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Fundamentals of Thermal Fluid Sciences 5th Edition Cengel Solutions Manual

Fundamentals of Thermal Fluid


Sciences 5th Edition Cengel Solutions
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Fundamentals of Thermal Fluid Sciences 5th Edition Cengel Solutions Manual

2-1

Solutions Manual
for
Fundamentals of Thermal Fluid Sciences
5th Edition
Yunus A. Çengel, John M. Cimbala, Robert H. Turner
McGraw-Hill, 2017

Chapter 2
BASIC CONCEPTS OF THERMODYNAMICS

PROPRIETARY AND CONFIDENTIAL

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2-2
Systems, Properties, State, and Processes

2-1C The radiator should be analyzed as an open system since mass is crossing the boundaries of the system.

2-2C The system is taken as the air contained in the piston-cylinder device. This system is a closed or fixed mass system
since no mass enters or leaves it.

2-3C A can of soft drink should be analyzed as a closed system since no mass is crossing the boundaries of the system.

2-4C Intensive properties do not depend on the size (extent) of the system but extensive properties do.

2-5C If we were to divide the system into smaller portions, the weight of each portion would also be smaller. Hence, the
weight is an extensive property.

2-6C Yes, because temperature and pressure are two independent properties and the air in an isolated room is a simple
compressible system.

2-7C If we were to divide this system in half, both the volume and the number of moles contained in each half would be
one-half that of the original system. The molar specific volume of the original system is
V
v 
N
and the molar specific volume of one of the smaller systems is
V/ 2 V
v  
N /2 N
which is the same as that of the original system. The molar specific volume is then an intensive property.

2-8C A process during which a system remains almost in equilibrium at all times is called a quasi-equilibrium process.
Many engineering processes can be approximated as being quasi-equilibrium. The work output of a device is maximum and
the work input to a device is minimum when quasi-equilibrium processes are used instead of nonquasi-equilibrium
processes.

2-9C A process during which the temperature remains constant is called isothermal; a process during which the pressure
remains constant is called isobaric; and a process during which the volume remains constant is called isochoric.

2-10C The pressure and temperature of the water are normally used to describe the state. Chemical composition, surface
tension coefficient, and other properties may be required in some cases.
As the water cools, its pressure remains fixed. This cooling process is then an isobaric process.

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2-3
2-11C When analyzing the acceleration of gases as they flow through a nozzle, the proper choice for the system is the
volume within the nozzle, bounded by the entire inner surface of the nozzle and the inlet and outlet cross-sections. This is a
control volume since mass crosses the boundary.

2-12C The specific gravity, or relative density, and is defined as the ratio of the density of a substance to the density of
some standard substance at a specified temperature (usually water at 4°C, for which H2O = 1000 kg/m3). That is,
SG   /  H2O . When specific gravity is known, density is determined from   SG   H2O .

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der sich riesig zu belustigen schien und dabei ein ungemein
komisches Gesicht schnitt.
Die Augen in dem runzligen, sonst stets verbissenen
Mopsgesicht waren verschwindend klein geworden und erschienen
nur mehr als zwei schmale Striche. Den ganzen magern Körper des
Herrn Rat schüttelte es vor Lachen, und sein Kopf wackelte
ununterbrochen hin und her wie der Perpendikel einer alten Uhr. Die
Zigarre behielt er fest zwischen den Zähnen eingeklemmt und lachte
in einem fort.
Es war ein erlösendes, befreiendes Lachen, das sich nun allen
mitteilte. Einem nach dem andern. Sie wußten nicht, worüber sie im
Grunde lachten. Sogar Patscheider lachte mit und schließlich auch
der Doktor Rapp.
„Warum wir jetzt eigentlich lachen, wissen wir zwar alle selber
nit!“ äußerte sich der Patscheider über eine Weile und hielt sein Glas
dem Rat Leonhard entgegen, um mit ihm anzustoßen.
„Wohl ... i schon ... i weiß es schon!“ meinte der alte Herr
vergnügt. „I lach’ über Ihnen, Herr Patscheider. Grad’ über Ihnen!“
sagte er und nickte dem Kaufmann stillvergnügt zu.
„Über mich?“ tat der Patscheider verwundert. „Ja ...“
„Ja, über Ihnen, weil Sie so viel vergeßlich sind!“ Der alte Herr
hob jetzt seinen Zeigefinger und sagte in eindringlichem, väterlichem
Ton: „I mein’, Herr Patscheider, es sind doch immer S i e derjenige,
der davonlauft bei einem Streit, nit der Doktor Rapp. Aber jetzt täten
Sie den Spieß umkehren. Jetzt wär’s e r auf einmal, der vor Ihnen die
Flucht ergreift. Sie sind schon einer! A ganz a G’scheiter!“ Und
neuerdings bekam der alte Herr einen Lachanfall. „Sie sind schon
der Richtige, Sie! Aber so ist’s alleweil im Leben. Da schiebt man’s
alleweil den andern in die Schuh’, was man nit gern zugibt.“
Patscheider mußte nun selber herzlich mitlachen. Er hatte heute
entschieden seinen guten Tag und nahm nichts übel, was ihm der
alte Herr unter die Nase rieb.
„Recht haben’s, Herr Rat, ganz recht!“ bestätigte er zustimmend.
„Und jetzt, Sophie, bringst mir noch a Halbe Wein, weil wir so fein
beisammen sind!“ sagte er vergnügt und zwinkerte dem Mädchen
vertraulich zu.
„I bin nit per Du mit Ihnen!“ gab die Sophie schnippisch zurück.
„Macht nix. Was nit ist, kann noch werden!“ sagte der
Patscheider. Er nahm heute einmal gar nichts krumm ...
Am Heimweg raffte der Apotheker Tiefenbrunner seinen ganzen
Mut zusammen und erklärte seiner Frau mit aller Entschiedenheit,
daß er mit oder ohne ihre Einwilligung den Felix „auf die Kunst“
studieren lassen werde. „Denn,“ sagte er, „i hab’ heut’ abend
g’sehen, der Felix hat bei allen Herrn einen Stein im Brett. Und es
könnt’ mich nur unbeliebt machen, wenn wir ihm das Geld zur
Malerei nicht hergeben täten. Deswegen ist’s g’scheiter, wir fügen
uns. Gelt, Alte?“
Die „Alte“ nickte und gab völlig kleinlaut ihre Zustimmung. Sie
hatte im Laufe des Abends noch manches böse Wort der Damen mit
anhören müssen und fühlte sich ganz klein und nachgiebig.
Da war die Frau Patscheider, die ihr gehörig zugeredet hatte und
ihr erklärte, daß ein Künstler viel was Gescheiteres sei als wie ein
Beamter.
Der Zorn der Frau Patscheider über ihren Gatten war bald
verraucht. Sie war, als dieser durch sein energisches
Dazwischentreten den Doktor Rapp zum Dableiben bewog,
ordentlich stolz auf ihren Mann und verzieh ihm in diesem
Augenblick alles. Er war doch ein großer Mann, dachte sie; da durfte
man nicht so kleinlich sein. Und da sie zu bemerken glaubte, daß ihr
Mann ein Interesse an dem Felix Altwirth nahm, so hielt sie es für
ihre Pflicht, nun ihrerseits die Apothekerin tüchtig zu bearbeiten.
In allen Tonarten schilderte sie Frau Therese Tiefenbrunner das
Künstlerleben. Wie schön das sei, und wie viel Geld das trage. Alles,
was sie je darüber gehört und gelesen hatte, erzählte sie der
Apothekerin. Und jede von den Damen brachte einen neuen Grund,
warum der Felix ein Künstler werden müsse. Schließlich wurde es
der Apothekerin ganz schwummrig im Kopf. Sie sagte zu allem Ja
und Amen und sehnte sich dabei, nach Hause zu kommen und ihre
Ruhe zu haben.
Jetzt am Heimweg begann auch noch ihr Mann davon zu
sprechen, und das in so kategorischer Weise, wie er es nie zuvor
getan hatte.
Frau Therese Tiefenbrunner war im Grunde ihres Herzens gut.
Und ihr ganzer Widerstand gegen den Künstlerberuf ihres Neffen
ging von dem einen ehrlichen Beweggrund aus, daß sie ihm eine
gesicherte Existenz verschaffen wollte. Es war nicht Bösartigkeit,
daß sie sich widersetzte, sondern Verständnislosigkeit. Sie hielt die
Kunst für eine höchst unnotwendige und überflüssige Sache im
Leben. Für etwas, wo man dabei verhungern konnte, wenn man
wollte. Und trotz allem Zureden der Damen hatte sie keine andere
Meinung bekommen.
Als sie jetzt ihrem Mann ihre Einwilligung gab, tat sie es mit
innerem Widerstreben und handelte gegen ihre Überzeugung. Aber
sie sah, daß es wirklich der ernste Wille und Vorsatz ihres Gatten
war, und sie wollte den Frieden zwischen ihm und ihr erhalten. Sie
beschloß jedoch, noch ernstlich mit dem Felix zu reden und ihm
alles vor Augen zu stellen.
Nach ihrer Meinung hätte er als absolvierter Jurist ganz andere
Aussichten haben können. Und wenn ihn das Jus schon nicht freute,
so hätte er ja Pharmazie studieren können, um bei ihrem Mann ins
Geschäft zu treten ...
Der Apotheker Simon Tiefenbrunner verkündete es gleich am
nächsten Morgen persönlich seinem Neffen, daß er und seine Frau
ihm seinen Wunsch erfüllen wollten. Er könne nach München auf die
Akademie gehen.
München! Ein neues Leben tat sich vor den Augen des jungen
Mannes auf. Ein freies, schönes Land, ein Traumland von Glück,
Ruhm, Arbeit und Erfolg.
München! ... Felix Altwirth war so gerührt, daß er schnurstracks
zu seiner Tante lief, um ihr zu danken. Im Überschwang seiner
Gefühle vergaß er, wie viele bittere Stunden ihm diese Frau schon
bereitet hatte. Er vergaß die bösen Reden, die sie ihm gegeben, und
war so begeistert, daß er ihr sogar die Hand küßte, was er noch nie
getan hatte.
Aber auch Frau Therese vergaß vollständig, daß sie ihm noch
gute Ermahnungen und Lehren hatte erteilen wollen. Seine kindliche
Freude rührte sie. Sie verstand diese Freude zwar nicht, aber
trotzdem gefiel sie ihr ...
Mit leichtem Herzen nahm Felix Altwirth Abschied von seiner
Heimat. Nicht einmal der Abschied von Sophie fiel ihm schwer. Er
war voll Hoffnung und Zuversicht und voll Vertrauen auf seine
Zukunft. Dort in der Stadt der Künstler würde auch er sein Glück
erringen. Ein großes, seliges und dauerhaftes Glück.
Achtes Kapitel.

D ie Apothekerin hatte damals abends beim Weißen Hahn den


Doktor Rapp doch nicht unbillig zurechtgewiesen. Die Damen
von der Stammtischgesellschaft beredeten es jetzt oft untereinander
und bereuten es, daß sie so unachtsam gewesen waren. Sie hatten
seitdem beinahe eine Art Ehrfurcht vor dem Scharfblick der
Apothekerin.
Eigentlich hatte sie damals nicht nur den Doktor Rapp, sondern
sie alle gewarnt. Er solle vor seiner Tür kehren, hatte sie gesagt, und
es habe nämlich jedermann grad’ genug zu tun, wenn er auf sich
selber achtgebe. Das war eine Warnung gewesen, die sie alle
zusammen in den Wind geschlagen hatten.
Es war gut gemeint von der Apothekerin, wenn es auch grob
ausgedrückt war. Das sahen sie jetzt alle ein. Die Apothekerin war
halt einmal so. Etwas grob und unbeholfen. Und deshalb hatten sie
Frau Therese Tiefenbrunner nie sonderlich ernst genommen. Mit
Unrecht. Denn Frau Therese war doch eine gescheite Frau.
Unbedingt war sie in diesem Fall die Scharfsichtigste von ihnen allen
gewesen. —
Es gab ein ungeheures Aufsehen in Innsbruck, als der Advokat
Doktor Valentin Rapp die Kellnerin Sophie Zöttl als sein eheliches
Weib heimführte. Und so schnell und überstürzt trug sich dieses
unerhörte Ereignis zu, daß die Innsbrucker erst wenige Wochen vor
der Hochzeit davon Kenntnis erhielten. Nicht einmal seine besten
Freunde hatte der Rechtsanwalt in diese Angelegenheit eingeweiht.
Und sobald die Sache in Innsbruck einmal ruchbar wurde, war der
Doktor Rapp schon nirgends mehr zu sehen.
Die Herren am Stammtisch schüttelten bedächtig die Köpfe. Sie
waren nicht einverstanden mit der Wahl des Rechtsanwaltes. Eine
Kellnerin, und wenn sie hundertmal die Sophie war, bedeutete halt
doch keine standesgemäße Heirat. Man scherzte und lachte und
unterhielt sich mit so einem Mädel, und wenn man wollte ... Die
Herren sprachen sich nie klar aus über diesen Punkt, aber sie
verstanden einander recht gut. Wenn man wollte ... ja, das schon ...
aber man heiratete doch nicht gleich.
Der Kaufmann Patscheider äußerte sich abends beim
Stammtisch ganz besonders scharf dagegen. So scharf, daß es
endlich dem alten Rat Leonhard zu bunt wurde und er sich einmal
über die Angelegenheit ausließ. Denn der Patscheider brachte es
schließlich so heraus, als ob auf die Wirtin die Schuld an der ganzen
Heiraterei fiele.
Frau Maria Buchmayr war wirklich so unschuldig wie ein
neugebornes Kind. Als ihr die Sophie kündigte und um ihre sofortige
Entlassung bat, weil sie heiraten müsse, da schlug die Wirtin in
hellichter Verwunderung die Hände über dem Kopf zusammen und
rief: „Ja, um Gotteswillen, Sophie, bist narrisch worden ... Jetzt auf
einmal ... heiraten! Ja, wo hast denn du überhaupt an Mann
auftrieben?“
Die dicke Wirtin war so aufgebracht, daß sie vor Empörung kaum
Atem schöpfen konnte. So eine Rücksichtslosigkeit von dem Mädel!
Sie im Stich zu lassen! Von ihr fort zu gehen! Wo es ihr doch so gut
ging. Und alles nur, weil sie heiraten müsse. So was!
Die Wirtin war hochrot im Gesicht vor ehrlicher Entrüstung, und
ihre dunklen Augen standen ihr heraus wie die schwarzen Tupfen
auf den Fühlern einer Schnecke.
„Wirst dir wohl a recht’s Elend auftun!“ sagte die Wirtin in
ehrlichem Zorn. „Ihr Madeln könnt’s es ja nie nit erleiden, wenn’s enk
z’gut geht. Ganz wie bei die Goas. Wenn’s denen z’wohl ist, nacher
kratzen sie sich, hoaßt’s. Und so ist’s bei enk aa!“ Frau Buchmayr
stellte sich in ihrer ganzen Breite vor die Sophie hin und fuchtelte ihr
mit den beiden fleischigen Händen erregt vor dem Gesicht herum.
„Not und Elend wirst haben und an Haufen Fratzen. Und z’ruck wirst
denken an mi und an Weißen Hahn, wie du’s da gut g’habt hast!“
„Ja, aber, Frau Buchmayr, Sie lassen Ihnen ja nit amal erzählen,
w e n i heirat’. Interessiert Ihnen denn das gar nit?“
„Naa!“ sagte die Wirtin zornig. „Gar nit! Wird schon a rechter
Schlott sein, a Fallott, a ...“
„Sie, aber da wird der Doktor Rapp schauen, wenn i ihm das
erzähl’. Er und a Schlott und a Fallott!“ lachte die Sophie laut und
herzlich.
Die Wirtin mußte sich rasch nach einer Sitzgelegenheit schauen.
Sonst wäre sie vor lauter Schreck umgefallen. „Wa—a—a—s!“
keuchte sie nach Luft schnappend und öffnete sich die beiden
obersten Knöpfe ihrer Bluse; denn sie glaubte ersticken zu müssen.
Dann wischte sie sich mit dem Rücken ihrer rechten Hand den
Schweiß von der Stirn. „Wa—a—a—s sagst, der Doktor Rapp?“
„Ja freilich!“ nickte die Sophie bestätigend. „Wer denn sonst?
Und bald wird g’heiratet. In vier Wochen bin i schon Frau Doktor.
Gelt, da schauen’s!“ fügte sie mit einiger Schadenfreude hinzu.
Die Wirtin schaute allerdings, aber ganz blödsinnig. Sie verstand
es einfach nicht. Der Doktor Rapp und die Sophie. Wie das nur
zugegangen war? Sie hatte doch nie das Geringste bemerkt, daß
sich zwischen den beiden etwas anbandelte. Und sie hatte in
solchen Dingen doch gewiß eine feine Nase. Sah und hörte mehr als
andere Leute. Aber da ... nein ... nichts hatte sie bemerkt. Rein gar
nichts.
Die Sophie war ungemein belustigt über das Erstaunen der
Wirtin. „Ja, ja, es ist schon wirklich so!“ versicherte sie. „Und weil’s
so ist, so werden’s schon ein Einsehen haben, Frau Buchmayr, und
mich gleich entlassen. I kann doch da jetzt nimmer Kellnerin sein.
Das werden’s doch begreifen!“ redete sie auf die Wirtin ein. „I fahr’
jetzt dann gleich nach Rattenberg hinunter zu meiner Ziehmutter und
richt’ mir die Aussteuer, und dann wird g’heiratet. Aber nacher, Frau
Buchmayr, werden’s sehen, wie fleißig i daher komm’ zu Ihnen mit
mein’ Mann. I muß mir doch die neue Kellnerin anschauen, die Sie
Ihnen dann eintun!“ scherzte sie. „I bin neugierig, ob die ihr Sach’
auch so gut versteht wie ich.“
„Naa, Sophie, das glaub’ i nit! So gut wie du, das gibt’s nimmer!“
erwiderte Frau Buchmayr mit starker Betonung.
Die Sophie erschien ihr jetzt auf einmal ganz unheimlich. Wie das
nur zugegangen war? Mit rechten Dingen sicher nicht. Davon war
sie felsenfest überzeugt. Und sie sagte es auch am Stammtisch zu
ihrer Verteidigung, da sie alle so über sie herfielen.
Der Herr Rat Leonhard schien ihr recht zu geben. Er war ein alter
Jurist, und in seiner Praxis waren ihm viele merkwürdige Fälle
vorgekommen. Er hatte es gelernt, alles, auch das Unerhörteste im
Leben menschlich begreiflich zu finden und zu verstehen. Auf diese
Weise war der Rat Leonhard ein tiefer Denker und ein Philosoph
geworden.
Als sich der Patscheider gar so ereiferte und der Wirtin mit
groben Worten vorwarf, sie hätte die Sache rechtzeitig verhindern
müssen und die Sophie zum Teufel jagen sollen, da meinte der alte
Herr ganz ruhig: „Sie, Herr Patscheider, sei’n Sie froh, daß die
Sophie es nit auf Ihnen hat abg’sehen g’habt. Da wären Sie auch
verloren g’wesen dabei. Denn was a Weib w i l l , das kriegt’s auch.
Auf den Willen kommt’s an, nur auf den Willen!“ nickte er mehrere
Male zur Bekräftigung vor sich hin.
„Darum hat der Herr Rat keine kriegt, weil ihn keine mögen hat!“
meinte der Baurat Goldrainer mit gutmütigem Spott.
Der alte Herr sah den Baurat einen Moment mit prüfenden
Blicken an, aber er sagte kein Wort. Nicht ja und nicht nein. Er
rauchte ruhig und phlegmatisch an seiner Pfeife weiter und machte
wieder sein verdrossenes Mopsgesicht. Hörte still und gelassen zu,
wie die Herren erregt den Fall Doktor Rapp diskutierten, als gäbe es
eine hochwichtige Staatsaktion zu verhandeln ...
Sophie Zöttl war gleich am nächsten Tage nach der Unterredung
mit der Wirtin nach Rattenberg gefahren zu ihrer Pflegemutter, der
Ennemoserin. Auch Doktor Rapp war mit ins Unterland gefahren. Er
wollte dem Klatsch und dem Aufsehen in Innsbruck entgehen und
sich erst nach vollzogener Trauung wieder bei seinen Freunden und
Bekannten vorstellen.
Hätte man den Rechtsanwalt gefragt, wieso dieser plötzliche
Umschwung in seiner Gesinnung gekommen war, so hätte er keinen
Grund anzugeben gewußt. Er war sich vollständig im unklaren, wie
er dazu kam, die Sophie zu heiraten.
Das Mädchen hatte ihre Rolle geschickt gespielt. Sie hatte den
älteren Mann sachte umgarnt. Ganz sachte. Bis sein Blut in Wallung
kam, immer mächtiger und mächtiger. Und immer mehr verstand sie
es, seine Leidenschaft zu entfachen, bis er keinen andern Gedanken
mehr nährte, sich keines andern Wunsches bewußt war als dieses
einen, Sophie zu besitzen.
Er kannte sich selber nicht mehr; er wollte sich auch nicht mehr
kennen. Er ließ sich umgarnen von der Leidenschaft und lebte in
dieser wie in einem Traum. Er war nicht mehr er selber. Es war ein
anderer Mensch, der da handelte und sprach.
Zum erstenmal in seinem Leben hatte ihn die Leidenschaft für ein
Weib in solchem Maße gefangen genommen. Er hatte ja öfter
geliebt, aber er war stets der kühle, klare Beobachter seiner Gefühle
geblieben.
Sophie hatte es verstanden, ihn zu formen und umzumodeln, wie
sie es wünschte. Das Mädchen hatte sich selbst allmählich zu der
Überzeugung gebracht, daß auch sie eine warme und innige Liebe
für den Rechtsanwalt empfinde. Sie spielte sich und ihm die
Komödie rasender Verliebtheit vor und wußte sich schließlich selber
keine Rechenschaft mehr darüber zu geben, wie weit ihre Liebe zu
diesem Mann ging.
Durch dieses fortgesetzte Spiel mit den Flammen der
Leidenschaft, die sie bei dem Manne entzünden wollte, entfachte sie
ihr eigenes wildes Blut. Sie tat sich keinen Zwang an. Sie wußte,
daß sie ihrem zügellosen Temperament volle Freiheit gewähren
durfte, wenn sie ihr Spiel gewinnen sollte. Nicht nur durfte, sondern
sogar mußte. Und so wurde sie allmählich zu jenem
leidenschaftlichen Weib, das Doktor Storf in ihr zu wecken fürchtete.
Der Rechtsanwalt war ihr mit Leib und Seele verfallen. Er hing an
ihr und konnte sich ein Leben ohne sie nicht mehr denken. Und das
war der Zeitpunkt, wo Sophie geschickt die Forderung an ihn stellte,
daß er sie zu seiner Frau machen solle. Ohne Weigern, ja sogar mit
Freuden war er darauf eingegangen ...
In der stillen Klosterkirche zu Mariathal hatte die Trauung
stattgefunden, im Beisein der Ennemoserin und der Schwester
Salesia. So war es Sophiens Wunsch gewesen, und ihr Bräutigam
hatte sich mit allem einverstanden erklärt. Er war ein Mann, der allen
Zeremonien, mochten sie nun mit der Kirche zusammenhängen oder
nicht, vom Grunde seines Herzens aus abgeneigt war. Und er hatte
auch in diesem einen Fall nur das Verlangen, die Zeremonie der
Trauung so still und so rasch als möglich und ohne viel Aufhebens
zu erledigen.
Es gefiel Doktor Rapp, daß Sophie den romantischen Wunsch
äußerte, gerade in Mariathal getraut zu werden. Schon deshalb
gefiel es ihm, weil er dem Mädchen diese Weichheit des Empfindens
eigentlich nicht zugetraut hatte und davon überrascht war.
Sophie hatte ihm im Laufe der Zeit ihr ganzes Leben erzählt. Er
wußte, daß sie ein Karrnermädel war, und begriff jetzt auch die
Wildheit ihres Temperamentes, die ihm früher manchmal unerklärlich
erschienen war. Daß Sophie noch immer mit so viel Liebe und
Anhänglichkeit der alten asthmatischen Klosterschwester zugetan
war, machte ihm einen außerordentlich guten Eindruck. Es verriet
ihm ein weiches, dankbares, fast kindliches Gemüt.
Die Ennemoserin als Brautmutter hatte einen schönen, stolzen
Tag in ihrem Leben. Nun hatte sie es ja erreicht, was sie erstrebte.
Sie hatte das wilde Mädel in ruhige Bahnen geleitet, hatte eine Seele
dem Himmel gerettet und das Glück erlebt, ihr Pflegekind in dem
sichern Hafen einer ehrbaren Ehe gelandet zu sehen.
Nach den Begriffen der stillen, einsamen Frau konnte jetzt nichts
mehr über das Mädchen kommen. Der liebe Gott hatte das Werk der
Ennemoserin gesegnet, und sie hoffte und vertraute weiter auf seine
Güte. Er würde auch ihr Gebet erhören und ihr sündiges eigenes
Kind retten.
Die beiden alten Frauen, die Schwester und die Ennemoserin,
knieten still und froh vor dem Hochaltar der Kirche zu Mariathal und
beteten inbrünstig zu Gott, daß er den heiligen Ehebund segnen und
schützen möge fürs ganze Leben.
Es war ein ruhig klarer, später Oktobertag. Die rotgelben und
blutroten Blätter im Buchenhain draußen vor dem Kirchhof fielen mit
leisem Knistern auf die taufeuchte Erde. Eines nach dem andern.
Ein farbenbunter Regen war’s. Drinnen in der Kirche zu früher
Morgenstunde vollzog sich still und feierlich die heilige Handlung, die
zwei Menschen zeitlebens miteinander verband.
Die alte Schwester Salesia kniete ganz abseits am äußersten
Rande der ersten Bank vor dem Hochaltar. Fast scheu sah sie aus
und tief gebückt. Aber ununterbrochen beobachtete sie die Vorgänge
am Altar.
Es war lange her, seit Schwester Salesia eine Trauung gesehen
hatte. Sehr lange schon. Bald ein Menschenalter war’s her. Und
diejenigen, die sich damals den Treuschwur geleistet hatten, waren
nicht glücklich geworden. Ob wohl diese beiden, die Sophie Zöttl und
der fremde Rechtsanwalt, glücklich werden würden? ...
Die alte Schwester hatte wenig mehr gesehen von der Sophie in
den letzten Jahren. Alles, was sie von ihr wußte, hatte ihr die
Ennemoserin berichtet, die öfters zu Besuch kam. Und das bewirkte,
daß die Sophie in der Erinnerung der Klosterschwester fortlebte als
das wilde Karrnermädel von ehedem, das aus dem Kloster gelaufen
war.
Die Sophie, wie sie jetzt war, die war der Schwester Salesia eine
völlig Fremde. Aber es rührte sie, daß die vornehm gekleidete Dame
zu ihr kam, mit ihr redete und so tat, als wäre sie noch das kleine
Mädel, das sich stets an die alte Schwester geklammert hatte. Und
gerne erfüllte ihr die Schwester den Wunsch, bei ihrer Trauung
zugegen zu sein.
„Weißt,“ fügte sie vorsichtig hinzu, „wenn’s die Frau Oberin
erlaubt. Sonst nit. Beileib’ nit! Kennst mi schon, gelt?“ lächelte sie
heiter vor sich hin.
Der Sophie war’s, als sei erst eine kurze Spanne Zeit seit ihrem
Klosterleben verstrichen. Ihr kam die Schwester nicht verändert vor.
Sie hatte in ihrer Gegenwart das gleiche ruhige Gefühl des
Geborgenseins und der Liebe, wie sie es stets als Kind empfunden
hatte.
Die Oberin erlaubte es der Schwester Salesia. Es war eine
andere Oberin, die über das kleine Frauenkloster gebot.
„Weißt, Sophie, die, die du kennt hast, die war viel zu g’scheit für
uns da!“ erzählte die alte Schwester der Sophie, als diese mit ihrem
Bräutigam zu Besuch bei ihr war. „Die ist jetzt in an großen Kloster,
wo sie auch hing’hört. Weißt wohl, a Frau wie die eine war. Mit so
viel Willen und Verstand! Um die wär’s ja schad’ g’wesen. Wir
brauchen nit so viel Verstand da, wir nit. Weißt wohl!“ versicherte sie
lustig, bis sie zu hüsteln anfing. „Wir sind ja viel zu einfach da, wir
paar Leuteln übereinander!“
Eine vornehme Dame war die Sophie in den Augen der alten
Klosterschwester geworden. Schwester Salesia mußte sie immer
und immer wieder ansehen, wie Sophie jetzt zur Linken ihres
Bräutigams an den Stufen des Altares stand und aus der Hand des
alten Pfarrers den Ehering entgegen nahm.
Ihre hohe, üppige Gestalt kam durch das einfache schwarze
Kleid ganz besonders vorteilhaft zur Geltung. Sophie Zöttl trug als
einzigen Brautschmuck einen Kranz frischer Myrten in dem dunkeln,
modisch frisierten Haar und einen großen Strauß weißer Rosen in
der Hand. Die Myrten in den dunkeln Haarwellen waren wie eine
Krone. Und in wahrhaft königlicher Haltung stand das junge Weib an
der Seite des unscheinbaren vierschrötigen Mannes, der nun ihr
Gatte geworden war.
Doktor Rapp wirkte neben der imposanten Gestalt seiner jungen
Frau, die ihn um ein beträchtliches Stück überragte, bäuerlich,
linkisch und unbeholfen. Er hatte gleichfalls einfache, dunkle
Kleidung für die Trauung gewählt. Der Anzug war von gutem Schnitt
und feinem Tuch. Aber er stand ihm nicht. Doktor Rapp hatte eine
unglückliche Art, sich zu kleiden. Auch der beste Schneider
vermochte ihm keinen eleganten Anzug zu liefern.
Der Rechtsanwalt liebte über alles seine Bequemlichkeit. Und
dieser zuliebe verzichtete er gern auf die Verschönerung seines
äußeren Menschen. Jede Kleidung mußte ihm weit genug sein,
durfte in keiner Weise beengen. Aus diesem Grunde trug er stets
niedere, unmoderne Umlegekragen und machte darin einen
ärmlichen und bescheidenen Eindruck. Seine Hosen, die ihm immer
zu weit waren, verloren bald ihre Form, schlotterten und machten
Falten wie der Fächer einer Ziehharmonika. Seine von Natur aus
kleinen, wohlgeformten Füße staken nach den Grundsätzen seiner
Bequemlichkeit in viel zu weiten Schuhen, die schon nach kurzer
Zeit schäbig und abgetragen aussahen. Der Gegensatz zwischen
Doktor Rapp und Sophie war so augenfällig, daß es sogar der alten
Schwester Salesia auffiel.
Infolge der inneren Erregung war das Gesicht des Rechtsanwalts
ganz besonders rot und aufgedunsen und hinterließ unwillkürlich den
Eindruck, als habe er dem Wein etwas zu viel zugesprochen. Der
blonde Vollbart und das blonde Haar schimmerten in der frühen
Morgensonne, die durch die hohen, buntgemalten Kirchenfenster
fiel, strohgelb und sahen struppig aus.
Ob diese beiden so ungleichen Menschen wohl glücklich werden
würden? Schwester Salesia mußte sich immer und immer wieder
diese Frage stellen. Es ist ein langer Weg, der durchs Leben führt.
Ein Weg, der gar hart und mühselig werden kann. Schwester
Salesia, die wissende alte Schwester, hatte nicht umsonst den
Frieden im Kloster gesucht. — — —
Ob Doktor Valentin Rapp sein Glück in dieser Ehe gefunden
hatte? ... Ganz Innsbruck beobachtete das junge Ehepaar mit
scharfen Augen. Und was die einen nicht sahen, das wußten die
andern. Sie hatten gar vieles auszusetzen an der Sophie. Kleine
Fehler und Mängel, die der Gatte nicht zu bemerken schien. In den
Augen der andern jedoch, die nun einmal diese Ehe von vornherein
mit Mißtrauen betrachteten, fielen sie schwer ins Gewicht.
Doktor Valentin Rapp war nicht der Mann, um es zu dulden, daß
seine Gattin nicht jene Stellung eingenommen hätte, die seinem
eigenen Ansehen gebührte. Als wäre sie von guter Familie, gerade
so führte der Rechtsanwalt seine junge Frau in der Gesellschaft ein.
Und mit süßsauren Gesichtern mußten die Damen der ehemaligen
Kellnerin beim Weißen Hahn den Besuch erwidern.
Sie kamen alle zu ihr. Alle, die Namen und Stellung hatten in der
Stadt. Auch Doktor Storf kam und Frau Hedwig. Seit mehr als einem
Jahr war Doktor Storf nun mit Hedwig Eisenschmied vermählt, und
ihr erstes Kindchen zählte schon etliche Wochen.
Nicht alle, die sie besuchten, waren gut zu Sophie. Und es fehlte
nicht an boshaften kleinen Seitenhieben. Aber Sophie verstand es
ganz meisterhaft, alle Anzüglichkeiten zu parieren und sie wo
möglich mit kleinen Bosheiten zu vergelten. Überhaupt war es im
höchsten Grade erstaunlich, wie rasch sich die junge Frau
Rechtsanwalt in ihre Stellung zu schicken wußte.
Die geborne Dame ... rühmte die Frau Professor Haidacher
einmal von ihr. Dafür wurde sie aber von den andern Damen, die
behaupteten, das besser beurteilen zu können, ganz energisch
zurechtgewiesen. Eine geschickte Komödiantin nannten sie die
Sophie in ohnmächtiger Empörung.
Zu den wenigen Damen, die gut gegen Sophie waren, gehörten
die Professorin und Frau Therese Tiefenbrunner. Auch Frau Hedwig
war nett zu der jungen Frau. Aber es war mehr eine schüchterne,
unentschlossene Haltung. Sie wollte gut sein, wurde aber doch
wieder zu sehr von ihrer Schwester beeinflußt, die sie davor warnte,
nicht allzu vertraut mit „so einer“ zu werden. Das dürfe man um
keinen Preis tun. So viel Rücksicht und Würde sei man seiner
Abstammung schuldig. Sophie sei eben doch nur eine Kellnerin; und
woher sie eigentlich komme, das wisse man ja gar nicht.
Die Fama hatte sich der jungen Frau Doktor Rapp angenommen;
und was es nur über sie zu erzählen gab, das wurde eifrig
herumgetratscht. Bald munkelte man sich in Innsbruck zu, die
Sophie sei gar kein Bauernmädel aus dem Unterland, sondern ein
Karrnerkind. Wer zuerst das Gerücht verbreitet hatte, wußte kein
Mensch.
Und noch ein anderes Gerücht lief durch die Stadt, anfangs
langsam und zweifelnd aufgenommen, dann immer lauter und
bestimmter. Es hieß, daß Frau Sophie es mit der ehelichen Treue
nicht allzu genau nehme, daß sie auch Augen und Herz für andere
besaß. Wer „die andern“ waren, das wußte allerdings kein Mensch
zu sagen. Und trotzdem gab es bald niemand mehr, der dem Gerede
nicht Glauben geschenkt hätte. Sie hatten keine Beweise dafür, und
doch fand sich niemand, der für die Ehre der jungen Frau
Rechtsanwalt eingetreten wäre.
Eine große Veränderung war mit Sophie seit ihrer Verheiratung
vor sich gegangen. Sie sahen es alle und mußten es sehen. Es
sprang zu sehr in die Augen. Auch Doktor Rapp sah es ... und freute
sich darüber. Er freute sich und hatte den festen Glauben, daß er die
richtige Wahl getroffen habe.
Die junge Frau gab sich freier und selbstbewußter. Ihre ganze
Haltung, ihr Gang und ihre Sprache hatten etwas Sieghaftes an sich.
Ihre Anpassungsfähigkeit war geradezu hervorragend. Sie benahm
sich bald ganz so, als hätte sie stets unter Damen gelebt, und fiel in
keiner Weise durch irgendeine Ungeschicklichkeit auf. Ihre Sprache
hatte einen leichten Dialektanflug, der den Innsbruckerinnen eigen
ist und auf den sie auch stolz sind.
Was aber Doktor Rapp ganz besonders glücklich machte, das
war, daß er beobachtete, wie Sophie fast mit jedem Tag mehr
Temperament, mehr Heiterkeit und mehr Humor entwickelte. Jetzt,
da die bange Sorge um ihre Zukunft von ihr gewichen war, die ja
stets wie ein Alp auf ihr gelastet hatte, da sie unabhängig war und
ihre Ziele erreicht hatte, brauchte sie nicht mehr gegen ihre eigenste
Natur zu kämpfen. Sie konnte ihrer innersten Anlage nachgeben und
durfte das sein, was sie im tiefsten Grunde war: ein heißes,
leidenschaftliches Weib, das mit Heißhunger das Leben begehrte
und auch genoß.
Doktor Rapp war so vollständig in ihrem Bann, daß er es nicht
bemerkte, wie der Weg, den Sophie einschlug, ein schiefer wurde.
Noch immer glaubte Sophie daran, daß sie ihren Gatten liebe. Sie
umgab ihn täglich mit tausend kleinen Zärtlichkeiten, sorgte für ihn,
war arbeitsam und machte ihm sein Heim so behaglich, daß er sich
in all den Stunden des Tages nach ihr sehnte, wo sie getrennt sein
mußten.
Es war ein großer Sinnenrausch über den Mann gekommen.
Jetzt, da er beständig mit diesem entflammten Weibe
zusammenlebte, war der Taumel noch mächtiger als zuvor. Sein
ganzes Empfinden, sein ganzer Wille, alle Wünsche und Gefühle
hatten ihren Höhepunkt in Sophie. So glücklich war Doktor Rapp in
seiner Ehe, daß er es nicht sah, wie ein unersättlicher Lebenshunger
von dem jungen Weib Besitz ergriff und ihre aufgepeitschte
Leidenschaft Befriedigung außerhalb der Ehe suchte.
Ein sinnliches Fluidum strömte von dem Weibe aus. Überall, in
jeder Gesellschaft hatte sie die Männer zu ihren Füßen. Sie
beherrschte alle, ganz so wie ehedem, als sie noch die Kellnerin war
beim Weißen Hahn. Und doch wieder anders. Damals lockte ihre
herbe Zurückhaltung, die so seltsam abstach gegen das
leidenschaftliche Rassegesicht.
Es gab niemand, der diesem eigenen Reiz des jungen Weibes
widerstand. Auch die alten, vertrockneten Herren, die eingesessenen
Bürger und Bureaukraten der Stadt fühlten ein prickelndes Etwas,
wenn Frau Sophie mit flüchtigen, leichten Schritten an ihnen
vorüberging. Und wenn sie mit ihnen sprach, so waren sie schon
nach wenigen Worten vollständig in ihrem Bann.
Frau Sophie war die lachende Freude und Lebenslust, wo immer
sie auch hinkam. Und je größeres Gefallen sie bei den Herren fand,
desto zurückhaltender und feindseliger wurden die Frauen. Sie
durften nicht offen gegen sie auftreten. Dazu gab sie ihnen keine
Gelegenheit. Alles, was sie von Sophie zu sagen wußten, waren
eben nur Gerüchte, denen der Boden der Wirklichkeit und des
Beweises fehlte.
Sophie benahm sich in der Öffentlichkeit tadellos in jeder
Hinsicht. Ihre Heiterkeit war nie ausgelassen, ihre Rede witzig, doch
anständig, und ihre Koketterie einwandfrei. Und doch wußten es alle,
Mann wie Frau, daß dieses Weib den Teufel im Leib hatte, daß sie
den Gatten belog und betrog und ihn trotzdem unbändig glücklich
machte ...
Es dauerte gar nicht lange, so spielte Frau Sophie Rapp eine
führende Rolle in der Innsbrucker Gesellschaft. Sie war sogar
tonangebend geworden. Beteiligte sich bei den verschiedenen
Vereinen und übernahm selbst die Leitung eines von ihrem Gatten
gegründeten wirtschaftlichen Verbandes.
Mit viel Geschick, mit Takt und Anstand füllte sie ihre Stellung
aus. Sie mußten es alle anerkennen, auch die Frauen, unter denen
sich bald keine einzige mehr befand, die ihr wohlgesinnt war. Nicht
einmal die gutmütige, lustige Frau Professorin. Auch diese hatte sich
von ihr zurückgezogen und fühlte sich solidarisch mit den übrigen
Damen.
Die Professorin wußte es selbst nicht, warum sie sich von der
jungen Frau immer mehr abgestoßen fühlte. Sie hatte keinen
eigentlichen Grund dazu. Es war ein unbestimmtes Element, das sie
sich nicht zu erklären vermochte.
Frau Haidacher war der Sophie in der allerersten Zeit mit ganz
besonderer Herzlichkeit entgegengekommen. Gerade weil alle
gegen die junge Frau waren, gerade deshalb tat sie der Professorin
leid. Frau Haidacher war ihr eine Freundin geworden und hatte ihr
mit Rat und Tat beigestanden. Ihr Verdienst war es zum größten Teil,
daß Sophie sich so rasch in die Rolle einer Dame einlebte.
Die Professorin hatte anfangs auch nur mit Selbstüberwindung
gehandelt. Ihrem innersten Empfinden widerstrebte es, die
ehemalige Kellnerin als ihresgleichen anzuerkennen. Aber das
Mitleid und ihre angeborne Gutmütigkeit errangen den Sieg. Und
Frau Haidacher ging so weit, daß sie der jungen Frau Doktor sogar
das Duwort anbot.
Sophie hatte wenig Sinn für Frauenfreundschaft. Sie nahm es
deshalb auch gar nicht sonderlich schwer, als sich die Professorin
immer mehr von ihr lossagte. Es war ihr sogar recht; denn sie hatte
schon angefangen, die Freundin und deren Besuche lästig zu finden.
Nun sahen sich die beiden Frauen nur mehr in Gesellschaft, wo
sie liebenswürdig und zuvorkommend gegen einander waren. Es
war aber nur der Firnis einer schlecht verborgenen Abneigung. Nicht
auf Sophiens Seite; denn sie fühlte weder Liebe noch Abneigung für
die Professorin. Ihr war jede Frau mehr oder minder gleichgültig.
Und sie hatte sich auch nie zu einem warmen Gefühl für die
Professorin aufschwingen können. Aber Frau Haidacher empfand
mit der Zeit einen immer größeren Widerwillen gegen Sophie. Das
steigerte sich derart, daß sie es endlich vorzog, bei geselligen
Veranstaltungen oder Festlichkeiten fernzubleiben, um nicht mit
Sophie zusammentreffen zu müssen.
Die andern Damen verstanden es besser, als die Professorin,
ihre wahren Gefühle zu verbergen. Aber Sophie kannte sie trotzdem
ganz genau. Sie wußte, wie hoch sie die süßfreundlichen Mienen
einzuschätzen habe. Da war ihr die immer mehr zutage tretende
Abneigung der Professorin entschieden lieber.
Es kümmerte Sophie im Grunde gar nicht, ob man sie leiden
mochte oder nicht. Sie gab sich auch darüber gar keine
Rechenschaft, und sie erstrebte es auch nicht, sich das Wohlwollen
der Damen zu erhalten. Was sie erstrebte, das hatte sie. Eine
Stellung, die in kurzer Zeit diejenige der andern weit überragte ...
Obwohl Sophie der Wirtin damals versprochen hatte, recht oft
zum Weißen Hahn zu kommen, so war sie doch nur ein seltener
Gast geworden. Sie hatte als Dame der Gesellschaft so viel zu tun,
daß sie für die bescheidene kleine Stammtischgesellschaft nur
wenig Zeit erübrigen konnte. Und vielleicht fühlte sie es auch, daß
sie ihrem Ansehen nur hinderlich war, wenn sie sich allzu häufig an
der Stätte ihres einstigen Wirkens zeigte.
Frau Doktor Rapp war mit der Zeit den Gästen des Weißen Hahn
eine Fremde geworden. Eine Dame, von der man sprach, weil sie
viel in der Öffentlichkeit tätig war, und auch deshalb, weil sie eine
außerordentlich interessante Persönlichkeit war, die Geist, Rasse
und Temperament besaß wie selten eine in Innsbruck.
Sie verkehrten noch alle beim Weißen Hahn. Genau so wie
früher. Und saßen auch in derselben Rangordnung. Doktor Rapp
führte seinen lustigen Krieg weiter mit der dicken Wirtin. Und Herr
Tiefenbrunner lauerte wie immer mit ängstlicher Miene auf den
Augenblick, wo er als Friedensvermittler zwischen die Gegner Rapp
und Patscheider treten mußte.
Die alte Gegnerschaft zwischen diesen beiden war besonders in
der letzten Zeit ziemlich scharf zutage getreten. Ihre
Unversöhnlichkeit war bereits so weit gediehen, daß jeder von
beiden den andern haßte. Das kam daher, weil der Einfluß, den
Doktor Rapp in der Stadt besaß, die Selbstherrlichkeit des Herrn
Patscheider ernstlich verdunkelte. Dafür haßte Patscheider den
Rechtsanwalt. Haßte ihn glühend und leidenschaftlich. Und je größer
das Ansehen des Rechtsanwalts wurde, desto tiefer wurde der Haß
des Kaufmanns Patscheider.
In Doktor Rapp sahen viele Innsbrucker ihren zukünftigen Führer.
Seinem Geist, seinem Willen und seiner Energie vertrauten sie.
Patscheider, der sein ganzes Leben nur dem Aufblühen und
Gedeihen der Stadt gewidmet hatte, fühlte es mit innerem Grimm,
daß ihm in Doktor Rapp derjenige Gegner erstanden war, der seine
Verdienste für immer in den Schatten stellte.
Aber weder Patscheider noch Doktor Rapp ließen es sich für
gewöhnlich anmerken, daß sie einander ehrlich und vom Grunde
ihrer Seele aus haßten. Nur bei seltenen Gelegenheiten kam der
unterdrückte Groll und Haß zum Vorschein und warf plötzlich grelle
Schlaglichter auf ihre wahre Seelenstimmung.
Der Rat Leonhard saß noch immer als Ehrenpräsident am
Stammtisch beim Weißen Hahn. Er schnitt sein zuwiderstes Gesicht,
aß, was ihm schmeckte, rauchte seine Pfeife und sprach gar nichts.
Ein neuer Gast war jetzt schon seit geraumer Zeit an dem
Honoratiorentisch. Das war Doktor Storf, der sich selbständig
gemacht hatte und ein sehr gesuchter Arzt geworden war. Böse
Mäuler behaupteten zwar, dies verdanke er keineswegs seiner
ärztlichen Kunst, sondern seinem hübschen Äußeren.
Tatsächlich hatte Doktor Storf vorwiegend Damen zu Patienten.
Weil die Menschen schon einmal bösartig sind und gerne Unrat

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