierten Papieren für Ansaugluft- und zept, Kerbgrundkonzept) benutzt (s. Abschn. 7.1.3 und 8.6).
Schmier­ölfilter, Während für das Nennspannungskonzept Versuche an Ori-
– entsorgungsgerechte bzw. recyclingfähige Ölfilterkon­zepte. ginalbauteilen erforderlich sind (Bild 10-9), baut das örtliche
Konzept direkt auf der Spannungsanalyse durch FE-Berech-
Nach wie vor sind montierbare Formteildichtungen aus Elas­ nung oder DMS-Messung auf und kommt mit am Vollstab
tomeren an vielen verschiedenen Stellen für die Funktion des ermittelten Werkstoffkenndaten aus.
Motors unersetzlich. Bei Großserien von Fahrzeugmotoren Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass das Ver-
wird jedoch auch dazu übergegangen, Trennflächen wie zwi- halten des Vollstabes auf das Verhalten des höchstbean-
10.2 Technische Werkstoffe für Motorenteile 389

Bild 10-8
Anhaltswerte für Werkstoffpreise. Ver-
gleichsbasis: Massenstahl mit Preis-
faktor 1 (Stand Dez. 2005)

Bild 10-9
Dauerschwingversuche an Kurbelwel-
lenkröpfungen nach dem Resonanz-
prinzip
390 10 Werkstoffe und ihre Auswahl

spruchten Werkstoffelementes im Kerbgrund des Bauteils chungen nach dem Prinzip der Aufgabenteilung anpassen
übertragen werden kann. Plastische Verformungen können lassen, Bild 10-10.
berücksichtigt werden. Da die Konzepte immer noch zahl- Da die höchsten Beanspruchungen durch Temperatur,
reiche Lücken aufweisen, werden sie in der Praxis häufig Spannung und Verschleiß meist an der Oberfläche oder in
kombiniert [10-23]. Beiden ist gemeinsam, dass für die oberflächennahen Bereichen der Bauteile mit steilem Bean-
genaue Voraussage der Betriebsfestigkeit bzw. der Lebens- spruchungsabfall in Richtung Werkstoffzentrum auftreten,
dauer zuverlässige Werkstoffkennwerte benötigt werden. Die haben vor allem die verschiedenen Oberflächenbehand-
aus Veröffentlichungen, Standardwerken und Werkstoffda- lungsverfahren der metallischen Werkstoffe, insbesondere
tenbanken zu entnehmenden Werte des zyklischen Werk- für Eisengusswerkstoffe und Stähle, wesentliche Bedeutung
stoffverhaltens sind für eine gesicherte Bauteilauslegung erlangt. Nur mit ihrer Hilfe ist es möglich, bei gleichblei-
meist nicht ausreichend. Im Einzelfall ist ihre experimentel- benden Triebwerksabmessungen Entwicklungsziele, wie
le Ermittlung unter bekannten Randbedingungen unum- Verbrauchsabsenkung durch Steigerung des maximalen
gänglich. Versuchsführung und Zahl der Proben sollten so Zylinderdrucks oder Leistungsgewichtsverminderung durch
gewählt werden, dass eine Auswertung nach statistischen Anheben des mittleren effektiven Drucks, zu verwirklichen.
Gesichtspunkten, wie z. B. beim Treppenstufenverfahren, Gleiche Bedeutung haben bei tribologisch beanspruchten
möglich ist. Die weitere Verbesserung der Lebensdauervor- Bauteilen, wie Gleitlagern und Kolbenringen, die verschie-
hersage erfordert auch zukünftig umfangreiche experimen- denen Beschichtungstechnologien erlangt, während die
telle und theoretische Untersuchungen zu Beanspruchungs- weiterführenden Möglichkeiten der Urformung aus wirt-
und Versagensverhalten der verschiedenen Werkstoffe. schaftlichen Gründen nur vereinzelt angewendet werden.
Problematisch bei Stahl sind nach wie vor Seigerungen
10.5 Verfahren zur Lebensdauersteigerung und nichtmetallische Einschlüsse, wobei die Gefahr eines
dadurch bedingten Dauerbruchs durch den Übergang vom
Block- auf Strangguss, durch verbesserte Prüftechnik sowie
10.5.1 Urformungsverfahren
durch Vakuumerschmelzen und Umschmelzen [10-24] wie
Ein technisch verwendbarer Werkstoff ist umso wertvoller, je z. B. Elektroschlacke-Umschmelzen (ESU) stark herabge-
besser sich seine Eigenschaften den i. d. R. über Querschnitt setzt werden konnte. Durch ESU werden die Zähigkeits-
und Volumen des Bauteils sehr unterschiedlichen Beanspru- und Dauerfestigkeits-Kennwerte deutlich gesteigert, Bild

Bild 10-10 Verfahren zur Lebensdauersteigerung für Motorenbauteile


10.5 Verfahren zur Lebensdauersteigerung 391


Bild 10-11 Steigerung der Biegedauerfestigkeit von Stahl durch Elektroschlackeumschmelzen (ESU). Auswertung mit arcsin√P-Transformation

10-11, so dass Vergütungs-, Einsatz- und Nitrierstähle in 10.5.2 Oberflächenbehandlungsmethoden


ESU-Qualität für hochbeanspruchte Bauteile wie Kurbel-
wellen, Kolbenbolzen und Einspritzpumpenteile verwendet Die Bedeutung der verschiedenen Behandlungsverfahren für
werden. Oberflächen- und Randbereiche bei Eisenwerkstoffen kann
Bei Gussteilen bilden Gasporen und Schrumpflunker häu- nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die hierdurch erziel-
fig innere Kerben, die die Versagensstelle trotz niedriger baren Steigerungen der Eigenschaftswerte, besonders im
Beanspruchung ins Innere des Werkstoffvolumens verlegen. Hinblick auf Verschleiß- und Dauerbeanspruchung, über-
Hier kann durch heißisostatisches Pressen (HIP) Abhilfe steigen die Möglichkeiten der Legierungstechnik bei weitem.
geschaffen werden [10-25], das z. B. bei hochlegierten Bereits lange bekannt und benutzt sind die verschiedenen
Nickelbasis-Feingusslegierungen (Turbinenräder) und thermischen Verfahren des Vergütens und Härtens. Die Här-
Leichtmetallguss (Kurbelgehäuse) eingesetzt wird, um guss- tung der Oberfläche eines Stahlteils ist aufgrund der Marten-
spezifische Hohlräume durch die beim HIP-Prozess vorhan- sitbildung mit messbarer Volumenvergrößerung verbunden.
denen Drücke und Temperaturen zu verschweißen und Diese führt zu einem überlagerten Eigenspannungszustand
somit die Dauerfestigkeit zu steigern, Bild 10-12. Zu erwäh- mit hohen Druckeigenspannungen im gehärteten Bereich. In
nen ist, dass jedoch Oberflächenporositäten und Gefügefeh- Verbindung mit der erhöhten Härte und Festigkeit sind diese
ler dadurch nicht beseitigt werden können. die wesentliche Ursache für die Steigerung der Dauerfestig-
Praktisch homogene Werkstoffe mit isotropen Eigen- keit. Aus Gleichgewichtsgründen müssen die Druckeigen-
schaften liefert die Pulvermetallurgie (PM), die nicht nur spannungen durch entsprechende Zugeigenspannungen
eine kostengünstige Massenfertigung (z. B. Ölpumpenräder, kompensiert sein. Damit kann bei ungünstiger Lage der Här-
Ventilführungen), sondern auch das Sinterschmieden von tezone Versagen unter geringerer Beanspruchung an anderer
Pleuelstangen bis hin zur Herstellung leistungsfähigen Kol- Stelle auftreten.
ben-Legierungen ermöglicht. Ähnliche Möglichkeiten der Eigenschaftsverbesserung
Verschiedene Sonderverfahren der Pulvermetallurgie, wie bestehen mit den thermochemischen Verfahren des Nitrie-
das sog. Sprühkompaktieren nach dem Osprey-Verfahren, rens, worunter auch die verwandten Methoden des Nitro-
befinden sich noch in der Entwicklung [10-24]. Anwen- carburierens in Salzbad, Gas oder Plasma (Ionnitrieren) zu
dungen der Pulvermetallurgie erfordern bestimmte Mindest- verstehen sind. Beachtung bedürfen dabei der Porositäts-
stückzahlen und sind durch Stückmasse und Form begrenzt. grad etwaiger Nitrid-Verbindungsschichten und die generell
392 10 Werkstoffe und ihre Auswahl

Bild 10-12
Steigerung der Biegedauerfestigkeit
von Aluminiumguss durch heißisosta-
tisches Pressen (HIP). Regressionsge-
raden im Zeitfestigkeitsbereich

höhere Verletzungs- und Mittelspannungsempfindlichkeit beträchtliche Kostenaufwand. Trotzdem wird eine Vielzahl
nitrierter Oberflächen. Gewindebereiche dürfen deshalb auf von Verfahren und Schichten im Labormaßstab entwickelt
keinen Fall nitriert werden. und erprobt, da nach wie vor Bedarf an speziellen maßge-
Lange Zeit etwas vernachlässigt waren die mechanischen schneiderten Lösungen für technisch anspruchsvolle Motor-
Verfestigungsverfahren, obwohl sie das größte Potenzial der bereiche, wie das System Kolben–Kolbenringe–Laufbuchse,
Festigkeitssteigerung bei Metallen besitzen. Bereits ein- besteht. Hier werden in Ergänzung zu den bekannten Ver-
faches Reinigungsstrahlen von Guss- oder Knetlegierungen fahren des chemischen und elektrochemischen Beschich-
kann zu merklichen Dauerfestigkeitserhöhungen führen. tens, des Metallspritzens und Auftragsschweißens vor allem
Die Palette der Möglichkeiten reicht dabei über Festigkeits- von den Techniken der physikalischen und chemischen Gas-
strahlen, Schlagverdichten und Rollen bis zu den verschie- phasenabscheidung (Physical und Chemical Vapour Deposi-
denen Methoden des Glatt- und Festwalzens [10-26]. Für tion/PVD und CVD) Lösungen erwartet.
die Eigenschaftsverbesserungen sind je nach Verfahren
Glättungen der Mikrogeometrie und plastische Verfor- 10.6 Entwicklungstendenzen
mungen der Randbereiche mit Festigkeitserhöhung und
geeigneter Druckeigenspannungsausbildung in ähnlicher
10.6.1 Werkstoffe
Weise wie bei den thermischen Verfahren verantwortlich.
Ein interessantes Sonderverfahren stellt das Autofrettieren Eine große Zahl von Zielsetzungen moderner Motorenent-
(Selbstschrumpfen) von innendruck-beaufschlagten Bautei- wicklungen ist bereits durch das Leistungspotenzial konven-
len dar, bei dem durch einmalige Beanspruchung mit sehr tioneller, bekannter Werkstoffe erfüllbar, wenn die Möglich-
hohem Innendruck die Innenoberfläche plastifiziert und keiten konstruktiver Gestaltung, moderner Herstellungs-,
unter Druckvorspannungen gesetzt wird. Das Verfahren Bearbeitungs- und Behandlungstechnologie konsequent ge-
ist geeignet, bei nahtlos gezogenen Einspritzleitungen aus nutzt werden. Die große Teilevielfalt mit unterschiedlichen
St30Al Drücke über 1500 bar zuverlässig zu beherrschen. und komplexen Beanspruchungsmechanismen sowie neue
Anforderungen des Motorenbaus sind jedoch nach wie vor
10.5.3 Beschichtungsverfahren für die Nachfrage nach werkstofftechnischen Innovationen
bestimmend, Bild 10-13. Weiter zunehmende Bedeutung ha-
Während bei den gleitenden und auf Verschleiß beanspruch- ben dabei die Anforderungen des Leichtbaus für Fahrzeug-
ten Bauteilen des Motors Beschichtungstechniken wesent- motoren [10-34], [10-35].
liche Entwicklungssprünge ermöglichten, ist ihr Anteil bei Sehr große Erwartungen wurden in die Substitution kon-
den übrigen Bauteilgruppen noch vergleichsweise gering, ventioneller Metalle durch Strukturkeramik gesetzt. Hierun-
Tabelle 10-4. Hinderlich sind die i. d. R. notwendige Unter- ter werden im Motorenbau nichtmetallische, anorganische
brechung des Fertigungsablaufs und der zusätzliche, häufig Werkstoffe auf der Basis von Nitriden, Karbiden und Metall-
10.6  Entwicklungstendenzen    393

Tabelle 10-4  Anwendungsmöglichkeiten für Beschichtungen von Motorbauteilen

Beschichtungsverfahren Schichtart Anwendung


elektrochemische (galvanische und che- –  Cr Zylinderlaufbuchsen, Zylinderköpfe, Ventilschäfte, Kolbenoberteile,
mische Abscheidung Kolbenringnuten
–  Cr, Cr-Al203 Kolbenringe
–  Ni-SiC/NiKasil Zylinderlaufflächen
–  PbSnCu/CuPb Gleitlagerlaufschichten
–  Zn Gewindeteile, Schrauben, Leitungen
–  Zn/Mn-Phosphat Bauteile aus niedriglegiertem Stahl, Schrauben
–  (Hart-)Anodisierschichten Aluminiumbauteile, Kolben
Abscheidung aus der Gasphase (PVD) –  TiN Einspritzpumpenkolben, Steuerungsteile,
–  WC/C Einspritzpumpenkolben, Steuerungsteile, Gleitringdichtungen
–  AlSn Gleitlagerlaufschichten
Spritzverfahren –  Mo Kolbenringe, Laufflächen für Radialwellendichtringe
–  metallische/keramische Mischschichten Kolbenringe
–  Zr02 abgasführende und brennraumbegrenzende Teile
Auftragsschweißen –  Hartlegierungen Ventile, Ventilsitze
Lackieren/mechanisches Auftragen –  Graphitierung Kolben
–  Gleitlack Schrauben
–  Kunststoffüberzüge seewasserführende Kühlerbauteile, Feder
–  metallhaltige Einbrennschichten Schrauben, Federn

oxiden verstanden. Nachdem sich der physikalische Ansatz anforderungen auch für faserverstärkte oder weiterentwi-
des brennraumisolierten, wärmedichten Motors mit besse- ckelte, pulvermetallurgisch hergestellte Aluminiumlegie-
rem, thermischem Wirkungsgrad als nicht zutreffend erwie- rungen zu erwarten. Wegen der Möglichkeiten zur Reduzie-
sen hat (s. Abschn. 7.2), werden Anwendungsmöglichkeiten rung von Gewicht, Geräusch und Kosten besteht zuneh-
zukünftig vor allem im Hinblick auf Reduzierung von Rei- mendes Interesse an der Verwendung von Polymerenwerk-
bung und Verschleiß (Kolbenringe, Laufbuchsen und Ven- stoffen in geringer belasteten Bereichen der Motorperipherie
tilführungen), Verringerung bewegter Massen (Ventile, Kol- (Deckel, Luftführungen usw.).
benbolzen und ATL-Turbinenräder) und Wärmeisolierung In Konkurrenz zur Strukturkeramik treten heute immer
im Abgastrakt gesehen [10-28], [10-29]. Obwohl keramische häufiger die Intermetallischen Phasen wie z. B. Nickel- oder
Werkstoffe in vielen Eigenschaften Stahl überlegen sind Titanaluminide. Die nur geringfügig höhere Dichte der
(Tabelle 10-5), ist eine Substitution bei den meisten Motor- Intermetallischen Phasen (Titanaluminide ρ = 3,8 g/cm3) im
teilen allein aus Kostengründen nicht zu erwarten. Zusätz- Vergleich zur Strukturkeramik (Siliziumnitrid ρ = 2,5…3,2 
lich sind Defizite beim Verformungs- und Versagensverhal- g/cm3) bei gleichzeitig höherer Duktilität macht diese Werk-
ten konstruktiv zu berücksichtigen und entwicklungstech- stoffgruppe für Bauteile von Verbrennungskraftmaschinen
nisch zu minimieren. Wahrscheinlich werden neben einzel- interessant, die hohen Beschleunigungen und Temperaturen
nen, bereits heute üblichen Strukturkeramikteilen, wie ausgesetzt sind [10-36]. Erste Anwendungen im Bereich
hochbeanspruchten Wasserpumpengleitringen und Stößel- Turbinenräder oder Auslassventile sind zurzeit in Erpro-
rollen, vor allem weiterentwickelte keramische Schichten, bung. Neben den Intermetallischen Phasen sollen auch
wie für Kolbenringe, serienmäßige Anwendung finden. massiv aufgestickte, austenitische Stähle (High Nitrogen
Technisch möglich sind bereits heute Wärmeisolationen Steels) als Ventilwerkstoffe zum Einsatz kommen.
durch Beschichtung und Verbundkonstruktionen, ATL- Auf dem Gebiet der Stähle werden die AFP-Sorten in
Turbinenräder mit kleineren Durchmessern sowie Ventile Richtung höherer Festigkeits- und Dehngrenzenwerte wei-
und andere Teile der Motorsteuerung. terentwickelt. Teure Legierungselemente werden durch Bor-
Einsatzmöglichkeiten von keramischen Werkstoffen in oder massive Stickstoffzugabe ersetzt. Die Reihe der Guss­
Kolben oder ATL-Verdichterrädern sind bei Hochleistungs- eisensorten kann durch höherfeste, zwischenstufenvergüte-
394    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

Bild 10-13  Zukünftige Ziele der Werkstoffentwicklung

Tabelle 10-5  Keramische Werkstoffe für den Motorenbau. Eigenschaftswerte im Vergleich zu Stahl

Eigenschaften Dichte p Elastizitäts­ Längenausdeh- Wärmeleit­ Zug- bzw. Biege- max. Ein- Eigenschaften
Werkstoffe g/cm3 modul E GPa nungskoeff. α fähigkeit λ festigkeit R MPa satztemp. mögliche Anwendungen
10–6 m/(m · K) W/(m · K) Tmax °C
Siliziumnitrid Si3N4 2,5…3,2 180…320 3,0…3,5 11…35 220…700 >1400 Kolben, Laufbuchseneinsatz,
Vorkammer, Ventilführung,
Siliziumkarbid SiC 2,5…3,2 350…410 4,4…4,8 70…90 300…450 1600 ATL-Turbinenrad
Aluminiumoxid 3,9 360 4,0 30 300 1200…1900 Gleitring, Strukturverstär-
Al2O3 kung
Zirkonoxid ZrO2 5,8 200 9,5 2,5 >500 900 Kolben, Laufbuchseneinsatz,
Zylinderkopfplatte, Ventil,
Portliner
Aluminiumtatanat 3,2 20 2,0 2,0 40 900 Kolbenmulde, Portliner
Al2TiO5
Vergütungsstahl 7,8 210 11,0 50 1000 500 Triebwerksteile
34CrNiMo6
10  Literatur    395

te, bainitische Sphärogusssorten ergänzt werden. Vermicu- werden Überlegungen zu gezieltem Recycling von Bauteilen
largraphitguss kann bei prozesssicherer Darstellung des und Stoffen zukünftig eine Rolle spielen. Dabei sind vorran-
Gefügezustandes (Sinter Cast-Verfahren) eine deutliche gig noch logistische Probleme zu lösen.
Zunahme erfahren. Anspruchsvolle Aufgabenstellungen auf dem Gebiet der
Bei Leichtmetallen wird für Bauteile wie Kurbelgehäusen, Schadstoffminimierung im Abgas werden in Zukunft gänz-
Zylinderhaubendeckel und Ölwannen, die Verwendung von lich neue Lösungen erfordern. Dabei besteht vor allem
Magnesiumlegierungen weiter vorangetrieben werden, um Bedarf für geeignete, auch bei tiefen Temperaturen wirk-
die Leistungsgewichte für Fahrzeugmotoren weiter zu ver- same Katalysatormaterialien sowie an Werkstoffen und
bessern. Elementen zur Russfilterung. Auf diesem Gebiet sind inno-
An unkonventionellen Werkstoffen, z. B. Feinkornkohlen- vative Beiträge zur Absicherung und Weiterentwicklung der
stoff für Kolben und intermetallischen Titan- oder Ni­ckel­ Wettbewerbsfähigkeit des Dieselmotors auf dem Markt zu
aluminiden als Ersatz für hochwarmfeste Legierungen, wird erwarten.
weiter gearbeitet und optimiert werden [10-30].

10.6.2 Verfahren Literatur


Wesentliche Bedeutung im Hinblick auf wirtschaftliche Fer- 10-1 Sperber, R. (Hrsg.): Technisches Handbuch Diesel-
tigung wird der Weiterentwicklung und Vervollkommnung motoren. Abschn. 9, Berlin: Verlag Technik 1990
der Verfahrenstechnik zukommen. Die in Abschn. 10.5 be- 10-2 Schmidt, R.M.; Trebs, J.: Werkstoffe im Hochleis­
schriebenen Methoden werden optimiert und durch Neu- tungsdieselmotor. Ingenieur-Werkstoffe 4 (1992) 1/2,
entwicklungen ergänzt werden. Aus der großen Zahl ver- S. 56–59
schiedenartiger Verfahren seien beispielhaft genannt: 10-3 Bargel, H.J.; Schulze, G. (Hrsg.): Werkstoffkunde. 9.
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– Bruchtrennen von Pleuelstangen und Grundlagerdeckeln Metals Park, Ohio 44073
(Fracture Splitting), 10-5 Stahlschlüssel. 20. Aufl. Marbach: Verlag Stahlschlüs-
– Umschmelzen und Auflegieren von Oberflächen­schich­ sel 2004
ten, 10-6 Aluminium-Zentrale (Hrsg.): Aluminium Taschen-
– Laserlegieren von AL-Laufbuchsen, buch. Bd. 1, 16. Aufl.: Grundlagen und Werkstoffe
– Laser- und Elektronenstrahlschweißen der Verbindung (2002); Bd. 2, 13. Aufl.: Umformen, Gießen, Oberflä-
Turbinenrad/Welle, chenbehandlung (1999); Bd. 3, 16. Aufl.: Weiterver-
– Laser- und Elektronenstrahlhärten der Radiallager­ arbeitung und Anwendung (2003). Düsseldorf:
laufflächen von Turbinenläufern, Alumi­nium Verlag
– Ionenstrahltechnik (Implantieren). 10-7 Klein, M.: Einführung in die DIN-Normen. 13. Aufl.
Berlin: Beuth 2001
Das zukünftige Potenzial der einzelnen Methoden ist jedoch 10-8 Coenen, H.P.; Wetter, E.: Das Pressenschmieden von
noch schwierig abzuschätzen [10-11], [10-26], [10-31], [10- Kurbelwellen. Thyssen Edelstahlwerke AG: Techni-
32], [10-34], [10-35]. sche Berichte (1988) 2
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10.6.3 Umwelt Kraftfahrzeug-Kurbelwellen. Schmiede-Journal
(2001) 9
In den vergangenen Jahren musste bereits eine Reihe um- 10-10 Adlof, W.: Fortschritte beim Schmieden großer Kur-
weltgefährdender und -belastender Stoffe substituiert wer- belwellen. Schmiede-Journal Report 1999
den. Dies war in einigen Fällen mit Problemen verbunden. 10-11 Pischel, H.: Stand und Entwicklungstendenzen beim
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Phosphat- und Zinküberzüge sowie von Asbest durch andere 12, S. 949–955
Faserwerkstoffe. Wegen neuerer Erkenntnisse und Anforde- 10-12 Benz, G.: Harte Schichten für hohe Beanspruchun-
rungen sind weitere Entwicklungen und Veränderungen zu gen. Bosch Research Info (2001) 3
erwarten. Zurzeit werden Cr(VI)-freie Korrosionsschutz- 10-13 Greuling, S., et al.: Dauerfestigkeitssteigerung durch
schichten insbesondere für Schrauben (s. Abschn. 10.2.3.) Autofrettage. FVV e.V., Heft R 506, Frankfurt 2000,
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396    10  Werkstoffe und ihre Auswahl

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